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[GM] Das dritte Amulett
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12.03.2004, 22:54 #1
Isabell
Beiträge: 307
[GM] Das dritte Amulett
..................... Das dritte Amulett

.....................

.......................................Prolog

Bisherige Chars und Organisationen.

Fürst Rociel Pergamo:

Er, der das Blut eines Dämonen in sich trägt, er, der das Blut eines Menschen in sich trägt, er, der die Seele eines Seraphim in sich trägt, er, der eine verbotene, verachtete, gehasste Liebe führt, er, der Innos treu ergeben, er, der nur erschaffen wurde um zu sterben. Der Schicksalsbote hat nur eine Aufgabe, auferlegt vom höchsten, schönsten und prächtigsten aller Götter. SIEBEN Amulette gilt es zu finden, dann erst soll sich zeigen, wo der Gral von Thyremien liegt. Ihn zu zerstören, dass ist seine Aufgabe, die noch im Verborgenen liegt. Dieses mächtige Artefakt, das niemals mehr in die Hände von einem Lebewesen kommen darf.

Fürstin Isabell Pergamo:

Auch sie ist ein Dämonenkind, verbindet dasselbe Schicksal wie ihr Bruder. Zusammen waren sie einst ein wunderschönes Paar, bis man sie zum Zweck dieser Aufgabe auseinander riss, in der Hoffnung, dass der Frevel nie bemerkt werden sollte. Nun kämpft sie Seite an Seite mit Rociel, ebenfalls für das eine Ziel. Die Schicksalsrichterin ist an der Seite des Boten, um das Gleichgewicht der Macht zu halten, ungeschützt vor eigenen Schwankungen. Ihr Ziel ist es mit ihrem Bruder zurück in die Welt ihrer Brüder und Schwestern zu kehren und Assiah den Rücken zu kehren.

Pator und Tarugie:

Pator, der männliche und Targuie, die weibliche, sind die beiden Seraphim, die über Rociel und Isabell wachen. Sie bereiten die Bestimmung vom Vater vor, damit alles nach Plan läuft. Doch von ihrer Stelle aus können sie nicht viel tun, da für alle Seraphim ein Verbot in Assiah herrscht. Sie können die Welt nicht betreten. Die beiden haben jedoch eine hohe Stellung und sind nicht zufällig für diese Arbeit eingeteilt, da sie einst Freunde von Rociel und Isabell waren.

Priester Tolban:

Ein alter, greiser Innospriester, dem man die Macht nicht ansieht. Er ist das Verbindungsglied zwischen Pator und Tarugie und Rociel und Isabell. Als Cherubim hat er erstaunliche Fähigkeiten, in Verbindung mit seinen Kräften als Innosmagier besitzt er mächtige Magie. Doch seine wahre Macht liegt darin, dass er der Wächter der Bibliothek von Gorthar ist, jahrelang das Amulett für Rociel bewacht hat und ganz nebenbei sehr, sehr lange schon lebt.
Für Rociel ist er ein Meister und der junge Mann sieht ihn als sein Mentor.

Prix:

Prix ist ein Freund von Rociel, der bisher nur eine kleine Rolle spielte. Er ist ein Meisterjäger und versteht es auf die Jagd in den Wäldern von Gorthar. Von ihm hat Rociel viel gelernt und lange bei ihm gelebt. Er ist ein treuer Freund.

Ra:

Auch er spielt keine Rolle im Kampf um die Amulette, doch ist er Rociel ans Herz gewachsen. Einst war er ein Bandit, der ihn angriff, doch sie nahmen ihn in ihre Obhut und seitdem lernt er bei Prix alles, was man zum jagen wissen muss.

Kryliyx:

Ein niederer Gedankendämon, der Isabell zwei Jahre lang unter seinem Willen hielt und sie zu seiner Sklavin degradierte. Er trug das zweite Amulett, das sich inzwischen im Besitz von Rociel befindet. Er wurde damals getötet…

Rexx:

Ein sprechender Schädel, der, gespalten, auf seiner Brustseite der Rüstung genäht ist. Er war einst untot. Er beherrscht die Sprache der Menschen und die Sprache der Dämonen und Untoten. Er besitzt noch Teile seiner schwarzen Magie, ist aber ohne Körper machtlos. Ob er seinen Träger akzeptiert, oder finstere Pläne gegen Rociel schmiedet, das kann man nicht so genau sagen, denn er spricht ziemlich wenig und eine telepathische Kommunikation hat ihm Rociel, wegen der heftigen Schmerzen, untersagt.

Der Gelirkas Orden:

Der Gelirkas Orden trat erst seit kurzem auf den Plan. Dreht man das Wort um, so erhält man das Wort Sakrileg und genau das ist es auch in den Augen der Jäger. Sie versuchen mit allen Mitteln Rociel und Isabell zu töten, da es in ihren Augen ein Sakrileg ist, was sie betreiben unter den Augen Innos. Der Orden tritt meistens sehr dezent auf, keine Zeugen, selten sind mehr als zwei Mitglieder dabei die Pläne auszuführen. Doch der Orden umfasst knapp hundert Anhänger, darunter mächtige Nekromanten. Ihr Erkennungszeichen ist eine schwarze Rose, was auf den Anführer des Ordens zurückgeht.

Die schwarze Rose:

Eine unbekannte Gestalt, Führer des Gelirkas Ordens. Niemand kennt ihn, nie hat ihn jemand gesehen. Seine Befehle, ausgeführt vom Leiter der Sekte. Doch hinter dem Gesicht des Unbekannten verbirgt sich mehr als nur ein Mensch…ein alter Bekannter der Geschwister, der viel tiefere Pläne als der Orden verfolgt.
12.03.2004, 22:59 #2
Heimdallr
Beiträge: 12.421

kleine Zusammenfassung

Das erste Amulett bekam er friedfertig und ohne Kampf, nachdem er die Bibliothek in Gorthar, tief unter der Erde und nach dem Herausknobeln eines tödlichen Rätsels, gefunden hatte. Es hieße damals, es war seine Bestimmung, dass ausgerechnet er dieses lange verschollene Bauwerk fand, das Amulett des Wissens wäre ihm bestimmt. Doch gleichzeitig erhielt er auch den Auftrag nach den anderen sechs zu suchen, die im Laufe der Zeit verschollen waren. An die unmöglichsten Orte sollen die Relikte gelangt sein. Er las Bücher über sie, in denen beschrieben wurde, was die Amulette sind. Nämlich die Herzen von Sieben gefallenen Männern und Frauen, die sich in Zeiten des Untergangs der Menschheit für eben jene geopfert haben. Die Eigenschaften Güte, Weisheit, Geschicklichkeit, Kraft, Kreativität, Ruhe und Schlechtigkeit. Diese werden in den Amuletten symbolisiert. Doch sie wurden zu einer Zeit erschaffen, als Innos den Menschen mit Hilfe der Seelen der Sieben und einem einfachen Kelch einen der mächtigsten Relikte hinterließ, die je ein Gott erschuf und den Menschen schenkte. Die Legende um den Gral von Thyremien war geboren.
Nach dem Einsatz des Grals, der tausende in den Tod stürzte, verschwand er, die Amulette blieben zurück und waren der einzige Weg, um den Gral wiederzuerlangen.
Nur wer alle Sieben Amulette beisammen hat, kann den Ort seines Aufenthaltes erkennen.
So wurde er bestimmt eben jene Sieben zu suchen, die sich überall auf der Welt befinden konnten, doch es war anzunehmen, dass sich die Nachfahren der Innospriester, die nach der Katastrophe noch überlebten und die Sieben unter sich aufteilten und zerstritten, noch lange in Gorthar oder Umgebung aufhielten und so die guten Stücke nicht allzu weit weg sind.

Das zweite Amulett konnte er dann nicht mehr ganz so friedlich bekommen, doch auch wenn es schwierig war, der ganzen Gefolgschaft des niederen Gedankendämons zu widerstehen und am Ende ihn niederzustrecken, schaffte er dies. Dabei rettete er auch die – damals noch unbekannte – Isabell aus den Klauen des Dämons und befreite so seine Schwester, wie sich später herausstellte.

Nun soll die Geschichte um ein weiteres Kapitel vervollständigt werde...
12.03.2004, 23:03 #3
Isabell
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In der Dunkelheit, da hausen sie.
Verachtet, Verbrannt, Verbannt
Schwärzeste Kammern sind ihr Zuhaus.
Gefürchtet, Geächtet, Gehasst
Leben verloren, doch Dasein nie.
Süchtig, Sorglos, Selbstsicher
Warten nur, hoffen, wollen heraus.
Gierig, Grotesk, Geisteslos
13.03.2004, 21:40 #4
Heimdallr
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Die Flamme, die aus dem orange-roten Stein kam leuchtete ihnen erst mal den Weg. Es war schwierig voran zu kommen und aufrecht gehen konnten sie auch nicht. Gebückt, mehr schlecht als Recht ging es weiter durch den engen Gang. Rociel konnte sich noch gut daran erinnern, wie er hier das erste Mal eingestiegen war. Sein Gedächtnis ließ ihn auch wieder die Personen einfallen, die hier einst hausten und das vielleicht immer noch taten. Damals konnte er nur knapp entkommen, heute jedoch ging er hier selbstbewusst entlang. Hinter ihnen hörten sie immer wieder schummrige Laute, als ob jemand gegen Metall hämmern würde und der Schall daraus unheimliche Laute fabrizierte, doch so was konnte sie nicht schrecken. Sie hielten immer wieder kleine Pausen und sahen sich um, doch der Weg war klar vorgegeben. Es war ein linearer Gang, sie hatten gar keine Möglichkeit sich zwischen verschiedenen Kreuzungen eine aussuchen zu können. Durch die absolute Finsternis, die ihren Weg zierte, wirkte das Fackellicht alles andere als beruhigend, sondern eher aggressiv und unbeugsam. Die Schatten, die durch das Licht geworfen wurden, bildeten richtige Figuren und Wesen, die nur in Erinnerung entstanden. Die Wände waren alle aus sehr einfachem Stein gehauen, vermutlich derselbe Stein, aus dem auch das Haus war. Er war bewusst nicht in Richtung Luke gelaufen, die ihnen Eintritt in das Haus gebracht hätte, sondern hatte sich für die andere Richtung entschieden, da er sich hier den Eingang zu einer möglichen Kanalisation erhoffte. Doch für lange Zeit sah es nicht wirklich danach aus, als ob sie diesen wirklich finden könnten. Immer noch dröhnte es weit in der Ferne, unglaubliche Enge herrschte auch in dem dünnen Gang. Doch er blieb monoton und dunkel. Ab und zu nahmen sie Kurven, aber keine schönen, runden, sondern wenn, dann bog sich der Gang um radikale neunzig Grad, nur um wieder gradlinig zu verlaufen. Es kostete ganz schön Kraft in der gebückten Haltung zu gehen und schon bald schmerzte sein Rücken, da er ja dieses Gewicht des Rucksacks zu tragen hatte. Es war ein übles Ziehen, das da von seinen Schultern über die Oberarme ging. Dennoch biss er einfach auf die Zähne, was man ihm zum Glück nicht ansah als Leiter, und machte weiter. Besser gesagt, er kroch weiter. In der einen Hand hielt er die Fackel, die er so justiert hatte, dass die Größe der Feuerflamme nur wenige Zentimeter und schon gar nicht den ganzen Meter betrug, in der anderen hielt er die Hand seiner Schwester, damit sie sich ja nicht verlieren. Das war zwar in diesem Gang unmöglich, aber das war ja nicht so wichtig.

Viel wichtiger für sie beide war es, als sie, nach der x-ten Biegung, endlich etwas anderes außer diesen hämmernden und klingenden Geräuschen hörten. Es klang fast ein wenig nach Wasser…
Tatsächlich endete der Gang kurz darauf, sie standen kurzerhand vor einer Wand aus mehreren massiven Steinen, doch viel interessanter war die Tatsache, dass dort, wo sich sonst immer nur die linke Mauer befand, ein kleines, dünnes und sehr, sehr altes, deswegen auch rostiges Gitter in die Mauer geschlagen wurde. Es ersetzte den steinernen Teil sozusagen. Die Öffnung war zum Glück groß genug, dass ein Mensch hindurchpasste. Doch zuerst einmal mussten sie das Gitter aushebeln. Eine wahrlich dankbare Aufgabe, er brauchte nur etwas kraftvoll an den Stäben zu rütteln, da bröckelten schon erste Steinstücke aus den Ankerungen. Sie waren porös und brüchig, so drehte er seinen Körper nur etwas in dem Gang herum und stieß dreimal kraftvoll gegen einen der Eisenstäbe. Schon nach den ersten Stößen hatte sich das Ding gelöst, doch erst beim dritten Male wollte es endgültig große Stücke der brüchigen Mauer mit sich reißen. Polternd und mit einem hellen Klang viel das gute Stück auf den steinernen Boden auf der anderen Seite, die ungefähr vier Meter tiefer lag, als der Gang in dem sie noch immer steckten.

Zuerst sah Rociel durch die nun vergrößerte Öffnung hinab. Die Höhe war in Ordnung, da würden sie sich nicht wehtun und sich auch nichts brechen, wenn sie vernünftig herunter kamen. Doch natürlich interessierte ihn, wo oder ob da Wasser war. Es floss tatsächlich eine Wasserquelle, aber sie hatte einen vollkommen anderen Verlauf als der Boden, die Steinplatten da unten waren jedenfalls alles andere als nass und so brauchten sie auch keine feuchten Überraschungen fürchten.
Nachdem er sich vergewissert hatte, dass alles in Ordnung war, krabbelte er unter der Öffnung durch und hielt sich an den letzten festen Steinstücken fest. Erst als er auf dem kleinen Sims stand und wieder richtig stehen konnte, machte er sich auf nach unten zu gelangen. Doch er sprang nicht aus den vier Metern aus dem Stand, sondern ging noch einmal in die Hocke, lehnte rückwärts seinen Körper zum Abgrund, bis er nur noch mit beiden Händen am Sims hing und so schon die Differenz auf etwas mehr wie zwei Meter gesunken war. So konnte er sich einfach runterplumpsen lassen, wo er nach kurzem Flug landete. Die Stiefel dämpften den Aufprall, denn er wieder gebückt erlebte. Dabei wirbelten sie ganz schön Staub auf, den er eiligst verjagte. Seine Schwester hatte weniger Skrupel aus der Höhe zu springen, mit beiden Beinen landete sie grazil auf der größten Steinplatte, ging aber auch in die Hocke, um den Aufprall zu mildern.

Da waren sie also, nur wo waren sie hier eigentlich? Einen guten Ansatz gab es nicht, doch es sah ganz gut nach Kanalisation aus, der Geruch jedenfalls ließ schon fast keine Zweifel mehr offen.
13.03.2004, 22:25 #5
Isabell
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Es hatte sich einiges getan, was ihren Bewegungsradius anging, für Isabell war es eine wahre Genugtuung endlich wieder freistehen zu können und auch ausreichend Platz zu haben. Die Fläche war gut fünf Meter breit und mindestens genauso hoch, also hatten sie allen Platz der Welt. Die ganze Anlage jedoch wirkte mehr wie Katakomben in ihren Augen. Die sprudelnde und plätschernde Quelle war dreckiges Abwasser. Es war richtig braun und unappetitlich, sorgte ebenfalls für den strengen Geruch hier unten. Zum Glück fiel es in einen tieferen Schacht, der unter ihnen verlief. So waren ihre Stiefel erst mal auf trockenen, staubtrockenen Steinplatten. Die ganze Anlage wirkte sehr alt, die meisten Steine wirkten genauso brüchig wie die beim Gitter. An den Stellen, an denen das Abwasser entlang lief hatte sich grüner Schimmelpilz festgesetzt und verhinderte ein näher kommen. Die Luft war sehr stickig und Staubpartikel flogen zusätzlich durch die Luft, während sie erneut mit der Fackel versuchten ihren Weg zu finden. Ihr Bruder erhöhte die Intensität der Flamme, so dass sie einen größeren Sichtradius zur Verfügung hatten. Vor ihnen lag ein modriger Gang, der wieder einen linearen Ablauf hatte, zumindest zu Beginn. Das hämmernde Geräusch wurde hier unten noch intensiver, sie fühlten sich beobachtet. Doch noch war niemand zu sehen, ihr Eindringen war unbemerkt geblieben. Über ihnen musste sich die Stadt befinden, vielleicht gingen sie ja gerade unterhalb des Marktplatzes spazieren. Dennoch war der Ausflug nicht unbedingt gut. Besonders der Geruch machte ihren Atemwegen schwer zu schaffen, er war zwar nicht ätzend oder giftig, aber sehr intensiv und machte das Atem sehr schwierig. Zum Glück wurde es mit der Zeit angenehmer, da aus Luftritzen in den brüchigen Felsen Luft hinein kam.
Sie gingen eng beisammen, wollten sich in dieser Dunkelheit nicht verlieren. Die junge Frau versuchte mögliche Gefahren schon im Vorfeld zu hören und konzentrierte sich deshalb auf die Geräusche, die durch ein vielfaches Echo sehr gut wiedergegeben wurden und noch hunderte von Metern weit zu hören waren. In der Dunkelheit waren die Augen so gut wie nutzlos und der Schein des Lichts schimmerte nur wenige Meter vor ihnen. Sie erkannten Wände und dicke Steinquader, die zum Bau dieser Anlagen verwendet wurden, doch mehr blieb dem Auge verborgen.

Schon nach kurzer Zeit gelangten sie zu einem Rondell, an der sich die Wege kreuzten, doch noch bevor sie eine Entscheidung treffen konnten, blickten sie dem Bewacher dieser Stätte ins Auge. Eine große Statue hatte sich in der Mitte des Rundbogens breit gemacht, doch von ihr ging keine Gefahr aus. Sie leuchteten mit der Fackel zu ihr und erblickten die Gestalt einer verwüsteten Kreatur, kein Mensch, kein Tier. Was sie wohl darstellen sollte? Es blieb ungeklärt, ihre Gedanken beschäftigten sich nicht lange damit. Es führten sechs Wege von dem Rundbogen weg. Aus einem kamen sie. Der, der parallel zu ihrem lag war vermauert. Zwei weitere Gänge ebenfalls. Übrig blieben zwei Gänge. Sie leuchteten zu dem linken, doch schon nach wenigen Schritten erblickten sie das Gitter dahinter. Ein Weg war dahinter ganz klar zu erkennen, doch dieses Gitter war riesig, so groß wie auch der Gang und es war stabil. Die Gitterstäbe wirkten alt, aber nicht verrostet. Das Eisen war noch immer stabil. Unknackbar. Blieb nur ein möglicher Weg, der wiederum parallel zu dem des Gitters lag. Er war der einzige Gang, der nicht zugemauert oder durch ein Gitter verschlossen wurde.

