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02.04.2004, 14:04 #351
Enzanie
Beiträge: 385
Hinter den Bergen #2 -
Das Meer, so weit, so groß. Kann man es eigentlich einmal ganz sehen? Aber nein, bestimmt nicht. Aber wie groß ist es wohl? Größer, als unsere Heimat? Sag mal Adler, was meinst du? Was ist das Meer? Ist es vielleicht ein großes Lebewesen? Vielleicht lebt das Meer ja wirklich. Ein riesiges, lebendes Wesen, das nur schläft. Oh je, was dann passieren würde, wenn es aufstehen würde. Dann wäre ja das ganze Wasser weg. Und dann? Dann würden wir alle überschwemmt. Aber nein, das ist ja Unsinn, du würdest darüber lachen nicht wahr Adler? Ich weiß, ich habe ja nur gedacht. Was meinst du, soll ich dir etwas erzählen? Ja? In Ordnung, ich erzähle dir was, aber dafür musst du mich weiterhin beschützen und mich begleiten. Du weißt doch, dass die Adler uns beschützen müssen. Utzatekl hat das gesagt. Aber du wirst schon das richtige tun, kennst du ein schönes Frühlingswort? Ich erzähl dir eins…

Frühlings voller Blick mich leitet
In den neuen Tag hinein
Dabei sich das Herz schon weitet
Einsam warte ich allein

Sonnenschein auf meine Haut
Ist der Bleiche größter Hohn
Machen mich zu seiner Braut
Voller Glanz und voll im Ton

Wiesen blühen in prächt’gen Duft
Hummeln brummen durch das Feld
Durch die Nüstern zieht die Luft
Einsam allein in fremder Welt

Blütenglanz zieht durch die Weite
Knospen sprengen, ein Farbenmeer
Von den Fesseln des Winters befreite
Er die Welt und doch ist’s leer

Süßer Honig der Bienen schmeckt
Gut und voller Liebe erschaffen
Hat auch er sie schon erweckt
Ein kurzer Blick, sie müssen Schaffen

Geliebte Heimat, sie wacht auf
Streckt sich, gähnt noch, wie ein Kind
Doch so ist er, der Zeitenlauf
Kündet uns doch längst der Wind

Prachtvoll wehen die grünen Blätter
Selbst in Zeiten von Schwere und Last
Immun sind sie gegen Wetter
Der Frühling, er kennt keine Hast
Vielleicht, bestimmt, bist du mein Retter
So bitte ich dich um Rast
02.04.2004, 14:09 #352
Enzanie
Beiträge: 385
Sängerwettstreit der Magier -
Frühlingsgefühle

Frühlings voller Blick mich leitet
In den neuen Tag hinein
Dabei sich das Herz schon weitet
Einsam warte ich allein

Sonnenschein auf meine Haut
Ist der Bleiche größter Hohn
Machen mich zu seiner Braut
Voller Glanz und voll im Ton

Wiesen blühen in prächt’gen Duft
Hummeln brummen durch das Feld
Durch die Nüstern zieht die Luft
Einsam allein in fremder Welt

Blütenglanz zieht durch die Weite
Knospen sprengen, ein Farbenmeer
Von den Fesseln des Winters befreite
Er die Welt und doch ist’s leer

Süßer Honig der Bienen schmeckt
Gut und voller Liebe erschaffen
Hat auch er sie schon erweckt
Ein kurzer Blick, sie müssen Schaffen

Geliebte Heimat, sie wacht auf
Streckt sich, gähnt noch, wie ein Kind
Doch so ist er, der Zeitenlauf
Kündet uns doch längst der Wind

Prachtvoll wehen die grünen Blätter
Selbst in Zeiten von Schwere und Last
Immun sind sie gegen Wetter
Der Frühling, er kennt keine Hast
Vielleicht, bestimmt, bist du mein Retter
So bitte ich dich um Rast
03.04.2004, 12:02 #353
Enzanie
Beiträge: 385
Hinter den Bergen #2 -
Der Adler flatterte wild mit den Flügeln, eine Feder löste sich dabei von seinem Federkleid und flog direkt auf sie zu. Geschickt fing sie die fliegende Feder auf und sah sie an. Sie war wunderschön. Eine braun-schwarze Färbung, die sich durch das ganze Stück hindurch zog. Der Adler hüpfte einfach so auf ihre Schulter und pickte ein wenig auf dieser herum, allerdings nicht hart, wie er es vielleicht bei einem Beutetier gemacht hätte. Danach spürte sie noch einen kühlen Moment auf ihrer Wange, während sie weiterhin auf das Meer hinab sah. Enzanie kannte die Adler, niemand kannte sie nun mehr so gut wie sie, nachdem alle tot waren. Doch er hatte ihr wieder ein wenig Freude gegeben. Als sie sich nun wieder umdrehte, war das Tier fort. Der König unter den Vögeln hatte sich wieder aufgemacht, war weiter gezogen, aber die Feder war geblieben. Enzanie steckte die Feder zwischen ihre Rüstung, wo sie immer griffbereit lag. Sie brauchte noch ein wenig Zeit, doch eigentlich stand ihre Entscheidung fest. Wenn ihr Vater es so wollte, dann würde sie es auch wollen. Er war ihr großes Vorbild und außerdem wollte sie keine Schande für die Familie sein. Nein, wirklich nicht.

