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Das alte Herrenhaus am Fjord
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13.01.2004, 23:30 #1
Burath
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Das ehemalige Herrenhaus
Ganz leise rauschte das Meer, schlug sacht gegen die Stützen des Steges und legte sich schützend um die kleine Insel, die eine Ansammlung von Häusern beherbergte. Wie eine fürsorgliche Mutter die ihr Kind in fester Umklammerung in den Armen hielt. Selbst der Mond strahlte vom Himmel herab und spendete dem kleinen Ort etwas Licht, das ihn vor der alles verschlingenden Dunkelheit der Nacht behüten sollte. Leise raschelnd schwebten und tänzelten Blätter über den Boden der einst Menschen trug, ebenso ihre Freude und ihr Leid. Ein Fremder würde glauben ein leises und kaum hörbares Klagelied innerhalb der Mauern zu vernehmen, doch war es lediglich ein leichter Windhauch der durch die Öffnungen, Spalten und Ritzen der Gebäude drang. Überall hatten sich Spinnen eingenistet und ihr feinmaschiges Netz an Ecken, Möbelstücken und Durchgängen gewoben. Doch die Stille trübte. Dieser Ort war nicht so verlassen wie er vielleicht zu scheinen vermochte. Wölfe hatten Schutz gefunden zwischen diesen kargen Mauern und waren nun die Herren dieser einstigen Menschensiedlung. Allein wandernde und funkelnde Augenpaare im Schatten, sowie hier und da ein tappsender Laut, zeugten von ihrer Existenz. Doch auch sie würden nicht die ewigen Herrscher bleiben. Der Mensch würde in ihr Reich eindringen und sich das nehmen, was er einst erbaut hatte.
14.01.2004, 16:52 #2
Burath
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Die nächsten Atemzüge würden wohl seine letzten sein. Ruhig und gelassen stand er da, einer Statue gleich mit versteinerter Miene, umringt von einer Horde rachsüchtiger Tiere die ihn dem Tod mit gefletschen Zähnen, lautem Knurren und schabenden Krallen nahe bringen würden. Er lächelte traurig. Wahrlich sie hatten allen Grund dazu. Der Jäger hatte einen von den ihren erlegt, im Glauben dem Hunger, der qualvoll an ihm nagte, damit Einhalt gebieten zu können und so sein eigenes Leben zu retten. Nun wurde er vom Jäger zu Gejagten. Obwohl, eigentlich war es schon die ganze Zeit gewesen. Er war nicht mehr als ein Eindringling der nun seine Strafe dafür erhalten würde. Burath dachte nicht mehr daran sich zu wehren. Es hätte keinen Sinn. Seine einzige Waffe hatte er verloren, ausgelaugt und müde von den langen Wanderungen und den Strapazen waren seine Glieder kaum mehr zu einer Bewegung fähig. Noch einmal sah er hinüber zum erschlafften Körper des Wolfes der nur wenige Schrittlängen von ihm entfernt lag, dann zu den grauen und tristen Gebäuden die rings um ihn standen. Wahrlich es war ein schöner Ort zu sterben. Einst musste er in voller Blüte gestanden haben, bewohnt von Menschen die ihren alltäglichen Dingen nachgingen und sich dabei an ihrem Paradies erfreuten, die strahlende Sonne über dem Haupt und das Rauschen des Meeres im Ohr.

Das Funkeln in seinen Augen war erloschen als sich die Lider darüber schlugen. Unbewusst fuhr er kurz mit den Fingern durch sein langes Haar als er noch einmal zurück an den letzten Abend dachte. Von Neugier gepackt, blind geworden vor Hoffnung und taub gegenüber jeglicher Gefahr hatte er das Tor passiert, die anschließende Brücke überschritten und stand letztendlich einer Ansammlung von Häusern gegenüber. Die Nacht war bereits hereingebrochen, die Kälte noch schlimmer geworden und er der Ohnmacht nahe. Die Gebäude hatte er kaum mehr als Silhouetten im Mondschein wahrgenommen. Doch eines, das direkt zu seiner rechten nahe der Brücke stand, war ihm aufgefallen. Schutz vor lauernden Gefahren und der eisigen Kälte suchend hatte er sich dort einquartiert, den Zugang mit letzter verbleibender Kraft abgesperrt und sich gleich auf den staubigen Boden gelegt. Es war stockfinster gewesen aber Burath fühlte sich sicher zwischen diesen Wänden, trotz des Heulens der Wölfe in der Nähe. Bevor er einschlief hatte er sich vorgenommen diesen Ort genauer zu erkunden sobald er genügend Kraft gesammelt hatte. Dann hatte sich die Dunkelheit über seinen Geist gelegt und der Gepeinigte schlief tief und fest.

Geweckt von einem dumpfen Knall auf dem Dach, war er nach draußen gegangen. Noch immer erschöpft und kaum in der Lage sich auf den Beinen zu halten. Doch der Schlaf hatte ihm einige Stunden ohne die Qual von Hunger und Durst geschenkt. Aber dann war es bereits zu spät. Der junge Mann hatte nicht gemerkt das sich mehrere Wölfe an ihn herangeschlichen hatten und einen undruchdringlichen Kreis um ihn und den toten Wolf den er genau an dieser Stelle zurückgelassen hatte bildeten. Es war das Knurren der Wölfe, das ihn erneut aus den Gedanken riss. Burath ertappte sich dabei, wie er mit geschlossenen Augen dem Pochen seines Herzschlags in den Ohren lauschte. Und wieder war es ein trauriges Lächeln das seine Lippen umspielte. Nun stand er hier, ruhig und noch immer wie ein Gebilde aus Stein, die Tiere langsam auf sich zu kommen hörend...
14.01.2004, 18:12 #3
Melyssa
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Etwas feuchtes leckte ihre Nase und Melyssa öffnete die Augen. Es war hell, zwar schien die Sonne nicht, doch es war eindeutig Tag. Ruckartig fuhr die Amazone in die Höhe und schaute sich um. Sie musste eingeschlafen sein, mitten auf den harten Holzlatten ihres Segelbootes. Das Ruder lag noch neben ihr, es musste ihr einfach aus der Hand gerutscht sein. Sie war führungslos weitergetrieben, dort, wo der Wind sie hinwehte. Doch wo war das?

Sorgsam schaute sie sich um. Hoffentlich war sie nicht all zu weit abgetrieben worden. Nicht dass sie sich jetzt auf einer unbekannten Insel befand oder gar wieder auf dem Festland. Beides wäre eine gerechte Strafe für ihre Hals-über-Kopf-Aktionen, doch scheinbar hatte Donnra diesmal ein Einsehen mit ihr gehabt. Sie kannte diesen Strand, auf dem ihr Boot aufgelaufen war, sie kannte sogar das kleine Wäldchen dahinter. Und als sie die Türme über den Wipfeln hervorragen sah, war sie sich ganz sicher.

"Marlow, wir sind Zuhause!", rief sie aus und sprang auf den weichen Sand.

Der Kater hatte es längst bemerkt und sprang nun elegant hinterher. Sie waren auf der alten Amazoneninsel, die einst ihre Heimat gewesen war. Sowohl der Kater als auch die junge Waldstreicherin freuten sich wieder hier zu sein. Wie lange mochte sie fort gewesen sein?

Sie gingen den kleinen Weg hinauf, der längst dem Unkraut und der restlichen Natur zum Opfer gefallen war. Das Leben ging weiter und ohne eine pflegende Hand wuchs das Grün wie es wollte. Sogar der kleine Tempel war unter rankendem Efeu kaum noch zu sehen.
Wehmut kam in Melyssas Herzen auf. Das alles war ihr so bekannt und doch so fremd. Verlassen sah es aus, einsam und ohne Leben. Die Natur hatte ihre Insel wieder und zögerte nicht lange, sich zu holen was ihr zuvor genommen worden war. Etwas Verwunschenes erfüllte diesen Ort.