Sie sahen sich nur kurz an, das Gesicht ihres Bruders wirkte unheimlich unter dem Licht der Fackel, dann waren sie sich einig. Lass uns diesen Weg wählen, sagte sie voller Selbstvertrauen und so gingen sie dort entlang. Die Fackel zogen sie hinter sich her, mit ihnen verschwand auch das Licht aus dem Rondell, doch unbemerkt blieben die Gäste, die dort auf sie lauerten, sie regten sich schon, ihre knochigen Fingerkuppen bildeten Bewegungen, aber noch war das Licht nicht ganz fort, noch war es nicht soweit…
14.03.2004, 11:17 #6
Heimdallr
Beiträge: 12.421

In dem Gang herrschte die Dunkelheit vor, alles andere schien darin unterzugehen, wie ein Sog wurde alles hineingerissen. Ihr Atem war ruhig, sein Puls blieb normal und auch sein Herzschlag war kühl wie noch die Temperatur in Teljarsfeld. Ihre Stiefel hallten auf dem Boden, das Wasser nahm einen anderen Lauf und hatte sie alleine gelassen. Ein Klacken ertönte immer, wenn sie auf dem Boden traten, dann schwiegen sie, bis zum nächsten Schritt. Der Gang war nicht sehr lang, nur vier Meter brauchten sie durch ihn hindurch gehen, dann standen sie in dem kleinen, quadratischen Raum. Eine weitere Statue stand dort in der Mitte, auch sie hatte eine Fratze als Gesicht, war nicht zu erkennen, nicht zu identifizieren. Ihre Arme waren waagerecht ausgestreckt, die langen Fingerkuppen mit den spitzen Nägeln hingen voneinander entfernt, wollten nach etwas greifen. Doch die rechte Hand lag oben, die linke schien richtig zu liegen. Rociel sah sich diese Statue lange an, während seine Schwester den engen Raum erkundete. Es schien, als hätten sie hier eine Sackgasse gefunden, doch dann wäre das schon ein herber Rückschlag gewesen, denn einen anderen Weg gab es nicht mehr, trotz sechs anfänglichen Alternativen. Aber dieser Götze ließ den Fürsten nicht mehr los. Er stellte sich in die unmöglichsten Positionen, um diese Statue zu verstehen, er wollte wissen, was sie darstellen sollte, denn wieso stellte man so eine Fratze in einen engen quadratischen Raum, nur um sie hier verschimmeln zu lassen. In der Tat, der Stein, aus dem die Statue war, hatte schon grünen Schimmelpilz angesetzt, obwohl Wasser nicht in der Nähe schien. Vielleicht lag es am feuchten Klima, das hier überall vorherrschte. Er konnte es nicht genau sagen, doch merkwürdig war es allemal. In seiner Verzweiflung über sein eigenes Unwissen bat er dann Isabell ihm zu helfen.

Sag mal, hast du eine Idee, was das hier darstellen könnte? Seine Schwester schien nachzudenken, das lodernde Licht der größer gewordenen Fackel ließ ihr Gesicht verbrennen, im Schein der Flamme wirkte ihr Wimpernschlag unheimlich groß und magisch, doch viel mehr interessierten ihn ihre Gedanken. Ich muss dich enttäuschen Bruderherz, das Gesicht ist so entstellt, dass es alles Mögliche sein könnte. Auch der Ober- und Unterkörper ergibt keinen Sinn. Einzig und alleine Arme und Beine scheinen die eines Menschen. Der eine Arm zeigt nach links, der andere fällt ein wenig ab. Plötzlich kam Rociel eine Idee, wie aus den Weiten der Dunkelheit, als ob sie den ganzen Weg nur für ihn gereist wäre. Das ist es, du bist genial. Während Isabell ihr Gesicht verwundert verzog, schwang er geschwind zu der Mauer, auf die die Hand zeigte. Da es aber hunderte von kleinen Steinen darin gab, hier unterschied sie sich von allen anderen, musste er noch einmal zurück. Dieses Detail, sie hatten es übersehen, doch dank ihr hatte er neue Ideen. Neue Pläne. Hoffen wir mal, dass es klappt. Halt bitte die Fackel, genau neben den Arm, so dass ich ihn sehen kann. Immer noch verwundert, überreichte er seiner Schwester den Griff des hölzernen Astes, danach schwang er zurück zu der Mauer. Nun konnte er sehen, wo und auf welcher Höhe die Finger hinzeigten und er orientierte sich auch auf der Mauer danach. Er versuchte die morsche Stelle zu finden, doch er fand etwas ganz anderes.

Plötzlich, eher durch Zufall, kam seine rechte Hand auf einen Stein, dessen Bindung längst nur noch Schein war. Angemalt hatten sie ihn. Der Stein gab unter dem Druck nach und wurde nach hinten gezogen. Dort hörte man ein mahlendes Geräusch und dann ließ er den Stein los, der, als ob nichts geschehen wäre, zurück in seine Ausgangslage fuhr. Doch noch immer war dieses mahlende Geräusch zu hören. Er war ein wenig zurückgeschreckt und stand nun wieder eng bei Isabell, da er etwas Angst bekommen hatte. Das Mahlen zog sich durch den ganzen, kleinen Raum und auf einmal begann der Götze neben ihr zu glühen. Vor wenigen Sekunden noch ein lebloser Stein, glühte das Ding nun feuerrot. Nach nur fünf, oder sechs Sekunden schien es, als ob es gleich zerrissen würde, doch stattdessen erkaltete die Farbe wieder zu einem angenehmen Gelb. Sie sahen wie gebannt auf das Schauspiel, in einiger Entfernung wohlgemerkt. Rociel hatte schon so was wie Ehrfurcht, denn er wusste nicht, was passieren würde. Doch die Statue blieb einige Zeit so gelb, bis dann auf einmal der Prozess fortgeführt wurde. Aus den beiden Augen schoss ein unglaublicher heller, gelber Lichtstrahl, der durch den Gang jagte und genau in die Augen des anderen Götzen traf. In einem Lichtblitz, in dem sie beide ihre Augen schließen mussten, da es einfach zu grell in dieser dunklen Tristesse wurde, entlud sich die Energie, doch ein Knall, oder ein Poltern, darauf warteten sie vergeblich. Es geschah geräuschlos und doch wurden für eine Zehntelsekunde die gesamten Katakomben in Licht getaucht.

Als sie ihre Augen wieder öffneten, da war alles wie zuvor, das Fackellicht schien auf eine steinerne, schimmlige Statue, der Raum war dunkel und stank. Doch dieser Effekt, dieser Mechanismus war nicht umsonst, denn es dauerte wiederum nur einen kurzen Augenblick, da setzte er sich fort, dieses Mal jedoch durch ein unangenehmeres Schauspiel. Sie hörten das Geräusch von brechenden Mauern, als ob jemand auf Stein schlug und ihn aufriss, so als ob man in einer Steinwüste mit Steinen warf. Das Klicken und Klacken, das Bröckeln und Splittern. Stein musste kaputt gegangen sein. Sie warteten, aber nichts passierte mehr, alles blieb ruhig, eine Minute, zwei…

Ich hab da ein ganz übles Gefühl flüsterte der Fürst seiner Schwester zu. Aber lass uns mal schauen, was da eben passiert ist. Er übernahm wieder die Fackel und gemeinsam gingen sie dann den vier Meter langen Gang zurück aus dem quadratischen Raum. Doch seine zweite Hand war nun auf dem Schwertgriff, er fürchtete etwas…
14.03.2004, 15:09 #7
Isabell
Beiträge: 307

Noch immer hatte sie ein Zucken im linken Auge, der helle Lichtstrahl war so überraschend gewesen, dass sie die Augen nicht rechtzeitig schließen konnte. Doch sehen konnte sie natürlich trotzdem und was sie sah, war überhaupt nicht gut. Sie waren gemeinsam aus dem etwas schmaleren, circa vier Meter langen Gang gekommen, als sie schon die Geräusche hörten. Ein gurgelndes Ächzen, ein polterndes Schreien. Schlurfende Schritte, die sich auf dem Boden bewegten. Sofort blickten sie sich um, jeder nahm eine andere Richtung ins Visier. Die Fackel war ihre einzige Lichtquelle, doch wenigstens hatten sie überhaupt Licht. Aus den beiden zugemauerten Gängen war etwas heraus gebrochen, etwas hatte die steinernen Mauern zerstört. Sie hörten die Geräusche ganz nah bei sich und in ihren Gedanken kreisten verschiedenste Gedanken. Sie kamen näher. Langsam und beständig. Wie viele es waren, das wussten sie nicht. Doch es konnten nicht viele gewesen sein. Gemeinsam standen sie bei der Statue, sie sah ihren Bruder, wie er die Fackel an sie lehnte. Ein paar Feuerflammen bleckten nun an den Stein, doch das schien diesem nichts auszumachen. Sie hatten wenigstens beide ihre Hände frei. Dann verstummten die Geräusche kurz. Stille herrschte. Doch wie aus dem Nichts traten sie heraus. Zwei bleiche Gestalten in menschlicher Größe, sofort klirrten drei Klingen, sie surrten aus den Scheiden und attackierten die vermeintlichen Feinde, diese wichen geschickt aus, konnten jedoch nichts mehr darauf erwidern.

Mit einem gezielten Schlag brachen die Rippen ihres Gegners, im schummrigen Licht lange Zeit nicht auszumachen. Doch schon nur noch mit einem Arm und wackligem Gleichgewicht war das Knochenmännchen nicht bereit aufzugeben, doch ein geschickter Block ließ den Angriff lächerlich wirken, gezielt holten beide Schwerter aus, so wie es auch erst vorgestern geübt wurde, trafen beide an den Schulterplatten ein. Das knochige Gebilde fiel zusammen, ganz viele kleine Knochen lösten sich, auch der Kopf bekam davon etwas ab, die Schultern wurden geradezu durchbrochen, so dass er zu Boden fiel, genau wie die anderen Kleinstteile. Zuerst einmal sah sie zu Rociel, doch auch hier war kurz zuvor ein Poltern zu hören gewesen, nun lehnte ihr Bruder lässig an der Statue, hielt sich das Schwert über die Schulter und spielte mit einer Strähne seines Haares, immer noch kaum zu erkennen, waren schon geringe Distanzen ein Spiel aus Schatten, Schatten und einer Prise Licht. Erst als jeglicher Kampfeslärm verstummt war, sah sie sich um. Knochenmänner? Skelette? Es waren wirklich Skelette gewesen, doch sie hatten keine Waffen bei sich. Nichts. Mit den bloßen Händen wollten sie sie töten. Ein wenig lächerlich, vielleicht erklärte das auch die gespielte Arroganz von Rociel, doch sie konnte sich dem nicht verweigern, ein bisschen zumindest.
Nun lagen die beiden Knochenhaufen auf dem Boden neben der Statue, es schien Ruhe zu walten und sie steckten die kaum beanspruchten Klingen wieder weg.
Was meinst du, was war das? fragte sie mit weniger leiser Stimme. Skelette, hehe... Ja schon gut, ich weiß was du meinst. Ich weiß nicht, was es war, aber es war verdammt schwach. Ich dachte, nach dem Anfang könnte man mehr erwarten, so etwas nennt sich Skelett, pah. Aber wir müssen trotzdem vorsichtig bleiben, vielleicht war das erst der Anfang.

Isabell nickte nachdenklich, während sie sich die Fackel schnappte und auf "ihren" Toten leuchtete. Der Schädel sah wirklich grausig aus, davor hatte selbst sie Angst, dabei hatten sie ja ein ähnlich grausiges Stück jeden Tag als Begleiter, aber sie hatte sich daran mehr gewöhnt, als an so einen abgetrennten Schädel, auch wenn er an einem längst toten Körper hing. Doch von diesem Knochenmann ging keine Gefahr mehr aus. Doch die junge Frau interessierte sich auch, woher diese beiden gekommen waren und so suchte sie den Gang auf, den sie vor gar nicht langer Zeit noch vermauert gesehen hatten. Und tatsächlich, als sie dorthin kam, leuchtete ihr die Fackel eine zerstörte Mauer, die einzelnen Steinsplitter lagen noch auf dem Boden. Wenn sie daran dachte, dass sie nur wenige Zentimeter von diesem Skelett entfernt war, ohne Ahnung, da grauste es ihr. Doch nicht mal für solche Überlegungen blieb lange Zeit, denn mit einem Mal erwartete sie eine Überraschung. Der Gang ging nicht lange weiter, sondern gerade mal einen halben Meter nach innen. Diese Erkenntnis, dass diese Mauer nur einen winzig kleinen Hohlraum mit dem Knochendiener verbarg war die eine, doch sie entdeckte noch etwas ganz anderes. An der wirklich letzten Wand war ein Schalter angebracht, nicht versteckt wie der erste, sondern ganz offensichtlich und aus Holz. Sie überlegte nicht lange, sondern betätigte das Ding, sie zog am Holzkeil, der sich daraufhin senkte und einen mechanischen Mechanismus auslöste.

Schon wieder hörte man ein Malmen, das durch die Halle um das Rondell ging, doch dieses Mal passierte nichts, noch nicht. Denn Isabell kombinierte schnell und simpel, wenn nämlich hier ein Schalter war…so musste auf der anderen Seite auch einer sein. Rociel wunderte sich natürlich über die Geräusche, doch da ja nichts passierte wartete er im Dunkeln, oder fast Dunkeln, geduldig. Was hast du da ausgelöst? fragte er nervös, sie verstand seine Aufregung, hatte sie ja schon gemerkt, dass er Schalter nicht sonderlich mochte. Noch habe ich gar nichts ausgelöst, aber warte es mal ab, gleich passiert hier was. Die misstrauischen Blicke und stotternden Fragewörtern nach ihrer Zuversicht in der Stimme zum trotz, huschte sie mitsamt dem Lichtball in den zweiten Gang. Diese Gänge, beide, waren sehr schmal, boten gerade mal Platz für eine Person, doch das war ja nicht entscheidend. Entscheidend war, dass ihre Theorie, ganz zu ihrer Freudenstimmung, korrekt war. Auch hier befand sich, parallel zum ersten Gang, ein Schalter in der Wand, ebenfalls dieselbe Konstruktion. Bis zum Zeitpunkt, an dem sie den hölzernen Keil in der Hand hatte, war sie sich ihrer Sache sicher, doch auf einmal kamen daran kurzzeitig Bedenken. Doch dann gab sie sich und ihrer Hand einen Ruck und drückte den Keil hinunter. Wieder mahlten die Wände und Isabell machte sich auf, schleunigst aus dem schmalen Gang herauszukommen…
14.03.2004, 19:23 #8
Heimdallr
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Was hat sie denn jetzt schon wieder vor? In den Gedanken des Mannes kreiste sich alles, er war ein wenig verwirrt von alldem, was seine Schwester da tat, doch wenigstens schien es zu funktionieren, was sie vorhatte. Eben noch war da dieses Klacken im Raum, jetzt ertönte ein zweites davon. Vermutlich hatte Isabell irgendetwas in Gang gesetzt. Doch dieser Mechanismus schien rasen schnell durch unterirdische Räder zu gehen, noch eben hörte er das Klacken und Knirschen eines Hebels, dann das unruhige Rumoren und schon kurze Momente später klirrte Metall zur Seite. Als das hohle, metallene Geräusch verstummte kam auch seine Schwester aus dem Gang gelaufen, sie wirkte ein wenig gehetzt, doch er wollte sich nicht wirklich auf die Eindrücke verlassen, die er anhand der Gesichtsmimik ausmachte, denn diese war bei diesen katastrophalen Lichtverhältnissen wirklich so gut wie unkenntlich.
Rociel wusste genau, woher das Geräusch gekommen war und sofort nahm er Isabell, obwohl er eigentlich nur die Fackel wollte und schob sie leicht in Richtung dem Gitter, aber sie hatte schon verstanden und ging dann selbst dorthin. Und tatsächlich, das Gitter, das noch vor wenigen Minuten den Weg versperrt hatte, es war nun weg, hatte sich in den Boden gefahren, wo anscheinend winzig kleine Ritzen dafür waren und natürlich auch ein Mechanismus, denn anders wäre es überhaupt nicht möglich gewesen. Wenigstens war dies endlich mal eine positive Nachricht, so konnten sie ihren Weg fortsetzen und hatten nebenbei noch alle sechs Wege überprüft. Du…du hast es geschafft. Super, ich denke, jetzt können wir weiter.

Ganz anders präsentierte sich ihr weiterer Weg. Es wurde viel…anders eben. Zunächst gingen sie die gewohnten Wege entlang, Stein, wie sie ihn schon kannten, feste, große Quader. Der Geruch lag immer in der Luft, nur war er mal intensiver, mal nicht. Wasser hörten sie schon lange nicht mehr, doch der Gang machte auch hier eine Biegung. Sie war schön rund, gar nicht so abgehackt wie die bisherigen Gänge und als die dann das Ende der Biegung erreicht hatten, staunten sie nicht schlecht. Sie kamen auf einem Podest heraus, das durch Metallstäbe abgesichert war und von dem links eine Treppe nach unten führte. Ja sie standen leicht erhöht, das hieß, sie standen circa zehn Meter über der eigentlichen Fläche. Ein riesengroßes Feld, ein Meer aus Gängen und Treppen, aus riesigen Felsbrocken und fließendem Wasser. Sie konnten erstaunlich weit sehen und das lag daran, dass sie überall Fackeln brannten. Die Luft roch nach verbranntem Öl, alle halbe Meter war eine Fackel in die Wand gehauen. Die eisernen Halterungen wie Anker im Stein, darin hunderte Fackelstäbe, die diesem riesigen Areal, das sie lange nicht voll überblicken konnten, da es zahlreiche Nebengänge und weitergehende Gänge hatte, ein Aussehen verlieh.

Sein Mund war für Sekunden aufgerissen, das Staunen nahm seinen Lauf, dann aber schluckte er einmal kräftig und sah rätselnd zu seiner Flammensäule. Es war an der Zeit sie zu löschen. Mit einem Tuch erlosch die Flamme und er steckte den Ast mitsamt dem Feuerstein zurück in den ledernen Beutel. Die Helligkeit war nicht überragend und reichte nicht an echtes Licht heran, zudem gab es duzende Stellen, die immer noch im Dunkeln lagen, doch es war hell genug, dass er seine eigenen Hände erkennen konnte und auch Isabell, die nur wenige Meter von ihm stand. Hinter ihnen befand sich mit Kreide ein Zeichen, eine Bezeichnung für die vergitterte Stelle, die die Gorthaner diesem Gang gegeben hatten, doch es war nur einer von vielen. Sie hatten vor ihren Augen einen großen Teil der richtigen Kanalisation der Riesenstadt, doch wie viele Teile waren versperrt, wie viele unerreichbar? Und vor allem, was hielt sich hier unten alles auf? Das herauszufinden war nun ihr Ziel, doch Rociel fühlte, wie sein Körper langsam nach etwas Ruhe bedurfte und so bat er Isabell um eine Pause. Er wollte nicht schlafen, aber ein wenig ruhen und etwas zu sich nehmen. Ist schon in Ordnung, eine Pause wird uns beiden gut tun.

