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[Story]Die Kronenburg
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11.04.2004, 12:24 #51
Heimdallr
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Am nächsten Morgen wurde das Paar von den ersten Sonnenstrahlen geweckt, die über das Land schienen, die wieder den Tag verkündeten und so die finstere, stille Nacht vertrieben. Nur wenige Tiere waren an ihnen vorbeigekommen, ein paar Insekten, aber niemand hatte sich um die beiden Menschenkinder gekümmert. Das Feuer war wie erwartet verloschen, irgendwann eine Stunde nachdem sie eingenickt waren. Die Glut hatte noch eine zeitlang gelodert, dann war auch sie ausgegangen, bedeckt unter grauer Asche, kaum mehr wahrzunehmen. Der Wind wehte nur schwach an jenem Morgen, die Sonne hatte sich unter dicken Wolkenbändern verzogen, die von Regen kündeten. Vielleicht war es ja wirklich bald soweit, ein Frühlingsschauer war keine Seltenheit, auch wenn es die letzten Tage immer trocken geblieben war. Immer dieser helle Sonnenschein am Morgen und dann dieser triste Tag, Imoe wusste nicht, was sie davon halten sollte, als sie es endlich wahrgenommen hatte.

Ihr Bruder stand schon am Bach und wusch sich die Müdigkeit aus dem Gesicht, dasselbe wollte sie jetzt auch tun. Zum Frühstück gab es nur noch die Reste des angebratenen Fleisches, es war noch immer frisch und schmeckte gut, aber zu viel Fleisch war auch nicht gut, ihr wurde davon leicht schlecht am Morgen, aß deshalb auch nicht viel. Danach brachen sie wieder auf, das Feuer noch mir etwas Wasser benetzt, obwohl es eigentlich egal war, denn wo nur Steine waren, da konnte auch nichts brennen, aber egal. Der Bachlauf würde ihnen den Weg weisen hatte Talos gesagt und so gingen sie nun den Bachlauf entlang, immer gegen die Laufrichtung des Wassers...
11.04.2004, 12:33 #52
Heimdallr
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Die großen Felsenschluchten wurden intensiver, die Klippen wurden rauer und größer. In eine solche Schlucht tauchten sie ein, war doch der Wald längst Vergangenheit. Auch sonstige Abwechslung war nicht mehr in diesem Sinne geboten, doch langweilig war es trotzdem nicht, Der Himmel mit all seinen Facetten war genauso abwechslungsreich, wie die umständlichen Steinstrukturen der Felsen. Außerdem schenkte der kleine Bach rings um seine Ufer neues Leben. Kleine Pflänzchen, sicher auch Unkraut und Dreck, aber dennoch gute Erde, auf der kleine Blumen wuchsen. Gras war daneben genauso anzufinden wie auch kleineres Gestrüpp. Allerdings war es kein grüner Streifen, diese Pflanzen waren spärlich gesät. In einigen Klippen waren kleine Höhlen und langsam fand man auch die ersten Spuren von Menschen hier unten. Kleine Eisenteile lagen hier, Imoe fand ein kleines Stück von einer Schwertspitze und auch sonst war die Gegend nicht gerade tot.

Eine Münze aus vergangener Zeit huschte aus dem Wasser, hatte sich am nahen Ufer eingegraben, konnte aber den spitzen Augen von Talos nicht entgehen. Er zwinkerte seiner Schwester zu und verstaute das wertlose Kleinod in einer Tasche seines Gewandes. Dieses war nach dem Überfall auf das Rehkitz noch immer voller Blut, aber es war mittlerweile eingetrocknet und unscheinbar auf dem braunen Oberteil. Sein Dolch aber hatte er gesäubert, am Bach, gleich noch am Abend. Wohin der Weg führen sollte und wie weit sie noch gehen mussten, eine unbekannte Frage, auch er wusste es nicht, aber sie waren bestens ausgerüstet. Ein voller Magen und genügend Wasser, sowie eine unglaublich hohe Motivation waren es, die ihn antrieben. Bald schon wollte er seine Rache auskosten, doch zunächst mussten sie in die Burg...das schwierigste aller Unterfangen.
11.04.2004, 12:56 #53
Heimdallr
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Eingeengt zwischen den zwei großen Felswänden liefen sie durch die breite Schlucht. Kamen dabei nie vom Weg ab und wurden stets vom Wasserlauf geführt. Jederzeit war eine große Entfernung vor ihnen, Kurven wurden minimal und unbemerkt begangen. Das was zählte waren nicht die Schritte, sondern die Minuten. Geduldig und ohne Hast, aber ohne zu schlendern kamen sie voran, ließen große Entfernungen hinter sich und machten auch nie eine Pause zum durchatmen. Wenn dann einmal, um etwas zu beobachten oder dem Anderen etwas zu zeigen. Die kleine Schlucht schien unscheinbar und ohne Ziel, ein Weg zwischen zwei Felsen, durch den ein kleiner Wasserlauf führte. Doch jeder Wasserlauf hatte auch einen Ursprung, genau wie die Burg bald einmal auftauchen musste. Talos hatte die Karte nicht mehr so genau im Kopf, doch sie waren schon einige Meter gegangen und nur knapp an Kronenburg vorbei. Die Burg war in der Stadt, auf einem zu groß geratenen Hügel und sie wussten, dass sie durch unzählige Wehrgänge und Mauern vom Rest der überwiegend armen Stadtbevölkerung abgeschirmt war. Doch so viele Meter konnte man gar nicht gehen, es sollten keine Tagesmärsche andauern, bis sie ihr Ziel erreichen sollten. Zumindest hoffte der ehemalige Klosterbruder dieses. Er hatte sich auf seine gute Ausbildung berufen und hoffte nun, dass seine Ausbildung auch etwas nutzte. In die Stadt hätten sie wohl gehen müssen, doch schon am Tor hätte man sie abgewiesen. Und in der Stadt? Ohne Befürworter, ohne Vertraute und ohne Freunde? Sie wären willkommene Ziele für den Mob, für Kopfgeldjäger und alte Bekannte, die sich noch an ihre Gesichter erinnerten. Nein, die Stadt war nicht sicher. Die Burg sollte es sein. Wieso warten, wenn es gleich sein sollte? Unnötig...aber trotzdem war nichts sicher, die Zukunft lag ungewiss brach...
11.04.2004, 13:11 #54
Heimdallr
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Vorsichtig streichelte er sich über die Wangen, als ein kleines, einsames Blatt darüber flog und spürte die Schwerelosigkeit der Luft, die sich immer mehr bewegte. Der Wind wurde etwas stärker, aber noch längst kein Problem. Die schönen Kreiselringe auf dem treibenden Wasserlauf waren aber ein eindeutiger Beleg, dass es ungemütlicher wurde.

