World of Gothic Archiv > Rollenspiel
[GM] Bruder und Schwester
Seite 4 von 5  1  2  3  4  5 
21.12.2003, 03:47 #76
Isabell
Beiträge: 307

Isabell war davon geschockt, sie hatte wirklich gedacht, dass es nun endlich vorbei wäre und dann passierte so etwas, ihr Bruder hatte sich einfach von ihr abgewandt und da sie auch keines der Blätter hier hatte, sondern alle in Drakia, konnte sie ihm auch nichts vorzeigen, aber wahrscheinlich hätte das seine Meinung auch nicht geändert. Das war ein Schlag ins Gesicht, sie hatte doch wirklich angenommen, dass sie hier als Geschwister runter gehen würden und jetzt das. Ihr Bruder akzeptierte sie nicht. Das durfte doch alles nicht wahr sein. So ging es also weiter, so sollte es also sein und man konnte nichts dagegen tun. Es noch einmal mit guten Worten zu versuchen, hatte wohl keinen Sinn. Von der Welt gepeinigt und nun ein weiteres Mal voll ins Herz getroffen drehte sie sich langsam um, doch in ihrem Abgang sprach sie noch ein letztes Wort, es war mehr Zufall als geplant, eigentlich hätte sie auch gar nichts mehr sagen müssen, doch dieses Wort, es sollte alles ändern, es sollte die ganze Welt auf den Kopf stellen.

Es tut mir leid, dass ich dir nie eine gute Schwester sein konnte Rociel...

Wenn sie geahnt hätte, was dieses Wort ausgelöst hat, wäre sie sicher nicht weitergelaufen, aber hinter ihrem Rücken verbog sich das Gesicht ihres Bruders, aus der eiskalten Miene von eben wurde etwas vollkommen anderes, er drehte vollkommen am Rad, hielt sich den Kopf und die Ohren zu und schien jeden Moment zu irgendetwas zu mutieren, das wohl dann doch kein Mensch gewesen wäre, doch irgendwie konnte er seine innere Zerißenheit nicht sofort stoppen.

Isabell hingegen ging weiter, langsam ging sie den Weg zurück, sie hatte keine Ahnung, was sie jetzt machen sollte. Genau das war es, vor dem sie sich immer gefürchtet hatte. Jetzt wo sie beide verloren hatte, machte es keinen Sinn mehr noch irgendwo zu wandeln. Sie wollte mit ihm die Welt sehen und sich die Unendlichkeit zeigen lassen, sie wollte soviel tun und lassen, aber jetzt, mit der Tatsache ihn nicht wiederzusehen, da war alles so leer und irgendwie auch sinnlos. Jetzt hatte sie keine Zukunftspläne mehr, vielleicht konnte man sich diese wieder zurückarbeiten. Aber sie fragte sich, ob sie wirklich Lust darauf hatte, mehrere Jahre, vielleicht bis an ihr Lebensende mit der Gewissheit durch die Welt zu wandern, dass sie einen Bruder hatte, der nichts von ihr wissen wollte und von dem sie auch nichts wusste...
21.12.2003, 04:03 #77
Heimdallr
Beiträge: 12.421

Sein Kopf drohte zu platzen, lauter Stimmen hatten sich in ihm eingefunden, die jetzt so laut schrien, dass man Kopfschmerzen bekam. Es hatte sich alles geändert, eben noch hatte er sie eiskalt abserviert, so hart das auch klingen mag aber so war es eben. Und jetzt, jetzt war er wieder total Ende.
Doch da er scheinbar nicht selber auf die rettende Idee kam, übernahm sein Amulett jetzt das denken für ihn, es leuchtete hell auf und brannte sich in seinen Hals, doch diesmal war keine Gefahr in Sicht, diesmal hatte sich das Amulett nur wegen Almira der Weisen gemeldet. Sie konnte das scheinbar nicht mitansehen, was da passierte.
Sein Amulett hatte ihm die nötige Aufmerksamkeit verschafft, jetzt bohrte es sich aber nicht mehr in seinen Hals, jetzt schwebte es vor seinem Körper, doch das bekam er gar nicht mehr mit, denn er hatte die Augen verschlossen und befand sich in diesem Lichtrausch. Sein Herz wurde an seinen Kopf geführt, besser gesagt er konnte nun endlich mal auf das hören, was ihm dieses verdammte Organ sagte und das war eindeutig.

Er war ein solcher Idiot gewesen. So tolpatschig und vorallem unsensibel konnte aber nur er sein, doch er hatte seinen Fehler nun eingesehen, natürlich sagte Isabell die Wahrheit, kein Mensch konnte seinen Namen wissen, diesen Namen kannten nicht mal seine engsten Freunde, nur seine Eltern wussten es. Wie konnte es sonst sein, dass sie es wusste. Außerdem hatte er es auch bei ihr schon gespürt. Es war heute ein Tag der Bestätigungen. Erst wurde er damit bestätigt, dass er kein normaler Mensch war, jedenfalls brauchte er sich jetzt keine Sorgen mehr machen, dass er so anders war und Isabell...schon bei ihren ersten näheren Begegnungen spürte er, dass er dieser Person schon lange vor ihrem Zusammentreffen in der Höhle begegnet war,jetzt hatte er sozusagen all seine Bestätigungen, doch Isabell, was hatte er ihr nur angetan. Genau wie sie ihm das Herz gebrochen hatte, so hatte er sich nun revanchiert, doch das lag nie in seiner Absicht. Er musste sie auf jeden Fall kriegen.

Endlich hörte er auf sein Herz, zum Glück war das jetzt endlich mal im Recht, sein Körper war auch nicht mehr gelähmt, er rannte, er rannte nur noch nach unten, weg von dem Gipfelplateau, nur noch zu den Treppen, zum Glück konnte er sie dort erkennen, sie ging sehr langsam, was für ein Glück, so konnte er sie noch einholen, nicht auszudenken, wenn sie schon beim Abstieg gewesen wäre. Wie ein Wirbelwind überholte er sie dann und blieb vor ihr stehen. Als ob er sich ihr entgegen stellen wollte, hielt er seine beiden Hände an ihre Schulter und sah sie mit tiefen Augen an. Es blitzte und funkelte, doch er konnte ganz klar die Enttäuschung und den Schmerz von ihr sehen. Das war sein Verschulden. Doch er wollte jetzt ein für alle mal hier ein Ende bereiten. Er hatte die letzten Wochen und Mondjahre genug damit verbracht, jetzt sollten diese ganzen Spinnenweben in denen sie sich verfangen hatten endlich verbrannt werden.

Von ihrer Schulter nahm er die Hände wieder weg, doch er blieb weiter vor ihr stehen und nahm ihre Hände. Danach sank er auf die Knie und küsste sie. Mit dem Gedanken, dass er eine Schwester hatte, hatte er sich noch gar nicht angefreundet, dafür war das viel zu kolossal, doch irgendwie schien er zu wissen, um was es ging.

Schwester. Du hattest Recht. Ich bin dein Bruder. Ich glaube dir, du wirst mich sicher nie belügen. Ich dachte mein ganzes Leben lang und das ist nicht gerade wenig, dass ich keine Geschwister habe, doch nun habe ich eine Schwester. Du bist meine Schwester Isabell. Ich bin so froh, dass ich dich endlich wiederhabe. Ich hoffe du nimmst meine Entschuldigung an, ich weiß nicht was mit mir los war, aber als ich den Namen gehört habe, da wusste ich, dass du meine Schwester bist. Diesen Namen, keiner weiß ihn, selbst ich habe versucht ihn zu verdrängen. Es war ein Schock ihn aus deinem Munde zu hören. Aber das ist jetzt egal, hauptsache wir sind nach solanger Zeit zusammen, ich frage mich, ob wir uns schon jemals vor dem Berg gesehen haben.
21.12.2003, 04:23 #78
Isabell
Beiträge: 307

Sie hatte damit nicht mehr gerechnet, nein wirklich nicht, es schien schon längst entschieden, ihre letzten Stunden hier in seiner Nähe schienen angebrochen und dann das. Sie wusste nicht, wem sie danken sollte, doch am ehesten wohl Innos, der ihr Gebet doch erhört haben musste, doch es war egal, sie war so überglücklich, dass sie es gar nicht fassen konnte. Sie brachte kein Wort mehr heraus, sie hatte nur gesehen, wie er da auf den Knien lag und beinahe um Vergebung winselte und sie sah aber auch, dass sie beide Fehler gemacht hatten. Niemand war perfekt, so war es auch hier. Sie konnten beide nicht ohne Tadel zurückgehen, doch sie gingen zurück, die paar Meter sollten dann doch noch fallen, warum sie zurückgingen wusste sie nicht, denn eigentlich brauchte sie nichts wirklich, was es nicht auf auf den Treppen gegeben hätte, doch es war trotzdem richtig.
Die Fackel brannte immer noch, das ganze war erstaunlich, doch kam es ihr irgendwie bekannt war, als ob sie es schon mal gesehen hatte, doch da konnte sie sich auch irren.
Sie waren nun endlich wieder das, was sie immer sein wollten, Geschwister die vereint waren und nie wieder die Abwesenheit des Anderen hinnehmen wollten. Sie waren so unerfahren und doch ruhte auf ihnen eine große Verantwortung, doch diese sahen sie heute nicht mehr, nicht mehr nach all dem passierten.
Sie hatten sich an einen der Felsen gekauert, Isabell hatte sich sehr eng an ihn geschmiegt und er drückte sie fest ab sich, fast war es wieder so wie an dem Abend, als sie die ganze Zeit vor der Haustür lagen, doch es gab einen Unterschied, er wusste jetzt, dass es seine Schwester war, die da vor ihm lag und langsam begriff er auch, was das heißen würde. Geschwister zu sein, dass war etwas vollkommen anderes als man sich vorstellen konnte. So etwas hatte er sein ganzes Leben lang nicht gespürt und irgendwie fürchtete er sich auch davor, dass Isabell jetzt etwas anderes werden würde, als sie doch eigentlich war. Doch diese Angst wurde ihm genommen, denn seine Schwester blieb bei ihm, für immer und ewig, genau wie er auch. Das wollte er ihr morgen sagen und noch vieles mehr. Wenn er morgen aufwachen würde, dann wäre das ganze entweder ein Traum sein und er würde in seinem Bett in Drakia aufwachen, oder aber es war kein Traum und morgen würden seine grauen Zellen nen Kollaps kriegen. Durch Isabells Auftauchen und der ganzen Geschwistergeschichte, geriet die Findung seiner selbst im Bezug auf die Amulette etwas in den Hintergrund, doch darum konnte er sich auch später noch kümmern.

Irgendwie schienen sie gar nicht zu merken, was mit ihnen geschah, denn sie wurden fast zeitgleich in den Schlaf gewogen, ihre Wortlosigkeit und ihre ganzen Strapazen vom Tage zeigten jetzt Wirkung. Alles was sie von diesem Prozess aufgehalten hatte waren bestimmte Dinge, die man auch Schicksal nannte...

Und so hatte der Schicksalsberg einmal wieder das Schicksal eines fremden Menschen bestimmt und gezeigt. Es war nicht oft der Fall, dass es dran kam, doch wenigstens war es ein gutes Schicksal...bis jetzt. Denn ein Ende war noch lange nicht in Sicht.
21.12.2003, 10:16 #79
Heimdallr
Beiträge: 12.421

Schon mit den ersten Sonnenstrahlen blitzten seine Augen auf, sie fanden ja doch die ganze Nacht keinen Schlaf. Irgendwie war er wohl mal kurzzeitig eingenickt, doch richtig schlafen konnte er nie. Er war zwar vollkommen übermüdet, doch das machte jetzt nichts, den Schlafmangel spürte er nicht mehr.
Er blickte lange in den Himmel, der seltsam dunkel war, als ob es regnen sollte, doch erst mal noch abwartete. Auch hatte er lange Isabell angeschaut, sie lagen noch so da wie gestern und waren wohl beide für einen Moment lang eingenickt, aber trotzdem.
Er konnte das jetzt erst beginnen zu realisieren, so richtig glauben mochte er es nicht. Da war er so lange davon ausgegangen, dass er wirklich keine Geschwister hatte und dann das. Nach so langen Jahren erfuhr er es aus heiterem Himmel.

Er musste das alles verarbeiten, irgendwie musste er es langsam verstehen, so schnell ging das nicht. Er löste sich langsam aus der Umarmung seiner Schwester und ließ sie so liegen wie sie jetzt noch da lag. Sie sollte ruhig noch etwas schlafen. Als kleine Decke löste er seinen Umhang und deckte sie damit zu, sie sollte schließlich nicht frieren. Dann aber entfernte er sich etwas von ihr. Das erste was er machte war die Fackel zu löschen. Die ganze Nacht war eine ein Meter hohe Flammensäule auf dem Gipfel, den Menschen hätten es als Naturphänomen bezeichnet, doch hier gab es ja gar keine Menschen, weit und breit keine, also brauchte er sich, was das anging, auch keine Sorgen machen.

Danach aber ging er etwas abseits des Gipfels, setzte sich an einen Abgrund, wo er in eine schwindelerregende Tiefe blickte, doch er sah nicht hinunter, er sah nach vorne. Er sah in das große Minental und er sah in die weite Welt, er sah die Natur und er sah die Freiheit hier draußen. Er nahm ein paar Steine und schmiss sie in den Abgrund, nur um sich irgendwie abzulenken, denn eigentlich war er jetzt sehr still und ruhig. Er musste über alles nachdenken.

Zuerst einmal wollte er sich mit den Worten von Pator beschäftigen. Er hatte ihm gesagt, dass er hier oben jemanden treffen würde und das war geschehen. Vielleicht war es ja sogar nötig gewesen, diese Trennung, denn wenn er wirklich ihr Bruder war, dann könnte er Isabell verstehen. Außerdem wäre er nie nach Khorinis mitgekommen und schon gar nicht in das Obere Viertel. Vielleicht wusste Pator ja davon. Das war abgehakt, er glaubte nicht daran, dass Pator ein falsches Spiel spielte, das war soweit alles korrekt gewesen.
Dann der nächste Punkt. Pator sprach davon, dass sein Vater kein Mensch mehr war, sondern in seiner menschlichen Daseinsform kurzzeitig von einem Dämon der Beliar untergeben war, besessen war. Doch er konnte ihn besiegen und erfolgreich aus seinem Körper verbannen, seitdem floss aber dämonisches Blut in seinen Adern. Dieses Blut hat er an ihn weitergegen. Pergamo überlegte kurz. Aber wenn er das Blut an ihn weitergegeben hatte, dann musste ja auch Isabell...ja so musste es sein, Isabell war auch eine Halbdämonin. So oder so, es half nichts, er musste es ihr sagen und das möglichst bald. In was waren sie da nur hinein geraten....
Er seufzte, machte aber weiter in seinen Überlegungen, es verlief alles bestens bisher, er konnte das alles sachlich und in aller Ruhe aufarbeiten.
Dann kam er zu dem Punkt, was Isabell ihm gesagt hatte, es war ohnehin der letzte, denn er aufarbeiten musste. Sie hatte ihm gesagt, dass sie Halbgeschwister waren, was stimmen würde wenn es diese zwei Frauen wirklich gegeben hatte. Leiana gab es auf jeden Fall, schließlich kannte er seine eigene Mutter, aber diese Lariel. Sie musste es auch geben. Egal wie er es drehte und wendete, er kam nur zu dem Ergebniss, dass er es entweder glauben musste oder nicht. Er konnte sich nie daran erinnern, dass er jemals eine Schwester getroffen hatte und auch seine Eltern hatten ihm nichts erzählt. Wieso hatten sie ihm gar nichts erzählt, nicht das kleinste bisschen?
Das ganze war seltsam, hätte sein Vater wirklich so gehandelt?
Er wusste es nicht. Er wollte Isabell so gerne glauben, doch das ganze war doch so ungeheuerlich.

