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28.03.2004, 13:47 #76
Lady Lyvîane
Beiträge: 86
Die Garde Innos im RPG #4 -
Männer. :D

Na dann weiß ich ja wo ich bin.
Muss mich ständig suchen. *g*
01.04.2004, 11:12 #77
Lady Lyvîane
Beiträge: 86
Die Stadt Khorinis #31 -
Einen Moment hatte die junge Lady darum gerungen, nicht in das Streitgespräch Taurodirs und eines egoistischen Hauptmanns einzugreifen, welcher seine Prinzipien und Männerehre wohl über alles Andere stellte und diese auch noch versuchte mit den Gesetzen Innos zu verteidigen. Rangmissbrauch empfand sie dies. Und das wollte ein ehrenhafter und gnadenvoller Hauptmann sein? Hatte dieser seine Prinzipien egal als Ritter oder Hauptmann denn gar verloren, seinen Eid dem er dem König alias ihrem Familienverwandten und auch Innos gab, Ehre, Mut, Gnade, der Wille zur Gerechtigkeit, und das Empfinden von gar Mitgefühl vergessen? Die junge Lady vom Festland wagte in jenen Moment zu zweifeln, wäre Taurodir nicht da gewesen und hätte ihn nicht im letzten Moment an seine Vernunft und an sein Herz appelliert, was Iwein wohl nach einigen Gewissensbissen auch erkannte.

Trotzdem war die junge Lady, welche in letzter Zeit öfters schwieg nicht zufrieden, als er sie, Lady Sara, welche seit einiger Zeit ihr aus unnatürlichen Gründen den Namen verschwieg, einfach wie ein billiges Stück Etwas behandelte. Als eine Soldatin. Eine Niederrangige. Eine ersetzbare Soldatin?

So riss ihr damit der Faden der Vernunft, den sie die ganze Zeit versuchte zu wahren und sich aus dem Streitgespräch einigermaßen herauszuhalten, aber sie konnte nicht als auch ihr Herz konnte einfach nicht zusehen und akzeptieren, wie eine Ihresgleichen eine solche Schande über sich ergehen musste, auch wenn Sara anscheinend in allen Emotionen außer der Kälte beraubt, diese mit einem steinernen Herzen gegenzuzeichnen versuchte.

„Ihr solltet euch schämen!“

Ihre smaragdgrünen Augen visierten den Hauptmann mit einem Scharfen höchst ungehaltenen Blick, aber ihre Stimme war ruhig, als sie von Taurodirs Seite wich. Ihr samtrotes Kleid mit den Goldenen Zierden wirbelte herum, als sie die beiden Schultern der starren Schwertgenossin sanft ergriff, um ihr zur Seite zu stehen.

„Behandelt Ihr euere Landsleute immer wie Ersetzbare Tiere, weil sie euch um einige Rangzeichen unterlegen sind? Oder ist Sie bereits in eueren Augen irgendeine Soldatin von niederem Wert, weil sie euere Mannesehre verletzt hat? Ihr müsst blind in Euerem Herzen sein, wenn ihr jegliche Gefühle verloren habt und Menschen nach einem Rang abmisst, nicht wer sie in ihrer Persönlichkeit sind. Sie hat euere Wunden geheilt, als ihr Schwach wart. Nun bereitet Ihr der Lady Wunden. In ihrer Seele. Oh Innos bewahre diese Stadt und ihre Menschen, die diesem Hauptmann zuteil ist.

Habe Ich nun ein Vergehen begangen, weil ich meine Ansichten vertreten habe? Ja dann verdient eine Tochter eines Paladins wohl eine harte Strafe, da milde Strafen wohl nichts von Nütze wären. Dann geht und straft mich so wie Ihr es von Nöten haltet, dann habt ihr wohl eurem König einen Gefallen getan, seine Anverwandte in einen Kerker seines eigenen Landes eingesperrt zu haben! Denn ich bin nur eine Waffenmagd!

...

Kommt Lady, lasst uns gehen...“

Höchst wütend über soviel Unwürde und trotzdem immer noch ruhig, nahm die junge Frau die versteinerte Soldatin in Schutz, zu dieser Lyvîane sanft und freundlich sprach. Natürlich hatte sie sich in jenen Moment auch nicht sonderlich Standesgemäß verhalten und ihre Gehorsamkeit gegenüber einem Kriegsführer sichtlich in den Schatten gestellt. Doch die junge Lady vom Festland konnte einfach nicht ohne weiteres mit ansehen, wie die Ihresgleichen für eine Tat und in ihren Augen mit wohl begründetem Hintergrund eine solchen Schmach austragen sollte. Wie konnte ein Mensch sich so wandeln. Im Krankenlager hat er um sein Leben gekämpft und sie hatte geholfen. Das war der Dank dafür.