Melyssa ging leise zu einem kleinen Nebeneingang und schob das verrottete Metalltürchen zur Seite. Es quietschte widerwillig in seinen alten Scharnieren und ließ sie dann ein. Vorsichtig suchte sich die Amazone ihren Weg durch die wuchernden Sträucher, als sie ein Knurren vernahm. Sie kannte es nur zu gut, es war das Knurren eines Wolfes, vieler Wölfe. Die Wölfe. Die anderen mussten sie unweigerlich zurückgelassen haben und dem Rudel hatte der Hof lange Zeit alleine gehört. Sicher hatten sie ihr Revier gut verteidigt, wie sie es immer getan hatten, und da sich so selten Fremde herverirrten waren sie auch ungestört gewesen. Doch etwas musste ihre Ruhe gestört haben.

Die junge Amazone trat durch die Büsche auf den Hof hinaus und blieb stehen. Das Wolfsrudel war in Aufruhr, sie hatten einen Kreis gebildet und liefen langsam auf den Eindringling zu. Ein Mann stand in ihrer Mitte, sichtlich in der Klemme angesichts der vielen gebleckten Zähne. Neben ihm auf dem kalten Pflaster lag ein totes Tier.
Melyssa zog die Stirn zu Falten. Egal was vorgefallen war, sie musste erst mal diesen Mann retten. Entweder würde er die Wölfe zerfleischen oder umgekehrt, beides war nicht in ihrem Sinne.

"Tut ihnen nichts, es sind Geschöpfe Donnras!", rief sie dem Mann zu, der sie jetzt erst bemerkte.
Die Wölfe hatten beim Klang ihrer Stimme das Knurren eingestellt und die Köpfe gedreht. Natürlich kannten sie sie noch, die alte Schmiedin, die immer ein Händchen frei gehabt hatte um das rauhe Fell zu streicheln. Ein paar von ihnen ließen sofort ab von dem Fremden und kamen schwanzwedelnd auf sie zugelaufen, die anderen blickten sie nur skeptisch an.
"Brav, schön ruhig bleiben", Melyssa war in die Hocke gegangen und tätschelte dem Rudelführer sanft auf den Kopf, der dies mit einem wohligen Fiepsen quittierte. Als die anderen das sahen war ihr Eis sogleich gebrochen und sie gesellten sich schwanzwedelnd zu den anderen. Die Situation war entspannt.

Melyssa richtete sich wieder auf und schaute den Fremden an. Sie rührte sich nicht vom Fleck, was bei der Meute Wölfe um sie herum sowieso nicht möglich gewesen wäre.
"Was habt ihr hier zu suchen?", fragte sie kühl.
14.01.2004, 23:52 #4
Burath
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Wie aus weiter Ferne kommend erreichten einige Laute sein Ohr. Burath glaubte fast sie stammten von einem Menschen, klangen sie doch so wie Worte die an ihn gerichtet waren. Ungläubig verharrte er in seiner Position, noch immer so regungslos wie schon die unzähligen Atemzüge die ihn noch vom Eintreten in das Reich der Toten trennten. Umgeben von einer gierigen Meute die nach seinem Blute trachtete und sein Fleisch innerhalb von Sekunden zerfetzen würde war ein weiterer Mensch das letzte an das er geglaubt hätte. Aber er wagte es zu blinseln und einen flüchtigen Blick auf das rege Treiben nur unweit von ihm zu werfen. Es war ein bald sinnloses Unterfangen da die Erschöpfung, die Schmerzen und Qualen der letzten Tage nun ihren Preis forderten. Seine Knie standen kurz davor unter der Last des Körpers einzuknicken, der Boden drohte unter seinen Füßen zu weichen und alles um ihn herum drehte sich in einem wirren Gemisch aus Farben. Schweiß strömte wie ein Sturzbach seinen Rücken hinab, perlte über die glatte Stirn und tropfte von seiner Nasenspitze.

Nur langsam und unter größten Anstrengungen konnte er in den letzten Worten einen Sinn erkennen, versuchte zu antworten aber brachte selbst kaum mehr als ein leises Stöhnen hervor. Ein Kloß im Hals verhinderte, dass er auch nur ein einfaches Wort hervorbrachte. Viel mehr glaubte er sogar daran zu ersticken. Der Boden kam bedrohlich nahe und Burath vermochte nicht mehr zu verhindern, dass seine Knie das kalte Pflaster berührten. Leise keuchend stützte er sich mit den Händen auf den Steinen, doch war es ein Kraftakt der auch die letzten seiner Kraftreserven raubte. Er sah noch die blutigen und mittlerweile eiternden Striemen auf seiner Hüfte, dann durchfuhr ein stechender Schmerz seine rechte Schulter und nahm ihm so den letzten Halt. Er kippte zur Seite und schlug auf dem harten Boden auf. Die Ohnmacht, die schon lange ihre Arme nach ihm ausgestreckt hielt hatte ihn nun zu fassen bekommen und mit sich gezogen.
15.01.2004, 13:47 #5
Melyssa
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Anstatt einer Antwort sackte der Fremde langsam zusammen. Er schien eine Verletzung zu haben, etwas, das ihn schwächte und nicht mal mehr fähig machte ein Wort hervorzubringen. Er fiel auf die Knie, wie in Zeitlupe, stützte die Hände nach vorn und versuchte sich zitternd doch noch aufrecht zu halten. Doch er verlor den Kampf um das Bewußtsein und sackte gleich darauf regungslos zusammen.

Melyssa riß die Augen auf und suchte sich einen Weg durch die Wölfe. Der Rudelführer schaute nervös auf, er hatte die veränderte Stimmung sofort gespürt. Neugierig trottete er hinter der Amazone her, ohne auch nur einen Blick an den fauchenden Kater zu vergeuden. Die anderen Wölfe kamen ebenfalls neugierig herbei und beschnupperten den Bewußtlosen.
Melyssa hatte Burath endlich erreicht und schob die Wölfe beiseite. Blaß lag der Fremde auf den harten Pflastersteinen, durch die bereits das Unkraut kroch. Sein langes dunkles Haar wurde von einer Windböe erfasst und wehte ihm auf die bleichen Wangen. Melyssa strich es zur Seite und versuchte mit leichtem Tätscheln wieder leben in den bewußtlosen Leib zu bringen.

