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[Q] Das Land Gorthar # 7
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29.12.2003, 17:05 #101
Heimdallr
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Rociel fragte sich, was sein Meister von seiner Schwester wollte und warum er nicht dabei sein durfte, aber wenn es sein Meister so befahl, dann war es seine Pflicht zu folgen, wahrscheinlich war es gar nichts wichtiges. Währendessen befühlte er immer wieder die Klinge von Tessaiga, sie wirkte wirklich perfekt, noch nie hatte er eine solche Klinge gesehen, sie war wirklich einzigartig. Ohne Makel, ohne Fehler. Jetzt hatte er zwei wunderbare Schwerter und wusste gar nicht, welches er tragen sollte, aber auch Todesodem hatte ihn noch nie enttäuscht und war ebenfalls ein exzellentes Schwert. Seine Entscheidung würde sicher schwer fallen, doch er würde sie mit einem kleinen Trick umgehen, denn er konnte schließlich beide Schwerter tragen, wieso nicht. Doch viel mehr musste er über die Worte des Priesters nachdenken. Wenn wirklich die Seele oder sogar der ganze Körper oder was auch immer von dieser Frau in diesem Schwert war, dann war das doch nicht richtig. Er wollte mehr über Andriel erfahren, wer sie war und was sie getan hatte und vorallem, ob es ihre freiwillige Entscheidung war in Tessaiga zu gehen. Er wollte kein Schwert führen, dass jemanden gefangen hielt, aber sein Meister würde ihm dazu nichts weiter sagen, er hatte es schnell gemerkt und so getan, als ob er es vergessen könnte. Doch er hatte wirklich seinen Namen in dem Schwert gesehen und es machte ihm auch Angst, denn das war ihm unheimlich. Nichts desto trotz war es das Schwert seines Vaters und er hatte keine Zweifel, das er es tragen und auch einsetzen sollte. Allerdings blieben wieder einmal so viele Fragen offen, Fragen die er sich selber stellen musste. Das Schwert war sicher kein normales Schwert. Aber irgendwann würde er jemanden treffen, der ihm mehr zu Kozoh und Andriel erzählen könnte und dann würde er schon wissen, was er zu tun hatte. Solange würde er es erst mal als seine Waffe behandeln.
Komischerweise fühlte er sich besser, als er das Schwert an sich nahm. Es war wie eine innerliche Beruhigung, die sich da über seinen Körper breit machte und bis in seinen Geist eindrang. Es war so, als ob alles negative aus ihm verschwand und er als neuer Mensch zurückkam. Vielleicht war es ja nur eine getrübte Wahrnehmung, aber wenn es ein Schwert war, für das die Engel weinten...nur der Name machte ihn unglücklich, ein Dämonenschwert hatte er noch nie gesehen, aber allein der Name und seine seltsame Geschichte ließen ihn schon wieder unmenschlicher erscheinen, als er es eigentlich war.

Nach einer Weile kam Isabell aus der Kammer von Tolban und sah weniger erfreut aus wie er es war, anscheinend war das Gespräch nicht ganz zu ihrer Zufriedenheit verlaufen. Als er dann im Rücken seiner Schwester seinen Meister sah, mir sorgenvollen Gesicht und einem Rätsel als Mimik, da wusste er gar nicht mehr, was los war. Isabell jedoch ging einfach an ihm vorbei, Richtung Tür, die in die Halle führte, er verstand nichts mehr, allerdings wusste er, dass er auch so war, schon den ganzen Tag. Das ganze musste ein Ende haben. Er streckte seine Hand zum Abschied, löste den Umhang aus seiner Verankerung und ging dann langsam auch zur Tür, vorbei an den ganzen Bücherregalen und den Kaminen, den Sesseln und einfach nur seinem Zuhause.

Irgendwie wurde selbst das immer fremder, er war viel zu wenig hier und er wusste nicht, ob es wirklich noch sein Zuhause war, vielleicht hatte er ja wirklich kein Zuhause, vielleicht würde er ja nie eines haben...
29.12.2003, 18:31 #102
Isabell
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Schweigend stand sie vor der Brücke, sie hatte die große Statue hinter sich gelassen und auch vor den Skeletten hatte sie keine Angst mehr, aber das alles gab ihr doch sehr zu denken, in einem Punkt hatte der Priester Recht gehabt, sie wollte ein normales Leben haben, ohne Dämonenblut, seltsame Schwerter, Menschen die sie töten wollten, Menschen die dauernd von Schicksal redeten, ohne Amulette und ohne Probleme, nicht solche. Natürlich sagten alle immer, dass es eines Tages so sein würde, eines Tages würden sie glücklich sein, aber das war doch nur ein Standartspruch, mit dem man schwache Geister bändigen konnte. Sie wollte diesen Tag haben und zwar sofort, auf der Stelle und doch wusste sie, dass es Dinge gab, die man nicht verlangen konnte. Die einfach unmöglich waren. Die Frage war nur, ob man wirklich nichts dagegen tun konnte. Ob man wirklich schon so gefesselt war, dass man sich nicht mal dagegen wehren konnte. Bliebe da nur der Gedanke, oder war es doch mehr? Isabell's Sinne waren verwirrt, ihre Seele war verwirrt. Eigentlich dachte sie, dass sie nach dem Wiedersehen mit ihrem Bruder wirklich glücklich war, aber das war sie nicht. Woran lag es? An der Welt? An ihr? An ihm? Nein, glücklich war sie so nicht, auf der Suche nach irgendwelchen Sachen ohne auch nur im Geringsten zu wissen warum. Sicher war es das einzige was sie tun konnten, als Ausgestoßene von denen man nichts wusste. Aber vielleicht war es doch alles nur eine Lüge? Vielleicht war es wirklich nur eine riesige Lüge, der sie da aufgesessen waren. Dämonenblut? Sowas konnte es doch gar nicht geben, sie hätte es irgendwann gemerkt. Und auch die Geschichte mit dem Schwert war doch nur eine Lüge. Engel gab es nicht und auch keine Halbgötter. Alles nur eine riesige Lüge? Sollte der alte Mann sie wirklich belügen?
Zweifel, oh ja sie besaß Zweifel. Das einzige was in solchen Momenten half waren Tränen, aber sie war nicht fähig zu weinen, so blieb es bei diesem weit schweifenden Blick in die Ferne. In die dunkle Ferne.

Das Leben bestand aus Momenten, jede Sekunde entschieden sie ihr Leben auf ein neues. Entscheidungen wurden gefällt, oder auch nicht. Vielleicht war es ja das, was sie menschlich wirken ließ. Ihre Entscheidungen. Wenn sie perfekt wären, dann wüssten sie alles, alles zu tun. Sie waren nicht perfekt, denn sie wussten gar nichts. Nichts über den Moment. Und doch waren sie Meister darin. Denn wie sonst konnte man erklären, dass sie bestimmte Momente bewusst oder unbewusst so unglaublich intensiv wahrnahmen? War es vielleicht das, was die Dämonenkinder menschlich machte?

Irgendwann kam ihr Bruder. Es wunderte sie gar nicht mehr, dass sie es spürte ohne zu sehen. Sein Blut floss in ihren Adern, durch das Ritual hatten sie sich vereint. Hatten Sinne und tiefste Geheimnisse des Anderen ausgetauscht. Doch in diesem Falle waren es auch seine Stiefel, die ihn auf Marmorboden verrieten. Vielleicht war das wieder die Menschlichkeit, die Spontanität der Menschen in ihnen, warum sonst nahm sie das alles so wahr.

Als ihr Bruder seinen Umhang um sie legte, womit ihr schon deutlich wärmer wurde, wie er sie zärtlich im Nacken küsste, trotz der Distanz und der Fremdheit, mit der sie sich heute begegnet waren. Es war wieder das Glück, obwohl sie genau wusste, dass ihr Leben immer noch nicht glücklich war, spürte sie es in dem Moment. Sie war glücklich und konnte sich wie ein echter Mensch fühlen, da war nichts dämonisches in ihr. Außer vielleicht die Lust ihn auch zu küssen und die schmalen Lippen auf den ihren zu spüren. Das war wieder die Hingabe und die Lust, die sie nicht verstand. Weder im Aspekt der Dämonenanteile in ihnen, noch im Aspekt des Unglücks in ihnen. Sie waren einfach nur zusammen, obwohl das jeder Logik wiedersprach, sowohl der menschlichen, als auch der dämonischen. Was sie waren durfte nicht sein, konnte nicht sein, aber es musste sein. Weil sie es wollten und nur darum.

Dieser Ort hier, er sollte nicht mehr länger ihr Dasein erleben und so gingen sie wieder den Weg entlang, mit dem Trank zur Hand und in der Kehle. Ohne Flüche, ohne Sorgen. Einfach nur so, ohne Grund. Einfach nur weg von hier. Das war vielleicht so geplant, aber sicher nicht so wie es war. Verrücktes Leben sagte sie nur und ihr Bruder entgegnete lächelnd, Verrückte Liebe. Irgendwie hatten sie ja beide Recht, irgendwie schon...
29.12.2003, 21:06 #103
Heimdallr
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Irgendwann am Abend erreichten sie dann wieder mit schnellen Schritten den Ausgang, als sie ans Tageslicht traten mussten sie feststellen, dass es schon dunkel war, also nichts mehr mit Tageslicht war. Irgendwie war es ihnen aber auch egal, ob es nun hell oder dunkel war, sie waren jetzt erst mal unabhängig von irgendwelchen Aufträgen, mussten nichts machen und konnten ihre eigenen Vorstellungen durchführen. Allerdings wollte er nun nach Teljarsfeld, dort sollten die ersten Teile liegen, die Isabell für ihre Rüstung brauchte, allerdings war es kalt dort oben, am Fuße des großen Berges. Aber trotzdem, irgendwie würden sie es schon schaffen, er kannte Teljarsfeld ja noch von seiner Zeit, als er mal da oben war, das Zimmer in der Taverne war äußerst bequem und auch mit Kaminen waren die Bewohner da oben ausgerüstet. Irgendwie würden sie es schon hinkriegen. Er würde auf jeden Fall die Beschaffung von Isabells Rüstung als sein oberstes Ziel ansehen, denn dieses doch sehr kleine Abenteuer hatte gezeigt, dass man eine Rüstung brauchte, wollte man sicher sein. Er wollte nie wieder Angst um seine Schwester haben, dass dies unmöglich war, dass war ihm auch klar, aber mit einer Rüstung würde sie schon etwas sicherer sein. Eine Rüstung brauchte man einfach, gerade wenn man wie sie dauernd in der Wildnis unterwegs war.

Irgendwann würde diese Welt vielleicht ohne Banditen sein. Wenn sie nun so in den Sternenhimmel blickten, dann konnte man schon mal träumen, aber nicht von der Zukunft seines Schicksals, nicht von den Aufgaben die sie erwarten würden, nein, einfach nur von einer Zukunft, die lange nach ihren Tode stattfinden würde. Vielleicht würden die Städte moderner, vielleicht könnte man Einrichtungen bauen, in denen jedes Kind lesen und schreiben lernen würde, man würde vielleicht auch Straßen bauen, nicht nur in der Stadt, sondern auch in den Ländereien, vielleicht würden ja neue Techniken entwickelt, die viel mehr Leute zum arbeiten bräuchten. Vielleicht könnte man auch nur noch normale Leben führen, ohne Schicksal und Bestimmung, vielleicht würden diese Wörter komplett aus dem Wortschatz verschwinden. Aber vielleicht gäbe es auch noch mehr Kriege mit noch mehr Toten und vielleicht würde das normale Leben so normal, wie es schon in mancher großen Stadt war, das es nichts mehr besonderes gäbe und brauchte man unbedingt Straßen im Wald? Irgendwie waren Ausblicke in die Zukunft doch sehr seltsam, Ideen hatte man hunderte, aber auch soviele Befürchtungen. Würde er lieber in der Zukunft leben? Tja, das konnte er nicht sagen. Aber wahrscheinlich nicht. Die Zukunft in den letzten Jahren war nicht gut, allein der Orkkrieg ließen ihn fürchten.