Ich meine, man bekommt doch nicht alle Jahre eine Schwester. Das ist doch verrückt, das kann man doch kaum die ganze Zeit geheim halten. Niemals hat man es mir gesagt und jetzt erfahr ich es nach so langer Zeit von ihrer eigenen Zunge. Wie soll ich das nur glauben? Ich brauche ein Zeichen...das ist es. Natürlich. Innos hat mir noch immer geholfen, wieso nicht jetzt auch? Wenn es wirklich mein Schicksal ist, dass ich hier meine Schwester getroffen habe, dann wird es auch mit den SIEBEN zu tun haben. Und dann muss er mir einfach helfen. Innos hilf mir bitte, noch ein letztes Mal. Ich brauche absolute Gewißheit und nur du kannst sie mir geben. Bitte, sag mir, ist das meine Schwester oder nicht?

Aus seinen Gedanken zurückkehrend wartete er hoffnungsvoll, doch nichts geschah. Gar nichts. Wie sollte er das deuten? Als Nein? Als Nichts? Er wusste es nicht, doch er wurde nur wieder verzweifelter. Als ob es nicht schon schwer genug wäre...er nahm einen weiteren Kieselstein und schmiss ihn nach unten, doch diesmal sollte er nicht unten ankommen. Er landete im Gefieder eines Uhus. Obwohl diese Tiere Nachttiere waren und bei Tageslicht eigentlich nie zu sehen waren, war dieser Vogel hier, doch nicht genug, er flog ganz nah an seinen Kopf und hielt sich dort in der Luft. Es war ein unheimlicher Anblick, doch Pergamo hatte sofort verstanden. Die letzte Sicherheit gab ihm das Berühren des Gefieders. Das war kein Uhu, nein er wusste genau, wer das war...

Danke. Ich danke dir. Schwester...so sei es......du kannst jetzt übrigens aus meinen Rücken hervor kommen Isabell. Du solltest viel mehr in das glückliche Gesicht deines Bruders blicken.
21.12.2003, 10:46 #80
Isabell
Beiträge: 307

Wie hatte er sie nur bemerkt? Sie war doch absolut still gewesen und hatte kaum ein Geräusch verursacht, selbst ihr Atem war so gut wie nie vorhanden und schon gar nicht erst zu hören. Komisch, sie war kurz nach seinem Weggang aufgewacht, hatte erst einmal Angst gehabt, dass sie nicht mehr bei ihm lag, doch dann spürte sie den Umhang, der sie wohl wärmen sollte, was sie wirklich gut gebrauchen konnte und dann sah sie ihn auch ein paar Meter entfernt. Er hatte wohl lange nachgedacht, über gestern. Naja, ihr fiel es ja auch nicht leicht, sie musste es auch erst akzeptieren, es verstehen, doch da war sie ihm wenigstens schon entliche Tage voraus und sie wusste ja auch schon seit Jahren, dass es da einen Bruder gab, er musste das jetzt alles auf einmal erfahren, jeder wäre da wohl anders, wäre verwirrt. Doch sie verzieh ihm alles, er konnte machen was er wollte, soviel Zeit haben wie er wollte, hauptsache er würde sie nicht mehr wegschicken, das war das schlimmste gestern. Vielleicht war es wirklich Rettung in letzter Sekunde, er wirkte wirklich ziemlich entschlossen, vielleicht war es wirklich nur Innos Segen.
Was er allerdings jetzt tat, das war ihr ein Rätsel, zuerst war da dieser wunderschöne Vogel und dann bedankte er sich bei ihm, er sprach mit dem Tier so, als ob es etwas menschliches für ihn wäre.

Tja, das alles passte irgendwie und der dunkle Himmel trug auch dazu bei, es war eine wirklich unheimliche Stimmung und man spürte, dass es noch immer weiterging, es war noch längst nicht vorbei gewesen. Es war noch alles so frisch, noch alles so offen. Es würde wohl auch nicht schneller gehen können, was hatte sie schon erwartet, sie hatte eigentlich gar nichts erwartet, sie hatte sich immer nur gewünscht ihren Bruder zu finden, dass es ausgerechnet Pergamo war, dagegen konnte man nichts machen, im Gegenteil, vielleicht war es auch das beste, was ihr je passieren würde. Das er sie endlich akzeptierte war das schönste, was man nach gestern erwarten konnte, sie hatte im Augenblick keine Wünsche mehr, was sollte sie sich schon noch wünschen. Das hieß...es gab da schon noch eine Sache. Aber das wollte sie erst mal abwartend betrachten.

Sie folgte der Anweisung ihres Bruders und trat einen Schritt näher an ihn, er drehte sich auch um und er wirkte jetzt wirklich gelöster, viel befreiter. Sie wusste nicht, welche Bedeutung dieser Vogel für ihn gehabt hatte, doch scheinbar brachte er ihn dazu endlich wieder zu lachen. Sie konnte gar nicht anders, sie musste mitlachen. Aber trotzdem mussten sie sich noch so viel erzählen, es waren noch viel zu viele Fragen offen, am besten sie taten es jetzt als wann anders, denn es hätte ja doch nichts gebracht es noch weiter vor sich her zu schieben.

Jetzt wo wir endlich wieder vereint sind, nach so vielen Jahren Bruder, jetzt lass uns reden. Es gibt so viel, wir werden es nie schaffen alles zu erfahren, uns fehlen schließlich knapp zwei Jahrzehnte. Aber wenn wir anfangen könnte es irgendwann ja soweit sein. Momentan möchte ich eigentlich nur eines wissen Bruder, wieso kennt die ganze Welt deinen Namen nicht?
21.12.2003, 11:17 #81
Heimdallr
Beiträge: 12.421

Er war eigentlich auch von der Idee angetan, musste er seiner Schwester doch sagen, wer ihr Vater wirklich war, doch ihre Frage eilte ihm da voraus und es war eine Frage, die ihn direkt ins Herz traf, unbewusst oder bewusst traf ihn Isabell genau dahin, wo es am meisten weh tat. In den Erinnerungen zum Tode seiner Eltern. Diese Erinnerungen waren so schmerzhaft, dass er immer wieder versuchte sie zu verdrängen aber es so sicher nie schaffen würde. Ja, er wusste schon was Isabell meinte, schließlich hatte nur dieser Name die beiden gerettet, ohne ihn wären sie wohl nie mehr Geschwister geworden, von daher war er ihm dankbar, auch hätte er ihn gerne wieder getragen, doch es war unmöglich, die Erinnerungen an ihn waren zu schwer. Ja den verfluchten Namen, wieso nur er...

"Weißt du Schwester...dieser Name ist mit einer langen Geschichte verbunden, einer sehr schmerzvollen Geschichte..."

"Bitte Bruder, erzähl sie mir. Wir müssen uns alles erzählen, auch wenn es weh tut."

"Du hast ja Recht. Also schön. Es war an dem verfluchten Tag, ich war bei meinem Meister, um mich meinem Waffentraining zu widmen...als ich wieder kam stand die Miliz vor meinem Haus. Es...es...sie..."

"Ruhig. Ganz ruhig. Komm, nimm meine Hand und erzähl mir, was passiert ist."

"...es war so schrecklich. Sie waren tot. Beide einfach tot. Du kommst nach Hause und denkst dir nichts dabei, doch sie waren beide tot. Nichts mehr zu machen. Zwei Banditen oder Diebe oder was auch immer für Dreckssäcke, sie hatten sie einfach abgemetzelt. Mein Vater war sofort tot, meine Mutter war weg. Aber man fand später ihre Leiche im Wald. Sie hatten sie schrecklich entstellt. Wenn ich heute noch dran denke, kann ich es nicht glauben. Wir waren so glücklich und in einer Sekunde verändert sich dein ganzes Leben...
Mein Namen habe ich seit diesem Tage nicht mehr gebraucht. Weder für mich noch für andere. Weißt du warum? Meine Mutter, Innos hab sie selig, sie sagte zu mir vor dieser Nacht.

Rociel, pass gut auf dich auf.

Vielleicht verstehst du es, aber ich konnte mit diesen Namen nicht mehr leben. Er erinnerte mich immer an sie. Der Tod von ihnen war das schlimmste, was ich wohl je erleben muss."

"Deine Eltern. Mein Vater. Sie sind also tot...ich habe es geahnt, aber jetzt ist es traurige Gewißheit. Oh nein...Rociel, du musst deinen Namen wieder annehmen. Er ist zu schön, als das er in Vergessenheit geraten sollte. Außerdem brauchst du jetzt nicht mehr zu leiden. Ich verstehe dich zu gut. Auch mir wurde meine Mutter genommen, als ich vierzehn war. Seitdem lebe ich alleine. Hör zu Bruder, wir müssen stark sein, nur wenn wir zusammen halten, können wir die Aufgaben bewältigen, die uns noch bevorstehen und nur zusammen können wir unsere Schmerzen besiegen. Denk doch mal an deine Eltern, glaubst du wirklich, dass sie es so gewollt hätten? Das wir beide die ganze Zeit zerstört werden, dass unsere Herzen nie glücklich sein können? Glaubst du, sie wollten uns nie mehr lachen sehen?"

"Nein sicher nicht...du hast ja Recht. Wir müssen endlich lernen zu leben, sie haben es so gewollt. Ihr Opfer war groß, wir sollten es nicht noch vergrößern. Du meinst also wirklich, ich soll mich dem Verfluchten wieder annehmen?"

"Hehehe...es ist dein Schicksal Rociel, du hast keine andere Wahl."

"Du hast Recht, ich habe keine andere Wahl. Nun gut.....
Mutter, du hast es gehört. Heute ist ein guter Tag für uns, wir werden uns wieder dem öffnen, dass du uns geschenkt hast. Ich hoffe du freust dich ein bisschen Mutter. Der Fluch ist endlich vorbei, meine Schwester hat mich davon befreit!
Aber es gibt da noch etwas, was ich dir unbedingt sagen muss. Das du bestimmt noch nicht aus Büchern kennst. Das dir mein...unser Vater erzählt hat."

"Ich bin zu allem bereit..."

"Das glaube ich kaum...machen wir es kurz und schmerzlos, obwohl das wohl sicher nicht klappt...unser Vater, er war ein Halbdämon, du hast dämonisches Blut in deinem Körper genau wie ich es habe..."

"Ähe....ähhh....hehehe...das soll ein Witz sein oder?"

"Ich hab dir doch gesagt, dass du es nicht glauben wirst. Aber ich erzähle keine Witze. Ich habe es von jemanden erfahren, dem man glauben kann, denn er hat mich hierher geschickt. Unser Vater wurde von einem Dämonen besessen. Er konnte ihn erfolgreich aus seinem Körper verbannen, doch sein Blut blieb dämonisch. Er hat es uns vererbt, zur Hälfte dämonisches und zur Hälfte menschliches Blut fließt in unseren Adern. Das ist doch Wahnsinn oder? Wir werden ab sofort ausgestoßen sein, niemand darf es je erfahren, das lasse ich nicht zu. Die Ehre der Familie Pergamo wird niemals besudelt. Niemand wird jemals erfahren, wer wir wirklich sind."
21.12.2003, 12:52 #82
Isabell
Beiträge: 307

Isabell taumelte etwas, sicher wäre sie gefallen, wenn nicht jetzt er ihre Hand halten würde. Hatte er da eben wirklich Dämonenblut gesagt? Sie kannte ihren Vater ganz gut, doch er hatte nie auch nur das kleinste Anzeichen von einem Dämonen gezeigt, das ganze klang auch so eher von jemanden, der in einer Taverne eine Geschichte erzählte und dafür viel Fantasie brauchte. Einfach nur unglaubwürdig. Doch es war wahr. Sie wusste das es wahr war. Er hätte es ihr nie gesagt, wenn es nicht so gewesen wäre, in seinen Augen schien auch nicht jeden Moment der Witz hervorzukommen und langsam begriff sie, was er da gerade gesagt hatte. Aber das ganze war ja eine mittelschwere Katastrophe. Wenn sie wirklich Dämonenblut in sich hatten, dann waren sie ja keine richtigen Menschen. Bisher hatte sie sich aber immer als Mensch gefühlt, nie etwas anderes wollte sie sein. So sollte es auch die Zukunft sein, sie wollte kein Dämon sein und auch gar nicht erst diese Ideologie verinnerlichen. Sie fragte sich, ob das wirklich möglich sein konnte, das Blut eines Dämons in sich zu tragen und auch noch zu vererben, aber auch Rociel wirkte nicht so, als ob er sich damit schon angefreundet hätte, vielleicht war das ja dieses helle Licht, vielleicht war es ja auch so eine Gestalt, wie sie am Bette gesehen hatte, sie konnte sich das eigentlich als einzige Erklärung vorstellen, alles andere wäre unlogisch gewesen, was sonst hätte eine solche Nachricht verbreiten können. Doch trotz des Unbehagens musste sie die Nachricht hinnehmen. Was für ein Schock. Dämonenblut...

"Nun, dann sind wir eben Dämonen, was macht das schon? Ich werde immer ein Mensch bleiben, so wie ich es immer war. Auch wenn es mir schwer fällt mit dieser Nachricht zu leben. Und du? Was meinst du?"

"Ich? Ich hab doch gar keine Ahnung. Ich weiß es ja erst seit ein paar Stunden. Unser Vater, er war unglaublich. Erst die Geschwister, jetzt die Dämonen. Ich frage mich, ob es noch ein Geheimnis gibt. Ich werde damit leben müssen, genau wie du. Aber ich habe schon immer geahnt, das etwas nicht mit mir stimmt, doch hätte ich nie an so etwas ungeheuerliches gedacht. Aber vielleicht können sie uns ja auch nützen."

"Du meinst...? Hm ich weiß nicht. Mit Dämonen will ich nichts am Hut haben. Du weißt warum. Ich weiß nicht ob Vater das gut finden würde."

"Aber warum denn nicht? Es ist nun mal da, wir können es niemals ändern. Wir können den Spieß umdrehen, aber ich möchte mich auch nicht verändern. Ich habe ja noch nicht mal eine Ahnung, in was sich das Blut überhaupt wiederspiegelt oder ob wir es nur in uns tragen. Wir dürfen auf jeden Fall nicht daran denken. Wir sind weiterhin Menschen und werden es auch immer bleiben. Wir sind vielleicht etwas anders, doch das muss ja niemand erfahren. Wir müssen unser Blut leugnen und für uns behalten."

"Man was ist jetzt alles passiert. Ich denke mal es reicht jetzt. Lass uns eine kurze Pause machen in Ordnung? Ich habe Hunger und noch etwas in meinem Proviantbeutel."

"Du hast Recht, es ist besser, wenn wir uns etwas ablenken lassen. Ich denke mal den Abstieg können wir vorerst mal vergessen. Ich hab eigentlich noch eine ganze Menge von dem Proviant aus Drakia, ich denke es reicht für die Rückreise."

"Hast du wieder nichts gegessen?"

"Kaum."

