World of Gothic Archiv > Rollenspiel
[Q] Das Land Gorthar # 7
Seite 15 von 15 « Erste 11  12  13  14  15 
20.04.2004, 21:21 #351
Isabell
Beiträge: 307

Endlich konnte sie sich einmal revanchieren. Es war zwar nur ein kleiner Dienst, mehr nicht, aber zumindest kam sie sich nicht mehr so nutzlos dabei vor. Die zwei kleinen Stiefeldolchscheiden waren schnell angenäht, aber natürlich kam es auch bei der Arbeit auf Präzision an und die wollte sie dabei auch leisten. Sollte Rociel ruhig einmal ausspannen, das war schon in Ordnung so, er machte sowieso viel zu viel für ihren Geschmack, ein wenig mehr Ruhe schadete ihm sicher nicht.

Isabell nahm vorsichtig die Nadel, die sie immer mit sich führte, und fädelte den Faden ein. Danach nahm sie ein geeignetes Stück des Felles, es war wohl Wolfsfell und hielt es an die Stelle, wo es später einmal im Stiefel sein sollte. Danach nahm sie die Nadel und machte einen Stich nach dem anderen, eng beieinander liegend, damit es auch wirklich hielt. Später dann nahm sie das untere Stück der Lasche und faltete es um, bevor auch dieses angenäht wurde. Somit war die einfache Stiefelscheide gemacht und der spitze Dolch war vom Fuß gut abgetrennt. Es war ein zähes Fell und würde sicher lange genug halten.

Plötzlich kam dann Ra zurück, anscheinend hatte er gute Beute gemacht, trug er doch einen großen Hirsch, zumindest versuchte er ihn zu tragen. Prix hatte seinen Gehilfen schon gesehen, half beim Tragen des Tieres. Später dann machte sich auch Rociel dran zu helfen. Es wurde wieder ein wenig hektisch ums Lagerfeuer, doch eigentlich war es wie immer. Alles schien so gewohnt, aber keine graue Bekanntschaft die man kannte. Es war viel mehr ein Erlebnis von bekannten Elementen, die sich immer zu etwas Neuen verbanden.

Gemeinsam saßen sie dann zu später Stunde da, aßen zu viert frisches Fleisch vom Hirsch, was wirklich eine Delikatesse war, redeten und fragten, mal weniger, mal mehr. Gelacht wurde selten aber wenn, dann aus ganzem Herzen. Und am Ende, am Ende spielte Isabell noch ein wenig auf der Harfe, selten spielte sie bei gleich drei anderen Leuten. Doch heute machte sie eine Ausnahme. Und irgendwann ? in später Nacht ? verloren sich auch die letzten Klänge des Instruments und sie gingen schlafen. Während Ra und Prix in ihren Zelten verschwanden, blieben sie draußen. In einer Steppdecke eingehüllt, am glimmenden Lagerfeuer liegend, eng beieinander. Ein paar Küsse waren gefallen, ein paar Mal streichelten sie sich, doch eigentlich waren sie wirklich müde. Ihre Tage wurden so schrecklich lang. Auch das musste sich dringend ändern. Isabell schmiegte sich eng an den Oberkörper ihres Bruders, benutzte ihn wieder als Kopfkissen, wie schon so oft. Irgendwann, im Schrei der Eule, waren sie dann eingeschlafen.

Wer träumt, dem wachsen Flügel.
21.04.2004, 13:38 #352
Heimdallr
Beiträge: 12.421

Die ersten Sonnenstrahlen am Morgen weckten die beiden schlummernden Gestalten. Ein paar Blätter wirbelten durch die Luft und im Spiel zwischen Licht und Schatten bildeten sich kleine Muster auf ihren Gesichtern. Die Schattenspiele waren zu viel für das Auge, das schon nah am Erwachen war, den Tiefschlaf längst verlassen hatte und nur noch vor sich hin dämmerte, auf genau so einen Moment wartete, um vorsichtig aufzuwachen. Nur nicht zu schnell, schließlich war die ganze Welt noch schwer, träge und langsam, man musste es ja nicht sofort übertreiben, man hatte ja Zeit, viel Zeit. Anfangs waren seine Augen verschwommen, doch sein Gehirn arbeitete schon fast auf einem wachen und konzentrierten Stand. Er blieb absolut so liegen, wie er aufgewacht war, nur die Augen bewegten sich – auf und ab. Immer öfter blinzelte er nun mit den Lidern, sah weit und lang in den Himmel über ihn. Eine blaue Decke war dort aufgerissen, doch kleine Quellwolken schoben sich in reinem Weiß darüber. Eine kleine Wolke flog direkt über ihn und er verfolgte sie die ganze Zeit, bis sie wirklich weg war.

Inzwischen fühlte er sich wieder wach, aufgewacht ohne Eile, ohne Hektik und vor allem ohne Angst und Panik. Nie konnte man sich in diesen Gemäuern sicher sein, hier im Wald fühlte man sich wohl. Man ward beschützt von den Bäumen und von der Natur und hier im Lager seines Freundes fühlte er sich ohnehin sicher. Vorsichtig zog er den linken Arm aus der Umklammerung von Isabelles Händen und strich ihr sanft durch die schwarzen Haare, wobei er immer nur die Obersten berührte, damit sie es nicht spürte. Es roch wunderbar nach der Kirschblüte, die nur wenige Meter entfernt wuchs und einige Bienen waren schon unterwegs, den kostbaren Blütenstaub zu ernten.

Plötzlich bewegte sich etwas auf seinem Hüfte und er blickte vorsichtig auf. Rociel hatte sich extra die ganze Zeit nicht bewegt, weil er seine Schwester nicht aufwecken wollte, aber auf einmal drehte sie sich um, lächelte nur und meinte: Ich hab es gespürt, dass du wach bist.
21.04.2004, 15:53 #353
Isabell
Beiträge: 307

Ein Grinsen huschte über ihre Lippen, dann war es doch wieder ein Lächeln. Sie räkelte sich auf, müde und wenig begeistert vom neuen Tag. Aber wach war sie ja und ausgeruht auch. Irgendwann musste man mal aufstehen und Rociel würde bestimmt nicht noch einmal einschlafen wollen. Noch mitten in ihren langsamen Bemühungen sich zu erheben, kam auch Prix aus seinem Zelt, blieb jedoch erst mal unbemerkt, nur ihr Bruder grüßte ihn beiläufig.
Als sie dann wieder da lag und den Oberkörper auf die Ellenbogen stützte, sah sie ein wenig herum. Rociel stand auf und ging ein paar Schritte, auch sie blieb nicht mehr lange am Boden, sondern machte sich auf in den Tag zu kommen. Die Augen rieb sie sich, Schlafkörner sollten herausfallen, dann aber schnappte sie sich die beiden Stiefel und brachte sie zu ihrem Bruder. Hier, ich bin gestern noch fertig geworden. Hast du eigentlich gar keine kalten Füße? Sie schaute ungläubig auf seine nackten Füße und sah besorgt wieder hoch. Ach was, ein bisschen, vielleicht. Dank dir. Er schnappte sie sich und zog sie auch sogleich an, ehe er sie wieder festband. Isabell lächelte ein letztes Mal zurück, dann aber wandte sie sich zu dem Lagerfeuer, holte ihren Rucksack und zwinkerte zu dem älteren Jagdmeister, ehe sie sich zu der Kirschblüte hinwandte. Die Zeit des Gehens war gekommen, Vergänglich lag in der Luft.
Seite 15 von 15 « Erste 11  12  13  14  15