World of Gothic Archiv Alle Beiträge von Saria |
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04.06.2003, 15:35 | #451 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
Das Amazonenlager # 9 -
Zwar blickte Saria kurz zu dem Kuchenstück, rührte es jedoch nicht an. Ihr Magen machte ihr auf schmerzhafte Art und Weise klar, dass sie keinen sonderlichen Hunger hatte. Ein Punkt zu ihren Füßen schien ihre Aufmerksamkeit zu erwecken. Kurz darauf eine Schnalle ihrer Rüstung, die offenbar nicht ganz richtig saß. "I-ich...", begann Saria stammelnd, brach dann jedoch ab. Ein schwerer Kloß drückte in ihrer Kehle. Egal wie oft sie schluckte, er wollte einfach nicht weichen. Betreten blickte sie zu Boden. Warum hatte Hummelchen ausgerechnet ihr den Auftrag gegeben? Sie wusste es ja selbst nicht so recht... Bisher hatte sie angenommen, dass sie schlichtweg Pech gehabt hatte, weil sich alle anderen Amazonen schnell genug in Sicherheit gebracht hatten. "Ich... weiß es nicht...", brachte Saria mühsam hervor. Irgendwie hatte sie das Gefühl, gleich heulen zu müssen. Etwas sagte ihr, dass sie einen folgenschweren Fehler begangen hatte. Dabei hatte die Welt in den letzten Tagen schon wieder so freundlich ausgesehen... |
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04.06.2003, 16:06 | #452 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
Das Amazonenlager # 9 -
Der Kloß in Sarias Hals schien immer weiter anzuschwellen. Langsam bekam die Diebin Angst, zu ersticken. Hummelchen wusste von ihren Verstecken? Eine Welle der Hilflosigkeit brach über Saria zusammen. Sie war die gesamte Zeit über ausgenutzt worden. Ohne es zu merken. Sarias Beine gaben nach, sie hatten nicht mehr die Kraft, sie zu tragen. Ein schmerzhaftes Pochen lief durch ihre Knie, als sie haltlos auf den Boden fiel. Schluchzend verbarg die Amazone ihr hochrotes Gesicht in den Händen. "A-aber... wa-warum dann... warum überhaupt der Transport? D-das kann doch nicht... Sag, dass das nicht wahr ist!" |
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04.06.2003, 16:39 | #453 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
Das Amazonenlager # 9 -
Jetzt hatte es Saria vollends die Sprache verschlagen. Sie kam sich vor, als ob sie ein Troll gepackt und wild herumwirbeln würde. Ihre Gedanken purzelten wild umher, sie konnte sie nicht klar fassen. Langsam verstand sie die Welt nicht mehr... Verwirrt blickte sie zuerst auf die Schmuckstücke in ihrer Hand, dann zu Hummelchen. "Hummelchen, ich... ich verstehe gar nichts mehr... Warum überhaupt das Ganze? All die Arbeit... Und... diese Kerle..." Die Diebin begann am ganzen Leib zu zittern. Der Transport, das Gold, Isiras Verletzung... Alles nur, weil sie selbst so naiv gewesen war? Bei dem Gedanken wurde ihr übel... "I-ich... hatte so Angst..." |
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24.06.2003, 14:31 | #454 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
Das Amazonenlager # 11 -
"Zweihundertdreißig." Etwas zögerlich bildete sich aus dünner Luft zuerst eine wackelig wirkende Drei, dann vor ihr eine Zwei und schließlich die Null am Ende. Als Thaleiia nickte, löste Saria die Illusion mit einem erleichterten Seufzer auf. "Siebenundzwanzig", forderte die Hohepriesterin. Dieses Mal erschien die gewünschte Zahl deutlich schneller. Ebenso wirkte sie nicht ganz so unsicher wie die vorige. Auf Thaleiias Signal hin verschwand auch dieses Trugbild in wabernden Nebelschwaden. Die Diebin wschte sich mit dem Handrücken eine einzelne Schweißperle von der Stirn. Nicht nur die Sonne setzte ihr allmählich durch die Gluthitze zu, das wiederholte Zaubern zehrte ebenfalls an ihren Kräften. Die Hohepriesterin blickte kurz auf, bevor sie mit dem Unterricht fortfuhr. "Sechshundert und dreiundachtzig." Unsicher rieb sich Saria ihren Arm mit einem der silbernen Runenreifen. Wie war das doch gleich... Sechshundert. Erneut formte sich eine schimmernde Sechs, dicht gefolgt von zwei Nullen. Thaleiias Augenbraue rutschte ein winziges Stückchen nach oben, hastig ließ Saria die Nullen verschwinden und zögerte erneut. Um sich etwas Zeit zu verschaffen, verlangsamte sie das Formen der letzten beiden Ziffern. Zwei kleine Wölkchen erschienen hinter der schwebenden Sechs in der Luft, blähten sich langsam auf und drehten sich dabei um die eigene Achse. Vierundsechzig oder dreiundachtzig? Langsam war Saria von den ganzen Zahlen dermaßen verwirrt, dass sie vollends den Überblick verloren hatte. Drei-und-achtzig, doch, das musste es sein. Widerwillig bildete sich eine Drei hinter der Sechs hervor. Dann schüttelte Saria in stiller Konzentration den Kopf und die Drei sprang ein Stückchen nach rechts. Kurz darauf ploppte vor ihr eine Acht auf. "Ich glaube, das müssen wir noch etwas üben", äußerte die Hohepriesterin ihre Kritik. Entmutigt ließ Saria die Schultern sinken und blickte auf einen Punkt einen guten Schritt vor den Füßen der Priesterin. Bei Donnra, wie lange würde das denn noch gehen... "Aber für heute reicht es." Na wenigstens etwas. Sehr viel länger hätte die Diebin ohnehin nicht durchgehalten. Ein leichtes Schwindelgefühl machte sich bemerkbar, als sie sich von der Stufe erhob, die ihr als Sitzplatz gedient hatte. "Ruh dich etwas aus", riet ihr Thaleiia, die ihre Erschöpfung durchaus bemerkt hatte. "Morgen üben wir weiter. Und dann bitte etwas schneller." Ein Seufzer entrang sich Sarias trockener Kehle, als sie die Tempelstiege herabkletterte und zum Lager zurückschlenderte. Thaleiia war eine wirklich strenge Lehrerin. Allerdings zeigten ihre Lehrmethoden auch durchaus Erfolge. Vor wenigen Wochen wäre Saria schon bei der ersten Zahl gescheitert... |
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25.06.2003, 15:21 | #455 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
Das Amazonenlager # 11 -
"Dreihundertvierundzwanzig mal Sieben plus Achtunddreißig." Die geballte Macht der Rechnung drohte Saria zu erschlagen. Vor ihrem geistigen Auge führten unzählige Zahlen einen irrsinnigen Tanz auf, sprangen wild umher und drohten ihre Gedanken in dem Wirbel mitzureißen. Gestern hatte Thaleiia noch gefordert, dass sich Saria bei den Rechnungen nicht so lange Zeit lassen sollte. Sollte sie halt einfachere Aufgaben stellen, dann brauchte sie auch nicht so lange zu warten... "Denk dran, erst multiplizieren, dann den Rest hinzuaddieren", erinnerte die Priesterin ihre Schülerin, welche daraufhin hastig die angefangene Rechnung verwarf und verlegen aufblickte. Dreihundertvierundzwanzig mit Sieben multipliziert ergab... irgendetwas mit Zweitausend. Die Achtunddreißig konnten da auch nicht mehr allzu viel ändern, also ließ Saria schonmal eine Zwei in der Luft entstehen. Jetzt besser erst die hinteren Ziffern... Sieben mal Vier... Achtundzwanzig. Dazu die Acht von der Dreißig, macht Sechsunddreißig. Zwanzig mal Sieben, gleich Einhundertvierzig. Dreißig