Und so stieg sie wieder hinab, herunter vom wahrscheinlich letzten Wachturm, von denen es einst so viele gab. Sie hatte nun ein neues Ziel, der Tempel ihrer Kaste, ihr Zuhause, ihre Heimat. Und sie hatte noch etwas beschlossen. Sie wollte durch den Canyon gehen, sie hatte keine Angst mehr. Angst war schlecht. Und sie durfte keine Angst haben, nicht als Kriegerin ihres Volkes. Sie war der letzte Teil, sie wollte nicht Schande über alle bringen. Nein, sie war stark. Das Mädchen hatte in diesen Stunden einen ungewöhnlich ernsten Blick im Gesicht. Sie lachte gerne und viel, aber im Moment zeigte sie sich von der Seite, die sie weniger mochte, die sie aber immer so stark gemacht hatte. Ihre ernste Seite, die ernste Enzanie…
03.04.2004, 14:47 #354
Enzanie
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Hinter den Bergen #2 -
Schon wieder war heute so ein schöner Tag im Lande Jharkendar, aber es war etwas windiger geworden, der Wind riss ganz schön an ihrem schmalen Körper, aber das war schon in Ordnung, der Wind war ein ganz wichtiges Element, das wusste sie. Allerdings gab es schon einen kleinen Nachteil bei Wind, zumindest, wenn man durch die Wüste gehen wollte. Eigentlich war es ja keine Wüste, zumindest nicht ursprünglich. Es konnte auch ein schöner, grüner Flecken sein, wenn man nur wollte, doch die Natur wollte anscheinend nicht. Vielleicht war es ja auch falsch gewesen diesen Flecken zu bewässern, sie wusste es nicht, denn schließlich begann mit ihrer Geburt nicht die Geburt des ganzen Volkes, es war einfach immer so gewesen, seit sie denken konnte war es nur ein wenig heißer im Canyon, aber nie so sandig und trocken. Vielleicht war es ja am Anfang der Zeit, als Utzatekl dieses schöne Stückchen Land formte und der Natur übergab, noch nicht so gewesen, vielleicht hatte ihr Volk tatsächlich der Wüste ihr Land weggenommen. Aber ohne das Aussterben von den Menschen wäre es heute sicher nicht anders als vor ein paar hundert Jahren gewesen. Nun aber war es nun mal so, sandig, staubig und trocken und gerade da war Wind unpassend, denn er wirbelte die feinen, gelben, roten Körner auf und sorgte dafür, dass sich Enzanie ein wenig außerhalb der Wüste aufhalten musste, an den Hängen der kleineren und größeren Berghänge haltend. Aber dort war es auch recht schön, zumindest sah man dort immer mal wieder grüne Sträucher aus dem Boden sprießen oder kleine Wüstenblumen aus dem Felsen kommen. Die Wüste, sie war doch auch einen Blick wert und die immer noch recht ernste Enzanie konnte sich schon langsam dafür beglückwünschen, dass sie diesen mutigen Schritt gewagt hatte.
07.04.2004, 18:33 #355
Enzanie
Beiträge: 385
Hinter den Bergen #2 -
Es war schon fast ein Segen, dass ausgerechnet jetzt die Wolkendecke dunkler und größer wurde und sich das Wetter in Jharkendar endlich mal wieder von seiner schlechteren Seite zeigte. Die Hitze in der Wüste war nämlich alles als gut erträglich und hatte ihr schon damals, als sie zum ersten Mal diesen Boden betrat, schwer zu schaffen gemacht. Obwohl es nun ohne die Sonne deutlich kälter wurde, war es immer noch viel zu warm. Aber das war richtig angenehm auf der Haut. Es war ein super angenehmes Gefühl, das manchmal der Wind darüber streichelte und manchmal auch nur die Wärme vom Boden des Sandes darauf fiel. Angezogen wurde man von solch einer erlesenen Pracht aus Wüstenblumen, die durch alle möglichen Orte verstreut waren. Wüstenblumen, wie man sie nur hier kannte. Nirgendwo waren die Kakteen so groß, so spitz und so gefährlich. Doch trotzdem wusste sie noch, wie man durch sie überleben konnte, denn das Wasser unter ihrer Hülle war reichlich. Doch zum Glück war die Wüste nie so groß gewesen, dass man ernsthaft verdursten konnte und auch jetzt war dies noch nicht der Fall. Der Canyon war dafür einfach zu klein, riesige Felsen begrenzten das Territorium. Und selbst hier gab es ein großes Wasserloch, doch von diesem hielt sie sich fern, denn die Razoren hielten sich dort auf. Razoren waren anders als die meisten Tiere des Tals. Sie waren äußerst gefährlich und man musste um sein Leben fürchten, wenn man einem begegnete. Sie hatten großes Interesse an Fleisch und waren nicht nur äußerst aggressiv, sondern auch sehr schnell und ihr Gebiss konnte selbst Knochen zerteilen. Es war keine Seltenheit, dass Bauern, die sich zu weit entfernten, von ihnen geschnappt wurden. Enzanie wusste dies natürlich und deshalb machte sie nun einen großen Bogen um sie, doch sie hatte – im Gegensatz zu den meisten anderen – keine Angst vor den Raubtieren. Sie hatte ihr Schwert und außerdem waren die Krieger von Jharkendar darauf trainiert worden, diese Tiere zu bekämpfen, sie kannte ihre Tricks und ihr Verhalten. Doch ein Kampf war zu riskant, zu unnötig und außerdem hatte sie dafür gar keinen Sinn. Sollten sie doch nicht weiter sterben, sollten sie leben, jetzt, wo niemand mehr hier war, war es sowieso egal…
07.04.2004, 18:35 #356
Enzanie
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Hinter den Bergen #2 -
Die junge Frau ging weiter, schlenderte über den Wüstensand, als wäre es ganz normaler Stein. Ihr Blick blieb dort stehen, wo die Bibliothek stand. Es war wahrlich ein riesiger Komplex und eine architektonische Meisterleistung. Was das angeht, war ihr Volk dem aus Khorinis, aus dieser Stadt, weit überlegen. Aber dennoch war es eine Mischung aus Wut und Trauer, die wie eine Welle im Meer über sie einstürzten, als sie auf diese Mauern und Säulen aus purem Stein blickte. Wäre sie nur nie hierher gekommen…damals…Heute war es in Ordnung, es musste ja schließlich weitergehen. Es musste sich etwas in ihr bewegt haben, sonst hätte sie nie so lange darauf blicken können. Auf dieses Monument, dieses Heiligtum, der Tempel der Gelehrten, derjenigen, die das Wissen des Volkes hüteten, die Schreiberlinge, die Nachrichten in Stein schlugen und Wissen archivierten, die Denker und schlauen Köpfe. Das Gebäude, das Heiligtum, das für sie entehrt und entweiht wurde, das man schändete im Auftrag von höheren Mächten, nein, sie weinte nicht, aber sie spürte für mehrere Minuten Gefühle, die sie nicht mochte, die nicht zu jemanden wie Enzanie passten und die eigentlich vollkommen fremd für so jemanden waren. Doch Tränen wollte sie dafür nicht vergießen, weinen wollte sie für ihren Vater, wenn die wieder dort waren, wo alles begann, beim Tempel der Krieger, doch dazu musste erst noch die Wüste durchquert werden und ein Netz aus großen Höhlengängen überwunden. Sie kannte die Gefahr die dort lauerte, Duruks und ihre Kämpferdrohnen, danach stand noch ein Ausflug durch den Sumpf auf dem Programm, doch dort würden sie die Sumpfhaie schon wieder erkennen. Sie trug das Zeichen des Adlers auf ihrer Brust und die Haie hatten dies zu akzeptieren.
07.04.2004, 18:36 #357
Enzanie
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Hinter den Bergen #2 -
Verschwenderisch ging sie gar mit ihrer Zeit um, schlenderte mehr als sie lief. Doch sie musste immerzu an andere Dinge denken, an Khorinis, an Doooom, aber auch über die Piraten, ihren Vater und die unendliche Weite des Meeres. Sie dachte an die Wolken, an Scavengerfleisch und den netten Händler aus der fremden Hafenstadt, sie dachte auch an den alten Mann, der so verbittert wirkte und sie dachte an das Kinn ihres damaligen Begleiters, das hoffentlich nicht mehr weh tat. Es gab so vieles, woran man denken konnte und nur so wenig Antworten gab es auf die Fragen, die sich aus den Gedanken bildeten, doch sie brauchte diese ganzen Antworten gar nicht. Es war schon in Ordnung, so wie es war, war es in Ordnung. Nur ihr Leben, das stand auf der Kippe. Aber noch immer nährte sie der Adler, mit seinen Federn und seinen Gefühlen. Sie hatte es gespürt, sie hatte es gesehen. Es waren die Augen ihres Vaters und seine Worte, die sie aufforderten zu leben, doch sicher wollte sie sich darauf noch nicht festlegen. Klar war es so, dass das Leben ein Geschenk war und das man Geschenke nicht einfach so ablehnen sollte, doch deswegen alles akzeptieren, alles so sein lassen und als verloren erklären. Für tot erklären? Nicht mehr existent? Vielleicht, eine Antwort darauf sollte bald folgen und zwar im Tempel der Krieger, dort sollte die Entscheidung fallen. Das hatte sie sich so ausgemalt, feine Sache war das und tot ernst gemeint. Die Zeit musste es zeigen, doch bis dahin musste sie erst mal weiterkommen, noch war der Tempel weit entfernt. Wenigstens kannte sie hier jeden Gang, jede Spalte, hoffentlich war das noch immer so, es hätte sich schließlich einiges verändert haben können…
07.04.2004, 18:38 #358
Enzanie
Beiträge: 385
Hinter den Bergen #2 -
Sanft schob sie den Sand vor sich her, mal lief er auch über die Sohle, mitten zwischen die Zehen. Es kitzelte ein wenig, war nur selten unangenehm. Ein wenig warmer Sand zwischen den Füßen war sogar richtig entspannend und nicht immer hatte man warme Füße. Das war schon was, allerdings. Enzanie lächelte das ein oder andere Mal, trotz ihres ernsthaften Gesichtes hatte sie ihr Lächeln nicht verloren. Es waren manchmal Blumen, aber auch komisch aussehende Felsen, die sie dazu brachten, doch vor allem waren es Erinnerungen, die sie dazu trieben.
Vorsichtig bog sie nun nach Osten, zurück über die Dünen und an scharfen Steinen vorbei. Auf ihrem Weg kamen ihr zwei Mordrags entgegen, schnelle Tiere, die auf zwei Füßen gingen, ein messerscharfes Maul hatten und alles bissen, was ihnen in den Weg kam. Damals hatten sie diese Gattung nur noch in den hängenden Schluchten gesehen, heute schienen sie sich ihre Gebiete Schritt für Schritt zurückzuholen. Enzanie hatte sie nämlich schon beim großen Tempel gesehen, doch dort hielten sie sich auf einer Fläche auf, die ihr nicht gefährlich war. Doch dieses Mal war ein Kampf unausweichlich, doch trotz ihrer angespannten Lage ließ sie sich davon nicht beeindrucken. Die Mordrags waren gefährlich, durchaus, aber mit dem Schwert ihres Vaters war ihr der Sieg gewiss gewesen. Sie hatte bewusst auf den Einsatz der sechs Messer verzichtet, die den sicheren Tod der beiden Tiere bedeutet hätten, ohne dass sie ihr zunahe gekommen wären, denn sie wollte das Schwert ihres Vaters wieder in Aktion sehen, wie sich die Klinge in der Hand anfühlte, nach mehreren Jahrhunderten des Schlafes. Es war ein gutes Gefühl…
08.04.2004, 18:26 #359
Enzanie
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Hinter den Bergen #2 -
Das Blut der beiden Tiere lief nun langsam die Klinge hinab, bedeckte sie mit der klebrigen Masse aus den Eingeweiden der Tiere. Vor ihr waren nur noch zwei leblose Leichen der beiden Tiere zu sehen, die nicht die geringste Chance gegen solch ein Schwert hatten. Sie war zwar die Führerin dieser mächtigen Klinge, aber mehr auch nicht. Es war die Kunst die eigene Fähigkeit mit der Magie einer Stahlklinge zu verbinden, doch wenn die Klinge den Namen eines der größten Kämpfer Jharkendars trug und wenn die Trägerin dasselbe Blut besaß, oder zumindest dieselbe Blutlinie hatte, dann entstand dadurch eine sehr tödliche Mischung. Eine Mischung, gegen die zwei Mordrags nicht ankommen konnten. Das Schwert reinigte sie im Sand, wischte es auch mit Sand wieder ab. Ein paar Blutflecken würden bleiben, doch das war egal. Sobald sie wieder an einen Wasserlauf kam, würde sie das Schwert reinigen und solange musste das Blut der Besiegten nach daran bleiben. Mit dem Dolch, der ihr vollkommen fremd war, aber gut in der Hand lag und das einzige Überbleibsel des magischen Wesens war, dem Phantom, dass sich in ihrem Körper befand, schnitt sie noch einige gute Stücke Fleisch von dem Körper der getöteten Tiere. Das Fleisch nahm sie mit, vorerst mal. Es kühlte ihre Hände gut und außerdem konnte man es wunderbar essen. Es war zwar roh und schmeckte gebraten besser, zudem noch sehr blutig, aber Fleisch war Fleisch und Enzanie machte dabei keine Unterschiede. Vielleicht hätte sie es nicht gegessen, wenn sie gerade etwas fröhlichere Laune gehabt hätte, aber in ihrem momentanen, ernsten Zustand war das egal. Vielleicht war es ja auch die Henkersmahlzeit, das letzte Gericht, wozu sollte sie ein Feuer machen, wenn man das Fleisch auch so essen konnte. Es war ein wenig zäh, aber sonst schmeckte es nach einiger Zeit des Kauens prima. Sie vermisste nur die knusprige Haut, die nur beim Braten entstand, aber wie schon gesagt, sie war dabei nicht wählerisch.
08.04.2004, 18:28 #360
Enzanie
Beiträge: 385
Hinter den Bergen #2 -
In dem kleineren Canyon, in dem sie sich jetzt befand, war die Landschaft noch ein bisschen toter, als im großen Canyon beim Tempel. Man hatte wirklich das Gefühl, in eine absolute Einöde zu laufen. Die beiden großen Felswände, sie waren so eng beisammen, dass man das Gefühl hatte zerquetscht zu werden, von beiden Seiten eingekesselt. Doch der Sonne hätte das keinen Abbruch getan, wäre sie nicht unter einem dicken Wolkenband verschwunden gewesen. Vielleicht würde es ja sogar einmal regnen, es wäre zumindest mal etwas Neues für sie gewesen. In Jharkendar regnete es nicht oft, früher nicht und heute schien sich das auch zu bewahrheiten. Wieder einmal eine Sache, die gleich geblieben war und an der sich auch nach Jahrhunderten nichts änderte. Enzanie aber genoss diese Reise im Gegensatz zu anderen Dingen. Es war einfach nur schön, wenn es sandig war, solange der Sand sich nicht über die Knie heraus erhob. Dazu war auch dieses Panoramabild einmalig und gehörte sicher zu den schönsten Orten auf diesem kleinen Flecken Land. Zwar konnte es nicht an ihre liebsten Orte heranreichen, wie zum Beispiel den kleinen See, an dem sie ja schon gewesen war oder auch den Perlenstrand, wo jetzt die Piraten hausten, oder noch einigen anderen Orten, zu denen sie aber mittlerweile unterwegs war, aber wirklich unwohl fühlte sie sich nicht. Zu schön war es einfach, als dass man irgendwelche dunklen Gefühle hegen konnte, oder gar eine Abneigung gegen die Natur. Die riesigen Felsformationen waren hier noch viel eindrucksvoller, als in den Schluchten. Das lag zum einen daran, dass in den Schluchten viele, grüne Pflanzen und Lianen hingen und so die Berge von ihrer reinen Steinstruktur nicht mehr viel übrig hatten, zum anderen auch an den monotonen Besonderheiten, die ja erst den Blick auf diese wundervollen Steine lenkten. Gepaart mit dem Wüstensand, der in den verschiedensten Farben auftauchen konnte, mit den wenigen aber außergewöhnlichen Wüstenblumen und der bescheidenen, aber sehr gefährlichen Tierwelt, wurde der Canyon, ob groß oder klein, zu einem ganz eigenen Erlebnis. Dieses Erlebnis wollte sie so gut es ging genießen, doch natürlich stand ihr Ziel an erster Linie und das hieß nun mal zunächst die Höhlensysteme zu erreichen. Es gab zwei Möglichkeiten, eine führte über eine Grotte und die andere über eine absolut dünne Natursteinbrücke. Über sie musste man gehen, wollte man in das Höhlensystem eintauchen. Enzanie hoffte, dass die Brücke noch da war, denn sie war schon zu ihrer Zeit gut genutzt und oft sagte man einen Einsturz voraus. Es wäre nur logisch gewesen, wenn sie jetzt, nach so langer Zeit, wirklich zusammengefallen wäre.
08.04.2004, 18:29 #361
Enzanie
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Hinter den Bergen #2 -
Gedanklich hing sie seit Tagen an nichts anderem mehr, nur selten gab es wirkliche Momente, an denen sie das melancholische Thema wirklich vergessen konnte. Es war einfach zu präsent im Moment und sie hatte so das Gefühl, dass es im Tempel auch nicht viel besser werden würde. Dieser Adler, der ihr neulich erschienen war, er hatte die ganzen Überlegungen ja erst angestachelt. Sterben oder nicht sterben, was für eine makabere Frage. Und dann auch noch Selbstmord. Wahrscheinlich würde sie nicht das Messer, den Dolch oder das Schwert nehmen, das würde sie ohnehin nicht schaffen. Aber von einer Klippe springen, das war nicht schwer und wenn man Glück hatte, dann würde man vom Meer tief unter den Sand eingegraben, irgendwann. Mit diesen Gedanken schlug sie sich rum, als sie endlich zum Ende der Schlucht kam. Auch der kleine Canyon hatte ein Ende. Manchmal kniff sie die Augen zu und blieb stehen, zählte bis zehn und öffnete sie wieder, in der Hoffnung, dass dann alles vorbei war und sie wieder zwischen den Menschen, die hier einst waren, aufwachte, doch das hatte keinen Erfolg, nicht mal die Gedanken an den Tod konnte sie so vertreiben. Aber sie war stark genug damit zu leben, es war nichts Neues Stärke zu beweisen, seine Konzentration unter Beweis stellen, neu war nur, dass es um den Tod ging, ohne das ein Feind vorhanden war, den man bekämpfen konnte. Eine Situation, die ihr nicht gut bekam, denn sie wurde immer blasser um das Gesicht herum, dabei war sie nach den Jahrhunderten des Ruhens ohnehin schon bleicher als zuvor auferstanden. Die Sonne war auch verschwunden und so würde wohl die Farbe nicht so schnell wiederkommen. Aber vielleicht war das ja auch nicht mehr nötig…ihr Weg machte nun eine stramme Biegung, es gab zwar noch einen fortführenden Weg, der dann zu jener Höhle führte, doch sie wollte es über die Brücke versuchen, wenn sie denn noch stand.
08.04.2004, 18:31 #362
Enzanie
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Hinter den Bergen #2 -
Ein großes Plateau, auf dem nur wenig Wüstensand geweht war, dafür umso mehr Felsen lagen, wurde vor ihren Augen sichtbar und genauso war es auch vor ein paar Jahrhunderten gewesen, erstaunlich, dass sich bisher keine Veränderungen in der Landschaft zeigen wollten. Doch Enzanie gab nicht auf bei ihrer Suche nach Fehlern, irgendwo musste sich die Natur doch noch etwas einverleibt haben, es konnte einfach nicht alles so sein, wie es vor so langer Zeit war. Und tatsächlich, sie fand das, nachdem sie so sehr gesucht hatte in Form einer Ruine. Diese Ruine war aber keine Ruine, sondern aus ihrer Zeit war das Bauwerk. Schon von weitem viel es ihr auf und so schlenderte sie auch dort hin, lag ihr Ziel doch sowieso genau an diesem Punkt. Nebenbei warf sie sich noch ein Stückchen Fleisch in den Mund, zerriss es dort mit ihren scharfen Schneidezähnen, ehe sie es lange Zeit auf den Backenzähnen kaute, so dass es lange Saft gab und ihr nicht allzu langweilig wurde. Das Kauen war zumindest eine Beschäftigung, die sie etwas bei Laune hielt und sogar das ein oder andere Mal von den düsteren Gedanken abhielt.