Ungehindert so blickte die Lady Taurodir nicht an, da sie nicht wollte, dass er wegen ihrer Ansicht und Meinungsfreiheit zu Schaden komme, sondern verließ mit der schweigenden und vollkommen perplexen Lady das Gebäude hinunter zu den Straßen.
01.04.2004, 11:21 #78
Lady Lyvîane
Beiträge: 86
Abwesenheiten #2 -
Melde mich von meiner leichten Inaktivität
wieder Aktiv zurück. :)
01.04.2004, 16:50 #79
Lady Lyvîane
Beiträge: 86
Die Stadt Khorinis #31 -
Einsam gingen die beiden Frauen zusammen aus der Kaserne hinaus, wobei Lady Lyvîane die Waffenmagd und Mitstreiterin beschützend und tröstend eher führte. Beide schwiegen, als sie aus dem Haupttor der Kaserne schritten und die fragenden Blicke der vorbeikommenden Rekruten, Waffenknechte und Milizsoldaten ignorierten. Sollten sie denken was sie wollten, Lyvîane nahm jedoch von ihren Gesichtsausdrücken oder Bemerkungen keine Notiz. Ihre Sorge und Bestreben lag alleine mit der Tröstung und Aufmunterung ihrer Begleiterin, welche sie zu einem abgelegenen Platz der Kaserne führte. Ein einsamer magerer Baum stand auf der kahlen kleinen Wiesenfläche. Von diesem Platz konnte man jedoch bequem auf das rauschende Meer schauen und wirklich niemand schien anwesend zu sein, als sich die beiden Frauen Anstalten machten, sich auf eine nahe liegende Seekiste zu setzen, die im Gras stand.

„Setze Dich...“

Ihre grünen Augen blickten die Frau freundlich an, als sie ihren Arm von ihr nahm und sich neben ihr auf die Kiste setzte. Still hörte sie eine Weile dem Rascheln der Blätter zu, während beide nicht sprachen, sondern auf die Aussicht zum Meer und dem davor liegendem Hafensteg genossen. Der Wind strich über die Grashalme so wie über das Haar der jungen Frauen, doch Lyvîanes war das Einzige, was sich spielend mit dem Winde bewegte. Es war schon ein später Nachmittag und die Sonne lächelte die Beiden Kriegerinnen Innos an, welche wohl bald hinter dem Horizont verschwinden würde und den Abendhimmel in ein leuchtendes Orange verwandeln würde.

Es war einige Zeit vergangen, als sie Minutenlang da saßen und nichts sagten. Lyvîanes Augen blickten freundlich mit ihrer sanften Art hinaus zum Horizont, wo sie dem sich näherndem Sonnenuntergang entgegen fieberte. Auf ihren Lippen war ein leichtes Lächeln zu sehen, während ihre Haarsträhnen immer wieder ins Gesicht strichen, als sie einen Moment die Augen schloss und weiter hinausschaute.

„Es ist lange her, dass ich mal wieder Zeit finde, einem Sonnenuntergang beizuwohnen...“

Sie hielt kurz an, als sie den Möwen zuschaute, die über das Meer kreisten.

„Es erinnert mich an meine Kindheit. An die weiten Wiesen, die Felder, das Hohe Gras... Erathia hatte wirklich viele weite Graslandschaften. Sehr viele. Wie oft bin ich als Kind durch diese gegangen, mich an dem Wundern der Natur erfreut, meine Freiheit genossen, auch wenn meine Amme oftmals einer anderen Meinung war. Ich brauchte nur in die weiten Felder zu rennen. Sie waren mein Versteck. Aber wenn mein Vater von seinen langen Reisen als Feldherr und Paladin unseres Königs zurückkehrte, war er es immer, der mich als Erste fand. Es waren Sonnenuntergänge so wie diese...“

Ihre Stimme erstarb leise, als in ihren Bildern der Vergangenheit das Kinderlachen eines Kindes, welches von ihren Vater vor Freude in die Lüfte geschwenkt wurde, verschwand. Eine so ferne Erinnerung und doch war sie gegenwärtig. Ihre Hand ruhte auf ihrem Schwert. Trotzdem wollte sie sich nicht von ihrer begonnenen Erzählung abwenden.

„Ich war 6 Sommer alt, als ich eines Tages beim Benutzen eines verbotenen Gegenstandes ein teueres altes Familiengeschirr kaputt gemacht habe. Ich hatte Angst auf die Folgen, sodass ich davon gerannt bin. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt nicht wie sehr ich meiner Mutter Sorgen bereitete, als man mich die ganze Nacht suchen musste und erst am nächsten Morgen durchnässt am Uferschilf fand. Ich war voller Angst, sodass nur log wo ich konnte. Da nahm mich eines Abends mein Vater zur Seite und verzieh mir für alle Lügen und Taten und machte mich auf einen ganz bestimmen Grundgedanken aufmerksam, für den ich sehr Dankbar bin. In all meinen Lügen die ich gegenüber meiner Amme, meinen Geschwistern und wie auch meiner Mutter und Vater vorher entgegnete, habe ich immer stets wegen meines Befindens gehandelt. Es waren meine Ängste, die mich dazu verleitet haben, aber ich hatte nie auf die Gegenseite geblickt und nie auf die Ängste anderer Menschen. Mein Vater lehrte mich, dass jeder Mensch egal wie mutig er wäre, Ängste besitzt, die er nur nicht zugibt. Doch es ist ein Unterschied ob man die Ängste eines Anderen ignoriert oder sie akzeptiert. Meine Familie hatte Angst um mich, dass mir etwas zugestoßen sein könnte. Das habe ich vorher nie gesehen, da ich zu beschäftigt war, meinen eigenen Ängsten nachzugehen.

Wir alle sind nicht Vollkommen. Und wir machen viele Fehler in unserem Leben, aus denen wir erst für die Zukunft willens lernen können. Kein Streiter Innos wird einen fehlerlosen Hinweg zu seinem Dasein als Paladin, Feldherr, Kommandant oder Hauptmann besitzen. Erst die Erfahrung die wir mit uns nehmen, macht uns erst zu großen Kriegern. Sie lehrt uns das Richtige zu tun. Ehre. Gerechtigkeit. Gnade.

