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20.05.2003, 10:40 #26
I-Guthwulf-I
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[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 3 - Taverne in Gorthar
Guthwulf ging bei seinem Handeln in der zugigen Schenke weit weniger behutsam vor als sein schwarzgekleideter Kampfgefährte wider Willen. Kaum hatte der bärtige Mann seinen Arm losgelassen, als der Wolf auch schon mit einem kurzen Satz an die Theke sprang, den rechten Fuß auf die hölzerne Thekenwand knallte und sich dann kraftvoll abstieß. In hohem Bogen wurde er nach hinten katapultiert, drückte seinen Rücken durch, um sich so einmal in der Luft zu überschlagen und schließlich krachend auf einem der runden Tische in der Raummitte aufzukommen. Augenblicklich rammte er seine beiden Erzschwerter in die schartige Tischplatte, löste die Hände von den Griffen und ließ die Finger an den breiten Ledergurt schnellen, der sich quer über die hagere Brust des alten Kopfgeldjägers spannte. Mit einem blitzschnellen Ruck kamen sie wieder frei, Stahl blinkte auf, und zwei der schmutzigen Angreifer wurden von den Füßen gerissen. In ihren Brustkörben zitterten jeweils drei kleine Wurfmesserschäfte. Guthwulf hatte die Bewegung kaum zuende geführt, als er sich auch schon wieder vom Tisch abstieß, im Flug nach den Griffen seiner Schwerter langte und die beiden Mordwerkzeuge splitternd und berstend aus dem Holz riss. Mit einem hellen Klingen traf Metall auf Metall als der Wolf eine heransausende Keule abwehrte, ging jedoch sofort in das häßliche Knacken brechender Knochen über, da der Angreifer anscheinend mit einem beidhändig kämpfenden Gegner nicht zurechtkam. In einer Gischt aus Blut und Eingeweiden schnitt der Kopfjäger seinem Kontrahenten den Bauch von Unterleib bis zum Schlüsselbein auf, knickte dann fließend in die Knie, nur um sich augenblicklich noch einmal durch die Luft zu katapultieren. Unter ihm sackte der tödlich verwundete Schläger röchelnd zusammen, zwischen seinen auf den Bauch gepressten Händen quollen pulsierende Blutströme hervor, ergossen sich auf den Fußboden, wo sie eine sich rasch ausbreitende Lache bildeten.
Guthwulf jedoch landete krachend auf der Theke, hinter deren Wand einer der vom schwarzen Krieger niedergestreckten Burschen stöhnend wieder auf die Füße kam. Ohne zu zögern trat ihm der Wolf mit seiner stahlbeschlagenen Stiefelspitze wuchtig in das narbige Gesicht. Wieder barst Knochen, Blut spritzte, benetzte das flatternde Ledercape des Kopfjägers, dann donnerte der getroffene Schläger in einem Regen aus zersplitterndem Ton gegen das hintere Regal des Wirtshauses. Kraftlos sank er an der Wand zu Boden, hinterließ dabei einen breiten Blutstreifen an den hölzernen Planken.
Guthwulf drehte den Kopf und schaute dem dunklen Recken schweigend dabei zu, wie er den letzten Gegner, einen Armbrustschützen, mit einem raschen Sicheltritt von den Füßen fegte um ihm anschließend einen Faustschlag verpasste, der den Mann ins Reich der Träume schickte.
Vier Tote, zwei Verletzte. Von Kid keine Spur.
Der Wolf spuckte aus, sprang dann von der Theke auf den Boden, um sich anschließend zu den beiden von Wurfmessern getroffenen Männern zu begeben und die kleinen Klingen nacheinander aus den leblosen Körpern zu ziehen, natürlich nicht ohne ihre Stichblätter vorher an den Hemden ihrer Opfer abzuwischen. Gelassen steckte er die Messer wieder in die Schlaufen seines Ledergurtes, zog dann seinen Hut langsam wieder tiefer in die Stirn. Er war während des Kampfes leicht verrutscht.

"Verdammte Hyänen. Keinen Tag Ruhe vor ihnen."
20.05.2003, 16:38 #27
I-Guthwulf-I
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[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 3 -
"Ja, ich kenne sie. Hätten mich fast umgebracht, die Ratten."
Gelassen fingerte Guthwulf an einigen Tabakblättern herum, drehte sie zu einem fingerlangen Stengel, den er sich in den Mundwinkel steckte.
"Hab den Spieß jetzt wohl umgedreht. Der Anführer hat Fersengeld gegeben." Der Kopfjäger griff nach einer Kerze und entzündete damit die Spitze seiner Jägerpfeife. Bläulicher Rauch kräuselte sich um die orangene Glut, als der Wolf an dem Stengel zog. Die Augen des alten Kriegers verengten sich zu schmalen Schlitzen, dann glitten seine behandschuhten Finger an die spröden Lippen und entfernten den Stengel wieder aus dem Mund. Nachdenklich starrte Guthwulf den qualmenden Tabak an. Hatte man ihm schlechte Ware angedreht, oder warum stach der Rauch ihm so in der Kehle? Prüfend rümpfte der Wolf die Nase. Nein, der Gestank verpestete die gesamte Luft, die Jägerpfeife war in Ordnung. Langsam durchquerte der Kopfjäger den Raum, wollte gerade auf die Straße hinaustreten, als eine weitere Person die Schenke betrat. Junges Gesicht, blondes Haar, blaue Augen - dieser Bursche gehörte sicher nicht zu Kids Schlägern. Die Finger des Wolfs lösten sich wieder von den Griffen der Wurfmesser. Guthwulf duckte sich unter dem Türrahmen hinweg und blickte die Gasse hinauf. Selbst von hier konnte er die dunkle Rauchwolke am Horizont ausmachen. Jemand veranstaltete in der Burg wohl ein Grillfest. Der Wolf kehrte in den Schankraum zurück, trat an die Theke heran und sprach zu dem Wirt. Der feiste Mann war inzwischen aus seiner Deckung hervorgekrochen, blickte dem Kopfgeldjäger vorwurfsvoll in die grauen Augen.
"Wieso musst du meine Taverne jedesmal in ein Schlachtfeld verwandeln"
Guthwulf zog die Krempe seines Hutes tiefer in das stoppelbärtige Gesicht.
"So verdien' ich meinen Lebensunterhalt. Bis zum nächsten Mal."
-"Oh, prächtig >bis zum nächsten Mal<, und wer soll diese Sauerei wieder wegräumen?"
"Du."
Der Wolf stieß sich vom Tresen ab und stapfte langsam wieder Richtung Ausgang. Seine Augen waren zu Boden gerichtet, seine Worte waren jedoch eindeutig für den dunklen Kämpfer bestimmt.
"Danke für die Informationen, Gringo. Ich habe jetzt eine Verabredung mit der Inquisition. Wir sehen uns."
Die Worte verhallten, die schweren Stiefelschritte verklangen. Zurück blieb das helle Klimpern der über den Fußboden rollenden Goldmünzen. Es sollte doch niemand sagen, dass der Kopfgeldjäger für Neuigkeiten nicht bezahlen würde...
22.05.2003, 21:22 #28
I-Guthwulf-I
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[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 3 -
Dunkelheit hatte sich über das land Gorthar gelegt. Schon vor Stunden hatte sich die glühende Sonnenscheibe hinter den Horizont zurückgezogen, ihr Königreich an die Heerscharen der Finsternis abgetreten. Trotzdem war das Licht nicht aus der Welt verbannt. Unzählige Fackeln, Laternen und Kerzen erhellten die menschlichen Siedlungen des myrthanischen Herzogtums, erweckten den Eindruck eines gefangenen Glühwürmchenschwarmes in dunkler Nacht.
Auch die mächtige Zwingburg des Stadtrats bildete da keine Ausnahme. Mehrere Fackeln zeichneten die Schatten der über die Zinnen patroullierenden Wachen in übermäßiger Schärfe nach, in den erhellten Fenstern des Bergfriedes sah der aufmerksame Beobachter dann und wann schattenhafte Gestalten vorbeiflanieren. Wenige Meter abseits der hohen Mauern begann das Reich der Finsternis. Die wenigen Sterne, die den Himmel an diesem Abend bevölkerten, konnten die scharfkantigen Klippen nicht erhellen, die die Nordseite der Feste begrenzte, allein das verhaltene Rauschen des Wassers und das salzige Aroma der Luft zeugten von der Nähe des Meeres.