Sie lehnten sich an die Wand und ließen ihre Blicke über das große Areal schweifen, von dem man nur die oberen Flächen sah. Sie hatten da eine ganze Menge zu tun, nicht mal Gorthar an der Oberfläche konnte man an einem Tag erkunden, wie sollte es da mit einer Kanalisation aussehen? Zum ersten Mal seit ihrer Abreise hatte Rociel die Chance den Inhalt ihres Proviantrucksackes genauer zu untersuchen und er fand darin eine gute Auswahl von Speisen. Er war froh, dass sie endlich mal nicht nur auf die ewigen Fleisch- und Trockenzwiebackkomponenten zurückgreifen mussten. Doch wie auch sonst immer waren es nicht viel Vorräte, da auch irgendwann der Rucksack gefüllt, eine Schmerzgrenze erreicht war und man nie wusste, wie lange ihre Reise dauern würde. An Trank bot sich nur Wasser an, das aber reichlich, war es doch so wichtig. Denn hier unten würden sie kein sauberes Wasser bekommen, so viel stand fest.
Seinen Knochen und seinem Körper tat es gut, dass er mal nicht das Gewicht von gut fünfunddreißig Pfund auf dem Rücken hatte und auch sein Oberkörper wurde entlastet, da die Rüstung im angewinkelten Sitzen nicht sehr schwer war. Alles in allem war er schon ganz zufrieden mit den ersten Schritten hier unten. Sie hatten sich ganz gut an die Bedingungen gewohnt und diese zwei Hampelmänner von eben war er gerne bereit zu vergessen, aber von zu viel Euphorie wollte er nichts wissen, denn es würde schlimmer werden, viel schlimmer. Er war sich sicher, er fühlte es sogar, dass das Amulett, das sie zu finden gedachten, einen Besitzer hatte und alleine durch diese Macht würde es kein schöner Kampf werden. Aber er war zuversichtlich, sie waren stark und sie sollten es schaffen, jawohl, nichts und niemand mehr, die letzten Hürden waren nun gefallen, er würde keine unerwarteten Schicksalspendel mehr zulassen.

Komm, lass uns weitergehen, die Zeit ist gegen uns, diese Kanalisation ist zu groß, als das wir uns lange Pausen leisten könnten.
14.03.2004, 20:21 #9
Isabell
Beiträge: 307

Ihre Verschnaufpause war kurz, doch gerade für Isabell war es gut, dass sie einige Minuten vom Gewicht des Rucksackes befreit war. Zwar hatte ihr der Priester weniger Kilo eingepackt, dafür umso mehr unhandliches, sperriges Zeug wie die Wasserkrüge und sogar ein Seil! Wofür sie das allerdings hier unten brauchen sollten, das blieb ihr ein Rätsel. Aber vielleicht würden sie ja in Kürze eine Lösung dafür erhalten.
Die Treppe, die als einziger weiterer Weg zur Verfügung stand, war lange, mindestens hundert Stufen ging sie hinab, aber nie führte sie in eine schwarze Unbekannte, sondern immer zu gut einsichtbaren Gängen. Als sie endlich unten angekommen waren, konnten sie die Plattform noch gut erkennen, nur ihre Sicht unten hatte sich drastisch geändert. Von Übersichtlichkeit war keine Spur mehr, stattdessen waren sie wieder auf dem Boden einer vollkommen unübersichtlichen Kanalisation gelandet. Isabell spürte schon seit langem kein Luftzug mehr, kein Wunder, waren sie doch von Wind und Wetter erst mal abgeschnitten und eine reale Chance, dass sich das bald ändern sollte, die gab es auch nicht. Ein wenig sehnte sie sich ja schon nach dem schönen Sternenhimmel, der jetzt bestimmt über der Stadt lag, daran glaubte sie ganz fest. Im Moment schien ihnen keine Gefahr zu drohen und Rociel war bei Erkundungen wie dieser ja sowieso immer hellwach und achtete selbst darauf, wenn eine Maus ein Stück Brot fallen ließ, so wurde sie ein wenig unaufmerksam und schweifte an die Natur da draußen. Bestimmt wäre es jetzt schön gewesen, am Meer zu sitzen, irgendwo ganz weit weg von allen Leuten die nur stören würden, sie hätten das Rauschen des Meeres in den Ohren gehabt und auf einer flachen Klippe ihre Beine im salzigen Meereswasser baumeln lassen. Die letzten, heimkehrenden Möwen hätten wild gekreischt und ihnen etwas zu essen abgerungen, ehe auch sie schwiegen und wieder dem Meer die Oberhoheit übergaben. Der Mond hätte sie angelächelt, mit einem großen breiten Grinsen, als ob er Gute Nacht, ihr Zwei sagen wollte. Vielleicht hätte sie ja noch ein wenig auf der Harfe gespielt, ein sehr, sehr langsames Lied, das die ganze Träge dieser Nacht eingefangen hätte. Links oder rechts Isabell? Wenn sie noch etwas sagen wollten, hätten sie geflüstert, die Worte sanft in das Ohr des Anderen gehaucht, so dass man sich wünschte, das Meer wäre schneller und würde sie einfach wegschnappen, doch eigentlich war sie sicher, dass es nichts mehr zu sagen gegeben hätte. Sie wären nur dagelegen, auf ihrer einsamen Klippe vor den Toren von Gorthar, sie wäre mit Sicherheit an seiner linken Schulter gelegen, denn sein rechter Arm war immer stark belastet und so wollte sie ihm nicht weh tun. Aber andererseits hätte sie daran wohl überhaupt nicht gedacht, in so einer Situation. Und bestimmt hätten sie sich auch gek… Hallo! Schwesterherz? Aufwachen? Wo schwebst du denn schon wieder? Wir sind doch nicht hier, um zu träumen, es ist gefährlich hier unten. Also, links oder rechts? Wie aus einem Traum gerissen, und das war es ja eigentlich auch, schien eine zweite Augenschicht zu sehen und sie sah nur Rociel, wie er nicht auf einer Klippe lag und ihre Arme festhielt, sondern nur mit seinen Armen wild vor ihrem Gesicht rumfuchtelte und auf zwei Dinge zu zeigen schien. Noch immer hatte sie ihre Überlegung bezüglich seiner Schultern im Kopf und so sagte sie nur leise. Links, ganz sicher links. Erst als sie wieder etwas beisammen war erkannte sie, dass ihr Bruder auf zwei Gänge gedeutet hatte, da sie wohl wieder an einer Abzweigung standen. Hm? Auf einmal so sicher? Na ja, du hast hier unten das Glückshändchen, dann gehen wir eben links. Sie wollte etwas darauf erwidern, doch ihr fiel nichts Gescheites ein und so ließ sie ihre Worte im Halse förmlich stecken und ging wieder hinter Rociel her. So was durfte nicht noch einmal passieren, mahnte sie sich streng und hielt die Augen nun selbst wieder offen.

Sie nahmen also den linken Gang und der führte sie nur wieder an unzähligen Verzweigungen vorbei. Meistens führten sie zu Abflussgittern, aus denen richtig übles Wasser herauskam, manchmal aber auch zu Gittern, aus denen gar nichts raus kam, da sie einfach nur einen weiteren Gang versperrten und manchmal waren auch keine Fackeln mehr in der Ferne und so konnten sie nicht sehen, wohin sie führten. Doch der breite Gang, den sie nahmen, er führte noch lange nicht an ein Ziel.

Isabell hatte nach ihrem kurzen Traum ein richtig schlechtes Gewissen und so wollte sie nun besonders gut aufpassen, das spiegelte sich auch in ihrem Gehör, mit dem sie jetzt auf ihre Umgebung achtete. Nachdem der breite Gang eine Biegung gemacht hatte, veränderte sich auch das Geräuschfeld. Sie hörten wieder Wasser fallen, doch sehr laut und nicht leise plätschernd wie seit Betreten dieser riesigen Fläche. Auf einmal blitzen rote Punkte vor ihnen auf, die Augen von vielen Tieren dachte sie sofort. Auch ihr Bruder hatte es gesehen und zückte sofort sein Schwert. Die Punkte kamen näher, erst ein leises, dann ein lautes Quieken war zu hören. Die Punkte näherten sich rasend schnell und dann tauchten sie auf die Ratten. Im ersten Moment schiene es hunderte zu sein, aber es waren nur gut zwei Duzend. Sie schienen ein großes, verständliches Interesse an ihrem Proviant zu haben, doch an den sollten sie nicht kommen. Die Ratten legten ein äußerst aggressives Verhalten an den Tag und griffen sie an, doch ihr Bruder hatte schon drei der kleinen Tiere erlegt, als sie erst in den Kampf eingriff. Die Ratten waren raffiniert, kletterten sie doch wieselflink auch an kleinen Hohlräumen und Simsen entlang, doch das half nichts, denn sie wehrten sich nicht nur mit den Schwertern, auch mit Tritten wurden unliebsame Viecher weggeschleudert. Die Wucht des Trittes überlebten die meisten nicht und da Isabell gegen faustgroße Ratten keine Verteidigungshand brauchte, kämpfte sie mit beiden Schwertern, was das Töten – einen Kampf konnte man das ja nicht nennen – äußerst vorantrieb. Diese kleine Auseinandersetzung war schon nach drei Minuten vorbei, danach zierten viele tote Rattenkörper den Boden vor ihnen, doch schon als Rociel etwas sagen wollte, kam die Verstärkung. Puh, mein schönes Schwert, sieh dir das an, voller Rat…….Iiiiiiieeekkkkkk. Der Schrei ging durch Mark und Bein, aber wohl eher, weil es so laut war. Da näherten sich schon weitere glühende Augenpaare. Sofort brachten sie sich in Position und konnten erkennen, wie fünf weitere Ratten ankamen, doch das schienen wohl dann die Eltern zu sein, jedenfalls waren diese Viecher größer als die Ratten noch eben und zwar deutlich. Sie erreichten die Größe eines Scavengers und die Zähne waren nicht von schlechten Eltern. Das graue Fell war erheblich zerzaust und hatte teilweise tiefe Einschnitte und die schnurrigen Barthaare waren kaum mehr vorhanden. Ihr Ringelschwanz war schmutzig und teilweise verwundet. Isabell dachte nur kurz: Riesenratten.
14.03.2004, 21:06 #10
Heimdallr
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Schon wieder? In seinem Kopf fiel das schöne Kartenhaus zusammen, diese Hektik mochte dem konzentrierten Mann nicht ganz behagen, aber er nahm es gelassen. Riesenratten? Wollte ihn die Kanalisation für dumm verkaufen? Wenn die Kanalisation ein eigenes Ich wäre, dann wäre der Fürst jetzt wirklich enttäuscht gewesen, doch es war ja nur ein Stück Land, ein Stück Untergrund, mehr nicht. Also konnte man davon ausgehen, dass es alles ganz natürlich war. Die Ratten hatten einfach Hunger gehabt. Und sie hatten sie so schändlich getötet, nur weil sie sich nichts wegessen lassen wollten. Und jetzt kamen ja bloß die großen Brüder, um die toten Kameraden zu rächen. Nein, sie waren wirklich Unmenschen. Dabei waren sie ja gar keine Menschen. Ein breites Grinsen huschte über seine Lippen, dann wandte er sich zu seiner Schwester, die zufällig im selben Moment auch herübersah. Während die Rattenaugen größer wurden und ihre Körper sich blitzschnell näherten, lächelte er sie an. Ein schönes Lächeln, das in dieser Zeit nicht mehr normal war und das erst Recht vor einem Kampf unangebracht war, doch er lächelte, einige Sekunden sogar. Doch irgendwann verzog sich das Gesicht dann rasch und änderte sich noch in der Drehung. Da waren sie nämlich, ihre potenziellen Feinde. Rociel hatte keine Angst vor ihnen, doch er hatte zweierlei Arten von Respekt. Einerseits einen ganz sachlichen Respekt und zwar vor ihren spitzen Zähnen, die er besonders deswegen fürchtete, weil sie als Überträger von zahlreichen hochgiftigen Krankheiten dienen konnten und zum anderen hatte er eine Art Respekt, weil sie Tiere waren. Er liebte die Tiere, sicherlich gehörten Ratten nicht unbedingt zu den Lebewesen, die er liebte, aber auch sie besaßen das natürliche Verhältnismuster wie alle Tiere dieser Welt. Sie waren wild und unberechenbar, man konnte nie sicher sagen, was sie tun würden.

Sein Schwert fiel mit ihm in die Drehung und ließ den Biss einer Ratte im Nichts verschwinden, während sie noch nachfasste kam er fast spielend leicht aus der Drehung hervor und seine Klinge machte Bekanntschaft mit dem Kiefer der Ratte. Die vorderen, gefährlichen Beißzähne fielen splitternd ab und blitzschnell setzte seine Klinge nach und durchbohrte den Hals der taumelnden Ratte. Die nächsten kamen sofort, doch inzwischen hatte sich Isabell endlich mal gelöst und kämpfte nun ebenfalls diesen lächerlichen Kampf. Eigentlich wollte er das auch so, doch andererseits war er auch wieder wütend, denn so würde nur wieder mehr zum Putzen bleiben, in Gedanken sah er seine Hand schon wieder bei einem Tuch. Doch noch war der Kampf nicht vorbei, doch entschieden war er trotzdem schon. Sein zweiter Schlag war ein Meisterschlag, gleich zwei der grauen Mistviecher konnte er mit einer schnellen Links-Rechtsbewegung schwer verletzen und anfällig machen. Selbst den Luxus eines Sprunges leistete er sich, über die beiden blutenden Gegner hinüber. Er landete fest auf dem Boden und zuerst fiel das Schwert in den Rücken der ersten Ratte, dann ließ er es gewitzt in die Luft gleiten, vollführte eine Drehung, fing das gute Stück sicher auf und stieß die Klinge nach vorne, wobei ihm Isabell zuvorkam und einige Sekunden später schon für den endgültigen Tod der Ratte gesorgt hatte, da sie wohl mit ihren zwei Graubündeln noch weniger Probleme hatte.

Manchmal, da fühlte er die toten Seelen, wie sie aus den Körpern glitten und neben seinen Ohren und seinem restlichen Körper vorbei, in Richtung Himmel schwebten, so auch heute wieder. Ihm war dieses Gefühl unheimlich, denn besonders spürte er es dann, wenn viele Lebewesen ihr Leben aushauchten, doch er konnte es nie loswerden oder ignorieren.

Nach dem Kampf drehte er noch zwei Mal umher, wobei er das Schwert elegant um die Hände kreisen ließ. Er war noch so in dem Rhythmus des Kampfes, dass er wie bei einer Sinfonie weiterschweben und tanzen wollte, doch er beherrschte sich und blieb dann stehen. Hier! Er warf seiner Schwester einen Tuchfetzen zu, den er aus dem Allesbeutel gekramt hatte, einen für sie, einen für ihn. Gemeinsam rieben sie dann ihre blutigen Klingen sauber, doch sie hatten Glück, dieses Mal war es weniger schlimm ausgefallen, als sonst. Die Ratten hätten sie eben besser mal gemieden, doch hinterher war man immer schlauer, das war eine Erkenntnis für die grauen Tiere, die leider zu spät kam. Dann endlich konnten sie weiter, hatten sie doch noch viel vor sich. Nach diesem Adrenalinstoß wollte er erstrecht weitersehen. Diese Kanalisation schien spannender zu sein, als man unter dem trägen und langweiligen Anstrich erst vermutete. Sag mal Schwester, hab ich dir eigentlich schon erzählt, dass ich Ratten nicht ausstehen kann?...
15.03.2004, 17:04 #11
Isabell
Beiträge: 307

Viele Gänge waren sie gegangen, mal in der Dunkelheit, mal neben hell leuchtenden Feuerschein vorbei. Doch diese Kanalisation blieb rätselhaft. Immer mal wieder trafen sie auf weitere Ratten, doch diese griffen sie nicht mehr an, sondern flohen geradewegs in die kleinen Nischen, die überall an den Wänden versteckt waren. Mal kleiner, mal größer, mal gab es auch riesige Löcher, da die Mauer eingestürzt war oder zumindest grobe Risse aufwies. Fast war es so, als ob die Ratten wüssten, dass ihnen ein schlechtes Schicksal drohte, wenn sie ihrer guten Nase und dem Hunger nachgaben. Als ob sie noch immer riechen konnten, das Blut ihrer Artgenossen an ihren Schwertern klebte. Zumindest der Geruch mochte noch daran kleben. Die Wasserläufe waren ebenso seltsam wie der Rest dieser Kanalisation, mal liefen kleine Kanäle an ihnen vorbei, gefüllt mit braunem, dreckigen und äußerst übel riechenden Wasser, mal fiel dasselbe Wasser aus dicken Rohren irgendwo in die Tiefe. Doch nur selten sah man das Wasser wirklich hautnah, selbst hören konnte man es eher weniger oft. Doch der Geruch, der sich hier eingelebt hatte, er war fast über die gesamte Anlage zu riechen. Sie fragte sich, wie hier überhaupt Atemluft reinkommen konnte, aber sicherlich gab es Atemlöcher oder offene Schächte. Wenigstens hatte sich ihre Nase an diesen Gestank gewöhnt und nahm ihn jetzt nicht mehr ganz so intensiv war.

Immer wieder kamen sie an versperrten Gittern vorbei, sahen Fackeln und auch Gänge, doch die Monotonie hier unten, die ließ sich beim besten Willen nicht leugnen. Das was sie suchten war jedenfalls noch nicht darunter und fast schien es so, als ob es unmöglich wäre hier unten einen Spiegel zu finden, denn hier war alles so verdreckt, dass ein Spiegel wohl eher unauffällig bleiben würde. Wer sollte die glänzende Oberfläche schon sauber halten? Doch bestimmt waren diese Überlegungen zu simpel, bestimmt steckte dabei mehr dahinter. Jedenfalls war sie noch zuversichtlich. Doch gab es hier unten wahrlich nicht oft Abwechslungen, da dachte Isabell jetzt noch gerne an das Spottlied, dass Rociel noch vor wenigen Minuten gesungen hatte. Nun, es war ein würdevoller Abschluss zu seinem Vortrag über Ratten, eines wusste sie jetzt wieder, was ihr bis dato neu war. Ihr kleiner Bruder hatte Angst vor Ratten. Nur eine weitere Kleinigkeit, die sie verband, zwar hatte sie nicht direkt Angst vor Ratten, doch sie konnte diese kleinen Biester, erstrecht nicht wenn sie größer waren, ausstehen. Sie waren ihr zuwider und das Quieken klang schrecklich. Aber wenigstens war für einige Sekunden mal was los, als er in der stark schallenden Kanalisation die Reime an die Wände schlug und sich keine Ratte mehr an sie traute. Hm, wahrscheinlich meiden die Ratten uns nicht, weil wir den Blutgeruch an uns haben, sondern weil mein Bruder so einen miserablen Sopran hat, dachte sie spöttisch, aber eigentlich hatte ihr das kleine Gedicht ehrlich gefallen. Noch immer hatte sie die Melodie im Ohr, wie er es gesungen hatte und das war lange Zeit das einzige, was passierte.