Ich glaube, dass dieser Tag wohl einer der Wichtigsten in meinem Leben gewesen war und mein Denken bis heute noch beeinflusst. So glaube ich – zumindest will ich es glauben – dass selbst ein Mann wie der Hauptmann von Khorinis erst aus seinen Fehlern wie diesen lernen muss....

Ach was red ich eigentlich...“

Sie packte sich an den Kopf und lächelte kurz verlegen. Die junge Frau wusste auch nicht warum sie gerade ihrer Begleiterin etwas aus ihrem Leben erzählt hatte.
01.04.2004, 22:24 #80
Lady Lyvîane
Beiträge: 86
Die Stadt Khorinis #31 -
Es war bereits späte Nacht geworden, als die beiden Frauen noch immer zusammen auf der einen alten Seekiste oben an dem Einsamen Wiesenfleck vor der Kaserne saßen. Die Sonne war schon längst untergegangen und nach dem wundervollen Farbenspiel wie Lyvîane es nannte, war der Mond aufgestiegen und erhellte nun das einsame Paar. Doch obwohl die junge Lady die funkelnden Sterne, die ab und zu durch die großen Schwarzen Wolkenflächen funkelten, noch so sehr liebte, interessierte sie sich heute nicht dafür. Still und wie eine Zuhörerin so hörte sie den stockenden Worten ihrer Mitstreiterin. Über Tiefpunkte. Lebenswandlungen. Veränderungen. Ja sie kamen von einem Moment zum Nächsten. Manchmal zu unerwartet.

Zu schnell.

Die junge Lady aus Erathia konnte wahrhaftig mit der jungen Frau mitfühlen, welche das ganze Leben über mit einer Lüge gelebt hatte und dies auf eine schlimme Weise erfahren musste. Die ganzen Jahre im Glauben daran, eine Tochter eines Mannes zu sein und am Ende zu erfahren, dass sie nie einen wirklichen Namen besessen hatte, weil ihre Existenz nicht Erklärbar war. Ein furchtbares Gefühl ein Niemand für die Restliche Welt zu sein. Gedemütigt vom Schicksal. Ein Leben lang.

Doch Lyvîane wollte nicht, dass ihre Mitstreiterin – eine Freundin, wie sie seit dieser Nacht für die stets einsame Lady vom Festland geworden war – namenlos ein Niemand blieb, sodass sie den Kopf schüttelte, als ihre Schwertgenossin davon sprach.

„Nein...“

Ihre Stimme klang sanft, als sie mit einem Hops von der Seekiste aufstand und sich zu ihr umdrehte, während ihre grünen – durchs Mondlicht nun grauen – Augen sie anvisierten und noch immer in ihrem Gesicht das sanfte und anziehende Lächeln geschrieben stand.

„Niemand ist ein Niemand – ein Namenloser. Keiner. Niemand hat eine solche Strafe verdient. Ich will das nicht... ich will das nicht. Wenn dir niemand einen Namen gibt, dann brauchst du jemanden der dir einen Namen gibt. Und wenn du nicht weißt wohin du hingehörst, dann brauchst du jemanden der dir einen Platz gibt, wohin du immer zurückkehren kannst.

Dann gehörst du jetzt zu mir.
Ich werde zumindest versuchen immer für dich da zu sein...“

Das helle Mondlicht beleuchtete ihre Gestalt und ließ sie im Moment ein wenig bedeutungsvoller im Licht erscheinen, während sich ihre Haare noch immer leicht in einer aufkommenden Meerbrise bewegten. Sie würde versuchen für sie da zu sein. Ja das würde sie. Und ein Name sollte das wenigste Problem sein...
04.04.2004, 12:35 #81
Lady Lyvîane
Beiträge: 86
Die Stadt Khorinis #31 -
„Da seid ihr Ja!“

Eine fremde Stimme unterbrach den Kampf der beiden Waffenmägde, die gemeinsam ihr Schwert zu einer Übung erhoben hatten, um die Kunst des Schwertes zu erlernen. Dabei wirkten sie sehr beseelt und für einander abgestimmt, als eine dritte Person keuchend auf sie zukam. Die Weiße Schürze der molligen Frau schien bereits reichlich benutzt und die Suppenkelle, welche immer am Gürtel hang, schien irgendwo in einem Topf seinen Platz gefunden zu haben.

„Ich suche Euch schon die ganze Zeit – Kinder, habt ihr etwa die ganze Nacht hier draußen verbracht? Auch du meine Güte, ihr wirkt so unterkühlt. Euere Gesichter sind so blass – Lyvîane deine Hand ist auch ganz kalt. Geht schnell in die gute Stube aber rasch meine Lieben. Wärmt euch beim Feuer und ich werde euch eine warme Suppe geben. Husch!“