Sie blieben hier liegen, direkt am Eingang, zwar hätten sie noch ein paar Schritte gehen können, aber hier war es so schön, hier konnte man sich gut niederlassen und das wollten sie ja auch. Morgen würde es dann zu den großen Bergen von Gorthar gehen, irgendwo da lag die kleine Bergarbeitersiedlung, dort wollten sie hin, das war sein Ziel. Und bis dahin...tja, bis dahin konnten sie nur hoffen, dass nichts mehr passierte, aufs kämpfen konnte er verzichten, besonders mit der neuen Klinge...er war kein Waffennarr, er wollte sie nicht unbedingt an lebenden Objekten testen. Das ganze mit Andriel ging ihm nicht aus den Kopf, er hatte Angst die Waffe zu benutzen...
29.12.2003, 23:10 #104
Isabell
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Isabell war froh hier zu sein, jetzt war sie wieder froh, aber während sie sich noch von ihrem Glück ernährte und immer noch die Nähe zu ihrem Bruder suchte, spürte sie deutlich auch, wie sich das alles wiedersprach. Wie konnte man jetzt schon wieder froh sein, ohne die Gewißheit es auch zu bleiben. Jede Sekunde konnte etwas neues passieren, dass sie auseinander brachte. Vielleicht nicht körperlich, aber doch im Geiste, wo sie sich jetzt wieder so nahe zu ihrem Bruder fühlte. Es war seltsam, bestand das Leben wirklich nur aus Momenten? Waren Momentaufnahmen vielleicht Schuld daran, dass sie immer noch keine Entscheidung getroffen hatte? Still war es geworden, soviel stand fest, still war es um sie geworden, der Mond war jetzt ganz klein zusehen und leuchtete nur sehr schwach, dafür war der Himmel sehr klar und man konnte wieder die Sterne sehen. Ihr war ein wenig kalt, trotz des Umhangs von ihrem Bruder, aber ein Feuer hatten sie heute nicht gemacht, sie waren irgendwie noch nicht dazu gekommen. Sie zitterte ein wenig, aber so unangenehm war die Kälte trotzdem nicht. Im Gegenteil, in ihren Gedanken war sie manchmal so weit fern, dass sie gar keine Gefühle mehr spürte, also auch keine Kälte. Es war eigentlich gar nicht mal schlimm in der Kälte zu sein, aber viel mehr war es schlimm daran zu denken, dass bald wieder alles so anders sein konnte, vielleicht nur kurz und dann würde es wieder so wie jetzt, aber dieses Wechseln war auch nicht schön. Sie fragte sich, ob man es denn nicht irgendwie so machen konnte, dass es immer so bliebe. An welchen Ort mussten sie fliehen, damit sie in Ruhe gelassen wurden...

Sag mal Bruder, kannst du dich noch an die Nacht erinnern, an denen uns so kalt war und wir an der Türe lagen? Wir hätten reingehen können, ins Warme, und doch sind wir einfach nur da gelegen und wären fast erfroren, nur weil wir diesen Moment nicht aufgeben wollten. Erinnerst du dich noch daran?

Sie wusste nicht, wieso sie ausgerechnet daran dachte, aber irgendwie war die Situation sehr ähnlich, sogar ziemlich ähnlich. Vielleicht nicht unbedingt die Umgebung und so kalt war es nicht wie in dieser Nacht, aber ihre Gefühle schienen ähnlich, so unglaublich anziehend und unnachahmbar. So einzigartig, ein Unikat, nur für sie gemacht.
29.12.2003, 23:39 #105
Heimdallr
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Erst jetzt, als sie das erwähnte, merkte er wie kalt es doch war. Sie hatten zwar ihre Hände verbunden, aber durch die Gedanken an die Zukunft war ihm vollkommen entgangen, wie sehr sie doch zitterte. Natürlich hatte sie wieder kein Wort davon erwähnt, natürlich nicht, dabei wäre es doch überhaupt nicht schlimm gewesen mal etwas zu sagen.
Er zog jetzt wieder seinen Stein aus der Tasche und entzündete mit ihm ein kleines Feuer, dass sogleich Wärme schuf, doch trotzdem setzte er sich wieder näher zu ihr und drückte sie fest an sich. Wenn seine Schwester nur nicht so stolz wäre...aber wahrscheinlich war er genauso. Langsam hörte ihr Körper auf zu zittern, er versuchte so viele Körperstellen wie möglich zu erreichen, damit es ihr nicht zu kalt blieb, aber natürlich war das nur bedingt möglich, aber das Feuer leistete schon gute Dienste. Hier merkte er auch wieder, wie sehr ihm seine Rüstung doch gute Dienste leistete, das Schattenläuferfell hielt wirklich sehr warm. Seine Schwester hingegen trug wieder fast nichts am Leib und das im Winter, es war eine Schande, da hatten sie beide soviel Gold und konnten sich nichts warmes zum anziehen leisten. Aber oben in Teljarsfeld hatten sie hoffentlich mehr Glück, vielleicht gab es da endlich mal wieder einen Händler, der auch vernünftige und vorallem warme Kleidung verkaufte, irgendwas mit Wolle wäre gut, Wolle hielt warm.
Doch heute mussten sie noch mit dem Körper des Anderen vorlieb nehmen. Am liebsten wäre er natürlich jetzt auch in einem warmen Zimmer, aber wahrscheinlich stimmte das so gar nicht, denn er war gerne hier draußen. In der Natur war es doch am schönsten, gerade hier im Wald war es schön. Als sie jetzt nicht mehr nachdachten, sondern sich ganz auf sich konzentrierten, hörten sie auch das Singen einer einsamen Nachtigall, ein wirklich schöner Gesang, fast so schön wie ihre Harfenlaute. Aber die sollte sie nicht heute spielen, heute wollten sie einmal nur für sich haben. Mal absolut an nichts weiter denken, als an sich, nichts weiter sehen als den Anderen und auch nur das fühlen. Er hatte keine Probleme damit alles andere zu ignorieren. Er war froh, nachdem sie in letzter Zeit so wenig Zeit für sich hatten jetzt endlich mal nur für Isabell dazusein, solche Momente waren doch eher selten geworden und er war sich nicht sicher, ob sie nicht auch selten bleiben würden, doch eines stand jetzt schon fest, er würde alles dafür tun um nach der Mission in nichts mehr reinzukommen. Er wollte sich weder danach irgendetwas aufhalsen lassen, noch was anderes machen. Dann wäre ihm alles egal, irgendwann würden sie schon alle haben und spätestens nachdem er den Gral gefunden hätte, würde er sein Schwert an den Nagel hängen, dann wollte er nur noch mit Isabell zusammensein, irgendwo wo es keine Menschen gab, in der hintersten Ecke der Welt, denn überall wo Menschen waren, waren auch Probleme, das hatte er schon jetzt begriffen...
30.12.2003, 01:21 #106
Isabell
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Sie fühlte jetzt überhaupt keine Kälte mehr, Rociel hatte sich an sie gelegt und seine Hände über ihre Arme gelegt, außerdem streichelten sie sich oft und intensiv und es war schön warm. Das ganze in dem nun brennenden Feuer verschaffte dem ganzen noch einen sehr warmen Hauch aber auch einen Tick Romantik. Jetzt fehlte eigentlich nur noch das Essen und dann wäre es perfekt gewesen, aber darauf konnte sie verzichten, dafür spürte sie immer wieder seine Lippen, was auch sowas wie Nahrung war. Sie küssten sich an den unmöglichsten Körperstellen und nur selten auf den Mund, es war viel mehr ein Verwöhnen als ein Mittel zum Zweck, überall auf ihrer Haut prickelte es und ein inneres Feuer brannte in ihr ab. Es war fast so, als ob sie durch das andere Blut noch mehr wahrnahm, genau wie ihr Bruder. Sie waren voller Lust und Liebe zueinander, dass man einfach keine Kälte mehr spüren konnte. Vorallem waren sie noch nie so sinnlich und nah beisammen, das alles konnte man nicht mit den Erlebnissen in Drakia vergleichen, sie waren alle einzigartig und jedes baute auf einem anderen Kern auf, aber trotzdem war das vielleicht das Schönste, was sie je gespürt hatten. Es war nicht schwer sich dem hinzugeben, denn es bereitete einem soviel Glück, dass ihr Körper fast nicht mehr soviel aufnehmen konnte. Das alles ohne nacktes Fleisch und nackte Haut, genau das wollten sie ja nicht, denn dann hätten sie höchstwahrscheinlich wieder gefroren, sie wollten nur für sich sein und es genießen, ohne Gedanken an mehr zu verschwenden, vielleicht hätte sie früher mehr gewollt, aber jetzt sah sie es selbst, dass es so schon vollkommen ausreichte. Sie waren glücklich und selbst Isabell verlor irgendwann die Gedanken an das Warum, es war ihr irgendwann einfach nur noch egal, ob sie morgen wieder in dieser komischen, veränderten Welt aufwachen würden oder nicht, alleine die heutigen Stunden zählten und die waren einfach nur unbeschreiblich. Und dabei hatte der Tag doch so schlecht angefangen.

Irgendwann jedoch war selbst das schönste Spiel zuende, irgendwann endete jeder Moment, irgendwann verging selbst die Schönheit, aber sie durften nicht vergessen, dass es nachts war. Trotzdem waren sie überhaupt nicht müde, doch sie hatten sich müde gemacht. Erschöpft und glücklich lagen sie denn da, schauten sich noch immer verträumt an und wussten nicht so Recht, was sie jetzt tun sollten, aber es war ihnen gelungen für ein paar Stunden alles um sie herum zu vergessen. Sie legten sich dann wieder müde hin, auf das Gras, das hier noch immer wuchs, sie konnten es jetzt richtig nah sehen, doch hatten sie nur Augen für sich, immer wieder küssten sie sich noch einmal und konnten es einfach nicht lachen, immer wieder drang ein Lachen, meist von ihr, durch den Wald, doch irgendwann in tiefster Nacht schlugen ihre Augen einfach zu. Sie glaubte Rociel noch wach zu sehen, aber sie wusste es nicht, sie fühlte nur die zarten, aber auch kalten Finger ihres Bruders bei den ihrigen und noch immer all seine Küsse auf ihrer Haut, aber irgendwann verspürte sie auch die nicht mehr und glitt in das Reich der Träume, obwohl sicher kein Traum so schön sein konnte wie das, was sich in der Realität in dieser Nacht geboten hatte.
30.12.2003, 11:06 #107
Heimdallr
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Irgendwann am nächsten Tag wachte er wieder auf, der Wind wehte ihm um die Nase, auf die Haut und in die Atemwege, es war heute recht windig, selbst die Fackel wankte im Boden hin und her und schien ganz schön Mühe zu haben sich noch in der Erde zu halten, dafür war die Flamme noch immer aktiv, allerdings wehte sie in die Richtung des Windes. Er kam von Osten. Vom Meer. Isabell lag ganz dicht bei ihm, doch sie hatte ihre Augen noch immer geschlossen, scheinbar war er als erster aufgestanden. Mit einem zärtlichen Kuss auf die Lippen weckte er seine Schwester dann auf, die mit einem Lächeln im Gesicht aufwachte. Anscheinend hatte sie einen schönen Traum gehabt. Es war ihr durchaus zu wünschen, er selber hatte leider gar keinen Traum gehabt, aber dafür spürte er noch immer das Gefühl von gestern und außerdem hatte er ja jetzt die Erinnerungen, die ihn sicher für ewig erhalten bleiben sollten. Als Isabell wieder einigermaßen wach war und nicht mehr so verwirrt, was denn los wäre, umarmten sie sich wieder, standen da im Wind und spürten wieder nichts in der Umgebung, sie waren nur für sich, als ob sie da weitermachen wollten, wo sie aufgehört hatten. Stirn an Stirn sahen sie sich tief in die Augen und küssten sich immer wieder, lange und intensiv war das Gefühl. Schöner konnte ein Morgen nicht anfangen und man hatte so auch gar keinen Hunger mehr, obwohl man langsam mal wieder was vertragen konnte. Es war alles so unwichtig, Essen oder Trinken, sie ernährten sich nur von ihrer Liebe, die sie speiste und trunken machte. Vergessen schien die Welt, vergessen schienen die Menschen und Tiere, vergessen schienen Worte wie Schicksal, Amulette oder Bestimmung. War das das Paradies auf Erden? Schon möglich, die Umgebung war wunderschön und auch die Gefühle konnten schöner nicht sein, aber es war immer noch auf Erden und es war leider noch nicht für immer.