"Du musst mehr essen, gerade hier und auf solchen Reisen. Auch dein Körper brauch das Bruder."

"Ach Schwester, auch du wirst im Laufe der Zeit einsehen, dass ich einen anderen Nährstoffkreislauf habe als die anderen. Ich habe noch nie viel benötigt. Vielleicht führt es sich ja auch auf unser Blut zurück. Du bist schließlich auch viel zu mager und isst kaum was. Vielleicht haben wir hier schon das erste Merkmal entdeckt."

"Du hast Recht, vielleicht haben wir das, doch wir sollten nicht so viele Gedanken darüber verschwenden, lass unser Blut in Ruhe. Wir sollten jetzt nicht mehr davon reden."

"Ist gut Schwester."


Dann holte sie ihren Lederbeutel und gab die verbliebenen Lebensmittel frei, die sie nun mit ihrem Bruder mehr oder weniger lecker verspeiste. Hauptsache sie konnten mal für einen Moment abschalten. Das mit dem Blut, das machte sie ganz schön fertig, vielleicht war es noch immer die Überraschung, aber es war zumindest keine alltägliche Nachricht. Aber sie musste noch mit viel mehr rechnen und das wusste sie auch, jetzt endlich zerfiel das alles in sich zusammen und lauter Geheimnisse und versteckte Dinge kamen ans Tageslicht.
21.12.2003, 14:11 #83
Heimdallr
Beiträge: 12.421

Während ihrer Speise hatte sich der Himmel noch mehr verfinstert, es war eigentlich Tageslicht und doch wurde es wieder dunkel. Er zündete vorsichtshalber einmal die Fackel an, denn ihm war diese plötzliche Dunkelheit nicht geheuer. Seine Schwester hingegen ließ das alles kalt, sie schien mehr darauf bedacht etwas Ruhe zu finden. Er gönnte ihr diese Ruhe, denn es war sicher auch nicht einfach für sie, fast mochte er meinen nahm sie das alles noch mehr mit als ihn. Aber sie konnte das nicht so nach außen zeigen, schließlich war sie seine große Schwester. Er selber ließ sich selbst auch Zeit, soviel er brauchte sollte er auch bekommen, zwar hatte er alles verstanden und akzeptiert, doch bis es sich auch wirklich setzen würde und bis er wirklich verstehen könnte, was da los war und was sich hier alles in seinem Leben ändern sollte, musste noch eine lange Zeit vergehen. Es würden wohl Mondjahre dauern, aber diesen Weg war er bereit zu gehen.

Mittlerweile machte er sich auch wieder Gedanken über sein Schicksal, denn das war ja der eigentliche Grund, warum er auf diesen seltsamen Berg gestiegen war, er hatte vor nicht all zu langer Zeit noch damit gerechnet, das sein Schicksal in der Einsamkeit liegen würde und jetzt war es aber doch nicht so. Es war wie verhext, aber ob man dem jetzigen Frieden trauen konnte, das war wieder so eine Frage. Er hatte jedenfalls endgültig genug von Schicksalsspielen. Er schwörte sich nie wieder einen Schritt zu tun, das hier sollte die letzte Episode in diesem Kapitel sein. Er und Isabell, Bruder und Schwester für immer vereint, das war der letzte Schritt, nichts anderer mehr war möglich, nichts anderes sollte mehr kommen. Egal wer oder was da etwas dagegen hätte und selbst wenn es schon anders geschrieben wäre, dann würde er den Text wieder umschreiben, selbst wenn die Zeit schon gestellt wäre, dann würde er sie wieder verstellen. Es gab nichts, was man nicht schaffen konnte, man musste nur fest daran glauben. Sein Glaube war zum ersten Mal schwer erschüttert, als seine Eltern starben, dazwischen gab es immer mal wieder Krisen, doch keine war wirklich eine ernste Krise, jetzt aber war er endlich bereit, bereit für alles. Er war bereit sich auf den Stand des Glaubes vor dem Tode seiner Eltern zurückzubegeben, das was er sich nie zugetraut hatte.
Und außerdem hatte er Pator ein Versprechen gegeben.
Er hatte sein Schicksal und seine Bestimmung angenommen, dagegen wo er sich auch immer gewehrt hatte. Jetzt war er bereit sich auf all das einzulassen, doch er stellte Bedingungen und die waren gnadenlos. Pator wusste dies und er hatte ihn indirekt unterstützt, denn dadurch das er ihm offenbarte, dass er kein Mensch war und dadurch, dass das Schicksal Isabell und Rociel zusammen kommen ließ, dadurch schaufelten sie sich ihr eigenes Grab, denn ab sofort würde er zwar noch intensiver an seiner heiligen Mission arbeiten, doch als Ausgleich nahm er die Gottlosigkeit als Geschenk, er würde nichts mehr akzeptieren, egal ob von Beliar, Adanos oder auch Innos befohlen, sie sollten sich in Acht nehmen etwas gegen seinen Willen auszusprechen und sei es nur ein Schicksal...

Das Licht der Fackel war das einzige, was sie jetzt noch erhellte, es war wirklich unheimlich zu dieser Tageszeit Finsternis, doch diesmal schob sich kein Mond vor die Sonne, diesmal waren es pechschwarze Wolken. Im Licht der Fackel konnte er erkennen, wie Isabell langsam aber sicher wieder fertig wurde mit ihrem einsamen Denken und wie sie scheinbar etwas vor hatte.

"Diese Harfe hier, woher hast du sie?"

"Die Harfe? Sie lag auf dem grauen Altar. Wieso?"

"Es ist meine."

"Wie bitte?"

"Du hast schon richtig gehört, es ist meine. Ich kann es mir selbst nicht erklären, eigentlich müsste sie irgendwo in dem Berg sein. Kryliyx hatte sie mir wie meine Rüstung abgenommen. Und jetzt ist sie hier, gestern als ich ihre Töne hörte war ich mir sicher."

"Bist du wirklich sicher?"

"Ja natürlich. Sie sieht aus wie meine, sie riecht wie meine und sie spielt dieselben Töne wie meine. Außerdem ist ein "I" in ihren Schaft eingeritzt nicht wahr?"

"Hm...tatsächlich, da ist ein "I". Dann gehört die Harfe dir Schwester. Ich kann sowieso nichts damit anfangen. Ich bin ein miserabler Spieler..."

"Hm..."


Sie nahm das gute Stück an sich und ging wieder ein paar Schritte weg, wie er heute Morgen setzte sie sich nun auch auf eine Klippe und führte die Harfe langsam an ihren Schoss. Er hatte schon verstanden, sie wollte ein wenig spielen. Nun, sie konnte das sicher viel besser, so entschloss er sich den wundervollen Klängen, die seine Schwester dem Instrument da entlockte, zu lauschen. Von Harfenmusik wurde er immer so schrecklich müde...
21.12.2003, 15:57 #84
Isabell
Beiträge: 307

Isabell hatte nicht mehr damit gerechnet dieses Stück einmal wiederzusehen, es war ein Geschenk ihrer Mutter gewesen, ein Familienerbstück, sie dachte wirklich, dass Kryliyx es zerstört hatte, doch jetzt war es hier und sie konnte es wieder mit beiden Händen festhalten. Es war schön ihr geliebtes Instrument in den Händen zu halten, jetzt endlich konnte sie das tun, was sie schon seit einer halben Ewigkeit tun wollte, sie wollte endlich wieder Musik spielen. Die Töne der Harfe waren ihre allerliebste Musik und sie wollte ihrem Bruder jetzt auch etwas vorspielen, saß er doch voller Erwartung da. Sie hatte zwar schon lange nicht mehr gespielt, doch was man einmal gut konnte, das verlernte man nicht einfach so. Am Anfang da klangen die Töne noch etwas trocken, noch etwas kantig, doch mit der Zeit wurde sie immer besser und bald schon hörten ihre vier Ohren eine flüssige Melodie. Sie war diesmal nicht so traurig, wie das Lied von gestern, sie hatten etwas dunkles, aber auch etwas helles, sie hatten etwas armes, aber sie hatten auch etwas reiches. Es war ein Lied der Hoffnung. Sie wollte dieses Lied spielen, damit sie wieder an etwas glauben konnten, sie wollte dieses Lied spielen, damit sie wieder träumen konnten. Hoffnung brauchte sie jetzt nicht mehr, sie hatte all ihre Hoffnung in dieses Wiedersehen gelegt und dann war es auch gut, ewig an der Hoffnung nähren das ging auch nicht gut, deshalb wollte sie sich das lieber aufsparen, irgendwann in ein paar Jahren vielleicht wieder, doch so richtig hoffen brauchte sie nicht mehr, das kleine Hoffen hatte man doch eigentlich jeden Tag.

Die Melodie des Liedes ließ das ganze hier vergessen machen, diesen schwarze Himmel konnten sie getrost ignorieren, sie machten einfach das alles ungeschehen, man konnte in dem Lied fliegen und mit ihren Flügeln flogen sie weit weg, hinaus zum Meer, auf eine einsame Insel. Sie ließen die Dunkelheit hinter sich, ließen sich von den Wellen der Musik tragen. Sie brauchten das alles hier nicht mehr, nicht mehr sie. Es war vorbei, sie spürte es, es war nun endgültig vorbei. Niemand mehr würde ihn ihr wegnehmen. Es war endlich vorbei. Was sie auch taten, sie würden es als Geschwister machen. Sie waren wohl das ungewöhnlichste Geschwisterpaar, das es jemals geben würde, doch was sollten sie tun. Sie waren nicht daran Schuld, sie konnten nichts für ihr Blut, sie konnten nichts für ihr Leben. Aber irgendwie würden sie das schon alles meistern, was sonst. Irgendwo hin gehen, weg von dieser herzlosen Region, weg aus dem Minental. Irgendwohin wo es schön war, nicht wo es so grau war wie hier.

Ihre Finger bewegten sich jetzt wie selbst, als ob sie sich nun wieder dran gewohnt hatten, sofort waren die Griffe vertraut gewesen. Die Melodie mochte eine Zeit lang ewig dauern, doch dann setzte sie mit ein paar langen, hellen Tönen die Harfe ab und hörte auf zu spielen. Sie musste an all das denken, was bis hierher passiert war. Von dem Tag an, an dem sie alleine aus Drakia gegangen war. Es war schon genug Stoff um ein ganzes Buch damit zu füllen, aber das stand ihr nicht im Sinn, sie hatte da eine andere Idee. Mit der Harfe kehrte ihre Poesie wieder, endlich konnte sie wieder so denken wie er es auch konnte, lange war sie dazu nicht mehr fähig. Sie wusste nicht, ob sie auch das Talent wie Rociel hatte, doch sie waren sich in dem einig. Sie bat ihn kurz ein Pergamentblatt rauszuholen und mitzuschreiben, dass er davon überrascht war, dass konnte sie sich gut vorstellen, doch das er selbst mitsingen würde, das hätte sie nicht erwartet.
21.12.2003, 16:42 #85
Heimdallr
Beiträge: 12.421

Die schönen Klänge der Harfe wirkten wirklich sehr beruhigend auf ihn, wenn es keine Musik von Menschenhand gewesen wäre, dann hätte er fast gemeint, dass es Magie von Menschenhand war. Dieses freie Gefühl war sehr schön und scheinbar dachte Isabell genauso wie er darüber. Er mochte dabei die Augen schließen und sich einfach den Ort vorstellen, auf dem er am liebsten wäre und das war wohl das Tal, von dem er schon einmal geträumt hatte, wo man auf Regenbögen gehen und auf Wolken liegen konnte, wo man friedliche Tiere und immergrüne Wälder sehen konnte. Tja, so war seine Wunschvorstellung, doch irgendwann hörte Isabell auf zu spielen und schien nachdenklich zu werden. Er wollte seine Augen erst nicht öffnen, war er doch gerade so schön weggenickt, doch dann musste er es sogar tun, aber warum wollte sie jetzte Pergament und Schreibzeug? Das ganze benutzte man logischerweise nur, wenn man etwas aufschreiben wollte, aber was? Seine Schwester hatte irgendetwas vor, aber dann ahnte er schon was es war, denn sie hatte ihre Finger schon wieder bei der Harfe, aber er ahnte schon vor Beginn, dass das nicht gut gehen konnte. So langsam konnte man gar nicht singen, als das er das alles mitschreiben konnte, außerdem waren hier nicht gerade ideale Schreibunterlagen.

"Hey Schwesterherz, wenn du willst, dass ich dir etwas aufschreibe, dann solltest du jetzt aber nicht auf die Idee kommen mir was vor zu singen."

"Woher? Das sollte eigentlich ne Überraschung sein, du liebst die Poesie doch und jetzt wo ich meine Harfe wiederhab, wollte ich auch mal ein bisschen reimen, ich wollte dir den Weg hier her noch einmal erzählen."

"Wieso machen wir es nicht gemeinsam. Ja, ein Paarreim. Ich habe so etwas noch nie gemacht, aber vielleicht klappt es ja. Aufschreiben brauchen wir das nicht, wir haben es doch in unserem Herzen und wer weiß was dabei heraus kommt, was uns halt so einfällt."

"Du hast manchmal echt verrückte Ideen, weißt du das. Aber gut, versuchen wir's."


Und Isabell spielte langsam die Harfe, die Töne des Instrumentes durchdrangen die Luft wieder einmal und wurden von den sanften Winden hier oben in alle Himmelsrichtungen getragen. Die Melodie war nun vollkommen anders als die davor. Das eine klang eher freudig und erwartungsvoll, es war ein gutes Lied zur Einstimmung, vielleicht spielte sie ja auch das erste Mal seit Jahren wieder auf dieser Harfe, auf jeden Fall hatte sie zweifelsohne Talent. Das neue Lied das sie da jetzt einstimmte, das war aber zu Beginn richtig schlecht, doch es schien schwer für sie zu sein sich darauf zu konzentrieren, wohl dachte sie an den Fortgang, oder aber auch an den Weg, er hatte keine Ahnung um ehrlich zu sein. Er glaubte auch nicht wirklich an Logik in diesem Paargedicht, theoretisch könnten sie es auch total verhauen. Aber wer weiß, in einem Gedicht war alles erlaubt, maßlose Übertreibung, Vertuschung und Auslassung von Umständen. Ein Gedicht musste nur selten die objektive Wahrheit wiederspiegeln, ein Gedicht war einfach nur Kunst, oft eine brotlose auf jeden Fall, doch wenn man die Poesie beherrschte konnte man sich in Regionen reden und singen, sie man zuvor nicht erkannt hatte und die für die fantasielosen Menschen für immer verborgen bleiben würde.