Wenn sie doch bloß ein wenig in der Kunst des Heilens bewandert gewesen wäre. Doch da sie nicht mal die einfachsten Kräuter kannte die dem Verletzten helfen konnten, kniete sie weiter hilflos neben ihm und blickte schließlich hinauf zum wolkenverhangenen Himmel.
"Donnra, steh ihm bei."
Eigentlich ziemlich frech die Göttin der Amazonen um Hilfe für einen Mann zu bitten. Doch wer wußte schon, vielleicht hatte sie Erbarmen mit ihm. Er lag auf ihrem Grund, verletzt und hilflos, vielleicht konnte er noch nützlich sein?
"Ich werde ihn dir nützlich machen..", murmelte die junge Frau kaum hörbar hinauf. Vielleicht half das?
15.01.2004, 23:25 #6
Burath
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Dicker Nebel wogte in Schwaden über dem dichtbewachsenen Waldboden, schlengelte sich um massiv und gigantisch in die Höhe ragende Baumstämme und spannte ein schützendes Netz über die Streucher und Pflanzen in der Erde. Wenige Sonnenstrahlen brachen durch das dichte Dach ineinandergewachsener Baumkronen, angehaucht von einer leicht trüb grünen Färbung. Es war ein Bild wie im Paradies. Der Gesang der Vögel und das Rauschen der Blätter war wie Musik in seinen Ohren, der Geruch von frischem Holz und leicht süßlicher Duft einiger Pflanzen verbreitete sich in der Nase. Wie ein Schatten tauchte er in den Nebel, zielgerichtet auf eine kleine Insel inmitten eines silbern funkelnden Waldsees zu. Winzige Wellen schlugen hinter seinen Beinen übereinander während er durch das kniehohe Wasser watete und in der Ferne bereits die Konturen einer einzelnen Frau erkannte, die genau im Zentrum der kleinen Insel stand. Mit jedem Schritt erkannte er mehr von ihr. Zuerst erst das schlichte Kleid in grün, das braune Haar welches ihr locker über die Schultern hing, dann die stechend grünen Augen die zu ihm herabfunkelten und zuguterletzt das makellose Gesicht, als er weniger als eine Schrittlänge vor ihr stand. Ihr süßlicher Atem traf seine Haut und verursachte ein leichtes Kribbeln. Immer war es so, wenn er dem Geschöpf gegenüberstand, was Teil von ihm geworden war. Nur selten hatte er die Gelegenheit, das wunderschöne Wesen in dieser Form zu erblicken. Sie lächelte ihm zu und hauchte "Geh wieder zurück"
15.01.2004, 23:58 #7
Melyssa
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Die junge Waldstreicherin kniete immer noch neben dem Verwundeten. Er schien Träume zu haben, Phantasien oder Visionen. Seine Lider zuckten und die Augen darunter fuhren wild hin und her als sehe er Dinge die gar nicht da waren. Seine Finger begannen ebenfalls zu zucken und ein Wolf schreckte schnell zurück, der gerade an seiner leblosen Hand geschnüffelt hatte. Melyssa gab sich die größte Mühe, doch er wollte nicht erwachen. Dennoch war er sicher noch am Leben, sie hatte ihm das Ohr auf die Brust gelegt und konnte Atemgeräusche vernehmen. Was nun?

Sie schaute sich auf dem verlassenen Hof um. Inzwischen dämmerte es bereits und die Nacht war über der Insel hereingebrochen. Regen hatte eingesetzt, kurz nachdem die junge Frau hinauf zum Himmel geschaut und die Sterne gesucht hatte. Immer dickere Tropfen fielen herab und es sah nicht so aus als würde es nur ein kurzer Schauer werden.
Sie musste ihn hier wegschaffen, sonst erkältete er sich noch. Vorsichtig ging sie um den Bewußtlosen herum und hob seinen Oberkörper an. Er war schwer, schwerer als sie erwartet hatte, doch nach einigem Ziehen hatte sie ihn endlich unter ein Vordach geschleift, das aus den ehemaligen Stallungen hervorragte. Der Geruch alten vermoderten Heus stieg ihr in die Nase und sie musste niesen. Hoffentlich zog sie sich nicht auch noch etwas zu, bei dem Wetter konnte das schnell passieren.

Nachdem sie Burath im Trockenen abgelegt hatte, lief sie eilig hinüber zum alten Brunnen. Mit Mühe hob sie die schützende Holzplatte ab, die über das Loch gelegt worden war, und fand sogar noch den alten Eimer. Durchnässt vom Regen inzwischen ließ sie ihn hinab und zog frisches Wasser hinauf, bis sie das Gefäß wieder greifen konnte. Mit dem kühlen Brunnenwasser rannte sie zurück zu Burath. Das Haar hing ihr bereits in Strähnen vom Kopf und tropfte kühl auf seine bleiche Wange, als sie sich über ihn beugte und einen angefeuchteten Lappen über seine warme Stirn legte. Sie wußte nicht wie sie ihm sonst helfen konnte, sie hoffte einfach nur dass Donnra ein Einsehen hatte.
16.01.2004, 18:44 #8
Burath
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Burath's Körper arbeitete. Risse in Blutgefäßen verengten sich, durchtrenntes Muskelgewebe wuchs wieder zusammen, auch die Lungenflügel sogen begierig klare Nachtluft in sich hinein. Der Waldgeist trug seinen Teil dazu bei, denn auch er brauchte eine funktionierende Hülle aus Fleisch und Knochen um in dieser Existenzebene überstehen zu können. Ohne diese war er selbst nicht mehr als ein Krieger dem man Arme und Füße abgetrennt hatte. Doch er selbst war stark geschwächt und so zog sich der Prozess der Heilung in die Länge.

Pochender Herzschlag dröhnte durch seine Ohren. Ummantelt von absoluter Finsternis begannenen die Reize wieder ihren Dienst. Zunächst nahm Burath die Kälte und Härte der Pflastersteine war auf den er lag, dann ein Gemisch aus Gerüchen die er im einzelnen nicht zu deuten vermochte, ebenso leichten Wind der kühlend über seine Haut strich, dann etwas feuchtes auf seiner Stirn. Er spürte, dass sich etwas neben ihm befand was zuvor nicht dagegewesen war. Burath's Muskeln spannten sich unter leicht geröteter Haut, dann schlug er die Augen auf und sah durch verschleierten Blick ungläubig in das Gesicht einer jungen Frau..
17.01.2004, 11:42 #9
Melyssa
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Die junge Frau legte sanft das feuchte Tuch auf die blasse Stirn des Bewußtlosen und tröpfelte immer wieder kühles Wasser nach. Wenn ihn das nicht erwachen ließ, dann wußte sie sich auch keinen Rat mehr. Es fehlte ihr die Kunst des Heilens, daran wurde sie immer wieder erinnert. Doch sie wußte auch nicht wo sie ihrer mächtig werden konnte und ob sie überhaupt Talent dazu hatte. Es war sicher kein leichtes Unterfangen. Und im Augenblick half ihr das hadern über die fehlenden Kenntnisse auch nichts.

Die halbe Nacht hatte sie Wache gehalten und dem Regen gelauscht. Die Wölfe hatten sich wieder in irgendwelche dunklen Ecken verzogen, doch das ein oder andere leuchtende Auge verriet ihr, dass sie ganz genau beobachtet wurden.
Sie tat die ganze Nacht kein Auge zu, döste nur kurz ein wenig ein um wenig später wieder zu erwachen. Der Regen hatte aufgehört und ein fahler Sonnenstrahl brach durch die Wolkendecke.

Ihre Aufmerksamkeit wurde auf Burath gelenkt. Er blinzelte! Ganz langsam öffneten sich seine Augen, etwas verschleihert noch, doch er hatte sie eindeutig offen. Seine großen, geweiteten Pupillen starrten sie an und ein Muskel zuckte um seinen Mundwinkel, als riefe ihr Anblick eine Reaktion hervor.
Sogleich richtete sie sich auf und beugte sich wieder über ihn, um besser sehen zu können. Er war eindeutig wach, er rührte sich auch schon wieder. Donnra hatte sie erhört.

"Wie geht es euch? Könnt ihr mich verstehen?", sprach sie leise und suchte das Gesicht des Mannes nach irgendwelchen Reaktionen ab.
19.01.2004, 11:40 #10
Burath
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"Wie es mir geht? Dafür das ich beinahe zerfleischt worden wäre ganz gut." entgegnete Burath der jungen Frau kühl. Am kurzen Aufblitzen ihrer Augen erkannte er den Fehler den er da gerade begangen hatte. Ärger und Frust schwang in seiner Stimme mit, dabei die eigentliche Freude und Erleichterung ganz vergessend. Er hatte dieser Frau wohl viel zu verdanken und schob ein leises "Danke" hinterher. Mit einer quälend langsamen und zittrigen Bewegung, die wohl eher einem alten Greis würdig war, stützte er die Ellebogen auf den kalten Boden und zog seinen Körper empor. Viel zu schnell wie er am darauf folgenden Schwindelanfall zu spüren bekam. Prompt war da auch wieder er Hunger, der ihn schon Tage lang peinigte. Nach und nach fanden die einzelnen Gedanken wieder Einzug in seinen Kopf. Er blickte zurück auf den Kampf mit dem Wolf, den langen Marsch und fühlte noch einmal die letzten Augenblicke wo er eigentlich mit seinem Leben hatte abgeschlossen. Erschreckend war die Erkenntnis, dass sein ganzes bisheriges Leben voller Irrtümer gewesen war, die wie Schwarze Schatten auch auf seinem weiteren Weg lagen und Narben in seiner Vergangenheit hinterlassen hatten.