Es war eine gute Nacht, dunkel, kühl und nicht zu still. Wie geschaffen für einen geübten Dieb, den ein oder anderen Geldbeutel zu erwischen. Und auch die Kopfjäger kamen heute auf ihre Kosten. Guthwulf zog ein letztes Mal an dem glühenden Stummel seiner Jägerpfeife, warf den Tabakrest dann achtlos vor seine Füße, wo er von schwerer Stiefelspitze zertreten wurde. Der Seewind zupfte an seinem Cape, brachte das alte Leder zum Knarzen, enthüllte die blankpolierten Waffen darunter. Stahlgraue Augen starrten reglos auf einen ganz bestimmten Zinnenabschnitt nahe der Kante des Kliffs, beobachtete die arglos patroullierenden Stadtgardisten mit der ruhigen Geduld eines lauernden Tiers, zählte die Herzschläge, die ein jeder Mann brauchte, um von einem Punkt seiner Route zum nächsten zu gelangen.
Guthwulfs Geisteszustand war so gelassen wie immer. Sein Plan war simpel, Aufträge wie diesen hatte er sicher schon ein gutes dutzend Male erfolgreich hinter sich gebracht. Er wusste genau, was er zu tun hatte, und auch wenn nicht jeder Handgriff geplant war, so besaß der Wolf genug Vertrauen in sein Improvisationstalent, um sich seiner Sache sicher zu sein. Gleich würde es soweit sein...
Die stahlgrauen Augen richteten sich auf den schwarzen Schemen zur Rechten des Kopfjägers. Langsam näherte sich dem Eckpunkt der Zinnen, verharrte dort, für einige Sekunden, starrte dabei sinnloserweise in die Schwärze der Nacht, bevor er sich dann ohne Eile wieder umdrehte. Guthwulf setzte sich in Bewegung. Lautlos pirschte er sich an die Mauer, begann dabei das rechte Handgelenk in kreisenden Bewegungen zu schwingen, schneller, immer schneller, dann schoss der Arm nach vorn, die Finger öffneten sich, etwas Dünnes, Längliches flog durch die Luft, dann klirrte Metall gegen Stein. Der Wolf zog an dem Seil solange bis er auf Widerstand stieß. Sehr gut, der Anker hatte gepackt. Mit einem Satz sprang der alte Krieger an die Wand, begann dann mit geschmeidigen Bewegungen an der Hanfkonstruktion emporzuklettern. Sehnige Muskeln spannten sich unter der Rüstung aus rissigem Leder, zogen den hageren Körper des Jägers immer weiter in die Höhe, bis sich die behandschuhten Finger endlich um den Fels der Zinnen schließen konnten. Mit einem finalen Ruck schwang Guthwulf sich über die Brüstung, schnappte sich den stählernen Anker und holte das Seil ein. Geduckt lief er zum nahen Eckturm der Außenmauer, klopfte an die dicke Holztür, hinter der sich der Aufgang befinden musste. Der Soldat, der sie öffnete, hatte keine Zeit seinen Irrtum zu bemerken. Ohne zu zögern donnerte der Wolf ihm den Anker auf den Schädel, trat den zusammensackenden Krieger gleichzeitig vor den Brustkorb, beförderte ihn damit an die gegenüberliegende Wand der engen Wachstube. Geschwind trat er in den Raum und schloss die Tür hinter sich. Anker und Seil wurden auf dem Tisch abgelegt, dann griff Guthwulf an seinen Rücken und löste die zusammengeklappte Repetierarmbrust aus ihrem Holster. Ohne Eile schraubte er die beiden Flügel fest, spannte die Sehne ein und setzte dann das Bolzenmagazin auf die Schusswaffe, welcher dann auch gleich mit der nötigen Munition aus einem mitgebrachten Lederköcher gefüllt wurde. Klackend wurde die Armbrust gespannt. Langsam stapfte der Kopfgeldjäger die Treppenstufen hinab, trat schließlich aus dem Turm auf den Hof und schlenderte in Richtung des Bergfriedes, als hätte er jedes Recht, sich hier zu befinden. Den Arm mit der Schusswaffe hielt er unter dem weiten Cape versteckt, der lederne Hut war tief in das stoppelbärtige Gesicht gezogen. Der Dienstboteneingang war nicht mehr weit entfernt. Der Wolf hoffte, dass die Köche etwas Ordentlichen in ihren Töpfen hatten. Er hatte einen Bärenhunger.
22.05.2003, 22:34 #29
I-Guthwulf-I
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[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 3 -
Quietschend schwang die schwere Tür des Dienstboteneingangs in ihren Flügeln, hatte kaum die Wand berührt, als eine hagere Gestalt in schwerer Lederkleidung in die Küche trat.
"Was..." Zu mehr kam der feiste Koch nicht, denn schon löste sich der erste Bolzen aus der klobigen Repetierarmbrust, traf den Meister aller Suppen in den voluminösen Brustkorb, ließ ihn röchelnd gegen ein nahes Vorratsregal taumeln. Klackend wurde der Ladehebel heruntergerissen, die Waffe ruckte herum, die Sehne schnappte nach vorn, und im Schädel des überraschten Küchenjungen zitterte ein hölzerner Schaft. Der dritte Bolzen traf die Magd, die dritte Küchenangestellte der Burg, in ihren schmalen Rücken, direkt zwischen die beiden Schulterblätter. Wie vom Blitz erschlagen polterte das Mädchen zu Boden, der Saum ihrer Kittelschürze begann sich rot zu färben. Seelenruhig lud Guthwulf die Waffe durch, ließ sie dann sinken und schloss die Tür. Langsam trat er an einen der brodelden Kochtöpfe heran, klaubte sich eine Kelle von einem der mehlbesudelten Tische und tunkte ihn in die Suppe. Als er das metallene Küchenutensil an die Lippen führte, zogen sich die Mundwinkel des Kopfjägers angewidert nach unten. Vorwurfsvoll blickte er zur Leiche des Kochs hinüber und warf ihm die Kelle neben die gebrochenen Augen.
"Schweinefraß. Lern Kochen, Gringo."
Der Wolf packte die Armbrust wieder fester und stieß die nächste Tür auf, die ihn tiefer in das Innere der Burg führte. Ein weiterer Küchenraum, diesmal jedoch ohne das dazugehörige Personal. Die breite Tür in der Südwand führte ihn endlich auf einen schmalen, fackelbeleuchteten Korridor hinaus. Ohne zu überlegen nahm bog der alte Krieger links ab, stapfte den Gang hinab, die Schusswaffe einsatzbereit in der Armbeuge haltend. Geschwind und leise folgte er dem Korridor bis zu seinem Ende, nahm dann die rechte Abzweigung, und gelangte schließlich zu einer Treppe, die er nach unten verfolgte.
"Wer da?"
-"Deine Mutter." Wieder knallte die Sehne, und die schläfrige Wache brach zitternd in die Knie, die aufgerissenen Augen auf Guthwulf gerichtet. Dieser schickte den armen Mann mit einem harten Fußtritt endgültig in das Reich der Finsternis. Der Wolf bückte sich, seine Finger schlossen sich um den metallenen Schlüsselring, den der Krieger an seinem Gürtel trug, und lösten ihn von dem breiten Gurt. So ausgerüstet war es ein Leichtes, die eisenbeschlagene Tür im angrenzenden Raum zu öffnen und in den dämmrigen Gang hinauszutreten, der wohl offensichtlich zum Zellentrakt gehörte. Die steinernen Wände waren rußverschmutzt und feucht, die Fackelhalter rostig und der Boden voller Unrat. Zu beiden Seiten des Korridors waren Metallgitter in die Wand eingelassen, welche wiederum in die dunklen Zellen der Gefangenen mündeten. Der Wolf sah die dürren, um die Eisenstäbe geklammerten Finger, blickte in die hoffnungsvollen, fiebrigen Augen der zum Tode verurteilten Zelleninsassen. Gequältes Stöhnen, verzweifeltes Wimmern und zorniges Geschrei erfüllte die stinkende Luft.
Der Kopfjäger trat an die erste Gittertür heran. Ihm gegenüber standen zwei abgemagerte, zerzauste Gestalten, deren gebrechlich wirkende Körper lediglich in zerfetzte Leinenhosen gekleidet waren. Erwartungsvoll starrten sie dem Wolf in das von der breiten Hutkrempe teilweise verborgene Gesicht.

"Du musst uns hier 'rausholen! Bitte, ich bitte dich ,du..."
"Ich suche die Kultisten. Sagt mir, wo sie sind, und ihr seid frei."
Die Gefangenen verstummten, ihre schmutzigen Gesichter wirkten mißtrauisch.
"Ne Kumpel, so läuft das nicht. Erst befreist du..."
Kommentarlos hob der Jäger seine Armbrust und schoss dem rechten Mann ins Gesicht. Von der Wucht des Bolzens völlig überraschend getroffen, ruckte dessen Schädel nach hinten, riss dabei den gesamten Körper von den Füßen. Der zweite Insasse war erstarrt. Mit panisch flackerndem Blick sah er Guthwulf an.
"Nun?"
-"Ja, ich sags dir! Sie sind hinten, im südlichen Bereich, ich hab gesehen, wie die Wärter sie dort hingebracht haben."
Die Armbrust sank nach unten. Wortlos steckte der Wolf einen der Metallschlüssel in das Zellenschloss und drehte. Die Tür schwang auf. Als der abgemagerte Bursche sich langsam, Schritt für Schritt in Richtung Freiheit tastete, war Guthwulf bereits weitergegangen. Die übrigen Kerkerzellen völlig mißachtend, stapfte er zielstrebig in den Südbereich des Gefängnisses.
Plötzlich schoss eine massige Gestalt aus dem Dunkel einer unbenutzten Zelle, Stahl blitzte auf, sauste gewichtig auf den Kopfjäger zu, der sich instinktiv mit aller Kraft nach vorn warf. Guthwulf hörte, wie etwas Schweres mit voller Gewalt in die Gitter der gegenüberliegenden Zelle krachte, dann rollte er sich auf dem lehmigen Boden ab, ließ die Armbrust fallen und griff nach seinen Dolchen. Für Schwerter war in der knieenden Position kein Platz. Sein Gegner war inzwischen ins Licht getreten, bemühte sich gerade, die schwere Axt, mit er dem ungebetenen Gast den Schädel spalten wollte, aus dem Gewirr der verbogenen Zellenstäbe zu befreien, langte dann jedoch an seinen Gürtel, um ein breites Kurzschwert zu ziehen. Es handelte sich um einen hochgewachsenen, feisten Mann mittleren Alters, dessen schweißüberzogene Halbglatze im Fackelschein glänzte. Zweifellos der Kerkermeister.
Schreiend stürzte der fette Kerl sich auf den Wolf, versuchte ihn mit seinem Kurzschwert zu erwischen, was ihm jedoch nicht so recht gelingen wollte, da sein Gegner die Dolche dazu benutzte, um die unbeholfenen Attacken mit flinken Bewegungen abzublocken. Guthwulf ließ sich immer weiter zurücktreiben, wartete, bis der Kerkermeister ihn aus dem Korridor in die Haupthalle des Gefängnisses gedrückt hatte, ließ den nächsten Angriff seines Gegners dann an der Dolchklinke entlanggleiten, um die weite des Raumes anschließend auszunutzen, sich an dem gewichtigen Burschen vorbeizudrehen. Grunzend stolperte dieser nach vorn, überrascht, dass sein Schlag ins leere lief, versuchte er nun, seinen fülligen Körper zu drehen. Vergebens. Ein schneller Sicheltritt des Kopfjägers zog ihm den Boden unter den Füßen weg, hart krachte er auf den Boden, nur um einen Lidschlag später von zwei Dolchen durchbohrt zu werden.

