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[GM] Abstieg in die Unterwelt #2
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10.08.2002, 12:14 #276
Don-Esteban
Beiträge: 9.734

"Du? Etwas für mich? Wer bist du? Oder ist das unwichtig?" Der Schwarzmagier war verwundert über die seltsame Gestalt des Magiers vor ihm. Mit der erhobenen rechten Hand fuhr er langsam durch die Luft, so als suchte er irgendetwas. Don-Esteban erkannte ein Auge, daß fest auf der Innenseite der Hand befestigt war. Keine schlechte Idee, so konnte man um Ecken schauen. Oder über die Schulter, ohne sich umzudrehen. Vielleicht sollte er, wenn er wieder im Kastell war, sich an der Schöpfung solcher Kreaturen versuchen.

Ja, wenn er wieder im Kastell war, wenn...
"Was tue ich hier? Warum bin ich hier?" Er bereute seine Fragen sofort. Dermaßen exitenzialistische Dinge würden einen ihm überlegenen Gegner nur ein Lächeln auf die Lippen zaubern und dessen Überlegenheit erkennen lassen, was einer Unterwerfung gleich kam. Was immer dieser "blinde" Magier auch war, bis der Don nicht mehr wußte, als das Bisherige, war Vertrauen so fern wie die Freiheit in der Barriere. Er war ein Feind. Der Don führte die Hände an seinen Gürtel, in die Nähe seiner Runen.

Was als nächstes passierte, lag in den Händen des anderen.
"Also was willst Du von mir." Herausfordernd kam die Frage, lauernd und doch auch mit einem gewissen salbungsvollen Unterton, der Verständigungsbereitschaft signalisieren sollte. Der Hohepriester war klug genug, um vorerst nur abzuwarten und Informationen zu sammeln. Hektische Betriebsamkeit würde nur schaden. Also wartete er, was ihm sein merkwürdiger Gegenüber zu sagen hatte. Vielleicht war es ja von Interesse.
12.08.2002, 02:29 #277
versuchung
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die versuchung schwebte vor einem gewaltigen feld. es war so groß, dass das ende des feldes nicht zu sehen war. es war bedeckt mit riesigen steinen, die sich an einigen stellen so hoch türmten, dass sie bis an die bleichen sterne reichten, die die fahle landschaft beschienen. kalte sterne, die kein funkeln kannten.

"dem herrn ist eingefallen, dass in seinem reich ein getreidefeld fehlt, so wie ihr menschen es liebt - ein wogendes, bis an den horizont mit goldenen wellen. du sagst von dir, du bist der mächtigste magier des kastells? dann schaffe für beliar dieses feld, auf dass er säen kann. diese besondere schwarze, duftende erde, die zum bett für das leben wird, diese erde will dein meister sehn."

die versuchung lagerte sich gleichmütig am boden und wartete.

zeit war nur ein wort. doch irgendwann war die zeit für die aufgabe um. beliar hoffte sehr, dass dieser don-esteban die aufgabe würde bewältigen können, er hatte einen plan.
14.08.2002, 14:01 #278
Don-Esteban
Beiträge: 9.734

Ein finsteres Lächeln, daß von einem listigen Blick begleitet wurde, umspielte die Lippen des Schwarzmagiers. "Oh, ich verstehe. Eigentlich hat dir dein Herr diese Aufgabe aufgetragen, doch du warst außerstande, sie zu seiner Zufriedenheit zu lösen. Das ist natürlich traurig... Sehr traurig. Dein Herr und Meister ist sicher ungnädig zu dir. Doch ich bin mir sicher, daß du ihn liebst und alles dafür geben würdest, seine Wünsche doch nur erfüllen zu können. Ich habe Mitleid mit dir und deiner Machtlosigkeit. Ja, wirklich. Aber dein Plan ist natürlich schlau ausgedacht. Dir jemanden zu suchen, der tatsächlich die Macht zur Bewältigung dieser Aufgabe besitzt, ja dem es ein Leichtes sein wird, dieses Feld von seiner Last aus Steinen zu befreien, diese Idee hätte direkt von mir sein können. Respekt. Doch leider muß ich sagen, daß schlaue Pläne nicht alles sind. Aber das wirst du schon noch lernen, da bin ich mir sicher." Don-Esteban machte ein mitfühlendes Gesicht, um seine Worte zu unterstreichen. Auch wenn er nicht wirklich viel von Mitgefühl für Schwache hielt, so wußte er doch um die Wirkung dessen. Suchten Schwache denn nicht immer jemanden, zu dem sie aufschauen konnten, der ihnen Halt und Hoffnung gab?
18.08.2002, 23:16 #279
versuchung
Beiträge: 169

Die Versuchung lächelte milde.

"Diesen Wunsch hat dein Herr und Meister geäußert, weil er geruht dich zu prüfen. Er weiß, dass von all seinen lebenden Vertrauten nur du in der Lage sein wirst, eine solche Aufgabe zu bewältigen. Deine Kraft, Stärke und Weisheit werden ihm eine Freude sein und die Belohnung immens.
Im Übrigen gibt es keine Aufgaben, die der Herr nicht auch selbst lösen könnte. Das Problem ist nur, dass seinen Schöpfungen etwas fehlt, was offensichtlich nur ihr Menschen einer Sache verleihen könnt. Es hat wohl irgendwas mit dem zu tun, was ihr Gefühl nennt. Außerdem kennt unser Meister den Begriff "schön" nicht, den ihr Lebenden so oft verwendet. Der Meister kennt nur die Begriffe "gut und schlecht" Wie er in unzähligen Versuchen bemerkte, reichen diese Begriffe aber offensichtlich nicht aus, um etwas zu schaffen, dass genauso aussieht, wie das gleiche in eurerwelt aussieht. Das ist der Grund, weshalb er dich zu dieser Aufgabe verpflichtet hat.