"Hast du dich schon mal gefragt, warum wir und nicht jemand anders?", fragte der Junge dann links rüber, wobei er doch nach vorne sah.
"In welchem Zusammenhang denn?"
"Na in welchem wohl. Ich weiß es auch nicht...diese ganze Geschichte, dieses ganze Leben."
"..."
"Wäre unser Leben anders verlaufen, wenn Mutter und Vater nicht gestorben wären? Glaubst du, wir wären heute glücklicher?"
"Ich denke schon. Zumindest wäre uns erspart geblieben, dass sie uns zerstört hätten."
"Zerstört...sie haben uns zerstört. Ja du hast Recht. Wenn es Gottes Wille war, warum hat er es zugelassen?"
"Wer weiß..."
"Vielleicht will Gott ja das, was wir erleiden mussten..."
"Nein, das glaube ich nicht."
"Ja, war auch nur so ein Gedanke."
"..."
"..."
"Rache und Hass sind nicht gut."
"Ja."
"Aber wenn wir noch für irgendetwas zu gebrauchen sind, dann das."
"Hm...glaubst du nicht mehr an ein normales Leben?"
"Nein."
"Und ein glückliches Leben?"
"Ich...ne...in."
11.04.2004, 13:18 #55
Heimdallr
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Stille, die durchbrochen wurde von natürlichen Stimmen. Von Klängen der Winde und großen, schwarzen Vögeln, die in kleinen Nestern an den Klippen hingen. Doch keine Stimmen von Menschen waren in dieser Urform der Ruhe zu vernehmen. Die Natur hatte wieder die Kontrolle über die Schlucht übernommen, genau wie ihre Schritte wieder weitergingen...

Talos hatte ein kaltes Gefühl bei diesem Gespräch gehabt, ihm war ein Schauer über den Rücken gelaufen und er hatte wieder Angst. Die Angst begründete sich nicht auf jetzt, nicht auf das Leben nun, aber die Angst von den Bildern der Vergangenheit, er konnte sie nicht nur sehen, er erlebte auch die Angst wieder mit. Gleichzeitig aber spähte er nun zu Imoe, die auch ihren Gedanken nachgehen musste, sie war seine Schwester und doch war sie ein weibliches Wesen gewesen. Er hätte nie mit solchen Worten von ihr gerechnet und doch war er um ein Zusammenleben in ihrer Jugend mit ihr betrogen worden. Die wichtigste Zeit in ihren kurzen Leben war vorbei gegangen, einfach verflogen.

Imoe indes wunderte sich selber über ihre Worte, doch die beruhigende Feder im Kopf wedelte den Staub hinfort und gab ihr Recht. Eine dunkle Seite hatte sich auf ihr Herz gelegt, eine dunkle Seite, die sie jahrelang vermisst hatte, nach der sie sich so sehnte. Es war zu spät sie abzulegen, sie war gekommen und wollte nicht mehr gehen, jetzt war es zu spät und es fühlte sich gut an, eine große Befriedigung der Sinne war es, doch was noch zur Perfektion fehlte war der eigentliche Sinn des schwarzen Schleiers. Le muerte noir
11.04.2004, 14:13 #56
Heimdallr
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Unterdessen war in Kronenburg alles wie immer. Das heißt...nicht ganz. Es war nichts Besonderes, dass man wieder Steckbriefe aushing, denn das kam so gut wie alle zwei Wochen vor, da es immer jemanden gab, den man suchte und für den man eine Belohnung ausschrieb, aber dieses Mal war es interessant zu sehen, wer auf den Zetteln war, die nun vermehrt an Bäumen und Hauswänden zu finden waren. Es war das Gesicht von Talos und unter ihm ein Text, sowie die großen Buchstaben der Belohnung. Natürlich erinnerten sich einige kluge Leute noch daran, an die Steckbriefe, die es vor zwei Jahren noch gab, aber vor allem die Leute, die mit Kopfgeldern ihr Leben finanzierten, sie waren nun wieder in erhöhter Alarmbereitschaft. So war natürlich auch der Bogenschütze zu erklären, auch wenn er sie nicht gut sehen konnte.