"Anfänger."
Guthwulf tippte an seinen Hut, wandte sich dann der Zellenreihe an der Südwand der Halle zu.
"Ich bin hier, um einen Kultisten zu befreien. Burkhardt ist sein Name."
-"Ja, hier hinten bin ich!" Die heisere Stimme kam aus einer der letzten Zellen. Der Wolf trat an die Gitterstäbe heran und musterte den Typen, der ihm da gegenüberstand. Feistes Gesicht, verkniffene Schweineaugen. Volltreffer.
"Ich bin Burkhardt. Hat dich der Kult geschickt? Adolf, nicht wahr?"
Guthwulf nickte schweigend, was Burkhardt zu einem breiten Grinsen veranlasste.
"Ich wusste es. Auf den alten Hund war schon immer Verlass. Ich wusste dass ihr mich retten würdet. Was ist, gehen wir jetzt?"
-"Aye."
Der Kopfgeldjäger griff an seinen Gürtel, zog die kleine Handarmbrust aus seinem Holster und jagte dem Kultisten einen Bolzen direkt zwischen die Augen.
"Gute Reise."
Die beiden Schweinsaugen starrten ihn mit einem Ausdruck unendlicher Überraschung an, dann erschlafften die fettigen Gesichtszüge, der Blick wurde glasig, und Burkhardt drohte nach hinten zu kippen. Mit einer blitzartigen Bewegung langte Guthwulf zu und packte den Hals des toten Kultisten. Mit einem Ruck zwängte er den Kopf zwischen den Gitterstäben hindurch, sah sich dann in aller Seelenruhe in der Haupthalle um. Nahe eines Waffenständers, der hier wohl für verschiedenste Folterwerkzeuge genutzt wurde, fand der Wolf eine kleine, schartige Handaxt. Perfekt. Die behandschuhten Finger griffen zu, dann kehrte der Jäger zu seinem Opfer zurück. Ein kraftvoller Hieb, Blut spritzte, ein kopfloser Rumpf sackte zu Boden, und der Stoffbeutel des Wolfes war um einige hundert Gramm schwerer. Ein Kinderspiel. Ohne Eile wischte Guthwulf die beiden Dolche am Hemd des Kerkermeisters sauber, steckte sie dann wieder in die ledernen Scheiden um den Kerkertrakt anschließend zu verlassen. Der Kopfgeldjäger war mit seiner Arbeit zufrieden. Besser hätte es wirklich nicht laufen können. Nun ja, die Suppe des Kochs hätte sicher noch einige Würze vertragen, aber welcher Auftrag war schon perfekt? Die Stiefelschritte verklangen in der Dunkelheit, hinterließen nichts als Tod und die schwache die Erinnerung an einen hageren, fast lautlosen Schatten. Der Wolf schmunzelte. Da konnte sich der Sensenmeister persönlich noch eine Scheibe abschneiden.
25.05.2003, 13:08 #30
I-Guthwulf-I
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[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 3 -
Leise rauschte der Wind in den gewaltigen Wipfeln der uralten Baumriesen, mischte sich in das trällernde Lied der in den Ästen sitzenden Vögel. Irgendwo klopfte ein einsamer Specht mit seinem Schnabel auf trockene Holzrinde ein, in der Hoffnung, unter der bräunlichen Schicht auf fette Beute zu stoßen.
Beute, ja. Guthwulf hatte seine Beute bereits gefunden, schwer und klobig baumelte sie in einem dunklen Stoffsack an seinem Gürtel, als der hagere Kopfjäger gelassen durch das Dickicht stapfte. Der Kultist war nicht wirklich schwer zu erlegen gewesen, der Einbruch in die gorthanische Burg hatte einem Kinderstreich aus der Jugendzeit des Wolfes geglichen, mit dem einzigen Unterschied, dass die Stadtherren nun einige Tote mehr zu beklagen hatten. Aber das war nicht das Problem des alten Kriegers. Er musste sich lediglich darum kümmern, den Eingang dieser verdammten Waldfestung wiederzufinden, um sein wohlverdientes Gold zu kassieren. Hoffentlich hielt Adolf sein Wort was die Höhe des Betrags anging. Wenn nicht, würde der Wolf die ausstehende Differenz in Blut einfordern.
Der Wald lichtete sich und der Boden begann sanft anzusteigen. Langsam trat der Kopfjäger auf die annähernd kreisrunde Lichtung hinaus und betrachtete den grasbewachsenen Erdhügel. Ja, hier war er richtig. Und wenn diese Kultisten nicht völlig verblödet waren, dann würden sie Posten in den Bäumen sitzen haben, die ihm die Tür aufschließen konnten oder es ihm sonstwie möglich machten, die Feste zu betreten. Der Wolf griff in den Lederbeutel an seinem Gürtel und förderte einige Tabakblätter zutage, die er dann mit routinierten Bewegungen zu drehen begann. Er hatte Zeit...
25.05.2003, 15:08 #31
I-Guthwulf-I
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[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 3 -
Schweigend nahm Guthwulf den Geldbeutel an sich und wog ihn prüfend in der Hand. Dem Gewicht nach zu urteilen müsste der Betrag mit der von Adolf genannten Zahl übereinstimmen. Der Wolf befestigte das Lederbehältnis an seinem Gürtel, nahm den Kopf entgegen und lehnte sich gegen die steinerne Wand des Raumes, um mit der Fertigstellung der Jägerpfeife fortzufahren, während er Adolf bei seinen Ausführungen zuhörte.
Dieser Tak hatte also eine junge Prostituierte am Leben gelassen - dass sie jung war bedeutete gleichzeitig, dass der Kopfgeldjäger sie nicht kannte. Die Zeit, in der er Stammgast in den Bordellen der Hafenstadt gewesen war, lagen weit zurück, heutzutage hatte er zumeist entweder nicht genug Gold oder nicht genug Zeit, um solch menschlichen Gelüsten nachzugehen. Den Aufenthaltsort dieser Bordsteinschwalbe herauszufinden dürfte kein Problem sein. Leute redeten, und Ratho hielt seine Ohren stets offen. Sicher würde er Guthwulf einige Takte über das Mädchen erzählen können.
Der Wolf stieß sich von der Wand ab und zog den ledernen Schlapphut ein wenig tiefer in das sonnengebräunte Gesicht, dann wandte er sich zur Tür und drückte die Klinke herunter, um anschließend auf den Gang hinauszutreten. Ein hochgewachsener, junger Mann in voller Rüstung stand neben der Tür und hielt Wache, drehte nun den Kopf, um den alten Krieger zu mustern. Dieser trat an den Wächter heran, öffnete den Stoffsack und drückte dem überraschten Mann den Kopf seines letzten Opfers in die Hand.

"Das gehört Euch."
Ohne die Reaktion des Wächters abzuwarten setzte der Jäger seinen Weg durch die katakombenartigen Ganglabyrinthe fort, erreichte schließlich die Haupthalle, durch die er die Burg verließ.
Der Wind hatte inzwischen aufgefrischt, die grünen Kronen der Bäume wogten und rauschten, das Zwitschern der Vögel war verstummt, der Himmel hatte sich stahlgrau gefärbt, als wolle er den emotionslosen Pupillen des Wolfes Konkurrenz machen. Dieser zog das Ledercape enger um seinen hageren Körper und machte sich auf den Rückweg in die Hafenstadt. Eine Prostituierte also. Nun, wenn sie nicht allzu unansehnlich war und sich höflich benahm, würde der alte Recke vielleicht darüber nachdenken ihr einmal zu zeigen, wie richtige Männer es trieben. Andererseits suchte er noch immer nach diesem Tak. Sein Kopf war eine Menge Gold wert. Und Gold hatte immer Vorrang...
25.05.2003, 19:24 #32
I-Guthwulf-I
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[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 3 -
"Lehna sagst du? Eine Prostituierte namens Lehna...hmmmm..."
Rathos schweißfeuchte Stirn zog sich in Falten, als der rattengesichtige Dieb nachdachte.
"Ja ich denke ich hab' da was für dich. Wenn mein Gedächtnis nur nicht so schlecht wäre."
Ohne die Beine vom Tisch zu nehmen lehnte Guthwulf ein wenig weiter in dem alten Stuhl zurück, auf dem er sich niedergelassen hatte, griff ain seinen Geldbeutel und warf dem Informationsverkäufer achtlos einige Goldstücke auf die zerschrammte Tischplatte. Hell klimperten die Münzen über das Holz, wurden dann jedoch fast augenblicklich von dürren Fingern zusammengeklaubt und weggesteckt. In Rathos Augen blitzte es vergnügt. Guthwulfs Miene blieb, wie gewöhnlich, unberührt.
"Ja...hmm....stimmt, jetzt fällts mir wieder ein. Man sagte mir sie wäre in der Burg." Das Rattengesicht verzog sich zu einem anzüglichen Lächeln. "Stell dir das mal vor, eine Bordsteinschwalbe in der Burg, hehe. Irgendein verhutzelter Ratsherr scheint auf seine alten Tage noch einmal Spaß haben zu wollen."
-"Wo befindet sie sich genau?" Der Wolf interessierte sich nicht im Geringsten für die Bettgeschichten der Herrscher von Gorthar. Er wollte nur eines von der Frau - Informationen über seine Zielperson. Was danach aus dem leichten Mädchen wurde, war ihm gleich.
"Soweit ich weiß liegt sie im Krankenflügel. Soll einiges abbekommen haben, die Kleine. Vielleicht ein unzufriedener Kunde, hehehehe."
Der Kopfjäger rückte seinen Hut zurecht, schwang seine Beine dann von der Tischplatte und kam in einer einzigen, fließenden Bewegung auf die Beine.
"Ich muss los."
-"Natürlich, natürlich." Ratho kicherte amüsiert. "Wichtige Geschäfte, eh?"
"Aye."
Wieder ein heiseres Kichern. Der dürre Mann wischte sich die fettigen Haarsträhnen aus dem verwahrlosten Gesicht und hob die Hand zum Gruß.
"Viel Spaß, und sei sanft zu ihr." Das Kichern des Diebes ging in schallendes Gelächter über. Guthwulf war es zu anstrengend, sich über den merkwürdigen Humor des Kerls zu wundern. Stattdessen stapfte er durch den kleinen Raum, drückte die Türklinke herunter und verließ das baufällige alte Gebäude, das dem schmierigen Kleinkriminellen als Heimstatt diente. Gelassen marschierte er durch die Straßen, ein weiteres anonymes Gesicht im Strom der Menschen, die die Hafenstadt bevölkerten wie Bienen in einem gewaltigen Stock. In der Taverne "Zum klingenden Taler", einer der zahlreichen Stammkneipen des Jägers, holte der Wolf seinen Klauenanker, den er nach seinem letzten Einbruch dort in Verwahrung gegeben hatte. Eigentlich hatte er ja nicht vor gehabt, die Burg so schnell wieder zu besuchen, doch Geschäft war Geschäft.

Die Mauer der Feste wirkte so kalt und abweisend wie immer. Die flappenden Fahnen, die herumstolzierenden Wachen - alles sah haargenau so aus wie bei seinem letzten Einbruch. Bis auf die Tatsache, dass es beim letzten Male finstere Nacht gewesen war, heute hingegen stand die Sonne noch immer als rötliche Glutscheibe knapp über dem schillernden Meereshorizont. Verschärfte Bedingungen. Der Kopfjäger spuckte den Stummel seiner Jägerpfeife auf den kiesigen Boden des Kliffs. Wenn er flink und gewissenhaft vorgehen würde, dann dürfte es keine Probleme geben. Die Patroulliengänge der Wachen kannte er bereits, und so dauerte es nur wenige Minuten, bis der Anker erneut über die Zinnen flog und sich im grauen Fels verkantete. Mit einer Anmut, die man dem hageren Krieger auf den ersten Blick niemals zutrauen würde, huschte der Wolf das Seil hinauf, schwang sich auf den schmalen Wehrgang, rollte seine Utensilien schnell zusammen und spurtete zum nahen Eckturm. Die Nummer mit dem Klopfen sparte er sich heute, zweimal funktionierte derselbe Trick nur sehr selten. Stattdessen drückte er die Klinke herunter und öffnete die Tür.

"Halt! Wer da?!"
-"Wachablösung."
Ohne das geringste Anzeichen von Eile trat Guthwulf in die Wachstube, schloss die Tür hinter sich und schritt auf den verdutzten Soldaten zu.
"Du? Aber du bist doch gar kein..."
-"Uniform ist noch in der Wäsche." Mit diesen Worten zuckten die Arme des Jägers nach oben, und der schwere Anker tat seine Pflicht, in dem er kraftvoll mit dem Schädel des Gardisten kollidierte. Reglos polterte der Mann zu Boden. Anfänger. Guthwulf musterte den bewusstlosen Burschen. Was sie heutzutage alles zu Soldaten machten...unglaublich.
Gelassen schlenderte der Wolf durch den Raum, wollte gerade die Tür zum Treppenschacht öffnen als jemand anderes auf der anderen Seite einen Augenblich früher auf dieselbe Idee kam. Geistesgegenwärtig sprang Guthwulf zur Seite, drückte sich in die Nische hinter der geöffneten Tür. Durch das Holz hörte er schwere Stiefelschritte und das Klirren stählerner Rüstungsteile.

"Soldat, ich soll dir ausrichten...bei Innos!"
Das Klirren der Rüstung verstummte, wurde ersetzt vom charakteristischen Schleifgeräusch, wenn geschliffenes Metall aus einer ledernen Scheide gezogen wurde.
Nun, dann eben auf die harte Tour. Der Wolf stieß die Tür zum Treppenschacht mit einem achtlosen Tritt wieder ins Schloss, trat dann aus der Nische heraus um sich seinem Gegner zu stellen.
Der Kontrahent entpuppte sich als einer der schwer gepanzerten Kämpfer der Inquisition, die Guthwulf vor einigen Tagen in die Stadt kommen gesehen hatte. Anscheinend stimmte das Gerücht, dass die Recken des sogenannten Ordo Militaris ziemlich treffliche Recken waren, zumindest schloss der Wolf das aus der Haltung, mit der der Soldat sein Schwert hielt. Die Tatsache, dass der Kerl aufmerksam und schnell genug war, dass sich der Kopfgeldjäger zu einem wirklichen Kampf genötigt sah, sprach für sich.
Guthwulf schlug sein Cape zurück und legte die Hände an die beiden Griffe seiner Klingen. Sein Gesicht lag im Schatten des breitkrempigen Hutes, lediglich das stoppelbärtige Kinn und der schmale Mund wurden vom flackernden Schein der einzigen Fackel im Raum beleuchtet.

