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[GM] Drachenfeuer
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20.07.2003, 20:18 #101
Skeleon
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Der junge Dieb nickte Satura aufmunternd zu, gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange und schritt an ihr vorbei, auf den Altar zu. Sie folgte ihm gleich darauf nach, nahm zögerlich das Amulett von ihrem Hals und fügte mit zittrigen Fingern den Edelstein in die Fassung ein.
Im ersten Moment flackerten unförmige Lichtreflexe auf und ab, doch als die Amazone ihre Hände zurücknahm und das Amulett ruhig und sicher in der steinernen Halterung verwahrt lag beruhigte sich das rötliche Flimmern. Ein Strahl aus sanftem, rosarotem Licht ging durch die Staubpartikelchen deutlich sichtbar von dem Edelstein aus, er wurde von der Sichtblende abgeschnitten und formte einen perfekten Kreis. Doch obwohl das Licht gebündelt war verlor es sich in der sanften Abenddämmerung. Der junge Dieb nickte Satura zu.
"Du hast recht - es reicht nicht. Ich will zu gerne die Magie Donnras sehen -"
Er blickte in die Runde. Saria blickte missmutig und skeptisch zurück.
"Von dir weiß ich, dass du ihre Magie wirken kannst." raunte er ihr zu. Mit einer spöttischen, einladenden Geste wies er auf den Altar.
20.07.2003, 21:11 #102
Saria
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Die Miene der Diebin verfinsterte sich vor unterdrückter Wut, mehr und mehr Blut stieg in ihren Kopf als sie trotzig die Arme vor der Brust verschränkte.
"Und warum sollte ich das bitte tun?", fragte sie herausfordernd, "Weil du es mir befiehlst?"
Saria lachte spöttisch.
"Da kannst du aber lange warten. Den Tag, an dem ich mir von dir etwas sagen lassen werde, wirst du bestimmt nicht mehr erleben! Mach's doch selber, du Besserwisser!"
Erst als sie einen warnenden Blick von Satura einfing, zuckte Saria seufzend die Schultern und trat auf den Altar zu.
"Aber nur für die Gruppe und nicht für diesen dahergelaufenen Streuner", meinte sie mit einem vor Gift triefenden Blick zu Leon.
Ihre Finger strichen über den Runenstein auf ihrem Armreif, zogen eine Spur funkelnden Lichts hinter sich her, formten kurz darauf zusammen mit der zweiten Hand eine kugelähnliche Form und erstrahlten in einem grellen, goldenen Licht. Dieses schien an Sarias Handflächen Wasser gleich hinabzulaufen, sich gleichzeitig aufeinander zu zubewegen und sich zu einer hell strahlenden Miniatursonne zu verdichten - Und zerplatzte in leuchtende Funken, als ein Nieser Sarias Konzentration sprengte.
Leise fluchend atmete die Diebin tief durch und schloss die Augen, um es abermals zu versuchen. Sie spürte die astralen Ströme kribbelnd ihre Arme herabfließen, sich in ihren Händen zu einem Ball intensiver, durch Magie veränderter und zum Leuchten gebrachter Luft verdichten. Schließlich endließ Saria die Lichtkugel aus ihren Händen, steuerte sie mit sanften Handbewegungen direkt vor den als Linse fungierenden Kristall des Amuletts.
20.07.2003, 21:30 #103
Skeleon
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Der junge Dieb blickte sie mit einer Mischung aus Wut und Verwirrung an. Hatte er ihr irgendetwas getan? War nicht sie, die kleine Hexe, schuld an allem gewesen, was im Amazonenlager schiefgegangen war? Er schluckte die Bemerkung wütend hinunter, die ihm auf der Zunge lag. Irgendwann würde er es ihr noch heimzahlen. Wenn sie so weiter machte würde er eine seiner Regeln wohl doch noch zu brechen haben.
Ein wenig beruhigt sah er jedoch zu, wie Saria sich vor dem Altar aufbaute und mit ihrer Beschwörung begann. Fasziniert beobachtete der junge Dieb die flackernde Lichtkugel, die sich allmählich in ihren Händen manifestierte, heller strahlte und unwillig flackerte, bis Saria sie in die Freiheit entließ. Sanft auf und ab schwebend flog die magische Kugel vor der Fassung des Amuletts hin und her, gab ihr Licht in alle Richtungen ab und tauchte den umliegenden Steinkreis in ein weiß-rötliches Schimmern. Fast unmerklich, unbeabsichtigt von Saria, näherte sich die schimmernde Kugel dem Kristall an, schwebte darauf zu, tauchte in ihn ein und - verschwand. Im nächsten Moment flackerte der Edelstein hellrot auf und warf einen Lichtstrahl aus, ähnlich dem, den die Abendsonne zustande gebracht hatte, nur greller, mächtiger - ein heller Lichtpunkt zeigte sich auf einem der nahen Dolmen, eine Schicht feiner, fast unsichtbarer Kristalle darauf entflammte zu feurigem Leben - Licht wurde gebrochen, weitergestrahlt und in einem einzigen Augenblick auf dem ganzen Dolmen verteilt. Diese Anordnung konnte nicht natürlichen Ursprungs sein. Oder?