dazu... Zweitausenddreihundertundsechs, das war es! Schön nach der Reihe gesellten sich die restichen Zahlen zu der in der Luft hängenden Zwei. Saria atmete erleichtert auf, als Thaleiia bestätigend nickte. "Ich glaube, du hast das Prinzip langsam verstanden. Das Einzige das du noch brauchst, ist Übung. Pass auf, ich habe hier etwas für dich." Die Diebin kam zögernd näher und erkannte den unscheinbaren, von feinen blauen Linien durchzogenen Stein in ihrer Hand. "Hiermit überreiche ich dir die letzte Rune des zweiten Kreises. Sie gaukelt deinen Gegnern Wunschbilder vor. Ich weiß, dass du sie kontrollieren kannst. Dein einziges Problem liegt in deiner Ausdauer. Du musst lernen, deine Kräfte zu kontrollieren und besser einzusetzen. Meist verschwendest du einen Großteil deiner Kraft, indem du die Magie frei fahren lässt. Koordiniere ihren Fluss und du wirst merken, dass die Anstrenung nicht einmal halb so groß ist." Ein gemurmeltes "Danke" war das Einzige, was die Diebin hervorbrachte. Konnte es wahr sein? Ein Ende der ewigen Rechnerei war in Sicht! "Du solltest dir ein Plätzchen zum Üben suchen. Hier wirst du kaum geeignete Zielpersonen finden, denn der Zauber wirkt nur auf Männer." "Wird ohnehin Zeit, dass ich mal wieder etwas anderes als das Lager sehe", meinte Saria und verabschiedete sich von der Priesterin. Sie war schon viel zu lange im Lager. Und ihre Beute vermehrte sich nicht von alleine... |
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25.06.2003, 18:19 | #456 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
Das Amazonenlager # 11 -
Das war ja wirklich zu praktisch. Eigentlich war Saria gerade dabei gewesen, ihre Sachen für den geplanten Ausflug zu packen. Doch als sie gerade einen Blick aus dem offenen Fenster warf, sah sie doch tatsächlich einen Mann, der zusammen mit einer Amazone ins Lager schlenderte. Und es handelte sich nicht um irgendeinen dahergelaufenen Kerl. Nun gut, dahergelaufen vielleicht schon. Aber er war Saria nicht unbekannt - Genauso wenig wie die Amazone, um die er seinen Arm gelegt hatte. Es war Leon, seines Zeichens Dieb und einer der Menschen, bei deren Anblick die Diebin nicht so recht wusste, ob sie sich freuen oder ärgern sollte. Einerseits eignete sich der Junge geradezu perfekt, um irgendwelche magischen Spielereien auzuprobieren, andererseits stellte er Konkurrenz dar. Und Konkurrenz schmälerte Sarias Gewinn. Allerdings gab es hier im Lager kaum Grund zur Sorge. Hier war es für Saria ohnehin nicht ratsam, Wertsachen zu entwenden. Überall, nur nicht hier. Ein leichtes Grinsen umflog Sarias Lippen, als sie sich in den Fensterrahmen setzte und nach der neuen Rune griff. Ein sanftes Leuchten zwischen ihren aneinandergelegten Handflächen machte sich bemerkbar, als sie ihre geistigen Fühler nach der Rune ausstreckte, in den Stein eindrang und nach der Quelle seiner Macht griff. Für den Bruchteil einer Sekunde fühlte die Diebin einen Strom aus Gedankenfetzen über sich hereinbrechen. Wunschträume, Ängste, Hoffnungen, Dutzende Emotionen prasselten in Sarias Gedanken um innerhalb weniger Sekundenbruchteile wieder zu vergehen, zu kurz um sie zu fassen, zu lange um sie nicht zu bemerken. Das Glühen zwischen Sarias Händen gewann an Stärke, dann spürte sie einen stechenden Schmerz, als ob sich ein brennender Speer direkt in ihr Gehirn bohren würde. Der Gedankenstrom brach ab, das Leuchten verblasste. Hatte der Zauber gewirkt? |
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25.06.2003, 21:22 | #457 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
Das Amazonenlager # 11 -
Au weia, jetzt gab's wohl Ärger. Saria schluckte. Da hatte sie Satura wohl unterschätzt. Wie hatte sie gemerkt, dass sie an Leons merkwürdigem Verhalten schuld war? Binnen weniger Augenblicke war die Diebin vom Fenster verschwunden. Hastig schulterte sie den Pfeilköcher und nahm dann ihren in der Ecke lehnenden Bogen zur Hand. Obwohl sie eigentlich keine Zeit hatte, starrte sie für die Dauer einiger Sekunden auf das gebogene Stück Holz in ihrer Hand. Für das Ding brauchte sie auch unbedingt bald Ersatz. Lange würde der nicht mehr halten. Und bevor er im ungünstigsten Moment auseinanderfiel... Doch die Diebin riss sich schnell von dem Anblick der altgedienten Waffe los und beeilte sich, die Treppe runterzuhasten und schließlich das Haus zu verlassen. "Was ist denn los?!", rief sie in gespieltem Unwissen, "Werden wir angegriffen?" Verwirrt sah sich die Amazone auf dem Hof um. Schließlich schien sie Satura zu entdecken und atmete erleichtert auf. "Ach du bist es! Warum schreist du hier denn so rum? Willst du unbedingt die anderen wecken? Ah, und hallo Leon", fügte sie nebenbei hinzu. |
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25.06.2003, 21:57 | #458 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
Das Amazonenlager # 11 -
"He, he, he! Musst du mir gleich die Kehle aufschneiden? Pass bloß mit dem Ding auf, das ist doch kein Spielzeug!", rief Saria entsetzt, als Satura plötzlich mit dem Schwert vor ihrem Hals herumwedelte. Sie brauchte eine Ausrede, und zwar dringend. Zum Glück schien Leon nicht wirklich zu verstehen, was hier überhaupt vor sich ging. Das war das Tolle an dem Kerl - Wenn ihn etwas selbst betraf, verlor er meist den Überblick. "Was ist denn überhaupt los mit dir?", zischte die Diebin sichtlich erbost, nachdem sie auf etwas Sicherheitsabstand gegangen war. "Kommst hier rein, fängst an rumzubrüllen und dann gehst du auch noch auf deine Schwester los! Hast du dir die Tollwut eingefangen? Geh besser mal zu Thaleiia und lass dich untersuchen, bevor du noch jemanden verletzt oder gar umbringst!" Angriff war immer noch die beste Verteidigung. Und erweckte zudem noch den Anschein, als ob Saria gar keine Ahnung hatte, von was Satura eigentlich redete. |
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25.06.2003, 22:25 | #459 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
Das Amazonenlager # 11 -
Ein dicker Kloß machte Saria das Schlucken schwer. "Ich geb es ja zu, ich hab Mist gebaut", gestand Saria schließlich und versuchte sich aus Saturas Griff zu befreien. Ihre Schwester packte nicht gerade sanft zu. Vielmehr machte sie den Eindruck, als ob sie die Diebin im Notfall zu Thaleiia schleifen würde. "Ich... ich hab nicht überlegt und nicht richtig hingeschaut...", brachte sie stockend hervor. Es kostete die Amazone einiges an Überwindung, von ihrem usprünglichen Plan abzuweichen und Satura zu gestehen, dass sie hinter dem Zauber steckte. "Ich saß am Fenster und dann hab ich gesehen, wie einer dieser Kerle ins Lager kommt. Hab nicht richtig hingeschaut und nur die Rüstung erkannt, war ja auch schon dunkel und dann..." Saria brach mitten im Satz ab. |
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25.06.2003, 23:11 | #460 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
Das Amazonenlager # 11 -
