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> Rollenspiel Die Siedlung Drakia #5 |
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07.12.2003, 16:45 | #276 | ||||||||||
Isabell Beiträge: 307 |
Die ganze Zeit war sie heute am Fenster gestanden, wie schön es doch draußen war, so schön war es hier drinne lange nicht. Es war schon erstaunlich, da redete man immer von der Schönheit der Natur, doch wirklich kennen tat man sie doch nicht. Jetzt hatte sie den ganzen Tag nicht mehr gemacht, als aus dem Fenster zu schauen, sie hatte dabei eine Menge gelernt, schon komisch, einen Tag aus dem Fenster schauen, das hätte sie unter normalen Umständen nie gemacht. Aber was war heute schon normal, eigentlich gar nichts. Wenigstens hatte sie so ihre Ruhe vor all den Gedanken, die sie sonst immer plagten. Manchmal, da wollte sie einfach laut schreien und manchmal einfach nur leise weinen, aber doch blieb ihr Gesicht relativ emotionslos, sie sah nicht unbedingt so tot wie Pergamo aus, hatte manchmal auch ein verschmitztes Lächeln angedeutet, wenn sie mal wieder an was Schönes denken konnte, aber so wirklich einen Grund zum lachen hätte es eh nicht gegeben. Es wäre so schön gewesen, wenn er heute einfach aufgewacht wäre und sie ihn dann umarmen könnte, so aber blieb es wie immer, doch dafür hörte sie ein Klopfen an der Türe. Sie hatte den Jungen schon vom weitem gesehen, wie immer, jeden Tag zur selben Uhrzeit. Sie stand wieder auf und löste sich aus der fast erstarrten Haltung, zumindest der Unterkörper tat ihr etwas weh, ein paar kleine Krämpfe und ein Muskelkrampf, aber nichts weltbewegendes, nichts wo sie sagen konnte, dass es ihr schlecht ging. Mit einem versuchten Lächeln öffnete sie die Türe und nahm den Korb in Empfang und reichte dem Kleinen den leeren von gestern, dieser schaute wie immer etwas ängstlich, war wohl froh als er wieder weg konnte, aber so würde das wohl nie was mit dem Wirtberuf werden, lächeln musste man da schon können, aber der Junge war noch klein, er würde es sicher sehr rasch lernen, wenn er denn wirklich Wirt werden wollte. Isabell ging mit dem mittelschweren Korb wieder nach oben, wo sie ihn auf dem Tisch abstellte und sich setzte, das Fenster ließ sie offen, den ganzen Tag schon, die Luft war heute sehr angenehm und sie wollte es auch nicht verschließen. |
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07.12.2003, 22:37 | #277 | ||||||||||
Isabell Beiträge: 307 |
Es war ein wirklich schöner Tag gewesen, sie hatte direkt nach dem Essen noch einmal zum Fenster geschaut, den Sonnenuntergang genossen, zwar gab es kaum ein kräftiges Rot zu sehen, da die Wolken doch sehr viel verdeckten, doch immerhin konnte man einen wunderschönen Sonnenuntergang erahnen. Dann hatte sie noch das gemacht, was sie jeden Abend machte, ihn gefüttert, auch wenn das jedes Mal so banal war, so war es doch fast Gewohnheit geworden und sie hatte sich auch selber dran gewöhnt diese absurde Tätigkeit zu durchführen. Auch hatte sie sich wieder in ihr Nachtkleid umgezogen, auch wenn das ebenfalls total unnötig war, denn sie verließ ja nie das Haus, aber am Tage wollte man eben doch nicht ganz so freizügig rumlaufen wie man das unter der warmen Decke nunmal tat. Es war wieder etwas kälter geworden, doch sie hatte das Fenster dennoch aufgelassen, stand sie doch jetzt wieder da, wie schon den ganzen Tag zuvor. Heute war es ein wirklich merkwürdiger Tag, zwar hatte sie nicht ganz so viele Zweifel und Sorgen wie gestern oder vorgestern, doch das was sie gemacht hatte war wirklich nur die Zeit rüberretten, in einen weiteren Tag. Wenn er morgen auch nicht aufwachen würde, wäre es dann der achte. Es war so traurig und die schwarze Nacht war das einzige, was sie noch hatte, einfach nur die Natur, zu sehen, wie sich das Licht und auch die Temperatur, aber auch die Sterne abwechselten. Immer wieder in einem ewigen Gezeitenzyklus umhergingen. Dann aber legte sie sich doch hin, es war Zeit genug vergangen, sie war aber gar nicht müde, lag wohl daran, dass soviel Sauerstoff in ihren Lungen war, doch das konnte es nicht alleine sein. Langsam begannen die Sorgen tiefgründiger zu werden, inzwischen war es nicht mehr so klar, nicht mehr so einfach. Jetzt fingen die wahren Sorgen an aufzukeimen, jetzt begann die Verzweiflung und jetzt kamen die wahren Ängste ans Tageslicht, jeden Tag wurde es schlimmer, immer schlimmer, immer schlimmer... |
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08.12.2003, 14:36 | #278 | ||||||||||
Isabell Beiträge: 307 |
Dunkle Schatten legten sich in dieser Nacht auf ihre Träume, auf ihren Schlaf und auf ihren Körper. Sie fühlte sich extrem schlecht als sie aufwachte, denn wieder plagte sie ein Alptraum und sie hatte Kopfschmerzen. Der gestrige Tag, so schön er auch war, wurde gleich wieder von einem schlechten Beginn heimgesucht, aber so war es ja ständig, immer wieder wurde mal wieder auf einen guten Tag ein schlechter geschickt. So sehr sie sich auch versuchte zu entspannen und diese Kopfschmerzen loszuwerden, es klappt einfach nicht, wohl weil eine Entspannung einfach nicht möglich war, es ging einfach nicht. Ihre Gedanken waren immer woanders, doch meistens bei ihm. Keine Besserung, natürlich nicht. Acht Tage nun schon, acht lange Tage. Wer sollte das alles aushalten? Wer nur? Sie hatte nichts weiter tun können als ihm wieder etwas zu trinken zu geben, ein paar Schluck Wasser, wiederwillig hinuntergeschluckt. Wenigstens hatte sich, was das anging wirklich nichts verschlechtert, von einer drohenden Unterernährung war nichts zu sehen, obwohl er ja nichts Festes aß, dieses Mittel der Alten funktionierte, wenigstens eine gute Nachricht. Doch sie wurde sofort zunichte gemacht, denn wieder kam der Gedanke daran, dass das vielleicht alles umsonst war, diese künstliche Lebensverlängerung, denn noch immer gab es keine Zeichen dafür, dass er bald wieder aufwachen würde. Die Alte hatte zwar gemeint, dass er durchkommen würde und alles so wäre wie zuvor, doch von dieser Zuversicht konnte sie nur träumen, davon war nämlich weit und breit nichts zu sehen, sie hatte keine Ahnung, wie das sein sollte, sie konnte davon nichts sehen. Aber es würde schon stimmen, es musste einfach stimmen. Es gab oft Momente, da setzte das normale Wissen, die menschliche Logik einfach aus, denn obwohl es wirklich keine objektive Hoffnung mehr gab, oder eine, die man nur irgendwie beweisen oder begründen könnte, so klammerte sie sich doch an ein Stückchen, dass nur aus ihrem Herzen ausging. Es war so, als ob ihr Herz seines spüren konnte, wie es nachwievor schlug und solange schien sie dieses winzige Stückchen Hoffnung noch zu haben, es nicht herzugeben, einfach weitermachen, wie zuvor, zwar war es alles schwer, es war wahrlich keine schöne Zeit, doch musste sie da durch, es war alles Schicksal, nichts davon hätte sie wirklich beeinflussen können, es war nicht schön, aber die Hoffnung an das Gute, den kleinen Keim den jeder in sich trug, der ließ sie auch die Kopfschmerzen und die psychischen Schmerzen der vergangenen Tage vergessen. |
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08.12.2003, 16:31 | #279 | ||||||||||
Isabell Beiträge: 307 |
Schleichend, schleichend wie der Tod und schleichend wie bitteres Gift, so war das Gefühl des Tages. Es war heute nicht schön, nicht so wie sonst, es war bitter und düster, der Himmel hatte sich grau gefärbt und gab auch keinen äußerst freundlichen Anblick ab. Sie hatte sich gefragt, was es so gab, das war eine ganze Menge. Doch viel mehr fiel sie nun in ein tiefes Loch von Selbstzweifeln und auch diesen Fragen an sich selbst aber auch an Dinge, die nicht antworten konnten. Innerlich sprach sie mit sich selbst, doch äußerlich konnte sie das nicht, auch wenn es vielleicht geholfen hätte mit dem Spiegel beispielsweise zu sprechen. Es war alles schwieriger als je zuvor, sie schaffte das einfach nicht mehr, sie hielt das einfach nicht mehr aus, der Druck war zu groß, sie war dieser Belastung nicht gewachsen, aber dennoch, sie hielt durch, sie gab nicht auf, niemals. Sie war schon längst daran kaputt gegangen, doch war dies kein Grund daran zu zerbrechen, sie hatte noch ein Stückchen Hoffnung, doch aus dem anfänglichen Quell war ein tröpfelndes Etwas geworden, doch solange noch irgendwie etwas bestand, egal was, hauptsache ein Fünkchen da war, solange wollte sie nicht aufgeben und dieses Fünkchen war da, es war zwar sehr sehr klein, aber dafür war es nun schon seit nun mehr acht Tagen regelmäßig da, sie wollte einfach nicht glauben, dass ein Mensch mit funktionierendem Herz und auch einer regelmäßigen Atmung tot war, das konnte einfach nicht sein. Dieser Blitz, er war sicher nicht zufällig eingeschlagen, es gab schließlich kein Gewitter und langsam zweifelte sie auch an dem zufälligen Auftauchen der Alten. Das lief alles fiel zu glatt, Hand in Hand wollte sie fast meinen. Und genau das war es, was sie wieder etwas anstachelte, zwar war es kein direkter Mut oder Hoffnungsspender, aber es war dennoch sehr gut zu wissen, dass es wieder einen Ansatz gab. Zwar hoffte sie, dass diese alte Frau bald wieder auftauchen würde, da sie einfach das Gefühl hatte, sie war der Schlüssel in der ganzen Geschichte, doch so richtig sicher war sie sich nicht, aber vorallem würde sie sie zur Rede stellen, einfach so gehen lassen war nicht, wenn sie hoffentlich noch mal wieder kam. Sie klammerte sich an dieser einen Vermutung, denn es war wirklich offensichtlich, dass da was nicht stimmte. Hoffentlich war es alles kein Spiel zwischen irgendwelchen Seiten und Parteien, die sie nicht kannte, aber das hoffen fiel in diesen Stunden sowieso sehr schwer. |
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08.12.2003, 21:29 | #280 | ||||||||||
Isabell Beiträge: 307 |
Wirklich dunkel war es heute gewesen, gar kein schöner Tag, aber auch sonst war es ziemlich dunkel in ihrem Herzen gewesen, es war so, als ob der gestrige, eigentlich ganz schöne Tag nur eine Ausnahme war, es war wirklich jeden Tag ein neuer Kampf mit ihren Gefühlen, mal war es jenes, mal war es dieses. Immer hin und her, doch im Ergebniss trat sie seit Wochen auf der Stelle. Sie hatte wirklich keine Ahnung mehr, war absolut ratlos. Wie sollte das nur alles weitergehen, seit Tagen trat sie auf der Stelle, inzwischen fing sie schon an die Tage zu zählen, alles genau zu sammeln, es war doch schon gar nicht mehr normal. Diese Krankheit, sie machte nicht nur ihn fertig, soetwas hatte sie noch nie gesehen, wenn nicht bald etwas passieren würde, dann würde es wohl noch schwächer werden. Selbst seine Hand war jetz kalt geworden, obwohl er die ganze Zeit unter der Decke lag, als ob langsam jede Wärme aus seinem Körper gezogen würde, einfach ein langsamer Sterbeprozess vorrann ging. Sie wollte daran nicht glauben, konnte es auch nicht wirklich, doch was sollte sie schon tun, sie hatte keine andere Wahl, entfliehen konnte sie diesem Schicksal eh nicht und was sollte sie schon machen? Traurig war sie, manchmal musste sie auch weinen, doch selbst das fiel ihr schwer, nicht nur das Schlucken, die körperliche Arbeit oder aber auch das bewegen, auch das nachdenken und eben jetzt auch das weinen fiel schwer, es war alles voller Last und Beschwerde. Als ob sich irgendetwas um ihr Herz schlung, irgendein Band aus Eisen, das verschlossen wurde mit einem Schloss und dieses Schloss, das konnte man nur mit dem passenden Schlüssel öffnen und diesen hatte sie nicht, den hatte nur er. Jeden Tag schlung sich das Band ein Stück enger darum, immer enger, bis sie nicht mehr konnte. Wie lange noch, wie lange.... |