Sie wollten nicht mehr voneinander lassen und wären wohl noch mehrere Stunden da gestanden, aber ein lautes Trampeln ließ sie aufschrecken und sie drehten sich hektisch um. Als ob etwas zerstört wurden war, vernahmen sie jetzt erst den Wind in ihren Ohren säuseln und alles andere sahen sie jetzt das erste Mal, das Trampeln stammte von zwei Wölfen, doch sie rannten nicht auf sie zu, sondern auf etwas anderes. Einfach an ihnen vorbei. Sowas von seltsam. Doch jetzt schien es keinen Sinn mehr zu haben noch weiter zu machen, sie mussten auch mal wieder los und das war jetzt der ideale Zeitpunkt dafür. Isabell fror nun nicht mehr, aber trotzdem mussten sie sich dringend warme Kleidung besorgen, die Reise nach Teljarsfeld sollte drei Tage dauern...wenn nichts dazwischen kam...etwas oder jemand.

I: Du hast mir gestern deinen Umhang gegeben Bruder. Danke, er hat mich sehr gewärmt, hier hast du ihn wieder...
R: Nein, behalte du ihn...vorerst. Ich brauche ihn nicht, du hast ihn viel nötiger, gib ihn mir zurück, wenn du deinen eigenen hast ja?
I: Danke dir Bruder, danke.
R: Ach was...
30.12.2003, 11:44 #108
Isabell
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Was für ein schöner Morgen es doch war, sie war richtig froh so geweckt zu werden und dann wieder in seine Arme zu gleiten, es ließ einen wirklich alles vergessen. Vielleicht war sie ein bisschen sauer, dass sie von zwei Wölfen gestört wurden, aber solange er bei ihr blieb, konnten sie ruhig ein paar Schritte weitergehen, sonst würden sie noch ewig an diesem Ort bleiben. Leider hatten sie jetzt nur noch eine Hand frei, da sie mit der anderen ihre Beutel über die Schulter trugen, sie hätten sie zwar auch an den mehr oder weniger tollen Rüstungen festhalten können, aber das hätte das Gewicht nur unnötig verlagert, außerdem hatten sie keine Zeit bei einer drohenden Gefahr erst noch ihre Lederbeutel von der Rüstung zu lösen, dabei musste man sagen, hatte sie ja gar keine Rüstung, sondern nur einen dünnen Lederwamst. Aber eine Hand reichte ja immer noch, um den Anderen nah bei sich zu fühlen, obwohl sie keinen Meter auseinander gingen. Sie fragte sich jetzt, jetzt wo sie wieder mal an was anderes als an ihren Bruder denken konnte, wo sie eigentlich hinwollten, das interessierte sie nämlich schon, damit sie sich darauf einstellen konnte.

I: Sag mal Rociel, wohin gehen wir jetzt?
R: Weit weg von jeglicher Zivilisation. Sagt dir der Name Teljarsfeld etwas?
I: Nein...
R: Ja wie auch, es ist eine kleine Bergarbeitersiedlung, oben in den Bergen. Frag mich nicht, was die Burschen da abbauen, jedenfalls ist es der letzte menschliche Vorposten vor dem riesigen Gebirge. Ich will ehrlich sein, der Weg dorthin ist anstregend und führt an einigen Gefahrenfeldern vorbei, weißt du da oben sind einige ganz nette Würmer angesiedelt, aber irgendwie werden wir das schon schaffen.
I: Und was wollen wir da oben?
R: Das verrate ich dir noch nicht, aber ein Teilaspekt ist es neue Kleidung zu kaufen, dort oben gibt es einen Markt, auf dem sich die seltsamsten Händler tummeln, aber es ist, verständlicherweise, auch sehr kalt, ich hoffe Winterkleidung zu finden und noch etwas anderes.
I: Hm, das ist eine gute Idee Bruder. Hoffen wir mal, das wir es heil nach da oben schaffen.
R: Zweifelst du etwa daran Isabell?
I: Nein, in deiner Nähe halte ich alles für möglich.
R: Gemeinsam können wir alles schaffen.
I: Ja, weiß ich doch.


Isabell gab ihrem Bruder einen Kuss und danach war das Thema auch erledigt, Teljarsfeld also. Sie hatte wirklich noch nie etwas davon gehört, aber für sie war das hier alles neu und deswegen auch kaum verwunderlich. Das war ein gutes Ziel, eine kleine Bergarbeitersiedlung in den Bergen, da war es sicher schön und einsam. Wenigstens gingen sie nicht zurück in die Bibliothek oder zogen in die Stadt, sie wollte hier draußen bleiben, das war auf jeden Fall das Beste.
30.12.2003, 14:38 #109
Heimdallr
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Den Wald hatten sie nun verlassen, das hieß sie gingen am Waldrand entlang, immer mehr Lichtungen waren hier zu sehen, nur noch vereinzelt standen Bäume da und wenn es welche gab, dann meistens keine Nadelbäume, sondern Laubbäume, die mittlerweile keine Blätter mehr trugen. Auch die schönen Farben des Herbstes hafteten nicht mehr an ihnen, es waren nur noch wenige Blätter an den kahlen Ästen. Der Wind hatte das tote Laub davon geweht, so dass es wirklich nur noch dürre Skelette von Bäumen waren. So konnten sie nicht nur sehr weit sehen, sondern vorallem auch gut. Es war nämlich heller dadurch. Im Wald war es immer ein wenig dunkler, da die Bäume das Licht geradezu einsogen, jetzt aber war normales Tageslicht zu sehen. Die Wolken waren dick und üppig, fast wie schöne volle Bäuche von satten Menschen, sie hatten wieder die verschiedensten Formen angenommen und schwebten an einem Himmel, dessen Farbe man nicht so genau definieren konnte. Es hatte ein bisschen was graues, was dem Himmel einen traurigen Aspekt gab, es hatte etwas weißes, dass die Wolken verschlang und es hatte etwas blaues, dass glücklich wirkte. Es war eine Mischung aus den Dreien, aber Sonne war nirgendwo zusehen. Sie hatten schon lange keine Sonne mehr gesehen, fiel ihm auf. Aber es war ja auch Winter, er brauchte keine Sonne im Winter, seine Sonne war Isabell, obwohl die Sterne viel besser zu ihr passten, sein kleiner Polarstern.

Sie hatten heute bisher keine Probleme gehabt, ihr Weg führte sie auf gut belaufende Strecken und der Wald spendete zudem noch sehr klare und feine Luft, die man aber auch jetzt außerhalb noch genießen durfte, überhaupt machte die Frische die Luft sehr kalt. Manchmal kribbelte es in der Nase, aber Schnupfen hatte keiner von beiden. Na, wenn sie sich nicht bald mal vernünftige Winterkleidung anziehen würden, dann würde das schon noch kommen. Auch mit ihrer Umgebung hatten sie keine Probleme, keine Menschen mehr, die sie überfallen wollten, sein Amulett war jetzt schon eine lange Zeit ruhig geblieben. Seit Shinoke, als ob es damit vorerst beendet wäre. Die Dämonenklinge Tessaiga hing an seinem Gürtel und er warf immer mal wieder einen Blick darauf, doch einen Verlust hätte er sicher bemerkt, also brauchte er sich keine Sorgen machen. Aber auch das stand nun auf seiner Einkaufsliste, eine neue Schwertscheide, aber so schön wie die für Todesodem könnte wohl eh keine sein, doch er ließ sich gerne vom Gegenteil überzeugen, was das anging hatte er eh eine Entscheidung getroffen. Er wollte vorerst mit seinem alten, treuen Einhänder weiterkämpfen und Tessaiga erst mal ruhen lassen, die beiden mussten sich ja auch erst mal gewöhnen. Vielleicht würde er es ja irgendwann wie seine Schwester machen, aber noch war ihm die Klinge nicht geheuer.
30.12.2003, 15:16 #110
Isabell
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Von hier unten konnte man die Berge sehr gut sehen und eigentlich erinnerte sie das alles sehr an das Minental, genauso hatte es dort auch angefangen, riesige Berge und unglaubliche hohe Gipfel. Nur mit dem Unterschied, dass es hier nicht Khorinis war, sondern Gorthar und auch war hier ein Wald und nicht nur ewige Tundra. Das ganze war aber dennoch irgendwie gut zu vergleichen. Wenigstens hatte sie in den Bergen des Minentals ihr Glück gefunden, vielleicht würden diese Berge ja wieder Glück bringen. Wer weiß...eine Siedlung war aber tatsächlich etwas Besonderes, für solch eine Region. Wenn er von Bergbau redete, dann war es sicher Eisen, was da oben abgebaut wurde, aber wissen konnte sie es natürlich nicht. Noch waren die Berge nicht sehr nah, aber trotzdem konnte man schon ihre Konturen und Umriße sehen, wahrscheinlich war es auch neblig und sehr kalt, eine Kälte die sie nicht mochte, aber sie würde sicher nicht erfrieren, solange Rociel und seine wundersame Fackel bei ihr waren. Sie waren heute gut vorrann gekommen und noch war kein Ende in Sicht, ab und zu machten sie eine kleine Pause und blickten zurück, da wo sie hergekommen waren war schon lange nicht mehr zu sehen. Es ging immer ein kleines bisschen höher, der Anstieg war nicht spürbar und man konnte ihn auch nicht auf direktem Wege sehen, aber während den Meilen zog ein kleiner dünner Streifen die beiden immer weiter nach oben. Aber sie wollten ja auch hoch hinaus, die Berge waren schließlich riesig. Wenigstens war es heute nicht so kalt wie gestern, auch wenn es ziemlich frisch war. Seitdem sie keine Bäume mehr um sich hatten, sondern den Wald nur noch neben sich verlaufen sahen, spürten sie den Wind erst richtig und der war schon kälter. Aber dadurch, dass sie fast ausschließlich in Bewegung waren, hatte die Kälte keine Chance, ihr Blut blieb in Bewegung und hielt so die ganzen Muskeln warm. Wenn sie mal eine Pause machten, dann hauptsächlich um die Sohlen zu schonen oder um sich selber zu wärmen, aber nicht selten neckten und streichelten sie sich dabei zärtlich wie schon gestern. Allerdings ließen sie es nicht ausufern, denn auch wenn ihnen so auch nicht kalt wurde, mussten sie doch an die Zeit denken.