In der Burg machte man sich allerdings keine Gedanken um irgendwas oder irgendwen. Ein großes Frühlingsfest stand an, bald schon würde wieder der Maientanz vollführt und außerdem hielten die Kirchen nun wieder die alljährlichen Ostermessen ab, wie jedes Jahr auch. Und dann war da ja auch noch die anstehende Heirat der Prinzessin von Kronenburg mit dem Prinzen aus Eisenfeld. Alles Dinge, die die Adligen mehr beschäftigten als irgendwelche Angelegenheiten, die die Stadtwache zu erledigen hatte, kleine Lappalien. Der Klosterrat hatte zwar eindeutig gewarnt, wie gefährlich Talos doch wäre, doch diese Nachricht schien vollkommen untergegangen zu sein, fehlte doch jeder Hinweis auf den Zetteln darauf.
11.04.2004, 14:21 #57
Heimdallr
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Die Wolken verdunkelten sich und drohten jeden Moment zu platzen. Immer größer wurde es, die Sonne wurde vollständig abgeblockt. Zuerst verschwanden ihre Schatten, dann wurde es noch ein wenig dunkler. Zum Glück reichte auch dieser Zustand nicht an die Dunkelheit bei Nacht heran, ihre Sicht war nach wie vor den Umständen entsprechend gut, aber nach einiger Zeit spürten sie die ersten Tropfen auf ihren unbedeckten Hautflächen. Zuerst war es nur wenig und fing an zu tröpfeln, aber dann krachte es über ihnen, als ob die ganze Burg zusammengestürzt war und Donnergrollen schwang danach. Ein kleines Szenario eines Weltenuntergangs konnte man hier sehen, in den Hauptrollen des Dramas waren die Natur, als Zerstörer und Ankündiger des Endes und sie als arme, wehrlose Opfer dieser Gewalt. Doch im Endeffekt war es nichts weiter, als ein Gewitter.

Die Tropfen wurden stärker und prasselten schon bald herunter, die ersten, kleineren Blitze züngelten am Horizont und das Wasser fiel zu Boden. Die ganzen vielen Tränen der Wolken, sie mussten riesige Säcke davon haben. Auf dem stetig laufenden Bach machte es Plitsch-Platsch und die Erde nahm das Wasser dankend an. Die Klippen hatten sich verdunkelt und zeigten nun kein Ende mehr an, doch unbeeindruckt dessen und vom Regen, gingen sie weiter wie bisher. Ändern konnten sie es ohnehin nicht und einen Unterschlupf gab es auch nicht, deswegen marschierten sie ihren Weg fort und Talos ärgerte sich, seiner falschen Berechnungen wegen. Aber trotzdem, die Sicherheit, dass sie bald da wären, die hatte er noch behalten.
11.04.2004, 14:39 #58
Heimdallr
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"Es regnet, es regnet, die Erde wird nass..."
Imoe sang ein kleines Liedchen auf ihren Wegen und Talos zog ein fast verborgenes Lächeln, wollte aber nicht mitsingen. Ein wenig Freude konnte ihnen gut tun, denn ihre Waage von Freud und Leid war nicht richtig eingestellt. Da tat jeder noch so kleine Moment gut. Gleichzeitig fielen die Regentropfen wie kleine Splitter auf ihre Körper, dort teilten sie sich beim Aufprall, zerfielen und das Wasser tränkte die Kleidung. Das Blut aus seinem Oberteil wurde wieder flüssig, das eingetrocknete Zeug wurde aus der Kleidung entfernt. Allerdings nahm es dafür einen weiten Weg, lief nun auch durch die restlichen Fasern der Wollkleidung und würde so zwar weniger intensiv, aber mitunter überall sichtbar werden, je nachdem, wie lange der Regen noch andauerte. Sicherlich noch eine ganze Zeit, so wie der Himmel aussah. Es war wirklich etwas düsteres, sehr dunkles Etwas. Es war eine gute Zeit, um zur Burg zu kommen. Langsam gingen sie über Pfützen, die sich gebildet hatten, eine nach der anderen wurde umgangen, manchmal aber auch gnadenlos ignoeriert, je nach Laune halt. Der Regen tat Talos gut, er mochte den Regen. Das Wasser reinigte seinen Körper, aber nicht nur den. Ganz davon abgesehen, dass diese Dusche gut für sich und wohl auch für seine Mitmenschen, die man aber auch mit einem einzigen Namen eingrenzen konnte, vorteilhaft war, es war auch eine Reinigung der Seele und der Sünden. Dass Gott existierte, daran gab es keine Zweifel, doch wie er war, dass war ihm unklar. Aber Regen war doch immer eine Reinigung. Gott schenkte den Menschen Regen, damit sie sich in seinem Wasser bewusst werden konnten, was sie waren, was sie taten und wer sie zu sein gedenken. War es nicht so?
11.04.2004, 14:56 #59
Heimdallr
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Schön war der Regen, wirklich schön. Zwar waren ihre ganzen Haare jetzt nass, aber die würden auch irgendwann wieder trockneten. Das Wasser hatte die dünnen Stoffklamotten aufgeweicht und so spürte sie auf jeder Hautzelle das kühlende Nass. Aber so kalt war es gar nicht, sicher kein Eiswasser, da hätte sie schon längst gefroren, so dünn wie sie angezogen waren. Die Schwesternkluft war wirklich nicht sonderlich reichlich, dafür aber bequem und nützlich. Aber während sie weiterhin nach vorne sah, immer dicht neben Talos der ja den Weg wusste, bei diesem linearen Gang aber auch nicht viel mehr wissen würde wie sie. Doch auf einmal fiel ihr etwas auf, es war mitten in einem großen Donnerschlag, der mal wieder ihr Gehör auf die Probe stellte, da hatte sie es gehört. Das Geräusch von Metall. Aus dem Nebel vor ihnen näherte sich etwas, was zum Teufel war das bloß...