Die Ratten, die lieben den reichen Fraß
Die Ratten, die leben im kühlen Nass
Die Ratten, die haben die schwarze Pest
Die Ratten, die geben dir den Rest

Die Ratten, die lieben die Dunkelheit
Die Ratten, die leben in unsrer Zeit
Die Ratten, die lieben den ganzen Dreck
Die Ratten, die essen gern Speck

Die Ratten, die singen die Melodie
Die Ratten, die klettern dir bis zum Knie
Die Ratten, die streiten sich um den Rest
Die Ratten,
Die Ratten,
Die Rattennnnnnn haben die Pee-eest.


Doch auch der Untergrund blieb nicht für ewig still und leise, es sollte sich noch einiges tun. Es waren die spitzen Ohren von Rociel, die es zuerst gehört hatten, doch schon rasch hatte auch sie die forsche Männerstimme wahrgenommen. Sie stammte nicht von ihnen, war dunkel und rau und klang sogar weit entfernt, als ob man neben der Person an einem Tisch saß. Ganz klar, hier unten war jemand. Schnell hatten sie die ungefähre Richtung der Personen lokalisiert und näherten sich nun langsam dem Klang. Lange blieb es nicht bei einer Stimme, denn noch andere meldeten sich zu Wort. Je näher sie kamen, desto mehr konnten sie hören und auch verstehen. Sie waren vorsichtig, denn sie wollten nicht entdeckt werden, wer wusste schon, wer sich hier unten – außer Ratten – alles aufhielt.
15.03.2004, 19:36 #12
Heimdallr
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Rociel hatte in diesen Minuten echt einen Mordsstress am Hals, denn nachdem er nach wie vor auf jede Bewegung achtete, damit sie auf keinen Fall irgendetwas „überraschend“ begegneten und alles kontrolliert lief, musste er sich jetzt anscheinend auch mit Menschen auseinandersetzen. Es waren ganz eindeutig menschliche Stimmen und es waren mindestens drei Stimmen verschiedene. Eigentlich waren Menschen das letzte, was er hier unten vermutet hatte, doch andererseits waren sie noch immer nur wenige Meter unter Gorthar, wieso sollten sich hier keine Menschen aufhalten? Die Frage war nur, was wollten diese Menschen hier? Eigentlich ging ihn das ja nichts an, doch einmal aufgeflammt war sein Drang nach Wissen nicht mehr zu löschen. Es war nicht mal die reine Neugierde, denn eigentlich kümmerte ihn nicht, auf wen er da eventuell stoßen würde, es war mehr das Verlangen zu wissen, dass diese Typen ihnen nicht in die Quere kommen konnten. Zum Glück gab es hier überall Mauern und eben dunkle Ecken, auf die keine Fackel schien und so konnten sie sich fast lautlos nähern. Isabell hatte es da viel leichter, wie eine Feder glitt sie über die Steine, während er behäbig versuchte ja auf keine Kieselsteine zu treten. Lautlos kamen sie näher, unbemerkt von den Stimmen. Als sie endlich nah genug waren, konnten sie erste Wortfetzen verstehen, später dann sogar alles. Ein Blick an der Seitenwand entlang verriet ihnen, dass die Typen in einem toten Winkel standen, man konnte es zwar nicht ganz genau sehen, aber er ging davon aus, dass es einer war, so standen sie äußerst ungünstig. Aber in Kontakt wollte er auf keinen Fall mit den Menschen kommen, das Beste war es, zunächst einmal nur zu lauschen und dann immer noch in Ruhe zu entscheiden, was man tun konnte.

Also noch mal von vorne. Timm, Lars und Udo, ihr drei lenkt die Milizen ab. Udo, du bringst das Bier mit, aber in Massen, schließlich sollen die Milizen schön schlafen. Wir beide, Karl und ich, kümmern uns dann um die Taverne. Später stößt ihr beide dann zu uns, aber bis dahin sollte alles gelaufen sein. Zuerst einmal nehmen wir den Wirt in Gewahrsam, er muss es ja nicht unbedingt mitbekommen, was da alles abläuft. Und dann kümmern wir uns um diesen Saukerl. Eine ordentliche Abreibung wird der bekommen. Schnappt der mir doch einfach meine Nichte weg. Aber das soll er mir büßen, nur weil er der Sohn eines Soldaten ist, kann er sich nicht alles erlauben. Der Kerl wird eiskalt abgemurkst. Das ganze übernehme ich, der wird seine Strafe von mir höchstpersönlich bekommen. Und denkt dran, es darf keine Zeugen geben, den Wirt schlagen wir nieder, aber andere Zeugen sollten nicht da sein.
Wenn er dann endlich tot ist, dieser Mistkerl, dann gehen wir alle zu mir und feiern erst mal ne Rund. Spätestens nach zwei Wochen wird man ihn vergessen haben, schließlich sterben täglich Leute in Gorthar. Das Gold bekommt ihr dann bei mir zuhause. Also, habt ihr alles verstanden?


Ein Raunen ging durch die Kanalisation, da sie alle gleichzeitig Jawohl schrieen. Das war ja ein ganz schön heikles Stück, fünf Männer planten da mal eben einen eiskalten Mord an irgendeinem Soldatensohn, weil der sich die Nichte von einem der Männer, vermutlich der Anführer und Auftraggeber, geschnappt hatte. Klang wie irgendeine schlechte Geschichte, aber sie hatten es ja selbst gehört. Nun hörten sie Schritte, schwere Stiefel, die in eine Richtung verschwanden. Sie kauerten sich gegen ihre Wand, der tote Winkel und der Schatten schützten sie, doch anstatt den Gang zu nehmen, der von ihnen wegführte, kamen die Männer direkt den parallelen Weg auf sie zu. Die Situation spitzte sich in dem Moment zu, als einer dieser Idioten – der Typ sah ziemlich kräftig aus – zu ihnen schaute, war es ein Reflex, eine Ahnung oder bloß Zufall? Jedenfalls blickte er ihnen genau ins Gesicht, wobei sie aber ein Feld aus schwarzem Nebel umgab. Der Fürst presste die Hand seiner Schwester enger an die seinige, hatte er doch in diesem Moment wirklich Schweißperlen auf der Stirn. Er fürchtete sich entdeckt zu werden, er wollte nicht gegen diese Pfeifen kämpfen, denn der Einsatz seiner Blankwaffen wäre dabei unvermeidlich gewesen, da er kein guter Faust- und Beinkämpfer war. Doch er wollte keine Waffen gegen Menschen einsetzen, er wollte keine Menschen töten… noch nicht…hahahahahaha….

Der Mann starrte sie mehrere Sekunden an, man mochte meinen, er hatte sie erkannt und fragte sich nun, wie er diesen beiden kauernden Figuren entgegentrat. Wenn er nur ein wenig nachgedacht hätte, wäre ihm wohl der Gedanke gekommen, dass sie ihn und die anderen belauscht hatten und so eine riesige Gefahr darstellten. Doch anscheinend war der Typ blind und ihre Tarnung genau richtig. Grml, diese verdammte Dunkelheit, erst hat sich da noch was bewegt und jetzt ist da nur noch ein schwarzes Loch. Blöde Ratten. Kommt mir bloß nicht zu Nahe. Rociel konnte sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen, doch weiterhin blieb er so still, dass sich selbst sein Atem kaum mehr zeigte. Dann endlich schien der Mann zu gehen, er zündete sich einen Stängel an, eine Erfindung, die er noch in Erinnerung aus dem Sumpf hatte. Das Glühen dieses rauchenden Dinges erfüllte die Luft, dann endlich verschwand er mit einem Kopfschütteln.
Noch lange verharrten sie, schweigend in ihrer Ecke, erst nach ein paar Minuten lösten sie sich wieder. Es war totenstill, kein Wort, kein Geräusch, kein Nichts. Der Geruch des Stängels war zu ihnen gedrungen, es roch würzig und mild, aber nicht sehr stark. Rociel fiel ein Stein von Herzen, als sie ein paar Meter weiter in zwei Biegungen wieder verschwunden waren, erst da verspürte er auch die Lust seiner Schwester einen Kuss zu geben. Nur so…
15.03.2004, 21:47 #13
Isabell
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Isabell erwiderte den Kuss und ließ einen weiteren folgen, doch sie wussten sich zu beherrschen und ließen schnell wieder voneinander. Gemeinsam rannten sie dann noch ein kurzes Stück, kreuzten die Wege und versuchten möglichst Sackgassen zu meiden, bis sie sich endlich sicher fühlten und nur noch langsam weitergingen. Das war ja ganz schön interessant gewesen, was diese Männer da vorhatten. Eigentlich hätten sie sie aufhalten müssen, im Sinne dieses möglicherweise unschuldigen Soldatensohnes, einen möglichen Mord zu verhindern wäre sicherlich nicht unehrenhaft gewesen und möglicherweise auch sehr einträglich für ihre Geldbörse, doch sie konnten beim besten Willen nicht in diese Geschicke eingreifen. Das ging sie nichts an, Gorthar war zwar kaum ein paar Meter entfernt, aber doch hatten sie nicht mehr wirklich viel mit der Stadt gemein. Sie waren keine guten Bürger Gorthars, was wohl daran lag, dass sie niemals zu dieser Stadt gehört haben. Wenn sie überhaupt Bürger einer Stadt waren, dann war es bei ihr Drakia und bei ihrem Bruder Khorinis. Aber sie waren ja nicht nur schlechte Stadtbewohner, auch schlechte Menschen.
Isabell grinste ihren Bruder an, doch war es gar nicht an ihn gerichtet. Sie musste nur schmunzelt darüber nachdenken, was sie da gerade gedacht hatte. Menschen? Menschen wie wir? Oder Menschen wie die Anderen? Sicherlich war es eine Entscheidung gegen das moralisch Richtige, aber was kümmerte sie denn die Moral? Was kümmerte sie denn, was mit einem Gorthaner geschah?

Die junge Frau nahm einen Schluck aus dem handlichen Wasserkrug an ihrem Gürtel und verstöpselte ihn wieder. Noch immer waren sie in dieser verdammten Kanalisation, kein Spiegel weit und breit in Sicht und langsam wurde es Zeit für eine weitere Pause, vielleicht auch mal mit ein paar Stunden Schlaf. Doch noch schien es nicht so weit zu sein, sie verließ sich da ganz auf ihren Bruder, der sicher die richtige Zeit finden würde. Eben, als sie in dieser finsteren Ecke gekauert waren, da hatte sie seine Angst richtig gespürt. Sogar sehen und riechen konnte man sie. Nur hören nicht, denn kein Geräusch war da zu hören. Sie spürte so was ganz selten bei ihm, Angst. Ein Gefühl, dass ihnen so fremd war, da alle Ängste verschwunden waren, wenn sie zusammen waren. Die einzige Angst hatte sie vor der Einsamkeit, keine Angst vorm Kampf gegen fremde Menschen oder unbekannte Kreaturen und Geschöpfe. Nicht mal der Tod konnte ihr mehr Angst machen.

Ein weiteres Mal schweifte ihr Blick zu den Mauern, die mit ihren langweiligen Quadern schon so bekannt waren, dass sie es beinahe nicht mehr ertragen konnte. Genau wie der Boden, auf dem ihre Stiefel nun verhallten, im Gleichritt, Ton auf Ton, liefen sie die lange Leiter des dumpfen Klanges auf und ab. Obwohl diese Kanalisation so langweilig war, konnte man ihr immer wieder einige seltene Eindrücke abgewinnen. Wenn man hier länger lebte, dann wäre es sicher nicht schwer sich wohl zu fühlen, aber für sie war das nichts. Immer wieder durch ein Rattenquieken aufgeschreckt, die ständige Angst vor Leuten wie die, die sie eben belauscht hatten, das tropfende Wasser, das sogar von der feuchten Decke in Form von kleinen Tropfen fiel, der zumutende Gestank, oder sollte man eher höflich Geruch sagen? Mal gab es Risse in einer Wand, mal Rohre, mal Gitter und mal Wasser. Mal Schimmelpilz, mal Zeichen, jeder neue Gang besaß so eine Kerbe, die wohl Zahlen symbolisierten. Sie waren alt und schon beinahe abgetragen, doch irgendwie konnte man sie lesen. Das alles war in der Kanalisation Alltag und sie hatten jetzt Stunden nichts mehr anderes gesehen. Diese Suche nach dem Spiegel. Dem magischen Spiegel. Wo konnte dieses verdammte Teil nur sein? Diese Kanalisation war riesig und bestimmt lag so etwas wertvolles nicht einfach so rum, das hätte man doch bestimmt schon längst entdeckt…Wärst du einverstanden, wenn wir bald unser Lager aufschlagen? Ich weiß zwar nicht, ob es jetzt Nacht ist, aber mein Körper sehnt sich nach Ruhe. Isabell nickte. Meiner ja auch, ich habe nur darauf gewartet. Sie lächelten beide, als ob sie sich danach gesehnt hätten und so war es ja auch.

Ein von vielen toten Winken sollte ihr Lager sein, eine Fackel brannte dort milde, bot ihnen die ganze Zeit über Licht. Außerdem war es trocken und das war sehr wichtig. Es war nicht schön hier eine Nacht oder ein paar ruhende Stunden zu verbringen, denn sie hatte ein wenig die Befürchtung, dass noch mehr Leute hier in diesen Kanälen rumtanzen könnten, aber wer ging schon freiwillig in die stinkende Hölle? Außerdem besaß Isabell inzwischen ein großes Vertrauen in die magischen Eigenschaften von Rociels Amulett und so wurde ihre Furcht gemildert. Sie nahmen viel Speis und Trank. Man war das wieder ein lustiges Beispiel dafür, dass Männer einfach nicht essen konnten. Die ganze Zeit spielte Rociel mit dem geschnittenen Apfel, den Rest mal großzügig ausgeblendet. Oft konnten sie hier ja nicht lachen, aber da konnten sie es einmal. Ihre Rüstung hätte sie gerne ausgezogen, aber da Rociel seine auch anließ, machte sie es ihm nach. Wahrscheinlich war es schon richtig so, trotz des Amulettes war es wohl besser einen gewissen Schutz anzubehalten, obwohl dieser auch nicht wirklich viel brachte, wenn man im Schlaf überfallen wurde. Irgendwann war es dann soweit. Sie lehnten sich gemeinsam gegen eine Wand, wobei ihre Köpfe aneinander lagen, wie schon zu Beginn der Zeit ihres Wissens voneinander hielten sie sich die Hände, es tat einfach gut dieses Gefühl von Sicherheit zu spüren. Man konnte es schwer beschreiben, was dieses Händehalten bedeutete, doch es war sehr wichtig für sie.
Ihre Waffen lagen griffbereit neben ihnen, die Fackel gab wenig Geräusche von sich, ihre Augen schlossen sich nach einem letzten Kuss und die ermüdeten Knochen fingen an ihre Arbeit einzustellen. Alles wurde leichter und schwerer zugleich. Der Körper wurde ruhig und der Atem regelmäßiger. Sie glitten gemeinsam ins Reich der Träume, dort, wo sie so selten ankamen, denn meist wurden sie auf ihrem Weg in ein schwarzes Loch gesogen.

Wer träumt, dem wachsen Flügel.
16.03.2004, 15:40 #14
Heimdallr
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Am nächsten Tage des Herrn, Innos höchstpersönlich, ging es unverdrossen weiter. Doch kein Lichtschein der Sonne ward ihnen Gnade zuteil, sondern nur der Schein der Fackel, unter der sie noch eingeschlafen waren. Süße Träume hatte ihm die Nacht beschert, so schön, dass es schwer war aufzuwachen und sich wieder in diesem stinkenden, dunklen Loch wieder zu finden. Doch nach einem kleinen, ausgedehnten Frühstück ging es weiter. Sie hatten keine Zeit zu verlieren und es war selten so, aber hier wollte er wirklich nicht trödeln, denn es war kein schöner Ort, um zu verweilen. Geschultert die Rucksäcke, angelegt die Waffen und schon setzte sich das kleine Duo in Bewegung. Die nächsten Stunden waren die Langeweile pur, absolut nichts zeigte sich in diesen Gängen. Man mochte meinen, dass man im Kreise lief, da jede Ecke, jeder Gang der anderen glich. Sie sahen so gleich aus, alles dasselbe, dieselbe Farbe, derselbe Aufbau, selbst die Steinquader hatten oft dieselbe Größe und über allem hing derselbe Geruch. Es war zum verrückt werden und Rociel hatte Mühe sich seine Verzweiflung nicht anmerken zu lassen. Er dachte an die Worte von seinem Meister, die noch immer durch seinen Kopf zu schweben schienen, wie er wieder so selbstsicher an sie geglaubt hatte. Aber langsam konnte man echt schwergläubig werden, denn von einem Spiegel war in diesen verdammten Gängen nichts zu sehen. Er wünschte sich endlich Ergebnisse, er wollte nicht mehr hier unten sein, die Natur begann über ihnen ihre Flügel auszubreiten, ihre Samenkörner auszustreuen und ihre Knospen zu entfalten und sie saßen hier unten und verpassten den ganzen Frühling. Dort oben roch die Luft wenigstens nach süßen Blüten und bald würde auch der Flieder seinen Duft wieder über das Land schicken. Bienen würden durch die Lüfte ziehen und Vögel würden aus ihren Reisen zurückkehren, das ein oder andere Tier erwachte schon jetzt aus dem ewigen Winterschlaf und der Wald würde wieder grünen. Ja, die schönen Laubbäume setzten wieder Äste voller grüner Blätter an, sie würden den Wald in hundert verschiedene grüne Töne tauchen. Es würde wieder Leben herrschen, es würde wieder wärmer werden und die Natur bot einem viel Angenehmes zum leben. Rociel freute sich mit verzerrter Miene auf das erste Bad an einem schönen Waldsee. Es war sicherlich nicht leicht so etwas in Gorthar zu finden, doch bestimmt gab es das auch. Irgendeinen einsamen See, der – wenigstens für ein paar Stunden – nur ihnen gehören sollte. Keiner der sie stören sollte, nur die Tiere als stille Beobachter, verzaubern sollten die Vögel mit ihren lieblichen, hellen Stimmen den Ort. Das Wasser wäre bestimmt total klar und spiegelte sich auf der Oberfläche und zeigte ihre Gesichter, bis sie in das Wasser eintauchen würden. Um das Ufer einzelne Walderdbeeren und vielleicht noch etwas grünem Moos…

Für kurze Zeit schwebte auch er kurz in einer anderen Welt, zum Glück unbemerkt von Isabell, die einzuschlafen drohte, doch als er an die spiegelnde Oberfläche dachte, unter der kleine Fische schwammen, biss er sich absichtlich auf die Zunge, da er diese Sinnlosigkeit nicht ertragen konnte. Verdammt, wo ist dieser verdammte Spiegel. Zeig dich endlich, du verfluchtes Teil! Seine Gedanken mochten fluchen, doch sein Gesicht blieb beinahe unbewegt, da es nun wieder über die Ecken und Winkel tastete und alles absuchte, das nach einem Spiegel aussehen könnte. Es konnte doch nicht sein, dass sie erst jeden Winkel, jede Zahl die an einem Gang stand, auswendig kennen mussten. Sollten sie etwa mehrere Wochen hier unten umhersuchen? Mal ganz davon abgesehen, dass ihr Proviant nie solange reichen würde, würde er das garantiert niemals aushalten und Isabell musste es einfach ähnlich gehen. Man musste kein Prophet sein, um dies sehen zu können. Noch heute wollte er dieses Ding finden, doch die Chancen dazu standen schlecht.