Wie du jetzt wohl verstanden hast, anerkennt unser Meister, dass er ein wie auch immer geartetes Defizit hat. Und dich hat er dazu ausersehen, dieses Defizit auszugleichen. Damit kommt dir eine herausragende Funktion unter all seinen Dienern zu.
Bisher hat er noch jeden, den er zu sich rief, das Leben genommen. Nur hat sich gezeigt, dass ihnen mit dem Leben auch die Fähigkeit des Fühlens genommen wurde.

Der Meister will dich mitsamt deinen Gefühlen benutzen. Also wird er dir das Leben nicht nehmen, auch wenn er dich in den Kreis seiner Getreuen aufnehmen will.

Deine Prüfung unterscheidet sich von allen bisherigen Prüfungen. Bislang ging es immer darum festzustellen, ob der Magier auch unter extremen Bedingungen die Herrschaft unseres Meisters akzeptiert. Bei dir geht es darum, ob du würdig bist, an der Seite unseres Herrn zu leben, als sein lebendiger Ausdruck."
19.08.2002, 23:12 #280
Don-Esteban
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"Soso, dein Herr und Meister also..." Eine Pause folgte, in der der Schwarzmagier leicht mit den Schultern zuckte. Dabei spürte er den Fleck angetrockneten Blutes an der Schulter. Der sonst so geschmeidige Stoff war hier fest und steif geworden. "Da es anscheinend keinen anderen Weg gibt, werde ich mich wohl dazu herbablassen, dir ein wenig Anschauungsunterricht in der Magie Beliars zu geben. Ich hoffe, Beliar ist dir ein Begriff. Vielleicht hat ihn dein sogenannter Herr und Meister ja schon mal erwähnt."

Don-Esteban tippte an eine Rune, ganz innen am Gürtel, direkt neben der Schnalle und murmelte dabei in düsterem Ton Sätze unbekannten Inhalts. Vor ihm begann sich mit einem Rauschen etwas zu materialisieren. Kleine Steinchen flogen auf diese Stelle zu und prallten zusammen. Eine Art waberiger Nebel verhüllte das Innere, doch mit der Zeit löste er sich auf, schien regelrecht in seinen Kern hineingesaugt zu werden. Zum Vorschein kam ein Koloss aus Stein und Fels, der fast unbeweglich vor seinem Hern und Meister stand und geduldig und irgendwie unbeeindruckt auf ihn herabblickte.

"Entferne alle Felsen von diesem Feld hinter dir. Danach sei deine Aufgabe erledigt und du wirst wieder zu dem werden, woraus wir alle bestehen." In befehlsgewohntem Ton waren die Anweisungen gekommen. Einen eigenen Willen hatten diese Kreaturen sowieso nicht. Im Gegenteil: Ohne Befehle verharrten sie auf der Stelle und zerfielen nach einer gewissen Zeit. Diese Zeit der Existenz zu dehnen war eines der beliebtesten Ziele eines Schwarzmagiers. Der Don glaubte, daß er dieses Spiel recht gut beherrschte.
19.08.2002, 23:13 #281
Steingolem
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Der Golem drehte sich um und stapfte los, daß der Boden bebte. Bald war er bei den ersten Felsbrocken angekommen und fing an, seine gewaltigen Fäuste zu schwingen. Nach allen Seiten stoben die Gesteinsbrocken fort, es sah aus, als würde ein Steinmetz im Zeitraffer arbeiten und dabei sein Werkstück komplett zermeißeln. Schon war eine Schneise erkennbar, die frei von Gestein war.

Immer weiter arbeitete sich der Steingolem in das Feld hinein und ringsum regnete es Brocken von Fels nieder. Ein ständiges Prasseln der auf den Boden treffenden Steine war zu hören, noch verstärkt durch die Akustik der Höhle. Unermüdlich arbeitete sich der Golem voran. Bald war er am Horizont angelangt und machte kehrt. Die erste Furche war frei von Felsen.
20.08.2002, 07:31 #282
versuchung
Beiträge: 169

Die Versuchung lächelte müde. Das wäre ja zu einfach gewesen. Die Arroganz des Magiers aus der Welt der Lebenden war kaum zu übertreffen. Als würde sich Beliar mit solchen Kleinigkeiten zufrieden geben.
Die Schneise war kaum leer geräumt, als ein unerträgliches Stöhnen zu hören war. Die Erde brach an den freigeräumten Stellen auf und es schien, als würde Blut aus Wunden brechen. An jeder Stelle, die sich emporwölbte erschien ein neuer Fels. Diesmal noch höher und mächtiger als der zur Seite geräumte. Die Erde schien sich vor Schmerzen zu krümmen und immer neue Steine zu gebähren. Das Beben der Erde hielt noch eine geraume Zeit an und dieser Don-Esteban starrte fasziniert und grübelnd, wie das Werk seiner Magie zunichte gemacht wurde.
Die Versuchung hob ihre Hand und ließ ihr Auge auf dem Magier ruhen.

"Der Boden in der Welt Beliars ist nicht der Boden in der Welt der Sonne. Er ist selbst eine Schöpfung unseres Meisters. Du musst den Sinn in dieser Arbeit entdecken, dann wirst du vielleicht Erfolg haben."
20.08.2002, 19:49 #283
Don-Esteban
Beiträge: 9.734

Der Hohepriester, der zuerst ärgerlich, dann innerlich staunend auf das unnütze Werk seiner Kreatur geschaut hatte, hielt inne. "Beliar? Sagtest du Beliar? Warum kannst du das nicht gleich erwähnen, du Nichtsnutz? Warum sollte ich mit Beliar konkurrieren wollen? Wenn er Felsen haben will, dann sind Felsen." Lässig hob er die Hand in Richtung des Golems, der sich bis zu diesem Moment unbeeindruckt durch das Feld aus Stein ackerte. Der Steingolem unterbrach augenblicklich seine Arbeit und zerfiel einen Lidschlag später zu Staub.