Erst nach einer Weile hatte Burath Augen für die Frau die sich noch immer über ihn beugte. Das lange blonde Haar fiel leicht über ihre Schultern, dazwischen lag ein glattes und makelloses Gesicht. Zwei funkelnde Augen schienen tief in ihn zu blicken. Ihre schlanke aber muskulöse Figur zeichnete sich deutlich unter ihrer Rüstung ab an der getrocknetes Meersalz haftete. Hinter ihr vermutete Burath noch immer das Wolfsrudel. Ihm wollte nicht so recht in den Kopf, wie es das weibliche Geschöpf vor ihm vollbracht hatte die Meute von ihm abzulenken. Er hatte einst in Geschichten und Erzählungen von Frauen gehört, die sich diese Raubtiere zu Freunden gemacht hatten, jedoch wäre er längst tot sollte eine von diesen vor sich haben. So warnte ihn eine innere Stimme und sein Körper spannte sich.
"Wer seid ihr?"
19.01.2004, 13:55 #11
Melyssa
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Melyssas Augen waren etwas enger geworden, als der Fremde sie so kühl angefahren hatte. Schließlich hätte sie ihn auch einfach liegen lassen und von den Wölfen zerfleischen lassen können. Das Rudel hatte lange nichts gescheites mehr zu fressen bekommen, die Hasen und anderen Kleintiere auf der Insel wurden sicher schon knapp. Ein schwacher Krieger war da ein leckerer Bissen wenn man nicht achtgab.

Nun verfolgten ihre braunen Augen jede seiner Bewegungen. Er hatte offensichtlich Schmerzen, doch er stand schon wieder ganz ordentlich auf den Beinen. Wenn er sogar Kraft hatte sie anzugiften, dann konnte es bis zur vollständigen Genesung sicher nicht mehr lange dauern.
Sie erhob sich und ging ein paar Schritte über den Hof. Die Sonne schien immer noch und hatte die Regenwolken verdrängt. Marlow, der Kater, spazierte neugierig hinter ihr her und warf immer wieder einen mißtrauischen Blick zu den Wölfen, die sich in den Ecken niedergelassen hatten und herüberschauten.

Melyssa drehte sich herum und ihre schlanke Gestalt zeichnete sich wie ein Schatten vor der einfallende Sonne ab.
"Ich bin eine Waldstreicherin und zufällig vorbeigekommen, als ich euch zwischen den Wölfen fand. Sie sind hungrig, man sollte sich nicht in ihre Nähe wagen wenn man ihr Wesen nicht kennt."
Sie zog es vor ihre eigentliche Identität noch etwas zurückzuhalten. Viele reagierten mißtrauisch wenn sie von Amazonen hörten.
So beobachtete sie Burath aus der Ferne mit einem abschätzenden Blick.
"Und wer seid ihr? Was treibt ihr hier in diesem verlassenen Anwesen?"
Ihre Stimme war nun auch etwas kühler geworden. Immerhin war das hier mal ihr Zuhause geworden, nichts würde sie wütender machen als eben jenes Zuhause in den Händen von gierigen Herumtreibern zu sehen.
19.01.2004, 22:00 #12
Burath
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Ein schmaler Pfad auf dem er da wanderte. Ein falsches Wort, eine falsche Bewegung oder vielleicht nur eine Geste und die darauf folgenden Konsequenzen wären fatal .. für ihn. Spannung lag in der Luft, noch dichter und aufdringlicher wie der salzige Geruch des Meeres. Burath vermochte es nicht diese Frau abzuschätzen oder gar abzuwägen welche Chancen er im Falle eines direkten Konflikts hätte. Wohlmöglich überhaupt keine. Sie hatten Waffen und war gut gerüstet, er selbst besaß nicht einmal mehr einen Dolch und hatte Mühe bei heranbrechender Dämmerung nicht gleich zu erfrieren. Der rötliche Schein der sterbenden Sonne verlieh dem Gegenüber etwas Gespenstisches und wurde sogleich als Warnung von ihm verstanden.

"Man nennt mich Burath" versuchte er die Spannung und das bedrückende Schweigen zu brechen. "Es ist nicht meine Absicht diesem Ort und seinen Bewohnern Böses zu tun. Ich verirrte mich lediglich hier her. Lange reiste ich die Küste entlang, gequält von Hunger und Durst. Ich spürte mein nahes Ende bis ich eine Ansammlung von Bäumen erreichte. Dort begegnete ich dem ersten Wolf." Ein vorsichtiges und eher zaghaftes Nicken deutete in die Richtung wo er den Wolfskadaver in der Dunkelheit vermutete. "Es war nicht meine Absicht ihn zu töten. Hätte ich es nicht getan, so hätten sich seine Zähne in mein Fleisch gegraben oder der Hunger hätte mein Schicksal besiegelt. Ich hatte keine Wahl."

"Sollten seine Brüder und Schwestern Rache fordern, so haben sie freie Hand. Ich werde mich ihnen nicht entgegenstellen, noch feige die Flucht ergreifen" Das Funkeln in seinen Augen war voller Entschlossenheit, ein leichtes Grinsen umspielte seine Lippen. "Ich habe nichts zu verlieren" fügte Burath leise hinzu, kaum hörber und mehr zu sich selbst. Trauer erfüllte seinen Geist und verwandelte sein Gesicht in eine versteinerte Maske. Regungslos starrte er in die Dunkelheit, während der Wind mit seinen langen Haaren spielte...
20.01.2004, 11:13 #13
Melyssa
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Melyssa hatte jede Regung im Gesicht des Mannes beobachtet und zog nun die Stirn kraus. War das eine Finte? Eine Mitleidsmasche, mit der sie unachtsam werden sollte? Doch andererseits, er hatte wirklich keine gescheite Waffe bei sich und kam gerade erst aus der Bewußtlosigkeit wieder, er musste wissen dass er in einer schwächeren Position stand. Selbst wenn er sie angreifen wollte, so würde er spätestens an ihrem Einhänder scheitern.
Es musste also die Wahrheit sein, die Burath sprach.

Die Spannung in ihrem Gesicht wich ein wenig, doch immer noch blieb etwas Elektrisierendes in der Luft zurück. Beide waren sie auf der Hut voreinander und beäugten sich so mißtrauisch wie zwei fremde Wölfe.
Melyssa brach schließlich das Schweigen, welches sich nach den Worten des Mannes gebildet hatte, und trat wieder ein paar Schritte auf ihn zu.
"Ihr seid hier im alten Anwesen der Amazonen, das einst blühendere Zeiten erlebt hat", begann sie ihm zu erklären, "wir sind vertrieben worden, von was auch immer. Es muss ein Schicksalsschlag unserer Göttin Donnra gewesen sein. Die meisten von uns sind verschwunden und die wenigen Zurückgebliebenen haben sich über das Land verteilt. Ich war einst eine von ihnen, doch noch immer fließt das Blut und die Kraft Donnras durch meine Adern und ich bin stolz mich eine der letzten Amazonen nennen zu dürfen."
Der Stolz lag sichtlich in ihrer Stimme und ihren Gesichtszügen, als sie dies sagte. Nun war es heraus, er wußte wer sie war. Doch irgendwann hätte er es sowieso erfahren.

