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[GM] Eiswasser - Der blaue Tempel
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06.04.2004, 22:20 #1
Erzengel
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[GM] Eiswasser - Der blaue Tempel
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[Um diese Quest, ihre Bedeutung und ihren Sinn, richtig zu verstehen, muss man ihren Hintergrund kennen, alle nötigen Informationen sind hier zu finden]

Hoch oben auf dem Hexenturm stehend sah er mit matten Augen, die alles Licht in sich aufzunehmen schienen, dem silbernen Vollmond entgegen.
"Ithilion!" Und er erhörte das Schattengeflüster, breitete seine mächtigen, schwarzen Schwingen aus und erhob sich in die Nachtluft.

Langsam öffneten sich die Augen, nur um sich angesichts des grellen Sonnenlichts sofort wieder zu schließen. Weit gespreizte Finger durchfuhren das langgewordene, dunkelbraune Haar und der Mund gab müde Laute von sich, dann drehte sich der Körper weg vom Licht und ruhte.
Knapp fünf Minuten später schnellte der gildenlose Jäger auf und torkelte die enge Wendeltreppe zwei Stockwerke hinunter in die Küche, wo er gezielt ein halbtrockenes Brot aus dem Schrank zog und eine Scheibe abschnitt, die er sogleich mit einem Stück geräucherten Moleratfleisch belegte, das er so dünn wie möglich schnitt. Nach dem Frühstück ging es noch ein Stockwerk tiefer ins Erdgeschoss und weiter nach draußen. Die Sonne stand hoch am Himmel, es musste Mittag sein. Er stieg in die nächste Quelle und versuchte sich so gut es ging treiben zu lassen, doch ständig blendete ihn die Sonne. Dazu reflektierte das Wasser sie noch zusätzlich. Jetzt wusste er wieder, warum er sonst nicht so tagaktiv war. Auch wenn das Wasser an den meisten Stellen, abgesehen von den Quellen und den drei Geysiren, nicht einmal einen Fuß tief war, so reichte es doch, um einen einzigen reflektieren See zu schaffen. Und als ob die Quellen nicht ohnehin schon warm genug wären, kam nun auch noch die Sonne hinzu. Es dauerte nicht mehr lange und er stand frierend an den Klippen. Seitdem er die Magie mit dem Baaldasein verloren hatte, war es um einiges schwerer, es musste schnell gehen, er sprang ohne nachzudenken, bevor Angst aufkommen konnte.
Der freie Fall war zwar lange nicht mehr so atemberaubend wie früher, aber noch immer genug um sein Herz zum Rasen zu bringen. Sobald er die Oberfläche wieder erreicht hatte, beschränkte er sämtliche Bewegungen auf ein Minimum. Ja, das war viel besser. Zwar war das Wasser noch eisig kalt vom Winter, aber hier nahe dem Turm floss das warme Quellwasser von oben die Klippen hinab. Nach einer Weile schwamm er zum Strand, wo er kurz liegen blieb und die aufziehenden Wolken betrachtete. Er wäre gern noch im Wasser geblieben, aber es sah verdächtig nach Gewitter aus. Dank dem aufziehenden Wind kletterte er zitternd die Klippen ein Stück weiter südlich hoch, wo sie weniger scharfkantig waren und ihm kein Wasser entgegen kam. Oben angekommen eilte er zum Turm, sprang aber vorher noch schnell in eine heiße Quelle, um sich noch einmal aufzuwärmen. Drinnen wickelte er sich sofort in seinen flauschigen Bademantel, eilte nach oben in die Bibliothek und entzündete den kleinen Kamin. Im gemütlichen Sessel sitzend schaute er sich um. Warum nannte er diesen Raum eigentlich noch Bibliothek? Er hatte vor fast zwei Monaten alle Bücher verbrannt, weil nur Scheiße drin stand. Und jetzt? Hastig richtete er sich auf und starrte in die leeren Regalreihen. Ganz unten, wo früher einige Manuskripte irgendwelcher Propheten lagerten, lag einsam und verlassen ein halbzerfallenes Stück Pergamentpapier.




Die Karte aus Ithuria mit einigen wenigen hingekritzelten Worten in der Sprache des alten Volkes, die kaum einer lesen konnte, abgesehen von ihren Nachfahren.
Wir werden die Route über Khorinis nehmen und dabei dem Großherzog einen Besuch abstatten und vielleicht noch ein paar Leute mitnehmen. Danach geht es weiter über eine kleine Siedlung im Süden. Sie wird zwar nur von Menschen bewohnt, aber wir nehmen nicht an, das sie deswegen Feinde des Reiches sind. Du weißt doch, sie sind einfach gern unter sich.
Dann wird es Ernst, wir fahren auf direktem Wege nach Südwest.
Das wars, noch ein paar Grußworte an die Geliebte und ein schlichtes Namárië am Ende.
Es dauerte nicht lange und er erreichte mit Hexenschwert in Mondrüstung die kleine Hafenstadt. Sie hatte so etwas friedvolles, gemütliches, eine gewisse Unberührtheit... Die Karte hatte zwar Gorthar angesprochen, doch er wollte es zunächst hier versuchen. Er atmete tief ein und betrat die Taverne.
07.04.2004, 01:36 #2
Erzengel
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Das Gewitter tobte und die Tür schlug wie vom Sturm aus den Angeln gerissen auf. Helle Blitze zuckten am Himmel und gaben für den Bruchteil einer Sekunde die Silhouette eines großen Mannes mit Umhang preis. Langsam trat er hinein in das Licht der Fackeln, sofort stürmte der Wirt hinter der Theke hervor und verriegelte die Tür hinter dem Unbekannten in schwarzer Rüstung.

"Bei so einem Gewitter? Nee, da fahr ich doch nicht raus, nicht für zehntausend Goldstücke!" Wieder einer weniger, viele waren es nicht mehr. Der Gildenlose ließ von dem Seebär ab und schaute sich erneut in der Schenke um, da riss der Sturm die Tür auf. Genau auf die Sekunde, wenn das mal kein Omen war. Langsam stand er auf und ging auf den Fremden zu.
"Du... Genau auf so jemanden habe ich gewartet... Jemanden, der mich zu einer Insel bringt..." Alle starrten die beiden an.
"Ganz ruhig, Kleiner. Komm wieder wenn du ein, zwei Köpfe größer bist."
"Gut, dann fordere ich dich heraus!"
"Ich nehme keine Herausforderung von Kindern an." Die Männer lachten und Kain ging noch näher an den Fremden heran.
"Komm lieber, sonst erzähl ich denen hier, welch hübsches Sümmchen auf deinen Kopf ausgesetzt ist."
"Bastard!", schrie er den lachenden Gildenlosen an und zerrte diesen nun am Kragen nach draußen.
"Was willst du?!"
"Nun..." Er musterte den Fremden noch einmal schnell von unten nach oben. "Ich brauche jemanden, der mich zu dieser Insel bringt." Er präsentierte die Karte und ließ sie gleich wieder verschwinden, damit sie sich im Regen nicht völlig auflöste.
"Was meinst du, warum die anderen da drinnen dich nicht fahren?!"
"Ich fordere dich noch immer heraus!" Der Mann zögerte lange.
"Wie du willst..." Kain ging einige Schritte zurück und zog sein Schwert, gleichzeitig mit seinem Gegenüber.
"Auf einen Streich? Heute wohl ein wenig übermütig..."
"Ja, ich hab zu heiß gebadet... Doch diese Klinge--" Er streckte den Arm und hielt das Hexenschwert so weit wie mögliche vom Körper weg.
"--hat mich noch nie enttäuscht."
"Meine ebenfalls nicht." Dieses rote Funkeln in dem schwarzen, kaum sichtbaren Metall...
"Lass und anfangen." Sollte dieses etwa...
Er spürte wie das Hexenschwert pulsierte und die Kontrolle übernahm, ihn nach vorne zerrte... Es dürstete danach sich mit der gegnerischen Klinge zu messen, doch warum?
Seine Pupillen verengten sich, er spürte den kalten Stahl an seiner Kehle.
Während er die noch immer vibrierende Hexenschneide erst kurz vor dem gegnerischen Brustpanzer stoppen konnte. Langsam wanderte sein Blick zwischen die Parierstangen des vollends schwarzen Zweihänders. Genau wie er gedacht hatte, wie bei seiner Hexenschneide hatte auch dieses Schwert einen Blutstein. Regungslos verharrten sie... bis das Hexenschwert sich losriss.