"Wozu soll ich mir eine sinnlose Mühe machen? Beliar scheint es zu gefallen, dort Felsgestein wachsen zu lassen, also will ich ihm nicht entgegentreten. Denn er IST der Herr und Meister. Erzähl mir lieber von ihm, da du ja sein Diener zu sein scheinst." Der Don suchte sich eine felserne Bank in der Nähe seines etwas im Umgang mit anderen Menschen tollpatschigen Begleiters, rückte sich die Robe noch etwas zurecht und machte es sich dort bequem. "Fang einfach an. Was dir so einfällt. Tu dir keinen Zwang an. Sei versichert, mich interessiert alles. Los, los."

Ein einladender Wink der Hand begleitete diese Worte. Das Feld aus Stein war vergessen. Das war sowieso keine Aufgabe für einen Magier, damit sollten sich Bauern rumplagen. Hier winkte Wissen über Beliar. Diese Gelegenheit konnte man sich doch nicht entgehen lassen. DAS war wichtig, nicht irgendein blödes Feld. Also die Ohren gespitzt und zugehört, was dieser seltsame Geselle mit den fehlenden Manieren so zu erzählen hatte. Irgendwie schaute er mit seinem Auge recht erstaunt. So erstaunt, wie es nur aussehen konnte, wenn einem das einzigste Auge, das man hatte, aus der Hand wuchs.
20.08.2002, 21:14 #284
versuchung
Beiträge: 169

Ich kann dir nichts erzählen. Du deutest die Situation falsch. Lege doch die menschliche Sicht ab. Du bist im Reich deines Herrn und Meiters. Er unterzieht dich einer Prüfung und hatte die Eingebung, mich zu erschaffen. Für Dich. Ich weiß nichts über Beliar.

Du empfindest das Steinewegräumen als unter deiner Würde. Dann entledige dich dieser Aufgabe, wie es eines Magiers würdig ist. Du kennst das Ziel. Beliars Wunsch ist dich zu prüfen. Es ist nicht das Feld, dass sein Wunsch ist. Überlege genau. Und urteile selbst.

Nach diesen Worten verschwand die Versuchung. Der Don stand allein da. Er und das Steinfeld, dass immer weiter wuchs.
20.08.2002, 21:36 #285
Don-Esteban
Beiträge: 9.734

Was für ein seltsamer Zeitgenosse... Der Don ließ das Verschwinden gleichmütig geschehen und schaute gelangweilt dem Anwachsen der Steinmassen zu. Er machte keinerlei Anstalten, ihnen Einhalt zu gebieten. Es war ihm egal.
22.08.2002, 15:52 #286
Don-Esteban
Beiträge: 9.734

Mittlerweile hatte sich der Schwarzmagier lange genug gelangweilt und beschloß - nur zum Spaß - seine restlichen ihm von Beliar zugestandenen Fähigkeiten an den Felsen auszuprobieren. Ganz in der Nähe erschein ihm eine Formation recht brauchbar für seine Zwecke. Die Hand auf die Schattenflammen-Rune gelegt, fing er an, mit der anderen die Pfeile aus schwarzem Feuer auf den erwähnten Felsen abzufeuern. Der nahm unter dem andauernden Beschuß neue Formen an. Mal trafen ihn wuchtige Geschosse, die ganze Felspartien absplittern ließen, dann folgten wieder nur winzig kleine Treffer, die kaum schaden an der Oberfläche anrichteten.

So ging das ein paar Stunden. Der Hohepriester war mittlerweile recht erschöpft vom dauernden Gebrauch seiner Fähigkeiten. Doch er hielt eisern bis zum Schluß durch. Dann betrachtete er sein Werk: Die Statue eines Steingolems - aus Stein gehauen. Wie sinnig.
"Mhm, werde ich jetzt langsam verrückt? Ach, was solls. Das wollte ich schon immer mal machen." Der Aufenthalt hier unten in den Höhlen hatte ihn hungrig und vor allem durstig gemacht. Das war wohl auch ein Grund für die seltsamen Dinge, die er hier tat.

Wenn er doch nur Zombies beschwören könnte. Dann hätte er sich aus ihrem Fleisch etwas mehr oder minder wohlschmeckendes braten können. Naja, das wäre wohl eher weniger genießbar geworden. Aber nein, Skelette, nur immer wieder Skelette. An denen war doch außer Knochen nichts dran. Hier und da noch ein Haarbüschel auf dem Kopf, aber das war auch schon das höchste der Gefühle. Der Don kicherte. die Höhlendecke warf das Geräusch vielfach gebrochen zurück und durch den ganzen Höhlengang hallte ein schauerliches Lachen, irre und unheimlich.

Erschreckt hielt der Magier inne. Als sich das Echo gelegt hatte, probierte er verschiedene Töne aus.
"Hahaha. Hohoho. Ohihoh." Klang nicht übel. Sehr schaurig. Mittlerweile hatte sich die geistige Kraft des Don soweit erholt, daß er bereit für den nächsten Zauber war. Mit den Worten "Nimm dies, schurkiger Golem." schleuderte er der Figur aus Stein Beliars Hauch entgegen. "Haha, jetzt kannst du nicht mehr weglaufen." Zufrieden sah er zu, wie das schwarze Feuer um die Statue züngelte und sie am fortlaufen hinderte.

Leider machte die Statue keinerlei Anstalten, sich zu wehren. So verlor der Magier bald das Interesse an seinem Spiel und das Feuer verschwand. Jetzt war die Oberfläche leicht glasiert. Das sah umwerfend aus.
"Das sollte ich mit den Statuen im Kastell auch machen." Befand der Don. Dann wandte er sich dem nächsten Zauber zu. Er beschwor drei Skelette. Der einzige Verwendungszweck, der ihm für seine eben herbeigeholten Kreaturen einfiel, war mit ihnen zu kegeln.