Aber diese ganze Reise war anders, als zum Beispiel die Suche nach diesem Shinoke. Vielleicht lag es daran, dass es nicht so dringend war und das sie nicht wussten, was sie eigentlich erwartete, vielleicht weil ihre Entscheidung zu dieser Siedlung zu gehen vollkommen freiwillig war und sie das so für sich entschieden. Auf jeden Fall hatte sich etwas in ihren Köpfen geändert, komischerweise erst, seitdem Rociel dieses Schwert am Leib trug, seitdem war das alles geschehen, aber an das Schwert dachten sie nicht, nur ab und zu sah sie ihren Bruder, wie er fast übervorsichtig über die Klinge streichelte und ab und zu zu ihr sah. Aber sonst hatte das Schwert keinerlei Einfluss auf ihr Leben, noch nicht...

Jedenfalls war sie jetzt froh diese Reise zu machen und trotz der halbwegs wiedrigen Umstände konnte sie das alles genießen und musste ihrem Bruder wieder einmal einräumen, Recht gehabt zu haben. Die Natur in Gorthar war wirklich sehr schön, vielleicht war es der schönste Ort, an dem sie jemals gewesen war, auf jeden Fall war es schöner als in Khorinis und Drakia. Sie hatte das Gefühl, das kein Mensch hier auf sie schaute, dass niemand wusste, dass sie hier waren und damit hatte sie wohl auch Recht. Hier kannte sie niemand und hier störte sich niemand daran, wer oder was sie waren, aber auch wenn sie nach Gorthar gingen wäre das so. Aber da war es auch anders, da waren mehr Banditen. Dort sah man ausschließlich auf ihr Aussehen und ihr Gold, aber nicht wer oder was sie waren, es interessierte dort niemanden.
30.12.2003, 15:54 #111
Heimdallr
Beiträge: 12.421

Sie gingen immer weiter nach Osten, irgendwo dort lag Teljarsfeld, er war zwar erst einmal da gewesen, aber er hatte die Siedlung noch sehr gut in Erinnerung, überhaupt konnte er sich noch sehr gut an die damalige Zeit erinnern. Es war auch eine Reise in die Vergangenheit, aber mit der war er endgültig fertig. Ihn interessierte auch nicht sonderlich, was auf dem Hof von Großbauer Onar oder den Banditen in der Banditenburg noch heute passierte, es hatte ihn da seit seinem Fortgang kein einziges Mal hingezogen und das bereute er auch kein bisschen. Überhaupt...er überlegte etwas, es mussten jetzt schon mehrere Monate her sein, dass er Khorinis verlassen hatte, seitdem war er nicht mehr da gewesen. Erst jetzt überlegte er sich, was das wohl bedeutete. Seine Schritte wurden dabei unverkennbar langsamer und irgendwann blieb er einfach stehen und setzte sich auf den steinernen, mit Moos bewachsenen Boden. Isabell schien das nicht zu wundern, denn Pausen hatten sie heute schon einige gemacht, aber dieses Mal war es eher instinktiv als gewollt. Er blickte nur in die Ferne und dachte an seine alte Heimat. Die Hafenstadt, die Stadt, in die seit Mondjahren kein Schiff mehr einlief. Die Stadt seiner Eltern, die in den letzten Wochen so eine große Rolle spielten. Und auch die Stadt seiner Jugend. Er dachte an die Personen, die er dort kannte, ein paar Freunde hatte er dort schon gehabt. Und dann waren da ja noch die ganzen Gebiete. Mit einem Grinsen erinnerte er sich noch an seinen Abgang aus dem Kastell, als er geschworen hatte nie wieder dorthin zurückzukehren, mit einem traurigen Blick dachte er an die Abfahrt aus dem Hafen. Er hatte gesagt, dass er irgendwann zurückkommen wollte und damals war sein Herz schwer. Aber er hatte Khorinis vergessen, einfach so...
Es fiel ihm nicht mehr schwer daran zu denken und er verspürte auch in keiner Sekunde mehr Heimweh. Khorinis war nicht mehr sein Zuhause, aber was war es dann? Konnte es vielleicht sein, dass er überhaupt kein Zuhause hatte? Drakia...ja, da hatte er auch keine Antwort, was denn mit Drakia wäre und Gorthar, ebenfalls ratlos blieb er bei diesem Wort, aber Khorinis konnte er ausschließen, Khorinis würde nie mehr seine Heimat werden.

Inzwischen hatte Isabell doch gemerkt, dass etwas nicht stimmte, sowas konnte natürlich nicht verborgen bleiben, wenn man einfach nur so dasaß, eine Mimik an den Tag legte die an Erinnerungen erinnerte und doch nichts sagte. Vielleicht fürchtete sie sich ja auch vor irgendetwas, vielleicht vor dem Ende ihres momentanen Momentes oder einfach nur ihres momentanen Glückes, aber es war nur eine Erinnerung für ihn, nicht mehr und nicht weniger. Eine Erinnerung mit zwei Gesichtern, einem stolzen, lachenden und einem gebrochenen, traurigem. Aber es war nicht so wichtig...
30.12.2003, 17:20 #112
Isabell
Beiträge: 307

I: Was ist los mit dir Bruder? Stimmt irgendetwas nicht, du wirkst so nachdenklich.
R: Ich habe nur kurz an Khorinis gedacht, meine alte Heimat, du weißt schon...
I: Aha.
R: ...Ja es ist einiges passiert dort. Ich war da mehrere Jahre glücklich, hätte ich gewusst, dass ich eine Schwester habe, hätte ich gewusst, dass es dich gibt, dann wäre das vielleicht nicht so gewesen, aber ich wusste es nicht. Alles war eigentlich wunderbar, bis zu diesem verflixten Tag. Wenn nicht mal Priester Tolban wusste, dass es geschehen würde, dann frage ich mich was das Schicksal dazu bewogen hat meine Eltern...unsere Eltern, Innos hab sie selig, zu töten aber mich nicht. Ich meine warum sollte ich leben?
Seitdem geht in Khorinis alles den Bach runter, erst die Verbannung aus der Stadt in die Barriere und als ich zurückkam konnte ich nicht mal ins Obere Viertel. Viele Menschen habe ich getroffen, den meisten habe ich Kummer und Sorge bereitet. Jeder der mit mir längere Zeit zusammen war musste irgendwann mal meine verdammten Charackterzüge spüren. Und auch sonst war das Leben nicht mehr leicht. Weißt du, ich habe Khorinis geliebt, diese wunderschöne Natur, diese eigentlich netten Menschen, die Möglichkeiten die man dort hatte...aber inzwischen ist Khorinis tot, nicht nur weil keine Schiffe mehr kommen, Khorinis ist auch in meinem Herzen gestorben. Es ist ja nicht nur so, dass ich die Leute traurig gemacht habe, ich wurde oft genug hereingelegt, betrogen und verkauft, man hat mich oft genug wie einen Sklaven behandelt, mich verachtet und mich nicht respektiert. Khorinis wäre noch heute ein schöner Platz zum wohnen und alt werden, einfach ein schönes Haus kaufen und das tun, wozu man Lust hat, das alles ist immer noch kein Problem. Aber nicht für mich, nicht wenn diese Stadt einen dunklen Schleier auf meinem Herzen hinterlässt. Er frisst sich durch und irgendwann würde er mich vernichten.
Ich musste gerade einmal wieder daran denken, denn es war auf dem Weg nach Teljarsfeld, ich war hier einst mit einer kleinen Abenteurergruppe unterwegs musst du wissen, nun es war auf dem Weg zu dieser Siedlung, als ich beschlossen hatte mich von einer, naja nennen wir es Gemeinschaft in Khorinis zu lösen und selbstständig zu werden. Seit diesem Moment ging der Zerfall immer schneller.
Ich dachte, mich würde das ganze immer noch berühren und ich hätte sowas wie Heimweh nach Khorinis, aber da ist nichts mehr, gar nichts. Kein einziger warmer Tropfen mehr. Ich bin absolut kalt zu Khorinis geworden und Heimweh war nie da gewesen...
Entschuldige wenn ich dich mit ollen Kamellen langweile, aber das ist eigentlich schon alles gewesen.
I: Schon in Ordnung Bruder. Ich frage mich nur, ob dasselbe mit mir und Drakia passieren wird. Ich fühle auch kein Heimweh nach Drakia. Gut, ich vermisse mein Bett und meinen Kamin, mein Haus eben, aber das kann man sich überall auf der Welt aufbauen.
R: Wollen wir weitergehen?
I: Wird wohl das Beste sein, bald geht die Sonne unter, schau, sie steht schon sehr tief.


Und dann gingen sie wieder weiter. Für sie war das überhaupt nicht langweilig, sie hörte gerne Geschichten, besonders wenn sie von ihrem Bruder waren. Aber sie konnte das alles irgendwie verstehen, aber so richtig würde sie es nie können, dafür hatte sie einfach nicht genug miterlebt von all dem. Vielleicht würde er ihr ja mal was von der Barriere erzählen, das interessierte sie auch, sie war schließlich selbst in Drakia zu sehen.
30.12.2003, 19:19 #113
Heimdallr
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Rociel war froh, dass es einen Menschen gab der ihm auch mal zuhörte auch wenn er trotzdem niemanden mit seinen Geschichten langweilen wollte, schließlich waren das auch meistens sehr persönliche Sachen und deswegen nicht immer nachvollziehbar. Aber Isabell war wunderbar, sie hatte immer zugehört und ihn nie unterbrochen oder ein gelangweiltes Gesicht gemacht. Doch ein Wehrmutstropfen blieb trotzdem, denn ihm war wieder aufgefallen, dass er schon wieder nur über sich erzählte. Von Isabell wusste er noch so wenig und er traute sich auch nicht sie direkt zu bitten mal etwas zu erzählen, aber irgendwann würde sie das ganz bestimmt tun, da war er sich sicher. Er hatte zwar alle Menschen mehr oder weniger verloren, mit denen mal über sowas wie Gefühle reden konnte, aber wenigstens einen hatte er noch, einen einzigen. Eigentlich müsste das Gesetz der Regel bald eintreffen und ihm auch diesen Menschen nehmen, aber das würde dieses Mal nicht passieren, dieses Mal nicht. Es war absolut unmöglich und wenn es eine Sache gab, die in diesem wirklich turbulenten Schicksalslauf sicher war, dann war es dies. Es war einfach eine Tatsache, genau wie Schwerter aus Stahl waren oder Fleisch zum essen da waren, es war einfach so, eine Entscheidung die er fällte.