"Vorsicht!" Der Zweihänder ließ von der Kehle des Jungen ab und der parierte das Hexenschwert, welches wenig später einige Meter abseits mit der Spitze in den Boden gerammt dastand. Der Gildenlose atmete tief.
"Ich... ich... das war ich nicht, okay... ich--"
"--schon gut. Ich hätte mich doch gar nicht erst auf ein Duell eingelassen, wenn ich nicht dein Schwert gesehen hätte... Ich hab mich schon gewundert, wäre ja auch eine Überraschung, wenn du das Schwert wirklich kontrollieren könntest", lachte der Mann.
"Wo hast du es eigentlich gefunden? Ich weiß gar nicht mehr, wie lange es her, seit ich eine andere Blutsteinklinge gesehen habe... Keine Sorge, du wirst es bald los sein."
"Gefunden?! Los sein?!! Hör zu, dieses Schwert ist einfach so aufgetaucht, als ich das Schlüsselschwert des Winds schmiedete."
"Bitte?"
"Ganz recht... Den Blutstein hatte sich einst meine Mutter einverleibt, eine mächtige Hexe... er benutzte das noch lodernde magische Schmiedefeuer und das noch heiße Schwert als Rohling..."
"Ja und? Das heißt ja nur, das es raus aus dir wollte und weg von dir... Wie man übrigens auch gerade sehen konnte, es wollte mein Schwert zerstören, damit ich es nehme, weil mein Schwert mich als starken Träger anerkannt hat. Und alle Blutsteinschwerter wollen einen starken Träger, ohne Konkurrenz."
"Und du sagst mir, ich wäre überheblich... Mein Schwert sah meine Zukunft, meinen Kampf und vor allem mein Leid, deswegen hat es sich entschlossen mir zu helfen!"
"Wie erklärst du dir dann das eben? Der Angriff ging eindeutig gegen mein Schwert und nicht gegen mich."
"Na und?! Selbst wenn, will es sich eben messen... Vielleicht wollte es deine Klinge auch zerstören, damit du hilflos bist und ich meinen Spaß an dir haben kann!"
"Wilde Spekulationen..."
"Musst du gerade sagen!"
"Außerdem müsste dein Schwert wissen, das es schwächer ist, immerhin ist es ein Einhänder und we--"
"--es ist Einhänder, weil ich es darum gebeten habe, da ich keine Zweihänder führen kann."
"..."
"..."
"Lass und lieber reingehen..."
"..."
"Ich geh jetzt..." Langsam drehte sich der Unbekannte um und klopfte gegen die inzwischen wieder verriegelte Tür, die kurz darauf zögerlich geöffnet wurde.
"Keine Sorge, es ist keiner tot oder verwundet." Gerade wollte der Wirt die Tür wieder verriegeln, da trat der Gildenlose ein.
"Ich war nur kurz mein Schwert holen...", sprach er und sah dabei den Zweihandkämpfer an.
"Zwei Zimmer bitte", wandte er sich dann an den Wirt, der gerade die Tür verriegelte.
"Ein Zimmer... wir haben viel zu besprechen." Die Menge begann zu murren und zu munkeln, nur einer freute sich wie ein Schneekönig.
"Äh... ich hab verloren... er hat gewonnen", sprach der Gildenlose und deutete auf den Zweihandkämpfer, worauf die Männer verstummten. Als die beiden nach oben verschwunden waren, begann erneutes Gelächter und das Verlangen nach Geld wurde laut, nun war der einstige Schneekönig kurz vorm Heulen.
"Hättest du das nicht sein lassen können?"
"Nein, ich kann es nicht leiden, wenn der Gewinner als Verlierer dasteht... besonders, wenn er älter, erfahrener... und stärker ist... Macht dir so was nichts aus?"
"Nicht unbedingt, nein... naja, eigentlich meinte ich nur, das wir so das ganze Geld von ihm hätten stehlen können... und jetzt müssen wir sie alle einzeln überfallen..."
"Tolle Idee mit dem einen Zimmer, wo soll ich jetzt schlafen, auf dem Fußboden?"
"Zum Beispiel... Oder auf der Fensterbank... oder gehst später noch mal runter und holst dir noch einen Schlüssel... Sag mal, woran hast du eigentlich gewusst das ich Seefahrer bin und dich allein übers Meer bringen kann?"
"Weiß nicht... du siehst einfach so aus..."
"Und der Steckbrief?"
"Hab ich nie gesehen... aber ich musste dich ja irgendwie rauslocken."
"Gibt ja auch keinen... aber ich wäre eh mit rausgekommen."
"Wieso?"
"..."
"Wieso hilfst du mir überhaupt? Ist es das Schwert... oder..."
"Hm... Wie wäre es mit, du gefällst mir einfach?"
"Komm schon..." Der Krieger schnappte sich die beiden Hände des Gildenlose und drückte ihn rückwärts gegen die Wand.
"Welches Verbrechens hättest du mich den auf dem Steckbrief gesehen, hätte ich gefragt?"
"Weiß nicht... Vergewaltigung vielleicht..." Der Krieger ließ ihn los und wandte sich scheinbar enttäuscht dem Fenster zu.
"Was ist denn so schlimm an Vergewaltiger? Meinetwegen könntest du auch Bandit sein... der die Kronjuwelen gestohlen hat oder... so was halt... oder Mörder... also der Mörder an Innos natürlich..."
"...Schon besser...", meinte er und wandte sich wieder dem Gildenlosen zu.
07.04.2004, 20:44 #3
Erzengel
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Der Alte hackte alles, hackte Holz, hackte Stein, hackte Stahl, hackte Arme, hackte Beine, hackte Flügel, nur keine Köpfe. Nein, sie sollten winseln in ihrem eigenen Blut bevor er von ihnen abließ und sie elendig verbluten ließ.
"Warum tust du das?!", fragte die kleine Fee.
"Weißt du nicht, wie grausam das ist? Ein verkrüppeltes Leben ist nichts wert! Weißt du wie grausam es ist, ständig auf andere angewiesen zu sein? Wie sehr es schmerzt ständig von den anderen angegafft zu werden?! Antworte!!! Es wird eine Erlösung für sie sein, sterben zu dürfen! Erbarme dich wenigstens dessen!" Schon segelten die durchsichtigen schimmernden Gebilde zu Boden und die schweigend Fee hinterher.
"Bist jetzt wertlos, nutzlos?"
"...Bist du jetzt glücklich?!", rief sie schluchzend.
"Das ist nicht dasselbe!", schrie sie weiter. Ein paar mal zuckte der Arm noch.


"Oh igitt, hör auf."
"Und dann sprach der Alte "Ich weiß sehr wohl darum, doch sie haben es verdient!" Dann enthauptete er sie und fortan hackte er auch Köpfe."
"Die Moral der Geschichte?"
"Hä?"
"Sinn?"
"Gibts nich."
"Hätt ich mir ja auch denken können..."
"Du wolltest doch eine Geschichte."
"Aber eine mit verständlicher Handlung."
"Hab doch alles beschrieben."
"Du weißt genau was ich meine."
"Nein."
"... ... ...Der Handlungshintergrund? Warum der Alte hackte und der Hintergrund des Hintergrund des Alten natürlich und eine Vergangenheit der Elfe, warum sie so... halt..."


Der Gildenlose seufzte.
"Was ist?"
"Ach nichts..."
"..."
"...Ich bin einfach schlecht drauf."
"Hey..." Wieder seufzte er. Der Krieger stand auf und schritt zur Tür.
"Hey! Das war doch nicht böse gemeint... Ich--"


"Morgen...."
"...Morgen."
"Wann wollen wir eigentlich los?"
"Ich... weiß nicht..."
"Heute ist ein guter Tag... die Sonne scheint."
"..."
"...hm?"
"Okay... ... ...nur einen Moment noch." Wieder erhob sich der Krieger aus dem Bett.


"Leinen los!"
"Wie, was? Ach so, Moment."
"...Ich werde versuchen dich so wenig wie möglich zu beanspruchen."
"Nein! Sag einfach, wenn was ist..."
"Ich--"
"--Nein."
"... Gut." Beide lächelten.


Sie war ruhig, die Luft warm und stickig. Schon hier wo allerhöchstens ein paar Inseln am Horizont zu erkennen waren, flogen ununterbrochen Insekten und ihre Jäger herum. Doch sie hatten vorgesorgt, feinmaschige Netze schützte den Eingang ins den Schiffsbauch, sofern man diesen winzigen, engen Raum, in den kaum mehr als ein Bett passte als solchen bezeichnen konnte. Er hasste Schiffsreisen... warum musste er überhaupt den Seeweg nehmen? Dabei hätte er doch fliegen können... Aber nein, als Dank musste er ständig auf diese nervigen Insekten aufpassen, wenigstens hatte er einen atemberaubenden Ausblick. Das grenzenlose Nichts des Ozeans, nur hier und da von einigen Inselketten unterbrochen.
08.04.2004, 15:25 #4
Erzengel
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Seron maelui erachnedh feredir. Ithilion melehtha-e a Serons rhoa a tû a fear an Seron den.
"Guren ea tus."
"Ni melinatye, Ithilion."


Vom Geschrei der Möwen geweckt tastete er das Bett ab. Wo war nur... auch egal. Kurzerhand wickelte er sich die Decke um und trat nach draußen.
"Morgen."
"Hey Schlafmütze, komm her... sieh dir das an." Der Gildenlose kam nach vorn und starrte auf die große, dicht bewachsene Insel.
"Wann sind wir da?", fragte er müde.
"Gar keine Freudensprünge?"
"Dafür ist es viel zu früh."
"Es ist Mittag."
"Für mich ist das morgens."
"...Ich denke... in deiner Zeitrechnung etwa heute Abend..."
"Also irgendwann in der Nacht?"
"Vermutlich, wenn der Wind so bleibt."
"Dann geh ich wieder schlafen."
"Mach das", sprach der Krieger genervt.


"Wir haben noch Reis und Kartoffeln, was willst du?"
"Gar nichts, nur Fleisch."
"So viel Fleisch haben wir, nicht mal wenn ich keins esse."
"..."
"Deswegen gibt es diese Beilagen auch... und weil man nicht richtig satt wird, wenn man nur Fleisch ist... Menschen sind Allesfresser."
"Ich bin kein Mensch, müsstest du vorhin auch gemerkt haben."
"Nicht mal zur Hälfte?"
"Nein... du etwa?"
"Ich... weiß es nicht... ich weiß nur, das ich zur Hälfte Eldar bin."
"Meine andere Hälfte ist--"


"Möchtest du wirklich nichts mehr?"
"Nein, ich bin satt... Sind wir bald da?"
"Ja, siehste doch, der Wind ist zum Glück noch ein wenig stärker geworden..."
"Es sieht nach Sturm aus... Deswegen hab ich gefragt."
"Sicher, das du nicht doch zur Hälfte Mensch bist."
"Sicher, das du den hier noch länger behalten willst?"
"Okay, ich nehms zurück... Aber sag mal, was hast du eigentlich so gegen Menschen?"
"Ich hab nichts gegen Menschen."
"Das kam eben aber ganz anders rüber... Keine Sorge, es gibt genug Gründe sie zu hassen, aber es sind so viele, ich will es genauer wissen."
"Witzig..."
"Mir ist es egal, wen du hasst, so lange ich es nicht bin."


"Wie hieß er?"
"Necroel."
"Wie alt?"
"Ziemlich genau anderthalb Jahre älter als ich... er wäre jetzt also schon 18."
"Und mit dieser Shiva hattest du wirklich nichts? So wie du von ihr schwärmst...", versuchte er den Gildenlose aufzumuntern.
"Sie war meine beste Freundin... komisch, sie, ich... und noch eine anderer hatten das ganze überlebt... Ich dachte jahrelang sie wär tot... Als ich sie dann wiedertraf... es war... unglaublich... Und umso... grausamer, als ich sie fand... Sie lag blass und kalt im Sand..."
"Hey... Komm her, ich bin--"
"--Es ist nichts... alles okay... "


Der scheinbar ständig andauernde Regen der Tropen mischte sich mit dem Sturm und verursachte heftige Wind. Zum Glück hatten sie den Tempel bald erreicht. Und wegen des Regens zogen sich auch all die nervigen oder gefährlichen Tiere in ihre Löcher zurück.
"Pass auf den kleinen, schwarzblauen Frosch da auf."
"Ich bin nicht blind."
"Du kannst aber von Glück sagen, das es die Schlange von eben war."
Zumindest fast alle.
Schon bald erreichten sie den Tempel, der fast schon ein wenig zu offensichtlich aus dem Blätterdach des Regenwalds ragte.
08.04.2004, 23:33 #5
Erzengel
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Langsam gingen sie die nassen, dennoch warmen Steine hinauf. Der Eingang befand sich ganz oben auf der ungeschützten Spitze des Tempels und erinnerte ihn sehr an die Pyramide im Lager der Sumpfbruderschaft, wenngleich sie sich für geschulte Augen in vielerlei Hinsicht unterschieden. Nach hier oben wagte sich keine Pflanze und trotzdem war man von ihnen umgeben, bis kurz vor den Strand reichte der Wald, die westliche Seite der Insel konnte man wegen einer Bergkette, vermutlich ein inaktiver Vulkan, nicht erkennen, es hätte für ihn genauso gut ein Kontinent sein können. Der Krieger blieb noch eine Weile draußen stehen und bewunderte trotz des Sturms die Schönheit der Flora, während der Gildenlose es kaum erwarten konnte aus dem Regen zu kommen.
Der Hexenstahl blitzte auf und das Tier begann zu Fauchen, worauf der Krieger herbei eilte.

"Du brauchst dich nicht fürchten..."
"Meinst du nicht ihre Zähne könnten gefährlich sein?" Der Krieger kam näher heran und stellte sich dicht hinter den Gildenlosen.
"Nimm die Klinge runter."
"Was?!"
"Machs einfach", meinte der Krieger, umfasste die Arme des Gildenlosen und übte leichten Druck nach unten aus, bis das Schwert zu Boden fiel.
"Sie ihn an."
"Ihn?"
"Ja, es ist ein er... mach schon." Der Gildenlose sah dem Tier in die Augen, er wusste nicht wieso, aber entschuldige sich ohne ein Wort zu sagen. Das Tier wurde ruhig und lief zum Ausgang, dann warf es dem Gildenlosen noch einen letzten Blick zu und verschwand nach draußen.
"Nicht alle Tiere sind Dämonen... Die meisten greifen nicht an, so lange sie sich nicht bedroht fühlen." Der Jäger hob sein Schwert auf und nickte.
Nach ein paar Treppen fanden sie sich in einer großen Halle wieder, deren Wände, soweit man erkennen konnte, reich verziert waren.