Er befahl den Skeletten, ihre Beine als Kegel zur Verfügung zu stellen, die restlichen drei Kegel bestanden aus den schönsten der vorhandenen Armknochen. Noch flugs ein Ball ausgesucht.
"Mhm, der Kopf ist nicht gut, was für ein Quadratschädel. Der hier, ein wahrer Rundkopf. Perfekt." Los gings. "Alle neune!" Jauchzte der Don, als die Kegel wild durcheinander fielen. Doch dann wurde ihm dieses Spiel auch zu langweilig. Aus lauter Frust bearbeitete er die glasierte Statue des Steingolems mit schwarzem Licht.

Noch eine Schicht aus glasiertem Gestein folgte. hier und da hatten sich Tropfen gebildet, die in Nasen von den Kanten hingen. Jetzt sah der Golem fast wie ein schmelzender Eisgolem aus. Vor Schattenbrand und schwarzer Flut schreckte der Don im Moment noch zurück, da sie gar zu große Zerstörungen verursachten, die ihn womöglich selber treffen konnten. Also rückte er seine Robe zurecht, setzte sich wieder hin, und ließ die Gedanken schweifen. Was sollte er nur hier unten. Er hatte genug anderes zu tun, als das er hier seine Zeit verplempern konnte.
24.08.2002, 11:26 #287
versuchung
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die erde begann sich aufzubäumen als wolle sie die felsbrocken von sich schütteln. immer höher stieg etwas, dass unter den brocken schlummerte und auf seine erweckung gewartet hatte. mit dem aufbäumen wurden auch die felsbrocken hochgehoben und rutschten dann an der seite herab.

die unterirdische grotte wurde gleichzeitig von einem heulen und kreischen erdüllt, als wollten sich alle verlorenen seelen gleichzeitig bemerkbar machen. sogar wasser begann, an der sich immer höher wölbenden fläche herabzulaufen. da es von erde dunkel gefärbt war, sah es fast aus, als würde die erde bluten.

der don hatte fasziniert zugesehen, allerdings nicht wirklich überrascht. hier in der dunklen welt musste man einfach mit allem rechnen. und dass die erde hier in der komödie mitspielte, war sicher nicht verwunderlich. irgendwie war beliar mit der erde ganz sicher verwandt.

allerdings hatte er nicht gesehn, dass sich jetzt an einer stelle unter der erde zwei riesige augen auf ihn gerichtet hatten und ihn aufmerksam musterten.

die erde hatte sich bis zum horizont aufgewölbt und hatte ein schlangenförmiges gebirge entstehen lassen, von dem immer noch das erdreich und felsbrocken herabrieselten.

"wer bist du, dass du meinen ruhe störst?"

die worte waren so laut und gewaltig, dass der magier in die knie ging, die hände zu beiden seiten an den kopf gepresst.
24.08.2002, 15:30 #288
Don-Esteban
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Als er die Hände von den Ohren nahm, bemerkte er am linken Ohr etwas warmes. Die Wunde war wieder aufgeplatzt. Wenn nicht bald etwas geschah, würde er noch taub auf diesem Ohr werden. Und das in seinem Alter! Wenn der alte General der Lees nicht mehr alles mitbekam, dann war das ja fast normal - der war ja auch in Wirklichkeit ein Alterchen. Allerdings sollte er mittlerweile wieder ganz rüstig sein, wenn die Informationen stimmten, die ihm die Raben an Abenden unter der Esche zuraunten, die er in angenehmer Erinnerung hatte.

"Und wer bist du, daß du hier so ein Getöse veranstaltest?" Der Schwarzmagier war verärgert über den unnützen Lärm. Aber immerhin bekam er so einen neuen Gesprächspartner und deswegen hielt sich der Ärger in Grenzen. "Wenn du hier schon so einen unmöglichen Krach veranstaltest, und hier alles umpflügst, kannst du auch gleich mal dort vorne diese Felsformation ins Visir nehmen und dich dort austoben. Damit wäre dann uns beiden geholfen. Hinterher werde ich dich auch unterhalten, so gut ich es vermag." Was blieb dem Don weiter übrig?
26.08.2002, 11:58 #289
versuchung
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Der Felswurm schob seinen Kopf noch etwas weiter aus dem Fels und Erdreich, so dass er jetzt turmhoch über Don-Esteban aufragte. Aus dieser luftigen Höhe sahen die wagenradgroßen Augen auf den Magier herab und musterten ihn eine ganze Weile. dann senkte es den Kopf und beschnupperte den Sterblichen, nicht ohne ihn aus seinen Nüstern mit einem feinen Steinstaub zu überpudern. Aus seinem Maul, denn irgendsowas war das Teil, dass zwar eher wie ein Bohrer aussah mit einem Förderband, dass wohl die Felsen in ihn hineinbeförderte, troff die ganze Zeit ein schleimiger übelriechender Schleim.

Dem Magier gefiel das zwar nicht, dass er diese eklige Brühe abbekam, aber weiter zurückweichen konnte er auch nicht. So richtete er wohl oder übel den Blick nach oben und versuchte dabei, sein Gesicht so gut es ging zu schützen.

"Du willst, dass ich etwas für dich tue? Warum sollte ich? Was bietest du mir als Gegenleistung? Ich bin das größte Untier in Beliars Reich, mehr als zwei Meilen lang. Womit könntest du mich schon erfreuen. Zumal du zu der aussterbenden Art der Menschen gehörst."
26.08.2002, 21:28 #290
Don-Esteban
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Der Schwarzmagier lachte. "Aussterbend? Es scheint mir, du weißt nicht viel über Menschen. Sterblich zu sein, bedeutet nicht, auszusterben. Es mag dir als Makel erscheinen, unverständlich für dich hier in deiner Welt, in der nicht gestorben wird, weil sowieso schon alles auf Ewigkeit tot ist. Doch der Schöpfer hat es für die Menschen so bestimmt, daß jeder von ihnen nur eine kurze Zeitspanne hat. Das scheint der Preis dafür zu sein, daß unserem Geist keine Grenzen gesetzt sind. Denn wenn wir unsterblich wären, wären wir Götter."