Zusammen gingen sie dann weiter, jetzt zum Abend hin wurde es spürbar kälter und man musste sich schon etwas mehr bewegen, gerade durch die Pause waren sie wieder etwas gefroren. Er hoffte nur, dass sie heil in Teljarsfeld ankamen, wer weiß was für Gefahren noch auf sie lauerten. Er wusste nur zu gut, auf was er da damals getroffen war. Zwei oder drei risiege Würmer waren es und nicht mal die starken Kämpfer konnten diese ohne Mühe besiegen, zum Glück wurde damals niemand verletzt. Er hoffte, dass diese Mistviecher jetzt ihren Winterschlaf hielten, denn er wollte Isabell in keine Gefahr mehr bringen, bevor er nicht wenigstens etwas sicher war, eigentlich wollte er sie niemals in eine Gefahr bringen, aber man weiß ja, dass dies so gut wie unmöglich war. Aber es war seine Idee nach Teljarsfeld zu gehen und deswegen musste er auch die Verantwortung dafür übernehmen, das war ganz klar.
30.12.2003, 19:41 #114
Isabell
Beiträge: 307

Sie waren direkt in die Nacht gelaufen, aber als die Sonne unterging blieben sie stehen und warteten. Sie waren wirklich auf einer Anhöhe und das komischste war, der Wald ebenfalls. Man konnte die Krümmung genau erkennen, es war eine seltsame geologische Anordnung, aber so befanden sie sich direkt auf einem übergroßen Hügel. Wenn sie jetzt zurückblickten konnten sie zwar nicht mehr sehen, wo sie ungefähr losgelaufen waren, oder zumindest aus dem dichten Wald getaucht, denn das war viel zu weit weg, aber sie konnten sehen, dass sie mindestens hundert Meter höher waren als noch vor sechs Stunden.
Dafür wurden sie aber auch mit einem wunderbaren Sonnenuntergang belohnt und Isabell fragte sich zweierlei. Warum war dieser wunderschöne Sonnenuntergang so intensiv, obwohl die Sonne den ganzen Tag verborgen blieb und warum krönte es ausgerechnet ihren wunderschönen Tag und nicht irgendeinen alltäglichen? Auf beides hatte sie einfach keine Antwort, aber trotzdem war es ihr auch vollkommen egal. Auf ihrem kleinen Hügel standen sie dann da, blickten zum Horizont und in das kräftige Gelb, das langsam zu einem geschwungenen Rot wurde. Rociel stand hinter ihr und hatte sie zärtlich umarmt, wodurch ihr unbewusst auch wieder wärmer wurde, hatte seinen Kopf auf ihre Schulter gelegt und schien fast zu träumen und sie, sie stand einfach nur da, nur so und blickte in das Farbenspiel. Man konnte so viel in einem Sonnenuntergang erkennen und auch lernen, zum Beispiel Schönheit und Ideenreichtum oder einfach nur wie schön das Unbeständige doch sein konnte. Leider war das Spiel schon bald zuende, aber in ihren Erinnerungen spielten die Farben weiter. Sie waren dann noch weiter gegangen, ein paar Meter, es gab da eine schöne Stelle, sie war etwas umklüftet, aber hier hatten sie ohnehin keine Angst vor irgendjemanden, aber diese kleinen Furchen im Stein boten auch einen sehr guten Windschutz und den brauchten sie für die Nacht.

Als sie ankamen war es vollends dunkel, doch sie waren ja angekommen. Eigentlich reichte ihre Kraft noch, aber sie wollte es auf keinen Fall übertreiben, wohin das führen konnte hatte sie gut gesehen, bei der Hast zum Schicksalsberg. Auch Füße konnten nicht ewig laufen und man sollte lieber zu früh als zu spät aufhören zu gehen, zwar wäre auch die Dunkelheit der Fackel kein Problem gewesen, doch sie hatten keine Lust mehr weiterzugehen. Trotz ihrer Pausen hatten sie heute mehr erreicht als erwartet, durch den kleinen Aufstieg wurden die Berge auch immer größer und die Chancen bald in Teljarsfeld anzukommen hatten sich um Stunden verbessert. Für heute war es einfach genug. Allerdings hatten sie schon seit gestern nichts mehr gegessen, sicher konnte Liebe ernähren, aber irgendwann war auch das nicht mehr genug, sie brauchten unbedingt etwas zu essen und das wenn möglich jetzt noch, denn das sie vor der Siedlung noch mal auf Menschen stießen, das schließ ihr Bruder aus. Doch zunächst einmal machten sie es sich in den Berghängen bequem, was durch das Moos, das hier überall wuchs, auch recht gut gelang.
30.12.2003, 21:22 #115
Heimdallr
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Nachdem sie sich etwas ausgeruht hatten, mussten sie leider noch einmal aufstehen, er machte es zwar nicht gerne aber irgendwie brauchten sie jetzt was zu essen, sicher waren die Chancen auch etwas zu kriegen gering, aber zumindest würden sie es versuchen. Sie ließen ihre beiden Lederbeutel da, denn die würde bestimmt niemand hier draußen klauen und gingen dann gemeinsam in das sehr nahegelegene Waldstück, dass fast daneben lag und den riesigen Wald von Gorthar unterstand.

R: Also wir machen es so, ich halte Ausschau nach was zu futtern und du suchst Holz für das Feuer, falls du was vor mir triffst dann pfeifst du, ich natürlich auch. So wissen wir dann, wann wir aufhören müssen. Wenn du genügend Feuerholz hast gehst du zum Berg zurück und pfeifst, dann komme ich zu dir und wir suchen gemeinsam....oder ne warte mal, das ist alles zu kompliziert, wir treffen uns in einer Viertelstunde wieder am Berghang.
I: Hehe, in Ordnung Bruder, machen wirs so.


Sie teilten sich auf in zwei Richtungen und suchten, Rociel hatte seine Fackel angezündet und konnte schwach bis mässig sehen. Der Wald lag ruhig da, der Wind wehte leicht in seinen Haaren und bließ wieder neuen Dreck in sie hinein. Auch wenn man ihn nicht sah, aber in der Luft waren lauter Schmutzpartikel, die seine schönen Haare matt, spröde und fettig werden ließen. Nicht mal seine Haare konnte er sich waschen, so weit war es schon gekommen. Aber jetzt war viel wichtiger, dass er etwas zu essen auftrieb.
Seine Schritte verursachten ab und zu knacken, da er auf lose Äste und Baumwerk trat, aber noch konnte er nichts hören und nichts sehen. Tiefer und tiefer ging es in den Wald hinein, immer wanderte sein Kopf nach links und nach rechts. Nichts, absolut nichts...sollten sie etwa hungrig auch diese Nacht bleiben? Es sah fast so aus...
Er wollte sich nicht noch weiter vom Berghang entfernen und kehrte enttäuscht zurück, aber auf seinem Rückweg vernahmen seine Ohren wieder ein Knacken, aber es war nicht von ihm, es musste ein paar Meter entfernt sein. Er rannte sofort zum Ausgangspunkt der Geräusche und er hatte Glück, es war kein Wolf oder etwas anderes, sondern ein hervorragendes Abendessen, zwei Molerats. Einer reichte aber schon, er zückte fast in Freude und Erwartung auf das leckere Fleisch seinen Dolch aus dem Stiefel und rannte auf das Pärchen zu, als er in Zielweite war, konnte er den einen Molerat ohne Probleme töten, wieder einmal hatte ihn sein Dolch nicht enttäuscht und die Schädeldecke des Tieres zertrümmert, aber das Dumme war nur, der Andere lief nicht weg und war auch nicht geschockt, sondern griff ihn noch an. Eigentlich wollte er das nicht tun, aber man ließ ihm keine andere Wahl, er musste auch noch den zweiten Molerat erledigen.

Als dieser dann kurz vor ihm zum Stehen kam und langsam wankte und dann doch auf den Boden tot zusammenbrach, hatte er seine Pflicht getan. Er zog die beiden Dolche heraus und reinigte sie noch vor Ort mit einem seiner Tücher, danach steckte er sie wieder weg und war am Überlegen. Sollte er einen oder doch zwei mitnehmen? Da sie in letzter Zeit ziemlichen Hunger hatten, nahm er mal lieber beide mit, das war zwar ziemlich anstrengend und er kam auch nicht wirklich schnell vorrann mit circa zweihundertachtzig Pfund, aber mit kleinen Pausen und dem abwechseln beim Tragen der beiden ging das schon. Die fünfzehn Minuten hatte er sicherlich überschritten, als er wieder aus dem Schatten des Waldes auftauchte, aber wenigstens hatten sie nun genug Fleisch. Isabell kam dann auch gleich um zu helfen und die letzten Meter gingen dann eigentlich. Jetzt fehlte nur noch ein ein passender Bratspieß, aber sie beließen es mal dabei dem einen Tier soviel Fleischstücke wie möglich abzuschneiden und die an einem Stock zu braten.
30.12.2003, 22:31 #116
Isabell
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Das Essen war köstlich und man brauchte auch gar nicht untertreiben, sicher war es nicht gerade so schön ein Tier auszunehmen und das Blut noch an den Fingern zu haben, aber trotzdem, wenn man Hunger hatte war einem das egal und sie hatten Hunger, großen Hunger. Sie aßen ein Stück nach dem anderen, bis sie so satt waren, dass sie Bauchschmerzen von den ganzen Essen hatten. Aber wenigstens waren sie satt und das meiste war noch da. Also hatten sie auch noch ein gutes Frühstück. Das Freuer brannte auch sehr schön, das viele Holz sammeln hatte sich gelohnt, so dass es jetzt so schnell nicht mehr ausgehen würde, dieser Feuerstein war allerdings extrem praktisch, damit konnten sie sich lästiges anzünden sparen.
Nachdem sie satt und voll waren, lagen sie nur noch auf ihren Rücken und starrten nach oben, sie hatten sich die Hände mit Wasser abgewaschen und noch den ein oder anderen Schluck aus ihrem Feldkrügen genommen, demnächst sollten diese mal wieder aufgefüllt werden. Eigentlich konnte man sagen, war der Tag heute wieder richtig gut gewesen, irgendwie musste sie einfach solche Resümees am Ende eines Tages ziehen, wenn sie die Möglichkeit hatte so lange in die Sterne zu blicken. In ihren Wegen waren sie weit gegangen und jetzt endlich hatten sie auch das lang ersehnte Essen bekommen. Eigentlich war der Tag sogar perfekt gewesen, aber trotzdem war sie nicht voll und ganz zufrieden. Es gab diese schönen Momente viel zu selten in ihrem Leben, vielleicht wollte sie auch einfach nur zweiundzwanzig Jahre aufholen, aber das alleine konnte es nicht sein. An der Perfektion noch etwas zu verbessern war sicher schwer, theoretisch unmöglich, aber sie hatte es trotzdem vor. Ein Menschenleben zu leben war wohl genauso schwer, wie ein Dämonenleben zu leben und sie konnte sich auch wirklich nicht vorstellen, dass es Menschen gab, die heute glücklicher gewesen wären, aber es war die Frage, ob man diese Strecken gehen musste, ob man unbedingt menschlich leben musste, ob die Natur nicht auch extreme Formen erlauben würde, auf ewig.
Das ganze interessierte sie so sehr, dass sie doch glatt ihren Bruder fragen wollte, doch im letzten Moment zuckte sie zurück, denn vielleicht würde sich das wieder total bescheuert anhören.

Als sie ihr Gesicht zu ihm drehte raschelte die Bluse auf den dünnen Grashalmen, sie blickte seine linke Gesichtshälfte an, die mittellangen Haarsträhnen, die ihm über sein Ohr hingen, die kleinen Augen mit den schwarzen Wimpern und seine stupsige Nase, die so ziemlich untypisch für einen Jungen war. Und natürlich auch seine zärtlichen Lippen, die meistens blaß waren und fast nie Farbe trugen, weder rot, noch blau, noch weiß. Langsam bewegte sie sich zu ihm, er sah auch in die Sterne und sie fühlte, dass er gerade an sie dachte, es war wieder einmal ihr Blut, das sie das vermuten ließ. Sie wollte dieses schöne Gefühl einfach noch einmal spüren, es war wie eine Sucht geworden, aber eine schöne und eine gesunde Sucht. Ihre langen Finger berührten vorsichtig seine Haut und ließen seine Augen leuchten, als ob er erwacht wäre aus einem tiefen Schlaf. Die Finger waren kalt und waren wie ein Beißen auf der Haut, kleine Eissplitter die in das Blut eindrangen. Doch es blieb nicht lange kalt, warm wurde es schon recht schnell und sie beugte vorsichtig ihren Kopf über seinen und küsste ihn. Ihre langen Haare waren heute tiefschwarz gefärbt und fielen ihm ins Gesicht und auch über sie, es war so als wollten sie ihre Köpfe einschließen. Kurze Zeit später stürte sie zwei Hände um ihre Hüften und ein Gefühl von Enge und Geborgenheit machte sich breit.