Saria rieb sich die schmerzende Schulter. Warum mussten eigentlich alle immer gleich so grob werden? "... schon gut...", murmelte die Diebin schließlich, ohne Satura anzusehen. "Bin... bin ja selbst schuld... Hätte nicht so schnell reagieren sollen..." Mit hängendem Kopf schlurfte Saria zu Leon. Langsam, als koste es all ihre Kraft, hob sie den Kopf, schaffte es aber nicht ganz, dem Dieb in die Augen zu sehen. "Tut... tut mir leid... Ich... hab dich nicht erkannt und... und die Rüstung..." |
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27.06.2003, 18:34 | #461 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
Das Amazonenlager # 11 -
Lautlos hetzte ein rostbrauner, geduckt laufender Fuchs über den Hof des Lagers. Einige der Amazonen sprangen erschrocken auf, als sich das Tier ohne abzubremsen direkt zwischen ihren Beinen hindurchhuschte, nur um dann abrupt die Richtung zu wechseln, mit einem kräftigen Satz und einiger Beinarbeit auf einen Holzstapel zu flüchten und schnuppernd die kleine Schnauze in die Luft zu recken. Gerade als eine der Kriegerinnen den Fuchs mit ihrem Speer verscheuchen wollte, sprang dieser plötzlich von dem Stapel herunter, flitzte der verdutzten Amazone zweimal um die Beine und zischte dann wie von einer Blutfliege gestochen auf die offene Tür der Schmiede zu. Kaum hatte er den Raum betreten, da richtete sich das Tierchen auf die Hinterläufe auf, machte einen unbeholfenen Hopser nach vorne und wedelte wie wild mit dem Schwanz. Unter dem verwunderten Blick der Amazonen schien er einige Sekunden lang zu versuchen, seinen eigenen Schwanz zu fangen, bevor er herumwirbelte und ohne Vorwarnung direkt ins Feuer des Schmiedeofens hüpfte. Ein unanständiges Geräusch hallte durch die Schmiede, dann war es ruhig. Saria stützte sich mit einer Hand auf dem kalten Stein der Hauswand ab, in deren Schatten sie das Geschehen beobachtet hatte. Das war ja drollig gewesen. Ein verschmitztes Grinsen lag auf Sarias Zügen, als der Runenstein in ihrer Tasche verschwand. Das Schwindelgefühl hielt nur wenige Augenblicke an. Anscheinend kam sie allmählich hinter das Geheimnis der Kontrolle ihrer Geisteskraft. Noch immer leicht lächelnd betrat die Diebin das Gästehaus - Und erstarrte. Leon. Da saß er. Zusammen mit Satura. Saria wollte sich schon zum Gehen wenden, zögerte dann jedoch. Hatte Leon sie schon bemerkt? Wie würde es denn aussehen, wenn sie gleich wieder verschwand? Unsicher blickte sie auf. Setzte zögernd einen Fuß nach vorne. Blickte erneut zu Boden. Raffte mit einem tiefen Durchatmen ihren verbleibenden Mut zusammen und näherte sich dem Tisch der beiden. Abermals suchte sie Blickkontakt, brach ihn jedoch sofort wieder ab und sah auf das Holz des Fußbodens. Nervös strich sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und trat von einem Fuß auf den anderen. "Ich...", begann sie, schluckte den Satz dann jedoch herunter und begann von neuem, "Es tur mir wirklich leid wegen dem Zauber. Ich... wusste nicht wie er wirken würde und...", sie brach erneut ab und schob unruhig einen ihrer Armreifen herum. |
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27.06.2003, 19:07 | #462 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
Das Amazonenlager # 11 -
Hexe. Leon hatte es zwar nicht ganz ausgesprochen, aber seine Worte waren deutlich genug gewesen. War sie das wirklich? Eine Hexe? Aber... Hexen verzauberten doch andere Leute, um ihnen bewusst Schaden zuzufügen. Naja, ein paar Mal hatte Saria durch ihre Zaubereien schon etwas Schaden angerichtet. Doch waren Hexen nicht irgendwelche alten, miesgelaunten Weiber, die aus Spaß hilflose Kinder in Frösche und dergleichen verwandelten, wenn sie alleine nachts im Wald unterwegs waren? Die Diebin kannte gar keinen Verwandlungszauber. Dieser Gedanke ließ eine neue Frage in ihr aufkeimen. Wenn sie selbst wirklich eine Hexe war, dann musste Thaleiia doch auch eine sein. Ob sie vielleicht...? Gedankenverloren füllte Saria etwas von dem Wein in einen unbenutzten Becher. Vorsichtig nippte sie an dem Getränk. Und kurz darauf gleich noch einmal. Gar nicht schlecht... Der Wein hatte einen leicht herben Geschmack, lag allerdings nach dem dritten Schluck etwas schwer auf der Zunge. Besser nicht übertreiben, dachte sich die Diebin und stellte den Becher ab. Erneut verirrte sich ihr Blick zu Leon. "Ich wollte das wirklich nicht...", meinte sie nach längerem Schweigen. "Ich... ich lerne doch gerade erst den Umgang mit der Magie... Es... es tut mir wirklich leid. Wenn ich... gewusst hätte, wie der Zauber wirkt, hätte ich ihn bestimmt nicht benutzt!" Sarias Finger spielten mit dem tönernen Becher, drehten ihn hin und her, schienen ihn einfach nicht auf dem Tisch halten zu können. "... ich weiß auch nicht, was ich mir dabei gedacht habe...", fügte sie kleinlaut dazu. |
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27.06.2003, 19:59 | #463 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
Das Amazonenlager # 11 -
Erleichterung machte sich in Saria breit, als sie Leons Lächeln bemerkte. Irgendwie hatte sie schon Angst gehabt, er würde ihr den Vorfall nie wieder verzeihen. Seltsam, warum störte sie dieser Gedanke eigentlich so sehr? Bei anderen Leuten, wie zum Beispiel dieser Sumpf-Kerl, den sie im Wald getroffen hatte, störte es sie eigentlich reichlich wenig, wenn die etwas nachtragend waren. Aber das waren auch potentielle Opfer und Leon... war nun einmal Leon. Vielleicht machte noch immer der gemeinsame Einbruch ihrem Gewissen Schwierigkeiten. "Die letzten Wochen habe ich bei Thaleiia das Rechnen gerlernt", antwortete Saria mit hörbarem Stolz in der Stimme auf Leons Frage hin. "Und nebenher die Magie Donnras." Ein trauriger Ausdruck mischte sich in den Glanz von Sarias Augen. "Allerdings habe ich da wohl noch viel zu lernen..." Langes Schweigen folgte. "Ansonsten wollte ich bald nach Khorinis aufbrechen. Ich war schon lange nicht mehr dort und ich habe einige Freunde dort, die sich sonst Sorgen machen könnten." |
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28.06.2003, 12:10 | #464 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
Das Amazonenlager # 11 -
Ein weiteres Mal streunte Saria in ihrem weiten, schwarzen Mantel über den Hof des Lagers, der Pfeilköcher prangte auf ihrem Rücken, die Kapuze war hochgeschlagen und der alte Bogen lag fest in ihrer Hand. Die Torwachen ließen die Amazone ohne weiteres passieren, war sie doch ein mehr oder weniger gewohnter Anblick. Ihre Schritte führten die Diebin schon bald in Richtung des Bootssteges. Der Weg durch das Minental erschien ihr zu gefährlich - Berichten der anderen Lagerbewohnerinnen nach zu folge trauten sich die Orks derzeit mal wieder hinter ihrem Zaun hervor. Leichter Nebel wogte über den Wassern des Fjordes. Die Nacht war kalt gewesen, doch der Tag versprach ein schöner zu werden. Die Dunstschwaden leuchteten golden im grellen Licht der Sonne, als das leise Plätschern der ins Wasser tauchenden Paddel die morgendliche Stille durchbrach. Zuerst langsam, dann zunehmend schneller werdend schob sich der schlanke Schatten des Ruderboots in die Weiten des Fjordes, um in Richtung Khorinis zu verschwinden. |