"Komm schon Gringo, zeig mir, was du kannst."
25.05.2003, 21:58 #33
I-Guthwulf-I
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[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 3 -
Der blitzschnelle Dolchstoß kam für Guthwulf fast zu unerwartet. In den Augenwinkeln erkannte er das Aufblitzen von Stahl, er spürte mehr als dass er die geschliffene Klinge auf sich zurasen sah und stieß sich augenblicklich mit den Füßen vom Boden nach hinten ab. Für die Dauer eines Lidschlages flog er durch die Luft, während die Messerspitze zischend die Luft zerschnitt, kam dann auf dem Rücken auf, nur um sich instinktiv zu einer Kugel zusammenzurollen, sich einmal auf den kalten Steinfliesen zu überschlagen und den Körper dann mit einem Ruck durchzustrecken, sobald er harten Untergrund unter den Stiefelsohlen spürte. Wieder wurde der hagere Leib durch den Raum katapultiert, das lederne Cape flappte und knarzte als der Kopfjäger sich einmal in der Luft drehte und dann mit den Füßen auf der Platte des kleinen Tisches landete, an dem der wachhabende Burgsoldat für Gewöhnlich seine Mahlzeiten einnahm. Scheppernd polterte das blecherne Essgeschirr zu Boden als die Stiefel auf das Holz knallten.
Guthwulf bekam keine Zeit, seine eigene Agilität zu bewundern, da der junge Inquisitionskrieger sich bereits wieder genähert hatte, das Schwert zum Schlag erhoben, den Dolch paradebereit in der linken Fast haltend. Der Wolf ließ ihn kommen, setzte dann mit einem schnellen Salto über den Kopf des Soldaten hinweg, wirbelte auf der Stelle herum um die beiden Schwerter in einer tödlichen Sichelbewegung zuschlagen zu lassen. Glockenhell klirrte Metall auf Metall, ging in ein schrilles Kreischen über, als die Klingen der vier Waffen gegeneinander rieben, nur um dann mit einem Ruck wieder frei zu kommen. Die Attacken kamen nun in rasender Abfolge. Abwechselnd schwang der Kopfjäger seine Schwerter, deckte den gut gepanzerten Kontrahenten mit Ausfällen, tiefen Stichen und abrupten Hiebabfolgen ein, traf jedoch stets auf eine bereits erhobene Waffe. Der Welpe war gut, soviel musste Guthwulf zugeben. Trotzdem fehlte ihm etwas, das einen erfahrenen Veteranen auszeichnete - Trickreichtum.
Der Wolf ließ sich etwas zurückfallen, verlegte den Kampf somit in die Mitte des Raumes, und gab dem Burschen die Gelegenheit, selbst anzugreifen. Die Attacken kamen hart und schnell, und obwohl der Kämpfer nur ein einziges Schwert führte, musste der Kopfjäger sich konzentrieren, um nicht von der langen Stahlklinge durchbohrt zu werden. Endlich führte der Gardist einen seitlichen Schlag, gab dem Wolf somit Gelegenheit, sich mit einer schnellem Umdrehung in die Flanke seines Gegners zu bringen. Klackend sprang die Schnalle seines Capes auf, welches der Wolf mit einer einzigen, durch viele Male der Anwendung absolut fließenden Trittbewegung in die Luft beförderte. Das schwere Leder flog nicht gut und klatschte nur einen Lidschlag später über Kopf und Oberkörper des Gardisten. Der Wolf beobachtete die Flugbahn des Capes nicht, sondern führte die Drehbewegung zuende, knickte mit den Beinen ein und stieß sich ab, vollführte eine Pirouette in der Luft, bevor er das rechte Bein streckte und seinem Kontrahenten einen Sicheltritt mit der Wucht eines Vorschlaghammers gegen die bedeckte Schläfe donnerte. Der Mann wurde von den Füßen gerissen und flog in eine der Raumecken, wo er mit dem Rücken gegen die harte Steinwand donnerte. Das Cape war zu Boden geflattert, lag nun einem nassen Lappen gleich auf den groben Bodendielen. Es hatte seinen Zweck erfüllt, hinterhältig, aber äußerst effektvoll. Wer den Wolf kannte, der wusste, dass er nichts zur reinen Zierde bei sich trug und ebensowenig davor zurückschreckte, Dinge für seine eigenen Pläne zweckzuentfremden, so unkonventionell und unehrenhaft sie auch sein mochten. Auch jetzt wartete der Kopfjäger nicht, bis sein leicht benommener Feind sich erholt hatte, sondern schoss sofort vor, die beiden Klingen bedrohlich zum Stich erhoben. Es war an der Zeit dieses Köterrudel ein wenig zu dezimieren...
25.05.2003, 23:15 #34
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[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 3 -
Wuchtig knallte Guthwulf auf den harten Holzboden, spürte, die ihm die Luft aus den Lungen gepresst wurde und sein Hut vom Kopf flog, um den darunterliegenden, zerzausten Blondschopf zu entblößen. Der Kopfjäger wartete nicht, bis sein Gegner genügend Zeit fand, ihn in aller Ruhe zu durchbohren, sondern rollte sich auf der Stelle auf den Rücken, schwang die Beine nach oben, um sie dann schnell nach unten zu reißen und seinen Oberkörper gleichzeitig mit massivem Bauchmuskeleinsatz in die Höhe schießen zu lassen. Kaum war er auf den Füßen, da sah er auch schon das Bein des Gardisten in einer tiefen Sichelbewegung auf sich zurasen. Geistesgegenwärtig ruckte das Schienenbein zur Seite und blockte den Angriff ab, während der Wolf seinen Kontrahenten mit einem schnellen seitlichen Schwinger aus der Reserve zu locken versuchte, was sich allerdings als äußerst schwierig herausstellte, da der Bursche anscheinend auch in waffenlosem Kampf guten Unterricht genossen hatte. Fleischgewordenen Blitzen gleich schossen die Fäuste durch die Luft, Leder knarzte, Panzerplatten klirrten aneinander, und harte Stiefelsohlen scharrten über die groben Bodendielen. Ansatzlos sprang der Gardist nach hinten, stieß sich kraftvoll von der Mauerwand des Raumes ab, drehte sich in der Luft und streckte sein Bein. Guthwulf duckte sich unter dem Tritt hinweg, drehte sich seinerseits in die entgegengesetzte Richtung, während sein Kontrahent inzwischen wieder auf den Füßen landete und die eigene Kreiselbewegung für einen weiteren Bogentritt benutzte. Donnernd kollidierten die Schienenbeine der beiden Krieger in Höhe der Köpfe, lösten sich sofort wieder, um in einer synchronen Bewegung zu einer gleichen Attacke mit dem anderen Bein anzusetzen. Wieder traf Beinschiene auf Beinschiene, doch der Wolf hatte diesmal sein gesamtes gewicht in den Tritt gelegt, so dass er die Fuß seines Feindes wegfegen konnte. Der Angriff ging fließend in eine Drehung über, bis der Wolf mit dem Rücken zu dem Gardisten stand. Dieser kämpfte einen Augenblick lang mit dem Gleichgewicht, einen verhängnisvollen Augenblick, den der Kopfjäger nutzte, um die eigenen Arme hinter sich zu strecken und den Gardisten am Kopf zu packen. Sehnige Muskeln spannten sich, als Guthwulf sich vorbeugte und den schweren Leib des Soldaten über den eigenen Rücken wuchtete und ihn mit einer gewaltigen Kraftanstrengung durch den Raum warf. Während der Mann durch die Luft segelte, ging der Wolf in die Knie, stieß sich ab, drehte seinen Körper bis er fast waagerecht in der Luft lag und trat seinem Gegner im Flug von oben wuchtig in den Magen. Der Gardist schoss förmlich zu Boden, krachte scheppernd auf die Holzleisten, welche unter der Belastung splitternd zerbrachen. Guthwulf selbst kam nur Zentimeter neben seinem Feind auf, rollte sich über den Boden um dann unmittelbar vor der Raumwand wieder auf die Füße zu springen. Als er sich erhob, stand er direkt zwischen den beiden zuvor verlorenen Erzklingen. Noch in derselben Bewegungen schlossen sich die Hände des Wolfes um die Griffe, wieder spannten sich die knotigen Armmuskeln des alten Recken, rissen die stählernen Mordwerkzeuge schließlich aus der Vertäfelung, so dass sie in einem Regen von winzigen Holzfragmenten freikamen. In diesem Moment rappelte der Streiter der Inquisition wieder auf die Knie, setzte zu seinem Sprung an, hielt jedoch dann jäh inne, als sein Blick sich auf den bewaffneten Kopfgeldjäger richtete. Grimmige Befriedigung erfüllte den Wolf, als er sah, wie sich die Pupillen seines Kontrahenten weiteten. Ja, das waren die Augenblicke, die einem sagten, dass man noch am Leben war, dass man nicht zu denen gehörte, die ihr Dasein in stumpfsinniger Apathie eines Zugochsen fristeten.
Scharf und tödlich blitzten die Zwillingsklingen im unruhigen Schein der Fackel, sausten silbrigen Schemen gleich durch die Luft, überkreuzten sich in Höhe des Soldatenhalses, um dann mit einer eleganten Drehung in den ledernen Scheiden zu verschwinden. Der Gardist starrte Guthwulf mit vor Überraschung geöffnetem Mund an. Ein röchelndes Stöhnen entwich seiner Kehle, als der Kopfjäger gelassen durch den Raum schritt, seinen Hut vom Boden klaubte und ihn sich über das Haupthaar zog. Im Schatten der Krempe blitzten die stahlgrauen Augen mit der schaurigen Intensität zweier Eiskristalle.