Er klopfte dich demonstrativ den Dreck von der Robe und stand so in einer kleinen Wolke Staubes. "Was du für mich tuen kannst? Und warum? Nun, dir scheint recht langweilig zu sein, sonst würdest du nicht den Kontakt mit mir - einem der aussterbenden Menschen - suchen. Erfülle meine für dich lächerliche Bitte damit ich dir deine Frage beantworte und dir erzähle, warum Menschen so sind, wie sie sind. Lerne etwas über uns, laß mich deine Neugier befriedigen. Meine einzige Bitte sei folgende:"

Er machte eine kurze Pause, um die Neugier des riesigen Geschöpfes, daß hoch über ihm aufragte, zu erhöhen und um Kräfte zu sammeln, denn um sich verständlich zu machen, mußte er schreien. "Zerschmettere die Felsen hinter dir und zerbrösele sie zu Staub, auf das die Ebene von ihm bedeckt sei und man darüber wandeln kann, wie über blanke Erde. Dir sollte dies nicht schwerfallen, als größtem Wesen hier. Zeig mir ein wenig deiner Kräfte."
27.08.2002, 09:13 #291
versuchung
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und der riesige Wurm begann seine Arbeit. Mit einem ohrenbetäubenden Getöse begann er das Feld zu reinigen. In seinem Maul verschwand ein Großteil der Felsen und kam wahrscheinlich am Ende fein zerkleinert wieder heraus. Den anderen Teil der Felsen zermalmte er mit seinem langen Wurmleib. Der Don saß am Rand und versuchte verzweifelt, wenigstens einen Teil des Getöses mit seinen Händen zu filtern.

Dann war Ruhe. Das Riesentier "stand" wieder vor dem Magier und musterte ihn aus großen Augen.

"Ihr kommt doch aber her, wenn ihr gestorben seid. Das kann man doch einfacher haben, indem man gleich kommt. So weit ich weiß, ist euer aussterbendes Dasein doch oft recht qualvoll? Hier unten ist man nie unglücklich und es gibt nie Fragen. Alles ist immer gleich, außer so alberne Sachen wie das Zerlegen eines Steinfeldes, das hinterher aussieht wie eine glatte Ebene.

Aber das sind doch nur Spielereien, die einem Spaß machen. So was kannst du hier immer haben.

Wenn du klug bist, gibt dir Beliar auch Macht und Kenntnisse, um wirklich nette Sachen zu veranstalten. Ich übe zum Beispiel für die Rückkehr auf die Welt der Sonne, von der unser Herr immer redet."
27.08.2002, 13:07 #292
Don-Esteban
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Dieses Getöse. Unglaublich. Endlich war es vorbei. Und die Felsen waren zu Staubkrumen zerfallen. Der Schwarzmagier war's zufrieden. "Ich bin zufrieden mit dir. Wunderbar. Und jetzt lausche meinen Worten. Mein Name ist Don-Esteban, ich bin das Oberhaupt der Schwarzmagier in einem Teil des Königreiches Myrtana. Es mag andere Magier wie mich geben, die woanders Beliar auf ihre Weise dienen. Wir Schwarzmagier sehen uns als den Arm Beliars in der Welt der Lebenden an. Ob Beliar dies auch so sieht, weiß ich nicht wirklich. Ehrlich gesagt, es gab Augenblicke, da habe ich dies bezweifelt. Vielleicht besteht unsere Auserwähltheit nur aus reiner Selbstverliebtheit, aus alten Geschichten seniler Greise, die nichts mit dem wirklichen Wesen der Welt zu tun haben. Doch sei's drum. Die Welt zu erkennen und so zu formen, wie es uns richtig erscheint, ist das Wesen der Menschheit. Dieses innere Verlangen hat uns der Schöpfer mitgegeben. Sei unser Leben auch noch so kurz, gerade deswegen richten wir all unser Streben darauf, bleibendes zu schaffen, uns über unsere Lebensspanne hinaus auszudrücken durch unsere Taten. Und Beliar zu dienen ist das Streben der Magier, die Beliar anbeten. Ihn würdig in der Welt zu vertreten, die er nicht betreten darf, ist unsere selbstgewählte Aufgabe. Und bedenke eins: Wenn meine Welt so uninteressant ist und wir Menschen so schwach ist, wie wir dir erscheinen, warum sollte dann Beliar so erpicht darauf sein, diese Welt zu betreten und zu beherrschen. Sie ist wichtig. Für uns Menschen, für ihn. Es ist diese Welt, die den Sinn in der Existenz der Götter ausmacht. Du wirst mir zustimmen, wenn ich dir sage, daß auch Götter unsichtbaren Gesetzen folgen. Die Beschränkung Beliars auf die Welt des Todes ist nur ein sinnfälliges Beispiel dafür. Seit Äonen rüstet er für die Änderung dieses Zustandes, bis jetzt ohne Ergebnis. Du siehst, auch Götter können nicht alles. Und bedenke zum Schluß: Die Welt des Todes kann nicht ohne die Welt des Lebens existieren. Denn beide sind Gegensatz und Einheit in einem. Ohne Leben kein Tod. Auch, wenn alles, was lebt, am Ende in die Arme des dunklen Gottes fällt, so blieben seine unendlichen Hallen doch leer, ohne den Funken des Lebens. So lerne, die Welt der Lebenden als untrennbaren Teil des Ganzen zu akzeptieren." Der Don hustete und schwieg dann. Seine Kehle war staubtrocken.
29.08.2002, 05:51 #293
versuchung
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"Bei Beliars Zunge, du kannst ja reden wie ein Wasserfall. Herrscht denn hinter deinen Lippen nie Trockenheit?

Du fragst mich, warum Beliar auch noch eure Welt haben will? Das kann ich dir sagen, weil er die Welt in ihrer Gänze formen möchte. Immer wieder setzt das Leben ihm Grenzen, die er nicht überschreiten kann. und immer wieder versucht er es trotzdem.