Das Feuer brannte noch immer, was sollte es auch anderes tun, aber in den Flammen spiegelten sich nun die Schatten der beiden Geschwister wieder, wie sie sehr sinnlich und fast schon ängstlich miteinander spielten. In der Ferne hörte man ein Heulen, wahrscheinlich ein Rudel Wölfe, doch sie waren weit entfernt, hier waren sie ganz alleine und nur für sich, niemand konnte sie stören, das war die Belohnung der Wildnis, der Lohn nicht in der Stadt zu leben, man hatte riesige Flächen nur für sich, man befand sich zwar in der Einsamkeit, aber sie waren nicht alleine.
31.12.2003, 00:45 #117
Heimdallr
Beiträge: 12.421

Isabell und er waren auf dem engsten Raum den es wohl gab gefesselt, sie drückten sich immer enger an sich und genossen die Nähe des Anderen. Es blieb einem nichts verborgen, man konnte jedes Detail sehen, kleine Verunreinigungen in der Haut und selbst kleine Muttermale, von denen sie beide allerdings recht wenig besaßen, das Feuer war ihr Licht, doch ihre Wärme kam aus ihrem Herzen. Es tat gut hier zu sein, es war wie eine Kur für die Seele und für das Herz, sicher mussten sie irgendwann wieder richtig kämpfen, nicht nur gegen Riesenratten, Molerats und Scavenger, aber wieso an kämpfen denken wenn es solche ewigen Momente gab. Nein, er dachte wirklich nur noch an sie, an seine Isabell, als würde sie das einzige sein, aber das war sie auch, zumindest für ihn. Zum Glück konnte sie seine Gedanken nicht sehen, sonst würde sie bemerken wie anfangs wieder Gedanken an die Unheiligkeit in ihm keimten, das sie doch keine Menschen waren und deshalb auch keine Liebe empfinden konnten und das sie als Geschwister sich nicht lieben durften, aber irgendwann waren selbst diese Gewissensbisse verflogen, er hatte sie einfach fort gejagt. Sie sollten sich doch zu Beliar scheren und dort ihre bösen Saaten säen, bei ihm würde es nicht mehr gelingen, denn er würde für Isabell alle heiligen Gebote brechen, wenn es sein musste. Das ganze war weder Innos Wille, noch war es sein Gebot, es waren nur Vorschriften von Menschen.

Sie bewegten sich ganz langsam und wenig ekstatisch, sie waren vollkommen losgelöst von irgendwelchen Zeitgefühlen oder Müdigkeitskomplexen, sie schufen sich ihre eigene Welt und lebten dort ihr Leben. Nicht isoliert, aber kontrolliert.
Verträumte Blicke trafen brennende Augen und schwarze Schönheit verband sich mit blonder Leichtigkeit, das alles konnte nur funktionieren, weil sie sich beide darauf einließen. Während er jeden Anblick und jedes Gefühl von ihr genoss wie das Höchste auf Erden, musste sie das gleiche tun, anders war es nicht zu erklären, dass es so intensiv fühlbar war. Und dann war da ja noch ihr Blut, dass in seinen Adern verlief. Isabell war nicht nur bei ihm, sondern auch in ihm. Immer wenn sie glücklich war, schien ihr Blut auch glücklich und deswegen fühlte er es auch von innen und es fühlte sich ausgesprochen gut an.

Immer wenn seine Fingerkuppen, in denen soviele Nerven lagen, auf ihre zarte, schneeweiße Haut trafen, lösten sich Blitze und durchzuckten ihn, dieses Gefühl löste Kribbeln in seinen Nervenbahnen aus und ließ den Körper scheinbar schweben, er hatte schon so ein Gefühl in sich. Es war einfach herrlich mit dieser Frau zusammen zu sein, sie gab ihm das, was er nicht mal von seinen Eltern kannte, es war einfache Vollkommenheit. Und dabei waren sie nur verspielte Kinder, die sich eigentlich mehr neckten...

Es war aber nicht nur das, was seine Schwester ausmachte, sie hatte einfach all das, was er nie hatte und nie haben würde, er bewunderte sie zutiefst. Er wusste nicht, warum ihm das Schicksal dieses Mädchen geschenkt hatte und er wusste auch nicht, warum er durch sie zur Sünde verleitet wurde aber ganz sicher war sie kein Mensch. Ob Dämon oder nicht war egal, aber sie hatte etwas so unbeschreibliches an sich, dass sie unmenschlich wirken ließ. Sie wirkte fast wie...wie...er traute sich gar nicht daran zu denken, aber sie hatte wirklich eine unglaubliche Ähnlichkeit mit den Wesen, die auch schon für seine klinge geweint hatten, zumindest was er aus Erzählungen so kannte.

Würde diese Nacht doch nur ewig dauern und möge die Erschöpfung noch ein paar Minuten oder Stunden warten...
31.12.2003, 01:20 #118
Isabell
Beiträge: 307

Wie sie das nur liebte, einfach nur mit Rociel zusammen sein und einfach nur seinen Körper an ihr zu spüren, es war mehr als nur plumpes Verlangen oder unwillige Gier, es war einfach nur das größte Glück der Welt, dass man ihr da schenkte. Immer wieder berührten sich ihre Lippen, sie waren wie brennendes Feuer und stechende Kälte, es waren Gegensätze die aufeinander trafen und doch vereinigten sie sich zu einem neuen, zu einem noch besseren, zu einer Perfektion und immer wenn sie ihre Lippen schmerzhaft von sich rissen ging diese Perfektion in sie über. Für kurze Momente war sie dann da. Aber weniger die Lippen des Anderen waren ihre Ziele, Isabell verwöhnte oft seine Ohren und seine Stirn, aber auch seine eiskalten Hände, die nicht einmal jetzt richtig auftauen wollten. Im Gegenzug spürte sie immer wieder zärtliche Küsse an ihrem Nacken und an ihrem Hals. Das alles war so schön und brauchte so lange, aber sie genossen es und ließen sich viel Zeit. Sie konnten sich blind vertrauen und brauchten nicht zu reden, kein Wort kam ihnen über die Lippen und sie schwiegen Stunde um Stunde. Sie fragte sich, ob das das höchste Glück der Menschen wäre, oder ob es tatsächlich noch etwas Schöneres geben konnte, aber eigentlich war es unvorstellbar. Es waren ihre ersten sinnlichen Wahrnehmungen in diesem Bereich, es war alles so seltsam fremd und neuartig und doch hatte man einfach keine Scheu und Angst davor, da man wusste, dass einem nichts passieren konnte. Man fühlte eine Sicherheit und auch ein Gefühl der Unsterblichkeit, selbst dieser Moment würde sterben aber sie hielten ihn für immer in sich. Noch nie hatte sie jemanden so berührt wie Rociel, dass er ihr leiblicher Bruder war störte sie nicht, er war einfach nur ihr Gegenpart, kein Bruder. Es war einfach nur ihr Mondschein.
Es war komisch, die meisten Mädchen waren in diesem Alter schon verheiratet, aber sicher hatten sie nicht solche intensiven Glücksgefühle wie sie jetzt. Aber eigentlich waren ihr die anderen egal, für sie gab es nur ihren Bruder und sonst keinen.

Die Nacht wollte unendlich dauern, immer und immer wieder kamen sie heute nicht zum Ende, Erschöpfung oder Müdigkeit schienen fremd, vielleicht waren sie auch einfach trunken an ihrer Liebe geworden, auf jeden Fall waren sie glücklich und die Frage nach möglichen Unglück war genauso schnell verschwunden, wie sie auch gekommen war. Sie wusste jetzt, dass sie mit Rociel nie unglücklich sein konnte und selbst die Angst, die jeder Verliebte hatte, die hatte sie nicht. Vielleicht behaupteten es einige, aber sicher sein konnten sie sich nicht, sie war sich aber sicher, dass ihr Bruder sie nie verlassen würde, dafür spürte sie viel zu sehr eine Verbundenheit, die er ausstrahlte.

Die letzten Küsse waren besonders zärtlich und lange, fast mochte man meinen sie wollten ihre Lippen nie wieder trennen und für ewig vereint lassen, jetzt hielten sie sich zurück und wurden langsam müder. Isabell saß kniend auf seinem Schoss und blickte ihm lange in die stahlblauen Augen, die sich manchmal veränderten, aber nicht heute, heute blieben sie die Augen von Rociel und in der Tiefe sah sie ihre Zukunft und ihr Glück, aber sie sah auch Kampf und Angst darin. Man konnte nicht nur Gutes in der Zukunft sehen, aber was sie sah beruhigte sie sehr und immer wieder folgten auf das lange Blicken die noch längeren Küsse. Irgendwann zerschnitt ein sanft gehauchtes Ich liebe dich Isabell die Luft und ließ den Wind voller Freudentränen erstarren, selbst der Mond, der kaum da war, und die Sterne weinten mit und nachdem auch eine glänzende, opale Träne ihr Auge erreicht hatte hauchte sie ihm ein Ich liebe dich auch Rociel ins Ohr und ließ ihn darauf die zweite, fehlende Opalträne erschaffen. Als sich die Tränen trafen versanken sie in einem letzten Kuss in den Armen des Anderen, und schliefen irgendwo eng umschlungen ein...
31.12.2003, 11:28 #119
Heimdallr
Beiträge: 12.421

Die Nacht war wunderschön gewesen, überhaupt war es schön gewesen bei Isabell zu sein, dieses Glück schien wahrlich unverschämt zu sein, aber wenn es jemand verdient hatte, dann sie. Er bereute das alles nicht, es war einfach nur so gekommen. Was die Zukunft für sie wohl bereit hielt? Konnte man das denn wissen? Bestand die Zukunft nicht aus den Momenten der Gegenwart?
Es war ein stürmischer Wind der ihn irgendwann aufwachen ließ, irgendwann in der Zeit des Morgens. Es war heute Morgen nicht so kalt wie sonst zuvor und sie mussten nicht frieren. Gestern Nacht schliefen sie noch Haut an Haut ein, niemand störte sich daran und sie konnten schlafen wie sie wollen, warum sie überhaupt schliefen wusste er nicht, es hätte noch ewig so weitergehen können. Vielleicht schliefen sie ja nur, wegen der Reise, die sie noch vor sich hatten. Isabell lag auf seiner rechten Schulter und benutzte sie scheinbar als Kissen, zum Glück war sie mittlerweile wieder voll belastbar, ansonsten wäre das sicher mit einigen Schmerzen verbunden. Ihr Gesicht sah im Schlaf noch schöner aus und er wollte sie küssen, aber er hielt sich zurück und nahm vorsichtig ihren Kopf von seiner Schulter und legte ihn auf eine sanfte Moosfläche. Als er aufstehen wollte, bemerkte er erst, dass sich ihre Beine verkeilt hatten, so sehr waren sie verbunden, aber auch dies ließ sich ganz vorsichtig lösen. Er wollte sie nicht direkt aufwecken, auch wenn es sicher nichts schöneres gab, als ihre vollen Augen am Morgen zu entdecken und mit einem Kuss aufzustehen. Sie hatten noch Zeit, sie sollte solange schlafen wie sie mochte.