"Sind wir schon im Heiligtum?"
"Ein bisschen zu einfach..."
"Mein ich doch... Pass auf Fallen auf."
"Okay, da ist er?"
"Dieser kleine Ring?"
"Ja, wie immer verbirgt sich mehr hinter dem bloßen Aussehen."
"Wäre auch schlecht wenn nicht." Vorsichtig bewegte sich der Gildenlose auf den Altar zu, er verließ sich nicht nur auf seine Augen, sondern auch auf seine Künste im Schleichen und tastete vor jedem Schritt den Boden ab. Nach einer Weile griff er nach dem Ring, doch als seine Finger ihn erreichten, spürte er nur kalten Staub, der Ring war zerfallen.
"Raus, raus, raus!!!" So schnell sie konnten, rannten sie zur Eingangstür, doch bevor sie dort ankamen, war sie von einem massiven Steinblock verschlossen.
"Hierlang!", schrie der Krieger und lief weiter, dich gefolgt von dem Gildenlosen. Die Tasche mit dem Proviant warf er voran, doch mitten im Flug raste der nächste Block hinunter und zerquetschte sie.
"Sieh, da haben sie angefangen, das geht einmal im Kreis!"
"Also da lang!" Gesagt getan, gerade noch rechzeitig retteten sie sich in den engen Seitengang. Doch das Glück hielt nicht lange, der Boden öffnete sich unter ihren Füßen. Und ehe sie freiwillig springen konnten, landeten sie eiskalten, trüben Wasser.
"Igitt stinkt das."
"Das dürfte noch unser kleinstes Problem sein."
"Ah!"
"Was?"
"Was? Ach nichts... da war nur irgendwas."
"Hast du das auch? Ich dachte das wärst du..." Beide sahen sich um und tasteten vorsichtig das Wasser ab.
"Oh, mein--"
"Was, was, was?"
"Ein Krokodil oder so was."
"Was?!"
"Es ist tot..."
"Igitt, deswegen stinkts hier so..."
"Hey..." Der Krieger zog den scheinbaren Echsenkadaver in Licht.
"Das ist viel zu leicht für... hm... vielleicht ist es ja nur der Schwanz oder so..."
"Okay, es ist eine Krokodilledertasche..."
"Sie ist zwar nicht grün..."
"Vielleicht ist sie ja eingefärbt..."
"Woher soll ich denn wissen, es fühlte sich eben so an."
"Woher weißt du denn, wie sich im Krokodil anfühlt?"
"Lange Geschichte."
"Wir haben doch Zeit." Ein näherkommendes Donnern wurde laut, bis es kurz vor ihnen stoppte, dann hörte man einen Ruck und aufeinanderreibenden Stein.
"Oder auch nicht."
"Das ist alles schon halbaufgelöst..."
"Was in aller Welt tust du da? Wir haben doch gerade andere Sorgen!", maulte der Gildenlose.
"Naja, siehst du hier irgendwo einen Schädel rumschwimmen? Wer auch immer das verfasst hat, war vermutlich auch hier drinnen, vielleicht hat er ja was aufgeschrieben."
"Ja, sicher."
"Haste ne bessere Idee?!"
"Is ja schon gut... Was war das?"
"Hm?"
"Blätter noch mal zurück..." Der Krieger schlug den letzten zusammenklebenden Blätterhaufen wieder um und die Rückseite eines merkwürdigerweise völlig trockenen Stücks Pergamentpapier gab sich preis. Sofort wurde sie umgedreht und begutachtete, wobei sie feststellten das es sich sogar um drei Stück handelte. Wieder in der für Menschen unleserlichen Schrift geschrieben stand dort etwas.
"In Notfällen werden euch diese Spruchrollen sicher nach Hause bringen."
"Dann los."
"Was?!"
"Du weißt doch wie man so was macht?"
"Ja, schon..."
"Eine andere Wahl bleibt uns wohl nicht."
"Ja..." Nach kurzer Zeit verschwanden beide in einer schwarzen Wolke.
10.04.2004, 02:28 #6
Erzengel
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Die Sonne verschwand gerade hinter dem Horizont, da begann sich auch die zweite schwarze Wolke wieder Gestalt anzunehmen. Eisige Kälte empfing den Gildenlosen, schlimmer als im kältesten Gletscher. Eben befand er sich im tropischen Regenwald und nächsten Moment... Frierend sah er sich um... Trümmer lagen überall in den Straßen der riesigen Geisterstadt. Wie Skelette ragten die rohen Stahlkonstrukte in die Höhe. Welch Katastrophe diese Zustand verursacht haben mochte, ließ sich nicht erahnen.
"Hey! Da bist du ja endlich!"
"Scheiße, ist das kalt hier."
"Wo warst du denn so lange?!"
"Hä? Ich bin doch fast gleichzeitig mit dir los."
"Ich warte aber schon fast eine Viertel Stunde auf dich."
"Tschuldigung, kann ich ja nichts für."
"Okay... Wieso entschuldigst du dich eigentlich, wenn du nichts dafür kannst?"
"Höflichkeit", meinte der Gildenlose trotzig.
"Ich hab Hunger."
"Ich auch."
"Dann los."
"Meinst du wir finden hier irgendwo was?"
"Hoffen wir, das sich ein paar Schneewölfe hierher verirren."
"Ja, wieso nicht gleich Bären..."
"Ich gehe nur der Wahrscheinlichkeit nach."



Beide bewegten sich langsam zum Stadtrand, da fiel dem Jäger ein Gebäude auf.
"Hey, können wir nicht mal da--"
"--Scht." Ein leises Stöhnen und Grölen machte sich bemerkbar... Kurz darauf zog der Krieger seinen Zweihänder.
"Glaubst du, du erwischt es?", fragte der Gildenlose flüsternd.
"Hört sich das für dich etwa an wie ein Tier?"
"Nicht direkt... Wah!" Die Hand des Kriegers hatte schnell den weg zum Mund des Jägers gefunden, doch es war schon zu spät. Alles verstummte, dann kamen die ungelenkten Schritte näher. Lautes Gegröle verständigte die anderen.
"Scheiße! ...Hör zu, du kannst doch Schleichen... los, zu dem Turm, ich halte sie auf."
"Nein!"
"Lauf los!!!"
"Nein, auf keinen Fall! Ich werde nicht ohne dich gehen!!!"
"Kain... bitte..."
"Nein... ich kann nicht... ich... hab doch--"
"--Komm." Der Krieger griff nach der Hand des Gildenlosen und zog ihn rennend hinter sich her. So schnell sie konnten ging es nach Norden zu dem einzige noch stehenden Gebäude der einstigen Metropole. Nach einer Weile kamen sie von vorne, also ging es scharf nach links rein, bis sie ihnen auch dort entgegenkamen. Eingekesselt blieben sie stehen. Schließlich zog der Krieger ihn weiter über die Trümmer nach rechts.
In dem Turm angekommen klappten sie sofort die alten Holztore zu.

"Schnell das Brett!" Wie einen Riegel schoben sie es vor das Tor, nur um gleich weiter nach oben zu rennen. Sie wussten, dass das morsche Holz nicht lange standhalten würde. Über den kalten Gitterboden zog der Krieger den Gildenlosen weiter, doch mit er der Zeit verließ ihn die Kondition, sodass er sogar umknickte.
"Scheiße!"
"Los komm, weiter... Ignoriers einfach."
Oben fiel der Gildenlose kraftlos auf den Gitterboden.

"Was jetzt?", fragte er zwischen zwei schnaufenden Zügen.
"Wirste schon sehen."
"Brillanter Plan."
"Kannst du nicht mal für ne Minute die Fresse halten und einfach wieder aufstehen?!"
"Aufstehen?! Wie denn? Wer hat mich denn nach oben gezerrt, das ich umgeknickt bin!"
"Und wer ist dafür verantwortlich, dass sie uns bemerkt haben? Dass wir überhaupt erst hier gelandet sind?!"
"..."
"..."
"..." Stillschweigend sahen sie den Mond an, mit geballter Faust ging der Krieger auf den Gildenlose zu und zog ihn nach oben... Seine Knie sackten fast zusammen, sämtliche Schmerzen verschwanden, ebenso wie das Gefühl der Kälte...
Es war weit mehr als nur eine stumme Entschuldigung... Zum ersten mal seit Jahren war er... wenn auch nur für die kurzen Augenblick... glücklich.
Er legte den Brustpanzer ab und schloss die Augen. Wenig später erschienen die drei schwarz gefiederten Schwingen des Gildenlosen. Dann öffnete er seine Arme und gab dem Krieger zu verstehen, dass er näherkommen solle, doch der lehnte ab.

"So schlimm ist es gar nicht..."
"Nein, ich meine... das ist nicht nötig..." Dann trat er ein paar Schritte zurück.
"Sie sind wunderschön..." Fasziniert sah der Gildenlose den weißen Federn hinterher. Wieder hörte man das Grölen näherkommen, doch die beiden waren schon längst vom Dach verschwunden.
11.04.2004, 22:30 #7
Erzengel
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Wie lange waren sie unterwegs gewesen? Stunden, Tage, gar Wochen? Draußen tobte noch immer hörbar der Schneesturm. Langsam erhob er sich und näherte sich dem Ausgang. Schließlich blickte er in das ewige Weiß, von dem sich nichts abhob, kein Baum, kein Fels, kein Tier, nichts als Weiß, eben jenes Weiß, das auch die Entdecker, Abenteurer und vor allem Forscher in den Wahnsinn trieb. Genie und Wahnsinn lagen ja bekanntlich nah beieinander...
Dann wie aus dem Nichts tauchte eine Gestalt auf...

"Kain, schnell rein mit dir, so wie du angezogen bist!"
Sein Blick wanderte herab und er bemerkte, dass er nichts an hatte, dennoch spürte er kein Gefühl der Kälte nur eine bedrückende Müdigkeit. Wieder im Inneren der Höhle legte er sich wieder unter die Decke.
"Willst du auch was?"
"Ja... was ist das?"
"Schneeläufer..."
"War keine Mutter in der Nähe?"
"Nein, sonst hätte ich es nicht mitgenommen."
"Wieso?"
"Weil es nicht mehr viele von ihnen gibt... Ich habe den halben Tag lang auf die Mutter gewartet aber nichts... so dient es wenigstens noch einem guten Zweck und muss nich elendig da Draußen krepiern... Übrigens hab ich da draußen was interessantes entdeckt... Wir können ja mal hin, wenns dir wieder besser geht..."
"Ja... ... ...Was war eigentlich?"
"Hm?"
"Wieso kann ich mich nicht an unsere Landung erinnern?"
"Du warst ziemlich müde, schon halb eingeschlafen vor Anstrengung, das letzte Stück musste ich dich sogar tragen."


"Vorsicht."
"...Wow..."
"Habe ich zu viel versprochen?"
"Ach ein bisschen schöner hätte es schon sein können..."
"Ja, dann hättest du nicht so viel Geld für die Fenster rausschmeißen sollen!"
"Aber ich wollte diese Gardinen unbedingt haben!", konterte der Gildenlose halb lachend.
"Wo gehts weiter?"
"Keine Ahnung, ich war noch nicht weiter."
"Enemenemuh und raus bist du..." Sein Hand zeigte auf den rechten der drei Gänge.
"Okay, wir gehen da lang", meinte er dann und deutete dabei auf den mittleren Gang.
"Wie du willst, mir egal."