Du kennst doch die Aufgabe noch, die er dir gestellt hat. Diese Erde für ein Getreidefeld vorzubereiten. Nun der Boden ist so wie du ihn haben willst. Versuch doch dein Glück und lass er sprießen. Ich bin wirklich gespannt, wie du in dieser Welt des Ewigen, etwas schaffen willst, dass man erst zum Leben erwecken muss! Viel Spaß denn noch!

Ich fürchte, diese Aufgabe wird dich an deine Grenzen führen. Es ist eine Aufgabe, die unser Meister nicht lösen kann. Frag dich doch einfach, warum. Dann bist du der Lösung schon ein Stück weiter."

Der unendliche Wurm bäumte sich noch einmal auf und ließ sich dann in das Erdreich hinabfallen. Eine riesige Staubwolke zierte die Erdoberfläche an den Stellen, an denen er tief unter der Erdoberfläche davoneilte.
01.09.2002, 16:34 #294
Don-Esteban
Beiträge: 9.734

"Was für unsinnige Aufgaben soll ich denn noch alles ausführen? Nimmt das denn kein Ende." DER Hohepriester zweifelte sowieso daran, ob er es hier wirklich mit Kreauren Beliars zu tun hatte. Würde der dunkle Gott seine Zeit mit albernen Spielchen verbringen, die - was er sicher noch viel besser wußte, als der Don selber - nutzlos waren und zu keinem Ergebnis führen würden? "Korn wachsen lassen? Das ist und bleibt unmöglich in dieser Welt." Das war die feste Überzeugung des Magiers.

Und weiter:
"Ich hätte dir ja gerne noch geantwortet, aber..." Der seltsame Wurm war schon fort. "Danke für das Gespräch." DER Hohepriester machte sich auf, das Feld zu durchschreiten. Erde wollte Beliar hier haben. Staub war es geworden. Wenn Wind hier unten wehen würde, dann wäre dieser Staub in einer riesigen, alles erstickenden wolke durch die Hählen gejagt und hätte nur nackten Felsboden unter sich zurückgelassen. "Getreide hier, was für ein Unfug. Es gibt kein Licht, es gibt kein Wasser, es gibt kein Korn.

Das hier ist die Welt der Toten und nicht die der Lebenden. Hier wächst nichts, hierher kommt nur alles, was sein Leben ausgehaucht hat. Wozu wil Beliar denn beide Welten? NUr, um das Leben zu beherrschen. Eben das, was er hier nicht kann. Und ich kann ihm auch nicht dazu verhelfen." Versonnen zeichnete DER Hohepriester mit seiner Stiefelspitze Ornamente in den trockenen Dreck. Wenn hier etwas wachsen würde, dann höchstens ein Feld, daß in der anderen Welt dem Tode verfallen war, verdorrte Halme, verbrannte Ähren, vergiftetes Korn.

Dies war das einzige, was den Weg hier runter finden würde. Blühende, wogende Felder voller saftigem Grün würden hier erst wachsen, wenn die Flüsse bergauf fließen würden. Vorher nicht.
"Wenn Beliar Leben haben will, soll er in die Welt der Lebenden kommen. Ich bin Schwarzmagier, um ihm dabei zu helfen, nicht um alberen Spielchen zu spielen." Don-Esteban beschloß, den Dreckacker zu überqueren und am anderen Ende einen sich aus der Ferne abzeichnenden Gang anzusteuern. Der Weg würde sich hinziehen. Wenn dies ein Feld auf der Erde wäre, würde es viele Menschen ernähen können. Ja wenn... es war aber nicht.
02.09.2002, 11:35 #295
versuchung
Beiträge: 169



Und plötzlich war er wieder da. Die Versuchung in Form des seltsamen Magiers manifestierte sich wieder vor dem Don-Esteban und sah ihn an

"Das ist es! Genau das, was unser Herr und Meister nicht lösen kann. Diese Grenze zwischen Lebendem und Toten ist für ihn noch nicht zu durchbrechen. Deshalb bist du hier. Er wartet auf deine Idee. Er hat dich auserwählt. Du bist sein mächtigster Schützling und solltest ihm jetzt mit neuen Ideen zur Hand gehen.

Er will ein wogendes Kornfeld mit richtigem lebendigen Korn. Dann sollte er es wohl bekommen, oder?"
02.09.2002, 12:01 #296
Don-Esteban
Beiträge: 9.734

"Na also, kaum geht das Spielzeug eigene Wege, ist der Aufpasser wieder da." Der Schwarzmagier lächelte grimmig. "Er will ein wogendes Feld sehen? Dann soll er meinen Geist als Gefäß nehmen und mich in die Oberwelt begleiten. Dort bekommt er durch meine Augen hindurch einen Geschmack dessen, was er so viele Zeitalter lang vermisst hat. Die ewig gültigen Gesetze des Schicksals hingegen kann ich nicht ändern. Leben gibt es hier nicht, gab es noch nie und wird es auch nicht geben. Das kann Beliar nicht ändern und ich schwacher, dummer Mensch auch nicht. Beliar weiß besser als jeder Mensch, was er kann und was nicht, woran er gebunden ist und woran nicht. Meine Aufgabe ist es, Beliars Rückkehr zu unterstützen, nicht meine Zeit mit fruchtlosen Bemühungen zu verschwenden, die zu keinem Ergebnis führen. Vielleicht solltest du deinen Herrn und Meister daran erinnern, daß die Lebensspanne eines Menschen für ihn nur ein Lidschlag ist. Wenn ich ihm noch meine Dienste zur Verfügung stellen soll, sollte er meine Zeit nicht mit unmöglichen Spielereien verschwenden. Und wenn er nicht mehr weiß, was möglich ist und was nicht, glaube ich vielleicht an den falschen Gott. Falls er allerdings nur prüfen will, wie gut ich über die bestehenden Möglichkeiten bescheid weiß, habe ich die Prüfung wohl bestanden. Niemand ist allmächtig. Niemand weiß das so gut wie die Schwarzmagier, die seit Ewigkeiten auf ihre Erhöhung durch Beliars Rückkehr warten. Auf das Ende ihrer Ohnmacht warten." Mit diesen Worten ließ der Magier sein Gegenüber stehen und wandte sich wieder dem Gang in der Ferne zu, dessen Erreichen er sich zum Ziel gesetzt hatte.
03.09.2002, 15:35 #297
Don-Esteban
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Als der Magier über die weite, staubbedeckte Ebene wanderte und dem dunklen Schlund des in der Ferne ausgemachten Ganges zustrebte, der ihn wer weiß wohin führen würde, berührten die auf unerklärliche Weise in eine Tasche seiner Robe geratenen Finger der linken Hand den Rest eines Brotkantens. Vergessen auf irgendeiner Reise und konserviert durch Trockenheit. Verwundert blieb der Don stehen und zog das ertastete Stück Brot aus der Tasche. An der Rinde befanden sich noch einige Körner ungemahlenen Getreides, in denen der unbekannte bäcker den Brotlaib gewälzt hatte, bevor er ihn in den Ofen schob.