"Hey, schau mal, was ist das?"
"Was?"
"Da vorne!"
"Verdammt...das sind...Menschen...nein einer."
"Oder zwei?"
"Sie kommen näher, ja, zwei Menschen, du hast Recht."
"Was sollen wir tun?"
"Ruhig bleiben und warten."
"Glaubst du, das sind..."
"Soldaten? Hm...schwer zu sagen, warte, sie gehen weiter."
11.04.2004, 15:03 #60
Heimdallr
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Die beiden schemenhaften Menschen kamen näher, immer noch regnete es in Strömen, doch den Regen nahmen sie schon gar nicht mehr als solchen wahr, nur diese Gestalten waren merkwürdig. Sie kamen näher, hoben die Hand zum Gruße und stellten sich in einem sicheren Abstand von fünf Metern neben sie. Jetzt konnte er auch ihre Maße nehmen, zwei Männer, ziemlich große Kerle. Einer mit einem hässlichen Bart, von dem Wasser abtropfte. Beide trugen sie Fellmützen, kleine, runde Dinger. Hatten einen dicken Lederwams um, Knieschienen. An der Seite trugen sie kein Schwert, sahen dafür stämmig und gut per Faust aus. Schmierige Typen, die ihn sofort wieder an seine Zeit als Sklave erinnerten. Intuitiv griff er sich an die Schulter, wo noch immer das Zeichen der Sklaven prangerte, aber von seiner Kleidung verdeckt wurde.

"Zum Gruße, wer seid ihr und was macht ihr hier?", begannen einer von beiden der Fremden.
"Wanderer, haben uns verirrt, der Regen hat uns erwischt." Talos ließ sich nichts anmerken, niemand durfte von ihrem Vorhaben etwas erfahren."
"Und ihr, wer seid ihr denn?", fragte Imoe kess heraus.
"Wir? Äh, Händler, Händler sind wir."
"Wo sind denn eure Waren hm?", wieder war es Imoe, die den angeblichen Händlern auf den Zahn fühlte.
"Alles weg, gute Geschäfte."
"Hier?", kam nun Talos heraus.
"Ja...hier!"
13.04.2004, 22:47 #61
Heimdallr
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Die angeblichen Händler blieben einen Moment dastehen und musterten sie weiter, auf einmal zog einer der beiden einen kleinen Zettel aus seiner Tasche. Plötzlich merkte Talos, wie sich sein Gesichtszug änderte, ein erhabenes Grinsen und auch ein hinterhältiges Kichern war zu hören. Er zeigte es dem anderen und der nickte nur zustimmend. Was zum Teufel war das...anscheinend hatte es etwas mit ihnen zu tun, denn die beiden fingen an zu murmeln und plötzlich fuhr einer von ihnen herum und blickte mit einem gierigem Blick zu ihnen.

"Wisst ihr, wie viel zwanzig Goldstücke wert sind?"
"Eine ganze Menge, hrhrhrhr."
"Ja, das mag wohl sein, aber Händler wie ihr dürften doch im Gold baden, wenn ihr so gute Geschäfte macht."
"Machen wir aber nicht, Kleiner. Wir sind auch keine Händler, aber das ist nicht wichtig, ihr beide werdet gleich einen kleinen Unfall haben, denn ihr seid den Stadtwachen von Kronenburg zwanzig Goldstücke wert, egal ob tot oder lebendig, harharhar!"

Das war es also, er hatte schon von Anfang an kein gutes Gefühl bei diesen komischen Typen gehabt und jetzt bestätigte sich sein Verdacht also. Sie wollten sie tatsächlich töten, wie konnten sie nur so was tun...aber anscheinend waren es Männer ohne Skrupel, egal was sie hier her geführt hatte, es war schlecht, schlecht für ihn und seine Schwester, aber auch schlecht für sie...
13.04.2004, 22:49 #62
Heimdallr
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"Oh nein", Imoe hatte das blanke Entsetzen in ihren Augen stehen, als sich die zwei grobschlächtigen Männer näherten. Sie war wie gelähmt, konnte es nicht fassen. Wieso ausgerechnet jetzt, warum ausgerechnet hier?

Plötzlich überschlugen sich die Ereignisse geradezu. Einer der Banditen kam auf sie zu, doch Talos stellte sich vor sie und zog seinen Dolch, der Bandit war so überrascht, dass er nicht mehr auswich und auf einmal die spitze Klinge im Bauch stecken hatte und Blut spuckte. Während er mit dem Tode rang, kam der zweite und schlug ihrem Bruder mit der bloßen Faust ins Gesicht, daraufhin fiel Talos nach hinten und blieb liegen, stand aber langsam wieder auf.

"Ohhhhhh, oooohhhh, ahhhhh"

Die stöhnenden Laute des Verwundeten wurden leiser, er hatte sich den Dolch herausgezogen und hielt sich nun beide Hände vor die Wunde, aus der unaufhörlich Blut ins Freie trat. Gleichzeitig war der andere einfach an ihr vorbeigelaufen, ohne sich um sie zu kümmern schnappte er Talos und presste ihm die Luft ab, was seiner Gesichtsfarbe nicht unbedingt gut tat.

"Iii...moeee..."
13.04.2004, 22:55 #63
Heimdallr
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Sie hörte seine Stimme, wie hilflos sie klang, dann leuchteten ihre Augen auf und weiteten sich für einen Augenblick. Endlich ließ sie ihre Blicke von dem sterbenden Mann und dem ganzen Blut und zog ihren Dolch, mit dem sie sich vor zwei Jahren umbringen wollte.
Das Mädchen drehte sich um und sah, wie der Bandit ihr den Rücken zugedreht hatte und ihren Bruder zu Tode würgte, als sie auf ihn zuging.