Währenddessen ging er in den Wald, um neues Feuerholz zu suchen, das was sie gestern hatten war abgebrannt und ließ sich nicht mehr entzünden. Der Wald lag ruhig da, Tau hatte sich an manchen Stellen gesetzt und ließ den Wald nun glitzern und blinken. Kleine Insekten aber auch Pflanzen würden diesen Wasservorrat sicher nutzen, obwohl es hier die Flüsse und Rinnsale gab. Wenigstens der Boden war soweit trocken geblieben und jetzt im Winter, ohne Schnee, fiel es leicht genug Feuerholz zu finden, so dass er schon bald zurückkehren konnte.

Isabell schlief noch immer und das sollte sich auch, wenn sie das mochte. Es war wohl doch nicht ganz so ohne Anstrengung gegangen, trotzdem würden sie es wieder tun. In diesen Momenten fühlte man sich wie ein neuer Mensch, man dachte den Sinn des Lebens gefunden zu haben und wollte es nicht mehr missen. Es gab soviel zu entdecken und zu erleben und dennoch spielte alles rund um die Logik verrückt. Wenn er nur daran dachte wurde ihm schwindlig und seine Sinne tanzten in Ekstatik. Es war wie das Spiel mit dem Feuer. Wenn das ewige Eis und das ewige Feuer aufeinander trafen und etwas neues schufen. Dabei waren sie keine Gegensätze im eigentlichen Sinne, sondern sie schufen sie selber.

Als das Feuer brannte schnitt er mit seinem scharfen Rasiermesser die besten Stücke von dem Molerat, die noch übrig geblieben waren und ließ sie erst mal in der Nähe stehen, das Feuer sollte erst mal entflammen und schön warm werden. Währenddessen ging er ein paar Schritte zu einer Klippe und setzte sich, hier draußen war es einfach wunderschön, er war immer so gerne hier. Aber er musste auch nachdenken, nachdenken über vieles...
31.12.2003, 12:27 #120
Isabell
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Ihr Schlaf dauerte heute sehr lange, denn sie war voller Freude eingeschlafen, aber auch fertig. Es war nicht nur ihre Zuneigung, sondern auch der Weg dahin, der Kräfte gekostet hatten. Außerdem schlief es sich so unglaublich sanft heute. Mitten in der Nacht war sie einmal aufgewacht und hatte ihren Bruder gesehen, wie sie so da lagen und sich eigentlich unmöglich benahmen, aber dann war sie wieder eingeschlafen, bis jetzt. Es war wohl irgendwann einfach genug, aber von Außen wurde sie heute nicht geweckt. Nicht mal der starke Wind konnte da etwas dran ändern.

Als sie nun wieder ihre Augen aufschlug war aber etwas anders, sie spürte sofort, dass Rociel nicht mehr da war und das alleine ließ sie sofort hochschrecken, obwohl sie noch schrecklich träge war. Sie hatte natürlich Angst, aber zum Glück sah sie noch seine Sachen neben ihren und ein neu brennendes Feuer. Das beruhigte sie doch etwas, später sah sie ihn dann bei einer Klippe sitzen und war beruhigt, so dass sie sich noch einmal hinfallen ließ. Hier zwischen den Steinen in ganz weiches Moos. Sie spürte noch immer die Küsse der letzten Nacht, wie auch schon die Nacht davor und sie kribbelten noch immer in ihrer Haut, so dass sie leise kichern musste.
Als sie sich dann wach genug fühlte stand sie auf und merkte, wie der Umhang ihres Bruders im Winde wehte, irgendwie sah das klasse aus.
Langsam und wohl bedacht ging sie dann zu ihm und begrüßte ihn mit einem Kuss auf die Wange, danach setzte sie sich auch und lehnte sich an seine Schulter um in die Ferne zu blicken.
Jetzt am Morgen war die Luft noch so klar und es war hier absolut still. Sie wirkten wie zwei Hirten, die ihre Schafsherde durch die Berge trieb, fehlten nur noch die Schafe. Das Land Gorthar, es war so groß und weit, man konnte es überhaupt nicht mit Khorinis vergleichen, nicht mal ansatzweise. Sie hatte etwas über dieses Land gelernt, hier verbanden sich Gefahren mit friedlichem Dasein. Langsam fing sie auch an Gorthar zu lieben.
Es war seltsam, warum konnte sie nicht erklären, warum sie dies und jenes dann und wann fühlte. Gestern noch konnte sie kaum genug kriegen und heute war sie froh, dass sie einfach nur so dasaßen und nichts weiter taten als in die Ferne zu blicken.
Rociels Finger durchstrichen langsam ihre Haare, heute waren sie übrigens nicht mehr schwarz, sondern dunkelbraun, langsam rollten sie sich über den Finger und fielen wieder hinab. Sie spürte das sehr gerne, eben weil sie es fühlte und dabei blickten sie immer noch nach vorne.

Sie sahen den Wald, immer noch sehr grün und immer noch voller Leben, das war noch längst nicht ausgehaucht, wieso auch. Sie sahen die kräftigen Stämme und die vielen kleinen grünen Nadeln, die spitzer werdenden Fichten und Tannen und die kahlen Buchen und Eichen. Sie sahen in der Ferne weite Berge und einige waren auf ihrer Seite schon richtig nah, wenn sie sich nach links drehten. Sie sahen selbst die Stadt in der Ferne, die riesigen Stadtmauern waren unverkennbar. Und sie sahen natürlich auch den Himmel, heute rein weiß, dafür ohne jegliche Wolken. Aber eigentlich sahen sie nur ihre Gedanekn vor sich, was sie wohl wieder dachten. Isabell dachte an vieles, aber nichts so richtig. Sie dachte aber vorallem an die Zukunft, denn natürlich hatte sie Angst davor. Sie wusste nicht, wie es weiterging, hatte das Buch nicht selbst geschrieben und nicht vor sich liegen.

Irgendwann löste sich Rociel aus seiner Umarmung und ging zum Feuer um das Fleisch endlich anzubraten, es war eine gute Idee, denn sonst würden sie wohl noch ewig hier bleiben, nach der kleinen Stärkung sollten sie endlich los.
31.12.2003, 14:17 #121
Heimdallr
Beiträge: 12.421

Sie hatten das Frühstück, oder was auch immer das war, sehr lange ausgedehnt und zwar aus einem guten Grund, sie hatten ja zwei Molerats und nicht nur einen, aber den zweiten einfach den Aasfressern zu überlassen wäre pure Verschwendung bei dem schönen Fleisch. Aber mitschleppen konnten sie den gut hundertvierzig Pfund schweren Kerl ja auch nicht, das hätte sie nur behindert. Von daher hatte er zwölf Fleischstücke und vier Keulen abgeschnitten und diese dann auch angebraten, so blieben sie länger frisch. Eingewickelt in mehrere Tücher konnten sie sie sicher einige Tage transportieren und essen, damit war ihr Hungerproblem für circa zwei Tage kein Thema mehr. Allerdings war es komisch, dass sie sich auf Reisen fast immer von Fleisch ernährten, aber es war nun mal das sinnvollste und sättigendste auf Reisen und gerade im Winter war die Natur schon karg genug. Ihre Reise führte sie dann weiter, weiter nach oben aber auch weiter am Wald vorbei, sie gingen die ganze Zeit neben ihm und doch waren sie immer ein Stückchen höher und weiter. Der Wind wehte ihnen heute leider entgegen, zwar nicht so kalt wie in den letzten Tagen, dafür aber stark und heftig, langsamer als gestern kamen sie vorrann, gingen ab und zu geduckt, machten dafür aber auch weniger Pausen. Aber dafür küssten sie sich auch in den Pausen viel länger als sonst, wobei sie allerdings nie diesen romantischen Käfig aufbauen konnten, wie sonst, da sie einfach unter Zeitdruck standen.

Er brauchte das auch nicht unbedingt, er war klug genug um zu wissen, dass man sich auch auf weniger schöne Dinge konzentrieren musste und das er nicht immer nur an sie denken durfte. Je näher sie der Siedlung kamen, desto gefährlicher wurde es. Ein paar Meilen vor ihnen, die er schon jetzt gut erkennen konnte, sah er die ersten zerklüfteten Bergfelsen, so oder so ähnlich sah auch die Stelle aus, an denen sie auf den Wurm getroffen waren, es hieß also wachsam sein, weniger Angst vor Wölfen oder Snappern oder dergleichen, sondern viel mehr Angst vor den verborgenen Geheimnissen dieses Landes und vor allem dieser Bergregion.

Man konnte das nur schwer verbinden, eine Reise in die Berge voller Gefahren unter dem Mantel der Schönheit der Natur und ihre Liebe die nirgendwo besser aufgehoben wäre wie hier, die aber dennoch nicht ewig vierundzwanzig Stunden am Tag aktiv ausgelebt werden konnte. Es war auch Liebe, dass sie nur zusammen waren und ab und zu ihre Hände berührten und sich auch mal für Sekunden ansahen oder sich nur mal was sagen. Aber sie redeten eigentlich ziemlich wenig auf dem Weg, bis auf die Diskussion über Teljarsfeld. Er hatte von seinem ersten Gortharbesuch noch ausführlicher berichtet und Isabell hatte immer wieder erstaunte Gesichtsausdrücke offen gelegt.
31.12.2003, 19:25 #122
Isabell
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Inzwischen brannte eine Fackel in den Händen ihres Bruders und leuchtete ihnen den Weg. Sie waren doch noch weiter gekommen, als sie es für möglich hielten. Der Wind peitschte ihnen noch immer ins Gesicht, aber das war auch schon das einzige Hindernis. Keine wilden Tiere und erst recht keine Menschen, es waren nur die schönen Berge und der schöne Wald an ihrer Seite. Es war sehr gut, sie hatten sich den idealen Weg ausgesucht, wo sie den ganzen Wald und damit die Tiere im Blick hatten und andererseits nicht zu hoch gingen um noch mehr von den Winden erfasst zu werden und diese Würmer auf sich aufmerksam zu machen. So kamen sie ganz schön weit, gestern schon waren es mehrere Meilen und auch heute war dies ihre Entfernung, die sie zurücklegten. Natürlich etwas weniger als gestern, denn sie mussten heute noch das Fleisch anbraten und gegen den Wind ankämpfen, aber ansonsten war ja alles wie schon am Tage zuvor.
Es war schon seltsam, ab und zu erzählten sie mal was, meistens eher so Alltagskram, den man sich auch gut ersparen konnte, aber irgendwie heiterte es schon auf. Ansonsten hatte sie viel Zeit um wieder nachzudenken, an diesen Berghängen in relativer Sicherheit und ohnehin noch Meilen vor dem eigentlichen Ziel, ging das recht gut. Aber manchmal dachte sie überhaupt nicht an ihren Bruder und sich, sondern auch einfach nur an die Vergangenheit, die sie in Drakia erlebt hatte und auch ein paar besondere Momente. Es war wirklich eine Menge, was sie da zu finden erhoffte, aber eigentlich ging es gar nicht mal so darum etwas zu finden, es war schon in Ordnung, wenn sie überhaupt mal wieder die Bilder in ihrem Kopf sah. Während der Zeit bei Kryliyx oder auch in der Zeit, wo sie Shinoke gejagt hatten, oder aber auch noch in hundert anderen dazwischen konnte sie das nicht. Es waren meistens negative Empfindungen, Sorgen, die sie davon abhielten. Aber jetzt in diesen Augenblicken fühlte sie sich befreit, befreit aus der Gefangenschaft der Gefühle, befreit aus den Fesseln des verdammten Lebens. Sie war eine Sklavin der alltäglichen Angst und der Sorge, verdammt zu einem ungewöhnlichen Leben voll von Gewohnheit. Gepeinigt und gezeichnet der Suche wegen.
"Wer suchet, der findet" und ja, sie hatte gefunden. Innos sei Dank, oder auch den anderen Kräften, wie auch immer.