Wie eine bedachte Mutter, so schien das Kindermädchen der jungen Lyvîane um das Wohl ihres Schützlings – obwohl diese bereits längst dem Kindesalter entwachsen war – zu sorgen und schloss auch gleich Lyvîanes Mitstreiterin darin ein, sodass sie diese dazu trieb in das übliche große Haus der Soldaten zu gehen. Lyvîane war diese Behausung fremd, da sie es noch nie für nötig gehalten hatte, hier Seite an Seite mit Männern zu schlafen, wenn sie bereits eine andere Behausung im Handwerker-Viertel besaß. So setzte sich die junge Frau ans Feuer während sie ihre Amme beobachten konnte, die einige Meter weiter am brodelten Kessel stand und leise vor sich hin sang. Doch blickten die smaragdgrünen Augen der Lady doch eher auf ihre Freundin, welche unmittelbar neben ihr saß. Sie fragte sich was sie dachte, während sie nun stillschweigend neben ihr am Feuer saß und die friedliche Atmosphäre genoss. Doch wie lange würde eine solche halten...? Nur einen Moment.
14.04.2004, 10:10 #82
Lady Lyvîane
Beiträge: 86
Die Stadt Khorinis #32 -
Die junge Frau in dem Roten Kleid blickte auf. Nanny stand noch immer an dem brodelnden Kessel und rührte nur noch gelegentlich die seltsame Fleischsuppe umher, dessen Geruch die ganze beheizte Stube einnahm. Doch Nanny wirkte leicht abwesend und nachdenklich während sie umherrührte und ihre Augen auf die Frau ohne Namen gerichtet hatte. In der Stube war es Still. Niemand außer ihnen war anwesend. Nur das Feuer knackste. Genauso wie das Brodeln der Suppe, von der sie wahrscheinlich gleich eine Schüssel bekamen.

Nanny hatte sich entschlossen der Kaserne als Köchin zu dienen, und das tat sie auch ohne sich von jemanden was sagen zu lassen. Eher war es umgekehrt. Sie achtete stets darauf das die Jungs ihre Räumlichkeiten sauber hielten, forderte dass die Betten gemacht werden und kommandierte jeden Tag einen Milizen zum Täglichen Fegdienst ab. Wehe wer es nicht tat. Die junge Lady erinnerte sich Gut an die Bilder, wenn Nanny einen im Visier hatte. Und wehe es sagte jemand etwas über das Essen. Dann konnte dieser nur noch sein Gebet sprechen, bevor sie mit der heißen Küchenkelle oder gelegentlich auch mit dem Nudelholz diesen „Verräter“ der guten Küche verfolgte.

Doch nun erblickte Lyvîane die sonst selbstbewusste und geschwätzige Hausfrau nachdenklich und abwesend, die die ganze Zeit auf ihre Mitstreiterin starrte. Eine weitere Minute schwieg auch sie.

„Stimmt was nicht?“

Lyvîanes weiche Stimme erschallte fast wie ein Ruf durch den Stillen Raum, der der Aufenthalt- und zugleich Schlafplatz der Soldaten Innos war. Nanny schreckte Sichtlich auf und wusste wenige Sekunden nicht wo was war, als sie kurz die Augen schloss und dann zu Lyvîane hinüberblickte.

„Nichts Lady! Verzeihung!“

Ihre Stimme klang zögerlich, die sonst immer selbstbewusst und überzeugend klang. Sie schien ein wenig verwirrt, als sie sich wieder dem brodelnden Kessel zuwandte und noch immer nachdenklich umrührte. Irgendwie hatte die Lady aus Erathia das Gefühl das Etwas mit Nanny nicht stimmte, aber sie fragte nicht danach. Später. Doch bevor Lyvîane was Anderes sagen konnte, schritt bereit jemand anderes durch die offene Türe, wo das Sonnenlicht in die eher dunklere Stube hinein strahlte. Zunächst dachte Lyvîane, dass es nur ein üblicher Milizsoldat war, der hinein kam, doch dann...

„FÜßE PUTZEN!“

Der harte befehlerische Ton von Nannys Stimme kam deutlich und laut infolge einer Reaktion, sodass sie schon böse wieder blinzelte. Nanny machte aber auch wirklich keinen Halt, selbst wenn Lord Hagen vor ihr stehen würde. Lyvîane senkte den Kopf, blickte aber wieder auf, als sie den Kommandanten der Stadt in der Türe blickte. Aber Nanny schien noch gar nicht fertig zu sein.

„Sag mal wozu haben wir eine Türmatte, hm? Damit man sich die Füße putzt, genau wenn man von draußen kommt! Und warum haben wir das nicht gemacht? Nein ich will keine Ausrede. Es ist mir egal was du bist! Nächstes Mal bekommst auch du den Fegdienst, sehe ich das noch mal. Alle müssen mithelfen, auch Stadtkommandanten.

Ach herrje, die Jugend von Heute...“

Missgelaunt so drehte sich das Kindermädchen der Lady aus Erathia wieder zum Kessel um und beschäftigte sich mit Vorkosten, während Lyvîane zunächst zu ihrer Freundin blickte und dann zu Taurodir, der etwas verwirrt schien.

„Morgen.“
14.04.2004, 10:39 #83
Lady Lyvîane
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Die Stadt Khorinis #32 -
„Nichts da!“

Nanny ließ sich von der jungen Frau nicht abweisen lassen, da das Kindermädchen viel zu fürsorglich wurde und deshalb trotz Widerwillen Lyvîanes Mitstreiterin die Suppe servierte und ihr einen Hölzernen Löffel in die Hand drückte.