Doch das Lied änderte seinen Klang, es wurde von Minute zu Minute besser und es machte immer mehr Spaß zuzuhören, es war ein langer Prolog von alldem was nun folgen sollte, doch diese Einleitung war wichtig, sollte sie doch nicht nur lange Zeit die einzige Kunst des reinem Melodiehörens sein, so sollte sie auch die Gefühle für diese Worte geben. Man konnte die Muse nicht locken oder ködern, mal kam sie, mal kam sie nicht, doch dieses Mal war es nicht die Muse, die ihn dazu inspirierte, es war viel mehr dieser wunderschöne Klang. Jetzt wurde es wirklich hörbar, dass diese Harfe ein Meisterstück der Schnitzkunst war und Isabell hatte für einen Moment ein Stück ihres Herzens in sie gelegt, um dieses perfekte Lied spielen zu können, doch es war kein schönes Lied, oh nein, es war verdammt bitter, gar melancholisch, doch so musste es auch sein, ein fröhliches Lied hätte hier nicht gepasst, auch kein mutbringendes Lied. Es musste so sein, wie es war und es war einfach nur perfekt.
21.12.2003, 20:49 #86
Isabell
Beiträge: 307

Isabell:

Durch Berg und Tal, durch Schlund und Schacht
Durch Tau und Wolken, Sturm und Nacht
Durch Höhle, Sumpf und Erdenkluft
Durch Feuer, Erde, See und Luft
Bin ich gegangen nur für dich
Die Zeit steht still und unendlich


Rociel:

Für mich? Für mich? Warum nur ich?
Verstehe deine Worte nich
Sie sausen durch mein Ohr wie Feuer
Das ganze ist mir nicht geheuer
Wie kann es sein, dass du für mich
Die Zeit gemacht gar unendlich?
Ich sehe deinen Körper hier
Doch endlich ist dein Geiste da
Zusammensein nur mit dir
Das wäre so schön, so wunderbar


Isabell:

Ach Brüderlein ich sehe tiefe Furcht in dir
Ein Gefühl als ob ich dich schon verlier
Doch fürchte dich nicht, ich bin immer dein
Will niemals mehr woanders sein
Will dir meine Wärme geben
Will mit dir nach Glücke streben
Will dich nie wieder verlassen
Und nie mehr unsre Trennung hassen


Rociel:

Deine Worte, sie klingen so wunderschön
Ich wünsche mir so sehr, ich könnte sie sehen
Sie spüren, sie riechen, sie fühlen auf meiner Haut
Doch kann ich nur hören, nur schallen sie laut
Bleibe bei mir Schwester, gehe nie mehr fort
Bitte geh nicht, nicht von diesem Ort
Verzweifeltes Unwissen sind schäumende Wogen
Sie haben mich mein ganzes Leben gelogen

Noch immer nagen die Zweifel hart


Isabell:

Pssst. Spricht nicht, spüre es so sanft, so zart.

Wie könnte ich dich nur einsam lassen?


Rociel:

Könntest du mich jemals hassen?

Isabell:

Nein und nun sprich nicht mehr solche Worte
Spreche nicht aus dieser düstren Sorte
Schau lieber weit hinaus, in des Horizontes Blick
Sei unbeholfen, sei natürlich, sei ungeschick
Lass dich treiben, lass uns siegen
Lass uns über Wolken fliegen
Egal was kommt egal was auch ist
Egal was versucht unsre Bindung zerfrisst
Egal was du auch immer vermisst
Ich wünsche, dass du mich nie vergisst...


Rociel:

Wie könnte ich jemals meine Schwester vergessen?
Sollen meine Tränen den Boden vernässen?


Isabell:

Ich weiß es nicht...

Rociel:

Aber ich, ich sehe das Licht!

Am Ende des Ganges, da scheint es so hell
Es blendet mich in seinem Scheine so grell

Siehst du es auch, kannst du es sehen?


Isabell:

Ja, es ist schnell, wie ein Hauch im Wehen.

Ich sehe nicht nur den hellen Kern
Ich sehe auch die Angst bleibt fern
Ich höre einen leisen Klang
Es ist schön, es ist Himmelsgesang
Ich rieche einen betörenden Duft
Er fliegt wie Samt durch die Luft
Ich fühle sie, von Scheitel bis Zeh
Ohne Schmerzen, es tut nicht weh

Aber Bruder, was ist dieses Licht?


Rociel:

Ach Schwesterherz, ich weiß es doch nicht

Ich sehe nur immer dieses Bildnis hier
Es schwebt wie eine Kugel vor mir
Doch ich glaube es ist irreal
Das Platzen, das wäre mir egal

Ich kann in ihn gehen, in den zeitlosen Raum


Isabell:

Ach Bruder, erzähl mir mehr von deinem Traum

Rociel:

Nun wenn du unbedingt willst hören
Dann musst du mir eine Sache schwören
Sieh nicht nur mit deinem Aug, höre nicht nur mit deinem Ohr
Du musst auch holen dein warmes Herz hervor


Isabell:

Ich schwöre dir mein Bruder, ich schwöre dir auch das

Rociel:

Dann erzähle ich dir, was ich geträumt im Gras.

Es ist eine wunderschöne Zeit
Das Land und das Leben sind weit
Es ist ein wunderschöner Tag
Das Böse liegt begraben in seinem Sarg
Es ist eine wunderschöne Nacht
Der Mond hat alle Lichter ausgemacht
Es ist so friedlich, es ist so still
Das war mein Weg, mein Ziel, mein Will
Es liegt die grüne Wiese dort
Das ist es, ich will nie mehr fort

Ich sehe dich, ich sehe mich
Und mein Herz sagt mir...
21.12.2003, 22:42 #87
Heimdallr
Beiträge: 12.421

Er wollte weitersprechen, doch es ging nicht. Es blieb ihm in der Kehle stecken, er wollte so gerne etwas sagen, doch es ging nicht. Es war so, als ob ihm die Stimmbänder durchgeschnitten wurden. Er hatte dieses Lied so genossen, diese Verse waren alle so perfekt abgestimmt, doch er hatte sich mitreißen lassen, für einen Moment lang war er Wachs in ihren Worten. Er war einfach mitgegangen und hatte nicht mehr auf seine Worte geachtet, er hatte die Wahrheit gesprochen, die aber niemals hätte fallen dürfen und jetzt wäre es fast zu spät gewesen, aber er konnte sich gerade noch rechzeitig losreißen. Isabell hatte die Hände von der Harfe genommen, das Lied war augenblicklich verstummt und sie sah ihn mit großen Kulleraugen an. Er konnte diesen Blick nicht erwiedern, er war noch immer gepackt von dem, was er gerade getan hatte, diese ganze Melodie war noch in ihm, noch immer sang er sie mit. Aber irgendwie war er ganz dankbar drum, auch wenn das nur der oberflächliche Rociel war, innerlich hatte er es sich so gewünscht und sein Herz schrie wieder auf. Selbst sein Amulett von Wesiphone glühte auf, doch das alles half nichts, aber er hatte nicht mehr die Kraft sich zu wehren, seine ganzen Schilde und Mauern waren jetzt schon am bröckeln, das Lied hatte sie zum beben gebracht, es fehlte nur noch ein kleiner Anstoß, dann wären sie endlich zerstört. Nur ein klitzekleiner Anstoß.
Und jetzt war sowieso alles anders als normal, natürlich bröckelte sie und wie auch schon das eine Wort, so brachen nun auch Isabells Worte seine Mauern, es war absolut vorhersehbar, schließlich waren sie hier auf dem Schicksalsberg und das alles stand schon lange geschrieben, ein jeder konnte es nachlesen in den großen Bibliotheken, die über die Vergangenheit, die Gegendwart und auch über die Zukunft berichteten. Das alles in einer dunklen Nacht, der ganze Tag war dunkel gewesen, seit heute Mittag hatte sich das Wetter nicht mehr verändert und doch war es jetzt eine natürliche Dunkelheit und keine künstliche mehr. Die Fackel war wirklich unglaublich, brannte Stunde um Stunde und ließ sie nicht im Stich. Es kam nicht von ungefähr, dass es ausgerechnet so war. Wenn er sich einen Tag hätte aussuchen müssen, dann hätte er sicher nicht diesen genommen, doch so wie es jetzt war, konnte er eigentlich sehr damit zufrieden sein.

"Was ist? Warum hast du nicht weitergesprochen Bruder?"

"Ich weiß es nicht."

"Doch du weißt es, ich sehe es doch in deinen Augen. Was sagt dir dein Herz? Sag es mir Bruder. Es ist doch egal was es ist und wenn schon, es kann uns doch egal sein."

"Mein Vater..."

"Unser Vater."

"Ja unser Vater. Er war ein Diener Innos. Und doch hatte er zwei Kinder mit zwei Frauen. Und es floss dämonisches Blut in seinem geheiligten Körper....was ich damit sagen will ist dies, es ist das einzige, was noch zwischen uns liegt, das allerletzte was uns spalten könnte. Es fällt mir sichtlich schwer das zu sagen, aber ich möchte unserem Vater in nichts nachstehen. Er war trotz seiner Verstöße ein Diener seines Gottes gewesen. Ich habe solange gezögert, weil ich nicht gegen die Gebote verstoßen wollte. Aber jetzt weiß ich, dass dieses Verbot kein göttliches Gebot ist. Denn Innos würde niemals soetwas verhindern wollen, das sind nur die Regeln seiner Priester. Ich habe mich entschieden und ich habe mich gegen dieses schwachsinnige Verbot entschieden...

"..."

"Isabell, ich liebe dich. Genau so als Schwester wie als Fremde auch. Ich werde dich immer lieben, als Bruder wie als Fremder auch. Es ist mir egal, was die Gebote sagen, es ist mir egal, was das Schicksal meint. Sollen es die Menschen doch wissen, was würden sie schon von einem Geschwisterpaar halten, dass nicht menschlich ist und sich liebte. Es ist mir sowas von gleichgültig. Ich habe dich schon seit unserer ersten Begegnung geliebt und vor dieser Reise hierher ist es mir auch klar geworden. Ich weiß jetzt auch, warum ich die Reise in diese fremde Welt überlebt habe. Nur weil ich dir noch mitteilen wollte, dass ich dich liebe. Vorher durfte ich einfach nicht sterben...Ich habe es getan, mein Herz ist nun offen gelegt und frei, das was mich immer belastet hatte ist nun von mir gewichen. Ich bin nun endlich von allen befreit und kann wieder einen Neuanfang auf dieser Welt wagen, jetzt liegt es an dir Schwester. Wie auch in unserem Lied....*schluchzt*...der Träumer erzählt von seinem Traum und die Wachende muss sich nun...*schluchzt* entscheiden."


Er hatte mitten in seinen Worten angefangen zu weinen, das Gewicht war zwar endlich weg, doch dafür hatte er jetzt Angst vor ihrer Entscheidung. Wenn das Schicksal im doch nur gnädig wäre, nur einmal, nur ein einziges Mal...
21.12.2003, 23:41 #88
Isabell
Beiträge: 307

Der Schicksalsberg war wirklich ein Berg voller Überraschungen, doch dieses mal waren es positive Überraschungen, die sie da erwarteten. Sie hatte es schon geahnt, wenn sie ehrlich war. Als er sein Herz erwähnte und dann ins Stocken gerat, da hatte sie nur daran denken können und doch hatte sie wieder gehofft, obwohl sie doch eigentlich gar nicht mehr hoffen wollte. Das er dabei dann aber an Innos dachte und die Gebote die seinen Dienern aufgelegt waren, das wunderte sie dann doch. Anfangs wusste sie nicht, was er eigentlich mit Verbot und Gebot meinte, aber sie hatte schon einmal davon gehört. Wie gesagt, eine so gläubige Frau war sie nicht, zwar war auch Innos ihr Gott, doch das waren eher Splitter, die ihr Vater hinterließ, so wirklich geglaubt hatte sie noch nie, doch nachdem ihr Gebet erhört worden war hatte sie dann doch ein anderes Bild von ihm. Dieses Verbot, es musste wohl darauf hinaus laufen, dass Geschwister sich nicht lieben durften, es war von den Priestern gesagt, dass es eine Sünde wäre, wenn Bruder und Schwester sich liebten, dass sie dann ihre Heiligkeit verlieren würden und zur Strafe Innos Gunst verloren und auch aus der Gemeinschaft ausgestoßen würden. Tja, das alles war ihr egal, selbst wenn sie nicht in einer solchen Situation gewesen wären, hätte sie so gehandelt. Es spielte keine Rolle, dass sie schon so viel erlebt hatten, dass sie dämonisches Blut in sich trugen oder das sie gut kämpfen konnten, selbst wenn sie einfache Bauern gewesen wären, hätte sie ihren Bruder geliebt.
Aber er weinte ja, wahrscheinlich die Angst vor ihren Worten. Nun das verstand sie schon, doch sie wollte ihn nicht länger warten lassen, als sie selber brauchte um das alles zu verstehen. Sie war ihm ja dankbar gewesen, so hatte sie es nicht sagen müssen, wahrscheinlich hätte sie sich doch nicht getraut, aber wenigstens konnte sie sich noch auf ihr Gefühl verlassen, dass ihr soetwas schon gesagt hatte.

Du brauchst nicht weinen Bruder. Es ist alles gut. Weißt du, du hast einfach den Mut gehabt es mir jetzt zu sagen, damit hast du es vielleicht erst ermöglicht, denn ich selber hätte dazu nicht den Mut gehabt denke ich. Aber ich liebe dich doch auch. Und wenn du dieses Gebot meinst, diese Unzucht, dann sage ich dir eines, wir brauchen niemanden der für uns Regeln aufstellt, wir brauchen niemanden, der uns wohl gesonnen ist. Wenn uns unser Weg in den Hass der Menschenarme treiben würde, dann sollte es doch so sein. Aber wären wir noch einzeln daran zugrunde gegangen, so können wir gemeinsam alles hinter uns lassen. Unsere Liebe ist stärker als alles andere und das weißt du auch, du hast sie doch schließlich gefunden nicht wahr? Rociel. Für mich geht heute ein Traum in Erfüllung, denn ich habe nun nicht nur meinen Bruder wiedergefunden, ich habe auch den Mann den ich liebe bei mir. Und das schönste ist, die beiden sind eine Person. Ich muss mich zwischem keinem entscheiden und es gibt niemanden, der mir das nehmen kann.
Das alles ist wohl der Ausgleich dafür, dass wir soviel erdulden mussten. Vielleicht ist man uns ja doch gnädig und wenn nicht, dann haben wir es uns einfach mit unserer Arbeit verdient. Bruderherz komm her und hör auf zu weinen, wir müssen nicht mehr weinen, du schaffst es noch, dass ich auch noch weinen muss. Aber es sind Freudentränen nicht wahr? Nicht wahr Rociel?
22.12.2003, 00:27 #89
Heimdallr
Beiträge: 12.421

........................

Aus ihm sprudelte es geradezu heraus, seine ganze Gefühlswelt schien aufzugehen, er war einfach nur noch in ihren Händen gefesselt, vielleicht war es einfach zuviel, erst die Schwester und nun auch die erste Liebe und dann noch alles dieselbe Person, wie sie es schon sagte. Ihre Worte waren gefasst, es war schön zu sehen, dass endlich mal sie ihm Halt geben konnte und nicht andersrum. Aber er war jetzt nicht mehr in der Lage zu reden, er wollte nur bei ihr sein. Sein Körper, sowieso schon im sitzen, presste sich an ihren, sein Kopf suchte die Wärme ihres Herzes und so beugte er sich hinab, wodurch ihr Kopf auf seinem lag, eng angeschmiegt wie gestern aber doch total anders. Gestern waren sie Geschwister, doch heute waren sie Liebende. Doch trotz der netten Worte seiner Schwester mochte er nicht aufhören zu weinen, er schaffte es einfach nicht, es waren allerdings wirklich keine Tränen der Ungewißheit mehr, es waren Tränen von wahrer Freude und Erleichterung. Jetzt endlich hatten sie es geschafft. Eigentlich hatte sie schon alles gesagt, was er dachte und was er fühlte und doch war dieser Moment so schön, dass er am liebsten nie mehr losgelassen hätte. Langsam spürte er auch, wie die Tränen seiner Schwester auf sein Haar fielen, doch das machte ihm nichts aus, hauptsache das alles war kein Traum, denn dann hätte er endlich wieder etwas, für das es sich lohnte weiterzumachen, für das es sich überhaupt lohnte sein Schicksal und seine Bestimmung anzunehmen. Zugegeben, er hatte nun wieder Angst vorm Tod, doch diese Angst nahm er gerne auf sich, der Tod konnte sie nicht aufhalten, er war nun noch sein geringstes Problem. Er versuchte wenigstens ein bisschen Luft zu bekommen und etwas zu sagen, doch lange Zeit war es still auf dem Gipfel, lange Zeit hörte man nur noch das leise Weinen der beiden.