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29.06.2003, 12:53 | #465 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
Die Stadt Khorinis # 14 -
Der Morgennebel hing noch tief in den Gassen des Hafenviertels, als eine in einen weiten schwarzen Mantel gehüllte Gestalt in Richtung des Hafenbeckens huschte. Einige Sekunden lang verharrte sie reglos an der Hausecke einer Lagerhalle in den Schatten. Außer wogenden Nebelschwaden bewegte sich nichts auf der Straße. Aus der Ferne hallte das Hämmern eines Schmiedes heran. Ein letzter, kurzer Blick um die Hausecke, dann schob sich die Gestalt aus ihrem Versteck, hastete mit schnellen Schritten über die Straße und ließ sich in einer fließenden Bewegung zuerst auf die Knie und dann über die Kaimauer gleiten. Mit einem leisen Knatschen setzten Sarias Stiefel auf dem matschigen Lehm vor dem Eingang zur Kanalisation auf. Erneut verharrte die Diebin mehrere Sekunden regungslos im Schatten der Kaimauer und lauschte angestrengt in den Morgennebel. Keine Schritte zu hören. Hastig schob Saria einige der Ranken, die den Eingang zu den Kanälen verdeckten, zur Seite und fasste den verborgen liegenden Türgriff. Einen Moment später war die Tür aufgezogen und sie selbst in der Dunkelheit verschwunden. Leise klickend fiel die Eingangstür hinter ihr wieder ins Schloss. Glücklicherweise hatte die Diebin in weiser Voraussicht ihre Nase sowie den Mund mit einem Tuch abgedeckt, um ihren Geruchssinn vor dem widerwärtigen Gestank dieses Drecksloches zu schützen. Nun zog sie ihre Maske aus der Tasche hervor und setzte sie sogleich auf. Niemand konnte wissen, ob nicht einer der Meisterdiebe mal wieder sein Unwesen in den höheren Etagen der Kanäle trieb. Ihr Erkennungszeichen sollte die Diebin vor einem Missverständnis schützen. Denn die Erinnerung an ihren ersten Ausflug in die Kanalisation brannte noch immer frisch in ihrem Gedächtnis, obwohl sie mehrere Monate zurücklag. Einzig und allein ihr Schatten folgte der Diebin an den glitschig schimmernden Kanalwänden, als sie sich durch das Gewirr an Gängen tastete. Irgendwo in der Dunkelheit schabten Hornklauen über rauhen Stein, das Quieken einer Ratte hallte in den engen Kanälen wider. Umso erleichterter war sie, als sie das unscheinbare, von feuchtem Stroh halb verdeckte Gitter entdeckte, das in einer schattigen Nische in dem Boden eingelassen war. Saria beeilte sich, das schwere Gitter in die Höhe zu stemmen, sich schnell in den engen Schacht zu zwängen und die Abdeckung wieder ordentlich zu schließen. Nachdem sie ein weiteres Labyrinth aus Kanälen und miteinander verwobenen Gängen mit an Traumwandeln grenzender Sicherheit durchquert hatte, öffnete sie nach einem kurzen, aus fünf unterschiedlich starken Klopfgeräuschen bestehendes Zeichen die eisenbeschlagene Holztür und trat in den schummrigen Raum. "Da sieh mal einer an! Unser Elsterchen fliegt in ihr Nest zurück", wurde sie sogleich von einem der Meisterdiebe begrüßt. Hinter dem wuchtigen, trotz der Feuchtigkeit noch immer stabil wirkenden Holztisch konnte sie das Wolfsgrinsen des Diebes erkennen. Sie hörte allein an seiner Stimme, dass der Mann grinsen musste, denn sein Gesicht wurde von der reglosen Maske eines Wolfskopfes verdeckt. "Lange Zeit nicht gesehen", stellte eine weitere Person etwas abseits fest. In den Schatten rechts der Tür blitzten die dunklen, gelben Glasaugen eines Rabens. Sie war also auch da. Fehlte nur noch der Fuchs. Doch von dem war keine Spur zu sehen. Langsam näherte sich Saria dem Wolf. "Du lässt dir ganz schön Zeit", meinte der Dieb mit einem lauernden Unterton, "Hast du etwas gegen uns oder unser hübsches Plätzchen hier unten?" Saria ging nicht weiter auf die Bemerkung ein. Wortlos griff sie in die Tasche und förderte einen gut gefüllten Lederbeutel hervor, den sie auf den Tisch fallen ließ. Ein Geräusch wie das von aneinanderklackenden Steinen war zu hören. "Dann sehen wir doch mal, was du uns bringst", sprach der Wolf schon beinahe gelangweilt. Sein Tonfall ärgerte die Diebin. Sie wusste, dass er es bewusst tat. Bisher war sich der Dieb noch nie zu schade gewesen, um Saria mehr oder weniger direkt darüber aufzuklären, wie belanglos ihre bisherigen Beutezüge eigentlich gewesen waren. Als der Wolf den Lederbeutel öffnete, kullerten einige abgeschliffene Steine in den unterschiedlichsten Farben auf die Tischplatte. Auch der Rabe war mittlerweile an den Tisch getreten und hob einen der Edelsteine auf. Der funkelnde Rubin spiegelte sich im dumpfen Glanz der Glasaugen, als sie ihn zwischen den Fingern drehte. "Nett", war ihr einziger Kommentar zu der Beute. Der Rubin polterte neben die restlichen Edelsteine. "Du hast dich wohl endlich mal ins obere Viertel getraut", schloss der Wolf aus den Beutestücken, als er die einzelnen Steine abwechselnd ins Licht der Kerze hielt, um sie genauer betrachten zu können. "Das lob ich mir", fügte er mit hörbarer Ironie hinzu und blickte dann auf, um Saria ins Gesicht zu sehen, "Aber ist das schon alles?" Gerade noch rechtzeitig biss sich Saria auf die Zunge, um einen bissigen Kommentar herunterzuschlucken. Heute nicht, schwor sie sich im Stillen. Die Sache mit dem Schlüsselstein des Kultes war zwar gehörig in die Hose gegangen, doch zum Glück stellte er ja nicht den einzigen Wertgegenstand, den sie in Gorthar entwendet hatte. Mit einem dumpfen Knallen landete der dicke Wälzer auf dem Tisch und wurde für die Dauer eines Augenblicks von einer dichten Staubwolke verhüllt. "Was schleifst du mir denn jetzt an?" Saria glaubte das Stirnrunzeln selbst durch die Maske hindurch sehen zu können. "Das gläserne Reich", las der Rabe die verschnörkelten Lettern auf dem festen Ledereinband. "Wo hast du denn das her?", kam kurz darauf ihre Frage. Innerlich sonnte sich Saria in ihrem Triumph. Allein schon die Überraschung in der Stimme der Meisterdiebin zeigte ihr deutlich, dass sich all der Ärger doch gelohnt hatte. Der Wolf blätterte schweigend in dem Schmöker herum. "Ich bin etwas unterwegs gewesen", antwortete Saria mit einem Schulterzucken. "Ihr habt nicht zufällig von einem Kult in Gorthar gehört?", fragte sie schon beinahe beiläufig. "Der Orden der aufgehenden Sonne? Freilich haben wir das", brummelte der Wolf, während die Seiten knisternd unter seinen Fingern hindurchflogen, "Ebenso, dass sie das Ding", er deutete auf den Wälzer vor ihm, "Von so einem alten Knacker geklaut haben." Er blickte von seiner Lektüre auf. "Du willst uns also erzählen, dass du den Kult beklaut hast?" "Ich war in ihrer unterirdischen Festung", beantwortete Saria die Frage und schwellte stolz die Brust, während sie die Kette mit dem