Mit einem Tritt gegen seinen Unterleib erreichte sie, dass er Talos fallen ließ und kurze Zeit seinen Oberkörper zu Boden senkte. Als ihr Bruder noch um Luft rang, wartete sie geduldig, gebetsmühlenhaft. Dann war es endlich soweit, mit wütendem Blick schaute der Bandit wieder auf und im selben Moment rammte sie ihm den Dolch zwischen den Halskörper, direkt durch die Luft- und Speiseröhre. Ein kleiner Schwall von Blut sauste auf ihren Oberarm, gleichzeitig zog sie den Dolch wieder heraus. Eine Sekunde hörte man noch ein leises Röcheln, eine einzige Sekunde, dann war der Körper tot und fiel zu Boden. Mit einem plumpen Geräusch landete er auf dem Steinbett und verharrte dort mit aufgerissenen Augen in die Ewigkeit. Der Regen hatte das Schauspiel verdeckt und würde es auch weiterhin tun. Das Blut von ihrem Arm abwaschend, verschmierend. Das erste Mal...sie hatte zum ersten Mal getötet. Einen Menschen getötet. Was war das nur für ein Gefühl? Sie hatte ohne Gnade zu gestochen...aber es ging doch um Talos, ihren Bruder. Aber zu töten...das war gar nicht so schlimm...und Imoe fühlte sich nicht schlecht, oh nein, sie fühlte keine Reue, bereute nichts. Es war ein gutes Opfer. Denn so wollte sie auch mit denen umgehen, die ihr all das angetan hatten.
13.04.2004, 22:58 #64
Heimdallr
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"Der hier ist tot, verblutet. Schau nur wie sein Blut vom Regen schwarz gefärbt und verwaschen wird. Es fließt in den Bach. Zum Glück fließt er abwärts. Ohhhhhh... danke Schwester. Du hast mich gerettet. Ohne...die passende Ausrüstung hat man alleine gegen zwei solche Muskelprotze kaum eine Chance."
"Schon gut, brauchst dich nicht bedanken Brüderchen. Du weißt genau, dass ich immer für dich da bin, wenn du mal meine Hilfe brauchst."
"In guten und in schlechten Zeiten hm?"
"Ja, in Guten und in Schlechten..."
"Jetzt bin ich aber mal gespannt..." Talos fumelte an der Tasche des verblutetem Banditen herum und fischte den Zettel heraus. Er musste aufpassen, dass ihn der Regen nicht zu sehr aufweichte, hielt schützend seinen Körper davor.
"Und?"
"Jetzt hör dir das an...:

Junger Mann auf der Flucht. Zuletzt gesehen um das Kloster zu Kronenburg. Gesuchter Verbrecher, Dieb und Mörder. Trägt das Zeichen eines Sklaven auf dem Arm. Ist dringend zu fassen. Wer ihn der Stadtwache von Kronenburg bringt, bekommt eine Belohnung in Höhe von zwanzig Goldmünzen. Könnte in Begleitung einer jungen Frau sein. Eine mögliche Belohnung ist in Aussicht gestellt.

gez. Romulus, Anführer der Stadtwache.


...das darf doch nicht wahr sein. Hier, sieh selber, sogar eine Skizze von mir befindet sich darauf."
13.04.2004, 23:00 #65
Heimdallr
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Mit ungläubigem Staunen sah Imoe sich den Zettel an und als sie fertig war, gab sie das Stück Papier an Talos zurück, allerdings war es schon etwas aufgeweicht durch den Regen und zerriss dabei. Aber es war sowieso egal, sie hatten es ja gesehen. Zwar er nicht unbedingt gut getroffen, aber die Worte waren es. Und wenn sie selbst schon Banditen erkannten, die im strömenden Regen vor ihnen auftauchten, dann konnte es nicht so weit her sein mit dem Verstecken.

"Schon ziemlich...beunruhigend..."

Den Kampf gegen das Wasser hatten sie inzwischen aufgeben, anscheinend würde es so schnell nicht aufhören. Inzwischen war es noch dunkler geworden, aber noch immer keine Nachtverhältnisse. Trotzdem, sie hatten jetzt andere Sorgen.

"Hier...und hier" Talos hatte die beiden Toten durchsucht und ihre Geldbeutel abgenommen, es waren zwar nur miese zehn, bzw. sieben Silbermünzen darin, aber diese Stücke landeten in ihrem einheitlichen Münzensack und wurden achtlos weggeworfen. Leichenfledderung nannte man das. Doch diese Skrupel konnte sie auch ablegen. Es war nichts schlimmes, die Leichen sahen ja...noch gut aus. Dennoch hatte Imoe ein blasses Gesicht, was nicht an der langsam eintretenden Kälte lag. Diese Aktion eben. Sie war noch so frisch. Sie hatte einen Menschen umgebracht. Einen MENSCHEN. Das war nicht das, was sie in der Abtei gelernt und geschworen hatte. Und trotzdem war keine Reue da, sogar ein Gefallen konnte sie spüren. Warum...
14.04.2004, 11:36 #66
Heimdallr
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Nachdenklich war sie geworden, sehr nachdenklich über das alles. Dieses Gefühl wollte einfach nicht von ihr gehen, es blieb einfach da. Man merkte es ihr an, wie sie noch immer das Blut an ihrem Arm spürte, wie es sich nicht komplett entfernen wollte. Es blieb da, zum ansehen, zum nachdenken.