Die Berge wanderten an ihnen vorbei, doch sie gingen absolut langsam, denn es war kein Wunder, schließlich gingen sie ja an den steinernen Riesen vorbei und nicht umgekehrt, dennoch wandelte sich die Landschaft, mal kamen sie in immergrüne Gebiete voller Wildwuchs und mal mussten sie auch Kieselsteinfelder durchqueren, ihr Weg war noch weit, aber sie würden das schon schaffen, sie konnten alles schaffen und alle Wege gehen. Es gab wohl kaum etwas, was sie zusammen nicht schaffen konnten. Alle Herausforderungen, die das alltägliche Leben bot waren lachhaft, mit einer großen Portion Humor zu nehmen, nein, ihnen musste es um das Ungewöhnliche, das besondere Etwas gehen. Denn wie sonst sollte man Halbdämonen fordern. Vielleicht war es ja auch alles nur eine Illusion, ein großer Traum. Aber sie genoss diese Illusion und diesen Traum. Wieso auch nicht, solange er nicht enden mochte. Und selbst wenn er enden würde, würde alles beim alten bleiben, denn da es kein Traum war, konnte er auch nie enden. Die Logik war konfus und doch hatte sie Hand und Fuß.

Wer träumt, dem wachsen Flügel...
31.12.2003, 20:19 #123
Heimdallr
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Es war schon wieder dunkel geworden, die Berge warfen ihre dunklen Schatten auf die beiden Reisenden und nahmen ihnen das wenige Licht, das ihnen geblieben war. Eingetaucht in eine Schwärze die ihresgleichen suchte waren sie dann eingehüllt, doch noch immer gingen sie die Wege entlang. Er hatte das Gefühl, dass er schon den Aufstieg sehen konnte und noch war ihnen keines dieser Mistviecher begegnet. Es war gut zu wissen, dass sie hier scheinbar auch einen Winterschlaf hielten, wie die Bären in Sherinia oder anderes Getier. Vielleicht fanden sie die Bären hier ja auch mal, aber dazu müssten sie schon eine andere Lokalität aufsuchen, hier in den Bergen waren Bärenhöhlen wohl eher selten bis unmöglich. Wenn sie morgen dort ankommen würden, wo er es sich erhoffte, dann war er äußerst zufrieden. Dann könnte der schwierige Aufstieg beginnen, der Aufstieg in das Bergarbeiterdorf. Je nach Wetterlage sollten sie aber auch nicht mehr als drei Tage dahin brauchen, denn soweit oben lag es nun auch wieder nicht. Es waren viel mehr die zerklüfteten Berghänge und eben die Gefahr vor den Würmern, aber sonst war der Aufstieg nur wetterbedingt. Manchmal schneite es und manchmal blieb es auch ganz normal. Schnee konnte er überhaupt nicht gebrauchen, vorallem wegen Isabell, aber leider konnte er das nicht bestimmen. Aber da oben musste es einfach die beiden Dinge geben, die er sich erhoffte. Einerseits warme Kleidung und dann noch zwei der drei Rüstungszutaten. Drachenschuppen und Schneewolfspelz. Wenn einer diese Waren führte dann die Herren da oben. Wer weiß, ob das nicht irgendein illegaler Schwarzmarkt da oben war, denn es wunderte ihn sehr das bei seinem letzten Besuch so viele verschiedene Waren feil geboten wurden. Aber ihm war das eigentlich egal, hauptsache sie kamen heil und munter da oben an, fanden ihre Kleidung, fanden ihren Schneewolf, ihre Drachenschuppen und kamen wieder gesund runter und am besten auch gleich raus aus der Gefahrenzone. So ungefähr stellte er sich das vor.

Für heute wollte er aber nicht mehr weit gehen, er hatte wenig Zweifel daran, dass er sich irrte und dann würden sie das morgen schon schaffen. Doch die Dunkelheit die nun herrschte, sie ließ ihnen kaum mehr Spielraum. Sie konnten durch die gewaltigen Schatten der grauen Riesen in ihrem Rücken auch nicht mehr den Wald sehen, nur noch schwarze Schatten die sich ab und zu mal im Wind bewegten, mehr aber auch nicht. Die Fackel war zwar riesig, aber auch sie ging darin unter und so war es auch kein Wunder, dass einer von ihnen früher oder später stürtzte, oder zumindest fast. Es traf diesmal Isabell, doch bevor sie mit ihrem Oberkörper nach vorne fiel hatte er sie schon fest an der Hand und verhalf ihrem Körper wieder zu Gleichgewicht, allerdings war die Lektion einleuchtend gewesen, es war besser nicht weiter zu gehen.

Belassen wir es bei dem bisher erreichten. Mehr brauchen wir nicht, wir sind genug gelaufen. Machen wir Schluss für heute. Feuerholz bekommen wir zwar nicht, aber die Fackel wird uns trotzdem ausreichend wärmen. Wenigstens ist es eine schöne Stelle, die grauen Berge haben doch was gutes an sich, sie bieten einen hervorragenden Windschutz.
31.12.2003, 21:03 #124
Isabell
Beiträge: 307

Wieder einmal Schluss, Schluss für den heutigen Tag aber nicht Schluss für immer, am nächsten Morgen würden sie ganz normal aufstehen und alles wäre wie zuvor, wieder einmal weitermachen, nicht nach hinten, sondern nach vorne schauen, das war es was zählte und nur das. Hatten ihre Ruhe, Ruhe vor allen und Ruhe vor Anderen. Brauchten eigentlich keine Ruhe, brauchten nur Geborgenheit und Zuneigung, brauchten nur mehr als ein Leben. Waren verbunden, waren wie eins in zwei. Suchten immer Nähe, aber nur zu einem von gleichen Blute. Nur zu ihrem Bruder sehnte sie sich sehr. Die eigentlich große Fackel erschien nun so winzig klein zu sein, schien geradezu unterzugehen in den Schatten, aber selbst wenn sie gar kein Licht gehabt hätten und absolute Finsternis um sie herum herrschte, wen kümmerte es schon? In ihrem Augen brannten immer Lichter, in ihrem Herzen und sogar auf ihrer Haut und dann waren da ja auch noch die Sterne. Auch heute waren sie wieder ihre Begleiter und gaben Einblick in das Himmelsleben bei Nacht. Sie waren wieder so wunderschön und auch hell, nein, alleine waren sie nie. Selbst die ewige Finsternis konnte ihnen nichts anhaben. In ihnen glühte ein Wegweiser, irgendwohin würde er sie schon führen, selbst in ewiger Finsternis.
Immer noch war an den felsigen Hängen viel weiches Moos, auf dem es sich prima schlafen ließ, sie nutzen es als Unterlage und als weiche Sitzkissen, wenigstens das war ihnen hier geblieben. Die Region wurde nämlich immer felsiger, irgendwann waren auch die letzten kahlen Bäume verschwunden und desto höher sie kamen, desto weniger Gras wuchs noch.

An diesem schönen Abend, an dem so klare Luft umherwehte, wollte sie zuerst einmal ein bisschen Harfe spielen. Vielleicht war es auch besser, wenn sie sich ihre besonderen Zuneigungen für später aufhoben oder ganz wegließen, doch zunächst spielte sie ein paar traurige Stück auf ihrem Instrument. Jetzt wo sie es wiederhatte wollte sie es nicht mehr hergeben. Es war ihr ein und alles und so klang es auch. Wunderschön alt und ungeheuer edel. Es war mit Abstand das einzige Instrument, das sie vernünftig spielen konnte, aber dafür war es für Isabell mehr als nur ein Instrument, es war pures Leben, das diese Harfe ausstrahlte, wenn sie gespielt wurde. Heute jedoch spielte sie traurig, was weniger ihrer Gemütslage entsprach, sondern der Situation. Ein paar dunkle, tiefe Klänge passten besser als laute und schnelle.

Doch irgendwann spielte sie den Schlussklang, lange hatte sie ihn hinausgezögert, doch irgendwann war es ruhig in den Bergen, absolut still und leise. Sie verspürte eine Lust etwas zu erzählen, sie wollte einmal wieder die Stimme ihres Bruders hören, aber sie wollte auch mal wieder ihre Stimme hören.
01.01.2004, 11:46 #125
Heimdallr
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Letzte Nacht war es ruhig geblieben, ruhig bei ihnen. Sie hatten sich nur einige Dinge erzählt und es tat gut mal wieder miteinander ein ausführliches Gespräch zu haben, nichts desto trotz fühlte er sich nach wie vor wunderbar. Vielleicht war es einfach ihre Nähe die er so gern hatte, ihr Duft oder ihre Aura. Erklärungen gab es dafür sicherlich keine, aber trotzdem war es wunderbar mit ihr zusammenzusein. Seine Schwester war einfach nur toll.

Am frühen Morgen waren sie aufgewacht, heute mal sehr früh, es war noch dunkel. Die Sonne schien überhaupt nicht. Es war noch Nacht konnte man sagen und die Fackel war das einzige, was wieder einmal Licht spendete, aber schon bald änderte sich das, denn direkt hinter dem grauen Riesen ging die Sonne langsam aber stetig auf. Es wurde heller und heller und bald schon ging das Licht der Fackel unter und sie konnte gelöscht werden. Isabell und er hatten natürlich noch etwas gegessen, ein bisschen Fleisch rausgenommen und an der Fackel geröstet, so dass es schön warm war, das war ihr Frühstück und schon bald darauf gingen sie weiter, allerdings nicht ohne sich einen langen Kuss zuvor zu geben.

Die Belohnung für ihr frühes Aufstehen war schon bald in Sicht, denn sie erreichten die Stelle früher als geplant. Eigentlich sollten sie erst am späten Nachmittag hier ankommen, so aber waren sie schon am Mittag da. Er kannte sich hier jetzt wieder genau aus. Hier war er auch schon mit den Anderen gewesen, sie waren allerdings von den Wäldern gekommen und waren nicht an den Berghängen entlang gelaufen. Einerseits freute er sich natürlich riesig darüber, dass sie nun da waren, andererseits wurde es jetzt auch gefährlich, denn nun betraten sie das Gebiet der Würmer. Rociel blieb stehen und machte vor dem Anstieg noch eine kleine Pause, setzte sich auf einen Stein und wartete. Isabell setzte sich auch, auf einen anderen Stein, sah zu diesem steilen Berhang und schien sich Gedanken über den Aufstieg zu machen.

R: Hör zu Schwester, ich weiß, dass es schwierig werden könnte nach Teljarsfeld zu kommen, aber ich möchte das du mir versprichst aufzupassen ja?
I: Natürlich, aber nur wenn du mir dasselbe versprichst Rociel.
R: Ich hoffe die Würmer von denen ich dir erzählt habe, halten wirklich noch ihren Winterschlaf.
I: Es wird schon gut gehen.
R: Ich hoffe es, aber ich glaube fest daran. Bist du bereit?
I: Jederzeit.
R: Gut dann lass uns diesen Aufstieg mal meistern.


Er war aufgestanden und seine Schwester genauso, aus irgendeinem Grund umarmte er sie und dann ging er einfach weiter. Er machte sich wieder viel zu viele Gedanken, es war schließlich nur ein kleiner Aufstieg...noch nicht mal hoch oder weit...
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