Als sie in einen weiteren Gang einbogen, hörten sie nach langer Zeit einmal wieder ein Geräusch. Er hörte es erst sehr spät, da er nicht mehr ganz so aufmerksam war und seine ganze Konzentration dieses Mal auf die sonst so nutzlosen Augen gerichtet hatte. Er hatte da eine starke Trennung zwischen den Sinnen, denn sein Gehör war ihm meistens wichtiger, als die Augen, zumindest war es unbestritten, dass man mit Augen weniger hier unten anfangen konnte. Doch egal, jedenfalls wurden sie mit diesem neuen Geräusch konfrontiert und blieben kurz stehen. Hörst du das auch?, fragte er flüsternd zu Isabell. Ja, hört sich irgendwie nach einem Schmatzen an… Dann war es auf einmal still, urplötzlich und ohne irgendeinen äußeren, erkennbaren Grund. Und jetzt ist es auf einmal weg. Irgendwie war diese Erkenntnis unnötig, denn das konnte Isabell wohl selber hören, doch diese plötzliche Stille machte ihn misstrauisch. Instinktiv umklammerte er seinen Schwertgriff und ging ein paar Schritte in die Dunkelheit hinein, es lag wieder mal in einem Gang mit vielen toten und stockdunklen Winkeln.
Auf einmal spürte er einen Luftzug in dem Gang, einen ungewöhnlichen Luftzug, der sicher nicht vom großen Wind ausging, denn er war auch nur kurz und drang nicht durch eine Ritze. Es klang, als ob Holz aus Holz gezogen würde, er hatte dieses Geräusch in den letzten Tagen bei ihren Trainingsübungen oft gehört. Irgendetwas war da, nur was…
Rociel ging genau im richtigen Moment zurück in den größeren Lichtschein, als eine Keule neben ihm vorbeiging, sofort war er bereit und auch die Schwerter von Isabell tanzten den Tanz mit. Die Gegner machten sich keine großen Mühen im Verborgenen zu bleiben, sie kamen sofort aus der Dunkelheit heraus. Es waren kleine, garstige Kobolde, die nur aus Knochen bestanden. Er hatte so was noch nie gesehen, doch für die nähere Betrachtung blieb nicht viel Zeit, denn ihre Keulen, die mit Nägeln zersetzt waren, kamen bedrohlich nahe, obwohl sie keine sehr große Schlagweite hatten. Ein kurzes Kichern kam aus seinen Munde, als er wieder in Kampfeslust verfiel, spielend zerriss es die Keule eines dieser Kobolde, die einen seltsamen Ton von sich gaben und sein Körper konnte dem Druck einer wirbelnden Klinge zwischen den Rippen nicht aushalten und zerfiel. Doch noch nahm die Verstärkung keinen Abriss, so hieß es weiterhin ernst zu bleiben und nicht in den Leichtsinn zu verfallen. Nachdem der erste Gegner "gesprengt" war, die Knochen riss es weit auseinander, orientierte er sich zu Isabell, an dessen Seite er jetzt weiterkämpfte.
16.03.2004, 17:28 #15
Isabell
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Diese kleinen Mistviecher waren ganz schön schnell und vor allem, ganz schön nervig. Isabell wollte jedenfalls keine Bekanntschaft mit ihren bespickten Keulen machen, denn das würde mit Sicherheit ganz schön weh tun, deshalb hielt sie die Viecher am Anfang erst mal auf Abstand, in dem sie beide Schwerter zur Verteidigung gegen diese blitzschnellen Knochenwesen einsetzte. Doch als Rociel an ihre Seite kam, da war die Deckung so gut wie gedeckt, denn wenn ihr Bruder und sie kämpften, dann hatte das meistens einen ziemlich genauen Ablauf, denn sie mit der Zeit kennen gelernt hatte, aber der noch bestimmt ab und zu eine Überraschung erleben würde. Jedenfalls war Rociel ein sehr taktischer Kämpfer, dem sie es sogar zutraute, dass er während eines Kampfes ganze Feldpläne mit Zügen und Schlagkombinationen durchging. Dabei blieb er allerdings immer für eine spontane Überraschung gut, die aber sowieso zu seinen Plänen gehörte. Sie kämpfte allerdings lieber nach ganz anderen Methoden, nämlich wild und aggressiv. Deswegen war sie sicher weder besser noch schlechter, aber eben anders, doch gerade jetzt, wo es nicht ganz so wild war, blieb ihr die Zeit das zu bemerken und nachdem Rociel zu ihr getreten war, konnte sie viel leichter angreifen.

Sofort fiel einer ihrer Krummsäbel gegen die Schädeldecke, oder zumindest das was man noch als Schädeldecke bezeichnen konnte. Der Kopf baumelte daraufhin und der Körper gab wieder krachend nach. Sie fragte sich, welche Bezeichnung diese Knochenmännchen hatten, oder ob es dafür überhaupt eine Bezeichnung gab, jedenfalls waren sie äußerst schnell aber unbeholfen in ihren Schlägen. Auch diese Nagelkeulen waren nicht wirklich gefährlich, wenn man sie nicht nah genug ranließ. Jedenfalls war es nicht die Gefahr, die sie erst noch erwartet hatten, nachdem diese Wesen so schnell und plötzlich aus einem schwarzen Loch gestürmt waren.
Ein weiteres Mal donnerte eines ihrer Schwerter gegen den losen Oberkörper eines dieser Viecher und ließ den Körper vollends bersten, dann flog ein Stück einer Keule heran und traf einen ihrer Gegner direkt in den Rippen, der Knochige taumelte und hatte so keine Chance auf eine Abwehr ihres Schlages in den Halsbereich. Sie sah ungläubig zu Rociel, der ihren Blick wohl erwartet hatte und zwinkerte, ehe er einem weiteren Knochentänzer die Beine vom Körper wegriss und dem Ding den Rest gab. Scheinbar war er für dieses fliegende Stück Holz verantwortlich. Das war mal wieder typisch für ihren Bruder. Doch egal wo sie diese kleinen Viecher trafen, wirkliche Treffer waren selten geplant. Die rein aus Knochen bestehenden, Wesen reichten ihnen gerade mal bis zum Knie und so war es schwer da gezielte Treffer anzubringen. Doch der Kampf dauerte nicht mehr lange an, eines nach dem Anderen fiel in dem circa drei Meter breiten Gang, sie hatten keine Chance den wirbelnden Schwertstreichen auszuweichen, immer mehr Knochen barsten und stapelten sich in dem Gang. Doch dann endlich hörte der Nachschub auf, drei Stück von den Mistviechern hatte sie erlegt, Rociel mindestens auch, da kam das letzte heraus gekrochen und gemeinsam schlugen sie mit drei Schwertern in Stichform durch den Knochenkörper, was diesen auch zur Aufgabe seines wohl mehr oder minder tollen Lebens zwang. Dann war der Spuk vorbei und Ruhe kehrte ein.
Verdammt, was war das? Kennst du diese Viecher, haben sie einen Namen? Ein ganzes Meer aus Fragen brandete auf ihren Bruder ein, doch dieser schien genauso ratlos wie sie auch. Nein, aber es waren sicherlich keine Tiere. Aber auch keine Menschen. Tja, du weißt, was das heißt. Am Anfang kam sie nicht drauf, aber dann dämmerte es. Beliars Kreaturen? Er nickte nur kurz, ehe er sein Schwert mit einem Tuch von möglichen Verunreinigungen säuberte. Das hielt sie nicht für nötig und ließ die Tharek’Ils so in die Scheiden zurückfahren. Lass uns mal nachsehen, von wo die kamen. Hoffentlich sind da nicht noch mehr. Sie atmete kurz auf und marschierte geradeaus weiter, während Rociel langsam nachkam. Na ja, hat doch Spaß gemacht. Na ja, Spaß nicht direkt, aber es war mal eine Abwechslung gegenüber dieser Langeweile hier unten. Alles was wir finden sind seltsame Wesen und den Müll einer Kanalisation, aber keinen Spiegel, verdammt.

Isabell schritt weiter und bemerkte einen fauligen Geruch in der Luft, der immer stärker wurde, je näher sie kamen. Ob es Glück oder Pech war, dass über dem Ort des Geschehens mal wieder eine Fackel auftauchte sei dahingestellt, jedenfalls konnte sie es sehen. Der Grund für das Schmatzen. An der Wand standen zwei Fässer und ein paar Balken Holz, doch auf diesen Balken lagen zwei tote Ratten, die Großen, total ausgeweidet. Die Innereien lagen teilweise auf dem Boden und das Blut floss in Strömen und wirkte nicht besonders alt. Eher frisch gezapft. Langsam wurde ihr der Anblick zu widerwärtig, die ausgerissenen Augen, die gebrochenen Zähne. Die Viecher waren gerade dabei die Ratte abzuhäuten. Und über allem dieser bestialische Gestank, der nun wirklich nichts mehr mit irgendeiner Kanalisation zu tun hatte, sondern schlimmste Geruchsbelästigung und ein Verbrechen gegen ihre schöne Nase war. Uuuaaargghhhh, ist das ekelhaft. Jetzt bin ich froh, dass wir diese kranken Knochendinger erledigt haben. So was kann sich echt nur Beliar selbst ausdenken, du hast Recht. Komm Bruder, lass uns schnell verschwinden, hier ist garantiert kein Spiegel.
16.03.2004, 19:06 #16
Heimdallr
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Zu einem winzigen Grinsen hatte sich seine Mimik gebracht, wie in einem Schneesturm stehend nahm er dieses Bild war. Ein wirklich schöner Hintergrund, wenn man eine Ode an den Tod richten wollte. Es berührte ihn eigentlich kaum, er hatte diese Rattenmistviecher nie leiden können und so war der Tod von ihnen nicht sonderlich bewegend für ihn, höchstens ihr Zustand, oder sollte man sagen, ihr Aussehen, war nicht gerade appetitlich. Essen wollte er in dieser Gesellschaft wahrlich nicht. Komischerweise spürte er einen sanften Druck in der Magengegend und ein Aufstoßen von bitterer Gallenflüssigkeit, was ihn aber nur zu einem Lächeln und dem Ausspuken jener brachte. Ganz verroht bin ich also doch noch nicht, dachte er leise in sich hinein. In der Tat, vor ein paar Jahren hätte ihn dieser Anblick wohl sehr mitgenommen, auch wenn es nur Ratten waren, schien der Anblick unglaublich grausam zu sein, doch es ließ ihn einfach kalt. Frostig kalt. Eiskalt.

Mit eiligen Schritten versuchte er seiner Schwester zu folgen und wieder Anschluss zu finden, war sie doch schon sehr weit gegangen. Sein Grinsen, sein Lächeln, sie waren einmal, so schnell konnte es sich ändern. Er war wieder in die Suche vertieft, nach diesem einen verdammten Spiegel. Er hatte überhaupt keine Vorstellung, wie groß dieser Spiegel war, doch normale Spiegelwerke waren nicht sonderlich groß. Vielleicht einen Meter hoch, vielleicht auch zwei. Er wusste es nicht wirklich. Die Kanalisation hatte währenddessen ein wenig ihr Gesicht verändert, besaß nun mehr Details in ihrer Trostlosigkeit. Mit Kisten und Fässern in die Bedeutungslosigkeit. So stellte er sich die Eindrücke vor, die er vernahm. Hier musste irgendwann mal etwas gelagert sein, vielleicht war es der Nachschub für irgendetwas. Doch selbst wenn sie neugierig auf den Inhalt von Kisten und Fässern gewesen wären, es war nicht nötig. Denn sie waren alle gesprungen, das Holz war angenagt und gesplittert, große Löcher prangerten da. Einen Inhalt gab es nicht, außer eventuell das eine oder andere Rattennest. So blieb es einfach bei der Feststellung, dass sie jetzt neben kargen Wänden, Schimmelpilz, Fackeln, Wasser, Gestank, Ratten, Idioten, Feinden und sogar Rissen einige geberstete Fässer und Kisten hatten. Und dann waren da ja noch die Gitter, Rohre und neuerdings auch einige, sehr lange, hölzerne, natürlich morsche, Querbalken. Oder waren es Längsbalken? Eigentlich war es ihm egal, nur war das, was sie hier so hatten, nicht unbedingt eine Fülle von Dingen. Er brauchte nur eine einzige Minute in den Wald gehen, egal zu welcher Jahreszeit, und er hatte überall wunderbare Eindrücke, an denen er Tage zehren konnte. Der einzige Lichtblick hier unten war seine Schwester, sie war das einzige, was es sich lohnte anzusehen, weswegen er auch leicht versetzt zu ihr lief, wovon sie aber nichts mitbekam. Eine Zweitbeschäftigung war, neben dem obligatorischen „Such-den-Spiegel“ Schauen, eines seiner Lieblingsbeschäftigungen, von denen er komischerweise gar keine Ahnung hatte. Er versuchte die Holzart, dieser Fässer, Kisten und Quer- oder Längsbalken zu bestimmen. Eigentlich kannte er sehr viele Holzarten, nur hatte er nicht wirklich Ahnung, wie man diese auch bestimmen konnte. So blieb es beim heiteren Raten und nebenbei dachte er wieder an den Wald, wo all diese schönen Bäume wuchsen. Zum Glück betrieb er diese sinnlose Beschäftigung nur für sich, denn es wäre ihm schon peinlich gewesen, wenn jemand von diesem Schwachsinn Wind bekommen hätte, selbst Isabell nicht, aber jeder hatte eben seine Macken.

Doch den Luxus konnte sich der junge Fürst auch leisen, denn viel zu sehen gab es nicht mehr seit dem Angriff der Killer-Krieger, wie er diese Knochenwesen bezeichnete. Vielleicht sollte er Priester Tolban nach ihnen befragen, er wusste bestimmt, was das war. Jedenfalls fühlte er sich nicht schlecht, diese Viecher, mit Hilfe seiner Schwester, erledigt zu haben. Es waren ganz bestimmt irgendwelche Wesen, die Beliar geschickt hatte, denn es gab keine Wesen unter Innos Gnade, die nur aus Knochen bestanden. Das war ein Markenzeichen des Feindes.
Doch so viele Gedanken machte er sich auch nicht mehr darüber. Die Konflikte zwischen ihm und Beliar, bzw. seinen Anhängern waren lange vorbei. Es spielte keine Rolle mehr. Es gab auch keinen Grund mehr, denn ihre Positionen waren klar festgelegt. Kurzzeitig war er einmal ins Wanken geraten, verführt vom eigenen Geist, doch das war ein Fehler, den er bereut hatte, gebüßt und gesühnt. Es gab keinen Grund mehr darüber zu diskutieren. So schritten sie weiter, immer noch auf der Suche nach dem offenkundigen Begin ihres Abenteuers, gesegnet mit Langeweile und ewig gleichen Farbenspielen. Wieso konnte man den Spiegel nicht im Schlaf finden. Was rede ich da eigentlich, langsam werd ich ja verrückt…
16.03.2004, 20:34 #17
Isabell
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Trotz all den seltsamen Vorkommnissen in den letzten Momenten war es doch ein alles andere als aufregender Tag gewesen und die junge Frau fragte sich nicht zum ersten Mal, ob ihre Suche überhaupt eine Aussicht auf Erfolg hatte. Doch sie wollte den Worten des Priesters glauben, der sie sicher nicht einfach so, ohne gewisse Ahnungen hierher geschickt hatte. Allerdings war es mittlerweile wirklich einmal an der Zeit, denn ihre blieb nicht stehen, genauso wenig wie ihre Geduld allmählich sank. Die Motivation war einfach nicht mehr so da. Sicherlich war diese ganze Kanalisation motivationsarm und würde nie so schön sein, wie die freie Natur, doch die Öde war wirklich mittlerweile grenzenlos. Die paar Widersacher, auf die sie bis jetzt gestoßen waren, wirkten so unnormal normal. Man kannte sie nicht, aber sie schienen dennoch in diese Welt hier unter Tage gut zu passen. Da hatte ihr diese Kammer, in der sie anfangs festsaßen, noch am besten gefallen. Am liebsten wäre es ihr allerdings gewesen, wenn sie die Suche hätten oben weiterführen können. Irgendwie eben, nur weg von diesen Gängen. Es stank ihr einfach gewaltig, dazu war ja zumindest der Geruch passend, der es mit dem stinken immer wieder allzu deutlich meinte, aber selbst das war kein wirklicher Ersatz für die verschenkte Zeit. Aber da mussten sie durch, irgendwie, solange Rociel seinen Mut nicht verlor, solange wollte sie das auch nicht und weiterhin an seiner Seite weitersuchen. Mit einem kleinen Lächeln, das an sie selber gerichtet war, machte sich Isabell wieder Mut und begann mit einer neuen Ablenkung. Sie dachte sich ein paar Worte der Dichtkunst aus. Als sie die Fetzen und Wörter in ihrem Kopf einigermaßen klar geordnet hatte, sprach sie das aus, was noch eben in ihrem Hirne kreiste.