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09.12.2003, 06:09 | #281 | ||||||||||
Isabell Beiträge: 307 |
Ihr Kopf schmerzte, mitten in der Nacht schien sie aufzuwachen und es war ein Gräul jetzt noch an da oben zu denken, überall stechender Schmerz, wie die Pein, die sie damals bei Kryliyx erlitten hatte. Die ganze Nichtstuerei aber vorallem die nervliche Anspannung machten ihr schwer zu schaffen, wie Spiegelscherben oder scharfkantiges Glas hatte sich etwas in ihre Schläfen gebohrt und versuchte nun mit aller Macht hervorzubrechen, ein Pochen war zu hören, immer wieder kam es an, donnerte dagegen, wie eine Trommel und eine Pauke. Nur leider war sie in der äußerst ungünstigeren Position als sie es sich eigentlich gewünscht hätte. Immer wieder, ohne Erbarmen, wie ein immer wiederkehrender Kreis, er schloss sich und wie er das tat, im Sekundentakt und wenn es nicht so schlimm gewesen wäre, dann hätte sie am liebsten mitgetanzt, zum Tanz von Pauken und Trommeln. Sie war aufgestanden, hatte sich einen Krug Wasser aus der Küche geholt, doch das hatte auch nicht geholfen, immer weiter ging das Pochen und jetzt warf sie sich wieder zurück auf ihr Bett, mit schmerzerfülltem Gesicht, es war verzerrt, entstellt, hatte sich zu einer komischen Grimasse geformt. Sie schlug mit ihren zarten Händen auf die Bereiche am Kopf weh, die ihr weh taten, doch da passierte nichts, absolut nichts, erst als sie sich unter ihr Kopfkissen gekauert und die Ohren damit zugehalten hatte, die Augen und den Mund verschloss und nur sehr wenig durch die Nase atmete, konnte sie wieder klar denken. Der Schmerz verschwand, er war wie weggeblasen. Einige Zeit verblieb sie noch in dieser Haltung, dann aber stand sie noch einmal auf und ging zum Fenster, etwas frische Luft würde ihr gut tun, aber die Luft war wirklich frisch, etwas zu frisch für ihren Geschmack und schnell war das Fenster wieder geschlossen, erst da erkannte sie, wie sich dicke Eisplitter auf der Unterseite gebildet hatten, wie die Kristalle nun glitzerten. Hoffentlich würde da nichts zerspringen, das war nun das letzte, was sie gebraucht hätte. Mühevoll legte sie sich dann wieder zurück ins Bett, es war noch viel zu früh um aufzustehen, aber diese Kopfschmerzen hatten ihr gezeigt, wie kaputt sie doch eigentlich war, an einen Alptraum konnte sie sich direkt nicht erinnern, das wäre ihr sicher noch im Kopf geblieben, so kurz nach dem erwachen. Aber eines war auch sicher, so langsam ging es nicht mehr, so langsam wurde sie echt labil, sie hatte das noch nie in einer solchen Extreme miterlebt, bei ihrem Bruder war zwar eine ähnliche Situation da, da sie auch nicht wusste, ob er noch lebt oder schon tot war, aber hier bei Pergamo war das vollkommen anders, denn da hatte sie seinen Körper die ganze Zeit um sich, lag zwar massiv in Ungewißheit, doch hatte sie immer etwas sicheres, aber auch etwas schreckliches um sich. Wenn es irgendwie ein Wunder geben sollte dann sollte das doch endlich mal kommen, bitte... |
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09.12.2003, 14:20 | #282 | ||||||||||
Isabell Beiträge: 307 |
Es war wie jeden Tag, bisher, wirklich jetzt kam das was sie immer vermeiden wollte, eine Wiederholung des Tages. Immer wieder dasselbe, das Frühstück vom Abendessen abgezweigt, dann das ewige nichts tun und nachdenken über eigene Fehler, über Schicksal und Tod, über Selbstvorwürfe und über Verzweiflung. Alles wie immer, dieser Tag war ein schlechter Tag, er war total schlecht angefangen und ging jetzt noch viel schlimmer weiter, war es doch kein körperlicher Schmerz, der sie jetzt peinigte, doch etwas sollte anders werden. Es war ungefähr später Mittag, sie hatte sich einen Krug Wasser geholt und an den Tisch gesetzt, sie wollte schreiben, irgendetwas schreiben, ihre Gefühle, ihre Gedanken, irgendetwas aufschreiben, danach konnte man immer noch rätseln, was man tat, doch genau da passierte es. Ein leises Stöhnen ging durch den Raum, zuerst dachte sie, sie hätte irgendwas im Ohr, dann beim zweiten Mal, lief sie etwas erregt ans Fenster und schaute auf die Straße, erst beim dritten Mal drehte sie sich vorsichtig um und sah auf das Bett. Tatsächlich. Es war Pergamo. Sie konnte ihr Glück kaum fassen, sie strahlte über das ganze Gesicht, dabei litt der Mann wohl Höllenquallen, ansonsten würde er wohl kaum so keuchen und stöhnen, aber Isabell hatte das verdrängt, sie war so froh, das erste richtige Lebenszeichen seit nun mehr neun Tagen, verflixt und zugenäht, endlich, endlich, endlich. Als sich ihre Freude ein bisschen gelegt hatte, wurde sie schon wieder etwas nervöser, denn sie hoffte, dass er nun bald seine Augen öffnen würde und zu sich kommen, dass es endgültig vorbei sei, doch da konnte sie lange drauf warten, allerdings war sie sofort zu ihm ans Bett geeilt und hatte sein Gesicht beobachtet, es war nun nicht mehr tot und kalt, es hatte Furchen, Falten und Bewegungen in sich, auch wenn diese alle ein schmerzgepeinigtes Gesicht zeigten, noch waren die glänzenden Perlen auf seiner Stirn nicht zu sehen, doch schon bald würden sie heraustreten und langsam seine Haare nass machen. Das Hoffen auf eine sofortige Besserung war vergebens, denn außer den paar Geräuschen, die schon wieder versiegt waren, war nichts mehr zu hören und seine Augen blieben verschlossen, trotzdem, er lebte und wie. Das war es was zählte, diese kleine, so unnötige Reaktion war es, die ihr mit einem Schlag wieder ein Lachen ins Gesicht zauberte und ihr wieder neue Lebenskraft schenkte, es war so unglaublich, eigentlich war das ganze überhaupt nicht schön, doch da musste man das alles miterlebt haben, anders konnte man es nicht nachvollziehen, es war wichtig, dass es passiert war. Sie hatte seine Hand genommen, gespürt, wie langsam die Kälte daraus gejagt wurde, wie Wärme sie erfüllte, doch sie hatte auch gespürt, wie er zitterte, nur ganz sanft, fast schon innerlich, als ob sein Blut zittern würde. Aber irgendwas musste ja passiert sein, dass er so reagierte. War es ein Traum? Wenn ja, was sah er da gerade, es musste wohl etwas schlimmes sein...sie wusste es nicht, aber trotzdem, alles war anders, eine unglaubliche Veränderung, etwas, über das gesunde Menschen lachen, doch sie wusste, es war ein ganz wichtiger Schritt in Richtung Leben, es gab soviel in ihrem Kopf nachzudenken. |
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09.12.2003, 17:24 | #283 | ||||||||||
Isabell Beiträge: 307 |
Es war ein gutes Gefühl zu wissen, dass er noch lebte, bald schon würde er auch ganz aufwachen, irgendwie halt, sie wollte gar nicht wissen, wie er das alles aushielt, aber bald wäre es vorbei, sie spürte das. Dieses Lebenszeichen war ja auch eindeutig und auch jetzt noch war es nicht vorbei. Es war die ganze Zeit über geblieben, kleine Krampfungen im Gesicht, das sich nun minütlich verzogen hatte, er lebte wieder äußerlich, nicht nur innerlich, wie die Alte gesagt hatte. Sie hatte sich die ganze Zeit nicht vom Fleck gerührt, nur einmal, da hatte sie Wasser geholt und als er es trinken sollte, hatte er zum ersten Mal wieder richtig geschluckt, war heute etwa der Tag der guten Dinge? Ja, es ging aufwärts, bald schon würden sie wieder zusammen lachen und dann wollte sie sowas nie wieder erleben, sicher einen Schutz gab es nicht gegen solche Dinge, wie denn auch, aber trotzdem, einmal und nie wieder. Mittlerweile waren die Schweißperlen aber tatsächlich auf der Stirn zu sehen, Krämpfe durchzuckten den Körper, wie aus heiterem Himmel verfinsterte sich das Bild in seinem Gesicht, ein leichtes Schütteln des Kopfes war eine weitere Folge und die Fingernägel versuchten sich krampfhaft irgendwo festzuhalten, wobei die der rechten Hand noch immer in ihrer waren und so sich in der Haut versuchten festzuklammern. Sie war etwas erschrocken von diesem plötzlichen Umschwung, von dieser Verschlecherung seines Zustandes, zwar bewegte er sich jetzt so, wie selten zuvor und war wohl seit neun Tagen am lebendigsten, doch dieses Leben spiegelte sich in äußerst schmerzvollen Lauten nieder, die gar nicht so menschlich wirkten, was wohl daran lag, dass sein Geist noch immer nicht hierher zurückgekehrt war, wie sonst konnte man es erklären, dass seine Augen geschlossen blieben und er noch immer nichts von seiner Umgebung wahrnahm. Er war wie in einer Art Trace, irgendwie erinnerte sie das ganze an eine Fieberform, die heiße Stirn, der nun rasende Puls, die zittrigen Hände, das alles hatte sie auch schon mal erlebt, doch das war ihr auf jeden Fall lieber, denn dagegen gab es Heilungsmethoden, zwar war sie in denen nicht so bewandert wie die Heiler, doch jetzt konnte sie wenigstens etwas für ihn tun, viel besser als diese leblose, totenähnliche Form, bei der sie so richtig verzweifelt war. Es hatte sich nicht wirklich viel geändert, gerade seine Wahrnehmung war nach wie vor gleich, doch seine Menschlichkeit war irgendwie zurückgekehrt und wenn er auch im bewusstlosen Fieber lag und nichts wahrnahm, so war dies immer noch besser als alles davor dagewesene. |
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09.12.2003, 20:21 | #284 | ||||||||||
Heimdallr Beiträge: 12.421 |
Ein bitterer Schmerz durchzuckte seine Schultern, da wo eben noch etwas eingestochen haben musste, war jetzt nichts mehr, wie ein grauenhaftes Bild zu sehen, er schrie, nur noch schreien, er wollte für ewig schreien, nur noch schreien, nie mehr aufhören. Sein Schrei durchzuckte alles, seine Knochen, seine Muskeln, seinen Kopf, seinen Körper. Doch nicht nur das, er schrie auch ganz Drakia in Grund und Boden. Sein Schrei mochte nicht enden. Dann endlich, Stille, noch immer sah er nichts, geschlossene Augen, geschlossene Seelen, geschlossene Herzen. Schwarzes Loch. Schwarz. Dunkel. Er hörte nichts mehr, er sah nichts mehr, er roch nichts mehr, er fühlte nichts mehr. Wie in einem Tunnel rauschten Äonen an ihm vorbei, auf einmal waren Bilder zusehen. Bilder, bunte Bilder. Verdammte Bilder, schreckliche Bilder, grauenhafte Bilder. Dann gab es wieder einen Knall, ein Blitz zuckte durch seinen Körper, zack, da spürte er ein Zittern, zack, da sah er wieder, was geschehen war, zack, er wachte auf... Seine Augen, sie waren nicht verschwommen, sie waren klar und ganz deutlich, sie sahen alles, sie sahen alles, sie sahen alles. Er war nicht blind. Seine Ohren, er hörte etwas, er hörte ein lachendes Weinen, er hörte ein trauriges Lachen. Sein Geruch, er konnte wieder riechen, er roch ein Stück frisches Brot, er roch ein Stück Käse, ein Stück Fleisch. Sein Gefühl, er spürte eiskalte Wärme, er spürte brennend heiße Kälte. Sein Körper bebte. Überall zitterte er, überall brannte die Haut Löcher. Auf einmal sah er Isabell, wie er sie doch die ganze Zeit sah, er sah alles und nichts. Er sah jemanden weinen, jemanden lachen, er sah jemanden in einer unglaublich schönen Häßlichkeit, er sah jemand, denn er schon verloren geglaubt hatte. Er erhob sich, wurde sanft zurückgedrückt von Isabell, doch das half nichts, sein Wille war stärker, seine Knochen knirschten, seine Muskeln brannten, doch trotzdem, er war vollkommen gesund, so ein Wahnsinn, was war das nur für ein Schmerz, eine Woche lang nur dagelegen, seine Muskeln waren taub. Trotzdem schaffte er es, er musste es einfach schaffen. Er wollte nicht mehr daliegen, schien zu wissen, was passiert war, doch befand er sich noch immer in einem Schock. Er umarmte die aufgelöste Frau, hielt sie fest, lange und intensiv, er hatte es geschafft, er hatte das alles hinter sich, doch im Moment wusste er noch nicht mal, wo er eigentlich genau war, könnte nicht mal sagen, was eins plus eins ist, er war total in Trance. Er ließ sie wieder los, er konnte es eh nicht verstehen, er wusste ja nicht mal, was er eigentlich gerade hinter sich gebracht hatte. Er ging mit leerem Kopf durch den Raum, seine Augen sahen zwar, doch sein Gehirn arbeitete nicht, sein Kopf krachte gegen die Wand neben der Treppe, ein Schmerz durchzuckte ihn abermals und dann sank er zu Boden, genau auf die Treppe, zack, war er unten. Irgendwas gebrochen? Nein, alles noch ganz, zum Glück. Er richtete sich auf, raus aus dem Haus, an die frische Luft, er rannte und rannte zum Hafen, doch er war nicht alleine, ein Schatten folgte ihm auf jeder Spur. |