"Na das wars dann wohl..." Vor ihnen führte eine Treppe hinab, doch ab der zweiten Stufe wurde es ungemütlich... Tiefblaues Wasser bildete eine schier undurchdringliche Barriere... So unüberwindbar wäre sie ja nicht, wären da nicht die mehrere Dezimeter dicken Eisschollen, die eine ungefähre der Wassertemperatur gaben.
"Eiswasser... brillant... Und jetzt?"
"Wenn ich das wüsste... Ist doch dein Ding?"
"Was?"
"Na, ich will nicht hier runter..."
"...Wir müssen zurück in die Stadt..."
"Was? Du hast sie ja wohl nicht alle..."
"Willst du hier bleiben?"
"Nein... Das war ja nur ne Feststellung..."
"Eine frühe Feststellung..."


"Wie sieht dein Plan aus?"
"Rein, Hafen und raus."
"Hm... besser als nichts."
"Mein ich doch."
"Na dann los."
Mit gezogenen Schwertern ging es über die Trümmer hinweg zum Hafen der einstigen Metropole. All ihre Gegner wurden sofort außer Gefecht gesetzt, damit sie nicht solche Massen wie bei ihrer Ankunft gar nicht erst entstehen konnten.
Im Hafen selbst lauerten jedoch unerwartete viele von ihnen, es fiel schwer unbemerkt zu bleiben. Schließlich zog der Gildenlose eine Kiste unter einigen Balken hervor.

"Treffer! Hm... fühlt sich an wie Walhäute..."
"Das sind Walhäute... glaub ich jedenfalls..."
Das rostige Metall gab ein merkwürdiges Knirschen von sich.
"Unglaublich, man sieht keine Nähte... Sie haben sogar die Fettschicht erhalten... Aber wie?" Doch ehe er genauer darüber nachdenken konnte, wurde er von seinem Begleiter unterbrochen.
"Weg hier!", schrie er und packte den Gildenlosen am Arm. Ihre Sucherei schien den Trümmern nicht zu gefallen, gerade noch rechzeitig schafften sie es heraus, bevor es in sich zusammenbrach.
"Versenkt..."
"Womit wir wieder da wären, wo wie angefangen haben... mehr oder weniger..."
"Schnell, hol du die Kiste, ich halte sie auf."
"Is gut."


"Ich will ja nicht drängen, aber langsam wirds eng!"
"Ich beeil mich doch!"
Der Zweihänder fuhr einige Male quer durch die Reihen, dann kam sein Meister dem Gildenlosen zu Hilfe. Gemeinsam hatten sie die Kiste schnell freigelegt.
"Da hinten ist ein Boot, schnell!"

"Scheiße..."
"Ähm... hältst du mal kurz?"
"Pah, die paar schaff ich auch allein!"
Der Jäger zog sein Schwert und legte den Weg wieder frei.
Kurz darauf befanden sie sich schon auf dem Boot und auf dem Weg zum vorhin entdeckten blauen Tempel.
12.04.2004, 13:07 #8
Erzengel
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"Funktionierts?"
"Scheint so."
Der Krieger legte seine Plattenrüstung ab, die Kains im Aussehen zwar ähnelte, aber auch nur weil ebenso schwarz war.
"Scheiße ist der eng..."
"Du hast aber den Größeren!"
"Ach ja?! Komm her, das wollen ja mal sehen!" Lachend ergab sich der Gildenlose schließlich und sich die mühsam die Walhaut vom Leib.
"Hier... es is kalt, los gib her!" Während er bis zu dem Knien in der doch spürbar größeren Walhaut steckte, hielt er die andere mit Armen weit genug weg, sodass der Gildenlose nie herankam. Als Jäger Brust an Brust stand und sich wieder so vorkam, als hätte er viel zu kurze Arme, zuckte der Krieger zusammen. Kain spürte deutlich wie sein Herz aussetzte und nicht mehr weiterschlug...


Wie lange waren sie unterwegs gewesen? Stunden, Tage, gar Wochen? Draußen tobte noch immer hörbar der Schneesturm. Langsam erhob er sich. Wo war sein Gefährte eigentlich? Vorsichtig näherte er sich dem Ausgang. Irgendwie kam ihm das alles bekannt vor... Schließlich blickte er in das ewige Weiß, von dem sich nichts abhob, kein Baum, kein Fels, kein Tier, nichts als Weiß, eben jenes Weiß, das auch die Entdecker, Abenteurer und vor allem Forscher in den Wahnsinn trieb, nur gab es bei ihm da wohl nicht mehr viel zu treiben.
Wie aus dem Nichts tauchte dann diese Gestalt auf.

"Kain, schnell rein mit dir, so wie du angezogen bist!"
Sein Blick wanderte herab und er bemerkte, dass er nichts an hatte, dennoch spürte er kein Gefühl der Kälte nur eine vertraute Müdigkeit. Im Inneren der Höhle legte er sich wieder unter die Decke.
"Willst du auch was?"
"Ja...", er zögerte kurz.
"Was ist das?"
"Schneeläufer..."
"War denn keine Mutter in der Nähe?"
"Nein, sonst hätte ich es nicht mitgenommen."
"Weil es nicht mehr viele von ihnen gibt?"
"Ja, ich habe den halben Tag lang auf die Mutter gewartet aber nichts... so dient es wenigstens noch einem guten Zweck und muss nich elendig da Draußen krepiern..."
"Ja... ... ...Ist dir draußen nichts besonderes aufgefallen? ...Ein kleiner Tempel oder so was?"
"Hm? Nein, eigentlich nicht."
"...Wieso kann ich mich nicht an unsere Landung erinnern?"
"Du warst ziemlich müde, schon halb eingeschlafen vor Anstrengung, das letzte Stück musste ich dich sogar tragen."
"Aber ich kann mich an einen Traum erinnern... einen schrecklichen Traum... Wir waren in einer Höhle... Es war der blaue Tempel..."
"Den suchst du doch eigentlich?"
"Ja... Ich weiß nicht, wie wir dahingekommen sind... Und wir waren noch mal in der Stadt... Ja, genau dort liegen Anzüge aus Walhäuten, die wir brauchten, weil der Tempel Unterwasser stand... Wir müssen in die Stadt!"
"Meinst du nicht, das wäre etwas gefährlich?"
"..."
"Okay..." Der Krieger rollte die Augen, wer konnte diesem Blick etwas abschlagen...


"Wie weit ist es denn noch?"
"..."
"Is ja schon gut... Was is das dahinten eigentlich?"
"Sieht aus wie ein Fels..."
"Ein auffällig symmetrisch geformter Fels."
"Da kannst du aber allein hinlaufen..."
"..."


"Siehste? Nur ein Fels... Können wir dann weiter?"
"Moment..."
"Wie oft willst du doch jeden Milimeter nach einem Schalter absuchen?"
"Bin gleich fertig, nur noch zwei mal..."
"..."
"Nein okay, gehen wir", gab er sich enttäuscht geschlagen.


Abends lag er wieder in der Höhle, der Krieger hinter ihm und die Kiste mit den Walhäuten etwas abseits der Feuerstelle.
12.04.2004, 17:36 #9
Erzengel
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Draußen tobte noch immer hörbar der Schneesturm... Oder war es ein neuer? Sein rasender Herzschlag verlangsamte sich wieder, als er seinen Gefährten hinter sich wahrnahm und die Kiste erblickte. Er drehte sich um sah dem Krieger in die Augen.
"Hey... auch schon wach?"
"Wann wollen wir weitersuchen?"
"Suchen nach was?"
"Willst du ewig hier bleiben?"
"Nein... aber wenn wir wegwollen, haben wir doch das Boot..."
"Ich meine den Tempel..."
"Muss das sein?"
"Willst die Sachen etwa umsonst geholt haben?"
"Das Boot wird sicher nicht umsonst... hoffentlich..."
"Gut, okay... ich geh allein..."
"Kain..."
"Nein, ich habe sowieso ein ungutes Gefühl, bleib lieber hier..."
"Okay."
"Hey, das war doch jetzt... Nein, der Traum... du bist... ich will einfach nicht, das dir was passiert."
"..."


Er suchte eine ganze Weile, doch nachdem er einen kleinen Teich wiedererkannt hatte, ging es recht schnell voran. Schon bald hatte er den blauen Tempel gefunden und war bei der Treppe mit dem Eiswasser angekommen. Er legte seine Mondrüstung ab und schlüpfte in den Walhautanzug. Wie bekam man dieses Ding jetzt zu? Der Gildenlose hielt die Öffnungen an Schultern und Hals dich zusammen und überlegte.
"Huch..." Doch es erledigte sich von selbst. Die Perle, die nach und nach Luft abgab, hatte er bereits vorher in den Mund genommen. Die Sicht war durch die kleinen Augenlöcher mehr oder minder miserabel. Irgendetwas sagte ihm, er hätte dieses komische durchsichtige Zeug, das ihn irgendwie logischerweise an Glas erinnerte, vorher saubermachen sollen. Aber hier unten kam sowie so gut wie gar kein Licht hin.
Als er nach gut einer Stunde endlich das Heiligtum fand, schwamm der Ring umgeben von bläulich schimmernden Licht über einem halbdurchsichtigen Altar. Ein simpler Griff und schon war er in seinem Besitz.
Sobald er aus dem Wasser und dem Walanzug raus war, wollte er sich die Rüstung wieder anlegten und seinem Gefährten so schnell wie möglich von seinem Fund berichten, doch als er sich umdrehte, um nach seiner Rüstung zu Greifen, stand dieser bereits vor ihm.

"Was machst du denn hier? Es ist gefährlich--"
Er konnte nicht atmen, nicht sprechen, war blind und taub, seine Kehle zugeschnürt...
"--Ja, für dich."
Ein Gefühl des Schwindels machte sich in seinem Kopf breit, langsam sah er auf das schwarze Metall zwischen seinen Rippen.
"Warum?"
"Warum? Weil du ebenso kaltblütig meinen Meister ermordet hast..."
"Ein... Jeromierter..."
"Ganz recht."
"Noch ein paar letzte Worte?"


Der schweißgebadete Körper schnellte aus dem Bett und stürmte hinaus aus der Höhle, bis er im kalten Schnee auf die Knie ging. Nach einer Weile hörte er knirschende Schritte näherkommen, ziemlich schnell sogar.
"Kain!"
Der Gildenlose sah auf und sprang dem Krieger um den Hals, worauf dieser das Fleisch des toten Schneeläuferjungen fallen ließ.
"Ich hatte diesen schrecklichen Traum, indem du mich hintergangen und getötet hast..."
Erneut spürte er das schwarze Schwert in seiner Brust.
"Ich fürchte, das war kein Traum..."
"..."
"Oh, wie süß? Tränen? Für wen? Für dich selbst? Oder für mich, den Attentäter deiner eigenen Schwester, deiner einzigen Blutsverwandten?"
Seine Pupillen verengten sich, soweit das es mehr Schmerzen verursachte, als die Klinge zwischen seinen Rippen.