Allein, Allein, Allein
Der Dunkelheit kein Schein
Unter der Erde sollen sie sein

Hier unten im unteren Grund
So dunkelt, ein finsterer Schlund
Drum halte ich besser den Mund


Sie stockte plötzlich und ließ ab von den anderen Worten. Irgendwie gefiel ihr das Stück nicht mehr. Lange Zeit herrschte ein großes Schweigen, selbst ihre Stiefel klackten nicht mehr, da sie stehen geblieben waren. Rociel sagte lange kein Wort, als ob er nichts gehört hatte, aber das hatte er bestimmt.
Isabell lehnte sich gegen eine karge Wand, rau und ohne Pracht. Nicht weit von ihnen entfernt schenkte eine der vielen Fackeln einen hellen Schein, erhellte ihre Gesichter. Noch immer tanzte das Licht auf den Konturen, kein ausgeglichener Lichteinfall. Sie mochte in Ruhe in sich kehren und tat das auch. Rociel stand gedankenverloren daneben und hatte ihr den Rücken zugedreht. Es war schön und unheimlich zugleich, denn hier versiegten auch die letzten Töne von Wasser und Ratten. Eine eiserne, in sich gekehrte Ruhe. So schön…

Deine Gedanken kreisen so rund
Warum tust du hier nicht kund?
Willst mir doch etwas sagen
Soll ich die Worte jagen?

Oh Schwester, schenk mir doch ein Lied
Die Melodie soll spüren jedes Glied
Möchte dir erzählen zu deiner Freud
Die Geschichte einer jungen Jungfernbräut.


Isabell sah ihn mit großen Augen an? Ein Lied sollte sie spielen? Hier unten? Zuerst zweifelte sie, aber nachdem ihr Bruder sie mit einigen Küssen überzeugen konnte, legte sie die Harfe in ihre Hand und versuchte ein Lied zu spielen, dass hier unten nicht ganz so schaurig klang, wie die meisten Lieder wohl klingen würden. Für sie war eine Harfe immer vom Wind abhängig, von den lauschenden Bäumen oder den begleitenden Meereswellen, in einer beinahe toten Kanalisation zu spielen, das war für sie fast undenkbar, aber er hatte es ja so gewollt, also erklangen bald helle, ruhige, schnelle und langsame Töne des klimpernden Instrumentes durch den Gang, auf dem sie ihre so monotone Reise gestoppt hatten. Schon nach den ersten Klängen ging es ihr besser, die Musik gab ihr soviel zurück von dem, was sie in letzter Zeit verloren hatte. Es war so viel mehr als nur Töne, die ihre Ohren vernahmen, es waren Ideen, Bilder, Phantasien und Erinnerungen. Und ihr Bruder hielt sein Wort, er erzählte ihr die Geschichte, die er angekündigt hatte.
17.03.2004, 14:53 #18
Heimdallr
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......

Die Jungfrau – I

In einer einsamen, stillen Nacht
Da hat sie ihn einfach umgebracht
Vergiftet mit einem grünen Trank
Schenkte sie ihm als letzten Dank…

Sie stahl sein Gold und auch das Schwert
Für den Tod des Mannes, das war es ihr wert
Sie floh von dannen in den Wald
Dort war es düster und auch kalt…

Die Jungfrau blieb nicht lang allein
Bald stand sie schon an einem Schrein
Dem Walde geweiht aus Blättern und Laub
Geheilt wurden Leute, ob stumm oder taub…

Sie weinte ganz laut, sie sollte bitten
Hatte sich mit den Göttern zerstritten
Gesehen die Buße, geglaubt die Sühn
So ward sie belohnt für ihre Müh’n

Dada Dida Dadadadi, Dada Dida Dadadada,
Dada Dida Dadadadi, Dada Dida Dadadada.
17.03.2004, 16:09 #19
Isabell
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Mit großen Augen hatte sie ihre Melodie vorgespielt und war fast gewillt dem Künstler ein wenig Gold zum Lohn zu geben, wenn es nicht ihr eigener Bruder wäre. Das Lied war schön, mit der Zeit hatte die Harfe auch einen schönen Ton bekommen, die schlechten Umstände hier unten waren bald vergessen. Doch ein Kuss war ein schöner Ersatz, so fand sie. In der Tat hatte Rociel Recht gehabt, das Lied war wirklich erheiternd und die schlechte Laune war für ein paar Momente verschwunden, während die Wörter und Verse, die Strophen und länge ertönten, lag die Kanalisation still und starr, wie ein zugefrorener See im tiefsten Winter. Wer jemals an so einem See gestanden hatte, der wusste wie leise es dort war. Da war alles erfroren unter einer dicken Schicht aus weißem Eis und Schnee, kaum mehr Tiere waren zu hören und selbst der Wind war so langsam, dass man meinen wollte, dass ihn die kalte Luft lähmte. Hast du die Verse irgendwo aufgeschrieben, oder sind die gerade erst neu erdacht worden? Ihr Bruder schüttelte den Kopf. Nein, die hab ich mir einfach kurz ausgedacht. Es war ja auch nicht so lang, dass man es sich nicht merken könnte. Hat es dir denn wenigstens ein bisschen gefallen? Isabell lächelte und runzelte die Stirn, das war wieder typisch für diesen Vielfraß, er konnte einfach nicht genug bekommen. Ein zweiter Kuss folgte auf den ersten, ehe sie ihm mit einem breiten Lächeln eine Antwort schenkte. Natürlich hat es mir gefallen du Idiot. Ich hoffe doch, du hast davon noch mehr auf Lager. Auf jeden Fall solltest du diese ersten Worte mal aufschreiben. Du vergisst sie doch bestimmt, dafür kenn ich dich zu gut. So was merkst du dir doch nie! Ihr Bruder holte Pergament und einen schwarzen Stift heraus und schrieb die Worte auf. Ich hab meine Gedanken eben die ganze Zeit bei dir, da kann ich mir keine losen Worte merken, die durch die Lüfte in meinem Kopfe schwirren. Aber in einer Kanalisation hab ich noch nie etwas geschrieben, liegt wohl daran, dass ich zum ersten Mal in einer bin. Aber wenn ich so viel Erfolg habe, dann werde ich mich hier wohl häuslich machen, morgens bis abends arbeite ich hier unten an einem Schreibtisch und abends komm ich dann hoch zum Abendessen und Schlafen. Ich glaube, so stehen mir alle Tore offen, bald werden sie mich zu Hofe laden. Isabell lachte und das war auch gut so, war hier unten doch schon so lange nicht mehr herzlich gelacht worden, überhaupt, sie sorgten für richtiges Leben in den Gängen. Der Nachteil war natürlich, dass man das Lachen auch über weite Strecken hören konnte… Oh man, was du dir immer zusammen spinnst. Ich frag mich, woher du diesen ganzen Blödsinn nimmst, hihihi. Danach legte er den Stift und sein Pergamentblatt zur Seite, dessen Titel Die Jungfrau – I hieß und einen weiteren Teil in Aussicht stellte. Kurze Zeit umarmten sie sich und ließen ihre Köpfe eng aneinander baumeln, aber dann flüsterte er ihr ins Ohr. Komm, wir müssen weiter. Isabell seufzte, eigentlich wollte sie nicht weg, war es doch im Moment so schön und ein weiteres Suchen würde nur wieder so uninteressant, aber ihr Bruder war hart und unnachgiebig. So legte sie ihre Harfe wieder zurück in den Rucksack und machte sich bereit weiterzugehen.

Ihr Weg führte sie schnell in einen weiteren Gang, der nur wieder in einem zweiten Gang führte. Die Gänge waren nicht oft verzweigt, hatten aber unzählige Nebengänge und Abbiegungen. Die Gitter sahen sie von der Seite an, feste Eisenwindungen, aber meistens doch nur altes Eisen, das man mühelos hätte zertrümmern können, doch gebracht hätte es gar nichts. Isabell war wieder viel motivierter und musste dafür nicht mal die ganze Zeit an ihre kleine Pause denken, jetzt war wieder das Jagdfieber in ihr ausgebrochen, sie wollten nun endlich diesen Spiegel finden, koste es was es wolle, es galt keine Zeit zu verschwenden. Nach einiger Zeit kamen sie wieder nach langer Zeit an eine Abzweigung, wo sogar drei Gänge zu ihrem Leitwesen fortführten. Nun hatten sie die Wahl. Doch diese war stark eingeschränkt, denn es galt zwischen drei verschiedenen Möglichkeiten zu entscheiden, von denen möglicherweise eine die richtige, die wichtige war, möglicherweise aber auch alle drei auf dasselbe hinausliefen. Die Entscheidung dauerte ein wenig. Ihr Bruder sah nachdenklich aus, hielt sich den linken Zeigefinger an das Kinn und tippte darauf. Eigentlich wusste sie gar nicht, wie sie dabei nachdenken sollte, denn es gab nichts, aber wirklich gar nichts, nicht mal den Hauch eines Nichts, den sie als logischen Ansatz hätten verwenden könnten. Also konnte man es als Glücksspiel sehen, eine Chance von eins zu drei. Ihr werdet an der richtigen Stelle einsteigen… Ein Murmeln drang aus dem halbgeschlossenen Munde ihres Bruders, komische Silben, die zu einem Grummeln verworfen wurden.

I: Was meinst du?
R: Ich dachte nur gerade an die Worte von Meister Tolban. Wir werden an der richtigen Stelle einsteigen, hatte er gesagt. Ich bin mir unschlüssig, ob wir nicht was übersehen haben. Und auch diese drei Gänge hier. Sie sehen aus, wie ein Rätsel. Sie mögen unscheinbar sein und doch könnte es mehr als nur eine einfache Wahl zwischen drei Wegen sein. Du siehst sie doch auch. Lass uns mal ein paar Schritte zurückgehen…
I: Und jetzt?
R: Eins, links von uns, zwei, in der Mitte, drei, rechts von uns. In Ordnung?
I: Ja!
R: Also, die drei die scheidet aus. Es gibt nichts, was wir mit der drei verbinden oder?
I: Hm, ich weiß nicht…ich denke nicht.
R: Hm, bleiben noch die Mitte oder der linke Gang. Wir müssen uns an den Zahlen orientieren. Mit was verbinden wir uns? Ist es die eins, weil wir beide das eine suchen, weil wir beide das eine sind, von einem Blut abstammen, eins geworden sind, eins für den Sieg, den Sieger, die Siegerin steht? Der Erste ist immer der Mächtigste, der Stärkste, der Klügste, der Schönste, der Schnellste. Aber ist es wirklich die Eins? Ich meine nicht…
Die goldene Mitte ist meine Wahl.
I: Wir sind zu zweit. Unsere Körper sind zwei. Unsere Liebe ist zu zweit. Wir leben zu zweit. Und ist es Zufall, dass du bereits zwei Amulette hast?
R: Heißt das, du bist auch der Meinung, wir sollten den mittleren Gang nehmen?
I: Ich glaube das, an was du glaubst. Und wenn du der Meinung bist, dass diese Gänge für die drei Zahlen stehen, dann wird es die Zwei sein, da bin ich mir sicher.
R: Dann lass uns den mittleren Gang nehmen. Ich denke das ist es, was Meister Tolban gemeint hat, wir müssen uns auf unsere Gefühle verlassen und keiner Logik nachgehen.
17.03.2004, 18:10 #20
Heimdallr
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Und so war ihre Entscheidung also gefallen. Sie wollten den mittleren Gang nehmen. Er hatte es im Gefühl, dass dies eine richtige Entscheidung darstellen würde, ganz bestimmt sogar. Es konnte gar nicht anders sein. Wenn sie sich auf ihre Gefühle verließen, dann kam das Richtige dabei heraus, da war er sich sicher. Doch in den ersten Minuten tat sich nichts sonderliches, er notierte sich nur in seinem Gedächtnis: Selbe Steinquader wie zuvor. Kein anderer Geruch, immer noch unangenehm, eine Ratte huschte vorbei, Wände haben auffallend viele Risse, Fackeln regelmäßig, alle fünf Meter, keine Veränderung des Bodes, scheint nicht hohl zu sein, Weg lange geradeaus, dann eine Links- und eine Rechtskurve. Beide waren quadratisch. Scheinen jetzt auf demselben Gang zu sein wie zuvor zu sein, nur mit Umwegen. Stimmung erwartungsfroh. Und eben auf jenem gradlinigen Gang waren sie jetzt. Er war extrem eng, man konnte es direkt sehen und nicht nur denken. Auf zwei schmale Meter war die Breite in dem immer noch fünf Meter hohen Gang gesunken. Sie passten gut nebeneinander, aber neben ihnen war nur noch wenig Luft. Die Fackeln hatten so eine viel intensivere Wirkung. Auf einmal schreckten sie beide auf, denn sie vernahmen etwas äußerst ungewöhnliches. Das hieß, so ungewöhnlich war es gar nicht. Knochen! Da lagen ein paar Knochen in einer Ecke, zwischen ihnen lag ein Schwert und ein paar rostige Behälter. Glassplitter lagen daneben und sonst war da nichts. Das Skelett schien aber nicht mehr ganz zu sein, zumindest war kein Kopf zu erkennen und so wirklich menschlich wirkte auch der Rest nicht. Sie ließen es einfach liegen - was sollten sie schon mit einem Skelett anfangen - und gingen weiter. Der Gang schien immer enger zu werden, doch dieses Mal täuschte sich seine Wahrnehmung, die zwei Meter wurden konstant gehalten, bis sie dann an eine Abbiegung kamen. Die Abbiegung ging ganze zwei Schritte, dann war Schluss. Sie standen vor einer Wand. Eine Sackgasse? Hatten sie tatsächlich den falschen Weg gewählt?

Nein, denn dieses Mal machten es sich bestimmte Personen einfach zu leicht. Isabell deutete auf die Stelle in der Mauer und er nickte, hatte er es doch auch schon gesehen. Da gab es doch eine Mauer, die so gar nicht wie eine Mauer aussah. Der Mörtel sah noch richtig frisch aus, doch das war eine Täuschung, sah er doch schon Jahrzehnte so aus. Doch er war viel zu dünn benutzt worden. Außerdem fiel noch etwas Weiteres auf. Die Mauer war mit dünnen Rissen übersät. Schon auf ihrem Weg hatte er das bemerkt, dass hier einiges brüchig erschien und etwas verbergen könnte, doch nun war es ziemlich offensichtlich. Dahinter befand sich etwas. Was, das wollten sie herausbekommen. Er blinzelte zu seiner Schwester und bat sie ein paar Schritte nach hinten zu gehen, dann nahm er die wenigen Schritte Anlauf und ließ mit voller Wucht seinen rechten Fuß dagegen prallen, doch mal abgesehen davon, dass danach sein Zeh wehtat, passierte nichts, bis auf ein Ruckeln. Kein einziger Stein wollte sich bewegen. Verdammt, was ist das? Isabell kam wieder zurück und schüttelte den Kopf. Danach zog sie frech wie sie war, ohne zu fragen einen seiner Dolche aus seinem Gürtel. Das brachte ihn nur wieder auf die Idee, dass er endlich die Schnallen in seinen Stiefeln erneuern lassen musste. Doch er wollte dazu nichts sagen und sah zu seiner Schwester. Diese machte sich mit diesem dünnen Dolch an der Mauer zu schaffen und kratzte den Mörtel aus den Ritzen. Sie entfernte nur eine winzige Stelle, aber es reichte, dass sie auf die andere Seite sehen konnten. Es war nur eine geringe Schicht gewesen und doch hatte sie dem Aufprall standgehalten. Warum blieb ihm immer noch ein Rätsel. So du Held, du darfst noch mal. Aber diesmal auf die eine Stelle zielen ja? Hämisch grinsend steckte sie den Dolch wieder dorthin zurück, wo er bis eben noch lag, dann ging sie wieder zu ihrer alten Position. In Ordnung, wie du meinst. Er hatte darauf nichts zu kontern und so nahm er ein zweites Mal Anlauf und trat auf der Stelle auf, an der das feine Licht herein schien. Krachend fielen gleich beim Aufkommen die ersten Backsteine heraus, fielen polternd zu Boden und machten ein großes Loch frei. Andere Steine blieben lose oder zumindest wackelnd in der Mauer liegen. Auch sie warfen sie hinunter, damit sich das Loch vergrößerte. Zuerst wollte Rociel sofort durchkriechen, doch das ließ er tunlichst, als er merkte, wie tief es runter ging. Eine Kammer war zu sehen, seltsame Stücke lagen dort herum, auch dort brannten Fackeln, doch es ging mehr als zehn Meter hinunter und es stand weit und breit keine Leiter. Nur auf der anderen Seite war eine Treppe, nur blöderweise war die eben ein paar Meter zuviel entfernt, ein Sprung hätte ins Bodenlose geführt. Rociel ging zurück und ließ seiner Schwester den Blick durch die Wand genießen. Hast du eine Idee. Bis jetzt ist dir doch immer noch was eingefallen. Verdammt, es muss doch einen Weg geben. Wenn ich nur wüsste was...
17.03.2004, 19:29 #21
Isabell
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Lange sah Isabell nachdenklich über den Spalt. Es gab keinen noch so kleinen Sims, an dem sie bis zur anderen Seite gelangt wären. Es gab da nur diesen kleinen Balkon, von dem dann die Treppe weiterführte, doch der war mindestens sechs, sieben Meter entfernt, ein Sprung war dabei unmöglich. Sie begutachtete aufmerksam den Raum, der durch zahlreiche Fackeln ausreichend beleuchtet wurde, doch eine Lösung mochte ihr nicht einfallen, da konnte sie noch so lange rumschauen. Sie überlegte, wie sie es anstellen konnten, doch im Moment war ihr Kopf scheinbar blockiert. Ich hab keine Ahnung, tut mir leid. Natürlich waren sie beide wieder ziemlich bedient, denn nachdem sie sich für diesen und keinen anderen Weg entschieden hatten, wollten sie natürlich weiter. Die Entdeckung dieser Kammer da unten, die war sensationell, schließlich war sie absichtlich vermauert, denn diese Mauer war noch nicht ursprünglich da gewesen, doch jetzt stockten sie. Wurden durch diesen Mist aufgehalten. Schon in Ordnung, was hältst du davon, wenn wir eine kleine Pause machen und uns stärken? Eine wirklich gute Idee, die natürlich ihre Zustimmung fand. So setzten sie sich gegenüber auf den Boden und kramten in ihren Proviantsäcken nach etwas zu essen. Isabell nahm sich nur einen Apfel, dazu trank sie reichlich Wasser. Sie hatte keinen sonderlichen Appetit, während sich Rociel ein dickes Schinkenbrot schmierte. Nachdem sie sich eine zeitlang stumm angesehen hatten und ein wenig in Gedanken schwelgten, stand ihr Bruder auf, scheinbar wollte er zurück. Isabell wollte gerade ihren Rucksack verschnüren und ebenfalls gehen, da fiel ihr etwas auf. Spätestens da musste der Gedanke, der Blitz, der Geistesblitz gekommen sein. Sie kramte etwas in dem Rucksack, um ihrer Idee nachzugehen und zog dann das Seil hervor. Das war es! Die Idee! Hey Bruderherz, ich hab es. Verwirrt blickte er sich um. Was hast du? Die Idee? Sie nickte zustimmend. Ja, sieh her. Weißt du was das ist? Ein wenig überrumpelt stotterte er: Ein Seil? Wieder nickte sie, leicht höhnisch grinsend. Ja du schlauer Junge, das ist ein Seil. Und dieses Seil hat uns dein genialer Priester eingepackt. Und weißt du auch, was man mit einem Seil machen kann? Ihr Bruder musste sich wie auf der Folterbank vorkommen, lauter stupider Fragen ausgesetzt zu sein, doch er nahm es mit Fassung, zumindest brachte die Fragerei ihn aus dieser nicht heraus. Mit einem Seil kann man klettern…ahhhh jetzt versteh ich endlich, was du eigentlich von mir willst. Das…das ist genial. Natürlich. Wenn wir nicht auf die andere Seite kommen… - …klettern wir einfach die zehn Meter runter, du hast es erfasst. Das einzige Problem ist, dass wir eine feste Stelle finden müssen. Viele gibt es nicht davon. Das einzige was sich anbietet ist die Mauer. In der Tat gab es nicht wirklich viele Stellen, an denen sie ein Seil anbringen konnten, doch in der Not war man erfinderisch, sie waren da eher filigran. Diesmal habe ich eine Idee. Pass auf! Ihr Bruder ging zu der eingekrachten Mauer und warf alles lose hinunter, bis ein halbwegs stabiles Mauerstück noch dastand, zumindest die kümmerlichen Reste. Er machte nun das gleiche wie sie noch eben, er entfernte den Mörtel an einer winzigen Stelle, so dass nur ein winziges Loch, mit nur wenigen Zentimetern Durchmesser entstand. Durch dieses passte das Seil gerade so durch, natürlich an der Seite, wo es auch herunterfallen sollte. Isabell passte währenddessen auf das Seil auf, hielt immer mindestens ein Teil, damit es bloß nicht herunterfiel, denn das wäre das definitive Ende gewesen. Bald schon war ein dreifach geschnürter, präzise gewobener Knoten auf der hinteren Seite der Mauer, so dass das Seil unmöglich fallen konnte. Es gab nur noch zwei Möglichkeiten, entweder die Mauer stürzte, logischerweise mit dem Seil, bei dem Gewicht das auf ihr lastete ein, oder es hielt sie. Da sie einige Stücke des Seiles für Knoten und die Windungen opfern mussten, baumelte es zwei Meter über dem Boden, doch das war ja noch zu ertragen, ein Sprung aus dieser Höhe war sicherlich kein Beinbruch. Doch alles kam nun darauf an, wie belastbar die Mauer war und wo die Druckgrenze lag. Willst du zuerst oder soll ich?, fragte sie mit verwirrtem Blick, doch ihr Bruder zeigte schon in seiner Körpersprache, dass er gehen wollte. Lass mich als Ersten runter. Ich glaube, ich wiege etwas mehr. Das könnte ein Vorteil sein. Natürlich war jede Erklärung fadenscheinig, denn sie hätte genauso gut sagen können, gerade weil sie leichter war, wäre es besser als erstes zu gehen. Doch es war ihr eigentlich Recht, dass er zuerst gehen wollte. Sie riss sich nicht drum. Zehn Meter Höhe, das war ganz schön viel Holz. Es gab eine Schmerzgrenze, ab dieser war es ungefährlich bis kaum gefährlich, aber wenn das Seil bei sieben oder sechs Metern reißen würde, dann wäre das überhaupt kein Trost. Ich bin noch am überlegen. Was machen wir mit den Rüstungen. Sie bringen ziemlich viel Gewicht drauf, können aber bei einem Sturz lebensrettend sein…aber ich werde es riskieren, ich zieh meine Rüstung aus. Das spart Gewicht. Rociel zog den edlen Panzer aus und schon sah man ihm wieder an, dass er nicht in hohen Gewichtsklassen mitspielte, aber deswegen liebte sie ihn ja auch, ganz sicher nicht nur, aber bestimmt auch deswegen.