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09.12.2003, 20:37 | #285 | ||||||||||
Isabell Beiträge: 307 |
Was wer denn nur mit ihm los? Isabell war so glücklich, dass er wieder da war, als er geschrien hatte, das war so ein schönes Gefühl, genau wie das alles davor, es war paradox, aber sie genoss das Grauen geradezu und als er dann die Augen öffnete, dachte sie schon, alles wäre jetzt gut, doch dann verhielt er sich so merkwürdig, krachte gegen die Wand, fiel die Treppe runter, verschwand durch die Tür. Das ganze war verrückt, er war verrückt, aber wer weiß schon, was da los war, sie hatte ja keine Ahnung, es war vielleicht alles viel schlimmer, als sie im ersten Moment gedacht hatte, doch hauptsache er war jetzt wach, man konnte sich wieder unterhalten, auch wenn das sicher noch etwas dauern würde. Es wäre sicher schwer, jetzt wieder alles so zu schaffen, wie es davor gewesen war, doch das war jetzt egal, sie wollte auch gar nicht darüber nachdenken. Er war wieder da, das Leiden hatte ein Ende, von einem Tag auf den anderen. Doch sie musste ihm folgen, er schien nicht er selbst zu sein, vielleicht ging da noch etwas in ihm nach, gut vorzustellen war es auf jeden Fall, sie konnte jetzt nicht einfach dableiben, wer weiß, was sonst noch passieren würde. Zum Glück musste sie sich nicht noch lange umziehen, hatte noch immer ihr Gehkleid an, sofort eilte sie aus dem Haus und versuchte dem Fürsten zu folgen, er war so verdammt schnell, rannte ja geradezu. Aber wohin? Richtung Hafen? Was wollte er denn dort beim Hafen? Es war mittlerweile stockdunkel, man konnte kaum mehr die Hand vor Augen sehen, nur noch wenige Sterne funkelten am Himmel, der Mond war verdeckt, das Rauschen kam näher. Er musste es schon sehen, sie war ihm dicht auf den Fersen. Was hatte er nur vor? Wenn sie das nur wüsste. Auf jeden Fall war sie dabei, sie musste es einfach sehen. Hach ja, egal was, so etwas würde nie mehr passieren. Nie mehr, oder auch nicht. Nie mehr. Ihr Gesicht strahlte noch immer, zwar war sie etwas verwirrt, doch die Freude konnte das nicht schmälern, morgen würde ein neuer Tag beginnen, vielleicht ein neues Leben. |
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09.12.2003, 21:07 | #286 | ||||||||||
Heimdallr Beiträge: 12.421 |
Aus seinem anfänglichen Gang wurde ein Rennen, immer und immer wieder, schneller und schneller. Er wurde immer schneller, rannte trotz der Rüstung am Leib zum Hafen, vor seinen Augen war ein klares Straßenbild zu sehen, doch in seinem Hirn war er verschwommenes Bild von lauter schwarzen Löchern zu sehen, mal konnte er sehen, mal nicht, meistens hörte er nur auf das Rauschen. Es zog ihn nur Richtung Meer, er fühlte sich so schmutzig, so dreckig, so abartig. Er musste sich reinwaschen, sich salben. Endlich krachten die Stiefel auf die hölzernen Pierbauten, er rannte den ganzen Steg entlang, hämmernd bis zum Ende. Dort blieb er stehen, sofort zog er seine Rüstung aus, seinen Umhang, seine Stiefel, einfach alles, er spürte mit jedem Kleidungsstück weniger die Kälte, es war so dermaßen bitter kalt, dass er jetzt schon frierte, doch das war egal, das war total egal. Er hörte noch ein paar andere Schritte auf dem Steg, wahrscheinlich von dem Schatten, der ihm gefolgt war, hörte Worte in seinem Ohr, doch das Rauschen brauste weiter in seinen Hörmuscheln. Er ließ es drauf ankommen, er hatte gar keine andere Wahl. Er sprang. Nur Zentelsekunden dauerte sein Sprung, dann tauchte er ein, in das eiskalte Wasser, es ließ seine Haut zerbersten, ließ sie brechen, ließ sie platzen, sie erfror in einer Sekunde, alles erfror in einer Sekunde, seine Haare nahmen Eiskristalle an, doch sofort waren sie wieder mit einer Welle weggespült. Er blieb lange unter Wasser, sehr lange, zu lange. Fast ohne Luft mehr in den Lungen, durch die eisige Kälte fast bewusstlos werdent, tauchte er wieder aus, seine Haare ließen Eis- und Wasserkristalle aufsplittern und durch die Luft fliegen. Nun war er da im Wasser, bis zum Bauch ging das Wasser, wenn eine Welle kam, ging es bis zum Hals, er nahm seine gefrorenen Hände und wusch sich über den Körper. Er wusch und wusch, den ganzen Schmutz, den ganzen Dreck, alles wusch er weg. Das salzige Wasser hatte schon den Geruch an den Körper gebracht, doch das störte ihn nicht, im Gegenteil, er wusch einfach weiter, ließ seine Hände durch das Gesicht fahren, durch seinen ganzen Körper. Endlich hatte er es geschafft, das Meer hatte seine Seele und sein herz gereinigt, jetzt war er wieder klar, jetzt war er wieder ein Mensch, ein erfrorener Mensch, aber er war einer. Bis er über all das nachdenken konnte, über heute und gestern, über morgen und jetzt, das würde noch ein paar Stunden dauern, doch jetzt wollte er nur noch hier raus, er hielt das nicht mehr aus. Leise flüsterte er. Danke Meer, danke Meeresgott und dann wandte er sich zu der besorgt aussehenden Isabell am Steg. Isabell, hol mich hier raus, ich erfriere. Sie reichte ihm die Hand und er schwamm zu ihr und ergriff sie, mit vereinten Kräften konnte er sich dann wieder hochziehen, dann lag er da, verdammt am Ende, verdammt kalt, doch auch verdammt glücklich. |
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09.12.2003, 21:28 | #287 | ||||||||||
Isabell Beiträge: 307 |
Sie hatte es nicht glauben können, vielleicht nicht glauben wollen, sie wollte ihn noch aufhalten, schrie noch, das das half nichts, er hatte es tatsächlich gewagt. In dieses eiskalte Wasser war er gesprungen, unglaublich aber wahr. Das waren doch keine fünf Grad da drin, so ein verrückter Kerl. Zeitweise hatte sie richtig Angst um sein Leben gehabt, doch das war dann verflogen, denn es schien ihm richtig Spaß zu machen in diesem eiskalten Wasser zu baden. Man sah seinem nackten Körper aber auch an, wie er jede Sekunde litt, wie er blau anlief und wie sich tiefrote Flecken bildeten, als er dann endlich raus wollte, war sie froh, dass er sie wieder erkannte, er schien wieder total in Ordnung zu sein, hoffentlich war dem auch so, aber man musste nachsichtig sein. Natürlich hatte sie gelitten, was sie durchgemacht hatte, das war sicher nicht zu begreifen, wenn man es nicht selber mal gemacht hatte, doch was hatte er schon erlebt? Konnte sie sich wirklich ein Urteil bilden, durfte sie überhaupt darüber rätseln, was ihm geschehen war? Sie glaubte nicht, doch das alles war ja nicht so wichtig, hauptsache es ging ihm gut. Schnell hatte sie ihm seine Sachen geholt, packte ihn in alles ein, was er so hatte, was leider gar nicht viel war, doch als die Rüstung dann wieder an war, da schien die größte Kälte die noch neu hinzukam erst mal weg zu sein, doch zittern musste er trotzdem noch unwahrscheinlich, wenn es jetzt nicht diese komische Situation gewesen wäre, hätte sie gesagt, dass er doch selber Schuld war und sich nicht beklagen sollte, doch andererseits hatte sie keine Ahnung, was diese Wahnsinnstat für einen Hintergrund hatte, sie wusste es wirklich nicht, konnte sich keinen Reim auf all das machen. Eingepackt war es zwar besser, doch er würde trotzdem nicht lange überleben, denn auch die Luft war eiskalt und er war triefend nass, so würde er sich doch noch umbringen, wenn er nicht bald ins Warme kommen würde. Schnell nahm sie in an der Hand und zog in zurück zum Haus, seine Beine waren auch gefroren und es fiel schwer zu gehen, doch sie schafften es noch bis zum Haus, bis seine Beine dann ganz schlapp machten, doch jetzt waren sie ja da. Schnell drehte sie den Schlüssel um, öffnete die Tür und dann, ja dann waren sie wieder zurück. |
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09.12.2003, 21:57 | #288 | ||||||||||
Heimdallr Beiträge: 12.421 |
Gerade noch in das Haus geschafft, dann war er mit den Kräften am Ende, er hätte noch so gerne ein Feuer gemacht, noch für Wärme gesorgt, hätte sich gerne gefragt, was da alles passiert war, hätte gerne Isabell gefragt, was hier los war, hätte sich gerne gefragt, was mit ihm geschehen war, doch das ging nicht, er löste sich von ihrer Umklammerung, machte noch ein paar Schritte nach vorne und krachte dann abermals wogegen, dieses Mal mit dem Körper auf den Boden. Bevor er aber vollends wegsackte, sprach er noch flüsternd, gerade so, dass sie es hörte. Lass mich liegen, ich übersteh die Nacht schon Dann war's mit ihm geschehen, zappenduster, weg war er. Wo er nun hin ging, das wusste er nicht, er war bewusstlos, die Kälte würde ihn wirklich nicht töten, das war klar, dafür würden schon weltliche und andere Umstände sorgen, aber diese Reinigung war notwengig, erst jetzt war er wirklich frei, erst jetzt wusste er wieder, was geschehen war. Davor war er unvollkommen, davor war er kaputt, zerstört. Jetzt aber ging es ihm gut, er schien zu schlafen, er schien sich zu erholen, morgen würde alles wieder so sein wie vorher, doch nichts würde jemals wieder so sein wie vorher, er war gebrochen, innerlich gebrochen, das Geheimnis, dass er von seiner Kurzreise mit in diese Welt nahm, davon ahnte er noch nichts, konnte nicht wissen, welches Wissen ihn zurück begleitete. Das alles war ihm jetzt egal, egal wie noch nie etwas je zuvor war, doch das könnte er nicht ewig so halten. Isabell hatte verstanden, sie ließ ihn in Ruhe, instinktiv entzündete sie noch ein Feuer unten, dann verschwand sie oben, sie wollte eigentlich nicht gehen, doch irgendetwas trieb sie an, sie musste einfach nach oben gehen. Es war totenstill, als er da unten lag. Niemand regte sich mehr, nichts keuchte, nichts atmete. Er war ganz alleine, hier unten, ganz alleine. Blut rann aus seinem Munde und bildete schon nach fünf Minuten eine Lache, so groß wie ein ausgelaufener Teller Suppe, er starb einen schleichenden Tod und doch bildete sich neues Leben. Seine Augen wirkten unmenschlich weit hinaus gebeugt, ansonsten lag er da, wie ein schlafender Mensch. Vielleicht war es das, warum Isabell gehen musste. Langsam knisterte das Feuer an sein Ohr, ein schwarzes Funkeln aus seinen blauen Augen, er richtete sich auf und trank das Blut auf, er war nicht er selbst, aber er trank dieses viele Blut, aus seinem eigenen Körper. Nach dem mitternächtlichen Trunk stöhnte sein Körper und ein Schmerz ging durch seine Schultern, danach sackte er zusammen und war am Ende, es war vorbei, es war vorbei, die Macht war gebannt, aber nicht weg, sie befand sich nun in seinem Körper, doch war da jemand, der sich darüber sehr freute. |