Staunend trat der Junge einen Schritt zurück, als die steinerne Säule in helles, weiß-rotes Licht getaucht da stand - wie eine Fels gewordene Flamme.
Mehrere Minuten hielt dieser Anblick an. Ungläubig sah die Gruppe dem Schauspiel zu - bis Saria die Konzentration verließ. Langsam wurde das Licht der Donnra schwächer - der Edelstein verblasste - das steinerne Feuer verlöschte. Leon stand mit offenem Mund da und starrte auf den Felsbrocken, das Nachflimmern noch immer bläulich auf der Netzhaut.
20.07.2003, 21:47 #104
Lehna
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Verwirrt starrte Lehna zu Satura, dann wieder auf den Wald hinter der Hütte. Der Wald in dem Esteron eben verschwunden war. Verdammt, was sollte das werden..?
Die übrigen Gruppenmitglieder begaben sich zum Altar hinunter, nur sie blieb verunsichert wie angewurzelt stehen. Überlegte. Bis sie nach einer Weile auch losrannte – in den Wald...
Gehetzt sah sie sich um, spürte nicht, wie ihr einige Äste ins Gesicht peitschten.
„Esteron!“
Eine Spur von Panik lag in ihrer Stimme, doch nur ein kleiner Vogel beantwortete ihren Ruf. Verflucht wo war er?
Wer war er...?
Irgendwann, sie wusste nicht wie lange sie jetzt schon gesucht hatte, blieb sie erschöpft auf einer kleinen Lichtung stehen. Ihr Puls raste, sie spürte ihr Herz schon fast bis zum Hals schlagen. Auch ihre Schulter schmerzte ein wenig, obwohl Saturas Salben bis eben noch eine betäubende Wirkung gehabt hatten.
Gehetzt sah sie sich um. Keine Spur von Esteron, nur der Wald um sie herum, die Bäume, die Sträucher.
Lehnas Hand wanderte zum Griff ihres Schwertes, sie atmete tief durch. Jetzt bloß nicht ausflippen. Ansonsten würde wieder so etwas passieren wie in Gorthar. Esteron musste hier irgendwo sein, es handelte sich um ein kleines Tal, nicht um einen riesigen Wald. Und er würde auch nicht einfach so verschwinden, ohne sie...
Plötzlich hörte sie ein leises Knurren hinter sich, mit einem kaum vernehmbaren Knacken brach ein Ästchen. Reflexartig riss Lehna ihr Schwert aus der Scheide, drehte sich jedoch noch nicht um. Sie wusste, wer da hinter ihr war... Wusste, dass er sie langsam umkreiste...
Ein Lichtstrahl brach sich in der bläulichen Erzklinge, ein leises Rascheln hinter Lehna. Blitzartig wirbelte sie herum, pfeifend schnitt die rasiermesserscharfe Waffe die Luft, traf auf blasse Haut und zerschnitt fast widerstandslos Fleisch und Muskeln...
Das Wesen sprang überrascht einen Schritt zurück, dunkles Blut sickerte aus der frischen Wunde an seinem Oberarm. Lehna hob ihre Waffe hinter ihren Kopf, so dass die Spitze nach vorn zeigte, ihre Augen verengten sich zu schlitzen, sie behielt jede Bewegung ihres Gegners im Auge. Dieser umkreiste sie wie eine Raubkatze, seine blutroten, vom Wahnsinn gezeichneten Augen schienen ihren Blick geradezu durch sie hindurch bohren zu wollen.
Doch unter dem Wahnsinn und der Mordgier bemerkte Lehna etwas ganz anderes.
Verzweiflung. Einsamkeit.
Einen stummen Hilferuf...
Töte mich doch endlich!
Plötzlich musste sie ein wenig Lachen, doch es klang verbittert, nicht belustigt.
„Weißt du...“, sprach sie plötzlich und verzog die Lippen zu einem seltsamen, undefinierbaren Lächeln.
„Wir sind uns gar nicht so unähnlich.“
20.07.2003, 21:55 #105
Satura
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Wie gebannt hatte Satura das unglaubliche Schauspiel verfolgt. Das rötliche Licht des Kristalls hatte sich in alle Farben aufgespalten, und auf dem Stein, dessen Oberfläche mit tausenden kleiner Prismen bedeckt war hatte sie wieder vereint und die Strahlen vervielfacht.