Zum ersten Mal seit ihrer Ankunft betrachtete Melyssa das alte Anwesen genauer. Das Unkraut überall, welches sich im Lauf der Zeit ungehindert durch die Steinplatten geschoben hatte. Die Spinnweben in den Ecken des Stalles, die sachte im Wind wiegten. Und die Wölfe in den Hofecken, räudig und verlassen und auf dem besten Weg, wieder ein Teil der wilden Natur zu werden. Das alles stimmte sie etwas traurig und gleichzeitig kamen Erinnerungen in ihr auf. Der prachtvolle Eingang zum Haupthaus, der immer noch so aussah, als würde die Königin gleich seine hellen Stufen hinabtreten. Der kleine Garten, den längst die Natur wieder an sich gerissen und mit ihrer eigenen Artenvielfalt überwuchert hatte. Und ihre kleine Schmiede, in der sie tagtäglich gestanden und Schwerter geschaffen hatte.

Sie lächelte und Burath war völlig in Vergessenheit geraten. Langsam ging sie hinüber zu ihrem alten Reich und strich liebevoll über den Amboss. Dicker Staub hatte sich auf seiner Oberfläche gebildet und die Pflanzen rankten schon daran empor. Ein paar alte Schwerter lagen sogar noch im Regal, als würden sie nur darauf warten, dass im nächsten Moment die Schmiedin aus der Tür trat und sie aufpolierte.
Melyssa nahm sie gedankenverloren in die Hand und strich mit dem Finger über die Klinge. Sie waren stumpf geworden mit der Zeit, doch ein wenig Schliff würde sie wieder wie neu erscheinen lassen. Sehnsüchtig fiel ihr Blick auf den Schleifstein.
20.01.2004, 16:24 #14
Burath
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Burath beobachtete sie, ihre Bewegungen, jeden ihrer Schritte, ihre Blicke. Nicht weil er ihr misstraute, viel mehr war es ein Versuch Antwort auf viele Fragen zu finden die sich eben erst mit ihrer Offenbarung aufgetan hatten. Sein Tod wäre einfacher zu erklären gewesen. Wahrlich, sie war eine wunderschöne Frau, genau wie es den Erzählungen um Amzonen entsprach, doch seine Erwartungen was ihre Reaktion und Verhalten angingen blieben unerfüllt. Wohlmöglich sollte er sich glücklich schätzen, aber er fand keinen Weg aus seinen Gedanken.

"Könnt ihr damit umgehen?" Eine Frage die die Amazone aus ihren Erinnerungen riss. Burath war ihr langsam und humpelnd gefolgt, nun mit verschränkten Armen an einer Wand lehnend erneut ihren Bewegungen mit aufmerksamen Blicken folgend. Als Antwort auf ihren fragenden Blick deutete er mit einem Nicken in Richtung des Schleifsteines. "Ihr betrachtet ihn wie eine wunderschöne blühende Blume inmitten unendlicher Wüste und alles verzehrender Hitze. Er bedeutet euch viel, eigentlich alles hier, nicht wahr?"

Sein Gesicht war Spielplatz von Licht und Schatten. Eine Hälfte so hell wie Tag, die andere finster wie die Nacht. "Die Erinnerungen an die Vergangenheit erfüllen euch mit Freude aber ebenso mit tiefer Trauer. Ihr wünschtet euch in die Zeit damals zurückversetzt, umgeben von euren Schwestern die ihrem Tagewerk nachgehen. Ihr wollt nicht loslassen, wisst aber das ihr müsst, nicht wahr? Ich sehe es an euren sehnsüchtigen Blicken... und glaubt mir .. ich kenne es." Burath hatte es ihr zugeflüstert. Nun lächelte er zaghaft, mehr ein Zeichen seines Mitgefühls, dann ließ er die Frau allein und verschwand nach draußen..
21.01.2004, 13:32 #15
Melyssa
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Melyssa hatte die Worte von Burath mißtrauisch verfolgt. Es erschreckte sie in wenig, wieviel er von ihr wußte, obwohl er sie eigentlich noch gar nicht richtig kannte. Er musste geübt darin sein, seine Gegenüber genau zu beoachten und ihre Gefühle aus ihren Gesten zu schließen. Er hatte es ziemlich genau auf den Punkt getroffen und Melyssa überkam ein komisches Gefühl.

Sie schaute ihm nach, wie er über den Unkraut bewachsenen Hof lief und durch das Tor nach draußen verschwand. Es war tatsächlich ein merkwürdiges Gefühl wieder hier zu sein. Trauer und Sehnsucht zugleich, aber auch etwas schönes, das ihr Herz umfing. Und mit einem Mal kam ihr der Gedanke, wieder Leben in das alte Anwesen zu bringen. Natürlich würde es nie wieder so wie früher werden, dafür hätte es mehr Leute benötigt. Aber ein kleines Zuhause, inmitten dieser verwilderten Pracht, das wäre schon etwas feines. Von außen der Anblick von Einsamkeit und von Innen ein wohliges Heim, in dem man es einige Zeit aushalten konnte.

Ihr Blick fiel zum Haupthaus und sie beschloss dort zuerst nachzusehen. Vielleicht ließen sich die alten Räume nach einer gründlichen Säuberung wieder benutzen und sie konnte in ihrem verwunschenen Schloss ganz alleine hausen.
Sie lächelte. Freude kam in ihr auf, fast kindlicher Ergeiz, der sich in ihr meldete.
Vorsichtig stieg sie die Stufen zum Haupthaus hinauf und öffnete die Tür. Sie quietschte ein wenig und ließ sie Amazone ein. Neugierig wanderte Melyssa durch die verlassene Eingangshalle.
23.01.2004, 15:28 #16
Burath
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Die Dielen knirschten unter seinen Stiefeln während er immer weiter durch den Schatten des Raumes trat der allein durch einen in die Tür fallenden Silberstrahl beleuchtet wurde. Mit jedem Schritt wurde Staub aufgewirbelt und erfüllte die alt riechende Luft. Es war ein gequält klingender Laut der ihn gelockt hatte, ein Jaulen welches vom Schmerz verzerrt war. Er hörte leises Trampeln und gespanntes Hecheln vieler Wölfe. Ehe er sich versah war er durch eine Tür getreten und hatte sein Ziel erreicht, was ihm durch die vernichten Blicke die ihm zugeworfen wurden mehr als deutlich wurde. Nur schemenhaft erkannte er die massigen Körper, viel mehr waren es die funkelnden Augenpaare und der strenge Geruch der die Wölfe verriet. Allein der Gnade dieser Amazone hatte er es wohl zu verdanken, dass er jetzt noch lebte. Burath strengte seine Augen an um mehr erkennen zu können, viel mehr um überhaupt zu verstehen was hier vor sich ging. Er sah Wölfe die wie ein Schutzring im Kreis um einen weiteren ihrer Art lagen. Erst als Burath es wagte einen Schritt näher zu gehen erkannte er das es eine erschöpfte Wölfin war die gerade geworfen hatte.

Sie war mehr als erschöpft, wohlmöglich schon fast zu alt für einen Wurf. Dennnoch war es passiert. Burath schob sich ganz vorsichtig und langsam durch einige Wölfe hindurch zu ihr und kniete sich neben dem erschlafften Körper auf den Boden. Es mar merkwürdig das sie jetzt schon geworfen hatte, erklärte jedoch das sie den Schutz der verlassenen Häuser gesucht hatten. Er suchte den Boden ab und fand ein einziges kleines, in sich zusammengerolltes Wesen. Ganz behutsam nahm er es in die Hände. Der winzige Körper war von weißem Schleim überzogen und erweckte eher das Bild eines Krüppels. Doch noch lebte er. Die anderen hatten ihn wohl bereits aufgegeben. Das kleine Ding war größer als es seine Brüder und Schwestern zum Zeitpunkt der Geburt gewesen wären. Aber die Wölfin hatte wohl nur Kraft genug um einen Körper im Leib zu tragen.