"Hey, alles klar bei dir?"
"Ja...ja ich denke schon."
"Bist du sicher?"
"Getötet...ich hab ihn getötet."
"Ach so...darum geht es. Und? Hast du Schuldgefühle?"
"Nein, eben nicht, keine Reue..."
"Das ist gut. Für solche Schweine brauch man keine Reue zeigen. Du wirst sehen, das Gefühl vergeht bald."
"Bestimmt...bestimmt."
"Dann lass uns mal weitergehen. Ich verstehe zwar nicht, warum wir nicht schon längst da sind, aber sicher werden wir bald eine Antwort darauf bekommen."

Die beiden gingen also weiter. Weiter in der Schlucht, zwischen den dunklen Riesen aus Stein. Die toten Banditen blieben liegen, es war eben nicht ihr Tag gewesen. Aber man sollte eben nie voreilig handeln, wenn man keine guten Karten hatte. Ob es Glück war? Sicherlich war es das, aber ist nicht alles irgendwo glücklich? Der Regen erging weiter über sie nieder. Das Wasser, es mochte heute einfach keine Aufmerksamkeit bekommen, zumindest nicht die Aufmerksamkeit, die ihm zustand...
14.04.2004, 14:54 #67
Heimdallr
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Talos ging im strömenden Regen voraus, reinigte die Klinge seines Dolches im Bach, obwohl das Wasser von oben schon fast alles erledigt hatte, dann steckte er das Mordwerkzeug wieder weg. Jetzt hatte er also schon zwei Leute damit umgebracht. Ob das wirklich noch mit dem Glauben vereinbar war? Menschen zu töten? Er meinte ja, denn getötet wurde überall, er wollte seine Rache. Vielleicht hieß es ja in der Bibel, dass man vergeben soll und nicht morden, das man den ersten Schritt machen musste. Das mochte wahr sein und je mehr er darüber nachdachte, desto mehr kam er zu der Erkenntnis, dass er gegen den Willen Gottes verstoße, doch er hatte seine Entscheidung getroffen, sie stand für ihn fest, es gab kein Zurück mehr. Vielleicht versündigte er sich an seinem obersten Herrn, vielleicht trampelte er auf den Gesetzen der Nächstenliebe herum, doch was hatte man denn mit ihm gemacht. Hatte man ihn denn nicht behandelt wie ein Stück Dreck? Hatte man ihn nicht für unwürdig erklärt? Besaßen diese Menschen keine Skrupel, dass sie seine Kindheit zerstörten? Und was war mit den Mördern ihrer Eltern? All das waren auch unheilige Verhalten, nein, er wollte diesen Weg gehen, er war bereit dazu, ob mit oder ohne Gottes Hilfe. Wenn er ihnen wirklich helfen wollte, dann sollte er ihnen helfen zu überleben. Oder aber einen schnellen Tod gewähren. Vielleicht war der Tod besser als das jetzige Leben. Vielleicht.

Doch für den ehemaligen Sklaven, der noch immer mit dem Zeichen gekennzeichnet war, gab es noch einen Grund zu leben. Er wollte nicht das tun, wovon er Imoe vor zwei Jahren abgehalten hatte. Aber es war reiner Zufall gewesen. Reines Glück. Aber er hatte es selbst in der Hand und er wollte sich dieses Glück nicht nehmen...
14.04.2004, 15:01 #68
Heimdallr
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Der Regen endete nicht, die Dunkelheit blieb erhalten, doch endlich kam ihr Ziel in Sicht...

"Da, sieh nur!"
"Was ist das?"
"Ich glaube, das ist das, nachdem ich gesucht habe."

Mit angespannten Blicken gingen sie auf das schwarze Etwas zu, das im Regen an einer der Felswände stand. Die Schlucht wurde hier sehr eng und der Bach war nun ganz nah bei ihnen. Und tatsächlich, das, was sie suchten, fanden sie auch. Eine kleine Öffnung, gerade mal groß genug für einen Menschen, ein Gitter, wahrscheinlich für Regen gebaut. Ein kleiner Wasserlauf kam heraus, floss in eine kleine Rinne, die in den Bach mündete. Das war ihr Ziel. Hier ging es mitten in die Burg, das stand so auf den Karten.

"Müssen wir da wirklich durch?"
"Es gibt keinen anderen Weg."
"Gut, dann soll es halt so sein..."

Das Gitter abnehmen erwies sich als komplexe Aufgabe, die alles andere als leicht war, es war mit Nägeln an das Eisenstück gehämmert worden. Aber es war ein sehr dünnes Gitter, fast mehr ein Draht. Er nahm seinen Dolch und schnitt ein Loch in das feine Netz aus kleineren Quadraten, dann zerrte er es zur Seite, so dass sie genug Platz hatten hindurch zu kommen.
Talos war der Erste, der sich hindurch quetschte, dann drehte er sich um und reichte seiner Schwester die Hand.