Dann war es soweit, die Veranstaltung, das Spektakel konnte beginnen. Wie ein Spießrutenlauf, so kam es ihr vor, aber was tat man nicht alles für ein winziges Artefakt, das nicht mal da unten lag. Das Seil baumelte unten und Rociel heftete sich an den Stein und baumelte kopfüber. Mit einer Hand hielt sie ihn noch, solange, bis er beide Hände um das Seil hatte. Danach begab sie sich sofort auf ihren Posten, der sehr stressig war. Mit einem Auge blickte sie auf die Mauer, mit einem auf ihren Bruder und mit den Händen hielt sie das Seil fest. Das konnte unter Umständen auch einen Sturz verhindern, fragte sich nur, ob sie es überhaupt halten konnte. Sie hoffte nicht, dass es soweit kommen würde. Schon nach wenigen Sekunden begann die Mauer zu stöhnen und Isabell dachte nur "Das geht nicht gut", was sie mehrmals vor sich hin murmelte, doch erstaunlicherweise hielt die Mauer. Es dauerte nicht lange, bis Rociel die Fünf-Meter-Marke erreicht hatte, denn an einem Seil nach unten zu kommen war wesentlich leichter, als nach oben zu klettern. Doch noch war er nicht sicher unten und das Seil in ihren Händen vibrierte weiterhin stark.
Dann endlich war es geschafft, zwei Meter über dem Boden, hatte er das Ende des Seiles erreicht, hängte sich mit den Händen an den letzten Stumpf des Seiles, das im übrigen aus Hanf geflochten wurde und sprang. Ohne Probleme beobachtete sie, wie er sich sicher auf dem Boden abrollte und wieder aufstand. Geschwind rannte er dann die Stufen der steinernen Treppe hinauf und trat auf den Balkon. Sie konnten sich beide sehen, beider auf selber Höhe, nur lagen sechs, sieben Meter zwischen ihnen. Es hält. Jetzt bist du dran, warte noch, ich komme wieder runter. Erneut lief er hinunter und war dann wieder so klein dort unten, wo sie auch gerne schon wäre. In Ordnung, wirf erst mal meine Rüstung runter. Aber sei bitte vorsichtig mit dem guten Stück und wirf es am besten langsam runter. Sie konnte nur über die Aussage von Rociel staunen, denn das verwunderte sie sehr. Werfen? Bist du des Wahnsinns Bruder? Diese Rüstungen würden dich erschlagen. Nene, warte mal lieber auf deine geniale Schwester. Dann zog sie das Seil wieder hoch, bis es endlich wieder oben war. Sie band das zweite Ende mit der Rüstung zusammen, ließ es erst durch eine Armöffnung und dann überkreuz durch die andere Öffnung gehen. Zu allem kam ein großer Knoten, der die paar Sekunden halten sollte. Pass auf, eine Sendung per Luftfracht! Sie ließ das Seil ein zweites Mal vorsichtig fallen mitsamt der Rüstung. Auch dieses Mal hielt es, nur eines hatte sie nicht bedacht, das Seil stoppte zwei Meter über dem Boden und leider, obwohl eigentlich zum Glück, war ihr Bruder nur knapp unter dieser Marke gewachsen. Doch auch hier sollten eine Idee und das Glück weiterhelfen. Denn auch in dem Raum standen Kisten und eine dieser morschen, gesplitterten Kisten zog Rociel unter das baumelnde Seil. Sie hatten Glück, denn das Holz hielt. Mit den sicherlich gut achtzig Zentimetern reichte er bis zu dem Seil und konnte seine Rüstung abnehmen. Was ist mit dir, nimmst du die Rüstung oder nicht? Wenn nicht, dann lass sie gleich runter, solange diese Holzwurmwohnung noch hält. Isabell wusste nicht so recht, sie hatte Ashisou gerade erst bekommen und sollte sich schon wieder von ihr trennen? Aber nein, sie gab nach und entledigte sich der weißen Edelrüstung und band sie an das Seil, ehe sie den schon fast zum Ritual gewordenen Vorgang wiederholten. Alles ging glatt, nun kam es nur noch auf das eine einzige Mal an. Rociel stand unten, hatte die gefährliche Kiste weggestellt und wartete unten auf ihre Ankunft. Leider hatte sie niemanden mehr, der nun das Seil oben hielt, sie würden es auch nicht mehr mitnehmen können, doch über den Rückweg machten sie sich weniger Gedanken als über den Weg nach unten. Sie kletterte vorsichtig über den schmalen Sims, der nur vorne stand und ein Teil dieses Balkons war und hielt sich mit beiden Händen am Seil fest. Sie atmete tief durch, die Anspannung stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben, noch war über ihr alles ruhig, doch schon nach zwei Metern begann es oben zu knacken. Zuerst lösten sich einzelne Kiesel, doch dann zerrte das Seil immer heftiger an den Steinen. Dadurch das niemand mehr hielt war die Reibewirkung unglaublich hoch und die wacklige Mauer wurde richtig festgeschnürt, dadurch brach sie nun und obwohl die junge Frau unglaublich schnell, flink und so leicht wie möglich kletterte, stürzte die Mauer, mitsamt des Seiles ein. Vier Meter über dem Boden spürte sie keinen Widerstand mehr und fiel. Ins Bodenlose…
17.03.2004, 20:29 #22
Heimdallr
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Oh verdammt. Nein! In seinem Kopf spielte nur ein schlechtes Spiel, das war doch alles nicht wahr was er da sah. Seine Schwester konnte gar nicht fallen. Wieso hielt diese bescheuerte Mauer nicht. Beliars Fluch oder was traf sie da? Die Steinbrocken fielen hinunter, mal kleinere mal größere Stücke, doch nicht nur sie fielen, auch Isabell fiel und das sah nicht wirklich gut aus. Du wirst nicht fallen, niemals., sprach es still in seinem Kopf. Es blieb nicht viel Zeit zu reagieren, Sekunden entschieden, aber er war zum Glück schon seit ihrem Abstieg unter dem Seil gestanden. Es waren vier Meter. Nur vier Meter oder ganze vier Meter war bloß die Frage.

Isabell fiel, direkt in seine Arme, so war es zwar, aber eben doch nicht ganz. Die Bezeichnung ganze vier Meter war die richtige gewesen. Sie fiel geradezu sanft in seine Arme, doch der Druck des Falles war zu groß, man konnte einen Menschen, so leicht er auch war, nicht wie einen Rucksack oder einen noch kleineren Gegenstand auffangen. Er taumelte nach hinten, mit voller Wucht und nicht einfach im Ausrutschen oder im kontrollierten Fall, sondern mit voller Wucht riss es ihn nach hinten. Schmerzhaft prallte der junge Fürst mit dem Hinterkopf auf dem Steinboden auf, fuhr reflexartig hoch und kam ein zweites Mal, allerdings stark abgeschwächt auf dem Steinboden auf. Dort blieb er für einige Sekunden liegen, bewusstlos und ohne Augenlicht, eine schwarze Ohnmacht hatte ihn erfüllt, doch das Schicksal meinte es gut mit ihm, es war nur eine Sekundenohnmacht. Noch im selben Moment wie seine Schwester kam er wieder zu sich. Isabell hatte auf seinem Oberkörper, unter dem er nach wie vor nur das dünne, schwarze Samthemd trug, eine fast schon unverschämt weiche Landung gehabt, war sogar mit dem Kopf beim Aufprall nur auf sein Amulett, anstatt gegen sein Kinn gestoßen. So kam sie nur leicht benommen wieder hoch, während ihn heftige Kopfschmerzen plagten. Oh man, wer hämmert denn da so laut? Ahhh, macht den Hammer weg von meinem Kopf, ohhhh…hey Schwester. Alles gut? Weiche Landung gehabt. Alles noch dran? Isabell sah ziemlich fertig aus, fast ein wenig geschockt, aber es schien nur eine momentane Entrückung gewesen zu sein. Mir geht es gut, aber was ist mir dir, du bist doch total heftig auf dem Boden aufgeschlagen. Rociel stöhnte zwar noch immer, doch selbst das Hämmern wurde etwas besser, als er sich über den Hinterkopf strich. Dabei spürte er eine warme, nasse Flüssigkeit auf seinen Händen. Als er die Hand wieder nach vorne hielt, klebte rotes Blut daran. Richtiges, echtes Blut. Fassungslos sahen sie kurzzeitig beide auf die blutigen Finger. Der junge Fürst kam gar nicht mehr dazu etwas zu sagen, sah nur auf das Blut, was er schon so lange nicht mehr gesehen hatte, doch Isabell wachte als Erste aus der Trance aus und kümmerte sich mit Hilfe eines Tuches um seinen Hinterkopf. Es war alles rot, das Blut hatte schon viele Haare benetzt und gefärbt, doch es schien keine ernsthafte Blutung zu sein. Eine Platzwunde am Hinterkopf lautete die Diagnose von Isabell, die selbst ein Laie hätte fallen können. Eine ernste Sache, aber es hätte weitaus schlimmer kommen können. Du bist verletzt. Ruh dich aus und trink etwas. Wir sollten lieber umkehren. Er konnte Isabell gut verstehen, diese Vernunftader konnte er gut verstehen, aber eine Umkehr kam nicht mehr in Frage. Nein, es geht schon wieder, wir machen weiter. Und eine Umkehr ist sowieso nicht mehr möglich. Zumindest wäre sie mit äußerst vielen Schwierigkeiten verb… Er stockte mitten im Satz. Rociel stand blitzschnell auf, so, wie man es normalerweise nicht von einem Kranken erwarten konnte. Seine Wunde war inzwischen so gut wie möglich von Isabell versorgt worden, doch er brauchte keine Pause. Er war nach dem kurzen Aussetzer wieder voll einsatzfähig und fühlte sich bereit das Abenteuer weiter zu bestehen. Innerlich dankte er Innos in einem kurzen Gebet, dass sie das überstanden hatten, nie hätte er sich verziehen, wenn Isabell unglücklich gefallen wäre…da war eine kleine Kopfverletzung sein geringstes Problem. Doch jetzt stockte er nicht deswegen, nein, er hatte etwas gehört. Ein Geräusch… Was ist? Warum stehst du mit deiner Verletzung auf? Rociel legte den Finger auf die Lippen, was Ruhe bedeutete, eiserne Ruhe, Schweigen. Flüstern. Pssst. Lass meine Verletzung eine Wunde sein, hörst du das nicht? Da. Aus dem Gang. Stimmen. Geräusche. Ich höre sie. Ein Kratzen. Ein Schaben. Irgendetwas ist da. Es war der einzige Gang, es sah ähnlich der Konstruktion aus, die sie schon kannten. Wie ein zweites Stockwerk der Kanalisation. Doch diese Geräusche gehörten nicht dazu. Ja, jetzt höre ich auch was. Aber nur sehr, sehr leise. Bist du sicher, dass es keine Ratten sind? Natürlich war er sich sicher und schüttelte langsam zweimal den Kopf. Ganz sicher sogar. Das sind keine Ratten. Hörst du nicht? Ein Stöhnen, ein Keuchen. Ein Husten. Das…oh nein… - Was ist? – Ich habe da ein ganz übles Gefühl. Schnell, zieh deine Rüstung an, schnell. Ich auch. In höchster Eile drehte er sich zu seiner Rüstung und legte sie hektisch, aber kontrolliert an, so dass sie wieder seinen Körper zierte und den hageren Mann stattlich pompös aussehen ließ. Doch viel wichtiger war es, dass er so geschützt war. Genau wie Isabell auch. Was glaubst du denn, was ist da? Rociel zuckte nur mit den Schultern. Keine Ahnung, ich weiß es nicht. Aber es wird nichts Gutes. Siehst du mein Amulett. Ach nein, ich vergaß ja, man sieht nichts. Es glüht. Es brennt sich mir in den Hals. Das bedeutet höchste Gefahr für uns. Aber wir müssen da rein, wir haben keine Wahl. Rociels Mine änderte sich blitzartig, als er die Situation endlich verstanden hatte. Er griff sich noch einmal an den Hinterkopf und leckte das rote Blut von den Händen zurück in den Mund. Bist du bereit, es diesen Wesen zu zeigen? Isabell grinste, auch sie hatte keine Angst mehr vor so etwas. Das Training hatte wahrlich gefruchtet, er war stolz auf sich und seine Schwester. Wenn du meinst, dass wir da drin jemanden vermöbeln sollen, dann werden wir das tun.