"Nicht schlecht Welpe." Die Mundwinkel des Wolfes bogen sich verächtlich nach unten. "Aber nicht gut genug."
Kommentarlos trat der alte Krieger an den fassungslos starrenden Gardisten heran, packte ihn an den Haaren, sah ihm noch einen Moment lang in die Augen, und zog denn den sauber abgetrennten Kopf ohne sichtlichen Widerstand von den Schultern. Erst jetzt war der chirurgisch präzise Schnitt zu sehen, mit dem Guthwulf das Haupt seines Feindes von den Schultern getrennt hatte. Schlagartig wurde der Blick des Mannes glasig, Blut sprudelte aus dem fleischigen Halsstumpf, floss in breiten Strömen über Brust, Bauch und Oberschenkel, bildete schließlich breite Lachen auf den zersplitterten Holzbohlen. Der Wolf zog den Tisch mit der Kante seines Stiefels zu sich heran, stellte den Blechteller wieder auf die Platte und platzierte den Kopf darauf. Aus dessen geöffneten Mund hatte sich mittlerweile ein feines, rotes Rinnsal seinen Weg gebahnt, tropfte vom Kinn auf den Teller und sorgte so für eine passende Beilage zum Hauptgericht.
"Der Koch wünscht guten Hunger."
Mit routinierten Bewegungen warf Guthwulf sein Cape wieder über die Schultern, ließ die Spange zuschnappen und verließ den Raum ohne erkennbare Eile. Der Kampf war gut gewesen, keine Frage, doch der Kopfjäger hatte den Grund seiner Anwesenheit in der Burg nicht vergessen. Ein Mädchen wartete auf ihn, und er hasste es, unpünktlich zu sein...
26.05.2003, 14:00 #35
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[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 3 -
Langsam begann der Anker zu schwingen, zuerst schwerfällig, dann in zusehends schnellerem Tempo, bis er schließlich nur noch als sirrender Kreisel zu erkennen war, der zischend um Guthwulfs ausgestreckte Hand kreiste. Der Kopfgeldjäger hatte den Kopf in den Nacken gelegt und fixierte den dunklen Umriss eines der eckigen Burgfenster mit konzentriert verengten Augenlidern. Das Fenster befand sich auf der Rückseite des Bergfriedes, nahe der Klippenmauer und somit vor den meisten neugierigen Augen ausreichend geschützt. Lediglich die Patroullien auf den Zinnen musste der Wolf beachten, doch hatte er sich, wie auch bei seinem Einbruch in den Burghof selbst, einen Moment ausgeguckt, an dem eine unbemerkte Kletterpartie möglich war. Dort oben befand sich das Krankenrevier, und damit auch seine Zielperson, das wusste er als jahrzehntelanger Bewohner der Stadt Gorthar mit schlafwandlerischer Sicherheit.
Die behandschuhten Finger öffneten nicht, und der Anker zischte die Mauer empor, beschrieb einen engen Bogen und verschwand in der Schwärze der Fensteröffnung. Jetzt musste es schnell gehen. Guthwulf zog kräftig an dem Seil, stieß schnell auf Widerstand und sprang an die Wand. Behende turnte er den Stein hinauf, trieb sich dabei zu äußerster Eile an, konnte er ja nicht wissen, ob hoch droben in dem Krankenzimmer nicht ein neunmalkluger Hanswurst auf die Idee kam, den Anker mit einer Stange oder einem Schwert zu lösen. Das wäre wirklich äußerst ungesund.
So stand dem Wolf der Schweiß auf der Stirn, als seine Hände sich endlich um den Felssims schlossen und den hageren Körper mit einem Ruck in das Zimmer zogen. Mit einem schnellen Blick musterte der Kopfjäger den Raum. Bett, Tisch, Schrank, weißverputzte Wände, holzgetäfelter Boden. Ein junges, offensichtlich erschöpftes Mädchen. Stimmen vor der Tür.
Guthwulf verlor keine Zeit. Einem lautlosen Blitz gleich huschte er durch den Raum, trat an das Bett und hob die Frau ohne sichtliche Mühe aus dem Bett. Sofort schlug sie die Augen auf, wurde dann von der herabsausenden Handkante des Kopfjägers aber augenblicklich wieder in das Reich der Träume befördert. Das Letzte, was der alte Krieger brauchen konnte, war ein hysterisch schreiendes Frauenzimmer. Schnell legte der Kopfjäger die Bordsteinschwalbe über seine Schulter, sprang wieder auf den Sims, ließ die Beine von der Mauerkante baumeln und drehte sich langsam um, die rechte Hand um das Seil geklammert, mit der Linken die bewusstlose Lehna festhaltend. Die Beine wurden fest gegen die Mauer gepresst, ein letzter, tiefer Atemzug, dann schlang er die Füße um das Seil, öffnete die Hand um einen Millimeter und rutschte geschwind den Hanfstrick hinab. Krachend schlugen die harten Stiefelsohlen auf dem Boden auf, dann drehte der Wolf sich um und spurtete Richtung Eckturm. Den Anker musste er leider zurücklassen, er hatte weder die Zeit noch die Möglichkeit, ihn oben aus dem Fensterrahmen zu lösen. Das schwere Ledercape bauschte sich auf, als sich der Kopfjäger durch den Türspalt des Turmes zwängte und die Tür schnell wieder hinter sich schloss. Im Eilschritt ging es die Treppen hinauf. Der Atem des älteren Kämpfers wurde schwerer. Verdammt, er war doch kein Packesel! In der schmalen Wachstube angekommen fand der Wolf die Szenerie unverändert vor. Ein kopfloser Rumpf lag in einem Meer aus Holzsplittern, während einige Meter weiter ein abgeschlagener Männerkopf auf einem Esstisch thronte. Guthwulf durchsuchte die Ecken des Raumes, fand einen losen, gut 3 Meter langen Strick, den er hastig aufnahm und draußen um eine der Mauerzinnen band.

"Festhalten, Kleines."
Geschmeidig schwang der Jäger sich über den Mauerrand und rutschte das Seil hinunter, wobei er seine bewusstlose Fracht stets fest umklammert hielt. Dieses Vögelchen hatte noch ein Lied zu singen, bevor es wieder davonfliegen durfte.
Der Wolf blickte sich kurz um, dann hastete er das Kliff hinunter, stets darauf bedacht, den schlangenlinienförmigen Weg zur Stadt nicht zu benutzen. Als er die ersten Häuserreihen schließlich erreichte, blieb er für einige Minuten stehen und gönnte seiner gequälten Raucherlunge Ruhe. So etwas auf seine alten Tage!
Langsam nahm er die Frau von der Schulter, umschloss ihre Hüfte mit einem Arm und legte die Hand des Mädchen um seine Schulter, so dass es aussah, als wanke er mit einer völlig betrunkenen Prostituierten durch die Straßen. Unauffälligkeit war der Schlüssel, und Guthwulf verstand es, in der Masse zu schwimmen wie der Fisch in einem Gewässer. So erreichte er unbehelligt die Taverne "Zum klingenden Taler", dieselbe Schenke, in der er kurz zuvor seinen Anker verwahrt hatte. Der Schankraum war leer, lediglich der Wirt lehnte hinter seiner Theke und putzte Tonkrüge. Der Jäger trat ein.

"Ein Zimmer."
-"Geh rauf, du kennst den Weg. Such dir eines aus." Der grauhaarige Kneipenbesitzer schaute nicht einmal von seiner Arbeit auf, als der Wolf seine reglose Fracht langsam die Treppe hinauf und in das erstbeste Zimmer schleppte, dass er fand. Vorsichtig legte er sie auf das Bett, zog sich selbst einen Schemel heran, auf den er sich setzte, um sich gegen die Raumwand zu lehnen und an seinen Gürtel zu greifen. Seine behandschuhten Finger schlossen sich um einen kantigen Wetzstein, während er mit der Linken einen der beiden Krummdolche aus seiner Scheide zog. Bedächtig, mit gelassenen Bewegungen, begann er die stählerne Klinge zu schärfen, während er auf das Erwachen der leichten Dame wartete...
26.05.2003, 15:21 #36
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[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 3 -
Langsam hob Guthwulf den Kopf, blickte dem Mädchen unter dem Rand des breiten Hutes hindurch in das erschöpft aussehende Gesicht. Ohne Eile wurden die beiden Dolche wieder in die Scheiden gesteckt, dann verschwand auch der Wetzstein hinter einer der zwei breiten Gürtelschnallen.
Sie war also wach. Das war gut. Leider schien sie immer noch ziemlich verletzt. Das war schlecht. Der Wolf erhob sich, stapfte durch den Raum und öffnete die Zimmertür.

"Brogdrom!"
Schritte polterten die Treppe hinauf, dann schaute das pausbackige Gesicht des Wirtes um die Ecke. Er wirkte leicht genervt.
"Was ist denn? Brauchst du noch Anweisungen, wie man es treibt?"
Der Kopfjäger machte sich nichteinmal die Mühe, auf diese Bemerkung einzugehen, deutete stattdessen knapp mit dem Daumen auf das Bett, während die andere in seinen Geldbeutel griff und dem Tavernenbesitzer einige Münzen in die Hand drückte.
"Sie braucht einen Heiler. Beeil dich."
Der feiste Mann seufzte, zählte die Goldmünzen und seufzte erneut.
"Du lässt einem alten Burschen wie mir wirklich keine Ruhe. Also gut, warte hier, ich bin gleich zurück."
Der Wirt verschwand, und Guthwulf kehrte zu seinem Schemel zurück. Ohne Eile ließ er sich nieder und lehnte sich erneut gegen die Wand.
"Bist du das Mädchen, das vom Tavernenkiller verschont wurde?"
26.05.2003, 15:40 #37
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[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 3 -
Guthwulf hatte wieder einmal damit begonnen, an einem seiner Tabakstengel zu drehen. Sorgfältig rollte er die Blätter zusammen, schenkte dem bräunlichen Pflanzenmaterial dabei anscheinend mehr Aufmerksamkeit als der verletzten Frau auf dem Tavernenbett. Kritisch beäugte er sein Werk, steckte es sich dann in den Mundwinkel, um es sich anschließend an einer der Zimmerkerzen anzuzünden. Als er sich wieder setzte, stiegen dünne Rauchfäden von der orangefarbenen Glut empor.
Die Antworten des Mädchens waren nicht gerade zufriedenstellend, aber andererseits war sie ziemlich erschöpft, und erschöpfte Menschen neigten dazu, einige Aspekte ihrer Geschichte auszulassen. Der Wolf würde sie nicht gehen lassen, bis er wusste, was er wissen wollte.

"Warum hat er dich nicht getötet?"
26.05.2003, 16:11 #38
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[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 3 -
Der Wolf zog an seiner Jägerpfeife, inhalierte den bläulichen Rauch, während er die Frau uns schmalen Augenliedern musterte. Langsam begann ihm dieses ganze Unwissen auf die Nerven zu gehen. Wusste denn niemand etwas über den Tavernenkiller? Bis auf seinen Namen und sein Aussehen gab es anscheinend keinerlei Informationen über ihn, weder einen möglichen Aufenthaltsort, noch seine genauen Motive. Der Kopfjäger blies den Rauch wieder in die Luft.
"Wer ist dieser Tak genau? Hat er einen Wohnsitz? Freunde? Bekannte? Familie? Wie kann man ihn finden?"
26.05.2003, 16:55 #39
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[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 3 -
Der Kopfjäger gab mit keiner Reaktion zu erkennen, ob er die Worte des Mädchens gehört hatte oder ob dies nicht der Fall war. Still saß er da und rauchte seine Jägerpfeife, die grauen Augen nichts weiter als zwei unendlich schwache Lichtreflexionen im dunklen Schatten der Hutkrempe.
Der Bordsteinschwalbe schien es wohl langsam wieder gut zu gehen, ihre Stimme war kräftiger geworden, und sie brachte sogar ein Lachen zustande. Guthwulf überlegte, ob er den Heiler abbestellen sollte, um das Gold zu sparen, verwarf diesen Gedanken dann aber wieder. Er hatte keine Lust sich von seinem Schemel zu erheben. Außerdem wurde die Frau gerade gesprächig, und es wäre ziemlich ärgerlich, wenn ihr mitten in einem wichtigen Satz eine gebrochene Rippe in die Eingeweide stach und sie einfach so verstarb, ohne dem Wolf alle Einzelheiten erzählt zu haben. Nein, es war besser, kein Risiko einzugehen.

"Mein Interesse an Tak ist rein geschäftlich." Das war nichteinmal eine Lüge. Persönlich hatte der Kopfjäger nichts mit dem Tavernenkiller zu schaffen, lediglich der Umstand, dass sein Kopf eine ganze Stange Gold wert war, trieb Guthwulf in seinen Bemühungen diesen flüchtigen Burschen zu finden.
"Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er solch ein Feigling ist."
Langsam glitten die Finger des alten Kriegers an seinen Mund, nahmen den glimmenden Tabakstummel von den Lippen, um ihn dann achtlos auf den Boden fallen zu lassen. Schwere Stiefelsohlen zertraten die rötliche Glut.
Trockene Ironie schwang in der Stimme des Wolfes, als er sich seinen Hut einige Zentimeter aus der Stirn schob und sich wieder auf seinem Schemel zurücklehnte.