„Wenn jemand ein guter Krieger werden will muss er groß und stark werden – ähm groß genug bist du ja, aber selbst ein Soldat braucht die nötige Stärke um seinen Aufgaben gerecht zu werden. Und meine Suppe enthalten viele Vitamine wie auch wichtige Stoffe, die der Körper braucht. Sonst fällst du mir ja noch um...“

Ihre Handfläche ruhte auf ihrer Schulter, während Nanny ihr einen kurzen Vortrag hielt und sie dabei anblickte. Doch irgendwie schien Nanny selbst nicht ganz bei der Situation zu sein, obwohl sie wie üblich mit der selbstbewussten Stimme sprach und die entsprechende Mimik zeigte. Nur Lyvîane kannte ihre Amme gut genug um in ihren Augen wieder zu erkennen, das etwas mit ihr nicht ganz stimmte. Die Hausfrau putzte sich ihre Hände in ihrer sowieso unsauberen weißen Schürze ab und goss bereits eine weitere Suppenschale ein, die sie wohl dem Stadtkommandanten überreichen würde, der scheinbar etwas sprachlos wirkte.

Auch Lyvîane blickte zu ihrer Freundin die blass und leicht kränklich wirkte und obwohl eine Narbe ihr eigentlich schönes Gesicht zierte, erblickte sie in ihren Augen Kummer. Sie wusste von den Leiden ihrer Freundin Bescheid, aber sie konnte nicht mehr sagen, als dass sie sich nicht mehr selbst niedermachen sollte. Dies war eine schwere Zeit für jemanden, der nicht wusste wer er war und alles woran er sein Leben lang geglaubt hatte in einem Moment zusammen brach. Alles was jetzt noch half, diesem Menschen eine neue Perspektive zu geben. Ein neues Ich.
16.04.2004, 23:11 #84
Lady Lyvîane
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Die Stadt Khorinis #32 -
Fassungslos war Lyvîane bei der plötzlichen Flucht ihrer Gefährtin aufgesprungen, doch sie bekam nur halbwegs ein Wort hinaus und stockte, da sie nicht wusste wie sie ihre Freundin her nennen sollte. Erschreckt so schauten ihre smaragdgrünen Augen auf die Türe, wo die Lady hinausgestürmt war.

Noch immer klapperte das Runde Holzschälchen ihrer Freundin auf dem Holzboden, das mit der ganzen Suppe bei dem Aufsprung hinunter gefallen war. Sprachlos starrte die Lady aus Erathia auf die Türe, wo das Sonnenlicht hinein strahlte, daneben stand Taurodir, der ebenfalls sprachlos schien und eben noch seiner Schülerin ausweichen konnte und nun mitten im Raum stand. Auch er schien genauso wie sie und Nanny erschreckt und verwirrt zu sein, blickte einen Moment hinaus und dann zu den beiden Frauen, die nichts sagten. Nanny war die Erste, die sich aus ihrer eigenen Regungslosigkeit befreite und stillschweigend sich umdrehte um einen feuchten Lappen mit einem Wasserbottich zu holen. Auch sie wirkte ein wenig niedergeschlagen. Lyvîane verstand zunächst gar nichts mehr, während sie den Kopf senkte und die ausgeschüttelte Suppe und das Schälchen musterte. Im Hintergrund folgten Geräusche von Wasserschöpfen und dem Quietschen bzw. Klimpern eines Eisernen Wassereimers, den Nanny offenbar mit Wasser gefüllt hatte und schweigend mit Schrubbbrüste und Lappen nun wieder zu ihnen Schritt. Auch Lyvîane sagte nichts und hielt den Kopf gesenkt ohne dabei zu ihrem Lehrmeister zu blicken. Von draußen erfolgten nur das typische Gemurmel der Soldaten und Geräusche, die nicht zu identifizieren waren.

Einen Moment sagte niemand was. Selbst Nanny hatte nicht geschimpft. Alle schienen auf eine Weise bedrückt wegen des Vorfalls zu sein, der sich vor wenigen Minuten abgespielt hatte. Die kräftigen Arme der schrubbenden Hausfrau gelangten ins Sichtfeld der jungen Frau die auf den Boden starrte. Ihre Hände dagegen schienen noch immer die warme Holzschüssel mit der Suppe in der Hand zu halten. Aber gegessen hatte sie nichts.

Und so endete die Schweigeminute darin, das Lyvîane auch ihre eigene Suppenschale auf den alten Tisch wegstellte und ohne ein weiteres Kommentar aufstand und hinaus aus der Stube ging. Den Kommandant ignorierte die Lady dabei vollkommen, denn er hatte mit seinem Verhalten jeder unglücklichen Dame mit übertünchten Worten hinterher zu rennen eindeutig bewiesen, das er wohl jeder Frau nachrannte und Süßraspelnde Worte zusteckte.


Es war gegen Abend, als die junge Lady aus Erathia die Treppenstufen hoch durch das Tor zum Innenhof der Kaserne aufstieg. Was sie den Nachmittag verbracht hatte, wusste man nicht, als die Milizsoldaten die junge Frau in ihrem cremefarbigen Gewand erblickten, das durch den Wind ständig wie ihre Haare in Bewegung schien. In ihrer Linken Hand hielt sie ihr Schwert senkrecht gen Boden, als sie durch die Türe in die Stube der Soldaten trat, die sie vor einigen Stunden verlassen hatte. Zu ihrem Erstaunen war Taurodir immer noch hier und ihr Kindermädchen ebenfalls, doch bevor sie etwas sagen konnte hörte sie hinter ihr jemanden hinein kommen. Ihr erster Blick in ihrem eigentlich stolzen freundlichen Gesicht glitt etwas Erstaunt aber zugleich Zuvorkommend als sie ihre Freundin sah, doch ihr Blick wurde kalt und verschlossen als sie ihre Mitstreiterin in den Armen des Hauptmanns vor sich sehen musste. Dem Hauptmann. Sie wusste nichts zu sagen, als sie zur Seite schritt und dem Hauptmann mit ihrer Freundin im Arm vorbei gehen sah, aber es musste bestimmt einiges am Nachmittag vorgefallen sein, wovon sie nichts erfahren hatte.