Arnoriell? Warum? Tust du mir das an, Schwester?!
13.04.2004, 20:15 #10
Erzengel
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Wie lange waren sie unterwegs gewesen? Stunden, Tage, gar Wochen? Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Draußen tobte noch immer hörbar der Schneesturm. Erschrocken richtete er sich auf und griff sein Schwert.
"Kain..." Ebenso geschockt wie der Gildenlose ließ der eben hinzugekommene Krieger das Fleisch des jungen Schneeläufers fallen.
"Komm mir nicht zu nahe!"
"Kain, was?"
"Sag schon, wer ist es diesmal?! Jerome, Arnoriell?! Oder hat dich vielleicht Seichiro geschickt?"
"Was redest du?" Langsam ging er auf den Jäger zu.
"Bleib weg!!!"
"Also gut." Der Krieger zog seinen Zweihänder aus der Scheide, präsentierte es Kain und ließ es zu Boden fallen, ihm folgten Dolche, Wurf- und Jagdmesser, schließlich sogar die Rüstung, bis er nackt vor dem Gildenlosen stand.
"Siehst du? Keine Waffen, ich bin ungefährlich... Und jetzt erzähl mir was passiert ist."
"..."
"...Kain... ich bitte dich..."
"... ... ...Ich hab alles gesehen... Ich habe dein Schwert gespürt... Erst bist du gestorben und ich wuss--ich weißt nicht wieso und dann war alles weg und ich war wieder da ich vorher war, genau hier in der Höhle, ich bin draußen gelaufen und du kamst mit dem Schneeläuferfleisch und dann hast du gesagt, du hättest es nicht mitgenommen, wenn eine Mutter in der Nähe gewesen wäre und das du was gesehen hast und ich hab vorher gefragt, ob eine Mutter da war, dann waren wir in der Stadt, im Hafen und haben diese Kiste geholt und dann sind wir mit dem Boot zurück und ich bin allein in den Tempel, weil du doch vorher gestorben bist, und ich hab den Ring geholt und als ich wieder aus dem Wasser war, standest du da und hast... dein Schwert... Du hast es in mich gerammt und gesagt, dass du einer von den Jeromierten wärst und dann war wieder alles weg und ich war wieder hier und bin nach draußen und du sagtest, du seist ein Attentäter, den Arnoriell angeheuert hätte... und, und jetzt bin ich wieder hier und es hört einfach nicht auf!" Heiße Tränen rannen über das müde Gesicht, er holte aus und wollte zuschlagen, aber konnte nicht, so sehr er auch wollte... Schließlich stand der Krieger vor ihm, seine Arme sanken nach unten, sein Griff lockerte sich und das Schwert fiel zu Boden.
"Los... töte mich... einmal mehr oder weniger wird auch nichts ändern..."
Er spürte deutlich die Hände an seinem Hals... wie sie weiter nach hinten über die Schulter glitten und den erschöpften Körper an sich pressten.
"Dummer Narr... du solltest doch wissen, das ich dir nie etwas antun könnte."
14.04.2004, 17:15 #11
Erzengel
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Müde räkelte sich der Gildenlose im Bett, es verging viel Zeit, bis er zum ersten mal die noch verschlafenen Augen öffnete. Von schnell hintereinanderfolgenden Impulsen getrieben wanderte sein Blick durch die Höhle. Der Puls normalisierte sich langsam wieder, als er den Körper des Krieger hinter sich bemerkte. Ein Moment des Schreckens brachte sein Herz erneut zum rasen, seine Hände waren eiskalt. Rasch drehte er sich um und sah, dass der Krieger sich in der Nacht aus der Decke herausgerollt hatte. Nachdem er die sich anspannenden Muskeln, die sich deutlich unter der Haut hervorhoben, gesehen hatte, wurde sein Herzschlag wieder langsamer.
Fasziniert betrachtete er die matt blaue Klinge, die gestern bei der Vereinigung des Wasserschwerts mit dem Ring des selben Elements entstanden war. Ihr Anblick war Bestätigung genug, endlich war er dieser alptraumhaften, illusionären Zeitschleife entkommen. Wer oder was auch immer dahinter steckte, interessierte ihn nicht, nicht jetzt, er war einfach froh, dass es vorbei war. Heute wollten sie aufbrechen, zurück nach Khorinis oder zumindest Gorthar.
15.04.2004, 14:42 #12
Erzengel
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Im Schnell liegend starrte er mit leeren Augen ins Nichts. Schneeflocken sanft wie Blütenblätter landeten auf seiner nackten Haut, doch statt sofort zu schmelzen, blieben sie eine Weile dort, bis sie der nächste kalte Windstoß wieder davontrug. Weit und breit war nichts zu sehen, nur einige Meter entfernt die Mondrüstung und das Hexenschwert, die zusammen mit dem Schlüsselschwert des Wassers ein großes, gleichseitiges Dreieck bildeten. Er liebte zwar die Symmetrie, doch ebenso und wesentlich praktischer für ihn war das Chaos, scheinbar zufällige Anordnungen, sofern man diesen Begriff überhaupt noch in diesem Zusammenhang verwenden konnte, da es ja keine wirklich Ordnung gab, wobei genau das ja der Punkt war, eben weil die Ordnung des Chaos nicht sichtbar war... Sinnloses Geschwätz, er war es so lästig... es war unfair... Warum konnte er nicht wie irgendein Tier sein, das nur seinen Instinkten folgte und sich keine Gedanken darüber machen musste, was es zu tun hatte.
Warum dieses unerträgliche Gehabe um Arnoriell und Belzusia? Ihm konnte es doch egal sein... Nein, konnte es nicht, aber warum? Weil sie seine Schwester war? Weil er kein halbwegs normales Leben führen konnte, so lange sie existierte? Nicht mal das wusste er...
Er musste nur an ihn denken und schon fragte er sich, ob sie nicht dahinter steckte... oder irgendeiner anderer, der ihn dazu bewegen wollte sich mit ihr zu befassen, auch wenn er damit das Risiko einging selbst von dem Gildenlose getötet zu werden? Konnte er überhaupt ansatzweise so etwas wie glücklich werden, so lange sie existierte? Nein, konnte er es überhaupt so lange er selbst existierte? Irgendwann? ...Jemals? ... ... Nie...?
15.04.2004, 20:10 #13
Erzengel
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Alle Fünf standen sie versammelt hoch oben über Klippe und schauten auf die endlose Grasebene herab. Ein junges Mädchen erschien vor den vier Männern und der freizügig gekleideten Frau.
"Was wollt ihr von mir?"
"Wie wäre es mit einem Hallo?"
"Ihr seid nicht meine Freunde..."
"Aber auch nicht deine Feinde..."
"Das gerade du mir das sagst! Ihr habt traut euch ja nicht mal auf ein richtiges Treffen, stattdessen kommt ihr mit menschlichen Avataren auf die Astralebene, pah!"
"Ich will dir mal etwas sagen, meine Liebe--" Doch bevor der Greis in der blauen Robe weitersprechen konnte, wurde er von der jungen Frau unterbrochen.
"Du!!! Wie kannst du es wagen überhaupt hier aufzukreuzen! Du wolltest dein eigenes Volk auslöschen, nur um mich loszuwerden!"
"Schweigt!", mischte sich der schwarzgekleidete Mann mit vollends weißer Haut ein.
"Wir sind nicht hergekommen und unsere Feindlichkeiten auszufechten, die Not führt uns alle zusammen... Ich würde Innos genauso gern den Hals umdrehen, aber gebe ich meinem Verlangen nach?! Dein Bruder ist in eine Art Koma gefallen."
"Und das nur wegen deinem Diener!"
"Was?! So leid es mir tut, ich habe meinem Bruder niemanden auf den Hals gehetzt."
"Und wer war es dann?"
"Immer der, der fragt!"
"Du alter--"
"--Pass auf, was du sagst!"
"Das musst du gerade sagen!"
"Ich habe ihn gekannt!", erhob sich eine Frauenstimme.
"Sie wars! Es war einer von ihren Druiden, deswegen hat er Tiere so geliebt!"
"Halt du Klappe!", stoppte ihn der Mann in der roten Rüstung.
"Er war kein Druide, aber zugegeben ein Anwärter, durch seine zahlreichen Taten für den Schutz der meiner Kinder. Ich wusste nicht das er diesen Herzfehler hatte..."
"Kann ihn nicht einfach wieder jemand lebendig machen?"
"Lebendig nicht... untot sicher, aber das dürfte wohl kaum ausreichend sein, um Ithilion aus seinem Traum zu reißen."
"Wie kommst du darauf? Er war doch mal einer von deinen Dienern. Mag er keine Untoten?"
"Erstens habe ich keine Diener. Wann lernst du das endlich? Ich habe Magier und Priester... aber ich verlange nichts von ihnen, ebenso verschenke ich nichts."
"Könnten wir dann zum Thema zurück?"
"Falls ihr es nicht bemerkt haben solltet, er ist nicht tot... Das wäre ja noch recht leicht, wir könnten ihn wiederbeleben, aber ist eben nicht tot, sondern liegt in einer Art Koma. Er reagiert auf keinerlei äußerliche Reize."
"Und falls du es nicht bemerkt hast, haben wir bis eben nicht von Ithilion geredet."
"Sag das doch", versuchte sich der Mann mit den Tatoos zu wehren.
"Aber stirbt er nicht irgendwann von allein, wenn er nichts isst?"
"Eben nicht... scheinbar zerrt er an den von ihm nicht einsetzbaren Kräften Ultimas... sie funktionieren bei ihm nur passiv und erhalten ihn am Leben... Jetzt interessiert, Arnoriell?"
"Nein... Ulitmas Kräfte sind mir egal."
"Ach ja richtig, du hast sie ja schon, aber hättest du sie dann doppelt? Eigentlich müsste schon längst ein Paradoxon entstanden sein... aber gut."
"Tatsache ist, dass weder du noch du oder irgendeiner von uns gewinnen kann, so lange keiner von uns nach der Spielfigur greifen kann."
"Befind sein Geist sich nicht hier auf?"
"Keiner von uns kann ihn orten, er muss sich auf einer anderen Ebene aufhalten."
"Aber auf welcher?"
15.04.2004, 20:47 #14
Erzengel
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Das rechte Bein aufgestellt, den linken Oberschenkel zum Boden gerichtet und den Rest des Beins liegend betete er... Nein, nicht er, er war nur stiller Zuschauer und dennoch der Mann zugleich. Er spürte deutlich den Ziegenbart, der die gefalteten Hände leicht berührte. Nun öffnete der Mann die Augen erhob sich, sodass der Gildenlose den muskulösen Körper gut betrachten konnte. Was besonders auffiel waren die breiten Schultern und der lange, nachtschwarze Ledermantel, der ihn an seine Runika erinnerte. In beiden Händen trug er Schwerter, er konnte sie war nicht sehen, aber er spürte die schmalen Griffe. Nein, es war kein Hexenschwert dabei... Doch wieso kam er auf einmal auf diesen Gedanken? Dann versuchte der Gildenlose den Körper genauer zu untersuchen... Seine Aura war völlig fremd, er steckte also in niemanden, den er irgendwoher kannte, aber sie war auch nicht besonders stark, zumindest nicht soweit er sie betrachten konnte. Dann wurde er von den Emotionen des Unbekannten, in dessen Körper er als stummer Gast steckte, überkommen. Nervosität machte sich in ihm breit, dies hier war sein Alltag--
Hastig ging es uralte Treppen hinauf um einen Turm, soweit es die schlechte Sicht zuließ war drum herum nur Wasser zu erkennen. Er atmete lautlos und versteckte sich im Schatten, mit dem Rücken an den großen Sockel einer antiken Statue gelehnt.
--aber irgendetwas war anders...
Ein Templer des Adanos lief an der Statue vorbei, ohne den Mann zu entdecken. Dieser nutzte die Gelegenheit und schlich sich auf die andere Seite des Steinblocks. Moment... woher...? Ein adanosdienender Templer? Sein Atem stockte... Auch Kains Körper hätte so reagiert, aber nicht wie der des Fremden beim Anblick der Torwachen. Der Gildenlose kannte diese Templer aus Belzusia, genauer gesagt aus der gigantischen Hauptstadt Beyond. Dann musste das nun doch nicht mehr ganz so grenzenlose Gewässer das heilige See Adanum sein und das hier... der Palast das Kaisers. Ebenso schockiert wie hilflos wandte er sich von den eigenen Gefühlen ab und beschloss das ganze wirklich nur zu beobachten, etwas anderes blieb ihm wohl nicht übrig, aber er wollte sich auf keinen Fall mitreißen lassen.
Der Fremde sah sich gezwungen ein Risiko einzugehen, er zog zwei dünne, spitze Dolche. Erneut schloss er die Augen und sandte ein Stoßgebet, doch Kain konnte nicht erkennen, welcher Gottheit es gewidmet war... Das 'Oh Herr' war ja nicht gerade so aussagekräftig, doch zumindest konnte er sowohl Beliar, als auch den Schläfer ausschließen, ebenso wie den Fremden als fehlgeleiteten Anhänger Donnras, wobei er natürlich ein fehlgeleiteter Beliar- oder Schläferanhänger sein könnte. Also kamen zu Innos und Adanos noch Beliar, der Schläfer und die anderen 2 000 Erzdämonen und Pseudogottheiten.
Das Bild eines Toten tauchte vor ihm auf und verschwand so schnell wie es gekommen war, offenbar hatte der Fremde das Bild nicht gesehen, inzwischen zog er die Dolche aus den Köpfen der Wachen und schleifte ihre leblosen Körper hinter die Schatten der Bäume etwas abseits. An seiner Art die Leichen wegzuschaffen konnte man leicht erkennen, das dies üblicherweise nicht zu seinem Bereich gehörte. Doch offenbar waren hier zu viele Wachen. Verständlich, denn dies war das Anwesen des Kaisers und zahlreicher Adliger, es schien irgendeine Feier zu laufen. Nicht gerade der beste Tag zum Einbrechen, aber es fehlte ihm ohnehin an Säcken für die Beute. Hier war kein Edelstein oder Artefakt allein. Um genau zu sein gab es hier nichts, das nicht irgendwie wertvoll war, nicht mal ein Fußabtreter. Also lohnte es sich gar nicht hier Einzubrechen, um nur einen kleinen Gegenstand zu stehlen, wobei er ja vielleicht nur hier war, um etwas bestimmtes zu stehlen, das einem höheren Zweck diente... Wieder erschien das Bild und ihm fiel ein, wie sehr er genau dieses Verhalten an sich selbst hasste, diese ständigen, wilden Vermutungen... Hatte er sich schon wieder verloren? Wollte er nicht einfach zusehen?