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10.12.2003, 13:30 | #289 | ||||||||||
Isabell Beiträge: 307 |
Tiefe Augen blickten in sich, die Iris des anderen umfassend, blau und rot, vielleicht zerschmolz das ja zu grün, wer weiß. Jedenfalls waren sie heute nicht mehr rausgegangen. Sie wollten auch gar nicht rausgehen, hatten sich darauf verständigt heute noch ein letztes Mal hier zu bleiben, hier im Hause, wo es schön warm war. Das Feuer prasselte und knisterte sehr romantisch und entschädigte für all das, was in den vergangen Tagen passiert war. Zusammen saßen sie nun davor, jeder in einem der Sessel, die eine Hand über die Armlehnen und er hatte sich tief in die Kopflehne gemummelt, während Isabell auch noch mit dem Arm auf der Armlehne war und gespannt zu ihm schaute. Alles wollte sie wissen, was passiert war, ob er sich überhaupt an was erinnern konnte und was eigentlich geschehen war, sie hatte hundert Fragen, wollte soviel sagen, doch irgendwie beschränkte sich das ganze doch auf wenige Worte, dafür aber gezielte Schlagwörter. Sie wollte einfach nur wissen, warum. Warum sie so leiden musste und ob er auch dasselbe durchmachen musste. Auch war sie ein bisschen neugierig, ob er an sie gedacht hatte und was er noch sagen wollte, kurz nachdem ihm der Blitz getroffen hatte. Doch eigentlich war sie schon so froh, er hätte auch gar nichts erzählen müssen, einfach nur da sein, einfach nur sich bewegen, innerlich und vorallem äußerlich Gefühle zeigen, für sie da sein. Sie verlangte eine Menge, doch war es gar nicht so schlimm, es war ja schon fast alles da, wenn er nur wach war. Oder auch nur in ihrer Nähe, aber lebend, mit dem Gefühl, dass sie ihn jederzeit wecken konnte. Verdammte Zeit, dachte sie innerlich und verfluchte diese Tage, doch war sie sich gar nicht mal so sicher, jetzt wo er wieder da war, ob diese Zeit so schlecht denn gewesen war. Vielleicht war es das entscheidende, vielleicht auch nicht, aber es war sehr wichtig. Vielleicht nur für ihre ewige Freundschaft, aber vielleicht auch für eine temporäre Liebe. Es ging alles sehr langsam, sie hatte einen Tee gebrüht und der war sehr heiß gewesen, an diesem hatte er noch genippt, bevor er wieder weitersprach, überhaupt hatte er nicht viel gesagt, aber deswegen waren sie ja hier, um über alles zu sprechen. Damit sie es auch beide verstehen und verdrängen konnten, vergessen konnte man das niemals. |
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10.12.2003, 13:59 | #290 | ||||||||||
Heimdallr Beiträge: 12.421 |
Man tat das gut, als er heute Mittag irgendwann um Zwölf aufwachte, zwar auf dem Boden liegend mit einer Art Nackenkrampf, Gelenkschwund und Muskelschwäche, aber das war ja alles nichts gegen dieses mir-gehts-gut Gefühl. Ja, er fühlte sich wirklich wieder einigermaßen gut, doch natürlich konnte das nicht das alles verdrängen, was passiert war, das hatte sich in seinen Kopf gehämmert und da war er jetzt eben angekommen. Doch zumindest war er wieder bei vollem Bewusstsein, er wusste wieder, wer er war, wo er war, was er getan hatte und was passiert war, nur so genau war das alles noch nicht, vorallem wusste er überhaupt nicht, wieviel Zeit vergangen war, was mit seinem Körper los war, ob er sich irgendwie komisch verhalten hatte und was da eigentlich alles los war. Es war total komisch und gleichzeitig auch logisch, aber er verstand es einfach nicht. Alleine die Tatsache, dass er in einem Bett aufgewacht war, machte ihm Sorgen. Er wusste doch genau, dass es kein Traum sein konnte, das hatten sie doch mehrere Male einstimmig verstanden und jetzt schien alles doch nach einem Traum auszusehen. Er verstand es wirklich nicht, auch die Rolle von Isabell war ihm noch immer nicht klar, obwohl sie gar keine hatte, jedenfalls keine für ihn bedeutende. Es war wirklich ein Kreuz mit diesen ganzen Geheimnissen auf der Welt, doch man konnte wirklich sagen, dass er glücklich war, wieso auch nicht, er hatte dieses Grauen überstanden, er war sehr froh darüber und alleine die Tatsache, dass er hier war, machte doch Hoffnung, dass auch die anderen so enden würden. Oder auch nicht. Wer weiß, so wichtig waren sie auch nicht. Die Erinnerungen waren nicht mehr die besten, aber das er einen vergessenen Freund wiedergefunden hatte, das wusste er noch. Hoffentlich sah man sich irgendwann mal wieder, vielleicht wieder nach ein paar Mondjahren. Er hatte von dem Mädchen ein bisschen Essen gereicht bekommen, es waren diesselben Sachen, die er gestern gerochen hatte, Brot, Käse, Wurst. Er brauchte das eigentlich alles nicht, er fühlte sich in Ordnung, doch auch ein tiefes Hungergefühl hatte ihn beschlichen. Nun saß er an diesem Kamin, den er selbst entzündet hatte und lehnte sich nach hinten, einfach mal wieder entspannen und doch alle Sinne bei sich haben. Einfach mal das alles sammeln, es war schließlich nicht irgendwas, sondern ein ganz schöner Brocken, den er da verarbeiten durfte. Doch jetzt war ja zum Glück alles wieder wie immer, vielleicht war das auch schlecht, denn wie immer bedeutete Alltag, aber andererseits fühlte er sich jetzt noch enger zu ihr hingezogen als zuvor, die einzig positive Lehre, die er aus seinen bruchstückhaften Erinnerungen noch mitnehmen konnte. Langsam stellte er die Tasse Tee zurück auf den Sims des Kamins und lehnte sich zurück. Mit geschlossenen Augen und versucht entspannter Mine begann er zu erzählen, was er noch wusste. Ich sah die ganze Zeit Bilder. Bilder in meinem Kopf. Anfangs dachte ich, es war ein Traum, natürlich, jeder hätte das gedacht. Dann aber wurde es länger und länger, die Stunden verstrichen und auch die Bilder wurden heftiger. Traumuntypisch. Ich glaubte nicht mehr an einen Traum. Es schien Realität zu sein. Wir waren in einer düsteren Gegend. Es war da überall dunkel und grau. Wir waren in einem Dorf. Den Namen habe ich vergessen. Dort gingen merkwürdige Sachen von statten, ein paar Leute erzählten etwas, ich weiß nicht mehr genau was. Jedenfalls waren wir auf der Suche, ich glaube wir suchten einen Fluchtweg, vielleicht irre ich mich auch. Nun, irgendwann kamen wir an eine Schlucht, dort wurde es dunkel und komische Wesen kamen. Vielleicht waren es Vögel. Wir kämpften. Ich verlor. Irgendwie. Ich weiß nicht mehr. Dann wachte ich hier auf. Ich frage mich jetzt doch, ob es ein Traum war. Was ist denn eigentlich Geschehen, hier in Drakia? |
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10.12.2003, 14:33 | #291 | ||||||||||
Isabell Beiträge: 307 |
Gespannt hörte sie die Worte von Pergamo, fast jedes Wort schien Angst inne zu haben, es war richtig unheimlich was er da erzählte, jetzt bekam sogar das Flackern des Kamins einen unheimlichen Hauch von tanzenden Schatten und unheimlichen Bildern, doch das war ja Blödsinn, trotzdem, sie konnte sehr viel und sehr gut verstehen, wahrscheinlich musste er da jeden Tag wie in einem wirklichen Leben erlebt haben und diese unheimliche Gegend sorgte wohl für sowas wie Unbehagen, vielleicht sogar Angst bei ihm? Nun, das würde auch erklären, warum er am Ende dann so ein ganz klares Anzeichen von Fieber bekam, so eine Art Reaktion auf das Gesehene, dass dann unfaßbar war. Sie sah ihm kurz in die Augen, die sich beim letzten Hauch seiner Erzählung wieder geöffnet hatten, danach lehnte sie sich zurück und begann ihrerseits zu erzählen, doch dabei fiel ihr kaum was ein, was sie am Anfang sagen konnte. Ein schweres Schlucken verband sie zur Überbrückung und überlegte, aber am besten, sie erzählte ihm die Wahrheit, natürlich würde sie das tun. "Es ist zuviel passiert...hier. Kannst du dich noch an den Tag deines "Verschwindens" erinnern? Wir waren erst in der Taverne, dort warst du schon so komisch, du warst seltsam ruhig und deine Körpersprache war anders. Ich habe mir da noch nichts gedacht, doch als du dann einfach gegangen bist, bin ich hinterher. Du wolltest spazieren gehen glaube ich. Wie ein Irrer bist du durch das Dorf gelaufen, bis wir dann am Marktplatz waren, dort wurdest du langsamer. Wir hatten uns etwas aus den Augen verloren, du warst ein paar Meter hinter mir, da hörte ich einen Schrei von dir, wie du dabei warst in die Knie zu gehen. Ich......" Sie stockte, sie wusste auf einmal wieder genau, was da war. Ganz genau. Ihre Erinnerung war nicht schlecht, doch hätte sie das mal sein sollen. Nichts als die Wahrheit, auch wenn es bitter war, sie musste es ihm einfach erzählen, bis ins kleinste Detail, das war doch jetzt alles egal, nach alldem war das doch so unbedeutend und doch kostete es enorm viel Überwindung. Ein fragender Blick sah zu der Frau, irgendwie anders als fragend, eher so überrascht oder auch verständnisvoll, aber sie setzte ja schon wieder an um weiterzureden. "Also ich...ich habe es gewusst. Nicht wie du jetzt sicher denkst, ich weiß es ja selber nicht. Ich hatte in der Nacht davor, an genau diesem Morgen einen Traum. Dort war alles genau so, wie es passiert war. Alles, wirklich alles. Bis ins kleinste Detail wusste ich, was passieren würde, das mit dem Dorfplatz, alles. Ich dachte, es wäre nur ein Traum, ich konnte ja nicht ahnen, dass es eine Zukunftsvision war, doch als ich verstand, was wir da taten, da war es schon zu spät. Du warst nach diesem Schrei so gut wie weg, hast noch diese Wortsilben gestammelt, bist aber nicht ganz fertig geworden und dann in meinen Armen weggesackt. Du wurdest nicht mehr wach, egal was ich auch tat. Ich habe dich dann ins Haus geschleppt, aber ich war nicht allein, da war noch eine alte Frau, sie ist wie aus dem Nichts aufgetaucht und hat mir geholfen...." "Eine alte Frau. Und was hat sie gemacht" "Ich weiß nicht, es war alles so komisch, sie sagte komische Sachen, ich sollte auf jeden Fall im Haus bleiben, damit ich da wäre, wenn sie wieder an die Tür klopft. Das habe ich dann auch gemacht, weil sie versprach zu helfen. Nun, da hatte sie auch Recht. Aber neun Tage, es dauerte neun Tage. Ich weiß nicht, wie ich diese Zeit durchgehalten habe, ich weiß es nicht. Manchmal hatte ich die Hoffnung schon aufgegeben, dass du jemals wieder erwachst." "Was war denn mit mir?" "Du hast nicht geschlafen, nein, du warst wirklich scheinbar tot. Dein Herz schlug regelmäßig und auch der Puls war in Ordnung, genau wie der Atem, doch ansonsten, nichts. Dein Gesicht war tagelang das gleiche und du hast dich keinen Zentimeter bewegt, als ob deine Muskeln und Knochen weg wären. Zudem konntest du ja nichts essen, aber diese Alte, sie kam noch mal und hinterließ einen Trank, mit dem konnte ich dich am Leben halten und etwas Wasser pro Tag. Ich weiß nicht, ob du nach neun Tagen ohne Essen gestorben wärst, aber so war es sicher einfacher." "Ich verstehe. Mein Körper war hier und doch war ich nie wirklich ein Mensch. Wie hast du dich gefühlt, verzeihe mir die unsensible Frage, aber ich muss das wissen. Ich muss alles wissen." "Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich verstehe das schon. Aber trotzdem. Diese neun Tage, ich glaube zumindest das es neun waren, waren die absolute Grausamkeit. Weißt du, nach all dem Erlebten in der Vergangenheit hatte ich gehofft nie wieder so leiden zu müssen. Und es war vielleicht das schlimmste von allen. Ich fühlte mich, als ob das eine Probe war, schließlich war es so sinnlos. So absolut sinnlos......" Stille. Knisterndes Feuer. Stille. "Und du, was hast du gefühlt?" "Ich wollte nur zurück, ich habe oft an dich gedacht. Aber irgendwann habe ich nicht mehr daran geglaubt, dass ich diese Welt je verlassen kann, ich muss wohl Bilder gesehen haben, die Vorstellungskraft von Menschen sprengen, weswegen sie nur ein paar Schatten in meinem Gedächtnis sind. Auf jeden Fall möchte ich nie wieder dergleichen erleben." Stille. Knisterndes Feuer. Stille. Dann berührten sich ihre Lippen zueinander und trafen sich in der Mitte der Sessel, es war alles gesagt, sie wollten es beide irgendwie nur hinter sich lassen. Der Kuss beendete das alles, dieses Gespräch, diese Tage und es verband sie noch mehr. |