Du hast Recht Schwester, wir müssen nicht mehr weinen. Aber vorallem müssen wir uns nicht mehr fürchten. Jetzt wo wir absolut vereint sind, kann uns niemand mehr das nehmen, was wir schon haben. Jetzt endlich wollen wir unser Leben anfangen zu leben. Uns fehlt schließlich die ganze Zeit. Wir sind zwei gerade geborene Säuglinge. Wir befinden uns zwar in den Körpern von Erwachsenen Menschen, doch eigentlich ist unsere Zeit so kurz, dass wir wirklich gerade erst geboren sein könnten. Ich bin froh, dass es dich gibt.

Noch bevor sie antworten konnte, drehte er sich um und küsste sie, aber dieses Mal war es der erste wirkliche Kuss. Davor hatten sie sich immer in der Ungewißheit geküsst, wussten schließlich nichts vom anderen, aber nun küssten sie sich sowie als Geschwister, als auch als Paar. Doch für heute war es genug, ein Kuss musste genügen. Er fiel wieder zurück in die Position, in der er auch schon davor war und hielt sie weiter fest. Es war ein bisschen wie eine Angst vor einem möglichen Verlust, doch das war natürlich Unsinn. Sie wollten irgendwie etwas ewiges schaffen und wenn das heute schon nicht ging, dann würden sie in der Zukunft drauf aufbauen. Jetzt gab es nichts mehr, was sie noch irgendwie beunruhigen konnte. Sie waren nun da, wo sie sich seit Jahren hinwünschten. Im Paradies auf Erden. Jetzt mussten sie nur noch das andere finden, denn ihr erklärtes Ziel war es die Erde zu verlassen, ja sie wollten sie verlassen, doch bis dahin mussten sie erst noch ihren Bestimmungen folgen.

"Rociel?"

"Ja Schwester?"

"Ich bin auch froh, dass es dich gibt. Aber sag mir eines, wenn wir morgen aufwachen, dann wird das doch alles so bleiben oder, es wird kein Traum sein. Das ist jetzt wirklich das Ende ja?"

"Ob es das Ende ist weiß ich nicht, auf jeden Fall ist es das Ende unserer Leidesgeschichten. Auf jedem Fall werden wir dafür kämpfen, dass unser Traum nie zerplatzen wird. Wir werden ihn solange träumen, bis wir auch das nächste erreicht haben."

"Dann lass uns das tun."


Der Vollmond kam nun zum ersten Mal nach Stunden hervor, durchbrach die Wolkendecke kurzfristig und schien auf sie hernieder, sie störte das zusätzliche Licht nicht, hatten sie doch eh ihre Augen geschlossen und spürten nur noch. Die Tränen waren langsam aber sicher versiegt, doch auch sie würden irgendwann wieder zurückkommen, doch Freudentränen hatte er wirklich schon lange nicht mehr weinen können, es war schön mal wieder zu wissen, wie sich das anfühlte.

Epilog (Die Melodie der Geschwister)
22.12.2003, 10:25 #90
Isabell
Beiträge: 307

Was war denn eigentlich passiert? Isabell schien immer noch zu träumen, doch ihr Kopf war schon lange wach. Sie hatte sich immer noch da befunden, wo sie gestern irgendwann in der Nacht eingeschlafen war. Wirklich komisch, immer noch hatte sie das Gefühl des Kusses auf ihren Lippen, es brannte wie Feuer und hatte doch so etwas verletzliches. Überhaupt waren sie so schwach in ihrer Art, aber jetzt wo sie zusammen hielten, da hatte sie vor nichts und niemanden mehr Angst. Wieso sollten sie auch noch Angst haben müssen, ging das überhaupt noch, jetzt Angst haben? Sie fühlte sich irgendwie wie neugeboren, in einer neuen Welt erwacht. Um sie herum schien alles grau zu sein, doch in Rociels Nähe war eine Aura die sie alles vergessen ließ. War das der eine Wunsch des Lebens? Oder war das wirklich Schicksal, dass sie ausgerechnet auf dem Schicksalsberg eine Kehrtwendung von hundertachtzig Grad machte. Das alles brachte sie vollkommen in eine andere Bahn, die des Glückes, aber das reichte ihr noch lange nicht, sie wollte ewiges Glück. Ewiges Glück aber musste man sich verdienen und so war sie bereit dafür. Hauptsache es würde nie wieder brechen und nie wieder würde die Einsamkeit sie in Beschlag nehmen. Aber sie hatte da ein gutes Gefühl, denn schließlich musste da schon eine ganze Menge passieren, dass es soweit kommen würde, sie konnte wohl mit Recht sagen, dass es so gut wie unmöglich war.

Ihr Bruder war an diesem Morgen mal noch im Schlafe, nicht wie immer schon lange vor ihr wach, aber eigentlich glich sich das im Großen und Ganzen aus. Isabell jedenfalls konnte sich schon denken warum, er hatte gestern wohl ganz schön was durchmachen müssen. Aber natürlich galt ihm Achtung, den ersten Schritt zu machen war wohl immer das schwierigste, was es so gab, vorallem wenn man in letzter Zeit so viel erfuhren hatte. Sicher, das sie kein richtiger Mensch war, sondern zur Hälfte ein Dämon, das hätte sie sich nie vorgestellt und es machte ihr auch ein bisschen Angst, aber trotzdem, sie konnte sich während des Weges und während der letzten acht Jahre wenigstens darauf vorbereiten, dass sie einen Bruder hatte und wer er war. Tja, das war alles schon eine verrückte Welt, erst ging gar nichts und schien schon für immer verloren und dann auf einmal ging alles so schnell. Wirklich schön war das.

An diesem Morgen war auch alles total anders, sie hatte das Gefühl nun endlich das erreicht zu haben, nachdem sie sich seit ihrer Geburt oder seit sie denken konnte gesehnt hatte. Auch beschlichen sie jetzt wieder Ängste, die sie meinte zuvor nicht mehr erlebt zu haben, doch diese Ängste sollten sie nicht daran hindern so zu verbleiben, wie es jetzt war. Endlich waren sie nicht nur für immer im Geiste verbunden, auch ihre Körper waren nun beisammen und sie würden auch nie wieder anders sein. Egal welche Visionen sie noch einmal bekommen würde, nie wieder ohne ihn. Es war eine ewige Liebe, eine Liebe die es nicht erst seit gestern oder seit ein paar Wochen gab, diese Liebe schien schon seit Jahrhunderten so dazuliegen und nur auf den anderen Part zu warten, jetzt endlich hatte sie die Gelegenheit sich zu entfalten.

Langsam erhob sich die Frau, setzte Rociel vorsichtig auf den doch sehr harten Boden, aber wo war es hier schon nicht hart und ging ein paar Schritte, erst mal nur zum entspannen, denn sie waren beide in einer äußerst ungünstigen Lage eingeschlafen, das hatte ganz schön weh getan. Sie spürte nun einen kleinen Windhauch, es war wirklich schön ein bisschen frische Luft in die Nasenlöcher geblasen zu bekommen, aber auch sonst war dieser Morgen schön, die Sonne schien zwar nicht, was wohl ihren Bruder mehr freute als sie selbst, doch dafür war es nicht mehr so kalt, die Temperatur hatte drei, vier Grad zugenommen. Und außerdem war es nicht mehr dunkel, der Himmel war aufgeklart und war sogar stellenweiße blau, wie schön.

Dann betrachtete sie noch ihre Harfe, sie nahm sie in der Hand und spielte noch ein paar kleine, leise Töne. Diese Harfe bedeutete ihr so viel, sie war einer der fünft geliebtesten Sachen, was nur auf leblose Materie betitelt war. Auf dem ersten Platz kam ihre Rüstung, verloren, auf dem zweiten Platz ihre beiden Schwerter, die hatte sie zum Glück noch, danach schon die Harfe und dann noch das Haus an sich und die beiden Kamine. Alles hatte sie noch, nur die Rüstung, sie würde mit Sicherheit nicht wieder auftauchen. Sie war für immer zerstört. Dieser Bastard, er hatte nicht mal gewusst, was er da zerstört. Aber seine gerechte Strafe hatte er ja auch bekommen. Und genau so würden sie ab sofort mit allen Kreaturen umgehen, die sie verletzen wollten.

Durch das Harfengespiel schien sich ihr Bruder auch mal langsam zu bewegen und wach zu werden, eigentlich hätte er ja noch schlafen können, doch so war es sicher besser, irgendwann mussten sie ja auch mal den Abstieg wagen. Sie legte die Harfe vorsichtig weg und machte sich an den Vorräten ihres Bruders zu schaffen, ihr letztes Frühstück hier oben. Wenn sie jetzt eine Pfanne gehabt hätte, dann hätte sie das Fleisch ja noch mal erwärmen können, genug Feuer hatten sie ja, aber so mussten sie es eben schon kalt gebraten essen.
Diese Fackel war wirklich seltsam, an ihr war ein roter Stein befestigt, der die ganze Zeit diese riesige Flammensäule ausspeite. Wo er diesen Zauberstein wohl her hatte?...
22.12.2003, 11:20 #91
Heimdallr
Beiträge: 12.421

Die Töne der Harfe hatten ihn geweckt, als er noch schlief und ein Gefühl der Wärme in sich spürte, doch er war ihnen nicht böse, waren sie doch auf jeden Fall eine schöne Alternative zum aufwachen. Er wollte so sehr jeden Morgen mit ihnen aufwachen, sagten sie ihm doch eindeutig, dass das alles kein Traum war. Nein, es war endlich mal kein Traum, keine Vision oder irgendwelche Hirngespinste, endlich konnte er sich sicher sein, dass sie wirklich zusammen waren. Nicht nur hier, sondern auch endlich auch im Geiste. Gestern war ein überaus guter Tag, trotz der ganzen Belastungen hatte er das einzig richtige getan. Irgendwann hätte er es ihr sowieso gesagt und gestern war es einfach soweit, er konnte sich schließlich nicht ewig drücken, er konnte nur hoffen, dass sich sein Gefühl nicht getäuscht hatte und das war dann ja auch nicht der Fall. Naja, jetzt war auf jeden Fall sein ganzes Leben auf dem Kopf gestellt, aber das machte ja nichts, es war eine schöne Veränderung. Eine Schwester hätte er sicher in seinen jungen Jahren gut gebrauchen können, doch auch jetzt verband sie mehr als nur das. Dadurch das in ihren Adern dasselbe Blut floss und dadurch das sie denselben Vater hatten, waren sie für immer verbunden, nicht nur im Blute auch im Geiste. Er hatte es ja schon immer geahnt, dass er diese Frau schon irgendwoher kannte, nun das war wohl doch kein Irrtum, wie konnte er sich auch jemals erlauben an seinen Gefühlen zu zweifeln, spiegelten sie doch immer wieder seine Wahrheit wieder. Aber nicht nur eine Schwester hatte er hinzugewonnen, was ja eigentlich schon für ein ganzes Leben genug der Überraschungen war, auch eine Frau die er liebte und die er auch immer lieben würde, das sie beide eine Person waren, darüber konnte er selber nur lachen, denn gerade aufgrund der prekären Lage war so eine Liebe schon im Vornherein zum scheitern verurteilt, doch sie würden das nie zulassen, denn sie waren stark genug um auch das alles zu überstehen.

Mit einem Lächeln stand er auf, bzw. er erhob sich, denn richtig gelegen hatte er ja nicht, das spürte er jetzt auch an all seinen Körperteilen, die mehr als null Muskeln hatten, naja, es war etwas verzwickt und verzwackt, aber das war's dann auch schon. Isabell hatte schon wieder beste Laune, das freute ihn sehr, aber nachdem er sich etwas klimatisiert hatte wusste er auch ungefähr, woher diese gute Laune stammen konnte, mal abgesehen von dem ganzen Drumherum um sie. Denn heute schien echt ein schöner Tag zu sein, Menschen die schöne Tage ausschließlich mit der Sonne und einem Sonnenschein in Verbindung brachten konnte er nicht wirklich mögen, denn für ihn war die Sonne ein Dorn im Auge, auch wenn er zu gut um ihre Bedeutung für sie alle wusste. Jedenfalls war dieses Wetter hier schon ziemlich gut, blauer Himmel, klare, frische Luft und dann merkte er auch noch, dass es gar nicht mal so kalt war. Richtig angenehm war es sogar. Nun, das war richtig klasse eigentlich.

Zur morgendlichen Begrüßung gab es noch einen Kuss, bevor sie sich dann an das Frühstück machten, heute würden sie den Gipfel verlassen, sie hatten hier nichts mehr verloren. Sie wollten endlich weg aus diesem öden Gebiet, sie wollten die schöne Welt sehen und er wollte zurück in die Wälder, dort wo es am schönsten war. Aber er wollte noch etwas tun, in seinem Kopf keimte ein kleiner, aber feiner Plan. Isabell hatte immer wieder von ihrer Rüstung geschwärmt und jetzt war sie weg, das war je bekannt, aber ihre alte aus Torolothan war auch weg. Sie hatte sie mit Sicherheit aus dem Hause mitgenommen, aber hier trug sie keine Rüstung mehr, das konnte also nur bedeuten, dass sie sie entweder weggeschmissen oder verkauft hatte. Eine mutige Entscheidung im Minental ohne Rüstung rumzulaufen, fast schon wieder bescheuert, doch er wollte sie deswegen nicht tadeln, er wollte ihr viel mehr einen Herzenswunsch erfüllen. Sie hatte je gesagt, dass sie die Rüstung auch selber machen könnte, sie bräuchte nur die passenden Utensilien.

Feuerwaranschuppen
Drachenschuppen
Schneewolffell

Das hörte sich zwar unmöglich an, doch es gab nichts, was in Gorthar unmöglich war, er hatte da nämlich schon eine Idee, die in ihm keimte. Wieso sollte es das alles nicht in Gorthar geben. Wenn es Schneewölfe noch gab, dann im hohen Gebirge, wo er einst mit der Abenteurergruppe war und Feuerwarane waren auch irgendwo aufzutreiben. Nur die Drachen machten ihm Sorgen, doch da kannte er eine Anlaufstelle, die seine letzte Hoffnung war, aber das konnte man alles sehen, jedenfalls war das so eine Idee.

Nach dem Essen, dass sie wie kleine Kinder vollbracht hatten und sich die ganze Zeit mit dem halbverfaulten Essen amüsierten, machte sich Isabell bereit zu gehen, doch Rociel wusste, dass es noch etwas hier oben zu tun gab, eine Sache die ihm sehr wichtig war. Es war eigentlich eine Farce, wenn man bedachte, dass er sich eigentlich von Blut fernhalten sollte, aber in diesem einen Fall verspürte er nicht unbedingt eine Lust, sondern viel mehr eine Pflicht, die ihn dazu antrieb, doch seine Gier war schon noch ein bisschen da.

"Isabell. Hol deinen Dolch."