Zeichen des Kults um den Zeigefinger kreisen ließ. "Diese Holzköpfe haben nicht einmal gemerkt, dass ich da war! Und als sie das fehlende Buch bemerkten, war ich schon längst wieder in Khorinis." Der Wolf war mittlerweile aufgestanden und ragte bedrohlich über der jungen Amazone auf. Doch Saria ließ sich in ihrem Triumph nicht sonderlich beeindrucken. Dieses Mal nicht. "Und wie hast du das bitte angestellt? Erzähl mir bitte nicht, dass du einfach hinein und dann wieder hinausspaziert bist." Natürlich entging Saria der drohende Unterton in des Wolfes Stimme nicht. Offensichtlich befürchteten die Diebe, sie würde sie hochnehmen. Jetzt bloß keine Schwäche zeigen... "Rein schon, aber raus nicht", warf Saria dem Wolf ihre neckische Antwort mit gespieltem Selbstvertrauen entgegen. Als der Wolf einen Schritt näher trat, begannen auf einmal helle Lichtpunkte in Sarias Augen auf und ab zu tanzen. Ein sanftes Leuchten umspielte ihre Handflächen, als sich ihre Hand um den Runenstein legte und seine Macht entfesselte. Im nächsten Moment umschwirrte eine kleine Elster mit wildem Flügelschlag lautlos den Kopf des Wolfes, flatterte ebenso geräuschlos zu dem Raben, um sich mitten im Flug in einen Stoffsack zu verwandeln. Als dieser auf dem Boden aufschlug, kullerten einige Goldmünzen heraus und verteilten sich über den Boden. Einen Wimpernschlag später verliefen die Münzen wie unter extremer Hitzeeinwirkung zu qualmender Schlacke und vergingen genau wie der Goldsack in schwarzem Rauch. "Interessant", meinte der Rabe, "Offensichtlich hast du wirklich an deinen Fähigkeiten gearbeitet." Sie wechselte einen langen Blick mit dem Wolf. Schließlich nickte er. "Wir müssen etwas bereden", teilte sie Saria mit, "Bleib doch noch etwas bei uns. Keine Angst, allzu lange sollten wir nicht brauchen. Vielleicht ein paar Stunden. Wenn du willst, kannst du dich so lange ausruhen. Aber verschwinde nicht, bevor wir zurück sind." Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, ging sie zur Tür, während der Wolf das Buch sowie die Edelsteine zusammenraffte und ihr in die Dunkelheit der Kanalisation folgte. Saria blickte den beiden Dieben noch einige Zeit lang hinterher, bevor sie ebenfalls zu einer weiteren Tür schlenderte, um sich im angrenzenden Raum auf einer der Pritschen auszustrecken. Was die nur wieder vor hatten... |
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29.06.2003, 18:40 | #466 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
Die Stadt Khorinis # 14 -
Das Klacken eines Türschlosses riss Saria aus ihrem Schlummer. Augenblicklich schlug sie die dünne Leinendecke zurück und setzte sich auf, rieb sich träge die Augen und stand dann vollends auf. In dem Halbdunkel des engen Schlafraumes die Tür zu finden, war gar keine so leichte Aufgabe, wie die Diebin schmerzhaft feststellte, als sie mit dem Knie gegen eine der Pritschen stieß und zischend die Luft ausstieß. Doch bevor sie sich ein weiteres Mal einen blauen Fleck einhandeln konnte, öffnete sich die Tür. Selbst das flackernde Kerzenlicht des Nebenraumes reichte der verschlafenen Amazone, um die Augen geblendet zusammenzukneifen. "Ah, du bist ja schon wach." Die hochgewachsene Gestalt des Wolfes ragte schwarz im Türrahmen auf. Hinter seinen breiten Schultern konnte die junge Diebin die Schemen weiterer Personen ausmachen. Sie vermutete, dass der Fuchs inzwischen ebenfalls eingetroffen war. Ihr Verdacht bestätigte sich, als sie auf einen Wink des Wolfes hin an ihm vorbei in den Hauptraum des Diebesverstecks trat. Die Frau mit der Rabenmaske hatte den Platz des Wolfes eingenommen und saß an dem schweren Holztisch über irgendeinen Gegenstand gebeugt, an dem sie einige Schrauben festzog. Neben ihr lehnte ein kleinwüchsiger Mann an der Wand. Eine spitze Fuchschnauze schob sich unter der Kapuze seines Mantels hervor, zwei schmalklingige Dolche blitzten zwischen seinen Fingern. Spielerisch ließ er sie in die Luft schnellen, beobachtete für einige Augenblicke ihren wirbelnden Flug und packte blitzschnell zu. Als ob sie von unsichtbaren Händen gelenkt werden würden, schossen seine Finger auf die sich drehenden Dolchgriffe zu, schlossen sich um die Waffen, wirbelten sie noch ein paar Mal zwischen den Fingern umher, um sie dann in der selben Bewegung in den Gürtel zu rammen. "Schön, dich mal wieder zu sehen", wandte er sich an Saria. Der Diebin lief ein kalter Schauer über den Rücken. Die Fingerfertigkeit des Meisterdiebes war beachtlich, sein Können im Umgang mit Wurfmessern und Dolchen mit Sicherheit tödlich. Sie war froh, dass sie ihm noch nicht unter anderen Bedingungen begegnet war. Auch wenn sie vermutete, dass er derjenige war, der sie bei ihrem ersten Besuch der Kanalisation mit einem Giftpfeil betäubt hatte. Nach kurzem Zögern nickte Saria dem Messerkünstler zu. Mal sehen, was jetzt kommen würde. "Wir haben uns beraten", begann der Wolf in ihrem Rücken. Instinktiv drehte sich Saria halb zu ihm herum. Sie hasste es, wenn der Dieb in ihrem Rücken stand. Schlechte Erinnerungen stiegen in ihrem Gedächtnis auf, wurden jedoch hastig verdrängt, als der Meisterdieb weitersprach. "Und sind der Meinung, dass du dich bewährt hast." Ein Felsbrocken schien sich von Sarias Herzen zu lösen und irgendwo in ihre Magengrube zu stürzen. Endlich. Ein Ende der ewigen Neckereien war in Sicht gerückt. Monatelang hatte sie sich anhören müssen, was sie doch eigentlich für ein kleiner Fisch in der Diebesszene war. Letzten Endes würde sie doch noch akzeptiert werden. "Du hast bewiesen, dass es doch kein Fehler gewesen war, dich am Leben zu lassen." Ach, wie freundlich. "Das Buch ist eine echte Rarität und wird uns eine Menge Kohle einbringen." Münzen klirrten, als der Wolf unter seinen Mantel griff und Saria einen Lederbeutel zuwarf. Etwas unbeholfen fing die Diebin den Beutel auf. Die Münzen drückten deutlich durch das Leder, offensichtlich war er prall gefüllt. "Dein Anteil." Der Fuchs nickte ihr aufmunternd zu. "Keine Angst, ab jetzt bist du gleichberechtigt. Jeder bekommt gleiche Stücke vom Kuchen. Allerdings muss ich darauf aufmerksam machen, dass dort", er wies mit dem Kopf auf den Beutel in Sarias Händen, "Der Gewinn von den Edelsteinen schon mit drin ist. Sollte allerdings trotzdem für ne Weile reichen." "Ich hab hier was für dich", meinte der Rabe und erhob sich von seinem Stuhl. Das leise Scharren von Metall war zu hören, noch einmal nahm sie einen Schraubenzieher zur Hand und fixierte eine letzte Schraube. Dann drehte sie sich herum und ging zu Saria, um ihr eine lederne Unterarmschiene zu reichen. Einige Metallplättchen verstärkten den Armpanzer an der Oberseite, das Licht der Kerze spiegelte sich mehrfach auf dem schimmernden Stahl. Etwas verwirrt musterte die Amazone das Rüstungsteil genauer, konnte jedoch von außen nichts außergewöhnliches feststellen. "Unscheinbar, nicht?" In den Augen des Rabengesichts konnte Saria keinerlei