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10.12.2003, 16:13 | #292 | ||||||||||
Heimdallr Beiträge: 12.421 |
Sein Gesicht hatte sich zu einem Lächeln geformt. Sie hatte es also gewusst. Sie hatte es wirklich geahnt. Er war ihr nicht böse, im Gegenteil, er war froh darüber. Nicht über die Schmerzen, nicht über die Selbstschuld, die sie peinigte, er war einfach nur froh, vielleicht war es auch nicht richtig, aber trotzdem. Er konnte sich selbst nicht erklären, was da genau abgelaufen war, doch er war sehr froh es hinter sich gelassen zu haben. Manchmal hatte er Angst, dass er sich nicht mehr freuen würde, wenn er es tatsächlich hierher zurückschaffen würde. Doch jetzt, jetzt wo er wirklich zurück war, da war diese Angst total unbegründet, denn es gab nichts schöneres auf der Welt, als hier zu sein. Das ganze war total anders, es war nicht so wie beim letzten Mal, da war viel zu viel Zeit vorbeigegangen, zwischen Kryliyx und ihnen. Aber jetzt kannten sie sich schon näher, hatten voneinander gelernt, den anderen erschaffen. Jetzt, wo er wusste, dass er sie liebte, jetzt wo er aus diesem Grauen kam und sie ihrer Qualen erlöst wurde, jetzt war das anders. Sie wollten einander nie mehr so etwas erleben, wollten Besitz verschließen. Doch so ganz hatte er nicht verstanden, wie es dazu gekommen war. Ein Blitz, oder einfach nur ein Schmerz? Egal was es war, das ihn da auf dem Dorfplatz in die Knie zwang, es würde nie mehr zurückkehren. Doch wer weiß, ob es nicht mal wieder etwas ähnliches geben würde, wer wusste das schon. Er konnte weder Isabell, noch sich selbst versprechen, dass es nie wieder dazu kommen würde, er konnte ihr genau so wenig nicht versprechen, nicht zu sterben. Aber er wollte alles dafür tun, was in der Macht eines Menschen stand, der kein Mensch mehr war. Schon lange nicht mehr. Er wollte ihr am liebsten jetzt das sagen, was er schon seit Tagen mit sich rumtrug, aber er konnte es nicht, zuerst musste das alles wirklich gesammelt und verarbeitet werden, momentan konnte er nicht mal groß an körperliche und seelische Zuneigung denken, er fing gerade erst wieder an sich an all das zu gewöhnen. Dieser Kuss, er erfüllte ihn mit höchster Zufriedenheit und doch war es so, als ob es sein erster Kuss auf dieser Welt gewesen wäre. Es war ein neues, ein fremdartiges Gefühl, ein Gefühl, das er neu erlernen musste. Doch egal wie lange es dauern würde, irgendwann würden die alten Tugenden zurückkehren und die negativen Seiten würden sie einfach beide rauslassen. Es war kein direkter Neuanfang, da nichts wirklich kaputt war, im Gegenteil, seine Liebe war noch viel stärker, genau wie ihre Zuneigung, vielleicht auch ihrer Liebe, aber trotzdem, was da passiert war, das konnte man nicht hinter sich lassen, ein Neuanfang mit alter Erinnerung wäre das beste für sie, ohne sich zu zerstören. Das Feuer knisterte nur noch leise, er stand vorsichtig auf und legte fünf Scheite nach, danach setzte er sich wieder vorsichtig und seine Knochen ächzten, noch immer tat alles weh, es würde einige Zeit dauern, bis es wieder normal wäre, doch ein langsamer Muskelaufbau war sicher das beste. Vorsichtig legte er seine Beine hoch, an den Kamin, der aber an seinen Seitenausläufern nicht die Hitze besaß, wie an zentralen Position und dann schloss er wieder die Augen um weiterzudenken, dabei umklammerte seine Hand die ihrige und spürte jede Sekunde, wie sie doch noch immer bebte. |
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10.12.2003, 17:31 | #293 | ||||||||||
Isabell Beiträge: 307 |
Isabell war nicht entgangen, wie er sich noch immer quälte und Mühe hatte bei jeder permanenten Körperbewegung, doch das konnte selbst sie nicht ändern, er hatte eben neun Tage nichts gemacht, beim ständigen Liegen wohl einen Krampf bekommen oder seine Muskeln hatten bewusst abgebaut, doch das würde er schon wieder schaffen, da war sie sich sicher, ganz sicher würde er das alles durchstehen. Aber er war auch sehr ruhig, kein überflüssiges Wort, keine unüberlegten Handlungen, er schien unsicher und deswegen übervorsichtig, aber was war denn schon los, sie selber hatte es ja auch kaum faßen können, aber bei ihr dauerte es nicht ganz so lang das alles zu verarbeiten. Sie begann schon wieder damit, ein einigermaßen normales Leben zu führen, was ihr vielleicht leichter fiel, obwohl sie direkt von all dem betroffen war, aber es war auch besser so. Dauernd Trübsal blasen war sicher nicht richtig, sie durften sich jetzt nicht hängen lassen, eine neue Aufgabe wäre genau das richtige für sie, etwas, bei dem sie vergessen konnten, wo sie einfach an etwas anderes denken mussten. Ob es sowas gab? Sie fragte sich wirklich, ob es sowas gab, doch sie würden es schon finden. Sie hatte dann auch die Augen verschlossen und einfach nur versucht Ruhe zu finden, auch wenn sie sich sicher war, dass er da etwas ganz anderes darunter verstand als sie. Aber was sollte sie tun, ihr war es unangenehm zu sehr darüber nachzudenken, für sie war es erledigt, genau wie mit Kryliyx, da hatte Pergamo ja auch gesagt, dass sie es verdrängen und bekämpfen musste, also war es hier wohl kaum andersrum. Er würde es auch irgendwann akzeptieren, irgendwann. Zeit hatten sie genug, Zeit war unendlich und Zeit war nichts. Zeit bedeutete ihr so gar nichts. Das einzige auf was die weltliche Zeit eine Bedeutung hatte, war das Ende auf der weltlichen Erde, doch danach waren nur ihre Körper, ihr menschliches Fleisch, vernichtet, würden langsam verrotten und zu dem werden, was sie auch waren. Staub und Asche. Doch danach waren sie noch lange nicht getrennt, nein, ganz sicher nicht. Ob er das genauso sah? Mißtrauisch und etwas ungläubig schaute sie zu dem Jungen, von dem sie annahm, dass er noch immer meditierte, aber er hatte seine Augen geöffnet, sie blickten ja so anders, so konzentriert, fast böse. Die Augenbrauen an den Seiten wirkten wie königgleiche Flügel seiner Majestät und die Mundwinkel hatten sich zu einem Raubvogelblick verzogen. Es war anzunehmen, dass er gerade an diese Welt dachte, jedenfalls war ihr dieser Blick nicht geheuer, normalerweise hatte sein Blick zwar nichts übernatürlich fröhliches, aber es waren immer einzelne Falten zu sehen, die sein jugendliches Aussehen unterstrichen. Jetzt aber wirkte er wie jemand, der augenblicklich zum tödlichen Schlag ausholen sollte. Zum Glück konnte man fast sagen, klopfte es dann an der Tür, sie konnte gut sehen, wie er erschrak bzw. überrascht wurde, es riss ihn heraus und augenblicklich kamen diese besonderen Falten zurück, als er sich dann umdrehte und dabei ihr hervorlukendes Gesicht sah, lächelte er schon wieder. Also doch kein Grund zur Sorge, dass er vielleicht verbittert war. Aus dem Lächeln wurde aber schnell ein Tunnelblick mit Fragezeichen und so wunderte sie sich auch nicht über seine Frage. "Wer ist das?" "Unser Abendessen, warts ab, gleich gibts ne kleine Stärkung." "Abendessen? Ich versteh gar nichts mehr..." Isabell stand auf und ging zur Türe, wo sie dem Jungen öffnete. Ungläubig schaute Pergamo auf die Türe und sagte aber kein Wort, der Junge nahm nur schnell den bereitgestellten Korb und ging dann wieder, eigentlich wollte sie jetzt ihren Freund noch kurz vorstellen, aber da war er schon weg. "Hab ich dir nicht erzählt hm? Also da ich während der Zeit deiner Ohnmacht, oder wie man das nennen will, nicht außer Haus zum Essen gehen wollte, habe ich mit dem Wirt ausgemacht, dass er mir das Essen schickt, per Boten." "Hm, du wolltest nicht aus dem Haus gehen? Wegen mir? Aber ich konnte doch eh nichts für dich tun. Ich verstehe das nicht." "Ich wollte dich einfach nicht hier alleine lassen. Bei dir sein, wenn du Schmerzen hast oder doch ein Zeichen von dir gibst. Außerdem musste ich doch da sein, wenn die Alte klopfte." "So ist das? Hm...ich verstehe nun. Und der Junge, ist der nicht der Kleine, den ich bei dem Fest neulich traf?" "Ich schätze schon. Es gibt nicht viele in seinem Alter. Aber jetzt lass uns essen, ab morgen essen wir wieder richtig." "Wie du meinst." |
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10.12.2003, 18:23 | #294 | ||||||||||
Heimdallr Beiträge: 12.421 |