Da traf den Magier plötzlich die Erkenntnis wie ein Keulenschlag. Stehenden Fußes kehrte er, seine in Falten herabhängende Robe raffend, zu dem Einäugigen zurück. Er war gar nicht der schwache unbedeutende nutzlose Mensch, der er zu sein glaubte. Beliar war gar nicht allmächtig, wie er bisher dachte. Dies war in Wirklichkeit gar keine Prüfung, so wie er es bisher angenommen hatte. Mit jedem Schritt wuchs das Gefühl des Siegers in ihm, mit jedem Schritt wurde der Triumphator in ihm größer, mit jedem Schritt wurde ihm klarer, daß er der Gebende und Beliar der Nehmende war.

Beliar bat ihn in Wirklichkeit um etwas. Kein Befehl kam von ihm sondern das Eingeständnis des eigenen Unvermögens. Er, Don-Esteban, oberster Magier eines kleinen Zirkels von Schwarzmagiern, er hatte etwas, was Beliar nicht hatte. Er konnte etwas, was Beliar nicht vermochte. Das Bewußtsein, in diesem Punkt einem Gott überlegen zu sein, ließ ihn höher emporwachsen, als alle Könige dieser Welt, mochten sie auch noch so mächtig sein, mochten ihre Armeen noch so groß sein, ihre Untertanen unzählbar und ihre Reichtümer ohne Vergleich. Don-Esteban war einem Gott überlegen. Das zählte ungleich mehr.

Ein ungeheures Glücksgefühl bemächtigte sich des Dons. Bald stand er wieder vor dem Boten des dunklen Gottes. War er gewachsen? Oder war dieser fremde Magier kleiner geworden? Mit tiefster Befriedigung in der Stimme sprach er nun folgende Sätze, wobei er jedes Wort betonte und hervorhob, so als ob er wollte, daß nicht das kleinste von ihnen, und sollte es noch so unbedeutend sein, verloren gehen sollte.
"Beliar bittet mich darum, ihm etwas lebendes zu schenken. Ich werde ihm seinen Wunsch erfüllen. Was für seine göttliche Allmacht unmöglich ist, ist für mich nichts weiter als ein kleiner, unbedeutender Gefallen."

Der fremde Magier blieb stumm, den Blick weiterhin auf den Schwarzmagier gerichtet. Don-Esteban kniete sich wie ein Gärtner nieder und begann, eine kleine Pflanzgrube mit den Händen zu schaufeln. Er klopfte sich die Hände ab, wobei kleine Staubwolken entstanden und dann mangels Wind unentschlossen davonzogen, holte den Brotkanten aus seiner Tasche und puhlte einige Körner von der Kruste ab. "Siehst du? DAS ist Leben. In diesem winzigen Korn liegt das Geheimnis, unbegreiflich für Beliar verborgen." Er hielt eins der Körner zwischen Zeigefinger und Daumen.

Als er die Samen aus den Händen in die Kuhle gleiten ließ, blitzte plötzlich ein Messer auf und ehe der schweigend zuschauende Magier dazwischen springen konnte, hatte Don-Esteban den rechten Ärmel hochgestreift und schnitt sich quer über den Unterarm. Blutrot tropfte es in die kleine Kuhle, in der die Körner lagen.
"Und siehst du das? Auch DAS ist Leben." Er wartete, bis das Blut am Arm gerann und schob dann mit dem Fuß die Kuhle zu. Das Korn war in der Erde.

Jetzt holte er Stahl, Feuerstein und Zunder hervor. Mit geübten Bewegungen, die viel Geschick im Umgang mit dem Feuerzeug verrieten, schlug der Schwarzmagier Funken, bis der Zunderschwamm glühte. Er riß den Saum seiner kostbaren Robe einzwei und hielt einen Streifen daran, bis er unter vorsichtigem Pusten aufflammte. Dann umwickelte er die Klinge des Messers mit dem brennenden Streifen und rammte den Griff in die Erde.
"Und auch DAS ist Leben. Wärme und Licht."

Er richtete sich auf und blickte auf den Boten Beliars herab. Eine Weile verharrte er so, dann hub er von neuem an zu sprechen. "Und, hat mir Beliar bei der Erfüllung dieser Aufgabe geholfen? Hat er mir das Korn gegeben? Ist mein Blut von ihm? Gab er mir das Licht? Nein, nein und nein. All dies stand nicht in der Macht Beliars. All dies entsprang anderen Quellen. So faszinierenden Quellen, daß ich gut verstehen kann, daß Beliar Macht über sie erlangen will." Ein Lächeln der Überlegenheit, kalt und von oben herab unterstrich seine Worte.