"Aber sicher hast du einen Vorschlag, wie man ihn finden kann."
26.05.2003, 17:36 #40
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[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 3 -
Gelassen zupfte Guthwulf die Handschuhe von seinen Fingern, legte die beiden beschlagenen Lederstücke dann sorgsam übereinander, um sie schließlich mit einer routinierten Bewegung an den Gürtel zu klemmen.
Ein Bauer in einem Schachspiel...fast hätte der Wolf geschmunzelt. Das war gut. Wenn der Feind ihn unterschätzte, würde der Kopfjäger weiterhin völlig freie Hand haben. Das wiederum hieß, dass er um so effektiver zuschlagen könnte, wenn die Zeit gekommen war. Das, was wirklich wichtig an den Worten der Frau war, war die Tatsache, dass nicht der Kult selbst das Ziel des Tavernenkillers zu sein schien. Guthwulf wusste nicht viel über diese religiöse Vereinigung ausser dass sie offensichtlich in höchstem Maße finanzkräftig war. Hatte das Täubchen nicht eben erzählt, dass sie ebenfalls einmal Mitglied des Kultes gewesen war?

"Erzähl mir etwas über diesen Verein."
Der Kopfjäger griff in den Halsausschnitt seiner Rüstung und förderte die silbrig glänzende Kette zutage, die Ratho ihm vor einigen Tagen gegeben hatte. Kurz ließ er sie im Sonnenlicht aufblitzen, dann verschwand sie wieder unter dem rissigen Leder.
26.05.2003, 18:26 #41
I-Guthwulf-I
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[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 3 -
Oha, die Kleine wurde also vom Kult gesucht. Wieviel sie wohl wert war? Vielleicht ließ sich daraus ja noch Kapital schlagen...
Guthwulf beschloss, dass es durchaus lohnenswert war, das Mädchen noch eine Weile bei sich zu behalten, da er einerseits noch nicht alles erfahren hatte, was er wissen wollte, und er andererseits eine Möglichkeit sah, ein paar schnelle Goldmünzen zu machen. Wenn dieser Tak wüsste, um wieviel reicher der Wolf dank ihm schon war, und das obwohl sie sich nie begegnet waren.
Es klopfte an der Tür, dann wurde die Klinke heruntergedrückt und ein kleiner, ziemlich dürrer Mann trat ein. Seine verhutzelte Gestalt ließ sein genaues Alter nur schwer schätzen, aber der Kopfjäger vermutete, dass er noch etwa fünf bis sechs Jahre zu leben haben würde. Die kleinen Augen blinzelten trübe, und das schüttere Haar umkränzte die fleckige Glatze wie eine weiße Königskrone. Mit den stockdürren Fingern umklammerte das Väterchen eine gewichtige Tasche, deren Lederriemen an einigen Stellen bereits notdürftig geflickt waren.

"Guten Abend. Mein Name ist Hargand. Ich bin Apotheker."
Die Stimme des Alten war dünn und gebrechlich, seine Bewegungen langsam. Guthwulf machte sich nicht die Mühe aufzustehen, sondern deutete nur stumm auf das Bett. Der Mann schien die darauf liegende Frau erst jetzt zu bemerken.
"Oh, na da wollen wir mal schauen."
Ächzend hievte er seine Tasche vor das Bett und setzte sich neben Lehna auf die Matratze. Der Wolf fingerte eine Goldmünze aus seinem Beutel und begann sie mit Daumen und Zeigefinger in die Luft zu schnippen, nur um sie anschließend wieder aufzufangen. Pling....Pling...Pling...
Mit müdem Blick schaute er dem Väterchen dabei zu, wie er Arme und Beine des Mädchens betastete. Als er sich dem Oberkörper zuwenden wollte, hielt er inne. Langsam drehte er den Kopf und schaute den Kopfjäger an.

"Würde es Euch etwas ausmachen, den Raum zu verlassen, Herr? Ich muss mir den Brustkorb der Dame anschauen."
Schweigend schnippte Guthwulf die Münze in die Luft. Augen und Nasen waren im Schatten verborgen, der stoppelbärtige Mund eine schmale Linie im hageren Gesicht. Sekundenlang starrten die beiden Männer sich einfach nur stumm an. Der alte Krämer wurde sichtlich nervös.
"Herr, wenn Ihr den Raum nicht verlasst, kann ich sie nicht behandeln. ich denke nicht, dass die Dame sich gerne von jemandem wie..."
Der Opa verstummte, als er die Augen des Kopfjägers aufblitzen sah. Seine Stimme war ein fast apathisches Schnarren, doch der bedrohliche Unterton war nicht zu überhören.
"Jemandem wie mir?" Der Wolf spuckte auf den Boden, wandte dann aber langsam den Kopf und blickte aus dem Fenster.
"Mach deine Arbeit, Apotheker."
Stoff raschelte, dann war das leise Gemurmel des Greises zu hören.
"Hmmm...jaa...hmmmm...tut’s hier weh? Ja? Hmm...hier nicht?...gut...na schön..."
Der Koffer wurde geöffnet, und etwas Stoffartiges daraus entnommen. Guthwulf hörte Tontöpfchen klirren, wahrscheinlich irgendwelche Salben, die der Heiler seiner Patientin aufstreichen wollte. Draußen auf der Straße spielte eine Schar von Kindern Verstecken, gleich daneben trat eine erschöpft wirkende Frau aus dem Schatten eines Hauseingangs. Sie hinkte leicht, und ihr Rock war verrutscht. Der Wolf konnte sehen, wie sie einen kleinen Lederbeutel in ihrem Ausschnitt verschwinden ließ. Nette Gegend.
"So, das müsste reichen. Gönnt Euch viel Ruhe, meine Dame, dann werden die Brüche bald heilen."
Wieder raschelte Stoff, und der Kopfjäger drehte sein Haupt. Das Väterchen war gerade dabei, seinen Koffer zusammenzupacken, während Lehna ihr Krankenhemd zurechtzupfte. Wieder sprang die Münze durch die Luft.
"Der Wirt hat mich bereits bezahlt, ich wünsche Ihnen eine gute Nacht, meine Herrschaften."
Der Apotheker verneigte sich kurz, um sie anschließend wieder allein zu lassen. Auf der Treppe konnte Guthwulf seine Schritte verhallen hören. Abschätzend musterte er die im Bett liegende Frau.
"Tut's noch weh?"
26.05.2003, 19:34 #42
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[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 3 -
Der Wolf beobachtete die Reaktion der Frau mit stillem Amusement, freilich ohne dabei jedoch eine Miene zu verziehen. Es war immer schlecht, Gefühle zu zeigen, denn aus ihnen konnte ein geübter Mensch auf den Charakter schließen, die Schwächen herausfinden und sie gegen den unbedachten Burschen einsetzen, der sich seine Überraschung, seine Furcht oder seine Erschöpfung hatte zu deutlich anmerken lassen. Und trotzdem, irgendwie erinnerte die kleine Göre den Kopfgeldjäger an seine eigene Jugendzeit. Der junge Guthwulf war ein wahrer Hitzkopf gewesen, der sich nicht selten mit ähnlichen Verletzungen in den Händen irgendeiner Prostituierten wiedergefunden hatte, die ihn nach Anweisungen aus einem Lehrbuch, aus dem sie nur die Hälfte verstand, wieder zusammenflickte. Zahlreiche narben auf Brust, Bauch und Armen gaben noch heute stummes Zeugnis von diesen Tagen, doch entledigte der Wolf sich heutzutage nur selten seiner Kleidung, und wenn, dann nur in einem verschlossenen und zuvor durchsuchten Zimmer. Wäre er weniger vorsichtig würde er schon lange nicht mehr leben, dessen war sich durchaus bewusst. Die Kleine hier würde das auch noch lernen.
Der Kopfjäger find die Münze ein letztes Mal, dann ließ er sie wieder in seinem Beutel verschwinden, um sich anschließend langsam von seinem Schemel zu erheben.

"Bleib liegen."
Ohne Eile verließ der Wolf das Zimmer, schloss die Tür hinter sich und schlenderte gemächlich die Treppen zum Schankraum hinab. Es war Abend geworden, und inzwischen hatten sich mehrere Männer eingefunden, um ihr hart verdientes Geld in Alkohol und Speisen umzusetzen. Guthwulf lehnte sich an den Tresen und musterte die Menge mit routinierten Blicken. Müde Handwerker und betrunkene Hafenarbeiter, nichts Besonderes. Keine Gefahr.
"Was darf's sein, Wolf?"
Der Wirt war von seinem Rundgang durch die Schenke zurückgekehrt und hatte sich mit verschränkten Armen hinter der Theke aufgebaut.
"Zwei Schläuche Bier, einen Laib Brot und etwas Fleisch...und einen Krug Kräuterschnaps." Der Kopfjäger hatte sich schon gewundert, wie lange es dauern würde, bis er sich wieder etwas in dieser Prozentlage bestellen würde. So schnell konnte man alte Gewohnheiten wohl doch nicht abschütteln.
Der Tavernenbesitzer nickte und verschwand in der Küche, um gleich darauf mit Geforderten zurückzukommen. Guthwulf warf sich die Bierschläuche über die Schultern, die Teller mit Brot und Käse nahm er in die eine Hand, während die andere sich um den Griff des Schnapskruges schloss. So beladen stapfte er in das Zimmer zurück, wo er sich mit dem Stiefel einen Tisch zu seinem Schemel zog und seine Last dort abstellte. Einen der beiden Bierschläuche warf er der Frau auf dem Bett zu, den anderen entkorkte er und setzte ihn sich selbst an die Lippen. Schweigend tranken die beiden ungleichen Personen. Irgendwann, es mochten gut zehn Minuten vergangen sein, ergriff der Wolf erneut das Wort.