Wenn er je die Gelegenheit bekommen sollte, gleichende Gerechtigkeit zu üben, dann jetzt. Mit den Daumen strich Burath sanft über den Bauch des kleines Wesens zwischen seinen Fingern, führte seinen Mund zur Schnautze und begann mit leichten Atemstößen Luft in seine Lungen zu blasen um ihn wiederzubeleben. Mit der Zeit spürte er leichte Regung in seinen Händen. Ein Gefühl der Erleichterung durchflutete Burath. Vorsichtig setzte er das kleine Ding neben den Bauch seiner Mutter. Diese leckte den Neugeborenen sauber und drückte ihn fest gegen ihre Zitzen. Der Kleine wusste nicht was er tun sollte. Burath half nach und strich immer etwas der hellen Flüssigkeit auf die Zunge des Winzlings.
23.01.2004, 16:23 #17
Melyssa
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Melyssa beobachtete stillschweigend, wie Burath das Wolfsjunge versorgte. Ein Wunder dass ihn die Mutter noch nicht angeknurrt hatte, doch scheinbar war sie selbst viel zu erschöpft dazu. Wochenlang ohne richtige Nahrung und die Kälte des eisigen Winters mussten ihr viel abverlangt haben. Und nun schaffte sie es nicht einmal, ihr einziges Junges zu versorgen. Sie musste schreckliche Gewissensbisse haben.

Stumm beobachtete die Amazone weiter, wie sich Burath um das Wohl des kleinen Wesens kümmerte. Erstaunlich, hatte sie so etwas doch nicht von ihm erwartet. Er schien sensibler zu sein als er zugab. Oder waren es Gewissensbisse? Eine Form der Wiedergutmachung, nachdem er einen von ihnen getötet hatte?

Sie zuckte mit den Schultern und ließ den Mann alleine mit den Wölfen. Ihre Aufmerksamkeit legte sich wieder auf das alte Gebäude, welches dem Verfall zum Opfer fallen würde, wenn man ihm nicht wieder etwas Glanz verlieh. Knarrend öffneten sich die Türen zum Thronsaal und Melyssa trat ein, dicht gefolgt von ihrem schwarzen Kater. Hier gab es allerhand zu erschnüffeln und natürlich kannte Marlow hier auch noch jeden Winkel. Ob es die Mäuse noch gab, die letzten Sommer im Mauerwerk Unterschluf gefunden hatten? Und natürlich musste man auch sichergehen, dass sich kein anderer in der Zwischenzeit sein ehemaliges Territorium unter die Krallen gerissen hatte. Doch scheinbar war noch alles normal.
Marlow begann seine Backen an allen erreichbaren Ecken zu reiben und so die Duftnote wieder zu erneuern. Nun war es wieder sein Revier.

Melyssa wanderte unterdessen gedankenverloren im Thronsaal umher. Alles stand noch so da, wie es verlassen worden war. Es schien, als ob jeden Augenblick wieder ein paar Amazonen eintreten würden, als wäre nichts gewesen. Doch der dicke Staub auf dem dunklen Eichentisch und die herabhängenden Spinnweben trübten die schöne Hoffnung bald wieder. Es war eben doch verlassen.
Schweigend ging die junge Frau auf den Thron zu und wischte eine Spinnwebe weg. Dann ließ sie sich langsam darauf nieder, wodurch eine Staubwolke aus dem Polster schoß. Melyssa hustete und lehnte sich dann zurück. Einmal die Königin sein.

Die Königin über ein verlassenes Reich.
23.01.2004, 22:19 #18
Burath
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Burath lachte leise in sich hinein als er an einer Säule lehnend mit verschränkten Armen beobachtete was diese Amazone veranstaltete. Der Schatten hielt ihn versteckt denn draußen war die Dunkelheit bereits hereingebrochen. Einige wenige Fackeln wurden mit der unmöglichen Aufgabe betraut die Räumlichkeiten und zumindest eines Teil des Hofes zu beleuchten. Burath fühlte sich wohl im Spiel von Licht und Schatten. Es schenkte ihm das Gefühl von Geborgenheit und Schutz. Es war der beißende und kratzende Geruch von verbranntem Holz und Öl welches ihn davor bewahrte wieder in seine Gedankenwelt hinabzutauchen.

Die Amazone tat ihm fast leid. Noch am hatte sie sich krampfhaft an Erinnerungen geklammert und quälte sich mit jedem Tag mehr. Die vermeindliche Freude die sie dabei empfand war lediglich trügerisch, denn sie hielt auch die quälenden Gedanken am Leben.
"Nie werdet ihr eine Herrscherin oder Königin, vergesst es lieber gleich" Buraths Stimme hallte durch den Saal, auch er selbst gab sich nun zu erkennen und stand halb im Licht einer Fackel, halb im Schatten. Auf seiner in sanft rötlichen Schein getauchten Gesichtshälfte war deutlich zu erkennen das er böse grinste.

Seine Stimme war voller Spott gewesen, aber ebenso im Schwung mit Mitgefühl und leichter Trauer. Er sah der Frau genau in die Augen. Unter ihrer Rüstung zeichneten sich deutlich gespannte Muskelstränge ab, alles in ihrem Körper machte sich bereit zum Töten. Er wusste, dass sie kurz davor stand zum Schwert zu greifen und es ihm in die Brust zu stoßen.
"Dies würde nichts nützen. Vergangenes würdet ihr dadurch nicht wiederfinden, ebenso könnt ihr es damit nicht ungeschehen machen oder gar wiederbeleben. Das einzige was ihr könnt ist .. etwas Neues aufbauen."

Burath zögerte einen Augenblick. "Und dabei werdet ihr Hilfe brauchen, werte Dame." Er wandte sich ab zum gehen, hielt noch einmal inne und fügte hinzu "Achja .. der Wolfsjunge wird es überleben" Mit einem kurzen Zwinkern beendete Burath seine Rede, verzog sich in eine der im Dunkel liegenden Ecken des Saales wo er sich zusammenrollte und versuchte etwas Schlaf zu finden..
25.01.2004, 11:54 #19
Melyssa
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Melyssa hatte dem Mann schweigend zugehört. Was redete er da? Es klang spöttisch und herablassend, doch vielleicht war es auch einfach nur seine Art der Unterhaltung. Man merkte, dass ihm mehr und mehr die Lebensgeister wiederkamen und seine Stimme fester wurde. Sie hatte sogar etwas Provozierendes, Melyssa konnte es nicht leugnen. Was hatte er vor?

Ärger packte sie. Was mutmaßte er sich an, über sie zu urteilen? Er hatte doch keine Ahnung, was für ein Prachtbau dies hier einst gewesen war. Was wußte er schon vom Leben der Amazonen? Von ihren Gewohnheiten und ihrem Stolz? Er war keine von ihnen und er hatte sie auch nicht gekannt. Er war ein erbärmlicher Herumtreiber, der sich erlaubte über Vergangenes zu urteilen, welches er noch nicht einmal gekannt hatte.