Regung erkennen. Dennoch war sie sich sicher, dass ihr die Frau zuzwinkerte. "Gib mir deine Hand", forderte sie Saria auf. Zögernd reichte die Amazone dem Raben ihre Hand. Die Meisterdiebin fasste ihren Arm und legte kurzerhand die Armschiene an, überprüfte noch einmal ob sie richtig saß und meinte dann : "Winkel die Hand an." Saria tat wie ihr geheißen und zog die Hand an. Ein leises Klicken drang an ihr Ohr, ein schlanker Schemen schnellte aus dem Armpanzer und wurde blitzschnell von der Meisterdiebin aufgefangen. "Überraschung!" Die Glasaugen des Rabens blitzten amüsiert auf. In der Hand der Meisterdiebin funkelte blanker Stahl im schwachen Kerzenschein. Ein Messer mit einer schmalen Klinge befand sich zwischen ihren Fingern. "Eine Springscheide", erklärte sie Saria, "Bei einer bestimmten Muskelbewegung wird das Messer herausgeschleudert. Du musst nur aufpassen, dass die Scheide richtig sitzt und dass du schnell genug zugreifst. Ist Übungssache." Sie zeigte der Amazone noch, wie sie das Messer wieder richtig zurückschieben musste, dann mischte sich der Fuchs in das Gespräch ein. "Komm mit, ich zeig dir einen weiteren Weg in die Stadt. Du solltest besser wieder nach oben. Die Miliz führt gerade eine Razzia durch und wir haben einen Teil der Kanäle mit Fallen gesichert. Falls die Kerle wirklich herunterkommen sollten, werden sie eine nette Überraschung erleben." Auf einen Wink des Diebes hin folgte Saria ihm durch die verwinkelten Kanäle. Schließlich blieb er unter den leicht angerosteten Sprossen einer Leiter stehen, die in die Kanalwand eingelassen war. "Pass auf, dieser Eingang ist präpariert", warnte er Saria und zeigte auf einen haarfeinen Draht, der knapp unterhalb der Ausstiegsluke angebracht worden war. "Geh sicher, dass du ihn wieder einhängst, wenn du raus oder reingehst. Viel Glück." Mit diesen Worten löste er den Draht von einem winzigen Haken und half der Diebin, die schwere Luke aufzustemmen. Während der Fuchs die Luke schloss, sah sich die Diebin gehetzt um. Sie befand sich in einer der Lagerhallen. Hastig nahm sie die Maske ab und schlug die Kapuze zurück. Dann schob sie eine der herumstehenden Lagerkisten über die Luke und schlenderte nach draußen. Offiziell war sie nur eine Jägerin des Amazonenlagers... |
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06.07.2003, 21:15 | #467 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
Die Stadt Khorinis # 15 -
Die Schatten bewegten sich unmerklich, als Saria sich dem regen Treiben in der roten Laterne im Schutz der Dunkelheit spendenden Hauswand näherte. Der Mond versteckte sich hinter dichten Wolkenmassen, nur schwach zeichnete sein blasser Schein die Umrisse der düsteren Schutzmauer nach. Vor dem Bordell prügelte sich ein Haufen nach billigem Schnaps stinkender Halunken, im Inneren herrschte wilder Aufruhr. Schon seit Beginn des Überfalls beobachtete die Diebin das Treiben. Und als sie erkannte, dass es sich um ihre Amazonenschwestern handelte, entschloss sie sich, ihnen zu helfen. Zumindest so gut sie konnte. Was eigentlich nicht sonderlich viel war. Aus dem eigentlichen Gedrängel hielt sie sich tunlichst fern. Zu viel Körperkontakt war schädlich für die Gesundheit. Sowie für den Geldbeutel, wie einer der bewusstlosen Schläger spätestens am nächsten Morgen herausfinden würde. Während einige der Amazonen die befreiten Frauen zu dem bereit liegenden Boot brachten, versuchte weitere, die restlichen aus dem Bordell zu retten. Saria hielt sich etwas abseits vom eigentlichen Geschehen und versuchte einen vagen Überblick über die Lage zu bekommen. Aus einer Seitengasse stürmte ein Trupp Milizsoldaten, der Boden erzitterte leicht unter dem stampfenden Schritt der schweren Stiefel, Ketten klirrten, als die Soldaten sich in das Geschehen einmischten. Verdammt, sie konnte hier doch nicht herumstehen und nichts tun, während sich ihre Schwestern mit den Milizionären prügelten! Zärtlich strich ihre Hand über einen ihrer Runensteine, der die Berührung mit einem sanften Glühen beantwortete. Einer der Soldaten brüllte lautstark Befehle über den Kampflärm. Scharrend wurden Schwerter aus ihren Halterungen gerissen, klirrend stampften die Milizsoldaten in das Bordell. Sarias Augen erglühten in innerem Licht. Ihre rechte Hand hob sich, die gespreizten Finger deuteten geradezu anklagend auf den Anführer des Haufens. Sie spürte, wie die Astralenergie durch ihren Körper floss, durch ihren Willen gelenkt die Macht der Rune entfesselte und sich in dem Zauber entlud. Saria fühlte, wie der Zauber den Verstand des Anführers zu verdrehen begann, ihm Dinge vorgaukelte, die nur in seinem Freiheit schnuppernden Geist existierten. Das Traumbild entfaltete seine volle Macht binnen weniger Sekunden, fegte jeglichen Widerstand beiseite und lähmte das Denken des Soldaten. Mal sehen, wie gut die Burschen ohne ihren Anführer auskamen... |
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13.07.2003, 21:55 | #468 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
Das Amazonenlager #12 -
Knisternd tanzten bläuliche Funken über Sarias Handflächen, als sich der austretende Strom an Astralenergie in flackernder Bewegung manifestierte. Sie spürte, wie die astralen Ströme durch ihren Körper fluteten, ihre Arme mit einem wohligen, an die Berührung millionster, winziger Insektenbeinchen erinnernden Kribbeln erfüllten und schließlich durch ihre Handflächen ins Freie traten. Fühlte, wie die freigesetzte Energie durch ihren Willen in Bewegung gesetzt, die gewünschte Form annahm und einem beständigen Wasserstrom gleich auf einen Punkt zwischen ihren zueinander gerichteten Handflächen zustürzte, sich dort zu einem wabernden Ball vereinigte und die Umgebung in ein sanftes, pulsierendes Licht tauchte. Langsam begann der scheinbar aus purem Wasser bestehende Ball konkrete Formen zu bilden. Seine Form floss zunehmend auseinander, immer wieder brachen Ecken oder Spitzen aus der wogenden Masse hervor, bildeten sich jedoch meist gleich wieder zurück und vereinigten sich erneut mit dem Restkörper. Die Augen der Magieschülerin waren geschlossen, sie stand völlig reglos in dem Pavillon. Einzig und allein ihre Lippen bewegten sich in stiller Konzentration, das lange, blonde Haar bewegte sich wie in leichtem Wind, obwohl die Tempelwände jegliche Böe auffingen. Lichtreflexionen schwammen über den spiegelnden Boden, zeichneten abgeschwächte Abbilder ihrer Selbst auf die Wände des Tempels. Plötzlich brach der pulsierende Magiestrom ab. Die Kugel begann stärker zu wabern, als Saria ihre Hände auseinanderzog und wie in Trance begann, den Ball in die gewünschte Form zu zwängen. Mit einem Mal ergriff eine Sturmböe Sarias Haare, wirbelte sie wild umher und warf einzelne Strähnen in ihr Gesicht. Die silbernen Armreifen klirrten leise aneinander. Dann weitete sich der Ball zögerlich aus, streckte seine wabernden Auswüchse in alle Richtungen, wuchs