"Womit verdienst du dein Geld? Du bist keine Bordsteinschwalbe."
Das war eine Feststellung, keine Frage. Der Kopfjäger hatte die Bewegungen der Frau genau betrachtet. Ihr Verhalten, die Art, das alles passte nicht zu einem leichten Mädchen. Ausserdem würde eine Frau dieses Schlages niemals in die Burg gelassen werden, geschweige denn dort ärztliche Hilfe erhalten. Jemand wie Ratho mochte das vielleicht glauben, aber der Rattengesichtige Narr hatte nie sonderlich viel Talent bewiesen, wenn es darum ging, Dinge zu interpretieren. Seine Fähigkeiten lagen auf anderen Gebieten.
Guthwulf nahm einen weiteren Schluck aus seinem Weinschlauch und wartete auf Lehnas Antwort.
26.05.2003, 22:18 #43
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[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 3 -
"Wem sagst du das."
Der Kopfjäger setzte seinen Bierschlauch an die Lippen und goss sich das bittere Gesöff in die Kehle. Kein schlechtes Zeug, nicht so übermäßig herb wie der Schund, den sie im einarmigen Kabauter verkauften. Der Wolf wusste schon, warum er hier des öfteren einkehrte. Vom Alkohol weiter besänftigt, lehnte sich Guthwulf ein wenig weiter zurück, legte die Beine auf der Tischplatte übereinander und begann wieder an seinen obligatorischen Tabakblättern zu drehen. Irgendwie musste man die feuchte Kehle ja auch wieder trocken bekommen.
"Was hat dich in die Burg verschlagen?"
26.05.2003, 22:59 #44
I-Guthwulf-I
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[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 3 -
"Aye."
Prüfend hielt Guthwulf den fertigen Stengel ins Licht, drehte ihn langsam zwischen den Fingern, um nach undichten Stellen zu suchen, bevor er ihn zwischen die Lippen steckte und die Spitze an einer Kerzenflamme entzündete. Feine Rauchschwaden zischten zwischen den zusammengebissenen Zähnen hervor.
"Zähe Biester."
Der Wolf dachte nach. Frost also. Das war doch dieser neunmalkluge Bursche, dessen Rüstung der des Tavernenkillers so ähnlich sah. Und was man von der Inquisition zu halten hatte, das war sowieso klar. Der Kopfjäger fragte sich, was sie wohl mit dem enthaupteten Gardisten in der Burg gemacht hatten. Sicher ein Begräbnis mit allen Ehren. Pah.
Was er von dem letzten Teil des knappen Redeschwalls halten sollte, das wusste selbst Guthwulf nicht so recht. Nichts zu verlieren? Nun, wahrscheinlich hatte er hier wieder eine dieser gescheiterten Existenzen vor sich, eine junge Frau am Ende einer Kette von Ereignissen die ihr Selbstwertgefühl systematisch zermürbt hatten. Der Wolf kannte diese Dinge zur Genüge. Als seine Jugend damals zerstört wurde, war es ihm nicht besser ergangen. Ein Glück, dass er gelernt hatte, sich in der Welt zurechtzufinden. Wie sehr die Kleine seinem eigenen Selbst in Jugendjahren doch glich...Vielleicht...nein. Geschäft war Geschäft. Er hatte einen Auftrag, sie hatte ihm Informationen gegeben und ihm zudem verraten, dass der Kult nach ihr suchte. Sollte der Kult sie also haben. Würde ihm sicher ne ganze Menge Geld einbringen. Schweigend rauchte Guthwulf seine Jägerpfeife, seine grauen Augen starrten aus dem Fenster. Die Sonne war längst untergegangen, allein die flackernde Kerze spendete noch matten Lichtschein, war jedoch nicht stark genug, um die hageren Züge des Kopfjägers zu beleuchten. Der alte Krieger war nichts als eine schwarze Silhouette, in deren Kopfbereich ein kleiner, kreisroter Glutfleck brannte.

"Ruh dich aus. Könnte sein dass wir morgen schon weiterziehen."
27.05.2003, 14:49 #45
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[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 3 -
Grau und kalt brach die Sonne durch die dicke Wolkendecke, die sich bedrohlich und unwetterverkündend über die Hafenstadt gelegt hatte, leuchtete das kleine Zimmer der Taverne "Zum klingenden Taler" nur dürftig aus.
Obwohl der strohgefüllte Leinensack, der in diesem Gasthaus als Matratze diente, nicht als weich zu bezeichnen war, hatte Guthwulf gut und lange geschlafen. Er war es gewohnt, auf hartem Untergrund zu ruhen, und grobes Stroh war nacktem Erdboden immer noch vorzuziehen. Die Nacht war ruhig verlaufen, wie nicht anders zu erwarten. Er hatte schon am gestrigen Abend festgestellt, dass seine Begleiterin wider Willen noch zu schwach war, um sich mit ernsthaften Fluchtgedanken beschäftigen zu können. Allein aus diesem Grund hatte der Wolf es überhaupt gewagt, sie in dem Zimmer allein zu lassen, wollte er sich das Gold doch nicht entgehen lassen, das er an ihr verdienen konnte.
Langsam richtete er sich auf, schwang die Beine über die Bettkante und kam auf die Füße. Er schlenderte zu dem kleinen Holztisch hinüber, griff nach dem dort stehenden Tonkrug und goss sich ein wenig von dem Kräuterschnaps in einen danebenstehenden Becher, um ihn anschließend in einem Zug hinunterzustürzen. Kurz verzogen sich die spröden Lippen, dann wurde das Gefäß wieder abgestellt und der Kopfjäger griff nach seiner Lederhose. Ohne Eile kleidete er sich an, zog sich den ledernen Harnisch über den Kopf, band die Arm- und Beinschienen mithilfe breiter Bänder an seine Gliedmaßen, stieg dann in die kniehohen Kampfstiefel. Neben dem einfachen Bett lagen die Waffen des Wolfes. Mit routinierten Griffen wurden die beiden Waffengurte um die Hüften gebunden, die kleine Handarmbrust in das dafür vorgesehene Holster gesteckt, Schwert- und Dolchscheiden an dem harten Leder befestigt und schließlich auch der Brustgürtel mit den zahlreichen Wurfmessern wieder über den Kopf gestreift. Guthwulf trat neben die Holztür und nahm sein schweres Cape von einem kleinen Messinghaken, warf es sich über die Schultern und schloss die stählerne Schnalle. Knarzend bauschte sich das Leder um den hageren Körper des Kopfjägers, verdeckte das stattliche Waffenarsenal fast vollständig. Als letztes trat der Wolf noch einmal an das Bett heran und klaubte den breitkrempigen Schlapphut von der Matratze, zog ihn mit einer fließenden Bewegung über seine zerzauste Haarpracht und bis tief in die Stirn. Behandschuhte Finger griffen nach der Klinke, während die linke Hand den Schlüssel im Schloss drehte, dann wurde die Tür aufgestoßen und Guthwulf stapfte mit schweren, langsamen Schritten über den schmalen Korridor der Gastzimmer. Sekunden später wurde die Ruhe seiner kleinen "Gefangenen" auch schon durch den hageren Krieger gestört. Diese lag auf dem Bett und starrte anscheinend einfach nur vor sich hin. Stahlgraue Augen musterten Lehnas Körper. An den Fußballen klebte etwas Schmutz. Sie war also aufgestanden. Das wiederum bedeute, dass die Laufen konnte.

"Aufstehen Kleine. Zeit hier zu verschwinden."
27.05.2003, 18:55 #46
I-Guthwulf-I
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[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 3 -
Doch Guthwulf tat nichts dergleichen. Schweigend wartete er, bis Lehna die Kammer verlassen hatte, schloss dann die Tür hinter sich und folgte dem Mädchen die Treppe zum Schankraum hinab. Die Blicke, die die betrunkenen Gäste und selbst der Wirt seiner Gefangenen zuwarfen, blieben ihm nicht verborgen. Langsam durchquerten sie die Taverne, bis sich plötzlich eine leicht wankende Gestalt aus der menge löste und sich vor dem ungleichen Paar aufbaute. Der Wolf musterte seinen Gegenüber. Kurze Beine, breite Schultern, dicker Bauch. Das kantige Gesicht zu einem lüsternen Grinsen verzogen. Diese Situation bedurfte keiner weiteren Erklärung.
Guthwulf handelte, bevor der Mann auch nur zum Sprechen ansetzten konnte. Wortlos schoss seine behandschuhte Faust nach vorn, krachte gewaltig in das häßliche Antlitz des Trinkers und riss ihn von den Füßen. Wuchtig schlug er auf dem Schenkenboden auf, und blieb reglos legen. Blut rann ihm aus Nase und Mundwinkel, dasselbe Blut, das auch an den feinen Stahlplättchen klebte, die auf die Handschuhe des Kopfjägers genäht waren. Mit einem leichten Druck im Rücken gab der Wolf seiner Begleiterin zu verstehen, dass sie weitergehen sollte. Vor ihnen wichen die Kneipengäste zurück, so dass sie schon bald auf die schmale Seitenstraße hinaustreten, die sich vor dem "klingenden Taler" dahinschlängelte. Zielstrebig stapfte Guthwulf über das grobe Kopfsteinpflaster, führte Lehna durch die halbe Hafenstadt, bevor sie endlich in die Schneidergasse einbogen. Die kleinen Holzschilder mit ihren stilisierten Garnknäueln und Sticknadeln schaukelten im sanften Wind, während die beiden Gestalten an ihnen vorbeischlenderten. Vor einer kleinen, etwas verschmutzten Holztür blieb der Wolf schließlich stehen. Seine Hand umschloss die Klinke, dann schwang die Tür in ihren Angeln. Gemeinsam betraten sie die dunkle, von Stoffrollen und halbfertigen Gewändern verstopfte Schneiderstube und wurden sogleich von einem hochgewachsenen Mann mittleren Alters begrüßt.

"Seid willkommen! Was kann ich für euch tun?"
-"Die Dame hier braucht ein paar Kleider. Hose, Hemd, Stiefel."
Der Schneider nickte eifrig.
"Eine Sonderanfertigung?"
-„Gebt uns, was Ihr da habt. Vorzugsweise braun."
Braun war die Farbe, die am wenigsten auffiel. Guthwulf mochte braun.
Der Mann nickte abermals, um anschließend in einem kleinen Nebenzimmer zu verschwinden. Stoff raschelte, Leder knarzte, dann kehrte er zurück, die Arme angewinkelt, in den Händen diverse Kleidungsstücke haltend.

"Ich hätte hier einige wirklich schöne Stücke. Seht her, echtes Wargleder..." Der Schneider hielt der Dame eine gräulich-schwarze Lederhose unter die Nase, doch der Wolf nahm sie ihm ab, um den Stoff zu prüfen. Robust und doch nicht zu steif. Seine Begleiterin wurde darin notfalls auch längere Märsche durchhalten können. Und der Kopfjäger bereitete sich lieber auf alle Eventualitäten vor.
"Die nehmen wir."
Der hochgewachsene Handwerker nickte, um Guthwulf anschließend ein hellgraues Leinenhemd zu reichen. Er hatte also verstanden, wer hier das Gold in der Tasche hatte.
"Dies würde ausgezeichnet dazu passen. Schöner Stoff, und er hält einiges aus. Wenn sie es jetzt kaufen, dann gehe ich bei den Stiefeln um 3 Goldstücke nach unten."
Der Wolf nickte und blickte Lehna in die Augen.
"Anziehen."

Als sie die Schneiderei nur Minuten später wieder verließen, war das Mädchen endlich Straßentauglich und Guthwulf um 28 Goldstücke ärmer, doch das war es ihm wert. Was nützte ihm die Frau, wenn sie in ihrem dünnen Fetzen erfror. Dann wäre sie wertlos. So hingegen konnte er sie problemlos bis in die Waldfeste bringen. Dort würde er genug Gold kassieren, um seine Spesen zu decken.
"Hey Kleine." Der Wolf fingerte an einigen Tabakblättern herum. "Der Kult sucht dich, um Informationen über Tak zu bekommen? Das ist alles?"
27.05.2003, 20:27 #47
I-Guthwulf-I
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Guthwulfs Schritte wurden um keinen Deut langsamer. Ohne Eile, doch trotzdem zielstrebig, bahnte er sich und seiner Begleiterin einen Weg durch die stark bevölkerte Hauptgasse der Stadt. Während sie so dahinstapften, dachte der Kopfjäger über das Angebot des Mädchens nach. Es stimmte schon, niemand hatte ihn beauftragt, die Kleine zu suchen, deshalb wäre es kein Vertragsbruch, sie dem Kult nicht auszuliefern. Andererseits gab es keine Garantie, dass diese Lehna ihr Wort auch wirklich hielt. Von Geld reden konnte jeder, es wirklich zahlen aber nur die Wenigsten. Der Kult gehörte eindeutig zur letzteren Gruppe, während er die Frau mit nichts als ein paar Fetzen am Leib aufgegabelt hatte.
Der Wolf steckte die fertige Jägerpfeife zurück in seinen Beutel. Auf der Straße gab es kein Feuer, folglich stand es auch schlecht mit dem Rauchen.