Überrascht und doch misstrauisch sagte sie kein Wort, als sie den Hauptmann später wieder erblickte als er wiederkam, diesmal offensichtlich allein, der noch einmal grüßte und wie er gekommen war auch verschwand. Ratlos so stand die junge Frau da. Unwissend was sie tun sollte, rammte sie wortlos und ohne nachzudenken ihr Schwert in den Holzboden und verschwand in Richtung ihrer Freundin, um sie aufzusuchen. Er hatte sie am Strand gefunden. Und gleich ob sie bewusstlos war, fühlte Lyvîane, dass etwas an diesem ganzen Tag nicht stimmte.

Sie wollte mit ihr Reden –

- auch wenn es dies später ließ, sondern als Freundin ihre Freundin dort am Bett schlafen lies. Auch wenn sie nicht wusste was passiert war, das würde sie noch später herausfinden. Nun saß sie nur am ihrem Bettrand und war zufrieden, dass ihre verlorene Mitstreiterin wieder aufgekreuzt war.
16.04.2004, 23:52 #85
Lady Lyvîane
Beiträge: 86
wollt ihr diese schmach ertragen? -
Och Mensch ob eine Seite wie diese auf einem Ranking Platz 1 oder 3 kann eigentlich egal sein. Es sind nur blanke Zahlen und ich denke WoG hat seine Stärken bewiesen. Zudem ist es gut Besucht und das nicht nur seit einiger Zeit.

Ich schliese mich mal Taeris Meinung an, wartens wirs ab.
Diese Seite wird sicher bald ihren Dauerplatz einholen.

Wenns beruhigt. Ja ich habe mir das ein oder andere Interwiev angesehen.
24.04.2004, 20:23 #86
Lady Lyvîane
Beiträge: 86
Die Stadt Khorinis #33 -
Eine ganze Weile schlief sie. Seelenruhig. Lyvîane, welche am ihrem Bettrand saß, wusste nicht, was am jenen Nachmittag mit ihrer Freundin geschehen war, aber sie sparte sich ihre Neugier für später auf. Wie lange sie selbst schon beim Kerzenschein saß, wusste nicht mal sie selbst, aber es musste spät sein. Draußen war allmählich Ruhe in der Kaserne eingekehrt, das Gemurmel und Klirren war nach und nach verstummt und in die Ferne gerückt. Eigentlich war es so angenehmer. Angenehmer für ihre Mitstreiterin. Angenehmer für die Lady aus Erathia. Stillschweigend saß sie dort. Ihr Blick ruhte auf ihre eigenen Hände, während sie leise das Ein- und Ausatmen der Schlafenden hören konnte.

Die Kerze knistere Kurz.

Stille. Im Zimmer nebenan, was auch als die große Stube der Soldaten bekannt war, schien es etwas lauter zu sein. Die Milizsoldaten, Waffenknechte und Rekruten würden sich auch gewiss drin aufhalten, von Nannys Suppe löffeln und sich unterhalten, am Feuer wärmen oder sich hingelegt haben. Einige von ihnen waren auch hier in das Schlafzimmer hinübergewandert, aber diese waren auch schnell in ihren Betten verschwunden. Lyvîane war jedoch mehr in sich gekehrt, als das Geschehen um sie herum genauer zu beobachten und eigentlich achtete sie in ihren Gedankengängen auf nichts anderes, als auf ihre Freundin. So bemerkte sie nicht, dass die Tür leise ein weiteres Mal um die späte Zeit aufging und eine mollige Frau eintrat, die müde und geschafft wirkte und gerade dabei war, ihre schmutzige Küchenschürze von dem Haselnussgrünen Gewand abzubinden. Ihre Hellwachen Augen wirkten kleiner, die Backen und Lippen hatten den Anschein, dass sie ein wenig hängen würden und die Nase des Kindermädchens war leicht gerötet. Lyvîane blickte jedoch erst auf, als die Frau die Schürze über einen Stuhl in ihrer Nähe hängte.

„Nanny..“

Ihre Stimme war leise, als sie den Namen ihrer Amme aussprach, die sich geschafft zu ihr umdrehte und sich mit einem abgenutzten Taschentuch die Stirn wischte. Ja sie wirkte wahrhaftig müde, abgehetzt und matt, was sich besonders in ihrem Gesicht widerspiegelte. Ihre kräftigen Hände wirkten leicht gerötet, wahrscheinlich vom Schrubben und die Finger wirkten fast ein wenig knollig.

„Ich werde alt, Mylady.“

Ihre Stimme wirkte schwächer und kraftloser als sonst, als sie seufzte und das Taschentuch wieder verschwinden lies. Etwas schwerfällig und unter Beobachtung der jungen Lady aus Erathia setzte sich die stets viel beschäftigte Hausfrau auf einen Holzstuhl nieder, wobei sie ihre rechte Hand gleich gen Rücken hielt.