Er war wirklich noch nicht ganz der Alte, bei allen Erinnerungen überlegte er erst zweimal, ob es auch wirklich die richtigen waren, denn er hatte das Gefühl, dass er noch immer ziemlich fertig war, aber sowohl körperlich als psychisch und das war komisch. Normalerweise waren es nur die Nerven oder aus einem bestimmten Anlass die Physis, aber irgendwie fühlten sich beide total am Ende. Eine gute Mütze voll Schlaf in einem schönen weichen Bett würden auf morgen sicher einiges verändern. Isabell war schon wieder gut gelaunt, das freute ihn. Vielleicht war es nur eine gespielte Freundlichkeit, aber wenn es ihr half, warum nicht. Er jedenfalls fühlte sich besser, wenn sie lächelte, als wenn sie ein trauriges Gesicht machte. Aber das hatte sie ja selber erkannt. Jedenfalls war er zutiefst beeindruckt, dass sie sich selbst das Essen kommen ließ, nur um bei ihm zu bleiben und das in ihrem eigenen Haus, sie hätte ja auch zur Taverne gehen können. War das wirklich nur alles aus reinem Pflichtgefühl geschehen, nur weil sie sich aufgrund ihres Traumes schuldig oder verantwortlich fühlte? Er wusste es nicht. Aber er hatte Angst, große Angst, nicht davor es ihr zu sagen, dazu fehlte ihm nur der Mut, aber eher vor ihrer Reaktion. Er wollte es ja gerne sagen, es wäre eine große Befreiung es endlich los zu werden. Aber wer weiß, was sie dabei eigentlich empfand. Es war seltsam, dass er schon wieder darüber nachdachte, aber irgendwie war ihm das Mädchen das sich selber Isabell nannte nicht geheuer. Einerseits kannten sie sich kaum, waren sich sogar teilweise fremder als fremd, aber andererseits fühlte er sich noch nie einem Menschen so nah, wie diesem Mädchen. Er hatte sich schon damals gewundert, bei ihrer ersten Begegnung, die alles andere als gut verlief. Damals wollte sie ihn töten, doch war sie nicht sie selbst, doch selbst in ihrer Mordlust war es nicht alleine die Tatsache, dass er niemanden mehr töten wollte. Er hatte damals das Gefühl, auf jemanden zu treffen, den er irgendwann in seinem Leben schon mal gesehen hatte. Er wusste einfach nicht, wer sie war und wie sie zu ihm stand, ob sie wirklich loyal wäre, wenn es drauf ankam. Das ganze hatte sich allerdings gewendet, denn nachdem er das jetzt gehört hatte, war seine Entscheidung eigentlich eindeutig, doch das war sie auch davor, die Zweifel blieben, genau wie das gute Gefühl. Das einzige was ihn eingentlich zu grübeln brachte waren andere, körperlich-sinnliche Dinge, doch er sollte sich nicht zu viele Gedanken machen. Inzwischen hatte er sich eine Schnitte Brot abgeschnitten und belegte sie mit etwas Käse, während Isabell schon zwei Schnitten intus hatte, sie lächelte ihn wieder an, als er zu ihr hochschaute und er lächelte zurück, sofern das mit einem Mund voller Brot und Käse auch sonstwie aussah. "Meinst du, dass sowas noch mal passieren wird? Das du einfach irgendwo zusammen brichst und wegbleibst?" "Ich weiß es nicht. Aber ich denke, sowas erlebt man nur einmal im Leben. Warne mich einfach bei deinem nächsten Traum in der Art." "Mach ich.....es ist wirklich verrückt." "Was?" "Na das hier. Das alles. Du bist verrückt. Das Leben ist verrückt. Diese ganze Welt ist verrückt. Kennst du die Geschichte vom normalen Menschen? Von jemand, der in seinem Leben genauso viel Leid wie auch Freude erfährt und in seinem Leben immer wieder auf dasselbe trifft?" "Hmrpfff, worauf, worauf willst du hinaus?" "Ich meine dieses normale Leben. Das vom Schmied, das vom Wirt. Das vom Tischler und das vom Soldaten. Ich rede von der Bäuerin und dem Knecht. Vom Schuster und vom Lederer. Wie sie alle ein Leben führen, wie du, wie ich. Wie sie alle ein Leben führen...wenn man mich so hört, dann denkt man sicher auch an Irrglauben und Verrücktheit oder? Aber kann man das nicht etwas verstehen? Nur ein kleines bisschen? Bin ich denn wirklich ganz alleine mit diesen Gedanken?" "Ich bin verrückt? Hm. Bin ich verrückt! Hahaha...du hast Recht. Das alles ist wahr. Wahr, wahr, wahr. Ich und Du. Er und Sie? Hahaha...verdammter Mist. Verdammtes Leben oder? Ich kenne deine Geschichte, weil ich sie geschrieben habe, mit meiner eigenen Seele. Im Geiste das Glück, in der Feder die Verzweiflung am Leben. Aber wenn ich deine Geschichte kenne, dann kennst du auch meine Geschichte, hör zu und sag, ob du meine Geschichte geschrieben hast. Alleine. Kälte. Dunkelheit. Zerstörung. Vernichtung. Abwertung. Verfolgung. Diskriminierung. Verspottung. Mißtrauen. schwarz. Angst. kalt. Hass...Verbundenheit. Einsamkeit. einsam der Masse. Gemeinsam des Kernes. Wärme. farbenfroh. Alleine. nicht. Vertrauen. grenzenloses Vertrauen. Tod. sterben. Unsterblichkeit. Freude. Leben. Egalsein. Unbeachtung. Zusammen. Tod... Das war meine Geschichte, sie hat ein offenes Ende. Und doch hast du sie geschrieben. Du hast meine Geschichte geschrieben. Hast du?" |
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10.12.2003, 22:24 | #295 | ||||||||||
Isabell Beiträge: 307 |
Sie hatte erst nicht glauben wollen, was er da sagte. Während seine Stimme eben noch so schwächlich wirkte, so bekam sie nun einen scharfen Unterton, hatte etwas herrscherisches und sein Blick wurde wieder so komisch. Sie konnte sich dem nicht entziehen, sie musste einfach in diese Welt der Worte eintauchen und fand sich fasziniert in einer Welt wieder, die sie kannte, die sie sogar sehr gut kannte. Hatte er gerade wirklich gesagt, dass er sie verstanden hatte? Natürlich, das musste er auch, es war wirklich so, er hatte sie wirklich verstanden. Sie hatte nichts anderes erwartet, doch war es trotzdem sehr komisch. Er hatte total anders reagiert, als sie gedacht hatte. Diese Worte klangen wieder so ähnlich wie an Tagen, wo er poetisch redete, doch im Gegensatz zu den Worten, die etwas bildhaft beschrieben, waren diese Worte nun sehr ernst. In seinen Augen bebte es, man konnte in seinen Worten die Bilder sehen, doch waren es ernste Bilder, die absolut überzeugend wirken sollten, aber trotzdem wollten sie schützen, sie schützen. Am Anfang hatte sie nichts verstanden, zwar die einzelnen Worte, aber nicht den Sinn, doch als er dann fertig war und sie verstand, dass da nichts mehr nachkam, da wurde ihr der Sinn klar und sie lächelte schelmisch zurück, denn sie meinte zumindest zu wissen, was er sagen wollte. "Ja ich denke, dass ich diese Geschichte geschrieben habe. Aber es gibt ein Wort, dass das offene Ende zu einem geschlossenen Ende macht." Und dann sahen sie sich kurz in die Augen und kannten das Wort, es war nun nicht mehr verborgen, sondern da. Wenn sie die Geschichte geschrieben hatte, dann musste sie auch das Ende kennen. Ewigkeit Sie mussten beide lachen und fast hätte sie bewusst einen alten Kinderspruch aufgesagt, ließ es aber dann doch. Nach einem kurzen Gähnen schien Pergamo dann deutlich zu machen, dass er schon wieder müde, eigentlich war das verwunderlich, denn sein Körper hatte nach neun Tagen Schlaf ja eigentlich genug Kraft haben müssen, aber sie verstand das, schließlich war es kein wirklicher Schlaf, wahrscheinlich waren es neun Tage Anstrengung und dann noch diese Nährstoffversorgung. Sie wollte gar nicht wissen, was in dem Trank drin gewesen war, doch es war ihr auch egal. Trotzdem. Sie hatte schon verstanden, doch da sie ja nun einen Neuanfang ihres Lebens wagen konnten, wollte sie alte Fehler vermeiden und bewusst einen Schritt auf ihn zu gehen. Sie ging nach oben und zog sich kurz um, seit Tagen konnte sie es wieder einmal genießen sich umzuziehen und jetzt machte sich auch ihre Tätigkeit des Waschens bezahlt. Nachdem sie noch mal kurz runter gegangen war, um die Türe abzuschließen, woran er sicher nicht gedacht hätte, gingen sie wieder hoch. Während er sich wieder einmal nützlich machte und sich an dem Kaminfeuer versuchte, öffnete sie noch mal das Fenster um kurz frische Luft in den Raum zu lassen, dabei bemerkte sie aber, dass es ganz schön frisch war und sie augenblicklich anfing zu frieren, auch eine leichte Gänsehaut bildete sich, doch sie blieb trotzdem. Sie musste an die Alte denken, wo sie jetzt wohl war? Sie war so einfach aufgetaucht, hatte geholfen und war dann für immer verschwunden. Zweimal hatte sie sie gesehen. Sie wusste weder ihren Namen, noch etwas anderes über sie, auch den Grund für ihr scheinbar zufälliges Erscheinen hatte sie nicht erfahren. Irgendwie war das ganze unheimlich, doch sie war ihr trotzdem dankbar. Scheinbar sinnlos und trotzdem gut gemeint hauchte sie dann ein Danke in die Nacht, wobei ihr Atem gut sichtbar wurde und der Luftstrahl wirbelte. Danach sah sie, wie er sich schon umgezogen hatte und sich ins Bett legte, hinten im Zimmer fing eine Flamme an zu brennen, die wohl bald zu einem großen Kaminfeuer entfachen würde. Sie schloss jetzt auch das Fenster, es war nun schön kalt hier, aber unter der Decke würde es schon wärmer werden. Komischerweise lagen sie wieder so da, wie auch schon davor, es war so, als ob sich das schon so eingeprägt hatte, Auge in Auge. Hand in Hand. Aber sie sahen nicht so aus, als ob sie noch viel Feuer versprühen würden. Sie sahen eher so aus, als ob sie bald einschlafen würden. Er schien so müde, so kraftlos. Doch egal, sie merkte noch ein kurzes Lächeln, dann schloss er die Augen. Aber ihr fiel dann noch was ein, etwas, was sie ihn schon die ganze Zeit fragen wollte und sie wagte es einfach noch mal ihn anzusprechen, wenn er es nicht hören würde, wäre es auch egal. "Sag mal Mondschein, was soll dieser Beutel auf dem Tisch. Da ist doch ne Menge Gold drin." ".....Ja Gold. Ich hab den damals extra hier gelassen. Ich wollte, dass du ihn irgendwo im Haus versteckst. Zwar haben wir noch genug Gold, doch wer weiß, sparen kann man immer." "Ich verstehe. Ich werd ihn morgen irgendwo hin tun." "Schlaf jetzt Sternchen, schlaf jetzt." |
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11.12.2003, 17:47 | #296 | ||||||||||
Heimdallr Beiträge: 12.421 |
Die Sonne scheint auf das Meer, das klar im Untergang von dieser spiegelt. Es leuchtet auf und lächelt die ganze Welt an. Sie will niemanden weh tun, will nur lachen. Ein farbiges Gesicht, es ist bemalt und versteckt, wie ein Harlekin der sich einen Spaß macht. Sie stehen da, unbeholfen und leichtsinnig, die Gefahr haben sie nicht gesehen, sie haben sie nicht gespürt, sie haben sie nur erahnt. Ihr Herzen schlagen im selben Takt, immer wieder auf ein Neues. Sie sehen nur sich, die anderen sind ihnen egal. Sie haben vergessen. Ihrer Weisheit ein Ende gemacht. Lange Zeit vergeht. Die Uhr tickt unaufhaltsam herunter, eine Uhr, ohne Ende, ohne Schatten und ohne Schweigen... Im Sonnenuntergang sind sie wieder vereint, außerhalb des Hauses, außerhalb von Menschen. Ihre Körper spürten ein Verlangen, doch ihre Gedanken spürten nur Ruhe. Ruhe zum erholen. Der Spaziergang heute, außerhalb von Drakia, er war gefährlich und auch nicht gerade sinnvoll, beide waren sie außer Training, hatten lange nicht mehr gekämpft. Doch das war vielleicht auch gut so, nicht mehr kämpfen. Im Sonnenuntergang erreichte ein Schiff das Dorf, den Hafen. Eigentlich wollten sie alleine sein, doch die Neugierde war zu groß, sie wollten wissen, wer da ankam. Es war nur ein sehr kleines Schiff, es war mehr ein Boot. In ihm saß eine ihm sehr bekannte Person, es war der alte Fischer, der ihn immer zwischen den Inseln gerudert hatte. Aber was wollte der hier? Er wartete ab. Isabell hatte ihn auch erkannt, auch sie kannte den Alten, er war ihr nicht fremd. Als er anlegte und der Schatten ihm die Hand reichte um hoch zu kommen, sah er etwas beunruhigendes, es war so, als ob er nicht zufällig hier war. Doch sprach er kein Wort, keine Begrüßung, kein Winken, weder von ihnen noch von dem Fischer. "Wieso seid ihr hier? Eure Verwandten?" "Ja, ihr habt es erfasst. Man brachte mir eine Nachricht, mein Vetter sei krank. Ich muss zu ihm." "Dann wünsche ich euch viel Glück für euren Vetter." Nichts bewegendes, er hatte schon gedacht. Komisch, dass es ausgerechnet dieser Fischer war, doch so recht mochte ihn das nicht wundern, viel mehr interessierte ihn, ob sie Drakia bald verlassen würden. Wer weiß, hier hielt ihn nichts mehr. Er war ein Zeitenreisender, er war ein Gefühlsreisender. Seine Gedanken bestimmten sein Leben. Mal lebte er in Träumen, mal in der realen Welt und mal, mal verschwand er in einer noch nicht kennenden Dunkelheit. Zwar hatte er nie sein Gesicht verborgen, unter Tüchern oder Streifen, doch sein Gesicht war eine Pantomime. Er war nie ehrlich, nicht mal zu sich selbst. Nur selten war er ehrlich, immer dann wenn er mit wichtigen Personen sprach. Isabell, Tolban. Sie waren