"Was? Und wozu das bitte?"

"Um dir eine kleine aber feine Wunde am Unterarm zuzufügen."

"Was? Soll das jetzt dein verspäteter Witz sein. Wieso sollte ich mir freiwillig den Unterarm aufschlitzen?"

"Du bist nicht alleine. Auch ich werde es tun. Aber die Unheiligkeit soll ruhig noch verstärkt werden. Es ist eine rituelle Vollkommenheit. Ich habe erst jetzt erkannt, wozu dieser Altar dienen soll. Ich dachte erst, es war ein Präsentirteller für die Harfe, doch das ist es nicht. Er ist der Altar für das Ritual Schwester.
22.12.2003, 11:59 #92
Isabell
Beiträge: 307

Isabell war vollkommen verwirrt, wieso wollte er das unbedingt machen. Am Anfang dachte sie wirklich einen Scherz, es gab eben Leute, die sollten sich lieber nicht an Witzen versuchen, da sie nicht lustig waren, doch anstatt das gequälte Lachen ihres Bruders sah sie da nur einen Ernst, der wohl doch auf etwas anderes schließen ließ und dadurch wurde seine Rolle auch wieder gerade gebogen, denn im Ernst wirkte er doch sehr überzeugend. Sie hatte große Augen gemacht, als er seinen Dolch aus dem Stiefel gezogen hatte, dieser hatte mit seiner ungewöhnlichen Form schon vielen Viechern den Tod gebracht, wenn er sich in ihr Fleisch bohrte und mit den Haken hängen blieb, aber das er wirklich gewillt war ihn gegen sich selber einzusetzen...
Sie verstand immer noch nicht, erst seine letzten Worte von Unheiligkeit und Ritual ließen in ihr wenigstens eine Vermutung keimen. Wenn es das ist, was sie dachte, dann wäre es zumindest eine Überlegung wert. Dieser Altar sollte also mehr sein als das. Vielleicht hatte er ja Recht, vielleicht war es so, dass auch das zu ihrem Schicksal gehörte. Doch noch immer war sie sich nicht sicher, ihr gefiel der Gedanke nicht, dass sie sich selber verletzen sollte, auch wenn es nur eine kleine Wunde werden sollte.

"Bruder, was hast du vor? Von welchen Ritual sprichst du und wieso sollen wir uns gegenseitig Wunden zufügen, ich verstehe dich nicht..."

"Ach Schwester, es ist doch ganz einfach. Dieses Ritual dient dazu unser Blut zu verbinden. Wir sind zwar beide mit den gleichen Anlagen dank unseres Vaters ausgestattet, aber trotzdem sind wir nur Halbgeschwister. Indem wir unser Blut nun verbinden werden wir vollkommen rein. Unser Blut wird dieselbe Linie finden und die Unheiligkeit ist perfekt. Innos weiß selber, dass es kein Schlag gegen ihn ist, es ist nur ein Schlag gegen die Gebote der Menschen. Schwester, ich will dein Blut in meinem spüren, DAS ist das Ritual."

"Ich habe es mir gedacht...Rociel?"

"Isabell?"

"Du bekommst mein Blut!"


Sie zog ihren Dolch aus dem Gürtel und nahm seine Hand, zusammen gingen sie dann zu dem Altar, der nun bald schon seine Aufgabe annehmen würde. Noch ein letztes Mal sahen sie sich tief in die Augen, danach nahm Rociel seinen Dolch und führte sich eine fünf Zentimeter breite Wunde am Unterarm zu, aus der sofort der rote Saft hinaustrat. Auch Isabell nahm nun ihren Dolch, kurz zögerte sie, dann aber dachte sie daran, dass es das richtige war und schnitt sich an der selben Stelle. Ihre Wunde war etwas länger geworden, doch das spielte keine Rolle.

Das Blut tropfte nun auf den grauen Altar, färbte in dunkelrot, fast schwarz, jeden Moment rechnete man mit einer Reaktion, doch da passierte nichts, ganz einfach, weil da nichts passieren konnte. Sie warteten auf niemanden, auf nichts. Sie hatten sich nur kurz angeschaut und dann ihre Arme verbunden, auf das sich das Blut verteilte und das sich ihr Blut verband. Eigentlich war es egal, ob sie dieses Ritual durchführten oder nicht, denn verbunden waren sie sowieso schon so sehr, wie wohl kein anderer Mensch vor ihnen, doch so untermauerten sie noch einmal ihre Ansprüche. Das Blut von Rociel fühlte sich gut an, es war schönes, sauberes und starkes Blut, all das was sie von ihrem Bruder auch erwartete, es war warm auf ihrer Haut gewesen und hatte sich kein bisschen wiederwärtig angefühlt. Die anfängliche Scheu legte sie schnell ab, jetzt genoss sie es sogar sehr.
22.12.2003, 13:12 #93
Heimdallr
Beiträge: 12.421

Das Blut geriet in eine wilde Wallung, fast mochte man meinen es tanzte richtig. Rociel hatte sich vollkommen hingegeben, der Schnitt hatte zwar einen kurzzeitigen Schmerz verursacht, aber das nahm er billigend in Kauf, dieser Schmerz sollte schon sehr schnell verflogen sein. Erst tropfte es auf den Altar und gaben ihm eine unheimliche Färbung, doch sie sahen sich die ganze Zeit nur in die Augen, es war einfach nur ein herrliches Gefühl jetzt hier zu sein, das Glück der letzten Stunden wurde noch um ein weiteres Mal gesteigert, als sie dann ihre beiden Arme verbanden. Arm in Arm sozusagen. Doch nur um das Blut zu spüren, nur es auszutauschen. Eigentlich war es ein gefährliches Spiel was er hier trieb, denn er wusste genau das die Blutgier in ihm jederzeit wieder hochkommen konnte und das das nicht passieren durfte, doch er hatte sich unter Kontrolle, dennoch genoss er es sichtlich. Isabells Blut war einfach nur göttlich, es fühlte sich gut an, es war zart, sanft und doch so stark, nichts anderes hatte er von seiner Schwester erwartet. Nun unterlag auch er diesem Blute, es würde bald seinen ganzen Körper durchströmen, nicht nur diesen kleinen Teil seines linken Unterarmes, bald würde sein ganzer Körper seine Schwester spüren und das für immer und ewig. Es war nicht nur warm, es war regelrecht heiß, es brannte sich hinein und bald waren sie soweit, dass kein einziger Tropfen mehr auf den Boden fiel, sie waren so eng zusammen, dass sie die Perfektion erreicht hatten.

Nach ein paar Minuten weiterer wilder Gier und dem absoluten Höhepunkt der Gefühle endete das Ritual, ihre Arme waren nun blutleer und konnten sich nicht mehr binden, doch Sinn und Zweck wurde erfüllt, natürlich wurde es das. Nun floss ihr dämonisch-menschliches Blut in ihm und seines in ihr. Sie hatten nun endgültig den letzten Zweiflern die Hoffnung geraubt, dass sie sich jemals trennen konnten. Es war ihnen gar nicht mehr möglich, denn mit dem Blut des anderen wurden sie gleichzeitig verletzlicher.

Der Schatten hatte sich nach dem Ende des Rituals zwar von ihrem Arm gelöst, doch ihre Schultern hatte er zu sich gezogen. Er blickte in ein erschöpftes, aber glückliches Gesicht seiner besseren Hälfte, seinem einzig wahren Engel. Sie wirkte wirklich zufrieden, aber das Ritual hatte sichtlich Kraft gekostet, bei beiden. Es war nicht ohne Opfer gegangen und sie hatten mehr geopfert, als ihnen jetzt schon bewusst war, doch jetzt waren sie endlich da, wo nie ein Mensch zuvor hätte sein können.

Er streichelte ihr Gesicht und fuhr ihr durch ihr Haar, heute war es bräunlich gefärbt, aber er bemerkte den Unterschied zu gestern gar nicht, so sehr war er abgelenkt. Wenn sie jetzt gestorben wären, dann wäre es der schönste Tod für ihn gewesen, aber natürlich taten sie das nicht, er konnte ihr nur einen Kuss geben, denn sie zitternd empfing.

Woran er selbst dachte wusste er nicht mehr, es war etwas schönes gewesen, überhaupt konnte man nur sagen, dass sich ihre Seelen getroffen haben mussten, als ob sie einmal eine gewesen waren. Als ob die beiden gar nicht zwei waren, sondern nur eine....nichts wissend von den dunklen Geheimnissen, die in ihren Körpern brüteten und warteten...

Irgendwann musste er sich dann wohl erhoben haben, er ging dann einfach weiter und paar Schritte um den Altar herum und führte sie an der Hand zu den Klippen. Der tiefe Abgrund war schreckensbeladen, doch sie sahen nicht nach unten, sie wollten nie mehr nach unten sehen, nur noch nach vorne, den Blick voller Hoffnung. Hoffnung, die sie nicht wirklich brauchten, denn sie hatten sich, mehr brauchte es nicht. Er deutete eine Entfernung an und ließ seinen Gedanken freien Lauf, doch alles ohne Worte. Dann aber doch. Es musste sein.

Lass uns gehen Sternchen, wir haben hier oben nichts mehr verloren...
22.12.2003, 16:24 #94
Isabell
Beiträge: 307

Isabell hatte sich eng an ihn gekuschelt und sah lange in die weite Ferne, sie hatten so etwas noch nie gemacht, doch nun war wohl die Zeit, dass sie den ersten Schritt auf ihrer langen Reise tun mussten. Ihr Bruder schien genau zu wissen, wohin sie wollten, doch Isabell war vollkommen verwirrt, sie hatte sich noch nie Gedanken gemacht, was nach dieser Zeit sein sollte, hatte sie doch nie damit gerechnet, das alles so und nicht anders verläuft. Eigentlich wartete sie noch immer auf das Salz in der Wunde, auf den bösen Blick, der noch irgendetwas zerstörte, doch bis jetzt blieb alles so wie es war. Noch immer hatte sie sich nicht ganz von all dem erholt. Nach dem Ritual war sie wirklich schwächer geworden, ihre Kraft gerade im Oberkörper war geschwunden, doch das nahm sie mit einem Lächeln in Kauf. Sie hatte jetzt das Blut ihres Bruders in sich. Es war nicht wie ihres, aber auch nicht total anders. Komischerweise konnte sie es überhaupt spüren, sie merkte diese Veränderung tatsächlich. Dieses Blut...wieso sie das gemacht hatten hatte sie jetzt verstanden, dieses Ritual war eine zusätzliche Entlastung für sie, aber eine ungeheure Belastung für ihre Feinde. Die Macht in ihren Körpern stieg so nur noch weiter, denn sie hatten nicht nur Blut getauscht, sie hatten Dämonen- und Menschenblut getauscht, ein entscheidener Unterschied. Sie hatten auch dieselbe menschliche Blutgruppe, es war kein Zufall, es war alles schon längst bestimmt. Doch ihr Leben war nicht vollkommen niedergeschrieben, im Gegenteil. Wenn etwas eintraf, dann war es Bestimmung, doch wenn dies nicht geschah und das geschah häufiger als man denken konnte, dann war das eine Auflehnung gegen höhere Mächte, dann war das eine Freiheit, die man nicht erwarten musste, aber vorhersehen konnte.

Ihre Haare wehten im Wind, sie sah weit hinaus in die Ferne, sie sah auch ab und zu ihren Bruder an, der nur seine Mundwinkel erzog, seine Pupillen aber kein Stück änderte. Sie bauten langsam aber sicher das auf, was man wohl blindes Vertrauen nennen konnte. Sie brauchten keine Augen um sich zu sehen, sie konnten mit ihren Gefühlen sehen. Und doch gaben ihnen erst die Augen die Vollkommenheit in ihrer Liebe. Wie sie so da waren, wie sie so standen...es hatte wieder diesen Ausdruck. Es war ein verletzliches Bild aus Ewigkeit und Nichts. Sie waren in einer Perfektion gefangen, die jederzeit zerfallen konnte. In ihnen steckten mehr als nur zwei blasphemische Menschen, in ihnen steckten mehr als nur zwei inhumane Menschen. In ihnen steckte die Kraft des Schicksals, in ihnen steckte eine Bestimmung, die in ihrer Blüte nicht mehr aufzuhalten wäre, doch in ihnen steckte gleichzeitig auch die ewige Verletzlichkeit. Der menschliche Teil war noch ausgeprägter als bei anderen und so waren sie auch immer wieder den Gefahren ausgesetzt. Aber Isabell dachte sich, dass selbst diese Gefahren nicht groß genug sein konnten, denn konnte es irgendetwas geben, was sie trennen könnte? Es gab nichts und niemanden, der sie brechen könnte...nur der Tod. Er alleine war mächtig genug sie kurzzeitig leiden zu lassen, doch selbst er konnte ihre Liebe nicht ewig zerstören, denn die beiden waren eine, eine Seele die zerbrochen war und die ihren zweiten Teil wiedergefunden hatte, sie war wieder eins und konnte nun nie mehr zerstört werden. Selbst der Tod musste hier einsehen, dass es sinnlos war und so hatten sie schon ein Stück Unendlichkeit.

Ach Bruder, das ist alles so schön. Es ist der äußerste Teil meiner Vorstellungskraft, denn so etwas schönes kann es doch niemals wirklich geben. Du hast mir mal gesagt, du willst mir die Weite zeigen. Wo wollen wir hingehen, jetzt, wo der Schicksalsberg leise adieu sagt?
22.12.2003, 16:53 #95
Heimdallr
Beiträge: 12.421

"Adieu...du hast Recht, wir sind schon viel zu lange hier. Wir sollten nun endlich wieder gehen. Ja, ich habe dir einmal versprochen dir die Weite zu zeigen. Du unvergessliche Schönheit von Gorthar. Du wolltest da doch schon immer mal hin. Nun, wir werden da wegen drei Dingen hinreisen. Einerseits ist es der schönste Ort, an den wir nun wo wir endlich so sind, wie wir es uns schon immer gewünscht haben, hin könnten. Dort werden uns zwar zu Beginn ein paar Menschen erwarten, doch du wirst sehen, die Wälder von Gorthar sind ein Labsal für die Seele...und für uns. Dann werden wir da noch etwas suchen, von dem ich dir später mehr erzähle und dann...Schwester, ich muss dir noch etwas erzählen, aber du musst mir versprechen, dass du es niemals weitererzählen wirst. Viel mehr als mein Leben hängt davon ab."

"Ich hab's geahnt. Das konnte ja nicht so schön sein, jetzt kommt der Wehrmutstropfen. Aber natürlich werde ich es niemanden weitererzählen, wenn du es so wünscht Bruderherz."

"Also gut. Was ich dir jetzt erzähle, dass darf diesen Berg nie verlassen und du wirst in dem Moment, wo ich dich einweihe ein Teil dieser Geschichte. Normalerweise würde ich das nie tun, doch da du der einzige Mensch bist, dem ich bis in den Tod vertraue sollst du es wissen. Du sollst ruhig wissen, was ab und zu geschieht und warum nicht nur unser Blut mich manchmal anders wirken lässt.