Sie erhob sich und schritt durch den Raum. Ihre Brauen waren zusammengezogen und der Ärger stand ihr sichtlich ins Gesicht geschrieben. Hätte sie ihn bloß nie gerettet..
"Wer sagt dass ich das will?", erwiderte sie forsch. Ihre Stimme hatte eine höhere Tonlage erreicht und sie warf einen bösen Seitenblick zu Burath hinüber.
"Es ist vergangen und wird es auch für immer bleiben. Doch das Haus und sein Stolz sind noch erhalten und einige wenige Nachfahren der alten Gemeinschaft ebenfalls. Man wird sie nicht mehr zusammensuchen können, sie haben sich längst ein neues Leben aufgebaut. Doch man kann die Erinnerung wahren und sie vor dem vollständigen Zerfall behüten."
Sie wischte mit dem Finger über eine Kommode und betrachtete die dicke Staubschicht darauf.
"Kannst du putzen?"
25.01.2004, 14:10 #20
Burath
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Murrend und leise Flüche ausstoßend erhob sich Burath von dem Platz den er ursprünglich zum schlafen hatte auserkoren. Wahrlich diese Frau war ein Geschöpf welches den Blutsaugern wohl am nächsten kam. Er ordnete seine Kleidung, wenn man die Fetzen die seinen Körper bedeckten überhaupt noch so nennen konnte, streckte einmal ausgiebig seine Glieder und trat anschließend mit verschränkten Armen vor die Amazone. Aus tief grünen Augen sah er sie an, das Gesicht zu einer nichtssagenden Maske aus Stein gewandelt.

"Ich denke wir sollten vorher einiges klären." Ein leichtes Lächeln huschte über Buraths Gesicht. Scharf aber weniger bösartig fuhr er fort. "Wir richten dieses Haus hier wieder her. Ich helfe so gut ich kann, im Gegenzug gewährt ihr mir hier Unterkunft auf unbestimmte Zeit. Langsam wandte er sich ab, in Gedanken schon beim Arbeiten. Zwei Schritte später hielt er doch noch einmal inne. "Und betrachtet mich nicht die ganze Zeit wie ein wildes Tier, eine eiternde Wunde oder etwas dergleichen. Oberflächligkeit hat schon manchem Krieger das Leben gekostet. Achja .. euren Namen weiß ich noch immer nicht.."
26.01.2004, 01:23 #21
Burath
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Sie schlugen laut, unbarmherzig und waren die Vorboten des Unvermeidlichen. Ja, laut waren sie die Trommeln. Sie brachten die Trommelfelle der Männer zum Erzittern, befreiten sie dadurch aber vom Geräusch ihres eigenen schlagenden Herzens und dem Rauschen des Blutes was durch ihre Adern und Venen gepumpt wurde. Manchen jagte es die Speisereste des Vortages aus dem Magen, für andere jedoch war es liebliche Musik in den Ohren. Beißender Qualm benebelte die erhitze und vom Schein vieler Feuer gerötete Abendluft, der Gestank von Tod, Verwesung, Erbrochenem, Fäkalien und Blut war ebenso ein ständiger Begleiter. Die Anspannung und Furcht hatte sich in Falten in die Gesichter der Männer gegraben, jedoch waren sie hier kaum mehr wie ein Sandkorn am Strand. Es war die reinste Blechlawine die über Hügelketten und Ebenen zog und dabei unfruchtbare Erde zurückließ. Tausende Speerspitzen ragten aus diesem Meer aus grau, welches unaufhaltsam seinem Ziel entgegenströmte - dem Tod.

"Wahrlich es ist ein guter Tag zum Sterben." Der Mann der diese Worte gesprochen hatte lachte schallend und erntete zustimmendes Gemurmel und Ausrufe geschürt von Hass und blanker Kampfeslust. Im Gegensatz zu der Armee die hinter dem Nebel auf sie wartete waren dieser Männer nicht in funkelnde Metallrüstungen gehüllt oder versteckten sich hinter irgendwelchen Schilden. Meist waren es einfache Lederharnische und ein zwei weitere Hefte von Schwertern die anstelle eines Schildes aus den Scheiden am Gürtel ragten. Sie alle trugen offenes langes Haar, an jeder Seite ein dünngeflochtener Zopf der über die Wange strich. Eine nicht zu übersehen Tätowierung zog sich über den gesamten linken Arm aller Männer. Das Funkeln in ihren Augen erinnerte an etwas raubtierhaftes. Es sollte ein ungleicher Kampf werden und sie wussten das sie heute sterben würden, aber sie verspürten keine Furcht oder versuchten wie ihr Feind in den hinteren Reihen Schutz und ein längeres Leben zu finden. So war es der Kampf für den sie lebten und starben. Nicht grundlos wurden sie - Wilde - genannt.

Der Klang der Hörner viel ineinander ein. Sie leuteten zum Beginn der Schlacht, waren aber bald erstickt vom tosenden und scheppernden Klang des Stahls und Geschrei der aufeinanderstürmenden Armeen. Es war als schlüge eine gigantische Welle auf die Brandung als sich die Angreifer begegneten. Schwarze Geschosse surrten durch die Luft und mähten jeweils die ersten Angreiferreihen auf beiden Seiten nieder. Wer nicht tödlich getroffen war aber zu Boden ging wurde gnadenlos von seinen Hintermännern zertrampelt. Wie Keile bohrten sich einzelne Angreiferspitzen in die Masse. Eine Gischt aus Blut und Metallsplittern erfüllte die heiße Luft, auch Gebrüll von Sterbenden und ohrenbetäubendes Geschepper und Geklirr von aufeinandertreffenden Waffen.

Einmal mehr wurden die Wilden ihrem Ruf gerecht. Aus der Ferne betrachtet wirkten sie kaum mehr wie Pfeilspitzen die sich in ein gigantisches Tier bohrten, dennoch schnitten sie tiefe Wunden in des Feindes Fleisch. Sie tänzelten geradezu zwischen ihren Gegnern hindurch, beidhändig bewaffnet vollführten sie einen wahren Klingenwirbel und ein jeder riss mindestens vier oder fünf Feinde in den Tod, bevor auch er von mehreren Schwerten, Lanzen oder Speeren durchbohrt wurde. Buralei Thala empfand tiefste Genugtuung für jeden getöten Gegner. Er selbst wütete wie ein ungebändigtes Raubtier unter einer Ansammlung wehrloser Tiere. Blut besudelte sein Gesicht und machte ihn blind für einen Augenblick. Im nächsten Atemzug hatte sich die Spitze eines Speers in seine Hüfte gebohrt und ihn in die Loft gehoben.

Schreiend erwachte Burath. Schweiß strömte und perlte wie ein Sturzbach über Gesicht und Rücken, seine Augen waren so stark geweitet als würde er den Blick des Mannes erwarten der ihm den kalten Stahl ins Fleisch rammte und damit seinem Leben ein Ende setzte. Seine Hand war unmerklich dahin gewandert, wo einst ein Schwert war. Er fand keines und fühlte plötzlich eine gähnende Leere in seinem Kopf. Burath fuhr mit den Fingern über eine Stelle an seiner Hüfte, entließ einen leisen Seufzer und kämpfte sich hoch um nach draußen in die kalte Nachtluft zu gehen..
28.01.2004, 17:19 #22
Melyssa
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Melyssa trat hinaus. Die Nachtluft war frisch und klar und es war noch viel zu früh zum schlafen gehen. Sie hatte noch einiges vor und das wollte sie alles noch heute erledigen.
Nicht weit entfernt konnte sie Burath entdecken. Ihr neuer Mitbewohner hatte ebenfalls den klaren Nachthimmel gesucht und sich auf einer Stufe niedergelassen, wo er gedankenverloren vor sich hinstarrte. Er sah schrecklich aus, als hätte er einen schlimmen Traum gehabt.