Als der Zauber verblaßt war, ging die hohe Amazone ungläubig zu dem Stein und ließ ihre Finger über die raue Oberfläche gleiten. Er war wärmer als zu erwarten wäre; als wären eben unglaubliche Energiemengen durchgeflackert.
"Was... was hat das zu bedeuten?" sie sah Leon aufgeregt an. "Hier - hier ist nichts!" Ihre Finger suchten den Stein Quadratzentimeter für Quadratzentimeter ab. Sie schüttelte den Kopf. "Nichts..." Auch Leon hatte begonnen, die Dolmen zu untersuchen.

"Saria, bitte, wir brauchen den Zauber noch einmal, vielleicht... vielleicht haben wir etwas übersehen? Irgendetwas...." sie sah die Erzmazone bittend an.
Saria lächelte spöttisch, anscheinend freute sie die Tatsache, dass Satura sie darum bat. Nach einem kurzen Murren aber konzentrierte sie sich noch einmal, und wieder entstand ein heller gleißender Lichtball, der nach kurzem, unsicheren Schweben von dem roten Kristall regelrecht aufgesogen wurde.

Mit kleiner Zeitverzögerung wiederholte sich das zauberhafte Spiel von vorhin nochmals.
20.07.2003, 22:15 #106
Skeleon
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Der Junge schlug geblendet die Hand vor die Augen, als das grelle Licht sich wieder über die gesamte Oberfläche der Felsensäule verbreitete. Bunte Farben spielten über die kleinen Feuer aus Licht, gebrochen, geteilt, und im nächsten Kristall wieder zu einem weißroten Strahlen vereint. Wie eine versteinerte, schimmernde Stichflamme ragte der Felsblock in den Himmel und ließ die Schatten, die ihn umgaben, noch dunkler, noch nebensächlicher erscheinen.
Donnras Licht flackerte. Und so tat es der feurige Dolmen.
Saria schien ausgelaugt, weniger körperlich als geistig. Sie hatte sich vorn übergelehnt und blickte aus kalten, glasigen Augen zu Satura und Leon, die verzweifelt die Steinsäule umrundeten, nach irgendeinem Hinweis forschend. Ein wenig Spott schien in ihrem Blick zu liegen, ob der hilflosen Versuche der beiden.
Seufzend ließ der junge Dieb schließlich von dem Dolmen ab, warf Satura noch einen letzten Blick zu und lehnte sich dann an einen der anderen Felsen.
Es musste einen Hinweis geben. Es war unmöglich, dass all diese Zufälle - das Dolmental, die Fassung für das Amulett, der Edelstein selbst und zuletzt dieses, dieses Feuer - ja, wirklich nichts weiter als Zufälle waren. Leon schüttelte den Kopf. Doch was war das Geheimnis?
Frustriert gab auch Satura auf und ging zu ihm herüber.
"Was nun?" fragte sie, mit beinahe bebender Stimme. "Kein Hinweis, kein Nichts. Es kann doch nicht einfach alles umsonst gewesen sein?"
Sie trat in den Staub vor sich, eine kleine Sandwolke stieg auf und legte sich langsam wieder.
"Ich habe dieses Tal so satt." rief sie schließlich aus. Sie blickte sich um, warf böse Blicke auf die Steinsäulen und insbesondere den Altar. Sie machte sich nicht einmal die Mühe, ihr Amulett wieder daraus hervorzunehmen. "Wo steckt jetzt auch noch Lehna?" fragte sie zweifelnd, winkte dann jedoch entnervt ab.
Leon grinste, vermutlich hatte sie Esteron eingeholt -
Irritiert sah er auf als Satura ohne ein weiteres Wort davon trottete. Er hatte sie aufzumuntern versucht, dabei Erfolg gehabt - und jetzt traf sie dieser Rückschlag, dieses sinnlose Feuerwerk umso heftiger. Schnellen Schrittes folgte er ihr nach, als sie in Richtung Steilhang davonstapfte.
20.07.2003, 22:15 #107
manmouse
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Der junge Mann wusste nicht mehr wie weit er in den Wald hinein gelaufen war, er wollte nur noch aus dem Sichtfeld der anderen verschwinden. Er hatte sich nicht unter Kontrolle gehabt. Denn sie war ihm vollkommen entglitten. Der Wanderer bereute was eben geschehen war, auch wenn er keine Erklärung dafür hatte.
Warum hatte Satura ihn auch vor den anderen bloß gestellt. Er wusste selbst das er ein Schwächling war. Unfähig Lehna jemals ausreichend zu schützen.
Mit Tränen in den Augen setzte sich der junge Mann auf einen vermoderten Holzstumpf und verbarg sein weinendes Gesicht in seinen Händen.
Er dachte an den Traum der letzten Nacht, an die Worte die ihm die Kreatur gesagt hatte. “Du bist ein Versager!
Und dann an Satura, auch sie hatte ihn als Versager bezeichnet. Er wollte wütend sein auf sie, und er genoss die Wut die in ihm aufgeflammt war. Er wusste nicht warum.
Aufgebracht hob Esteron einen kleinen Stein auf und warf ihn mit voller Wucht gegen einen Baum. Dann fühlte er sich erinnert, an den Edelstein mit dem eingeschlossenen Dämon, der sich eingewickelt in ein dickes Stück Vorhangstoff, in seiner Tasche befand.
Vorsichtig tastend suchten seine Finger seine Nähe. Fast schon behutsam legte er den Stein frei und sah ihn fasziniert an. Der Stein begann wieder zu glühen, wie in der Nacht vor der Abreise am Strand. Wieder sah er die dunkle Fratze in ihm, wie sie ihn fordernd angrinste. „Na wie ist es, wenn man sich nicht mehr unter Kontrolle hat mein Freund? Ein schönes Gefühl oder?“
Die Augen von dem jungen Mann weiteten sich. Erschrocken wickelte der junge Mann den Stein zurück in den dicken Stoff und verstaute ihn wieder in seiner Tasche.