Personen, die man nicht anlügen durfte. Doch alle anderen waren Opfer, Opfer eines Wahnsinnigen. Er selber sah sich nicht, er konnte sich nicht sehen. Seine Hände, seine Haare, seine Beine usw. Sie waren ehrlich, doch sein Gesicht war eine Lüge. Die Nacht hatte ihm gut getan, er war nun schon so gut wie wieder fit. Er war wieder voll einsetzbar, hatte alte Kräfte zurück. Heute Morgen, einen Lauf über zwei Stunden, im Sonnenaufgang, danach noch unzählige Liegestützen, vielleicht achtzig, Klimmzüge und noch viel mehr, er hatte seinen Körper geschunden, nicht für Muskeln, für ein Lächeln auf seinem Gesicht. Er war auch heute Nachmittag sehr lange da gesessen und hatte Todesodem angeblickt. Das Schwert strahlte dank des Amulettes eine Kraft aus, die ihm unheimlich war, er konnte förmlich ein Erdbeben spüren, als er über die Stelle fasste, wo das Amulett war. Die Klinge war scharf und spaltete die Baumrine mühelos ohne stumpf zu werden. Er hatte sich sehr genau betrachtet, seinen Körper, seine Kleidung. Wie er heute Morgen, nach dem ganzen Training, Isabell aus dem ersten Stock bat und sich fast vollständig entkleidete. Die Reinigung war zwar erfolgreich gewesen, doch sein nacktes Fleisch fühlte sich immer noch sehr gekränkt an. Er fühlte seinen eigenen Körper, seinen eigenen Schmerz. Tief gingen die gefühlvollen Finger in das Fleisch, spürten die Schreie. Wie sein verschleiertes Gesicht nach Frieden sich sehnte und wie seine Haare sich aufrichteten, als sie ihn spürten und in Reih und Glied da standen. Wie sein Hals pulsierte und das Blut hinausschießen wollte, wie seine Brust pochte und um Hilfe schrie. Er hörte ihre Schreie, es war so schrecklich, die Schreie seines eigenen Körpers zu hören. Die Haare waren fein und gaben ein Gefühl von Sicherheit, doch waren sie so fein, dass sie bald verschwanden, nicht mehr da. Seine Organe spürte er auch, er fasste sich überall ab, suchend nach Antworten im Inneren, suchend nach Fehlern im Äußeren. Seine Beine waren angespannt, die Muskeln waren es, die ihm Angst machten. Sie hatten etwas unmenschliches, etwas dämonenartiges. Vielleicht auch ein anderes mächtiges Wesen. Sie waren nicht kraftvoll, im Gegenteil, seine Beine besaßen kaum Fleisch, kaum Fett, kaum Dicke. Sie waren so dürr und doch sah man das ganze Ausmaß erst, wenn man von beiden Seiten schaute. In seinen Beinen waren Muskeln, die man nicht einem Menschen zuordnen konnte, hier waren sie besonders gut zu sehen, in den dürren Armen nicht so. Er fuhr sich langsam wieder hoch und ging in der Mitte der Brust bis zum Hals hinauf, in dieser kleinen Mulde, die ein neutrales Gebiet ohne Gefühle schien. Auch hatte er sich erst langsam wieder angekleidet, jedes Kleidungsstück explizit geprüft, Sachen, die er seit Monaten anhatte wurden noch mal angeschaut, er schloss sogar seine Augen, um den Stoff zu erfüllen, um in jede Welt einzeln einzutauchen. Dann erst war er wieder gegangen, nachdem sein Gesicht minutenlang beobachtet wurde, dieses gemeine, fiese Gesicht. Er schlug Grimasen, zeigte sich komisch, ernst und wütend, doch es blieb so, sein ganzer Schatten blieb so wie er war, nur selten gelang es ihm, in zu schlagen.... "Lass uns zur Taverne gehen, ein Essen und dann werde ich gehen. Ich bin schon wieder müde." "Wie kannst du schon wieder müde sein, hm?" "Ich weiß es nicht Sternchen, ich weiß es nicht. Heute ist vielleicht nichts aufregendes passiert, aber ich denke, heute bin ich wieder zurückgekommen. Es hat sich eine Menge geändert, nicht wahr?" "Nun ja. Weniger als du denkst. Das wichtigste ist doch, dass wir uns nicht geändert haben, ich meine so wie wir leben." "Ich spüre das doch, alles ist anders. Ich glaube aber, dass es nicht sichtbar ist........ Isabell?" "Ja?" "Habe ich mich verändert?" "Hmmm. Du hast...rote Ohren, hihihi." "Was? Hehehe. Du hast Recht, jetzt merke ich es auch. Verdammte Kälte. Lass uns reingehen, davorne ist es ja." |
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11.12.2003, 19:21 | #297 | ||||||||||
Isabell Beiträge: 307 |
Alles war wie immer, so eintönig, so egal. Sie hasste das, wenn es so war, doch es zeigte ihr auch, dass es genauso weiterging, wie zuvor. Alles war wie davor. Vor seinem Zusammenbruch. Es war wie eine böse, dunkle Saat, die jetzt langsam aufging, hier waren sie nicht mehr sicher. Wenn sie jetzt zwanghaft hierbleiben würden, dann begaben sie sich wohl nur in eine Gefahr, vielleicht nicht so, wie sie sonst Gefahr auslegten, doch ansonsten war es so. Sie liebte Drakia, Drakia war ihr ein und alles, ihr einziges Kind, dass ihr noch geblieben war und sie war Mutter und Tochter zugleich, sie war eine echte Drakianerin, doch wenn es denn so sein sollte, dann würde sie diesen Ort auch verlassen, wenn es das war, nach dem sie sich sehnte und nach dem er sich sehnte, dann mussten sie weggehen. Außerdem war sie schon mal für eine lange Zeit weg und nichts hatte sich hier verändert, nichts drastisches jedenfalls. Ein paar neue Gesichter, aber das meiste waren noch alte Hasen, das Fischerdorf würde immer so bleiben, klein und beschaulich und zurückkehren konnte man immer noch. Aber in letzter Zeit...nein, es ging einfach nicht mehr. Der Wirt mit seinem ewigen Lächeln, das zwar immer gut gemeint war aber doch so verdammt aufgesetzt wirkte, genau wie die anderen, die immer freundlich schienen und doch kannte man sie kaum, zwar hatte man ihre Gesichter im Kopf und auch ihre Namen, doch ansonsten kannte man doch nichts von ihnen, sie waren Phantome. Außerdem sollten sie unbedingt mal wieder etwas tun, es gab noch viele Geheimnisse auf dieser Welt zu entdecken und Dinge zu finden, die längst als verschollen galten, Schätze warteten und der größte Schatz ebenfalls. Irgendwann würde sie auch diesen finden, aber ganz sicher nicht, wenn sie in Drakia wartete, bis an ihr Lebensende, also musste sie zwangsläufig sogar weg von hier. Sie war sich auch ziemlich sicher, dass Pergamo auch weg wollte, zwar kannte sie ihn nicht gut genug, um sowas schon im voraus zu wissen, doch er verhielt sich so, sie konnte es sich zumindest denken. Er hatte immer diese Einsamkeit von sich gegeben, eine Ausstrahlung gehabt, die darauf deuten ließ und außerdem hatte er sicher auch Pläne, gerade nach diesem ganzen Mist der letzten Tage. Sie würde ihn einfach mal in den nächsten Tagen darauf ansprechen, hier wegzugehen, danach würde sie ja sehen, ob sie mit der Vermutung Recht hatte, oder nicht. Das Essen war bitter, der Geschmack der guten Gaben war nicht zu genießen, unter all den bitteren Gedanken, doch ihrem Begleiter schien es offensichtlich geschmeckt zu haben, jedenfalls strahlte er über das ganze Gesicht, aber vielleicht hatte das auch einen anderen Anlass. Jedenfalls befanden sie sich wieder auf dem Heimweg, den Weg, den sie schon so oft gegangen waren, doch für sie war das alles sinnlos, manchmal war das auch anders, manchmal fühlte sie sich richtig befreit, wenn sie diesen Weg gehen durfte, doch jetzt, jetzt war es eher eine Qual als eine wirkliche Freude. Sie spürte langsam die Kälte, die sich selbst durch ihr dickes Kleid bohrte, wie die Frische auf ihrer Haut prickelte. Spätestens bei ihrem Weggang würde sie die Blusen anziehen, die Lederweste und die dick genähten Beinkleider aus Schafsleder. Das war nicht unbedingt so schön, wie die nachtschwarzen Kleider, die ihr einen Hauch von Eleganz gaben, doch für ein Dorf wie Drakia mochte es ja gehen, für die gelegentliche Jagd die Rüstung, aber für einen Fortgang für längere Zeit? Nein, da konnte sie nicht die störenden Kleider tragen, außerdem war sie sowieso niemand, der unbedingt etwas auf Eleganz gab, wenn sie es einsetzen konnte, dann tat sie es, doch hatte sie es auch noch nie wirklich nötig. In Städten zu leben, wie Khorinis, das war für sie eh undenkbar, da musste es ja schlimmer zugehen als jemals in Drakia. Langsam begriff sie, wie sie Zukunftspläne schmiedete, wie sie sich schon richtige Gedanken machte, Pläne im Kopf ausarbeitete. Seltsam, das ging alles so schnell, sie wusste ja noch nicht mal wohin. Vielleicht einfach nur blind weg? Vielleicht auch einfach zurück nach Khorinis? Vielleicht, ein paar Tage hatte man sicher noch Zeit. So eilig war das sicher nicht. |
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12.12.2003, 05:51 | #298 | ||||||||||
Heimdallr Beiträge: 12.421 |
Mitten in der Nacht erwachte Pergamo, geplagt von einem Schatten auf der Haut empfand er keinen Schlaf, keine Ruhe. Er zog sich an und verließ das Haus, Isabell ahnte von all dem nichts, sie war ruhig in ihrem Bett, sie konnte nichts ahnen, der Schlaf sei ihr gegönnt, niemand sonst hätte es mehr verdient, diesen süßen, honiggleichen Schlaf. Draußen war es stockfinster, weder die Häuser noch die Umgebung hatte einen großen Lichtschimmer, doch das war egal, sie mussten alle schlafen, alle mussten sie schlafen, sie waren gezeichnet. Doch ihn hatte dieses Gefühl im Griff, wie es ihn Richtung Hafen lenkte, wie sie wussten, was zu tun war. Es war ein innerer Drang, er konnte gar nichts dagegen machen. Er hatte Angst vor Veränderungen, doch wusste er, dass ohne den ersten Schritt nie etwas passieren würde. Er stand am Scheideweg seines Lebens. Wenn er sich jetzt nicht entscheiden würde, dann wäre es zu spät, für immer zu spät, dann könnte nichts mehr verändert werden. Sein Leben wäre ein einziges Trauerspiel und in der Ferne erklangen schon die Kirchenglocken. Keiner wusste so recht, ob es gut war, ob er gut war, doch sein Weg führte ihn zu Innos, das zählte. Die Wogen der Meere glätteten sich als er kam, sie wussten genau, wer ihnen hier gegenüberstand, kein Mensch, es war der Herrscher der Meere, selbst das unbändige Meer konnte er nun schon bändigen, unbewusst, ungewollt, ungelenkt, doch hatte er sich seine Aura verdient. Doch was hatte er schon getan? Nichts wirkliches. Ohne die Amulette wäre er ein stinknormaler Mann gewesen, doch selbst dann hätte der Flucht auf ihm gelegen. Nur er konnte sie tragen, nur er konnte sie bestimmen. Es war eine Reine Verschwendung von einem Menschenleben. Doch auch seine Seele hatte nicht das, was man von normalen Seelen erwarten konnte. Er trug die Drei in sich, die Seele des Verdorbenen, die sein Schicksal werden würde, die Seele des Innos, ein Geschenk des Heern, die seine Bestimmung war und die Seele der Sieben, der Fluch, der seinen Tod besiegeln sollte. Wenn er wenigstens wüsste, dass er niemals fähig war sich menschliche Züge zu bewahren, das sein Leben schon lange vor seiner Geburt entschieden wurde, ja, dann könnte er mit dem Druck umgehen, doch so.... So zog es ihn nur an das Meer, hier wo er es beherrschte, hier in Drakia, ans Meer...seine Gesichtszüge waren nicht mehr so, wie sonst, sie hatten etwas fremdes, etwas untypisches. Warum? Sag mir die Antwort auf die Berechtigung die ich führe? Sag mir, warum bin ich hier, was mache ich hier? Alle sind gefragt, Gevatter Meer, antworte mir doch endlich. Welches Spiel spielen will? Darf ich mitspielen? Oder spiele ich schon mit? Diese ganzen Schläge ins Gesicht, warum verpasst ihr sie mir? Nicht nur du Liebes, ich frage euch alle? Was soll das? Ich blute aus meiner Nase, ich