Bei dem Turm sah sie es dann, die Ruine eines weiteren Wachturmes. Sie hatte es fast befürchtet, dass der bei den Piraten der einzig intakte geblieben war. Es war komisch, denn eigentlich war es hier so einsam, dass dieser nicht unbedingt einstürzen musste, doch es war nun mal so geschehen. Nur noch das Grundgerüst stand da und bot eine gähnende Leere, dort, wo sonst der fünfundzwanzig Meter hohe Turm aus Stein stand und alle Personen kontrollierte, die über die Brücke gingen. Wenigstens dabei gab es eine gute Nachricht, denn die Brücke stand nach wie vor und das überraschte sie wirklich. Enzanie hatte keine Ahnung, wie stabil dieser Naturstein war, aber außer einer zusätzlichen Schicht Wüstensand, der sich wahrscheinlich durch Sandstürme dort oben angesammelt hatte, fand sie absolut alles unverändert vor, am Ende der Brücke starrte sie bereits in das schwarze Loch des Höhleneingangs, es konnte also beginnen…
09.04.2004, 18:32 #363
Enzanie
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Hinter den Bergen #2 -
Vorsichtig wandelte sie auf dem dünnen Stein, früher war es selbstverständlich gewesen hier mit leichten Fuße drüber zu marschieren, heute jedoch war diese Sicherheit verloren gegangen und noch zu sehr fehlte einem die Sicherheit des Wachturmes, da man immer wusste, dass die Wachen ein Auge auf einem hatten, was Sicherheit vermittelte. Immerhin, es ging zehn Meter in die Tiefe, der Sturz musste also nicht unbedingt tödlich sein, aber er konnte. Aber dass dies geschehen würde, daran glaubte sie nicht, der Tod, er würde sie nicht so heimsuchen, ganz bestimmt nicht. Kontrolliert huschte Enzanie nun darüber, immer bedacht, aber doch noch im alten Rhythmus, was man einmal konnte, das verlernte man anscheinend doch nicht, auch wenn das Gehirn einem jenes glauben machen wollte.