beständig an und sank gleichzeitig gen Boden. Nach und nach bildeten sich die Züge einer weiblichen Gestalt hervor, zuerst sanfte aber dennoch strenge Augen, dann eine zarte Nase, zuletzt das lange, volle Haar. Nach einigen Minuten stand das gut zwei Schritt hohe, lebensechte Abbild der Göttin Donnra in dem Tempel. Tief durchatmend schlug die Diebin ihre Augen auf und betrachtete ihr Werk. Das Kribbeln in ihren Armen ging nur allmählich zurück und sie genoss das Gefühl, die arkanen Kräfte langsam verschwinden zu fühlen und dabei ihr selbst einen Teil ihrer Kraft zurückzugeben. Vor wenigen Wochen hätte sie ein derartiger Zauber die völlige Erschöpfung gekostet. Auch jetzt fühlte sie ein leichtes Gefühl der Schwäche, als ob sich ein Teil ihres Geistes in rauchigen Nebel verwandelt hätte. Doch gleichzeitig spürte sie, wie sich dieser Teil wieder zu erholen begann. Ein leises Klatschen ließ Saria aus ihren Gedanken in die Realität zurückkehren. Mit leichter Verwunderung erblickte sie die Hohepriesterin und ihre gleichzeitige Lehrerin Thaleiia, die sie mild anlächelte. "Sehr gut Saria, ich bin äußerst zufrieden mit dir." Die Diebin spürte, wie ihr das Blut in den Kopf stieg. Wahrscheinlich verwandelte sich ihr Gesicht gerade in eine glühende Tomate. Die Priesterin hatte sie noch nie dermaßen gelobt. Verlegen verlagerte Saria das Gewicht auf den anderen Fuß und strich sich die Haarsträhnen aus dem Gesicht, bevor sie unsicher zu ihrer Lehrerin aufblickte. "Ich denke du bist würdig, das Gewand einer Priesterin zu tragen", fuhr Thaleiia nach einer kurzen Pause fort. Für die Dauer eines Wimpernschlages glaubte die Diebin, ihr Herz würde stehenbleiben. Sie, eine Priesterin? Allein schon der Gedanke machte ihr schwindlig. Woher nahm die Hohepriesterin all das Vertrauen? "A-aber, warum gerade ich?", brachte Saria ihre Verwirrung zum Ausdruck, "Es gibt doch auch noch andere Amazonen! Und ich kenne mich mit den Lehren der Göttin doch gar nicht aus!" Thaleiia schüttelte in warmen Tadel den Kopf. "Das wird mit der Zeit kommen. Ich spüre, dass du der Aufgabe gewachsen bist. Du kennst dich mit der Magie besser aus, als du selbst glauben magst. Und vielleicht ist es gut, wenn die junge Generation etwas frischen Wind in unseren Tempel bringt. Meine Knochen sind immerhin auch nicht mehr die jüngsten", fügte sie mit einem Augenzwinkern hinzu. "Du solltest bei Tallulah wegen deiner Robe anfragen", riet die Hohepriesterin, nachdem Saria die anfängliche Überraschung überwunden hatte. "Mu-muss ich... dann immer im Tempel aufpassen?", fragte die Diebin schüchtern. "Ach nein", winkte die Priesterin ab, "Falls wirklich etwas sein sollte, werde ich immer noch da sein. Natürlich erwarte ich nicht von dir, dass du ständig hier bist. Obwohl ich mich sicherlich freuen würde, wenn du dich von Zeit zu Zeit einmal hier zeigen würdest. Und falls du noch einmal Hummelchen wegen deinen Runen brauchen solltest, weißt du ja, wo du sie finden kannst. Ansonsten entlasse ich dich jetzt. Ich bin zuversichtlich, dass du unserer Göttin Ehre bringen wirst." Saria murmelte ein schwaches "Danke", bevor sie sich über die Tempelstiege trollte. Noch immer brannte der Gedanke, Priesterin zu sein wie ein Leuchtfeuer in ihrem Kopf. Nur am Rande registrierte sie das Treiben vor der Schmiede, als sie ihre Schritte zum Haus der Kriegerinnen lenkte. Sie nahm sich vor, gleich morgen Tallulah aufzusuchen, um wegen der Priesterinnenrobe nachzufragen. |
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15.07.2003, 16:56 | #469 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
UPDATEWÜNSCHE ZUR CHAR-LIST #2 -
Hab jetzt Magie auf Stufe 2+ :) Ansonsten immer noch alles beim Alten, verspielt, verlogen, verstohlen. |
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16.07.2003, 19:46 | #470 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
Das Amazonenlager #13 -
Eine vertraute Stimme schreckte Saria aus ihren Gedanken. Hustend beugte sie sich vornüber, als das scharfe Likör in ihrer Kehle brannte, klackend hämmerte der kleine Becher auf den Tisch. Saria konnte fühlen, wie ihr Kopf zuerst rot, dann blau anlief, als sie keuchend nach Luft schnappte. Selbst ein kräftiger Klopfer auf ihren Rücken von Seiten Saturas half nichts, nach Atem ringend klappte die Diebin über dem Tisch zusammen. Gerade als sie schon mit der Welt abgeschlossen hatte, legte sich der Hustenreiz und kühler Sauerstoff strömte in ihre Lunge. Schwer schnaufend und noch immer mit hochrotem Kopf drehte sich die junge Amazone zu Satura um. "Bei Donnra, hast du mich erschreckt! Kannst doch nicht einfach so von hinten über mich herfallen!" Beim harten Abstellen des Bechers hatte sich sein restlicher Inhalt auf dem Tisch verteilt und bildete dort eine scharf riechende, glasklare Pfütze. Saria bedachte den Fleck mit einem traurigen Blick. Schließlich überdeckte aber doch die Neugier die Trauer. "Aber erzähl schon, was ist denn passiert?", sprudelte es aus Saria hervor, "Wo warst du denn die ganze Zeit? Ich hab dich ja schon lange nicht mehr gesehen. Was hast du denn getrieben? Und warum bist du so aufgeregt?" |
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16.07.2003, 20:55 | #471 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
Das Amazonenlager #13 -
Für die Dauer eines Lidschlages blitzte es in Sarias Augen auf. Doch ebenso schnell wie es gekommen war, verschwand das tückische Glitzern wieder und wurde durch ein Schulterzucken ersetzt. "Sie scheint es durchaus ernst zu meinen", gab die Diebin ebenso leise an Blutfeuer zurück, "Und wenn an der Geschichte wirklich etwas dran sein sollte, wäre sie das Risiko sicherlich wert..." Von welchem Risiko Saria letztlich wirklich sprach, wusste nur sie alleine. Und das sollte auch so bleiben. Gedankenverloren spielte die Diebin mit ihren Armreifen herum, während sie sich ausmalte, was die Meisterdiebe sagen würden, wenn sie mit diesem Schwert aufkreuzen würde. Vielleicht würde sie sogar zur Anführerin gekürt werden? Der Gedanke hatte durchaus seinen Reiz. Und selbst wenn es sich bei der ganzen Geschichte nur um ein Hirngespinst handeln sollte, ging es ja nicht auf ihre, sondern auf Saturas Kosten. Langsam begann in Sarias Kopf ein Plan Gestalt anzunehmen. Ja, angesichts des Schwertes schien es das Risiko durchaus wert zu sein. "Weißt du denn nichts genaueres, wo das Schwert versteckt sein soll?", löcherte sie Satura, "Ich mein, wenn es wirklich existiert, muss es doch auch einen Anhaltspunkt geben, oder etwa nicht? Immerhin wirft doch kein Mensch eine derartige... Waffe einfach weg." |
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16.07.2003, 21:26 | #472 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
Das Amazonenlager #13 -