habe ein geschwollenes linkes Auge. Ich habe ein offenliegendes Herz, das sich nur langsam wieder schließt. Ich habe hervorstehende Augen, die sich ihre Höhlen selber suchen wollen. Ich habe Muskeln und Sehnen, die nach Hilfe schreien, die heraus wollen. Sagt mir, was muss ich denn tun? Ich habe dir immer gedient Innos, was soll ich tun? Nenne mir meine Aufgabe, warum bin ich so? Warum ertrage ich dieses alles hier. Warum? Warum? Warum? Plötzlich und aus heiteren Himmel schlug ein Blitz neben ihm ein, ein paar Meter neben seinen Füßen, so ähnlich musste auch der erste gewesen sein, der ihn zusammenbrechen ließ. Er hatte verstanden, Innos war wütend auf ihn, vielleicht weil er nicht zu sich selber fand, aber wenn er auf ihn wütend war, wen hatte er denn dann noch? Sonnte er sich nicht immer in seiner Heiligkeit? Er verstand schon, Gevatter Meer wurde auch wieder wilder und einer Welle krachte gegen die Klippen und spritzte Wasser, vor ihn wie eine Wand. Er hatte schon verstanden... Mit gesenkten Blick ging er zurück zu Isabell, den Schlüssel hatte er immer noch bei sich, er wusste genau, wie viel ihm das bedeutet hatte, wie viel ihm Isabell bedeutete, wie sie immer für ihn da war, sich um ihn gekümmert hatte. Er mochte einen Sinn in all dem erkennen, vielleicht war sie es, vielleicht war sie seine Aufgabe. Er wollte nicht mehr ohne sie sein, nie mehr allein. Egal was es gab, aber solange sie noch da war, konnten ihm selbst die Götter nichts tun. Wie sie wieder da lag, ein bisschen verdreht und immer noch mit diesem Lächeln auf dem Gesicht, immer tat sie das und er war so bescheuert und merkte es manchmal nicht. Die Zeit des Friedens war vorbei, er hatte seine Chance gehabt ihr wunderschönes Gesicht in Friedenszeiten zu sehen, er hatte sie nicht genutzt. Bald würden andere Zeiten heranbrechen. Der Frieden war vorbei, Innos bließ das Horn in seinem Kopf. Bald würde er wieder kämpfen müssen. Und Isabell? Sie war sein Scheideweg, an dem sich die Entscheidung über die nächsten Tage fallen musste. Er würde es ihr sagen. Morgen. Morgen würde er ihr alles sagen. Ja, dann wäre er endlich befreit. Nur noch wenige Wochen, nur noch wenige Tote. Der Kampf um das Schicksal der Welt konnte bald beginnen und egal wie sein Schicksal aussehen würde, es würde nur seine Gesinnung verändern, aber ich weiß es, er wird bald losziehen und seine Macht vergrößern. Und dann würde man sehen, ob ein Mensch würdig war die Menschen zu vertreten... |
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12.12.2003, 17:34 | #299 | ||||||||||
Heimdallr Beiträge: 12.421 |
Wenn wir hier weggehen würden, dann würden wir fliehen, aber vielleicht ist diese Flucht ja das einzig Wahre. Vielleicht finden wir unser Glück durch unsere Taten. Aber wenn nun alles schlimmer wird? Aber wenn man nie etwas wagen würde, dann könnte man nie das finden, was man sucht. Eigentlich ist es komisch, wir, oder nein, ich muss sowieso gehen. Die Artefakte lassen sich nicht von selbst finden und für eine noch längere Zeit halte ich es hier nicht aus. Aber was denkt sie darüber. Kann man es denn wagen, es riskieren. Wir können nicht weit fliehen, doch da wo wir hinkönnen, gibt es keine Grenzen, keine Mauern. Da gibt es keine Menschen, nur wenn wir es wollen, nur wenn wir es erlauben. Da wären wir ganz alleine und doch sagt mir niemand, wohin mich die Sieben führen. In welche Einsamkeit, in welche Zweisamkeit, in welche Gemeinsamkeit. Die Zukunft ist grausam, so grausam bitter. Sie lässt mich nicht sehen, was sie mir schenkt. Die Entscheidung ist schwer, denn hier fühlte ich mich lange Zeit sicher. So geborgen, wie im Bauch meiner Mutter. Doch auch hier muss ich wohl irgendwann einsehen, dass man nicht ewig in der Sicherheit leben kann, die kalte Welt erwartet mich. Die kalte Welt, die mich schon so oft erwartet hat. Was werde ich tun, wenn ich allein sein sollte? Wenn ich nur noch wild schreiend durch die Gegend laufe, wie ein kleines Kind. Ich muss es wagen, ja es gibt kein Entkommen, keinen anderen Weg. Ich muss sie finden, erst dann werden die Wünsche wahr, erst dann kann ich einschlafen, erst dann bleiben sie alle unterdrückt, von mir verschont. Vielleicht erfahre ich auf der Suche noch mehr über mein Leben und über meine Art, vielleicht treffe ich noch ein paar Personen, die sich als wichtig auszeichnen, vielleicht ist das aber schon bald alles vorbei. Ich glaube nicht, dass die Zeit wartet, bis ich alt und grau werde. Ich glaube, dass es bald geschehen wird. Ich spüre es, es bewegt sich auf meiner Haut, langsam. Aber ich spüre da noch etwas, etwas Dunkles. Noch ist es erst in den Beinen, doch schon bald könnte es mein Herz erreicht haben. Was wird es mit mir machen? Angst, ja ich fühle Angst, ich habe große Angst davor. Ist es schlimm, dass ich Angst habe? Darf ich keine Angst haben? Ist mir das verboten? Ich weiß es nicht, doch nimmt sie mir die Angst, ich fühle etwas anderes, etwas göttliches in mir, wenn sie da ist, so warm, wie eine heiße Quelle, die Wärme umfasst mich mit ihren zarten Händen und lässt mich schlafen, sie wärmt meine Seele und hält mich am Leben, in diesem eiskalten Schneesturm, der in meinem Herzen tobt. Fallen so große Entscheidungen? Bin ich ein Entscheider? Habe ich mich gerade entschieden? Für den Weggang aus Drakia? Ja, ich habe es. Wahnsinn. Was ich hier mache, es ist wahnsinnig. Aber ich mache es gut, ja ich entscheide gut, denn meine Entscheidungen sind weise. Ob das was mit dem Amulett an meinem Schwert zu tun hat? Das Amulett...die Sieben...mein Schicksal... *Klack* "Reichst du mir mal bitte den Käse? Hm? Hey schläfst du oder was? Aufwachen Pergamo!" "Was? Was ist? Ich...oh, natürlich. Hier, das Brot." "Mit dir stimmt doch was nicht." "Mit mir? Ach was, alles in Ordnung." "Und warum gibst du mir dann Brot anstatt Käse?" "Käse? Käse...in Ordnung du hast gewonnen, ich war gerade etwas abwesend, entschuldige vielmals. Es...es gab da ein paar Dinge, die sich geklärt haben wollten." "Ist doch nicht schlimm, für einen Moment dachte ich nur...ach naja, nicht so wichtig." "Dachtest du was?" Aber keine Antwort kehrte mehr an sein Ohr, Isabell aß einfach weiter, als ob nichts gewesen sei. Sie hatte es bemerkt? Verdammt, aber es war nicht mehr zu ändern. Er versuchte wieder einen klaren Kopf zu bekommen, für das eignete sich das Wasser am besten. Wo sie waren? In der Taverne natürlich, wo denn sonst. Er war wirklich verwirrt, aber mitbekommen hatte er wirklich nichts mehr. War er lange so still gewesen? Wahrscheinlich. Hm. Naja, war jetzt auch egal... |
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12.12.2003, 19:52 | #300 | ||||||||||
Isabell Beiträge: 307 |
Er war wirklich seltsam, doch das würde sicher auch an den ganzen Umständen liegen, er war sicher noch immer nicht ganz erholt von dem allen hier. Er wirkte anders, nicht mehr so naiv wie sonst, aber auch nicht mehr so kühl. Er ging viel mehr aus sich heraus, dabei sprach er immer weniger, vergrub sich geradezu in einer Hülle aus Schweigen. Wie passte das zusammen, wie konnte man da einen Zusammenhang ziehen. Nun, sie hatte das im Gefühl, hatte irgendwie eine Verbindung dazu, zu all dem hier. Vielleicht dachte er ja auch über dasselbe nach wie sie, über die Zukunft und ob diese hier in Drakia liegen würde, doch war das alles sehr zerfahren, noch immer traute sie sich nicht ihn zu fragen. Manchmal wünschte sie sich doch in die Gedanken des Anderen schauen zu können, damit sie sich sicher sein konnte, aber so. Innerlich musste sie sogar lachen und auch auf ihren Lippen bildete sich ein hämisches Grinsen, so waren sie nun mal die Menschen, immer nach Perfektion strebend und doch so hilflos, so allein mit sich selbst, auch in diesen Stunden hier. Man wollte immer alles richtig machen, niemals den anderen enttäuschen, immer der Beste sein, immer das Verlangen erfüllen, wie Pflichten sah man es an. Vielleicht waren sie ja anders, vielleicht hatten sie davon nichts, doch es war schwer daran zu glauben. Sie war ihm so nah und doch so fern, sie hätte alles tun können und doch wollte sie das nicht, es waren innere Zerreißproben, die sich da stellten. Sie hätten reden sollen, hätten auch reden können, doch sie taten es nicht, sie zogen sich zurück in ihre eigene Welt. Vielleicht vergötterten sie dort den Anderen, doch bekam der davon natürlich nichts mit, sie machten sich eigene Phantasien, eigene Bilder, ließen den anderen nicht daran teilhaben und doch wollte sie immer für ihn da sein, so wie sie hoffte, dass auch er das wollte. Es war die unendliche Geschichte der Liebe und ihren Verwirrungen, die sie über die menschlichen Gehirne brachte, seit Jahrtausenden schrieb man sie und doch fand man weder einen Schluss, noch einen Sinn, geschweige denn von einer Logik. Jedes verliebte Paar wollte diese Geschichte vollenden und doch waren sie alle nicht dazu fähig, kein Mensch war dazu fähig, da sie alle ihre Fehler hatten, auch wenn einige ganz nahe heran kamen, so bildeten sie eine essentielle Minderheit. Aber sie waren keine Menschen, sie nicht. Und wieder keimte Hoffnung auf, wieder zerschlug man sie und ließ das Rad von vorne drehen. Sie wollten keine Hoffnung, sie wollten gar nichts, dieser ganzen Welt der Menschen entfliehen, ihr Glück alleine finden, ohne die Geschichten des Universums, doch waren sie zwei verlorene Kinder, wussten ja nicht mal, wer sie sind, wer sie waren und wer sie sein werden, liebten sich innerlich und wussten nichts von der Gegenseite, verhielten sich wie Menschen, wie unperfektionierbare Menschen. Aber vielleicht wollten sie auch keine Perfektion, vielleicht wollten sie den Weg der Schmerzen und der Leiden, den Weg der unendlichen Gefahren gehen, wenn das ihr Wunsch war, dann mussten sie ihn gehen. Nur eines war gut, sie waren gezeichnet, nur wenige Menschen waren dies und diese waren eben Menschen, doch sie hatten eine besonders grausame Zeichnung hinter sich und so schließt sich der Kreis jetzt. Die Zeichnung hätte man auch durchaus noch ausweiten können, doch sie waren vorherbestimmt für etwas großes, für etwas gewaltiges, deswegen würde man ihnen die Wunden nun abnehmen. Man hätte ihnen alles verwehren können, wirklich alles, doch hätte man damit auch sofort die Möglichkeit verspielt die Bestimmten zu formen. Die letzte Probe vor dem großen Ritual war bestanden, die Zeit war reif und die Menschen blickten unbewusst herab. Bald würde es geschehen, bald... Egal ob es nun der Liebe dienlich war, oder einfach nur dieses undefinierbare Gefühl eines menschlichen Herzes gleich kam, es würde eines mit Sicherheit, es würde die Wunden heilen, die tiefen Peitschenhiebe in das innere Fleisch, die Ketten des inneren Fleisches würden sprengen und die faulenden, stinkenden und vorallem schreienden Münder des inneren Fleisches, sie alle würden geheilt, sie alle würden regeneriert. Was danach kam, das wusste niemand, das stand nirgends, in keinem Buch, in keinem Kopf, in keiner Bestimmung, was danach kam war der Wille eines Menschen, der Wille von einem, der schon lange kein Mensch mehr war und dennoch für die Menschen kämpfte. |
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