Trotzdem war sie erleichtert, als sie die kleine Plattform vor dem Höhleneingang sicher erreichte, hier also war es, da musste sie hin. Die Erinnerungen stiegen wieder hoch, denn auch der Höhleneingang hatte sich nicht verändert. Auch die nasse Luft, die an der Schwelle zur Höhle ganz deutlich war, während man draußen noch immer die Trockenheit einatmete, hatte sich nicht verändert. Atmete man nach Norden wurde es kühl, wand man sich gen Süden, wurde es warm. Zwar kamen diese Unterschiede heute noch nicht ganz so zu spüren, aufgrund der Wolkendecke und der eigentlich noch milden Jahreszeit, aber man konnte die Ansätze auch heute noch sehen.

Enzanie blieb vor der Höhle stehen, die ja eigentlich ein ganzes Netzwerk aus verzweigten Grotten war, und reinigte ihre Füße. Der Sand zwischen den Zehen war zwar angenehm, doch nun musste ihr Schuhwerk ordentlich halten und durfte nicht durch den Sand rutschig werden oder am Ende noch stören. Als sie dieses kleine Missgeschick beseitigt hatte, trat sie dann ein, in das Grottensystem, das sie direkt zum Sumpf bringen sollte, von da aus war es nur noch ein kleines Stück, denn sie wusste gut, wo ihr Tempel lag. Allerdings herrschte auch eine kleine Gefahr bis dahin, die junge Frau wusste, dass die normalen Duruks keine Gefahr darstellten, aber vor den Kämpfern musste sie aufpassen, sie waren schnell und ihre Zangen waren tödlich. Doch das war ihr Schwert auch…
09.04.2004, 18:36 #364
Enzanie
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Hinter den Bergen #2 -
Genüsslich warf sie sich ein weiteres Stückchen von dem rohen, blutigen Fleisch in den Mund und zerteilte es mit ihren messerscharfen Schneidezähnen in kleine Stücke. Immer noch war das rosa Fleisch in einen dunklen, rötlichen Ton gefärbt und man schmeckte den Geschmack des Blutes deutlich heraus, doch das machte Enzanie eigentlich wenig. Sie hatte kein Problem damit, Blut zu essen, bzw. mit aufzunehmen. Im Gegenteil, bei ihrem Volk waren Blutopfer nichts seltenes, zwar opferte man primär das Lebewesen an sich, doch das Blut tropfte in die Schalen, die ebenfalls zu der Opferprozedur gehörten. Man sagte sich, dass im Blut der Lebewesen, deren Seelen wären und wenn man das Blut mit aufnahm, würde man auch die Kraft der Seelen mit aufnehmen. Zwar war das für Enzanie nicht wirklich wichtig, da dies viel mehr eine Prozedur für die verhassten Priester war, doch sie nahm es dankend hin. Das Fleisch der Mordrags schmeckte so ähnlich wie das der Tiriki, oder Scavenger, wie Doooom jetzt sicherlich gesagt hätte. Das Fleisch war zart und hatte einen leichten Geschmack, war auch lange nicht so zäh wie z.B. das Fleisch von Sumpfhaien oder von anderen Tieren. Helles Fleisch, auch wenn man es briet war es hell. Auf jeden Fall schmeckte es.