„Mein Rücken ist auch nicht mehr das, was er noch vor Jahren war.“

Lyvîanes Smaragdgrünen Augen ruhten auf der ihrer Amme, die sie im Gegensatz zu ihr kurz verkniff und damit deutlich die Krämpfe und Schmerzen ausdrückte, die ihren Rücken plagten. Einen Moment wusste sie selbst nichts zu sagen, als sie sie nur einen kleinen Abstand neben ihr sitzen sah, geschafft von einem anstrengenden Tag. Es war schon ein kompletter Kontrast sie mit teils heiser Stimme dort zu sehen, ein Gegenbild zu das, was sie von außen hin immer verkörperte. Kurz schwiegen sie. Die junge Frau konnte die leisen Atemzüge von Nanny als auch ihrer Freundin hören, die neben ihr im Bett schlief. Einige Sekunden starrte Lyvîane auf sie, unwissend was am Nachmittag mit ihr geschehen war, als sie wieder zu Nanny hinüberblickte.

„Stimmt irgendwas nicht?“

Das Kindermädchen blickte auf, schaute kurz zur Schlafenden, dann zur Lady aus Erathia.

„Was soll nicht stimmen, Herrin?“
„Nun... du wirktest heute so nachdenklich. Ist denn irgendwas passiert?“
„Passiert...? Nein...“

Die Hausfrau lehnte sich zurück an die Wand und nahm einen Schluck von dem Tee, den sie vorhin aufgesetzt und hineingetragen hatte. Kurz nahm sie einen Schluck, während Lyvîane ihre Aufmerksamkeit kurz ihrer Freundin richtete, die dort einen langen Schlaf hielt. Ihr Gesicht wirkte schlafend im Gegensatz zu sonst unbekümmert. Sorgenlos. Aber auch auf irgendeine Art blass. Lyvîane machte sich Sorgen um ihre Psyche. Irgendwo herrschte ein wenig Angst. Wieder blickte Lyvîane auf zu Nanny, welche ebenfalls ihren Blick auf die junge Frau im Bett gerichtet hatte. Aber ihr Blick wirkte in sich gekehrt, abwesend, nachdenklich. Lyvîane musste zweimal ihren Namen rufen, als sie aufschreckte und beinahe die Tasse mit dem heißem Tee hinunterfallen gelassen hätte.

„Was ist mit dir? Geht es dir nicht gut? Du machst einen Gesichtsausdruck, als hättest du einen Geist gesehen!“

„Entschuldigt, Lyvîane. Ich war in Gedanken.“

Aber die Frau aus Erathia blickte sie nur mit einem fragenden Blick an, welcher offenbar sich nicht mit der leichten Abweisung ihres Kindermädchens zufrieden gab. Nanny stellte die Teetasse zurück auf den Holztisch auf den Porzellanen Unterteller.

„Desto länger ich sie anschaue, desto eher habe ich das Gefühl sie darin wieder zu erkennen.“
„Wie bitte?“
„Die Antwort auf euere Frage.“
„Was?“
„Wer ist das eigentlich?“
„Sie?“

Lyvîanes verwirrter und verwunderter Blick wanderte kurz zu ihrer schlafenden Kampfgefährtin, die gerade irgendwo in einem fernen Traumland schlummerte und von ihrer Anwesenheit als auch ihrem Gespräch nichts mitbekam.

„Nun sie ist... Sie hieß einmal Lady Sarah Thorn. Das war sie Mal, als sie ihren Namen abgelegt hat. Ein Brief ihres vermeintlichen verstorbenen Vater hat den Schein als seine leibliche Tochter auflösen lassen. Das hat sie tief getroffen, ziemlich tief. Es muss wohl ihr ganzes Weltbild erschüttert haben...“

Die Stimme der Lady aus Erathia klang etwas traurig, ihr mitleidiger Blick fuhr über das eigentlich schöne Gesicht der jungen Frau im Bett, wenn nur nicht die Narbe im Gesicht wäre. Nanny nickte nur Stumm.

„Sie erinnert mich irgendwie an deine Mutter...“
„Meine Mutter?“
„Als sie noch jung war Lyvîane. Du hast viel von deinem Vater geerbt. Besonders seinen Verstand, die Menschenkenntnis, Offenheit, Wahrheit, Loyalität und Sinn zur Gerechtigkeit... Dinge die sehr stark in dir verankert sind Lyvîane. Keiner deiner Brüder hatte soviel Selbstverständlichkeit gezeigt als du. Auch vieles vom Äußerlichen besitzt du von ihm, auch wenn du das vielleicht nicht so wahrnehmen wirst. Aber die Augen hast du von deiner Mutter. Sowie das Weiche, Gefühlsame und Warme Etwas. Deine Mutter war eine sehr emotionale Persönlichkeit.“

„Aber was hat dies mit ihr zu tun?“
Lyvîanes Frage richtete sich gen ihrer Kampfpartnerin und Schwertschwester.