"Du sagtest selbst dass der Kult nur ein paar Informationen will. Du gibst sie ihnen und ich nehm dich wieder mit. So haben wir beide daran verdient."
Der Kopfjäger fand seine Idee garnicht schlecht. Er bekam die Prämie, sie hatte ein paar neue Kleider. Wo lag das Problem?
27.05.2003, 21:16 #48
I-Guthwulf-I
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"Aye."
Mehr war aus dem alten Krieger nicht herauszubekommen, als sie durch die ersten Baumreihen in das Reich des Waldes stapften. Das harte Klacken der Stiefel auf dem Pflaster der Straße verstummte, das Leder wurde nun gedämpft durch ein dickes Polster aus Moos, Tannennadeln und lockerem Geäst. Hier, unter den ausladenden Kronen der Baumriesen, war die Sonne bereits besiegt worden, allein ein dämmriges Restlicht war geblieben, gerade genug, um die Umgebung ein ein unbehagliches Schattenspiel zu tauchen.
"Bleib dicht bei mir, hier wimmelt es von wilden Tieren."
Guthwulf legte die Hände an die Schwertgriffe und setzte seinen Weg fort, wobei er stets darauf achtete, dass die Schritte seiner Begleiterin nicht zu leise wurden. In den Abendstunden sah der Wald völlig verändert aus, als hätte man die Pflanzen und Bäume durch finstere, undeutliche Zerrbilder vertauscht. Jede Medaille hatte ihre Kehrseite.
Trotz des schlechten Lichts erreichten der Kopfjäger und die junge Frau die markante Lichtung, in deren Boden der Eingang der Waldfeste eingelassen war. Abrupt blieb der Wolf stehen, sah sich kurz auf dem grasbewachsenen Rund um und zupfte schließlich an seiner Hutkrempe.

"Wir warten."
27.05.2003, 22:05 #49
I-Guthwulf-I
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Der Wolf trat an den Schreibtisch heran, nahm in aller Seelenruhe die tropfende Kerze von der Holzplatte, um mit ihrer Hilfe den zuvor gedrehten Tabakstengel zu entzünden. Gelassen inhalierte Guthwulf den bläulichen Rauch, stellte die kerze wieder auf den Tisch zurück und lehnte sich gegen eine der Raumwände. Die Worte des alten Mannes hatten ihn milde enttäuscht, denn offensichtlich hatte Lehna sich geirrt, was ihren Wert für den Kult betraf. Das war schade, denn Gold konnte man niemals genug haben, doch gleichzeitig spürte der Kopfjäger eine gewisse milde Erleichterung. So musste er sich wenigstens nicht mit dem Gedanken herumschlagen, ein junges Mädchen dem Tode ausgeliefert zu haben.
"Die Kleine hat mir alles gesagt. Ich brauche aber weitere Informationen, diesmal von dir."
Der Wolf stieß eine bläuliche Dampfwolke aus.
"Wer ist euer Anführer, und wo befindet er sich?"
29.05.2003, 16:07 #50
I-Guthwulf-I
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Guthwulf hatte den alten Kultisten Adolf wortlos allein gelassen, war schweigend durch die Katakomben der Waldfeste gestapft und dabei überlegt, wie er weiterhin vorgehen sollte. Der prall gefüllte Goldbeutel, den er vom Oberhaupt der hiesigen Kultisten erhalten hatte, hing schwer und klimpernd von seinem breiten Gürtel. Fünfhundert Goldstücke, so viel Geld war das Leben der kleinen also wert gewesen. Garnicht mal wenig, wenn man bedachte, wie leicht er sie gefunden und sichergestellt hatte. Trotzdem wollte sich die zufriedene Ruhe, die den Wolf sonst nach einem erfolgreich beendeten Auftrag erfüllte, sich nicht einstellen.
Krachend schlug die dicke Eingangstür der versteckten Festung in ihr stählernes Scharnier, schloss die Geräusche von klackenden Stiefelschritten und leisem Gemurmel in dem labyrinthartigen Gangsystem ein, ließ den Kopfjäger in der Stille des nächtlichen Waldes allein. Reglos stand Guthwulf auf der dunklen Waldlichtung, ein schmaler, schwarzer Schatten, erkennbar nur an dem roten Glutauge in Höhe seines Mundes. Das Gesicht des alten Kriegers war verkniffen, schweigend rauchte er seine Jägerpfeife, ließ den bläulichen Qualm zwischen den zusammengebissenen Zähnen entweichen, nur um die Lungen gleich darauf mit neuem, beißenden Tabakdunst zu füllen. Schließlich ging er ganz langsam in die Knie, senkte den Kopf und starrte auf den Boden. Lehm und Gras, für das ungeübte Auge nicht mehr als eine musterlose Anhäufung und Dreck. Der Wolf musterte die zertretenen Grashalme, betrachtete die Abdrücke schwerer Kampfstiefel auf dem feuchten Untergrund. Sie zeigten nach Norden.
Gelassen, fast schon schlafwandlerisch, kam der Kopfjäger auf die Füße. Seine Hand glitt nach oben, und die schwieligen Finger schlossen sich um den glimmenden Tabakstengel, um ihn mit einem Ruck aus dem Mundwinkel zu entfernen und achtlos zu Boden zu werfen. Der Wolf zog die Krempe seines Hutes tiefer in das hagere Gesicht und machte sich auf den Weg. Er begann zu laufen, den Rücken gekrümmt, die Hände an den Griffen seiner Schwerter. Er bewegte sich mit der Lautlosigkeit eines jagenden Raubtieres, geschützt durch die Dunkelheit pirschte er zügig durch das Dickicht, stets darauf bedacht, die frische Fährte der Kultistengruppe nicht aus den Augen zu verlieren...

Der Wald begann sich zu lichten. Der Kopfjäger verlangsamte sein Tempo, blieb stets nahe der Bäume, bis er schließlich an den Rand des Waldes kam und die letzten Baumreihen durchbrach. Einem schwarzen Schemen gleich huschte er durch die Nacht, erreichte schließlich das offene Grasland. Süßer Leichengeruch begann ihm in die Nase zu steigen, zu intensiv, um von einem frisch Getöteten zu stammen. Er musste seinem Ziel näher kommen.
Tatsächlich, da waren sie.
Auf einem Hügel, unweit der Mauern der Hafenstadt Gorthar, befand sich das bizarre Leichenfeld der Inquisition, ein stummes Mahnmal für alle Menschen, sich niemals mit einer Horde religiöser Irrer einzulassen. Dann konnte es nämlich schnell passieren, dass eine andere, noch größere Horde Glaubensfanatiker daherkam und einem einen stumpfen Holzpfahl durch den gesamten Körper jagte, so wie es bei diesen armen Hunden passiert war, deren verrottende Kadaver nun im blassen Schein des Mondes vor sich hin faulten.
Guthwulf ging in die Knie, die stahlgrauen Augen starr auf die kleine Menschengruppe gerichtet, die sich als einziges zwischen dieser Totenarmee bewegte. Langsam und lautlos griffen die behandschuhten Finger an den Rücken, zogen die schwere Repetierarmbrust aus ihren Lederholster. Mit einem leisen Klicken rasteten die Flügel der Schusswaffe ein, dann wurde das Magazin heruntergenommen und leise in den Gürtel gesteckt. Der Wolf brauchte den volle Durchschlagskraft der Waffe, da er auch aus dieser Entfernung das kalte Aufblitzen metallener Rüstungen erkennen konnte. Gelassen nahm er einen Bolzen aus seinem Köcher, legte ihn sorgsam in die Führungsrinne, um die geladene Waffe anschließend an die Schulter zu setzen. Die Augenlider verengten sich zu schmalen Schlitzen, der Atem des hageren Kriegers flachte ab.
Es waren Sechs. Fünf Männer und eine Frau, die ganz offensichtlich eine Gefangene war. Reglos verharrte der Kopfjäger in seiner knieenden Schussposition, beobachte in aller Ruhe, wie die Kultisten einen der Pfähle mithilfe eines untoten Wesens säuberten und bereit machten, nutzte die Zeit, um sich Details an Kleidung und Aussehen der Mörder zu merken. Zwei große, drei eher hagere Männer. Einer von ihnen ganz offensichtlich der Magie fähig, wie der humpelnde Madensack von einem Zombie dort auf dem Hügel ganz eindeutig bewies. Auffällige Bewaffnung konnte der Wolf nicht erkennen, dafür war es zu dunkel, allein der lange Bogen auf dem Rücken eines ziemlich kleinen Burschen ragte so weit über die Schultern hinaus, dass er kaum zu übersehen war. Ein Bogenschütze also. Guthwulf hatte sein Ziel gefunden.
Millimeterweise bewegte sich der Schaft der Armbrust, der behandschuhte Zeigefinger der rechten Hand begann sich um den eisernen Abzug zu krümmen, während der Atem des Kopfjägers völlig abbrach. Der hagere Leib kam völlig zur Ruhe, das eine Augenlid wurde geschlossen, so dass allein in der verbleibenden Pupille die stählerne Konzentration zu erkennen war. Langsam versank die Welt in Finsternis, die Geräusche der Nacht verstummten, als das Hirn des Wolfes sich gegen alle äußeren Einflüsse abschottete. des gab nur noch dieses längliche Stück Holz, die gespannte Sehne und den schmalen Korridor, an dessen Ende eine dunkle, mit einem Bogen bewaffnete Gestalt arglos auf dem Hügel stand und dem schaurigen Spiel seiner Kameraden zusah.

Für dich ist der Spaß vorbei, Gringo...
Klackend wurde der Abzug gedrückt, die Sehne schnallte mit einem trockenen Zischen nach vorn, und ein schwarzer Blitz schoss durch die Luft, raste über das wogende Gras hinweg, den Hügel hinauf, zwischen den Pfählen hindurch, um dann mit der Wucht eines Schmiedehammers in dem Kopf des Bogenschützen einzuschlagen. Der Wolf sah, wie die schwarze Gestalt von den Füßen gerissen wurde, gegen einen der zahllosen Pfähle krachte und diesen zum Erzittern brachte. Plötzlich kam Bewegung in die Gruppe. Der Wolf griff nach seinem Köcher, klaubte einen weiteren Bolzen aus dem Lederbehältnis und wollte ihn gerade in die Armbrust einspannen, als sich ein knisternder Ball aus purer Schwärze aus dem Trupp löste. Seine Reaktionsschnelligkeit rette dem Kopfjäger das Leben. Ansatzlos drückte er die Beine durch, katapultierte sich mit einem gewagten Satz zur Seite und warf die Armbrust ins Gras. Im nächsten Augenblick wurde die Stelle, an der eben noch gehockt hatte, von eine heißen Kugel aus schwarzem Höllenfeuer verschlungen.
Der Wolf drehte sich in der Luft, landete auf den Füßen, um auf der Stelle loszusprinten. Schabend glitten seine Zwillingsklingen aus der Scheide. Während er in unvorhersehbarem Zickzackkurs auf das Leichenfeld zueilte, immer darauf bedacht, dem bösartigen Schwarzmagier kein allzu leichtes Ziel zu bieten. Nun würd sich zeigen, ob ihr so viel gerühmter Erlöser die Kultisten vor dem dunklen Schicksal erretten konnte, dass der Wolf für sie geplant hatte...
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