Die Grotte lag wie erwartet sehr dunkel da, doch durch Ritzen in der Decke drang nach wie vor Licht hinein. Die Decke war geradezu durchlöchert und nur an wenigen Stellen wirklich dicht, aber das hatten sie sich auch oft zunutze gemacht und so das Licht gestreut. Dennoch war auch diese Höhle nicht vollkommen ohne ihre Mithilfe anstanden, an einigen Stellen musste der Fels weichen und wurde so durch Leere ersetzt. Manchmal transportierte man hier auch waren, Nahrung und Steine, da war es unabdingbar, dass der Gang eine regelmäßige Breite aufwies. Genau das war auch der große Vorteil für sie. Die Grotten waren sehr dicht verzweigt und man konnte sich auch verlaufen, wenn man nicht wusste, wo der Hauptweg entlang führte, doch es war irgendwie klar, dass man sich als unmittelbare Einwohnerin dieser Grotten gut auskannte und um ihre Gefahren wusste.

Enzanie wurde jetzt aufmerksamer, die ersten paar Meter in der hell schimmernden Grotte waren überstanden und sie wusste, dass sie aufpassen musste. Es half nichts hier zu versuchen zu schleichen, dafür besaßen die Duruks ein zu gutes Gehör. Es war auch vollkommen sinnlos, dass man versuchte sie zu töten, denn ihre richtigen Nester hatten sie tief im Fels und diese wurden gut bewacht. Aber sie trauten sich auch noch nicht oft aus diesen verzweigten Hintergängen heraus, da in den Grotten immer Krieger standen, die mit einzelnen Duruks gut umgehen konnten. Aber das war früher, ein paar Jahrhunderte her. Die Zeit war nicht stehen geblieben. Vielleicht gab es die Duruks auch nicht mehr, aber vielleicht waren sie jetzt auch schon mit ihren Kriegern auf dem Hauptgang…
09.04.2004, 18:39 #365
Enzanie
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Hinter den Bergen #2 -
Ihre Schritte waren fast lautlos auf dem steinernen Untergrund. Tausende Schritte und gute Steinmetze hatten dafür gesorgt, dass der Boden relativ gerade war, ohne Spitzen und gut glatt getreten, aber schon an den Wänden erkannte man die Rauheit des Systems. Der Boden hatte sich freilich noch nicht erholt und würde das wohl auch nie tun, denn wie sollten Steine schon wachsen? Allerdings war viel von der guten Atmosphäre verloren gegangen. Enzanie sah zuerst nachdenklich auf die ehemalige Feuerstelle, doch dann gab sie es auf und ging weiter. Sie hatte in dem Gang immer kleinere Feuer in bestimmten Nischen entzündet, so dass man auch bei Dunkelheit gut sehen konnte, aber diesen Luxus würde man ihr heute wohl nicht mehr gönnen. Für sie war es wichtig, dass sie noch vor dem Sonnenuntergang aus dem System raus kam, doch dafür musste sie sich beeilen, denn die Sonne drohte schon unterzugehen, als sie erst in der Höhle ankam. Es war eben ziemlich gefährlich, wenn man die Nacht in den Grotten verbringen wollte, gerade wegen den Duruks, denn ansonsten wohnten hier höchstens einige Fledermäuse, die während des Nachts auf Beutejagd gingen.

Enzanie ging ein wenig schneller, immer auf der Hut den richtigen Weg zu erwischen und nicht in die ganzen Irrwege zu laufen. Es sah hier alles ein wenig anders aus, das Licht wurde nicht mehr gebrochen, die Positionsfeuer waren weg und niemand war mehr da, den man fragen konnte. Sie erinnerte sich gut an einen Krieger aus der Kaste, der seit fünfzehn Jahren seinen Dienst in diesem Grottensystem verrichtet hatte und den man immer irgendwie hier drinnen fand und ihn um Rat fragen konnte. Doch auch er konnte nun nicht mehr hier sein, niemand konnte das mehr. Es war traurig, doch das war die ganze Situation. Überall, wo einst viele Menschen auf einem Haufen waren, waren jetzt nur noch grenzenlose Leere oder zerfallene Bauten und letzten Zeugnisse ihrer Kultur. Gäbe es die Ruinen nicht, niemand hätte je etwas von ihnen erfahren. Doch diese Traurigkeit zog sich schon durch ganz Jharkendar, da war dies nur noch ein weiterer Tropfen auf den heißen Stein. Enzanie konnte damit gut fertig werden, jetzt zumindest. Sie ging weiter, schneller, fast schon rennend, aber immer noch Fleisch kauend. Sie musste sich beeilen, die Zeit drängte und die Duruks wollte sie nicht wieder sehen, nicht jetzt…
09.04.2004, 18:40 #366
Enzanie
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Hinter den Bergen #2 -
An einigen Verzweigungen war sie unschlüssig, musste lange Zeit entscheiden, wo es denn nun lang ging, denn hier in diesem ewigen Gleichnis war es schwer eine eindeutige Linie zu finden. Als sie dann aber an das zentrale Wasserloch kam, was eigentlich schon fast ein unterirdischer See war, wusste sie, dass sie richtig gegangen war. Ab dem Wasserloch wurde es etwas leichter und man hatte zu dem Zeitpunkt die Hälfte der Wegstrecke hinter sich gebracht. Es war ein See, mit klarem Wasser. Über ihm hingen – wie überall auch sonst in der Höhle – spitze Steine herunter und drohten jeden zu erschlagen. Doch beim See hatten sie noch eine zweite Funktion. Oder auch nicht. Jedenfalls hatte sich auch dies nicht verändert. Einige, spitze Steine waren noch ein wenig größer geworden, andere Stellen waren leer und gähnten Leere vor, ein paar kleine Veränderungen gab es also doch, aber das von der abfallenden Spitze der kegelförmigen Steine immer noch einzelne Wassertropfen auf die Wasseroberfläche fielen, daran hatte sich nichts geändert. Wenn sie auf die Wasseroberfläche eintauchten, bildeten sich kleine Lammellen, die vom Einschlag weggingen. Da das nicht nur bei ein oder zwei Stellen passierte, sondern bei mindestens zwanzig und die Tropfen zudem noch sehr langsam fielen, war dies immer ein faszinierendes Schauspiel gewesen, was zahlreiche Leute dazu bewegt hatte dort stehen zu bleiben und inne zuhalten. Auch Enzanie war einmal eine ganze Stunde am Ufer des Sees gesessen und hatte sich nur dieses eine Schauspiel angeschaut. Nun tat sie es wieder, allerdings nur für ein paar Minuten, dann aber musste sie schon wieder weiter. Das Wasser des Sees jedoch war noch immer so eisklar, wie vor dem Zerfall, immer noch bestes Kristallwasser.