Saria war bei Saturas Ankündigung sofort aufgesprungen. "Ich komm natürlich mit! Du kannst doch sicher noch eine gute Bogenschützin gebrauchen!" Mit einem Seitenblick zu Blutfeuer fügte sie hinzu : "Und ich bin mir sicher, dass du im ganzen Lager keine bessere finden wirst! Ganz klar, ohne mich schaffst du das ganz sicher nicht." In Gedanken verfluchte sie diese verdammte Blutfeuer. Warum musste die sich eigentlich immer so aufplustern? Wie eine störrische Henne... Mit einem Satz sprang die Diebin auf einen der Tische, um Blutfeuer über die Schulter zu sehen und ebenfalls einen Blick auf die Karte werfen zu können. Spätestens im Gebirge würde sich zeigen, wieviel diese alte Schachtel wirklich drauf hatte... |
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17.07.2003, 13:51 | #473 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
Das Amazonenlager #13 -
Ratlos stand Saria in der Mitte ihres Zimmers und blickte sich um. Schon seit den frühen Morgenstunden war sie dabei, ihre Ausrüstung für die bevorstehende Reise zusammenzuklauben. Bei dieser Gelegenheit stellte sie auch fest, dass etwas Ordnung im Chaos von Zeit zu Zeit vielleicht doch von Vorteil wäre. Wo war nur der verfluchte Köcher? Langsam wurde es der Diebin wirklich zu viel. Sie war sich sicher, dass sie das Ding in den Schrank gestellt hatte. Direkt neben ihren Bogen. Der lag zwar jetzt neben ihrem Rucksack auf dem Bett, aber von dem Köcher war keine Spur zu finden. Ein neues Bündel Pfeile hatte sie schon organisiert, aber was brachte die ganze Munition, wenn sie keinen Behälter hatte? Es war zum Verzweifeln... Der Schrank war leer, in der Kleidertruhe wurde sie ebenfalls nicht fündig und in ihren Verstecken war auch kein Köcher. Toll, wirklich grandios. Jetzt durfte sie wohl extra einen neuen Köcher organisieren. Wütend widmete sich Saria dem übrigen Gepäck. Ein festes Seil war da, eine Decke zu einer sauberen Rolle geschnürt, Wasserschläuche hatte sie ebenfalls zwei, Proviant kam nicht zu kurz. Zum Glück hatte niemand bemerkt, dass die Diebin etwas Feuerlikör umgefüllt hatte. Immerhin musste man ja schauen, wo man blieb. Die leichte Lederrüstung war angelegt, iher Dolche an ihrem Platz und die Runen ebenfalls sicher verstaut. Fehlte nur noch der vermaledeite Köcher. In diesem Moment fiel Sarias Blick auf einen ledernen Gegenstand, der unter dem Bett hervorlugte. Da war es ja, das Mistding. Endlich hatte sie alles beisammen. Nachdem sie Rucksack und Pfeilköcher geschultert hatte, verließ Saria ihr Zimmer, sperrte es sorgfältig ab und stieg die Treppen nach unten. Wenn es nach ihr ginge, konnte es losgehen. |
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18.07.2003, 15:02 | #474 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
[GM] Drachenfeuer -
"Donnra ist erzürnt", sprach Saria seltsam tonlos, den leeren Blick starr auf die dunklen Wolkentürme gerichtet. Der Anblick der schwarzen Wolkenmasse ließ ein mulmiges Gefühl in ihrer Magengrube entstehen. Verflogen war der Frohmut, machte einer unbegründeten aber dennoch heftigen Angst Platz. Zuerst der Angriff der geflügelten Furien und dann hatte sich auch noch der Berg aufgebäumt, um die Reisegruppe unter sich zu begraben. Glücklicherweise hatten Satura und die anderen schnell genug reagiert. Saria war einen Moment starr vor Schreck gewesen. Erst als die anderen schon fast in Deckung gewesen waren, hatte sie reagiert und war ihrem Beispiel gefolgt. Hätte sie auch nur eine Sekunde später reagiert... Sie wollte besser gar nicht drandenken. Die Gewalt, mit der die Lawine niedergegangen war, hatte den gesamten Berg zum Erzittern gebracht. Noch immer glaubte Saria das Donnern der übereinanderpolternden Steine hören zu können. Waren die Götter ihrer Reise nicht wohlgesonnen? Schwachsinn, die interessierten sich doch gar nicht für ein paar Abenteurer, die irgendwo inmitten der Felswüste des Gebirges nach einem vielleicht nicht einmal existierenden Schwert suchten. Nein, das Schwert musste existieren. Es durfte gar nicht anders sein. Und Saria hatte schon eine gute Vorstellung davon, was sie mit der Waffe anstellen würde... |
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19.07.2003, 12:19 | #475 | ||||||||
Saria Beiträge: 484 |
[GM] Drachenfeuer -
Fast blind durch den dichten Nebel und die nahezu perfekte Dunkelheit um sie herum, stolperte Saria durch die nächtliche Sumpflandschaft. Ihre Hände umklammerten ihren Bogen als ob er alleine ihr den Mut geben würde, sich weiterzuschleppen, die Sehne war leicht gespannt, ein gefiedertes Pfeilende zitterte zwischen ihren Fingern. Schmatzend entließ der schmutzigbraune Morast ihren Stiefel, saugte sich kurz darauf wieder mit unnachgiebiger Hartnäckigkeit an dem Leder fest, als die Diebin stehenblieb und sich hilflos umsah. "Hey! Wo seid ihr denn alle?!" Nur ein paar Sumpflöcher antworteten ihrem Ruf mit lautem Glucksen. Blubbernd stiegen Blasen in einem nahen Tümpel auf, ein fauliger morastiger Gestank lag in der Luft. Außer den rauchigen Nebelschwaden rührte sich nichts. Wo waren die anderen? Bis vor wenigen Minuten war Blutfeuer noch dicht an ihrer Seite gewesen. Doch dann plötzlich verschwunden. Egal wie laut Saria rief, es kam keine Antwort. Als ob der Sumpf den Rest der Gruppe verschluckt hätte... Sarias angsterfüllter Blick wanderte zu Boden. Ihre Stiefel steckten fast knöchelhoch in dem braunen Schlamm. Bildete sie es sich nur ein, oder sank sie mit jeder Sekunde ein Stückchen tiefer in den Morast? Von plötzlicher Panik erfüllt, rannte Saria weiter. Plötzlich trat ihr rechter Fuß ins Leere, durchbrach platschend die Wasseroberfläche eines von verdorrtem Gras überwachsenem Sumpfloches. Mit einem erschrockenen Schrei warf sich die Diebin herum, stürzte und landete klatschend in dem Schlamm. Augenblicklich rappelte sie sich wieder auf, riss den Bogen in die Höhe und blickte sich gehetzt um. Hatte da nicht eben ein Schrei den Schleier der nächtlichen Stille durchbrochen? Die Nebelschwaden drifteten leicht auseinander. Ein bösartiges Knurren drang aus der Dunkelheit. Die Schwärze vor Saria manifestierte sich zu einem hageren, seltsam gebückt gehenden Monster, rote Augen glühten feurig in der Finsternis der Nacht. Einen Augenblick später wurde die Gestalt vom wogenden Nebel verschluckt. Doch das Knurren wurde zunehmend bedrohlicher. Die Diebin spürte ihren Puls in die Höhe schnellen, ihr Herz sich in eine wummernde Adrenalinpumpe verwandeln. Von panischer Angst ergriffen, sprang sie zurück, riss den Bogen in die Höhe und die Sehne durch. Singend entließ die Waffe einen gefiederten Todesboten, der sirrend die Nebelschwaden zerfetzte und von der Dunkelheit verschluckt wurde. Am ganzen Körper zitternd, wich Saria weiter zurück, fingerte nach einem weiteren Pfeil und stürzte über eine vorspringende Wurzel einer verkümmerten Sumpfweide. Platschend landete sie erneut im Morast, robbte blindlings rückwärts, tastete nach ihrem fallengelassenen Bogen. Wo waren Satura und die anderen?! |
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