Ab hier musste er wirklich vorsichtig sein, jeder Templer spürte die Aura des anderen. Er musste seinen sonst so hilfreichen Reflexe zügeln, hier konnte er keinen töten, ohne unentdeckt zu bleiben und das war unbedingt von Bedeutung für den Erfolg der Mission.
16.04.2004, 08:43 #15
Erzengel
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Die Templer standen niemals still, da war es wenigstens noch möglich hindurchzuschlüpfen, doch hier schien dies unmöglich. Zwar waren sie keine Templer, aber dennoch viel zu viele. Die letzten Meter zum eigentlich Eingang bestanden aus einer hell beleuchteten Wiese, auf dessen Nord- und Südseite im Abstand von gut einem Meter Wachen standen. Jeder Versuch einzudringen wurde sofort gemeldet. Schnell überdachte er die Alternativen, noch während er überlegte, näherte sich der nächste Templer. Lautlos durchs Gebüsch der Gärten ging es zurück zum Tor und vorsichtig dorthin, von wo er gekommen war. Ein Boot wäre zwar einfacher, aber auch viel zu auffällig. Die von ihm verursachten Geräusche synchronisierte er mit dem Rauschen des Wassers, bis er zum Hals in selbigen stand, dann tauchte er ab.
Die letzten paar Meter zur Rückseite des Hauptturms war er zwar geschwommen, statt getaucht, aber auch nur weil der kommende Aufstieg schwer genug war. Zwar waren Luft und Wasser wegen der künstlich erzeugten, tropischen Hitze der Stadt recht warm, doch mit nassen Sachen samt Ausrüstung eine Wand hinauf zu klettern, in der es weder Ritzen noch sonstige Unebenheiten gab, war dennoch irgendwie scheiße. Um voranzukommen benutzte er vier ähnlich spitze, dünne Dolche wie bei den Torwachen nur mit breiterem Griff. Nun galt es die ersten drei Stockwerke, in der die Feier stattfand, zu überwinden. Dieser Weg war zwar wesentlich sicherer, aber auch deutlich kräftezehrender.
Dummerweise befand sich das erste offene Fenster erst im fünften Stock, wo eine Adlige gerade den Sternenhimmel bewunderte. Knapp unterhalb des Fensters wartete der Einbrecher eine Weile, schon allein um ein wenig zu verschnaufen und zum anderen, um die Wirkungszeit des Schlafmittels abzuwarten, mit dem er ein Stofffetzen getränkt hatte, der nun wiederum am obersten Dolch über seinem Kopf befestigt seine einschläfernden Dämpfe freigab.
Was stank hier nur so komisch? Ratlos sah die ältere Frau nach rechts, links und dann nach unten.
Beide schienen wie gelähmt, als die Alte ihn entdeckte. Nach einer Weile begann sie zu lachen und beugte sich weiter hinunter um nach dem vermeidlichen Hirngespinst zu greifen. Dieses trat schnell eine 'Stufe' weiter nach oben und rammte ihren Kopf gegen die Wand. Was der Einbrecher jedoch nicht beachtete hatte, war dieses Ding von einem Korsett der Alten, das ein Beugen des Oberkörpers unmöglich machte, deswegen kam nun der restliche Körper nach und fiel nach unten. Währendessen presste sich der Eindringlich mit aller noch übrigen Kraft an die Wand, um nicht mitgerissen zu werden. Er verlor zwar den Dolch unter dem linken Fuß, gewann aber die Erkenntnis, das es wirkliche bescheuerte Frauen gab, die ein eng geschnürtes Korsett und ein Gestell für eines dieser hässlichen, weiten Kleider zu einem einzigen... äh ja, Ding zusammenfassten... Egal. Von der Vermutung getrieben, irgendwer könnte das Fallen der Alten und die hin und wieder zu hörenden Stöße ihrer Arme oder Beine gegen die Wand, sowie die dabei entstandenen Knochenbrüche mit appetitlicher Geräuschuntermalung bemerkt haben, verschwand er mitsamt Dolchen im Zimmer der Alten. Bei dem Versuch hinaus zu gehen, entdeckte er schon die erste Wache und verschwand wieder in den Gemächern, in denen er sich origineller weise unter dem Bett versteckte. Im Schrank war es einfach zu voll und etwas anderes gab es hier nicht.
Dann war es soweit ein Mann kam herein, ausgerechnet ein Templer, wie er an dessen Stiefeln und Beinschienen erkannte.
"Lady In--" Der Mann stockte, als er bemerkte, das sich die Angesprochene nicht im Zimmer befand. Er warf noch einen Blick in die beiden anderen Räume und eilte dann erst zum Fenster. Als der Einbrecher flüchten wollte, musste er feststellen, dass der Templer die Tür von Innen verschlossen und den Schlüssel mitgenommen haben musste.
Wo war er nur? Wieder öffnete der Templer einen Schrank. Vielleicht war er ja genau der, den er nun brauchte... Immerhin hatte er es in den Palast geschafft.
Endlich hörte er das erlösende Klicken des Türschlosses und wie der Templer den Raum verließ. So schnell es ging kroch er unter dem Bett hervor und richtete sich auf, nur um dann doch dem Templer gegenüber zu stehen.
16.04.2004, 16:21 #16
Erzengel
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"Ein bisschen unachtsam was? Das Schlafmittel kannst du stecken lassen und die giftigen Dolche sowie so, wenn überhaupt kannst du Dank meiner Rüstung nur am Kopf zustechen und dann bin ich sowieso tot, aber was das bedeutet solltest du ja wissen, wenn du es bis hierher geschafft hast."
Während er noch weiterlaberte, wurde er von dem Eindringling genauestens gemustert, was genau er in ihm erkannte blieb dem Gildenlosen jedoch unerschlossen. Dieser staunte nur darüber, dass der Templer noch größer war und noch mehr Muskeln hatte als der Einbrecher, kaum zu glauben, dass das möglich war, aber sie wirken auch schon nicht mehr allzu menschlich, vielmehr wie abstrakte Nachbildungen, viel zu aufgepumpt.
"Gut so." Mittlerweile hatte ablegen und sich von dem Templer durchsuchen lassen müssen. Nun kam er der Aufforderung nach seine Lederrüstung abzulegen.
"Ist das nicht irgendwie unbequem so mit nichts drunter?", fragte der Templer spöttisch und zugleich mit einer merkwürdigen Scherzhaftigkeit.
Die Wut über sich selbst sah man dem Einbrecher nicht an, emotionslos starrte er vor sich hin.
"Was guckst du denn so böse? Sei doch froh, dass du nicht gefangen genommen wirst."
"..."
"Natürlich nur gegen eine kleine Gegenleistung..." Der Templer legte Hände um die Hüfte des Eindringlings. Blitzschnell zog dieser sein Schwert, der Templer wich zurück, doch das Schwert folgte ihm und zeigte schließlich mit der Spitze auf seine Kehle.
"Finger weg, Schwuchtel!" Der Templer lachte.
"Sollte ich mich etwas in deinen Augen getäuscht haben? Unmöglich..."
"Es ist Sünde vor dem Herrn!" Erneut entrang sich der bedrohten Kehle des Templers ein Lachen.
"Seit wann?"
"Es ist eine Sünde vor Innos!" Während der Templer endgültig einen Lachanfall bekam, überlegte der Gildenlose.
Merkwürdig... so kannte er sich doch... ... ... 'Sich'? Herzstillstand. Ein Gefühl von Schwindel und Kälte, zugleich mit Hitze überall. Er wollte atmen, doch er--es ging nicht... Panisch rang er nach Luft...
Ganz ruhig, er konnte keinen Herzstillstand haben und sowie so nicht atmen, weil er hier... einfach in einem fremden Körper, vermutlich einer Illusion war. Das eben... war sicher nur, weil er alles fühlte und sah, was auch der Innosler fühlte... Nichts ernstzunehmendes...
Sein Hass auf die Diener des Feuergottes hatte zwar deutlich nachgelassen, aber selbst einer zu sein ekelte ihn noch immer an. Das ständige beten, die absolute Gehorsamkeit... Nichts für ihn.
Langsam verstummte das Lachen.
"Innos? Dann bist du nicht von hier, nicht aus Belzusia... Ich fass es nicht, jetzt heuern sie schon Leute von außerhalb an... das sie überhaupt Leute anheuern is ja schon schlimm genug, wenn sie selbst zu feige sind, aber dann noch irgendjemand, den das gar nicht betrifft und der es nur des Geldes wegen macht... Du musst ja der beste sein."
"Ich bin nicht der beste, in bloß der einzige, der sich den Auftrag zutraute."
"Oh, er spricht... Aber sag mal, ist das töten nicht auch Sünde?"
"..."
"Was solls... Willste nichmal wissen, warum ich dir helfe?"
"...Tu was du nicht lassen kannst."
"Gut... Also, ich bin seit einem halben Jahr Templer und hab mich hochgearbeitet, ich liefere Informationen an die Rebellen und werde eventuell bald selbst die Chance haben zuzuschlagen, sofern ich dem Ziel näher komme."
"Sie scheinen wirklich verzweifelt zu sein..."
"Oh ja, schon seit... ... Hey! Sollte das eine Beleidigung sein?!"
"Wo geht es hoch?"
"Für dich geht es nirgendwohin, bis du--"
"--..." Der Innosler presste die Klinge an seine Kehle.
"Schon gut... also am sichersten ist es wieder raus und nach oben, aber die drei Kilometer nach oben sind wohl selbst für dich ein bisschen weit."
17.04.2004, 22:33 #17
Erzengel
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Den letzten Knopf zuknöpfend verließ er das Zimmer der Alten, wirklich nett von dem Templer ihm eine Gefolgschaftsuniform zu besorgen. Einen Großteil seiner Ausrüstung musste er zurücklassen, nur einige Wurfdolche konnte er hier und da verstecken. Die beiden Katanas waren in ihren schlichten Hüllen nicht zu enttarnen, so unauffällig wie möglich versteckte er sie hinter einem Tablett. Tatsächlich befanden sich die meisten Adligen wie geplant auf der Party und erfreulicherweise auch die Wachen und Templer. So gelang er mühelos in den höchsten mit der magischen Senkrechtplattform zu erreichenden Stock. Hier, 20 Geschosse unter dem Dach, endete für die gewöhnlichen Diener und Adligen die Reise. Weiter ging es nur mit höheren Ämtern. Laut dem Templer kam er mit dieser Gefolgschaftskleidung noch 10 Stockwerke weiter. Ohne sich etwas anmerken zu lassen schritt er dem Flur entlang, zu beiden Seiten erstreckten sich künstliche Urwaldlandschaften. Hier und da hatten sich einige Pärchen zurückgezogen, doch diese viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um ihn zu bemerken. Da eigentlich die gesamte an der Oberfläche lebenden Bevölkerung aus Adel und Militär bestand, waren die Sicherheitsvorkehrungen innerhalb des Palast allgemein etwas lockerer, als man erwartet hätte. Dem heiligen See durften sich Reisende nicht weiter als zweihundert Schritte nähern, selbst Boten kamen nur bis zu heiligen Brücke und nicht weiter. Alle Untertanen waren sowieso in die Slums unterhalb der Oberfläche verbannt, wo sie früher in den Fabriken arbeiten mussten, bevor man den heiligen See als Energiequelle entdeckte. Danach wurden die meisten Zugänge versiegelt und die Menschen sich selbst überlassen. Dieses gesamte Sündenpack, schlimmer als die Dämonen, sie verdienten das alles nicht, nur den Tod und ewige Höllenqualen.
Beide Wachen standen breitbeinig da und musterten den Innosler und öffneten eine Tür an der Seite. Scheinbar warteten sie darauf, das er hineinging. Widerwillig betrat er den schwach beleuchteten Raum, der offenbar eine Art Umkleide war. Während der eine draußen blieb, folgte der andere dem Attentäter.
"Bist wohl neu hier."
"..."
"Seh schon, nicht sehr gesprächig. Hast sicher schon mitbekommen wies hier läuft..."
Die Wache kam näher und schlug ein paar mal die flache Seite seines Schwerts in seine Hand.
"Oh ja", meinte der Innosler klugscheißerig und rammte seine Klingen in Stirn und Brust. Danach öffnete er die Tür einen Spalt.
"Ey, kannste mal kurz kommen, dein Kollege ist gerade umgekippt... Ich weiß auch nicht..."
Mit einem Ruck war die Tür auf, dann starre er geschockt auf die Leiche der anderen Wache. Der Attentäter riss ihn herein, direkt auf eines der blutverschmierten Schwerter, das sich sofort in ihn bohrte. Nachdem er sicher war, das auch dieser Wächter tot war, versteckte er die Leichen in den Schränken und verließ den Raum wieder, die Treppen hinauf in den nächsten Stock.
19.04.2004, 16:09 #18
Erzengel
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Endlich hatte er das höchste mit dieser Uniform erreichbare Stockwerk betreten. Gleich nach den ersten paar Metern entschied er sich für den linken weg, wo er gerade eben eine Tür zugehen gehört hatte. In der Hoffnung der befände sich jemand, mit dessen Hilfe oder alternativ auch dessen Kleidung er die nächsten Stöcke erreichen könnte. Langsam schloss er die Tür hinter sich, erst jetzt bemerkte man, wie dunkel der Raum eigentlich war. Eine Flamme entbrannte und zündete eine Kerze an, deren Licht eine halbnackte Frau preisgab. Ihre hell schimmernden Haare lockten ebenso wie ihre vollen Lippen und ihre ernorme Oberweite.
"Hey, Süßer! Hast du dich verlaufen? Kann ich dir helfen?"
"Ich suche einen Weg in die oberen Stockwerke."
"Was? Du bist aber direkt, das gefällt mir", sprach sie neckisch.
"Ich hätte da was..." Sie drehte ihm den Rücken zu und beugte sich mehr als absichtlich in obszöner Pose nach unten, um ein paar Lederstricke hervorzukramen, die an einigen Stellen mit Eisenringen verbunden waren. Dieses Ding ähnelte sehr dem, was sie am Leib trug, nur eben für Männer.
"Ich warte schon ewig auf den Mann, der hier rein passt. Komm, mein Prinz, probier es an."
Der Innosler stand gefühllos da und nahm die Lederstricke entgegen, auch danach bewegte er sich kaum.
"Was ist mein Prinz?"
Wie durch Butter schnitt das Schwert durch die samtweiche Haut.
"Ich will nicht wissen, wie viele Männer du damit schon verführt hast. Ich habe dir eine gelassen, wenn du einen findest, der dich wirklich liebt, nimmt er dich trotzdem und dann wirst du auch eure Kinder stillen können... Sieh es als Innos Gnade und meinen Dank."
Auf das tote Stück Fleisch starrend hielt sich das Betttuch, um die Blutung zu stillen.
"Hurensohn verdammter! Was kann ich dafür, das mein Vater mich schlug und ich laufen musste und das mich die Adligen schändeten?!"
"Er hat dich sicher nicht ohne Grund geschlagen."
"Oh doch, er war ein elender Säufer!"
"Warum lass ich mich überhaupt darauf ein?"
"Krankes innosgefickt--"
Die Worte blieben ihr im Halse stecken, als der Attentäter ihr die Klinge in den Hals rammte. Den toten Körper versteckte unter dem Bett, die alte Uniform im Schrank. Dieses elende Dämonenpack... in ihrer Wollust nicht zu übertreffen, diese Strickte bedeckten gerade so seine Blöße. So unrein war es hier, das er gar nicht auf die Idee kam, das die Frau das ganze erfunden hatte, tatsächlich konnte er problemlos passieren. Offenbar zeichneten einen diese Strippen als persönliches Spielzeug eines hohen Generals oder gar des Kaisers aus, zumindest ein Spielzeug an das niemand außer der Besitzer Hand anlegen durfte.
21.04.2004, 19:55 #19
Erzengel
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Der Gildenlose hatte so lange in den Erinnerungen des Attentäters gewühlt, das er gar nicht mitbekam, dass er sein Ziel fast erreicht hatte. Schweren Atems schlug er die riesigen Torflügel auf und fand sich dem Subjekt gegenüber. Langes, goldbraunes Haar verdeckte kurz die sanften Lippen, als sie sich ihm zuwandte. Wer mochte sie sein? Warum sollte er diese unschuldige Schönheit töten und wer gab ihm den Auftrag? Erst jetzt begann Kain sich für all diese Fragen zu interessieren.
"Verzeiht, aber diese Gemächer sind nicht frei zugänglich, es sind meine Privaträume." Doch der Innosler schritt unberührt voran.
"Ich muss euch bitten zu gehen." Nur noch wenige Meter von ihr entfernt zog er seine beiden Schwerter.
"Oh, ich verstehe." Langsam drehte sie sich um.
"Wollt ihr mich töten, weil ihr durch die Politik des Rats euer Hab und Gut verloren habt? So will ich euch neues Land geben lassen", sprach sie mit fester Stimme, anscheinend sah sie in dem Attentäter keine wirkliche Bedrohung. Dieser stand nun wortlos vor ihr und wartete darauf, dass sie ihm erneut ins Gesicht sah.
"Ist euch das nicht genug?"
"Dies ist ein Auftrag von Innos, er wurde mir durch den heiligen Gesandten Vater Johannes Paul den sechsten persönlich erteilt. Dieser Befehl hat oberste Priorität und muss um jeden Preis vollstreckt werden."
"Auftrag?" Die junge Frau zögerte.
"Seid ihr ein bezahlter Attentäter? Ich bedaure, aber ich habe nicht so viel Geld um den Betrag eines heiligen Gesandten zu überbieten, auch wenn das meist so aussehen mag. Ich bin nur Gast hier, mir gehören nicht einmal diese Kleider." Im letzten Moment hatte sie den letzten Fehler begangen und sich um zugewandt. Endlich wurden die Sehnen entlastet, nur um sogleich wieder gespannt zu werden.
Ein roter Fleck machte sich vor seinem Auge breit.