„Nun wenn man die Narbe außer Acht lässt, erinnert sie mich an deine Mutter. Der etwas bräunliche Teint, die Haare, die Strähne im Haar. Vor allem Gesichtszüge und Statur. Es hat mich nur an sie erinnert. Ich kannte und kenne deine Mutter sehr gut. Ich diente schon dem Lehnsadel von Erathia als deine Eltern frisch vermählt waren. Ich habe alle Geburten miterlebt, alle Feste, alle Tage. Du hattest eine wunderbare Mutter Lyvîane. Gütig und Barmherzig. Sie konnte nur nicht sehr viel verkraften... so wie der Raub ihres jüngsten Kindes.“

„Jüngsten ... Kindes?“

Die Mimik von Lyvîane wurde nun fassungsloser. Sie wirkte Entgeistert.

„Nun es hat deine Eltern sehr erschüttert, so haben sie entschieden darüber zu schweigen. Und ich wurde verpflichtet ebenfalls darüber kein Wort zu verlieren.“

Kurz herrschte Stille im Raum. Drüben in der großen Stube war es leiser geworden, die meisten Soldaten mussten sich wohl zur Ruhe gelegt haben, nur noch fern Klang das Gemurmel Gespräche einzelner Menschen.

„Ich dachte ich wäre... die Jüngste...“
„Von den Verblieben Ja.“
„Wie meinst du das?“

Nanny seufzte einen Moment.

„Du warst noch sehr sehr jung, als deine Mutter ihr viertes und wohl auch letztes Kind erwartete. Es war ein sehr kalter Wintertag, der Winter hatte gerade erst begonnen und es war Dunkel. Ich war zu der Zeit als Reisebegleiterin bei ihr, als wir per Kutsche durch den Sherows Forest ritten, der Nahe an den Grenzen zu Avlee lag. Wo Avlee liegt weißt du doch, oder?“
„Avlee ist Nördlich von Northor und liegt an den Nördlichsten Grenzen von Erathia – der Sherows Forest ist ein dichter Wald, von dem man Nachsagt es gäbe dort Gespenster. Ich kenne die Geschichten und Gerüchte die man sich über diesen Wald erzählt, das sind meist Kindermärchen. Allerdings ist es erstaunlich, dass viele Reisekundige sich dennoch nicht durch den Wald trauen.“
„Wir hatten derzeit keine Wahl. Wir wollten durch Northor über die Handesstrasse nach Erathia, doch diese wurde von Wegelagern blockiert. Deine Mutter Freya war hochschwanger und die Wehen hatten angesetzt, sodass der Kutscher keine Wahl hatte und den Umweg durch den Sherows Forest nehmen musste. Ich erinnere mich noch an den Tag ganz genau. Es war Stürmisch, der Schnee war erst frisch gefallen und es war Dunkel, als wir die Schotterstraße entlang fuhren. Eile war nötig, denn deine Mutter schien schlimme Schmerzen zu haben. Ich versuchte sie zu beruhigen aber ich wusste zu diesem Zeitpunkt ohne warmes Wasser und Decken auch nichts zu machen. Dann ganz plötzlich griffen sie an. Räuber, Wilde, Barbaren. Sie überfielen uns, überrumpelten den Kutscher und nahmen uns die Pferde. Sie haben mir eine Kopfnuss verpasst, ich wusste bis zum nächsten Morgen auch nicht mehr was geschehen ist. Sie entführten deine Mutter, welche ich am nächsten Morgen unter einem Baum einige Wegminuten abseits im Wald fand. Ich war froh, dass sie trotz aller Strapazen noch lebte, aber ihr Neugeborenes Kind war fort. Weggenommen, von Wilden entrissen. Ich wußte nicht ob es noch lebte oder tot war. Gott sei Dank fand uns unser Pferdekutscher, der unsere entrissenen Pferde wieder geholt hatte und wir brachten deine Mutter zurück nach Erathia. Aber trotz den Suchen, die dein Vater anordnete, haben wir das gestohlene Kind nie gefunden. Deine Mutter hat es schwer getroffen. Wir wussten nicht einmal ob es ein Mädchen oder Junge war...“

Das Kindermädchen stoppte. Ihre Stimme war in Trauer erstorben und Lyvîane schien sich kaum zu rühren. Dass sie vermutlich irgendwo auf der Welt noch ein Geschwisterchen hatte, das niemals von seiner echten Identität wusste noch von ihr hatte die junge Frau aus Erathia vollkommen verwirrt. Sie wusste nicht was sie sagen sollte, außer auf den Gesichtsausdruck von ihrer Amme zu starren.

Minutenlang herrschte Stille. Niemand sagte was mehr. Draußen rief nur ein Soldat irgendwas unverständliches, aber verstummte auch wieder. Irgendwann stand jedoch die Hausfrau wieder auf und legte ihr Taschentuch auf den Tisch. Die Teetasse war leer getrunken.

„Ich werde mich nun zur Ruhe begeben, Mylady. Schlaf wird uns alle gut tun, Morgen ist ein besserer Tag. Zumindest ich muss noch die Wäsche waschen und die Betten neu beziehen.“

„Gute Nacht, Nanny.“

„Gute Nacht, Herrin.“

Das Kindermädchen verschwand in einen anderen Schlafraum. Leise knarrte die Tür hinter ihr zu. Dann war auch nichts mehr zu vernehmen. Lyvîane saß immer noch am Bettrand ihrer Freundin. Unwissend was sie nun denken sollte. Ihre Gefühle spielten verrückt aber zugleich saß sie einfach nur ruhig da. Einen Moment lang starrte sie auf die Türe, hinter der ihre Amme verschwunden war. Dann nur noch auf ihre Knie...
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