Und wie zur Bestätigung öffnete sich der Boden vor den Füßen des Magiers und ein kleines blutrotes Blatt entrollte sich ganz langsam vor den Augen der beiden. Mochten es die Tropfen von Blut sein oder der ungewöhliche Boden, in dem der Samen keimte oder noch andere Dinge, die sich dem Verstand verschlossen, es wuchs eine einzelne Ähre empor, rot wie Blut und voller praller Körner.
"Vielleicht kein wogendes Feld voller Getreide, doch ein Anfang. Dies mag eine weitere Lektion sein: Nichts ist jemals einfach. Mühsam nur wird alles erschaffen. Zu mühsam vielleicht für einen Gott, doch deshalb umso wertvoller."
04.09.2002, 12:08 #298
versuchung
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Die Versuchung hielt inne und schien auf etwas zu lauschen, dass sich dem Gehör des Magiers verschloss. Dann hob sie beide Hände und sah ihn aus weitgeöffnetem Auge an:

"Der Herr will dir ein Angebot unterbreiten. Willst du an seiner Seite in seinem Reich sitzen und ihn in Fragen des Lebens beraten? Du hättest freie Hand, könntest ihn mit deinem Wissen über das Leben erfreuen. Das Kastell kann auch ohne dich existieren, wird dann eben ein anderer deinen Platz einnehmen.

Beliar wird dich mit aller nur möglichen Macht ausstatten und diese ist fast so unermesslich wie seine. Folge mir, wenn du einverstanden bist. Du wirst auf einem Thron sitzen und richten über die Sterblichen, die an uns gefallen sind. Und du wirst Pläne entwickeln, wie unser Meister seine Macht in die Welt der Lebenden ausdehnen kann.

Du musst nur entsagen und ja sagen. Dann wirst du der mächtigste nach ihm sein. Ein Lebender als König im Reich der Toten. Das wär doch was für dich, oder?"
06.09.2002, 20:13 #299
Don-Esteban
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Doch der Schwarzmagier hörte gar nicht mehr zu. Die Worte verschwommen auf seltsame Weise, die Stimme des Boten wurde tiefer und immer leiser. In seinem Innersten hatte Don-Esteban schon bei den ersten Worten sein unbedingtes Einverständnis gegeben. Ja, ja, ja, frohlockte er. All sein Sehnen war erhört worden. Macht, schier grenzenlose Macht wurde ihm zuteil. Beliar hatte in seiner Weisheit erkannt, was die wahre Bestimmung Don-Estebans war.

Eine neue Macht durchflutete ihn daraufhin augenblicklich von den Zehen bis in die kleinste Haarspitze. Ein neues Bewußtsein. Der Einäugige wurde nur noch am Rande wahrgenommen. Er war Beiwerk. Unwichtig. Ein Befehlsempfänger. Don-Esteban winkelte den Arm an und streckte ihn langsam wieder aus, so als ob er eine unsichtbare Mauer berühren, ertasten wolle. Die Hand offen, die Finger gespreizt schien er sich in einer eigenen Welt zu befinden. Er achtete gar nicht mehr auf die Worte des anderen Magiers.

Der Blick vergeistigte sich. Die Augen wurden wässrig und immer dunkler. Plötzlich brachen Blitze aus den gespreizten Fingerspitzen und formten eine kugelförmige Sphäre um den ehemaligen Hohepriester und jetzigen Gott. Mit einem seltsamen Summen schloß sich die Sphäre um ihn und unmerklich langsam erhob er sich in den Raum. Die Augen waren starr, schienen den anwesenden Boten zu durchdringen, zu ignorieren. Er war Luft. Don-Esteban sah auf einer anderen Ebene. Die Sphäre erhob sich und schwebte davon.

Darinnen noch immer der ehemalige Schwarzmagier mit der ausgestreckten Hand, gespreizten Fingern, starrer Haltung. Fühlte er noch etwas? Schmerz? Schuld? Trauer? Demut? Stolz? Nichts. Nichts menschliches blieb. Es wurde ersetzt, verdrängt durch einen höheren Geist. Menschliche Dimensionen wurden unwichtig, verblaßten. Der neue Geist arbeitete konzentriert an der Lösung des Widerspruchs zwischen toter Welt und lebender Welt. Beliar mußte die Welt des Lebens betreten.

Der Arm wurde wieder gesenkt, die blauschimmernde Kugelsphäre war stabil. Die Bewegungen liefen langsam ab. Der Körper war unwichtig. Konnte ersetzt werden. Der Geist war das Zentrum, die Kraft. Die Verschmelzung des menschlichen Bewußtseins mit der göttlichen Macht brachte etwas vollkommen neues hervor. Alles, was sich die neue Macht in dem bisher als Don-Esteban bekannten Körper erdachte, wurde sofort Realität.

Doch auch wieder nicht. Nicht begreifbar für menschliche Unzulänglichkeit. Denken war geschehen. Geschehen war denken. Es gab keinen Unterschied, keine Grenzen. Unaufhörlich brandete eine Flut aus Impressionen, aus Gedankenströmen, aus Ereignissen, eben erdacht und im selben Augenblick Vergangenheit, durch das Bewußtsein des neuen Gottes. Unter der Hand Beliars wuchs hier ein neues Werkzeug heran, daß ihm zu ungeahntem Ruhm, unfaßbarer Macht verhelfen würde.

Don-Esteban hatte Beliar nicht widerstanden, konnte ihm nicht widerstehen. Er war seine Kreatur. Ganz und gar.
09.09.2002, 01:30 #300
Harald
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Harald war das erste Mal seit seiner Prüfung in der Unterwelt und sofort stellte sich wieder das gleiche unheimliche Gefühl ein, vor dem er damals schon geflohen war. Er konnte sich gut vorstellen, wie es den Neulingen ging, wenn sie plötzlich diese eigenartige tote Luft atmen würden und die unheimlichen Geräusche vernehmen würden.

Er nahm der Kore jeden einzelnen der Neulinge ab und hielt für einen Moment dessen Hand.
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