"Ich bitte euch, geht jetzt!" Wieder und wieder schlug der Innosler auf das Schutzschild ein. Das konnte nicht wahr sein! Hier oben sollte es der Sicherheit wegen ein Anti-Magie-Schutz geben. Dieselbe Quelle galt als zuverlässig und hatte ihm sowohl die Informationen über das Fest, als auch über die Architektur zugespielt und ihm den Weg ins Schloss erklärt.
"Schnell, ich bitte euch inständig! Verzichtet auf Ehre und Stolz, das nichts weiter ist als Arroganz! Ich kann euch ein Haus in Belzusia, weit weg von hier und eurer Heimat anbieten, dort könnt ihr neu beginnen. Geht! Lauft, bevor die Wachen kommen, das Schwert wird sie aufmerksam gemacht haben!" Ratlos stand er der Frau gegenüber.
"Versteckt wenigstens euer Schwert und setzt euch zu--" Noch bevor sie den Satz beenden konnte, öffneten sich die Torflügel.
"Da ist er, ergreif ihn!"
"Nein!!! General, er ist mein Gast!"
"Ein Gast mit Schwertern?"
"Ich bat ihn mir seine Künste vorzuführen!"
"Und wessen Blut klebt daran? ...Es ist das derselben Frau, die ihm diesen Aufzug gab und zum Dank von ihn getötet wurde."
"Dann wird er Buße tun!"
"Sehrwohl!"
"Aber nicht auf die Art, die ihr meint!"
"Erscheinen euch meine Methoden derart uneffektiv, Arnoriell?"
...

Arnoriell

...
... ...
... ... ...
"Wann ist meine Hinrichtung?"
"Hinrichtung?!" Der Wächter lachte.
22.04.2004, 18:13 #20
Erzengel
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"Kylan?" Die Lichtgestalt schüttelte den Kopf und zerfiel in tausende kleiner Funken, die sich etwas weiter weg von ihm zusammensetzten und zu einem Mann in rot-goldener Rüstung wurden.
"...--" Er legte den Zeigefinger auf die Lippen und wurde erneut in tausend Stücke gerissen.