"Komm, nimm meine Hand."
14.04.2004, 16:39 #69
Heimdallr
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............................Akt II
...................In die Burg

Das Gitter gab einen geraden Gang preis, rund um war er gewölbt und rund. Man konnte nicht aufrecht drin stehen, sondern musste sich bücken. An seinen Stiefeln floss das Wasser vorbei, immer wieder herunter. Imoe hatte die Hand ihres Bruders genommen und war ebenfalls durch die dünne Öffnung geschlüpft, was ihr allerdings keinerlei Probleme bereitete. Nun mussten sie durch diesen absolut stockdunklen Gang, konnten nicht mal ordentlich stehen und kalt und nass war es auch noch. Natürlich war es kein Grund sich zu freuen, im Gegenteil, es war ein mieses Gefühl. Es war absolut ekelhaft, man fühlte sich überhaupt nicht wohl. Aber schließlich stahlen sie sich gerade in die Burg, zu der sie ja überhaupt keine Eintrittserlaubnis hatten, da konnte man nicht erwarten, dass irgendwer ihnen den roten Teppich vor die Füße warf. Wenigstens kamen sie gut voran und rutschten nicht aus, aber dieser Gang, er war wirklich nicht schön. Das ständige, gebückte Laufen tat sogar im Rücken weh, aber den Schmerzen trotzdend sagte Imoe nichts und ließ sich von ihrem Bruder weiter durch den Gang bringen.
15.04.2004, 09:44 #70
Heimdallr
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Nach circa zwei Stunden ätzendem, dunklen, langweiligen, gebücktem und schmerzendem Vorankommen, in einem immer gleich aussehenden Schacht, der außer gelegentlichen Abbiegungen nichts zu bieten hatte und deswegen keiner weiteren Beschreibung bedarf...

"Hey schau nur..."
"Schon wieder was?"
"Scheinbar sind wir drinnen."
"Sind wir doch sowieso schon."
"Sehr witzig Schwester."
"T'schuldige."
"Siehst du das Licht da vorne?"
"Wenn du mal zur Seite gehen würdest, könnte ich eine Chance haben."
"*Hust**Hust* Na schön. Wo sie Recht hat..."

Talos wich zurück, wobei er sich in diesem engen Mistschacht ganz schön dünn machen musste und ließ Imoe vorbei, die dann auch endlich etwas sehen konnte.

"Tatsächlich, Licht. Wo das wohl herkommen mag?"
"Kann uns nur recht sein, das dürfte unser Ausstieg werden, danach müssen wir aber aufpassen, denk dran, wir sind Eindringlinge und die Wachen in der Burg werden versuchen uns zu töten."
"Schon verstanden."
"Ähm...versteh mich nicht falsch, es ist sicherlich ein ungünstiger Zeitpunkt danach zu fragen, gerade weil es eigentlich klar sein müsste, aber trotzdem. Wenn wir jetzt aussteigen ist es zu spät und es gibt kein Zurück mehr. Also...möchtest du mich wirklich begleiten?"
"Oh...natürlich. Glaubst du, ich lasse meinen großen Bruder im Stich, jetzt wo ich für ihn schon gemordet habe? Glaub mir, ich steh das schon durch."
"Und wenn wir sterben?"
"Dann hat unser Leben einen Sinn."
"Gut...danke. Dann lass mich mal wieder vor..."
"Vergiss es..."
15.04.2004, 10:11 #71
Heimdallr
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In dem Schacht, der mehr eine Röhre war, klangen ihre Schritte hell und hallten auch so durch das Stück Metall, das Wasser floss immer noch an ihnen vorbei, scheinbar hatte es nicht aufgehört zu regnen, oder es hatte einen anderen Grund.
Imoe hatte Talos nicht mehr durchgelassen, so wichtig war es schließlich auch nicht. Nun näherten sie sich dem Lichtschein. Als sie da waren, nahmen sie ein Gitter war, es war wie schon zuvor aus dünnem Draht, aber befestigt. Sie sahen den Himmel, der total dunkel war und wie es immer noch regnete, gleichzeitig sahen sie aber auch, wie zwei Fackeln vor dem Gitter standen und scheinbar keine Probleme mit dem Wasser hatten. Stattdessen lief dieses hinab, durch das Gitter in die Röhre. Ein bisschen fiel auch auf Imoe, als sie noch ein Stückchen nach hinten wich, damit auch ihr Bruder etwas sehen konnte. Von links und rechts sahen sie dann hoch und versuchten zu lauschen, aber niemand war da. Ab und zu ging ein Donnergrollen herab, doch wer nun in seinen Betten lag und schlief, dem machte das nichts aus.

"Nun, dann wollen wir mal."

Talos nahm seinen Dolch und führte ihn dicht an ihrem Gesicht vorbei, direkt hoch zu dem Gitter. Es würde auffallen, dass es kaputt war, aber vielleicht vermutete man andere Gründe als Eindringlinge, selbst wenn, es würde ihnen dann schon egal sein, denn das jemand Fremdes in die Burg eindringen wollte, würden sie ohnehin bald bemerken...
15.04.2004, 10:45 #72
Heimdallr
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Das Netz des Gitters wies schon bald ein großes Loch auf und zwei Gestalten schlüpften heraus. Talos hatte seiner Schwester geholfen und ihren rechten Fuß auf seinen beiden Händen gehalten, ihr sozusagen eine Treppenstufe ermöglicht, da es etwas höher lag und er das Loch auch nur mit Mühe geschafft hatte anzubringen. Danach huschte auch er hinauf, unterstützt von Imoes Händen, die ihm aber nicht wirklich weiterhalfen. Doch was zählte war, dass sie nun da waren. In der Burg. Das hieß...noch waren sie nicht in der Burg. Die Kronenburg war ein riesiger Komplex, große Gärten und Höfe wechselten sich hier mit prächtigen Ställen, Waffenkammern und Wachtürmen, sowie Kasernen und Küchen. Häuser für die Bediensteten und eigene Bereiche für Falkenzüchter, Bogner, Schmiede, Bäcker usw. Die eigentliche Burg hatten sie noch nicht erreicht, aber sie waren dennoch nicht mehr in der eigentlichen Stadt. Sie waren in dem ummauerten Bereich.

