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21.03.2004, 16:08 #526
Der Inquisitor
Beiträge: 526
Das Kloster der heiligen Allianz # 1 -
Dorrien ignorierte das einsetzende Kribbeln in seinen Beinen, hervorgerufen durch die kniende Haltung, die er jetzt seit fast einer Stunde einnahm. Er hockte vor einem kleinen Altar, von dem eine vergoldete, von flackernden Kerzen flankierte Innosstatue mit strengem Blick auf ihn herabsah und hatte die Hände gefaltet, während er mit gesenktem Kopf auf den Boden starrte. Sein Schwert lag griffbereit neben ihm auf dem rauen Marmorboden, obwohl es doch eher unwahrscheinlich war, dass ihn hier im Kloster irgendjemand angreifen würde. Aber die Macht der Gewohnheit war manchmal stärker, als man annahm...
„Innos, Herr des Lichts, Erschaffer allen was ist, was war und was kommen wird, Herr über das Leben, Sieger über die Finsternis und das Verderben... Stärke meinen Willen, reinige mein Herz und befreie meine Gedanken von allem, was ihnen schaden will, so bitte ich dich, oh Allmächtiger...“
Obwohl Dorrien die Worte nur für sich selbst dahinmurmelte, waren sie in der kleinen Kapelle doch zu vernehmen. Fast mochte ein unbeteiliger Zuschauer meinen, die kleine Innosstatue auf dem Altar würde dem Gebet des Hexenjägers tatsächlich lauschen.
„In deinem Namen bekämpfe ich deine Feinde. Leite mein Schwert, kläre meine Gedanken und gib mir die Macht, das reinigende Feuer über jene Ketzer und Häretiker zu bringen, die deinen Namen leugnen. In nomine Innos, Amen.“
Nachdem er sein Gebet beendet hatte, blieb der Magier noch kurz hocken, um seine Gedanken zu sammeln, die während der Zeremonie etwas abgedriftet waren. Schließlich erhob er sich, schüttelte kurz seine eingeschlafenen Beine, befestigte sein Schwert wieder am Gürtel seiner Robe und trat aus der Kapelle hinaus.

Nach den Kälteeinbrüchen der letzten Wochen war das Wetter nun endlich wieder so, wie es im Frühling sein sollte. Dorrien ließ seinen Blick ein wenig über den Hof streifen, aber es war alles wie immer. Die Novizen kümmerten sich um die Schafe, Felder und Beete, putzten, reparierten, oder standen nur sinnlos in der Umgebung herum und unterhielten sich über Innos und die Welt. Ein ganz normaler Tag also, wie er nicht normaler hätte sein können.
Und Dorrien hatte auch nicht vor, an dieser Normalität etwas zu ändern. Der Feuermagier blinzelte noch einmal in die hoch am Himmel stehende Sonne – er mochte die Sonne, sie war ein eindeutiges Zeichen für Innos’ allumfassende Präsenz – und wandte sich dann der Klosterpforte zu. Sein weg würde ihn in die Stadt führen, nach Khorinis. Zwar hatte der Inquisitor keine wirklichen Pläne, was er dort anfangen sollte, aber er war schon lange nicht mehr dort gewesen, und so konnte es nicht schaden, wenn er sich einmal ein Bild von der Situation vor Ort machte.
Die Klosterpforte knarre vernehmbar, als Dorrien sie öffnete, und so wies er Pedro mit etwas missfälligem Blick an, sie mal wieder zu ölen. Der Novize beeilte sich, zu bestätigen, dass er den Auftrag verstanden hatte, und so setzte Dorrien seinen Weg getrost fort, erreichte bald den Wald. Die Vögel zwitscherten, ein Eichhörnchen huschte durchs Unterholz. Ein ganz normaler Tag eben.
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