Für einen kurzen Moment wurde ihr warm ums Herz, denn diese Erinnerung tat gut, obwohl der Ort alles andere als warm war. Es war eben eine Erinnerung, die man nicht so schnell vergaß und auch gar nicht vergessen wollte. Aber die Zeit drängte und so machte sie sich auf dem Weg, die letzten Sonnenstrahlen auszunutzen und den Weg endlich zu gehen.
09.04.2004, 18:42 #367
Enzanie
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Hinter den Bergen #2 -
Schnell waren ihre Schritte, kontrolliert das Auge und bereit die Hände, denn das Fleisch war aufgezerrt, die Stücke, die sie mitgenommen hatte, verbraucht. Das Mädchen war nun mehr als nur satt und hätte sicher auch einen Tag auf Nahrung verzichten können, doch das war noch Zukunftsmusik, nun näherte sie sich erst einmal dem Ausgang mit Siebenmeilenschritten. Die Grotte wurde wieder einheitlich, die verwirrenden Gänge endeten langsam, doch genauso endete auch das Licht, dass durch die Decke hereinkam und als sie hochsah, bemerkte Enzanie auch schon, wie ein schwarzer Flimmer über ihr stand. Unbemerkt war die Nacht angebrochen. Doch im selben Moment hörte sie auch ein zischendes Geräusch, als ob der Einbruch der Nacht ein Zeichen gewesen wäre, ein Zeichen für die Duruks. Unerwartet lauter wurde das Zischen, irgendetwas näherte sich ihr und das Mädchen hatte gute Gründe sich dem Ausgang schneller zu nähern als bisher. Nun, mit zwei freien Händen, rannte sie, versuchte an dem kaum vorhandenen Licht einen Weg zu finden, den sie ohne diese Hast sicherlich besser gefunden hätte, doch hinter ihr, dort, wo es nun dunkel und schwarz ward, kamen die Duruks immer schneller aus ihren kleinen Nischen und verzweigten Höhlengängen. Sie hatten es gewittert, dass sich ein Mensch in der Höhle aufhielt und sie hatten anscheinend großen Hunger auf Menschenfleisch. Das sah diesen Viechern ähnlich, aber davon ließ sie sich nicht beeindrucken. Sie rannte nur, sah ab und zu zurück.

Als sie schon den Ausgang vor sich sah, spürte sie eine unglaubliche Nähe des Zischens und zog ihr Schwert aus der Rückenscheide. Mattes Mondlicht schimmerte durch den Eingang herein und gab ihr ein wenig Licht, als sie noch instinktiv während sie rann einen Rundumschlag nach hinten abgab und so den Duruk davon abhalten konnte, seine spitzen Klauen in ihren Rücken zu bohren, die beiden Beine hatte sie geteilt und nun ging sie langsam rückwärts Richtung Ausgang. Als sie schon aus der Grotte heraus war und saftiges Grün unter den Füßen hatte, preschten noch einmal zwei Duruks nach vorne, doch auch sie hatten der Klinge ihres Vaters mit ihren dünnen Beinen nichts entgegenzusetzen und fielen zu Boden, davon aufgeschreckt, gaben die restlichen Verfolger auf und verschwanden mit einem Zischen wieder in tiefere Regionen. Enzanie holte noch einmal aus und bohrte ihre Klinge in die beiden, noch immer lebenden Körper der Duruks und gab ihnen so den erlösenden und für sie sicheren Tod. Danach atmete sie erst mal durch.

Kurze Zeit später schon, hatte sie ihr Schwert auf dem Gras gereinigt und sich in eine Nische des Felsens zurückgezogen. Dass die Duruks noch einmal kommen würden, das hielt sie für unwahrscheinlich und ansonsten war sie erst mal sicher. Der Sumpf begrüßte sie von den Hängen, doch der Sumpf musste nun geduldig warten, denn Enzanie war müde und wollte ein wenig schlafen, es war ohnehin dunkel und spät…Zeit, sich ein wenig zu erholen.
11.04.2004, 16:01 #368
Enzanie
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Hinter den Bergen #2 -
Ein brummendes Geräusch näherte sich dem immer noch schlafenden Mädchen, die Sonne war lange aufgegangen und schien wieder kräftiger als noch am Vortag. Es war aber nicht ganz so wichtig, denn die großen, dicken Bäume im Sumpf raubten viel Licht, das sie selber sehr gut gebrauchen konnten. Nur so konnten sie wachsen und der mineralienreiche Sumpfboden bot zusätzlich optimale Wachstumsmöglichkeiten, so wurden die Bäume im Sumpf riesig und konnten genauso alt werden, wie ihre Kollegen in den Wäldern. Sie hatten alles, Wasser, Mineralien und in Jharkendar schien so oft die Sonne, dass es auch daran nicht mangelte. Und der Sumpf konnte auch nicht austrocknen, da es hier immer wieder ergiebig regnete, meistens waren es warme Regenschauer, aber manchmal auch kalt.
Aber das Brummen kam immer näher und irgendwie musste es ihr Gehör wahrgenommen haben. Enzanie befand sich nur noch in einem Dämmerzustand, halb wachend und halb schlafend. Da wurde dieses Brummen zu einem Schmerz in ihrem Kopf, wie ein Kreisel, der sich immer wieder drehte und drehte und drehte…

Zack…

Auf einmal war ihr Gesicht mit einigen Blutflecken bestückt und sie zog ihr Schwert wieder aus dem zu Boden gefallenen Körper der Blutfliege. Sie hasste diese übergroßen Insekten. Diese Blutsauger mit ihrem lähmenden Gift. Sie hatte Glück, dass sie schon wach gewesen war, denn ein Stich von diesen zu groß geratenen Mücken konnte schlimme Folgen haben. Je nachdem, wie oft man gestochen wurde, konnte es von Hautreizungen, über Atmungsbeschwerden bis hin zum Tod kommen. Allerdings gab es natürlich Gegenmittel und diese kannte das junge Mädchen auch. Ein bestimmtes Kraut, das im Sumpf recht häufig wuchs, konnte helfen. Aber man musste sich beeilen, wenn man zulange wartete, konnte einem das Gift lähmen.
11.04.2004, 16:03 #369
Enzanie
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Hinter den Bergen #2 -
Enzanie stand vorsichtig wieder auf und schmierte das Blut vom Schwert auf dem Boden ab, so gut es eben ging. Schon wieder war es dreckig, das mochte ihr gar nicht gefallen. Auch ihr Gesicht hatte einige Spritzer abbekommen, aber es war ja nur normales Blut und nicht das gefürchtete Gift. Das lag bei diesen Mistviechern im Stachel und kam immer heraus, wenn die Fliege den Stachel in die Haut eines Opfers gebohrt hatte. Es waren keine starken Tiere, wenn man sie überhaupt als solche bezeichnen konnte, aber sie hatten dafür ein tödliches Gift. Normalerweise erlegten die Blutfliegen damit kleinere Tiere, manchmal auch Vögel, meistens aber Landbewohner, doch diese Gattung war äußerst aggressiv, sie griffen auch manchmal zu zwei oder zu dritt einen Sumpfhai an. Nicht selten gewannen diese Tiere das Duell auch und streckten die mächtigen Tiere nieder. Vor allem aber ihre Aggressivität gegen alles Bewegende war enorm. Auch vor Menschen machten sie nicht Halt, das war heute nicht anders als vor ein paar hundert Jahren. Ihren Namen hatten sie deswegen bekommen, weil ihre Flügelgeräusche genauso klangen, wie bei kleinen, normalen Sumpffliegen, doch ihr ganzer Körper war voller Blut. Sie saugten auch bei ihren Opfern nur das Blut heraus, einen richtigen Mund besaßen sie nicht, konnten keine feste Nahrung zu sich nehmen. Ein paar Heiler aus ihrem Volk hatten diese Gattung lange untersucht und einen Weg gefunden, wie man den Tieren den Stachel entfernen konnte. Mit ihren Gift konnte man gute Heiltränke brauen, Säfte und Extrakte, mit denen man Gefühlsneigungen beeinflussen konnte und natürlich konnte man mit ihrem Gift auch ein wirkungsvolles Gegengift brauen, das immer dann gut war, wenn man die passende Pflanze im Sumpf nicht fand. Die Blutfliegen waren nämlich nicht nur hier, sie waren auch an anderen Orten zu finden, hauptsache es war feucht. An einem feuchten Ort traf man fast immer auf eine Blutfliege, nur das Meer mochten sie nicht so.
11.04.2004, 16:04 #370
Enzanie
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Hinter den Bergen #2 -
Nun aber war sie wieder wach, erwacht aus dem Dämmerzustand und wieder fit für den Tag. Wer wusste schon, was er alles bringen würde, die Sonne stand zwar hoch am Himmel, aber ihre Linie konnte sie dank den Bäumen nicht erkennen, aber egal es war wieder hell und das zählte. Die junge Frau machte sich dann endlich auf den Sumpf zu durchqueren, es würde nicht lange dauern, aber es würde gefährlich werden. Enzanie kannte den Sumpf besser als jeder andere, zumindest war das damals noch so. Die Grotten schon waren fast so geblieben, wie sie sie kannte, wieso sollte sich der Sumpf wirklich verändert haben? Eigentlich eine unnötige Frage, es konnte eine Menge passiert sein, monatelang kein Regen mehr, das Aussterben der Population, vielleicht gab es ja gar keine Sumpfhaie mehr. Ein schrecklicher Gedanke, denn obwohl die Biester so gefährlich waren, irgendwie mochte sie die ja schon. Sie waren eben so was wie heilige Tiere, standen nur knapp hinter dem Adler und waren die Hüter des Sumpfes. Sie waren langsam, schienen nur in der zähen Masse rum zu kriechen, aber wenn sie Hunger hatten und ein Opfer in der Nähe war, kamen sie blitzschnell heraus. Und egal ob Sumpf, Wiese oder normale Erde, sie konnten sich überall bewegen, nur vermieden sie es sich weit von ihrem Sumpf zu entfernen und gaben Verfolgungen immer recht rasch auf. Doch für ihre meisten Mahlzeiten brauchten sie keine Verfolgungen, die bekamen sie in Windeseile. Zum Glück hatten sie eine Distanz zu Stein und kamen deshalb nie ihrem Lager zu Nahe, dem Tempel und die Häuser.