"Wann werden die ersten fertiggestellt sein?"
"Schon bald, sehr bald..."
Langsam öffnete er die Augen, die noch nie zuvor benutzt wurden und dennoch schon gut 25 Jahre alt waren. Er sah eine Weile unscharf, hörte aber besser als jemals zuvor. Vorsichtig bewegte er Arme und Beine... Er? Ja, aber... Was zur Hölle war das hier? Dieses mal hatte er nicht nur dieselben Empfindungen, sondern konnte den Körper selbst 'steuern'. Oder war er es am Ende selbst? Er erinnerte sich gerade mal daran, dass er den Hexenturm verlassen hatte, um... ... Nein, auch der Grund war vergessen. Egal, hatte man ihn hierhin gebracht und jahrelang gefangen gehalten oder war dies wieder nur eine Illusion? Natürlich hoffte er auf letzteres, auch wenn es ihm fast ebenso wenig gefiel. Alles erschien in sanft blauen Licht. Es brauchte einige Zeit bis er begriff, dass er in einer hellblauen Flüssigkeit schwebte. Trotz der Jahre in diesem Tank waren keine Anzeichen von Muskelschwäche zu erkennen, eher im Gegenteil. Vielleicht war dies eine besondere Nährlösung? Abgesehen von den Augen schien alles in bester Ordnung zu sein. Es blieb nur die Frage, warum er ausgerechnet jetzt erwacht war.
Vom Piepen einiger Instrumente aufgescheucht, eilten sofort Unmengen an Männern in weißen Kitteln herbei. Dann spürte er wie der Tank angehoben und abtransportiert wurde. Am Zielort angekommen wurde sämtliche Flüssigkeit abgesaugt und eine Seite geöffnet. Erst jetzt bemerkte er seine unglaublich dichte Behaarung, was ihn zu dem Schluss kommen ließ, dass die enormen Muskeln durch Testosteron herbeigeführt worden sein mussten. Doch wie hatten sie das geschafft ohne den Hormonhaushalt durcheinander zubringen? Im Gegenzug für die Muskeln müsste er nämlich eigentlich Brüste haben... Schon wieder ertappte er sich selbst beim sinnlosen Gespräch mit sich selbst und es kotze ihn an.
Unbewusst schnüffelte er die neue Umgebung ab, widerlicher Gestank von Äther überall, kaum zu ertragen. Jedes zuvor durch die Flüssigkeit und den Tank gedämpfte Geräusch mutierte nun zu wildem Gekreisch und Donnern. Zweifelsohne war er hier in einer Art Labor und vermutlich auch das Subjekt. Vorsichtig ging er auf die Forscher zu, doch kurz bevor er sie erreichte, zuckte ein Blitz und schlug direkt in seine linke Klaue. Die Männer lachten und begannen damit irgendwelche Schalter zu bedienen. Speere schossen aus der Wand, direkt auf ihn zu, worauf er hastig zur Seite sprang wo bereits der nächste Bolzen auf ihn wartete, der ihn direkt in die Schulter traf.
"Ekstase erreicht, Lebensfunktionen steigen..."
Seine Augäpfel wurden vollends schwarz und der Verstand setzte aus. Problemlos wich er den heranschnellenden Bolzen aus.
"Projekt Belzusian erfolgreich... ... Moment, Lebensfunktionen übertreffen die Erwartungen... Das, eh... Das ist eine neue Stufe der Ekstase!"
Während der weitersprach, standen seine Kollegen wie angewurzelt da. Obwohl die Blitz beständig von allen Seiten auf den Körper einschlugen, schien dieser keinen Schaden zu nehmen, vielmehr ihre Energie zu absorbieren. Der ruhige Gang verwandelte sich in einen kurzen Sprint, der Anlauf für einen Sprung war, mit dem er den ersten Mann niederriss. Ein schneller Biss in den Hinterkopf ließ das Genick ohne weiteres zu Bruch gehen. Sie waren so starr vor Angst, das er sie ganz einfach einen nach dem anderen töten konnte. Als alle blutend auf dem Boden lagen kehrte sein Verstand langsam wieder zurück. Sämtliche Türen waren versperrt... Willkürlich legte er Hebel um und bediente Schalter bis ihn schließlich ein leises Klicken aufmerksam machte. Einer der Männer hatte doch tatsächlich überlebt und schleifte sich mit dem noch übrigen Arm an der Wand entlang. Ohne eile folgte ihm die Bestie. Ein Schlag genügte, um ihn endgültig zu töten. Dann nahm er den flachen, viereckigen Schlüssel an sich und kämpfte sich durch das Labyrinth aus Gängen. Schließlich kam er in einen Raum voll mit schier endlosen Reihen von Tanks. Nur wenige fehlten und einer davon musste seiner gewesen sein. An einem Pult setzte er nach einigem probieren den Schlüssel ein und sah die nächsten Tanks abtransportiert wurden. Dann hörte er eine kleine Explosion, nicht weit von ihm und keine Sekunde später spürte er eine unangenehme Hitze am Kopf, dann fiel er zu Boden und spürte nichts mehr. Das letzte was er sah war wie die anderen erwachten seiner Art in ihrer Wut die Tanks zerstörten und die Anlage stürmten.

Im nächsten Moment befand sich der Gildenlose wieder in einem ewigen Nichts.
"Sei gegrüßt, Kain." Zögernd drehte er sich um und erblickte einen Greis in blauer Robe.
"Diese Farben... Und das vorhin? Ist ja interessant... Darf ich annehmen, das ich eigentlich noch immer in der Nähe des Hexenturms bin und ihre mich für eine kleinen Visionenrunde hierher entführt habt?"
"Nicht ganz... Wir bezwecken, dich zu erinnern."
"Erinnern an was und in welcher Hoffnung?"
"Nun, wenn wir dich direkt erinnern, funktioniert es vielleicht nicht, wer weiß."
"Ihr, ratlos?" Der Gildenlose lachte kurz.
"Nun, wer ist als nächstes dran?"
Der Greis verschwand im Nichts aus dem er gekommen war.
"Hey! Das war ein Scherz!!! Fuck!"
Dann erschien eine brennende Landschaft, flüssige Gestein bahnte sich seinen Weg durch schwarze Klippen und braune Berge.
23.04.2004, 17:13 #21
Erzengel
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Vorsichtig näherte er sich dem Abgrund, vor ihm eröffnete sich ein riesiges Schlachtfeld. Pfützen aus Blut... Eine ihm mehr als bekannte Szene... Das Ende seiner zweiten Reise nach Belzusia...
Ein Templer erschien inmitten der bis zu Unkenntlichkeit verstümmelten Orkkadavern, dann wurde es dunkel. Stumm sah er den schwarzgekleideten Mann an, der sich nicht zuletzt durch seine blasse Haut und die Augen, die jeden bei ihrem Anblick erzittern ließen, verriet. Er brauchte ebenfalls eine Weile bis er zu sprechen begann.
"Nun, ich bezweifle, dass wir das vorgefallene einfach so vergessen können. Wir beide wissen das dies weder Zeitpunkt noch Ort ist, wo wir unsere Streitigkeiten beseitigen, also werde ich dich einfach über die aktuelle Lage aufklären... Die Götter haben sich in Bezug auf dich und Arnoriell zusammengeschlossen."
"Sie fürchten Arnoriell?"
"Ja." Ein leichtes Lachen ging dem Gildenlosen über die Lippen.
"Sie glauben wirklich das eine zweite Gotthexe werden könnte."
"Mehr oder weniger..."
"..."
"Sie befürchten vielmehr, das sie überflüssig werden."
"Was ist mit dir?"
"Nun, ich bin der Tod, kann ich mich selbst vernichten?"
"Sie ist wirklich die Gute oder?"
"...Ja."
"Und ihr könnte nichts gegen sie ausrichten, weil sie alle Kräfte besitzt, die auch meine Mutter hatte, abgesehen von der Magie der Zeit natürlich, deswegen unerstützt ihr mich... Da mich meine Rache ohnehin zu ihr treibt, bleibt für euch nicht mehr viel zu tun... Nur warum sollte ausgerechnet ich das schaffen, woran sicher unzählige eurer Diener scheiterten? Ach ja, sie will mich ja haben, sie braucht die Magie der Zeit vollständig... Bis zu dem Punkt an dem ich vor ihr stehe und mich entscheiden muss, ist es eigentlich bedeutungslos auf wessen Seite ich stehe..."
"Frag sie doch, ob sie dir ihre Magie schenken oder besondere Kräfte... Aber du weißt es nicht oder?" Der Mann seufzte tief.
"Nein... ich weiß es wirklich nicht."
"Denk darüber nach..."
"Was anderes bleibt mir kaum übrig."
Gemächlichen Schrittes entfernte sich der Schwarzgekleidete.
"Die Tore des Kastells stehen dir immer offen."
"Weißt du, das war schon immer dein Problem, du gibst den Leuten zu viele Freiheiten... Es ist nicht deine Entscheidung, ob der Zirkel mich aufnimmt, sondern allein die des Zirkels... Das selbe Problem war es mit der Magie damals..."
"Weißt du, das war schon immer dein Problem, du hörst nicht richtig zu, Kain. Ich sagte die Tore des Kastells, nicht die Arme des Zirkels..." Dann verschwand der Mann endgültig.
"Das hätt ich jetzt auch gesagt... alter Klugscheiß--", noch bevor er den Satz beenden konnte, befand er sich wieder in einer neuem Umgebung. Gähnend richtete er sich auf und sah einer jungen Frau entgegen.
"Nun, da kein anderer mehr übrig ist, nehme ich an, du bist... Mutternatur oder so was."
"Ja."
"Und? Willst du mich nicht auch in irgendeine andere Welt versetzten? Eine Illusion die mir zeigt was wäre wenn."
"Nein."
"Sag mal, warum erscheinst du als Frau?" Ohne Zeit zu verlieren verschwand die knapp bekleidete Frau und erschien wieder in Gestalt eines Baums.
"Ich meine ja nur... nach dem was man so hört, erscheint deine Stimme in den Wäldern und auf Wiesen..."
"Menschen erzählen viel..."
"Shiva hat es mir erzählt..."
"Oh... entschuldige... Ja, ich erinnere mich an unsere Begegnung, sie war ein hübsches Mädchen... Was ich damit sagen will--"
Die jetzt tiefe, kräftige Männerstimme verstummte für einen Moment, tauchte aber als klanglose Stimme in seinem Kopf wieder auf. Ein großer, weißgrauer Hund heterochromischen Augen tauchte anstelle des Baums auf.
"--Das es völlig egal ist, welche Gestalt ich annehme."
"Kann schon sein... aber hätte ich es lieber mit einem Humanoiden zu sprechen, statt mit einem Husky, bei dem mich das Verlangen packt ihn zu streicheln."
"Nur zu--"
Nun erschien wieder ein sehr knapp bekleideter Mensch, allerdings keine Frau mit ungewöhnlich großem Brustumfang, langen blonden Haaren und noch längeren Beinen, sondern ein muskulöser Mann mit sonnengebräunter Haut und kurzgeschorenen, dunkelblonden Haar.
"--Ich kenne keine Berührungsängste, wie die anderen. Alles ist verbunden, denn alles hat irgendwo den gleichen Ursprung, selbst die Götter, die sich von den Sterblichen distanzieren."
"Warum erscheinst du in diesen Idealbildern?"
Der Mann lachte kurz.
"Wäre dir ein alter Greis lieber? Glaub mir, ich kenne die Vorlieben derer, die mein Interesse geweckt haben."
"Habe ich dein Interesse geweckt?"
"...Was ist los? Wo ist dein Verlangen hin?"
"...Es ist noch immer da... aber..."
"Du kennst diesen Körper nicht? Du erinnerst dich endlich! Gut, dann können wir ja damit aufhören, mehr wollte ich nicht."
Die Gestalt verschwand im Nichts.
"Warte! Nein!!! Bitte! War das alles?! Was soll ich jetzt tun?"
"Erinnere dich an ihn, erinnere dich daran, was geschehen ist."
23.04.2004, 19:21 #22
Erzengel
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Ganz langsam öffneten sich die blassen Lieder, ihm war unerträglich kalt, doch er konnte sich auch nicht richtig bewegen und der eisigen Kälte des Schnees auf seiner nackten Haut etwas entgegensetzen. So schnell es seine noch halb gelähmten Muskeln zuließen griff nach den beiden Schwertern und seiner Rüstung, dann breitete er seine Flügel aus und schlang sie schützend um sich selbst. In der Zeit in der er sich so aufwärmte, entfernte er die gefrorenen Tränen aus seinem Gesicht. Danach erhob er sich und flog davon, zurück zum Hexenschwert, unwissend, was nun wirklich geschehen war. Nur eines wusste er, der Krieger war verschwunden und er allein.

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