Auf einem kleinen Innenhof standen sie nun, um sie herum waren einige Heuballen zu finden, die Außenseite eines Wachturmes stand ihnen fast im Gesicht und nur eine dünne Öffnung zwischen Mauer und Turm ließ sie aufatmen nicht in einer Sackgasse angekommen zu sein. Es roch nach Kloake, wahrscheinlich nutzten einige Personen diese Stelle für ihre Notdurft, auch deswegen machten sie sich auf schnell von der Stelle wegzukommen. Der kleine Hof lag still da, es schien wirklich Nacht zu sein, die Zeit in der man schlief...
15.04.2004, 15:42 #73
Heimdallr
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Wie ein Schatten huschte der geschmeidige Junge durch den Hof, dicht gefolgt von seiner Schwester. Eine Wache stand doch tatsächlich auf dem Wachturm und hielt Ausschau, sie galt es zu beachten, aber gesehen hatten sie sie trotzdem. In einem genauen Ablauf liefen sie zu verschiedenen Deckungen, ihr Ziel eine kleine Tier, ein Nebengang, die große, massive Eichentür wollten sie erst einmal meiden. Der Wachturm stand genau vor der Mauer und diese mündete an einem Tor, vor dem auch zwei Soldaten standen. Allerdings war das Tor herunter gelassen, so waren diese keine Gefahr.

An einem dunklen Fass gelehnt, in absolut schwarzem Fleck, sahen sie in die Augen der Wache auf dem Turm, wie sie fast zehn grauenhaft lange Sekunden in ihre Pupillen starrte und sich dann wieder gleichgültig und ohne Alarmbefehl abwand. Sie hatte nichts gemerkt, gar nichts. Von dem Fass ging es weiter hinter einen Karren, der mit zusätzlichem Heu beladen war, höchstwahrscheinlich für Stallungen. Nun aber war er die perfekte Deckung. Der Herzschlag von Talos war fast normal, sein Puls auch. Auch Imoe war nicht sonderlich mehr aufgeregt als sonst, sie folgte ihrem Bruder einfach nur, sah sich dabei aber immer wieder um. Die Wache, die hatte SIE entdeckt.

Katzenhaft schlichen sie hinter den Karren, vorbei daran und in eine kleine Seitenische. Ein weiteres Mal sah die Wache in ihre Richtung, erneut blieb nichts außer die gewohnte, regelmäßige Dunkelheit zu bestaunen...
15.04.2004, 16:59 #74
Heimdallr
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Ein kleiner Windstreif zog durch die Luft, ließ ein kleines Büschel Stroh auf und ab bewegen, es waren die letzten Zeichen von den Geschwistern auf dem Hof, als sie wie der Schatten persönlich im richtigen Moment zusahen zu der Tür zu kommen. Eine Handbewegung der diensthabenden Wache schien ihre Aufregung zu symbolisieren, doch es war nichts weiter, nur die olle Pfeife war ihr aus der Hand gefallen. Zwar kam der Mann nun herunter von seinem Posten, was auch nicht unbedingt von Vorteil für sie war, da er da oben wirklich schön isoliert war, spielte es jedoch keine Rolle mehr.

Noch bevor der Mann die Treppe im Turm herunter gestiegen war, hatten sie die Tür geöffnet, die nicht verriegelt war. Absolut leise bewegten sie sich auf vier Beinen, allerdings auch zu zweit. Ein kleines Zimmerchen mit Tisch, zwei Hockern und einem Regal bot sich ihnen an, daneben eine weitere Tür. Mit erleichtertem Blick setzte sich Talos auf einen der Hocker, aber Imoe hatte anscheinend keine Lust den zweiten Platz einzunehmen. Hier verweilen war sicher keine allzu gute Idee, würden sie doch hier bald bemerkt werden. Sie mussten die Nacht noch ausnutzen, wer weiß, wie lange sie noch andauerte. Deswegen stand er auch recht bald wieder auf und machte sich daran, den Weg weiterzugehen. Allerdings hatte auch Talos keine Ahnung, wie sie denn genau zu gehen hatten. Er hatte nur diese eine Karte gesehen, wie sie zu dieser einen Stelle kommen würden, aber alles was die Burg selber anging, war er absolut ahnungslos. Sie mussten sich eben auf ihr Gespür verlassen.
15.04.2004, 17:30 #75
Heimdallr
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Die Türe öffnete sich und gab Einblick auf einen weiteren Hof, dort hin führte auch die größere Tür, allerdings standen dort zwei Wachen, die genau in ihrem Blickfeld lagen. Schnell verschwanden sie davon und sogleich zeigte sich auch die erste Reaktion einer Wache auf das plötzliche Öffnen der Tür.

"Jetzt sieh dir das mal an."
"Hääähhh?"
"Die Tür ist gerade aufgegangen!"
"Spinnst du?"
"Quatsch, die war eben noch zu."
"Dann mach sie halt zu, wenn's dich stört."
"Blödsinn, was interessiert mich die Tür, aber da ist jemand."
"Spinner. Trink nich immer vorm Dienst."
"Ich trinke nicht!"
"Und warum siehst du dauernd Gespenster?"
"Pah, dir zeig ich's schon, komm mit, wenn da jemand ist, dann finden wir es schon heraus."
"Wenn du meinst, hier ist ohnehin nichts los."

Die beiden Wachen verließen ihre Wachposten an der großen Tür und kamen auf das kleine Zimmer zu. Hinter der rechten Ecke hatte sich Talos an die Wand geklammert, links stand seine Schwester. Sie hatten das Gespräch gut belauschen können, sonderlich leise waren die Wachen ja nicht und außerdem nicht weit entfernt. Ein Wunder, dass sie nicht gleich bemerkt wurden. Imoe war ziemlich ratlos, aber Talos wusste schon, was er tun wollte...
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