Enzanie spürte schon, wie sich die Luft geändert hatte. In der Wüste roch es viel wärmer und trockener, hier war die Luftfeuchtigkeit viel höher. Außerdem herrschte hier viel mehr Leben, alleine aus den dichten Baumwipfeln hörte man unzählige Vogelstimmen, die dort oben in Reihe saßen oder ihre Nester hatten. Zudem fühlten sich allerlei Schlangen und Spinnenarten im Sumpf super wohl. Das war wirklich der einzige Nachteil daran, denn diese zwei Gattungen konnte Enzanie partout nicht ausstehen und tötete es auch gerne mal ohne Grund. Jedenfalls war sie nun sehr konzentriert, während sie auf den Wegen entlang ging, vorbei an den richtigen Sumpflöchern, immer auf die Inseln zu, die aus der Landschaft herausragten. Es gab hier ein paar gute Verstecke und eines davon wollte sie nun aufsuchen, in der Hoffnung, dass es noch da war…
11.04.2004, 16:05 #371
Enzanie
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Hinter den Bergen #2 -
Über die kleinen, sumpfigen Inseln hinweg, näherte sie sich direkt wieder dem dichten Ruinenwerk am Haupttempel, aber bis sie da war, konnte sie noch ein wenig auf die Atmosphäre im Sumpf achten, denn später würde dafür keine Zeit bleiben. Ein altes Schmuckstück, eine kleine Halbkrone sie war einst ihr Zeichen als Erstgeborene des Kriegerführers, doch sie hatte sie an jenem Tag nicht aufgezogen, sondern an ein Versteck gebracht. Enzanie erinnerte sich noch sehr gut dran, wie sie mit zwei Kriegern losgezogen war, zusammen mit der Halbkrone und einigem anderen Zeug, das aber weniger von Bedeutung war. Warum sie die Sachen versteckt hatte? Ein kleiner Brauch war es, nicht mehr und nicht weniger, aber warum sie die Halbkrone auch in dem Sack vergessen hatte, sie wusste es nicht. War sie denn wirklich so verwirrt gewesen, oder war es ein Zeichen gewesen, dass sie damals noch nicht deuten konnte? Egal, hoffentlich lag es noch da, alles andere war erst mal egal.

Auf den kleinen Inseln des Sumpfes waren allerlei Pflanzen, heilende Kräuter, die immer noch so aussahen wie früher. Es waren diese kleinen grünen Blätter, die sich zur Seite hin dehnten, da in der Mitte die prächtige, gelb bis orange Blüte wuchs. Allerdings wuchsen die Blüten nur sehr, sehr langsam und waren deshalb sehr begehrt. Die heilenden Pflanzen waren aber schon wirksam, wenn man nur die grünen Blätter hatte, doch die Blüte hatte eine zehnmal so große Kraft. Aber es gab auch im Sumpf selber Pflanzen, Kraut, das sehr dünn wuchs und in kleinen Kronen aufging. Die Stiele waren so dünn, dass sie ganz leicht herauszurupfen waren, aber dieses Kraut hielten sie immer für Unkraut und hatten es nie genutzt. Und dann gab es da noch die Sumpfpilze, eigentlich waren es dieselben Pilze, die auch überall sonst wuchsen, aber diese Pilze hatten ein unglaubliches Sumpfaroma, man schmeckte ihnen die Würze geradezu heraus, allerdings auch den Geschmack des Morasts und deswegen war er nicht für jeden was. Die junge Frau ging weiter, war sie doch schon so gut wie da…
11.04.2004, 16:07 #372
Enzanie
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Hinter den Bergen #2 -
Als Enzanie über den kleinen Steg herüberhopste und dann weiter nach oben ging, auf dem aufgeschütteten Erdgang, war ihr Ziel unmittelbar vor ihr. Eine kleine Insel, aber höher als der eigentliche Sumpf, auf einem Plateau, das zwischen dem Hauptpalast und dem Tempel der Krieger lag. Dort befand sich eine große Steinwand und in der Steinwand war eine kleine Höhle. In diese dunkle Höhle ging sie nun, doch dank des Sonnenlichtes war es hell genug. Die Höhle war nicht tief, nur drei Meter ging sie in den Fels, doch sie hatte ihren Schatz weder verbuddelt, noch eingemauert. Ein kleines Steingrab war darum und Enzanie lächelte das erste Mal seit Stunden, als sie sah, dass es noch immer da war. Schnell und aufgeregt nahm sie die Steine wieder ab, trug das Grab Stück für Stück wieder ab, dann kamen schon die ersten Fetzen des ehemaligen Lederbeutels heraus. Es war ein sehr guter Lederbeutel gewesen, doch die Zeichen der Zeit waren auch an ihm nicht spurlos vorüber gegangen. Er war sehr porös und hatte Löcher bekommen, doch noch immer war sein Inhalt gleich geblieben. Die kleinen Kupferstücke sahen noch so aus, wie vor ihrem Schlaf und in der Mitte, eingehüllt in dem grünen Schutz, da lag sie, ihre Halbkrone. Sie war nicht mehr so schön wie noch zuvor, hatte ihren Glanz verloren, schimmerte nicht mehr, aber das war Enzanie egal. Sie nahm den Beutel mit, auch wenn er nicht mehr so gut hielt wie einst, hielt er noch den Inhalt. Sie ließ vorerst mal alles drin, denn die Sachen würde sie erst später brauchen, jetzt wollte sie so schnell es ging zum Tempel kommen, denn sie hatte alles, was sie brauchte, die Anrufung konnte beginnen.
11.04.2004, 16:08 #373
Enzanie
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Hinter den Bergen #2 -
Als sie das Plateau heruntergekommen war, huschte sie durch den Sumpf, wieder die Inseln nutzend, aber immer auf die Sumpfhaie achtend. Die Blutfliegen hatte sie schon einige Male verdächtig nahe gesehen, doch ihr Schwert war immer griffbereit und scheinbar spürten die Flügen diese Tatsache und hielten sich noch zurück. Der morastige Sumpf, aus dem auch mal die ein oder andere Gasblase aufstieg und auch eine Menge Frösche quakten, er war ihr mittlerweile so ans Herz gewachsen, dass sie sich nur über Menschen wundern konnte, die den Sumpf als ekelhaft oder abstoßend empfanden. Man musste ja nicht unbedingt durch den Sumpf selber waten, wer sich danach über stinkende Kleidung beschwerte, der war doch glatt selber Schuld. Enzanie glitt geschwind über die Inseln und Felsenstücke, kannte noch jedes Fleckchen und nur wenige Steine hatten sich verändert. Diese ganzen Erinnerungen, sie waren ja so schlimm, sorgten sie doch dafür, dass das Mädchen immer wieder an damals dachte und sich nach ihren Freunden sehnte. Der Beutel drohte zwar jeden Moment zu reißen, doch er hielt. Und dann, dann war es soweit. Sie sah sie…