Er nickte halb, dann betraten sie den Raum, der erst mal einen kleinen Schock auslöste. Neben zwei großen Säulen, die in der Mitte standen und an denen vier Fackeln brannten, lagen links und rechts jeweils drei Särge, an denen es nun immer lauter pochte. Irgendetwas schlug von innen gegen die geschlossenen Holzbehälter. Sie brauchten nicht zu warten, sie brauchten nicht lange rätseln. Die Gestalten zeigten sich. Mit einem lauten Stöhnen und Krachen splitterten sechs morsche Holzsärge auf, empor gestiegen kamen sechs grausam entstellte Menschenkörper, die alle nur ein Wort keuchten. Bluuuuttttttttt.
17.03.2004, 21:29 #23
Isabell
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Jetzt war es also wirklich perfekt. Sie waren im absoluten Irrenhaus gelandet. Diese halb menschlich aussehenden Körper waren wohl echt der Gipfel von Ekel, dass sie am liebsten gar nicht hierher gekommen wäre. Doch so blieb nichts anderes übrig, als zu kämpfen. Dabei hatten sie aber einen entschiedenen Vorteil. Die Körper lagen noch in ihren Särgen und hatten nur einen kleinen Teil ihrer hölzernen Ruhestätte aufgebrochen. Außerdem bewegten sie sich sehr langsam, während sie immer wieder das Wort Blut auskeuchten, was wohl eine Anspielung auf das geflossene Blut von ihrem Bruder war. Ihre Stimmen klangen allesamt hohl und ihre Stimmbänder zerrissen, doch für solche Beobachtung blieb kaum Zeit, denn der Tanz der Klingen hatte begonnen. Sie einigten sich jeweils auf eine Seite, ein kurzer Blickkontakt genügte. Dann schwang sie sich auf die rechte Seite und zückte ihr Schwert. Besser gesagt, beide Klingen. Sie donnerten in die Brust des noch halb liegenden Toten und ließen ihn sofort zurückfallen. Der nächste hatte sich schon fast befreit, doch auch dem erging es schlecht, hatte er doch keine Waffe sich zu verteidigen und so schlug sie mit voller Wucht zu. Ihr Krummschwert glitt durch seinen Oberkörper und durchfuhr dabei das matschige Fleisch, das so schwarz war, dass man es kaum mehr erkennen konnte. Sie ließ eine Klinge im Körper stecken, da sie die Gestalt vollkommen reaktionsunfähig machte und holte dann mit der linken Hand aus, um im Halsbereich zuzuschlagen. Als der Kopf vom Körper getrennt war, musste sie eilig wieder die zweite Klinge aus dem leblosen Körper ziehen, da der dritte jetzt aus dem Sarg geklettert war und auf sie zu schlurfte. Das ganze lief so unglaublich langsam ab, dass sie sich kurz wunderte, doch dann lief sie auf dieses tote Wrack zu, das mit ausgestreckten Händen wohl am liebsten an den Hals der quicklebendigen Frau wollte, um sie zu Tode zu würgen, doch ein Kontakt mit diesem gestorbenen Fleisch wollte sie vermeiden und so nutzte sie ihren Vorteil der Reichweite und rammte dem Toten beide Klingen in den Magen. Die Gestalt taumelte – wieder mit komischen, schrecklichen Geräuschen - nach hinten, doch Isabell kümmerte sich nicht drum, sprang auf einen der gesplitterten Särge, nutzte den Schwung und sprang von dort wieder zurück zu dem einstigen Bewohner. Mit einem Tritt in die Magengrube ließ sie den Gegner ächzend zu Boden taumeln ehe sie die Schwerter wieder raus zog. Alle drei schienen erledigt und die junge Frau schaute zufrieden zu ihrem Bruder, der ebenfalls beschäftigt war. Allerdings hatte er noch alle drei Toten auf dem Hals. Doch gerade in dem Moment, wo sie schon zu ihm laufen wollte, sah er zufällig zu ihr, hatte aber natürlich einen anderen, besseren Blickwinkel. Schwester, hinter dir! Nach den Worten richtend drehte sie sich um, wo einen Meter vor ihr wieder so ein Monster auftauchte. Sie sah geistesgegenwärtig zu der Stelle, an der sie den ersten dieser Wesen gefällt hatte, da klebte nur noch eine schwarze Flüssigkeit. Sie verstand, dieser Tote war anscheinend wieder aufgestanden, doch zuerst einmal musste sie ausweichen. Mit den Armen taumelnd rettete sie sich nach hinten, während die Arme des schwarzen Toten, dessen einst so menschliches Gesicht mittlerweile ohne Konturen war und nur noch leere, schwarze Augenhöhlen zeigte, gierig nach ihnen griff. Ein murmelndes, stöhnendes Geräusch drang aus dem Mund, der lange schon kein Gebiss mehr hatte und jagte ihr eine Gänsehaut über den Rücken. Doch noch etwas anderes jagte und zwar ihre Schwerter den Tod. Dieses Mal machte sie keine Kompromisse, eins, zwei, drei, vier, fünf Schläge trafen die Gestalt am ganzen Körper, danach riss sie den Arm herum und schlitzte über das kaum vorstellbare Gesicht. Sofort fuhr sie herum und jagte dem Wesen wieder eines der Schwerter in die Magengrube, was wieder für enorme Lähmung sorgte, wahrscheinlich aufgrund der Wucht des Eintrittes, in das faule Fleisch. So hatte sie genug Zeit auszuholen und das tat sie auch. Ein weiterer Schädel, der einst einem Menschen gehört haben muss, landete wie ein Ball im Korb, im Sargdeckel, der tote Rest war jetzt noch ein Stückchen lebloser und blieb ohne Kopf stehen. Isabell ertrug diesen Anblick nicht und versetzte der kopflosen Leiche einen Tritt, diese fiel daraufhin um und blieb für immer und ewig dort liegen.

Kurz schnaufte sie durch, doch in dem Moment als sie sich umdrehte blickte sie in das Gesicht eines weiteren Gesichtslosen, so nah hatte sie diese noch nie gesehen und es war wirklich schrecklich, nicht nur der Anblick, sondern auch die Tatsache, dass es so nah war, die Fingerkuppen, die verfaulten, befanden sich in Griffweite und sie sah sich schon einer Berührung ausgesetzt, als sie ein kurzes Geräusch vernahm, dass so klang, wie wenn Stahl durch faules Fleisch stieß. Einen Schritt zurücktreten bitte. Die fast schon gewohnte Stimme klang in dem Moment so fremd, doch Isabell wich trotzdem einen Schritt nach hinten, auf einmal durchzuckte glänzendes Metall die Stelle, wo eben noch der Kopf war und auch dieser Tote wurde zum Kopflosen degradiert. Der Körper fiel sackend zusammen und da wo eben noch eine schwarze Horrorgestalt stand, kam ihr ein sehr vertrauter Mensch in den Blick. Wie hast du das denn gemacht? Eben noch so…und jetzt so. Rociel lächelte milde. So kannte sie ihn.[/i] Nun erst so, dann so, dann wieder so und jetzt so. Eigentlich ganz einfach. Nein, ich habe Vertrauen in mein Schwert, in meinen Körper und meine Seele. Aber das diese Mistviecher nur tot bleiben, wenn man ihr verfaultes Gehirn abhackt, das hätte ich auch nicht für möglich gehalten. Das ist ja wie in einem Horrorkabinett. Man, wer außer Beliar, lässt sich solche kranken Sachen einfallen. Widerlich. Bist du in Ordnung?[/i] Ihr Bruder strich ihr einige zerzauste und wohl auch verschwitzte Haarsträhnen aus dem Gesicht und gab ihr einen Kuss auf die Stirn, ehe er wieder zwei Putzlappen für ihre Schwerter zückte. Hm, mir geht es immer noch gut. Aber langsam geht das an die Substanz. – Dann lass uns erst mal eine große Pause machen. Wir gehen zurück in den Raum… Er deutete dabei auf den Raum, von dem sie gekommen waren wo auch das Seil noch lag. …und dann werden wir mal schauen. Ich denke nicht, dass uns hinter dieser morschen Holztür etwas Besseres erwartet. Vielleicht wird es unsere letzte Pause werden.
Einigkeit herrschte meistens, wenn es um Pausenentscheidungen ging, so auch hier. Sie verzogen sich bis auf den Balkon, der auf der intakten Seite. Der war zwar eng und klein, aber verdammt sicher, hier angegriffen zu werden war sinnlos, jeder Angreifer würde scheitern, außerdem gab es diese zum Glück erst mal nicht, oder besser gesagt nicht mehr. Die Nerven lagen nicht unbedingt blank, aber Ruhe war jetzt das, was sie am meisten brauchten und Innos meinte es gut mit ihnen, sie bekamen Ruhe, Geräusche von Ratten, Wasser oder auferstandenen Toten gab es erst mal nicht. Sie konnten sich ein wenig ausruhen…
18.03.2004, 18:41 #24
Heimdallr
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Bei allen Göttern, er wünschte sich endlich diesen verdammten Spiegel herbei. Wenn ihr Weg hier nicht bald Erfolg haben würde, dann gab es selbst für sie Probleme. Über den Proviant machte er sich noch keine Gedanken, das war kein Thema und auch ihren Schlaf hätten sie sicher bekommen, doch selbst Rociel war angespannt wie noch nie. Wenn sie erst mal diesen Spiegel gefunden hätten, dann wäre der Weg sicher weniger schlimm, doch bis dahin. Es waren ja nicht mal diese ganzen komischen Gestalten, denen sie begegnet waren. Lebende Skelette, flinke Knochenkobolde, stinkende, auferstandene Tote oder selbst diese Riesenratten, alles war nicht normal und doch akzeptabel. Wenn da nur nicht diese Angst vor dem Versagen wäre. Diese schleichende Wahnsinn, der sich in seinem Kopf festsetzte und wie eine Krankheit langsam in Richtung Kopf-Gehirn lief. Die Dunkelheit war nicht schön und verstärkte den Eindruck noch viel mehr. Eigentlich kannte er diese Situation ja, war er doch auch bei der ersten Suche sehr oft verzweifelt gewesen, da sich die Wege und Möglichkeiten nicht immer ganz klar vor ihm abzeichneten, doch wenigstens war er jetzt nicht alleine. Es war sehr schwer, wohl unmöglich zu beschreiben, wie wichtig seine Schwester in diesen Zeiten war. Sie waren ein gutes Duo, jeder half dem Anderen wo es ging, doch nicht einmal die aktive Hilfe war so wichtig, der passiven Hilfe kam noch viel mehr Bedeutung zu. So fand er es einfach nur unheimlich beruhigend eine Deckung an seiner Seite zu haben und nicht blindlings in eine Falle zu laufen, aber auch wenn er in ihre tiefen, braun-roten Augen sah, gab es ihm so viel Kraft und Hoffnung zugleich. Rociel fühlte sich danach so befreiter, so entspannter. Wie ein Zauber, der sich um sein kleines, verliebtes Herz legte und leise dort sang. Sein Innerstes war glücklich so, wollte nichts anderes, doch natürlich musste er auch seine Blicke über den Horizont werfen und einsehen, dass sie in einer verdammten Situation waren. Momentan sah es bescheiden aus, wenn man extrem gutgläubig war, eigentlich hatten sie bisher erreicht: Gar nichts. Dafür gegeben hatten sie: Zahlreiche Kämpfe, mehrere Stunden, sicherlich den ein oder anderen Nerv und Teile der Zuversicht. Eine schlechte Rechnung, sie machten nur Verlust. Es war ja auch bei weitem nicht so, dass sie sich nicht bemühten. Aber sie standen eben nicht knapp vor einem Ziel, vor einem Abschluss des Ganzen, sondern immer noch am Anfang. Eigentlich begann das wahre Abenteuer ja erst, wenn sie diesen Spiegel gefunden hätten. Rociel überlegte angestrengt, was sie da wohl erwarten würde. Allerlei Feind oder allerlei Freund. Er konnte sich das letztere eigentlich nicht vorstellen. Schließlich kamen sie ja auch nicht, um gemütlich einen Plausch zu halten, sondern etwas lange Gestohlenes wiederzuholen. Angst hatte er aber keine, denn die hatte er lange schon abgelegt. Doch Respekt hatte er. Was immer sie da erwarten sollte, er würde es nicht auf die leichte Schulter nehmen. Das durfte er gar nicht. Es war ihm untersagt.
Doch die Zeit sah alles andere als rosig aus, was ihn nachdenklich machte. Er hatte tiefe Sorgenfalten im Gesicht und mochte nicht so wirklich lächeln. Es war schwierig, sehr…

Währenddessen hatten sie sich abgelöst. Nach erneuter Essensgelegenheit massierte er nun den Rücken von Isabell. Es war eine schöne Beschäftigung, jedenfalls gab es Schlimmeres als den Rücken einer gottgleichen Schönheit zu massieren, nur leider war er zu sehr in seinen Gedanken versunken, als das er diese Ehre wirklich hätte genießen können. Schwere lag in der Luft, es war, als ob man reines Eisen, anstatt reine Luft einatmete. Wenigstens was das anging hatten sie eine leichte Verbesserung hinter sich. Zwar war noch immer ein gewisser Ansatz eines Geruches zu vernehmen, doch ganz so extrem wie noch zwischen den Kanalgängen war es nicht mehr. Auch die Frage, zu was diese Anlage hier gehörte, tauchte in seinen Gedanken auf, doch bisher hatte er noch kaum eine Antwort auf dieses untere Stockwerk. Er konnte sich keinen direkten Zusammenhang darauf machen, denn inzwischen müssten sie wirklich sehr tief unter Gorthar sein und ob das der Sinn war hier unten noch ein weiteres Gangsystem zu bauen, das wollte er zumindest in Frage stellen. Aber sie wollten es rausbekommen und zwar noch heute.

Langsam und träge ließ er seine Hände von Isabell ab, bis er schließlich ganz aufhörte und versuchte wieder ein wenig aus den Gedanken herauszukommen. Eigentlich war alles erörtert, offene Fragen gab es noch, doch die würde es immer geben und waren nicht mehr so schlimm. Er hatte sich längst damit abgefunden und achtete nun viel mehr auf die Gefühle von Personen, von den Zuständen in der unmittelbaren Umgebung und auf kleine Nebensächlichkeiten, die eigentlich relativ unbedeutend waren. Irgendwie mussten sie wieder los. Irgendwie… Sie hatten es gut, vielleicht zu gut. Hier auf dem engen Platz, wo ihre Füße über dem Sims lagen oder ziemlich überkreuzt waren. Sie hatten Zeit und Muse sich auszuruhen, ihren Überlegungen nachzugehen, ein wenig zu nicken, etwas zu essen, Ruhe zu verspüren. Irgendwie hatte Rociel es im Blut, dass sich das ändern würde, wenn sie die Türe öffnen würden, doch es half nichts, sie mussten es tun, sie mussten jetzt weiter, sie mussten aufstehen…

Isabell hatte Haare wie ein Seraphim, er liebte es in ihren langen, wirren Haaren zu schlafen oder einfach nur ihren Duft zu schnuppern. Heute waren die Haare schwarz, so schwarz wie auch er. Es roch nach reifen Waldbeeren, doch wurde es noch immer von dem Gestank der Kanalisation übertroffen. Sanft strich er dennoch durch sie, wie bei einem Spielzeug, er wollte nicht, das es kaputt ging, er wollte es beschützen…
18.03.2004, 22:02 #25
Isabell
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Quer durch die Zeit reisten ihre Gedanken, durch so vieles und noch viel mehr. In den sicher zwei, drei, vielleicht auch vier Stunden, in denen sie hier ruhten, hatte sie viel Zeit gehabt nachzudenken, wobei das Zeitgefühl ein wenig verloren ging. Manchmal sah sie auch ganz normal durch den Raum und ließ ihre Gedanken zurück, aber besonders in der Zeit, wo sie ihr Bruder massierte, sah sie fast nur mit offenen Augen ins Leere, dachte aber an ganz andere Dinge als die Wand vor ihr. Wahrscheinlich ging es ihm auch so, aber so waren sie halt. Irgendwie selten uneinig. Aber es wäre wirklich nicht auszuhalten gewesen, wenn er jetzt über irgendeine belanglose Sache geredet hätte, wahrscheinlich wäre sie dann ausgerastet. Aber so war ihr Bruder nicht, still und in sich gekehrt, ja, das war er. Manchmal ein wenig kindisch, aber nie unverschämt oder gar lästig. So hatte sie Gelegenheit an die Zukunft zu denken. Was hinter ihnen lag, dass hatte sie inzwischen abgehakt, brachte sowieso nichts mehr, sich darüber aufzuregen. So wollte sie viel lieber wissen, was sie noch hier unten erwarten würde. Ein bisschen Angst hatte sie, aber nicht viel. Vor allem hatte sie eine gewisse Panik davor, dass sie hier unten nichts finden würden. Einfach nur sinnlos hier hergekommen wären und mit leeren Händen wieder abziehen müssten. Überhaupt, wie wollten sie wieder auf die andere Seite kommen? Sechs, sieben Meter springen? Na klar, sie hatten ja auch riesige Muskelbänder. Oder sollten sie sich eine Brücke bauen? Vielleicht…

Es war schön wieder so sanft geweckt zu werden, es war schon so was wie dämmernder Schlaf, der sie überkommen hatte. Doch weniger schön war es, dass sie wieder los sollten. Eigentlich gefiel es ihnen hier ja ganz gut. Sie wäre gerne noch länger geblieben.
Irgendwann, mehrere Minuten nachdem sie wieder intensiv und aktiv gegen die hässliche Wand geschaut hatte, drehte sie sich zum ersten Mal seit langem wieder um. Es war schön Rociel wieder ins Gesicht schauen zu können und es tat gut sich in seiner Rüstung auf der Innenseite zu verkriechen und dort auszuharren. Lustlos blickte sie drein, sie wollte nicht gehen, nicht jetzt und eigentlich auch nicht heute. Ungewissheit lag hinter der Tür, die im Raum der sechs Särge stand. Hier war es so schön ruhig und friedlich. Aber nein, hier wollte sie eigentlich gar nicht bleiben. Zwar war es sicher besser, als das, was da noch vor ihnen lag, aber sie wollte so schnell wie möglich raus hier. Damit sie irgendwo in der Natur liegen konnten und dort den Frühling genießen. Deswegen stützte sie sich auch wieder ab und stand auf. Ein unmissverständliches Zeichen, natürlich. Du willst also gehen ja? Isabell nickte und nahm den Rucksack wieder auf die Schultern. Ja, ich möchte nicht länger hier unten bleiben. Es ist schon schwer genug die Gedanken an den blühenden Wald zu verdrängen, nun will ich mich bloß nicht noch baumeln lassen. Auch Rociel stand auf und schnappte sich seinen Proviantbeutel, danach verließen sie den Balkon wieder und stiegen die Treppe hinab.
Die beiden hatten keine Mühe zurück in den Raum mit den Särgen zu kommen. Dort war alles wie zuvor. Die toten Körper lagen, enthauptet, auf dem Boden oder an den anderen Standorten, wo sie gefallen waren, es stank nach dem Geruch von verfaultem Fleisch. Eine morsche Holztür versperrte den weiteren Weg, doch ihr Schloss war nahezu lächerlich zu knacken. Ein Schwerthieb von einem ihrer Krummschwerter genügte und schon war das rostige Stück gesprengt. Die Tür konnte geöffnet werden.

Sie taten es, nachdem sie sich noch einmal lange angesehen hatten. Was würde sie dahinter erwarten? Gefahren? Mit Sicherheit! Aber würde es Lichtquellen geben, was lauerte womöglich auf sie? War es nur ein weiterer Teil von unzähligen Gängen? Gab es dahinter überhaupt noch etwas? Spannung stieg in die ohnehin aufgeladene Atmosphäre, Spannung in ihren Köpfen. Wahrscheinlich dachte sich jeder seinen eigenen Teil, doch Isabell war hochkonzentriert bei der Sache. Sie war bereit ihr Schwert zu ziehen und damit auch vernünftig zu kämpfen. Nun regierte wieder der ernsthafte, der hochkonzentrierte Teil ihres Ichs. Kein Schlendrian mehr, sondern Augen, die bereit waren zu töten.

Knarrend öffnete sich die Tür, unheimliches Ächzen der Angeln, doch in dem Raum, der vor ihnen lag, war nichts zu sehen. Fackeln links und rechts, schenkten Licht, doch ein ungewöhnlicher, blau schimmernder Nebel drang aus dem Raum zu ihnen. Bald schon hatte er sich auch im Raum der sechs Särge verteilt, doch er schien nicht giftig zu sein, zumindest war davon nichts zu merken. So betraten sie diesen Raum erst nach längerer Beobachtung. Es war ein sehr dunkel gehaltener Gang, der ihnen entgegentrat. Rociel holte daraufhin seine eigene, viel größere Fackel heraus und entzündete sie, so hatten sie mehr Licht. Es standen zwar Fackeln dort, doch ihr Licht wirkte ungewöhnlich matt und kühl, als ob sie gar nicht brennen sollten…

Was nur wartete hier? Schon von weitem sah sie die erste Abzweigung. Doch wohin sollte sie führen?...
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