Die junge Amazone zog es vor lieber nicht danach zu fragen. Stattdessen trat sie neben ihn und fixierte mit ihren braunen Augen etwas in der Ferne.
"Abgemacht", sagte sie gerade heraus, "du kannst hier bleiben, aber du musst versprechen nichts kaputt zu machen. Wenn auch nur ein Glas zu Boden fällt, wirst du mein Schwert zu spüren bekommen."
Sie warf ihm einen warnenden Blick zu, gefolgt von einem aufmunternden Lächeln und damit stapfte sie über den Hof durch die Dunkelheit. Sie wollte sich ihre alte Schmiede mal vornehmen. Viele Erinnerungen gab es aufzuarbeiten und vielleicht ließ sich der Schuppen sogar wieder in Gang bringen. Einen Versuch war es wert.
29.01.2004, 15:36 #23
Burath
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Ein verlorener Schrei hallte durch den Wald und scheuchte dabei Vögel auf die eilig aus den Baumkronen stürzten und das Weite suchten. Der Wald litt. Blätter raschelten unruhig und formten ein dichtes Dach welches allem Licht den Weg versperrte, Nebel kroch über den wild bewachsenen Waldboden und legte sich schützend über ihn. Misstrauisch blickte der in funkelnder Rüstung steckende Offizier nach oben und durch die massiven Baumstämme. Mit knirschenden Zähnen versuchte er zu erspähen was dort vor sich ging, fand aber nichts außer ein einzelnes Reh das aus dem Gebüsch sprengte und zwischen den hölzernen Säulen verschwand. Mit einem finsteren Grinsen auf den Lippen entrollte der Mann wieder seine Peitsche und konzentrierte sich erneut auf sein Spielzeug.

Verlassen und verloren hing Buralei Thala zwischen den Bäumen, sein erschlaffter Körper gehalten durch zwei Fesseln die um die Baumstämme gespannt waren. Dieser grausamen aber geradezu genialen Konstruktion hatte er es zu verdanken das er in der Luft hing, keine Möglichkeit hatte festen Halt zu finden und bei jeder kleinsten Regung unendliche Qualen litt. Tief schnitten sich die Seile in sein Fleisch. Diese Form der Folterung war schlimmer als die Peitschenhiebe die er im regelmäßigen Abstand einzustecken hatte. Blut drang aus vielen Wunden des Gepeinigten, seine Gesicht war zugeschwollen und übersäht von aufgeplatzten Wunden. Buralei brauchte das Gesicht des Offiziers nicht zu sehen um zu erkennen was auf diesem vor sich ging. Er hatte eine bildliche Vorstellung vom finsteren Grinsen, dem Blick eines Raubtieres das auf seine Beute herabsah.


"Sollen die Tiere des Waldes dich fressen mein Guter" Das spitze Kinn des Offiziers lag auf der Buraleis Schulter, die tiefe brummende Stimme des Mannes grollte durch seinen Brustkorb. "Ich hoffe es war euch eine Lehre" Zuerst brachte schallendes Gelächter seine Trommfelle zum Erzittern, dann machte dieses einem Schaben Platz als der kalte Stahl einer Klinge die Seile durchtrennte. Wie ein nasser Sack fiel Buraleis Körper in sich zusammen. Am ganzen Leib zitternd blieb er liegen. Noch einmal lachten die Soldaten um ihn herum dann verschwanden sie. Buralei wusste was sie mit seinen Freunden getan hatten. Diejenigen die die Schlacht überlebt hatten waren enthauptet und vor den ersten Bäumen des Waldes zur Ebene hin auf ihren eigenen Speeren aufgespießt worden. Grenzenloser Hass durchflutete seinen Kopf. Dieses wiederenfachte Feuer hielt ihn am Leben - bis eine Begegnung alles verändern sollte.


Buraht schüttelte sich und versuchte die Bilder der Erinnerung aus seinem Kopf zu vertreiben. Wieder hatten sie ihn eingeholt und beinahe in die Knie gezwungen. Sich an an die Wand stützend wischte er sich mit der freien Hand den Schweiß von der Stirn und sah den dunklen Treppengang hintunter. Einige Augenblicke später hatte Burath die Kontrolle über sich zurückgewonnen. Eine Fackel entzündete sich knisternd in seiner Linken während er die Stufen hinabstieg..
29.01.2004, 23:54 #24
Burath
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Staub wirbelte auf. Der Raum lag im dämmrigen Zwielicht und der Geruch von altem Holz, brennendem Stroh, entzündetem Öl und längst ausgebrannten Fackeln drängte sich in seine Nase. Die Luft war feucht und muffig und bildete einen dünnen schmierigen Film auf seiner Haut. Die Fackel vor sich führend tat Burath ein Schritt nach dem anderen und gelang so immer tiefer in die Kammer. Umgeworfene und teils zerbrochene Möbelstücke machten den Weg beschwerlich. Angestrengt versuchte er etwas zu erkennen, entdeckte aber nichts außer wertlosem Schrott und Gerümpel. Erst ein leichtes Aufblitzen weckte seine Aufmerksamkeit.

Er trat näher und fand sich vor einem langen Regal wieder. Es zog sich die ganze Wand entlang und diente einst wohl der Halterung von Waffen. Überhaupt ergaben jetzt die ganzen verstreuten Teile und Möbelstücke in dem Raum einen Sinn. Auf einmal hatte Burath das Bild einer gut gefüllten Waffenkammer in seinem Kopf und seine Augen bekamen wieder ein entzücktes Funkeln. Doch von den ganzen blitzenden und funkelnden Schwertern, Messern und aufgehangenen Bögen war nichts zu sehen. Von plötzlich aufkommender Eile getrieben begann er mit der Suche.

Und er hatte Glück. In einer Ecke am Ende des Raumes fand er sie. Mehrere wild übereinander gehäufte Schwerter und Messer in allen Formen und Größen. Nachdem er die Fackel seitlich zwischen irgendwelchen lose herumliegenden Steinbrocken befestigt hatte ging er auf die Knie und musterte die vielen Klingen genauer. Fast alle wiesen Mängel auf, hatten Risse oder waren verformt. Es verging viel Zeit bis er zwei Schwerter, ein Messer und einen Dolch aussortiert hatte. Sie waren in gutem Zustand und würden ihren Dienst tun. Überhaupt würden sie ihm einen großen Gefallen erweisen. Ohne Waffen fühlte er sich nackt. Waffen waren schon bald ein Teil von ihm geworden, den er die letzten Tage schmerzlich vermisst hatte.
01.02.2004, 22:52 #25
Burath
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Schabend schob sich kalter Stahl in eine aus stark gehärtetem Leder gearbeitete Schwertscheide. Hier würde die Klinge ruhen bis der Blutdurst sie nach draußen zwang und der Träger ihr half sich am Fleisch eines Feindes zu laben. Sie würde schneiden, Muskeln zerreißen, Knochen splittern und sich im Blut baden. Für nichts anderes war das Schwert geschaffen worden. Eben hatte es noch gesungen als seine scharfen Kanten Luftmassen durchschnitten, nun war es verstummt und würde erst wieder Laute anschlagen wenn Gefahr seinen Meister umgab. Doch der feste Griff, die starken Finger die sich um den Band umwickelten Griff schlossen waren ein deutliches Zeichen dafür, dass es bis zum diesem Tag nicht mehr lange dauern würde.

Die Schnalle des Waffengurtes klackte, feiner Sand knirschte unter den Stiefeln des Mannes der sich dem Aufgang zuwandte, die Fackel wieder aus der Steinbrockenhalterung befreite und beiläufig das gefundene Messer im Stiefel verschwinden lies. Burath lächelte zufrieden und schob sich eine einzelne Haarsträhne aus dem Gesicht. Die Symbiose mit dem Waldgeist war für ihn Freude und Qual zugleich, ein Arm der ihn hielt, aber auch ein Schatten der wie eine finstere Wolke über ihm lag. Eine glückliche Fügung des Schicksals war es wohl gewesen, die ihn in dieses Herrenhaus und nun in die Kellergewölbe führte wo ihm noch einmal die Möglichkeit geboten wurde seine Bestimmung zu erfüllen und seiner Vergangenheit gerecht zu werden - ihm wurde die Ehre zu Teil eines Tages als Krieger zu sterben.
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