Es war irgendwie klar, denn die Sumpfhaie waren trotz der Blutfliegenplage eine stolze, große Rasse. Man musste ihnen zwangsläufig begegnen, wenn man durch den Sumpf ging und es gab sie tatsächlich noch. Sie waren nicht ausgestorben, diese wundervollen Tiere, hatten sich kein bisschen verändert. Die beiden Exemplare, die nun vor ihr auf der nächsten Insel standen, es waren zwei Männchen, das erkannte sie genau, doch wie schon gesagt. Enzanie hatte großen Respekt vor den Tieren und ihr Volk hatte sie stets geachtet, nie hatten sie einen Sumpfhai als Opfertier benutzt und dafür zeigten diese Tiere einen ungewohnten Respekt vor Leuten, die mit dem Zeichen des heiligen Adlers durch das Leben liefen. Und auch dieses Mal war dies nicht anders. Die junge Frau bebte innerlich, als sich das Ritual erneut wiederholte. Nach all den Jahrhunderten, in denen ihr Volk nicht mehr hier war, raunten die geifernden Geräusche wieder durch den Sumpf und die Sumpfhaie, die zu zweit eine echte Gefahr dargestellt hätten, wichen ehrfürchtig zur Seite vor einer Trägerin des Zeichens des Adlers. Dankend richtete sie ihren Kopf aus und marschierte dann unmittelbar weiter…es hatte sich nichts geändert, doch es machte ihr die Entscheidung nur noch schwerer, jede Erinnerung an damals wurde so ein Tonnenstein. Aber der Tempel war nun schon fast erreicht, nur noch wenige Meter…aber…was war das… Ihre Augen sahen auf einmal Stege, wie in dem Sumpflager von Doooom. Aber so was hatte es hier nie gegeben? Bedeutete das etwa…das hier Menschen waren?
11.04.2004, 16:09 #374
Enzanie
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Hinter den Bergen #2 -
Die Stege waren aus Holz, wie man es erwarten konnte, es war jedoch neueres Holz, das nicht dem Zerfall preisgegeben wurde, richtig gutes Holz, die Stege konnten noch nicht lange hier stehen, das sah sie eindeutig. Misstrauisch ging sie über die Holzkonstruktionen. Eine, zwei, drei. Immer wieder verbanden sie die Inseln miteinander und sie roch den fremden Geruch schon förmlich. Wenn es um den Tempel der Krieger ging, ihrer Heimat, war sie sehr penibel und konnte auch ziemlich gut abschätzen, was los war, aber irgendetwas stimmte hier nicht. Fast schon war sie aus dem Sumpf raus, da hörte sie wieder das Brummen von Blutfliegen. Doch diese ignorierte sie nun, denn es gab jetzt wichtigeres zu klären. Tatsächlich schienen Menschen hier zu wohnen, nicht anders war zu erklären, wie eine Hütte am Ende eines Steges stehen konnte, die sie noch nie gesehen hatte. Doch die Steine erkannte sie ganz deutlich. Es waren Steine von einem der zwei Wachtürme, die hier standen. Man hatte einfach die Steine genommen und ein neues, vollkommen anderes Haus gebaut. Ein Lagerfeuer brannte am Boden, mit Steinen abgelegt und mit einer aufwendigen Holzkonstruktion versehen, so dass man wohl sehr gut etwas darüber braten konnte. Doch wo waren die Besitzer von all dem? Enzanie ging weiter, ohne groß auf irgendwelche Konsequenzen zu achten lief sie auf den Tempel zu, als plötzlich ein Mann aus der Hütte kam und drei weitere Kerle in ihr Blickfeld rückten.
Hey, wer ist das denn?, rief einer der drei anderen zu und auch der Mann, der aus dem Haus gekommen war, musterte sie mit bedenklichen Zügen. Enzanie blieb für einen Moment stehen. Normalerweise hatte sie ja kein Problem damit, dass sie Fremden begegnete, aber hier? Sie war zu konzentriert, als das sie Angst haben konnte, der Moment, in dem ihr Leben zu Ende drohen schien, er kam immer näher. Angst, wie lächerlich…
Verdammt, wer seid ihr und was macht ihr auf dem Gelände hier? Die drei Männer lachten gleichermaßen auf, schienen sich lustig zu machen, nur der Mann, der ihr so nah war und aus der Tür gekommen war, er lachte nicht mit und musterte sie weiter. Alle trugen sie einheitliche Kleidung, nur leicht verändert. Felle waren an ihnen befestigt und blauer Stoff war verarbeitet worden.
Hört doch mal mit dem Geschrei auf. Ich bringe sie zum Anführer, soll er entscheiden, was mit ihr wird. Verdammt, hier hat man keine Ruhe mehr.
Der Sinn des letzten Satzes blieb ihr verborgen, aber nicht nur das. Enzanie rätselte über so manches, aber sie wollte sich ruhig zu ihrem Anführer bringen lassen, das würde Zeit sparen…
11.04.2004, 16:11 #375
Enzanie
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Hinter den Bergen #2 -
In Ordnung, bring mich zu eurem Anführer, wer auch immer du sein magst! Ihre unfreundliche Stimme kam nur daher, dass sie im Moment nicht mehr zu scherzen aufgelegt war. Es war ein schreckliches Gefühl, denn nicht nur diese Leute bereiteten ihr Kopfzerbrechen, sie war nur noch ein paar Minuten vom Tempel entfernt, wenn er denn noch stand, wovon sie fest ausging. Ein paar Minuten zwischen dem Anfang eines neuen Lebens oder dem Ende eines alten Körpers. Sie wurde nervös, veränderte sich, sie merkte es selber.
Erstaunlicherweise beließen es die drei Männer dabei und legten sich wieder in ihre Liegen, während sie der vierte über die gewohnten Steintreppen in das Herzstück ihrer Anlage führte. Schon von weitem sah sie die Spitze des Tempels und wusste, dass er noch stand. Der Mann brachte sie bis vor den Tempel, während sie sich ansah, was aus ihrem ehemals stolzen Heimatort geworden war. Dann, vor den Treppen des Tempels, wurde sie an einen Mann übergeben, denn ihr Führer mit Thorus betitelte. Was für ein schöner Name das doch war. Enzanie jedoch hatte ihre Blicke nicht mehr von den Treppen abgelassen und hielt noch immer den Beutel mit den mehr oder weniger kostbaren Schätzen in Händen.
Dann kam er, ein großer, starker Mann, in einer blitzenden Rüstung, mit Zweihandschwert und Furchen im Gesicht, begleitet von zwei Wachen. Wer auch immer dieser Thorus war, er war stark, konnte kämpfen und war sicher nicht zu besiegen, nicht in ihrem jetzigen Zustand. Doch wer dieser Mann war, interessierte sie nicht, kümmerte sie nicht. Hauptsache es würde schnell gehen, der Tod wartete nicht.
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