Wo fange ich bloß an?...Hm..dieser Berg hier, er heißt Schicksalsberg richtig? Du glaubst, unser Schicksal lag darin hier zusammenzukommen. Das ist auch richtig. Doch das alles war nicht zufällig. Es war unsere Bestimmung. Du hast immer so viel davon geredet und du hattest Recht, es exestiert. Bis du ankamst hatte ich ein Gespräch mit einer Person, ich werde mich hüten auszusprechen, was ich glaube wer es war, doch sein Name ist Pator. Er offenbarte mir mein Schicksal und meine Bestimmung. Unser Vater hatte schon im Leben nur den einen Sinn, er wollte mich vorbereiten auf die Suche nach den SIEBEN. Auch du spielst darin eine große Rolle, aber frag mich nicht welche, ich weiß es nicht. Es ist jedenfalls nicht so, wie wir denken, wir sind nur Spielbälle von höheren Mächten und dabei kannst du das höhere bildlich nehmen. Wir müssen die SIEBEN finden und vereinen, das ist unsere einzige Aufgabe, unser einziger Sinn. Ein weiteres Geheimnis wird gelüftet. Die Bibliothek von Gorthar. Ich bin der einzige Mensch, der von ihrer Existenz weiß. Ich und mein Mentor, der Priester Tolban. Sie ist ein legendärer Ort Innos und wurde tief unter der Erde von Gorthar gebaut. Sie zu beschützen ist meine Aufgabe. Deswegen darf nie, niemals jemand was von ihrer Existenz wissen. Jetzt wo du es weißt...naja, du weißt was du zu tun hast. Es ist meine Lebensaufgabe Isabell und jetzt wo mein Kopf frei ist will ich sie mit dir angehen Isabell.

Das verwirrt dich alles nicht wahr? Es überfordert dich so etwas zu hören. Es tut mir leid Schwester, aber ich möchte dir so viel wie möglich erzählen. Du musst alles wissen und ich muss alles wissen. Ich möchte nicht, das irgendetwas zwischen uns steht und deswegen bin ich bereit dir auch Dinge anzuvertrauen, die ich nicht weitergeben darf. Ich hoffe du kannst damit umgehen."
22.12.2003, 17:37 #96
Isabell
Beiträge: 307

Ganz im Gegenteil Bruder. Was du sagst das fasziniert mich. Aber erzähl mir doch noch mehr. Was sind die SIEBEN und was dreht sich darum. Warum ist es deine Lebensaufgabe? Es tut mir leid, so viele Fragen, aber ich will alles wissen. Es macht mir keine Angst zu hören. Jetzt werde ich nie mehr vor irgendetwas Angst haben, nur um dich. Aber eines kann ich dir sagen, von mir wird nie jemand etwas darüber erfahren. Ich denke das kann ich dir versprechen. Doch nicht bei Innos, sondern bei unserer Liebe. Sie hat viel mehr Aussagekraft.

Isabell lehnte sich wieder an seine Schulter, war sie doch kurzzeitig etwas alleine gestanden, als sie das gesagt hatte. Sie hatte zwar keine wirkliche Ahnung...noch nicht. Jedenfalls wirkten seine Worte schon wieder so ernst, schon wieder so durchdringend. Manchmal dachte sie, er wäre selber Priester, seine Worte hätten sicher eine Menge Leute beeinflussen können und wie er immer von Innos sprach. Auch diese Aufgabe war voll von dem Gott. Sie erfuhr hier weiteres über sein Leben mit diesem Gott. Wenn ihr Bruder wirklich so an Innos glaubte, dann würde sie das auch tun. Er hatte ihr ja schließlich auch geholfen. Sie würde zwar nie mit einem solchen Enthusiasmus von ihm sprechen und an ihn glauben können, doch so war es zumindest ein weiterer Schritt näher zu ihm. Sie war ihm eigentlich nie richtig fern gewesen, von allen Göttern die sie kannte war er derjenige, dem sie ihr Vertrauen schenkte, doch das mehr wegen ihres Vaters Willen. Aber scheinbar war er doch mehr für manche Menschen.

"Also schön, wenn du wirklich wünscht dann werde ich dir mehr erzählen. Die Geschichte der SIEBEN ist nicht leicht zu erzählen, ich habe sie aus Büchern, aus Schriften, aus Erzählungen.

Die SIEBEN, sind Amulette, das ist das wichtigste was du wissen musst. In jedem Amulett ist die Seele eines Menschen gebannt. Die Menschen haben alle Namen und eine kleine Geschichte, das mag dich jetzt verwundern, aber es ist nicht so, wie es sich anhört, es ist viel schwieriger. Diese Menschen stellten sich, nein sie opferten sich. Es war eine dunkle Zeit, die Menschen standen hier, in diesen Breitengraden vor der vollkommenen Vernichtung. Die letzte Bastion war die Bibliothek von Gorthar, nicht die Stadt. Die Herzen der Helden wurden in die Amulette gepresst, doch ihre Seelen schufen die Gral von Thyrmenien. Er war die absolute Waffe, er zerstörte eine ganze Armee...doch leider auch die verbliebenen Kämpfer...Der Gral verschwand, die Amulette auch. Seit dem hat nie mehr ein menschliches Wesen den Gral zu Gesicht bekommen. Nur wer alle sieben Amulette vereint kann dies tun. Nun ist es wieder Zeit geworden. Unser Vater war der Vorbereiter, dass er dämonisches Blut hatte war kein Zufall. Pator sagte mir...das ich alleine bestimmt bin das Amulett der Menschen zu tragen, denn warum auch immer, es gibt verschiedene Gruppen, die die Amulette nun haben. Die Dämonen...die Untoten...die Tiere...die Pflanzen...die Geister...die Menschen und eines wollte er mir nicht verraten. Meine Aufgabe war es schon von Anfang an die SIEBEN zusammenzuführen und so den Gral zu finden. Es ist meine Bestimmung Schwester....

Puhhhh...ganz schön irre das alles. Weißt du, als ich das erste Mal auf die Bibliothek gestoßen bin, ich hatte ziemlich Angst und konnte das alles nicht glauben. Selbst Monate danach war ich fester Überzeugung davon, dass es nur ein Artefakt ist, irgendein alter Kelch, nichts weiter...hehe...hehehe....hahahahahah. Irgendein alter Kelch, ich bin so ein Idiot gewesen. Ich habe meine Bestimmung verleugnet und mich gegen mein Schicksal gewehrt, doch jetzt bin ich bereit zu kämpfen. Zu kämpfen für meine Bestimmung!...."

"...."

"Und vorallem zu kämpfen für uns. Für uns beide Schwesterherz."

"Und hast du schon ein paar von den SIEBEN?"

"Ja, hier, das ist das Amulett von Wesiphone von Kozirus, sie wurde die Gütige genannt. Und das hier, hier auf meinem Schwert, es ist das Amulett von Almira, der Weisen. Sie sind nicht nur die Symbole der SIEBEN, sie stehen auch für Menschen und Dämonen, sowie für Güte und Wissen.
Ich weiß nicht, was ich darüber denken soll..."

"Ach Brüderchen, das ganze ist doch total klar."

"Ach ja?"

"Natürlich. Ich habe heute zum ersten Mal von diesen SIEBEN gehört, auch ein gewißer Gral von Thyrmenien sagt mir nichts, doch ist das alles total klar. Unsere Existenz, dein Gott. Ich denke du weißt, was das zu bedeuten hat."

"Meinst du...meinst du wirklich?"

"Natürlich. Ganz bestimmt sogar. Wir sind hier, weil eine Gefahr droht. Vielleicht der Orkkrieg, vielleicht etwas anderes Böses. Aber wieso sonst sollten die SIEBEN jetzt wieder vereint werden. Rociel, wir sind es, die das verhindern müssen. Ich spüre es ganz deutlich. Diese Amulette, wir sind mit ihnen verbunden."

"Wir? Du spürst es?"

"Ja"

"Dann lass uns nach Gorthar gehen Schwester. Lass uns unsere Aufgabe annehmen und lass uns dabei unsere Ewigkeit verdienen."

"Gut Bruder, gehen wir."


Und so verließen sie den Gipfel und nahmen nur die Fackel mit, die nun entfachte und ihnen den Weg leuchtete, den Weg zurück....

Der Schicksalsberg. Er hatte seine Aufgabe erfüllt. Er hatte Rociel gezeigt, dass er sein Schicksal und seine Bestimmung annehmen musste, dass sein Leben immer einen Sinn hatte und dass er sich nicht seinem Gott verleugnen konnte. Er hatte ihm gezeigt, dass die Macht in ihm lag und er hatte ihm auch mehr über seinen Vater berichtet. Und Isabell, sie hatte nun endlich ihren Bruder wieder und spürte nun keine Einsamkeit mehr, sie hatte den Schmerz ihrer Jugend besiegt und hatte ebenfalls von ihrem Schicksal und ihrer Bestimmung erfahren. Der Berg, er konnte nun schlafen, er hatte es verdient und solange das Blut der Geschwister auf dem Altar bliebe, solange würde er auch weiter schlafen können...
22.12.2003, 19:23 #97
Heimdallr
Beiträge: 12.421

Sie gingen ziemlich langsam die Stufen herunter, der Berg ließ sie selbst jetzt noch nicht los, sie waren noch gebannt von dieser unglaublichen Macht die hier herrschte. Rociel hatte hier oben so vieles gefunden, er hätte davon nicht mal zu träumen gewagt. Er hatte seinen schönen Namen wieder, er hatte eine Schwester, er hatte einen Engel, er hatte Gewißheit für die Zukunft, er hatte eine Aufgabe. Und er hatte auch seinen Gott gestärkt. Doch jetzt, jetzt hieß es endgültig Abschied nehmen, sie waren schon wieder viel zu lange hier geblieben, in wenigen Stunden würde die Sonne untergehen, bald schon sogar. Sie mussten unbedingt bis dahin unten sein, denn auch wenn es nur der Abstieg war und man mit jedem Schritt weiter nach unten ein Stückchen weiter in Sicherheit kam, so war dieser Berg und diese steile Wand immer noch verdammt gefährlich. Sie waren sogar äußerst gefährlich und auch anstrengend, gerade weil sie jetzt so geschwächt waren, durften sie nicht zu viel riskieren. Vielleicht war das auch ein Grund, warum sie so langsam die Stufen hinunter kamen, sie waren einfach zu schwach um sich groß anzustrengen. Das Ritual war anstrengender als gedacht, er hätte nicht damit gerechnet, dass ihm nach so einem Schnitt schwindlig werden könnte, doch so war es, manchmal hatte er einen kleinen Schwindelanfall. Dann taumelte er leicht und blieb stehen, meistens jedoch hielt ihn Isabell, denn natürlich gingen sie den Weg Hand in Hand. Auch bei ihr merkte er die Schwäche, doch sie hatte keine Schwindelanfälle, sondern viel mehr ein Zittern, ihre Beine waren davon kaum betroffen, aber ihr Oberkörper schien sich fast pausenlos zu winden. Ja. Es hatte Opfer gekostet, aber das wusste er, dass es nicht ohne gehen würde.

Der Fürst machte sich auch Gedanken über die SIEBEN, das was Isabell gesagt hatte, das machte ihm schon wieder Angst. Es war nur ein kleines verkrampfen auf seiner Gesichtsoberfläche, das von dem zufriedenen Gesichtsausdruck verdrängt wurde, doch es war da. Wenn sie wirklich Recht hatte, dann wäre ihre Mission nicht nur wichtig, sondern sogar noch viel mehr. Aber er hatte sich damit noch nie auseinandergesetzt, es war das erste Mal das er das tat. Die Frage nach dem Warum. Warum mussten die SIEBEN wieder vereint werden und warum musste der Gral gefunden werden? Diese Frage war überaus brilliant, denn bevor man nach dem Wo, dem Wie, dem Was und dem Wer fragen konnte, sollte man doch zuerst das Wieso, Weshalb und Warum abklären. Denn wenn man es einmal hatte und dann nicht wusste wozu, war es doch total bescheuert. Er wollte nicht die ganzen Gefahren auf sich nehmen, wenn er nicht wusste warum er da sein Leben auf's Spiel setzte. Sicher, es waren heilige Artefakte Innos, die aus unheiligen Händen wie dem des Dämonen Kryliyx befreit werden mussten, aber Rociel wollte auf keinen Fall den Gral finden, ohne zu wissen, was dann geschah. Vielleicht machte er sich ja auch schon wieder zu viele Gedanken über Dinge, die nicht mal sein Schicksal ihm beantworten konnte, doch interessant war die Frage schon, sogar äußerst. Er würde bei Gelegenheit darüber nachdenken.

Doch nun galt seine Aufmerksamkeit mehr dem Ende dieses Abenteuers, denn dies alles hier verdiente diesen Ausdruck. Es war sicher kein Abenteuer, als er das zweite Amulett befreit hatte, denn das war alles eine Qual gewesen, gerade wegen Isabell. Dabei fiel ihm ein, dass sie doch in Kryliyx Gegenwart gelebt hatte und das er doch die ganze Zeit von dem Amulett geschwafelt hatte. Sie hatte es doch selber gesagt. Da stimmte doch was nicht...Er blickte kurz mißtrauisch zu ihr herunter, doch sie nahm seinen Blick sofort war und blickte zurück, worauf er sofort wieder den Blickwinkel wechselte. Vielleicht hatte sie es ja vergessen. Oder aber... natürlich, danach war sie ja verletzt gewesen, sie musste es wohl wirklich vergessen haben, wobei ihr half, dass sie ohnehin nicht mehr an das dachte, was zwischen ihr und diesem Dämonen vorgefallen war. Sein Gesicht entspannte sich wieder. Alles war in Ordnung, kein Grund zur Sorge. Wobei er ohnehin nie seines Schwesters Worte angezweifelt hätte, niemals...

Noch fünfzig Stufen. Die Hälfte hatten sie geschafft.
22.12.2003, 21:52 #98
Isabell
Beiträge: 307

Sie hatte viel darüber nachgedacht, oft sah sie nun zu seinem Amulett, das schon seit sie sich kannten, bzw. seit dem Aufeinandertreffen in dem Fels um seinen Hals baumelte. Es war ihr nie richtig aufgefallen, hatte sie doch nie richtig Bedeutung geschenkt, doch jetzt fiel ihr ganz genau auf, wie sehr es doch voller Kraft pulsierte. Man konnte es nicht optimal sehen, wenn sie gingen, doch immer mal wieder meinte sie eine innere Wallung in dem Amulett zu sehen, wie das Pochen eines Herzens...
Schon komisch, aber jetzt als sie wusste, um was es bei den SIEBEN ging, kam auch eine düsterte Erinnerung zurück, ihr ehemaliger Sklavenhalter hatte ja auch so eines gehabt und deswegen wollte er ja auch unbedingt ihren Bruder. Sie hatte es irgendwie verdrängt, verdrängt mit der Erinnerung an den Dämonen, doch jetzt wusste sie es wieder doch es machte ihr nichts mehr aus. Zwar konnte sie nicht vermeiden, dass sie in ihren Gedanken neben dem Bild des Amulettes auch seinen ehemaligen Träger sah, doch mit der Kraft ihres Bruders der ganz unbewusst mithalf alleine durch seine Anwesenheit, konnte sie darüber hinwegsehen und auch bald wieder vergessen. Es war nur ein kurzes Erinnern und keine lange Gedächtnislücke, doch es war wichtig sich an alles zu erinnern. Auch wenn es weh tat, aber das tat es ja gar nicht. Vielleicht hätte es ihr früher weh getan, aber so wirkten ihre Worte schon. Sie waren schließlich nicht nur Luft, sondern wirkten auch, sie hatten nicht nur dummes Zeug geredet, sondern waren wahrhaftig da. Wie Bruder und Schwester eben, sie unterstützten sich selbst dann, wenn es der andere gar nicht wusste. Vielleicht war es ja auch das Blut von Rociel, das ihr schon jetzt half, vielleicht war es schon überall im Körper.

Isabell wollte eigentlich gar nicht so viel nachdenken, sondern viel lieber einfach nur diesen Berg verlassen, doch irgendwie gelang das nicht, wie so oft wenn man sich etwas vornahm und es dann doch nicht halten konnte. Keiner war eben perfekt, auch sie nicht. Noch nicht.
Seltsam schwach fühlte sich der Weg an, doch trotzdem konnten sie ein paar steinerne Stufen nicht aufhalten, hundert Stufen, was war das schon. Sie gelangten nach unten, bis zu der Stelle, an der sie nun hätten klettern müssen, doch in ihrem Zustand wäre das zumindest bedenklich anzusehen.

Gerade wollten sie sich darüber unterhalten und sich Fragen, was man denn so machen sollte, da passierte es. Kein heller Lichtstrahl, keine Explosion von reinem Licht, aber etwas anderes tauchte auf, wie aus dem Nichts schossen vier Vögel aus der Tiefe hervor, sie beließen es nicht lange beim Fliegen vor ihrer Nase, Isabell kannte diese Tiere, sie hatte sie doch erst neulich gesehen und auch ihr Bruder schien sie zu kennen, nach einem anfänglichen Schock reichte er ihnen sogar die Hand. Was war das bloß? Eine dieser Tiere flog auf seinen Arm und ließ sich dort nieder, kletterte langsam hinauf zur Schulter und dann kamen auch die anderen drei. Zwei flogen in ihrer Richtung und sie erschrak, was wollten diese Tiere von ihnen? Als sich die Vögel in ihren Rücken krallten schrie sie kurz auf, was war das? Was wollten sie von ihnen? Auch Rociel hatte jetzt eine zweite am Hals. Erst wollte sie mit ihren Armen schlagen, doch es passierte nichts. Langsam wurde das Ziehen an ihrer Lederbluse heftiger und Isabell bekam langsam das Gefühl eine Waffe ziehen zu müssen, auch wenn die Vögel sie noch nicht angegriffen hatten, doch als sie dann spürte, wie man ihren Körper in die Luft zerren wollte, sah sie zu ihrem Bruder und hoffte auf eine Lösung von ihm.

"Rociel was soll das? Du kennst doch diese Viecher oder? Was sollen wir mit ihnen machen?"

"Diese Viecher, liebe Schwester, das sind Eulen und ich habe noch nie einen Vogel gesehen, der so schön ist, wie eine Eule. Sind sie nicht herrlich, Falken und Adler mögen ja eine gewiße Klasse besitzen, aber diese Nachtvögel sind so schön. Sie spiegeln fast deine Schönheit nieder, für mich sind sie die schönsten des Tierreiches."

"Schön und gut, aber was wollen diese Eulen von uns?"

"Weiß ich nicht, aber ich bin mir sicher, sie wollen uns nichts böses tun."

"Ja aber sie zerren an meiner Bluse. Ich habe das Gefühl, als ob ich fliegen würde....ahhhh....ich spüre meine Beine nicht mehr am Boden. Rociel, was sollen wir tun, soll ich sie töten."

"Neeeeinnnnn! Lass die Eulen in Ruhe Isabell, du darfst sie nicht töten. Ich spüre es jetzt auch. Wir verlassen den Boden. Man, Wahnsinn, wir verlassen den Boden."

"Du findest das lustig? Wer weiß was die vor haben, oder wem sie gehorchen."

"Isabell, Schwester, die Eulen sind meine Freunde, genau wie sie auch deine Freunde sind. Schau doch, niemals könnte eine einzige Eule einen Menschen tragen, auch zwei nicht, auch nicht drei oder vier. Verstehst du?"

"Nein. Ich fühl mich auch gerade nicht so toll, als das ich sehr viel nachdenken könnte"

"Na du hast es doch vorhin erst gesagt. Das sind genau so wenig Eulen, wie wir Menschen sind. Hahahahaha"


Entweder war ihr Bruder jetzt vollkommen verrückt geworden, oder aber er wusste ganz genau, von was er da redete. Die Situation war zwar paradox, doch sie war bereit ihrem Bruder zu glauben. Wenn er keine Angst hatte und diesen Vögeln vertraute, dann wollte sie das auch tun. Obwohl es absolut nicht sein konnte.
22.12.2003, 22:44 #99
Heimdallr
Beiträge: 12.421

Es war wirklich Wahnsinn, eigentlich konnten sie das nur träumen, aber es war kein Traum und er freute sich darüber, dass es kein Traum war, es war einfach nur herrlich. Was diese Eulen von ihnen eigentlich wollten, das wusste er nicht, aber er war überzeugt davon, dass sie ihnen nichts Böses tun wollten, denn ansonsten hätte er wieder einmal einen brennen Schmerz am Hals gespürt. Also konnten ihre Absichten nur gut sein und deshalb hatte er jetzt auch keine Angst, als sie mehrere hundert Meter über dem Boden flogen, es war ein Wahnsinniges Gefühl. Sie flogen, das alles konnten keine Eulen tragen, ein Mensch war dazu viel zu schwer. Aber wo brachten sie sie hin? Ihm war es egal, denn jetzt hatten sie endlich diesen Berg verlassen und es war so, als ob damit zwar etwas verloren ging, da sie da oben nur gute Erfahrungen gemacht hatten, doch es war auch sehr erleichternt, fast könnte man meinen war selbst der Berg selber froh die beiden Störenfriede los zu sein. Er hatte seinen Blick lange zur Seite geneigt, dort sah er zwar immer wieder alle zwei Sekunden die Flügel der Vögel, doch er konnte auch den Berg sehen.

Der Schicksalsberg. Mein Schicksalsberg. Mein Schicksal. Ich danke dir Pator, ich danke dir und allen da oben, die das getan haben. Ich werde mein Schicksal annehmen, wie ich es dir versprochen habe. Du hast mir die Augen geöffnet und doch weiß ich nicht mal, wer du eigentlich bist. Eigentlich weiß ich nichts über dich und doch glaube ich eine Ahnung zu haben. Du hast gesagt, dass wir uns wiedersehen, ich freue mich schon drauf, ehrlich. Und bis dahin werde ich hoffentlich meiner Bestimmung gerecht, denn ich bin mir sicher, dass die SIEBEN mir nicht einfach zufliegen werden. Und ich denke auch, dass es nicht geschrieben steht, wie diese Suche ausgeht stimmts? Naja, ich weiß schon, du kannst mir nicht antworten, aber trotzdem weiß ich, dass du mich hören kannst, ich danke dir trotzdem.

Sie flogen weiter und er hatte die Richtung auch erkannt, sie flogen nach Drakia und es war schön hier, ein paar duzend Meter über der Erde, er hatte sich immer gewünscht zu fliegen, auch wenn er lieber so Flügel gehabt hätte wie diese Eulen, jetzt war er auch glücklich, sich dagegen zu wehren hätte gar keinen Sinn gemacht, denn sie würden ihn nicht loslassen und wenn, dann würde er fallen und das würde den sicheren Tod bringen. Nein, das wollte er nicht. Aber er machte sich auch keine Sorgen, er wusste das es gut ausgehen würde, egal wann sie landen würden. Denn es war so, wie es war, sie waren keine Menschen mehr und das waren auch keine Vögel. Irgendwie zog er so Kurioses schier an, aber wenn es weiter so schön bleiben würde, er hätte nichts dagegen.
Seine Schwester war jetzt ein paar Meter von ihm entfernt, am Anfang hatte er noch oft zu ihr rüber geschaut, da schien ihr speiübel zu sein, doch dann war er mit sich beschäftigt und jetzt, als er sich wieder umdrehte, sah er in nachdenkliche Blicke. Er meinte eine Spur von Lachen erkennen zu können, von Freude, doch sie wirkte mehr nachdenklich, hatte die Hände als Stütze genommen und sah nach vorne, den Blick nach vorne gerichtet...

Hey Sternchen, ist das nicht irre, wir fliegen hahahaha, das ist doch ein irres Gefühl oder, wenn wir sowas mal jemanden erzählen, der hält uns für verrückt, für zwei gute Märchenerzähler und würde uns Höchstpreise für einen Kneipenbesuch zahlen, aber glauben tut uns das doch keiner. Hey was ist, lach doch mal, dieser Moment ist doch zu schön, als einfach so vorbeizugehen.
22.12.2003, 23:47 #100
Isabell
Beiträge: 307

Sie sah ihrem Bruder an, sie sah in ein lachendes Gesicht voller Freude und Glück, anscheinend gab es kaum etwas schöneres für Rociel als jetzt hier in der Luft zu sein. Sie freute sich für ihn, wirklich, so ein befreites Lachen würden sie nicht mehr oft zu sehen bekommen, also sollte er es ruhig genießen, sie wollte es ihm auf keinen Fall nehmen. Doch sie wollte nicht reden, nicht jetzt. Sie seufzte nur ein "Ach Mondschein" und senkte dann wieder ihren Kopf. Sie blickte in ein Meer aus Bildern und Impressionen, es war wirklich ein unglaubliches Gefühl zu fliegen. Eigentlich hätte das alles nicht passieren können und es war wirklich ein Eindruck, den man sein ganzes Leben lang nicht vergessen würde. Sie fragte sich, ob es denn nun ein endgültiger Abschluss ihrer Reise war und wenn, ob es denn ein gelungener oder mißlungener war. Aber eigentlich war ihr das alles ein bisschen fremd, deswegen sagte sie auch kaum ein Wort. Sie hatte auch zugegebenermaßen ein bisschen Angst, denn im Gegenteil zu ihrem Bruder waren diese Vögel für sie nur Tiere, einfach Tiere, auch wenn er damit Recht hatte, wenn er meinte, dass es keine normalen Tiere sein konnten. Vielleicht konnte er da anders denken, vielleicht war er da ein bisschen unbeschwerter, vielleicht hatte er da ein kindlicheres Denkvermögen, doch trotzdem war es eine komische Situation. Sie flogen und flogen, es mussten Stunden vergangen sein, sie flogen in den Sonnenuntergang hinein und auch in den Sternenhimmel. Der Wind wehte ihnen um den Körper und ließen sie hier oben frösteln und doch waren die Eindrücke durchweg positiv. Am Anfang ihres Fluges konnte sie nur erkennen, dass sie sich wieder entfernten und in Richtung Drakia flogen, doch nach ein paar Stunden in der Luft konnte sie schon wieder die Felder erkennen, über die auch sie gegangen waren. Sie befanden sich also auf dem Weg nach Hause, zurück nach Drakia. Sie war darüber mehr froh als unglücklich, denn so hatte sie wenigstens eine Ahnung, wo diese seltsamen Tiere sie hinbrachten und außerdem wollte sie Drakia noch einmal richtig Lebewohl sagen, bevor sie das kleine Fischerdorf für eine lange Zeit verlassen würde.

Auch ihr Bruder war jetzt sehr still geworden, er war in sich gekehrt und hatte wohl genug gelacht. Er wirkte nun richtig ausgewechselt, wie schnell sowas manchmal ging. Sie wusste nicht über was er nachdachte, aber wahrscheinlich zog er auch ein Resümee. Sie zumindest tat das, zwar hatte sie die letzten Tage nichts anderes mehr getan, aber es war gut mit geordneten Gedanken nach Drakia zurückzukehren. In Drakia würden sie wieder andere Menschen erwarten und dann würde sich ja zeigen, ob ihre Worte wirklich hielten, oder ob sie unter dem Druck von Menschen zusammenbrechen würden. Außerdem mochte sie sich gerne noch einmal an all das zurückerinnern, damit sie es später ja im Kopf hatte. Sie hatte sowieso nichts besseres zu tun, verständlich, was sollte man hier oben schon groß machen. Sie war eigentlich zu diesem gebunden. Aber trotz allem konnte sie noch keine klare Linie finden, noch immer war sie leicht verwirrt, obwohl doch nun alles so eindeutig schien. Es war ein typisch menschliches Verhalten, denn sie suchte nach irgendwelchen Fehlern und Auffälligkeiten, irgendetwas was sie bestätigen würde. Doch sie fand nichts, absolut nichts. Diese ganze Geschichte schien absolut glaubhaft. Irgendwie war das typisch, sie suchte wie immer nach etwas, obwohl sie doch hoffte nie etwas zu finden.

Am liebsten wäre sie schon wieder bei ihm gewesen, dabei waren sie doch kaum ein paar Meter auseinander. Sie hatte sich so sehr daran gewöhnt und das nach der langen Einsamkeit. Aber sie klagte da auf ziemlich hohen Niveau und das wusste sie auch, ein bisschen unverschämt war es ja schon, manchmal wusste sie selber, dass sie noch immer wie ein kleines Kind war und ganz schön viel verlangte, doch das konnte man nicht ändern. Aber man sollte es ja auch gar nicht ändern. Genau so wenig wie auch alles andere. Genau das machte sie ja zu dem, was sie war.

Isabell hatte wirklich viel nachgedacht, doch immer wenn sie alleine nachdachte musste sie einsehen, dass es keinen Sinn hatte sich weiter damit zu beschäftigen, das war ihr Fehler, aber die paar Stunden Flug hatte sie ganz ruhig hinbekommen.

Irgendwann, es musste schon spät in der Nacht gewesen sein, wurde sie geweckt, das alles war zuviel für sie gewesen, die Erschöpfung durch das Ritual, dazu kam noch der anstrengende Flug für ihren Körper, sie war einfach eingenickt. Jetzt aber wachte sie wieder auf, sie spürte wie sich im Flug etwas änderte und als sie die Augen aufriß und noch alles etwas verschwommen sah, dachte sie man hätte sie losgelassen und sie würde jetzt auf die Erde zurasen, doch sie klatschte nicht auf die Erde, im Gegenteil, sie wurde überaus sanft abgesetzt. Ihr Bruder war schon etwas länger am Boden und schien seine beiden Eulen zu streicheln, wandte sich jedoch jetzt ab und ging auf Isabell zu, doch nicht um sie zu umarmen, sondern um ihre beiden Eulen zu streicheln. Sie verdrehte die Augen und konnte sein Verhältnis zu diesem gefiederten Viechern nicht fassen, obwohl sie zugegebenermaßen wirklich schön waren.

Danach ging alles recht schnell, die vier Vögel verschwanden und zurück blieben die beiden, wieder festen Boden unter den Füßen und ohne Licht in absoluter Dunkelheit. Doch Rociel nahm seinen verflucht nützlichen Stein heraus und dazu einen einfachen Ast und kombinierte sie wieder wie schon so oft zu einer Fackel um, die binnen Sekunden das Gebiet erhellte. Sie hatte ihn diesmal genau beobachtet, es reichte aus einfach an dem Stein zu reiben...wirklich erstaunlich, doch nach so einem Tag wunderte sie nichts mehr. Sie nahm dankend seine Hand entgegen und dann gingen sie gemeinsam zurück, ihre Harfe hatte sie sicher in dem Beutel, den sie die ganze Zeit bei sich trug und ihr Bruder war neben ihr. Der Flug war ohne Probleme geendet. Sie meinte schon ein paar Lichter in der Ferne zu sehen, das musste Drakia sein. Jetzt, jetzt konnte sie sogar wieder lächeln, denn sie war einfach nur froh das überstanden zu haben.
Seite 4 von 5  1  2  3  4  5