Dann ein Schrei, ein Rufen. “Esteron!“ Es war Lehna. Sich hatte sich aufgemacht um ihn zu suchen. Der Wanderer blickte traurig in die Richtung aus der der Ruf kam und zögerte. Er war einVersager, nicht mehr und nicht weniger. Er war Lehna nicht wert. Sie würde besser ohne ihn klar kommen.
Der junge blieb noch einen Moment auf dem Baumstumpf hocken und blickte abermals in die Richtung. Das rufen war nun verstummt. Ob Lehna wieder zu den anderen zurückgekehrt war? Weil auch sie endlich wusste was für einen Versager sie sich da angelacht hatte?

“Lehna! Verzeih mir bitte.“ Verzweiflung lag in seiner Stimme als er von dem Baumstumpf aufsprang um zum Waldrand zu hechten um Lehna aufzuhalten.
Esteron stolperte durch das Dickicht und die Äste. Viel einige Male zu Boden und rappelte sich wieder auf. Und dann erreichte sie, doch Lehna war nicht allein.
Keuchend blickte Esteron auf die Kreatur von gestern. Zischend ruckte der Kopf der weißen wieder erstärkten Gestalt zu ihm herum und musterte in aus seinen roten glühenden Augen.
“Ich sagte doch das ich sie mir als erstes hole du Narr. Verschwinde lieber wieder in den Wald du Versager, denn was ich mit deiner kleinen Freundin vorhabe wird dir nicht gefallen.
“NEINN“ Esteron schrie und eilte verzweifelt auf die Kreatur zu, um sich zwischen es und Lehna zu stellen.
“Ich lasse es nicht zu. Hörst du?

Esteron verstand noch immer nicht, was hier überhaupt vor sich ging. Er wusste nur das er kein Versager war, auch wenn ihn alle für einen hielten.
20.07.2003, 22:42 #108
Satura
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Wütend stapfte sie den Hang hinauf. "Kannst du mir bitte mal sagen, wer sich diese blödsinnigen Rätsel ausgedacht hat? Will uns da irgendjemand auf den Arm nehmen?" Sie blieb stehen, reckte ihren Kopf gen Himmel und schrie: "Lacht ihr schon über uns?"

Sie hatte zunächst nicht bemerkt, dass Leon ihr gefolgt war, doch als sie stehengeblieben war, hatte er sie eingeholt. Er legte sanft den Arm um ihre Hüfte, sie beruhigen wollend.
Satura seufzte. "Was sollen wir nur machen. Esteron ist ausgezuckt - frag mich nicht wieso. Jetzt sind er und Lehna irgendwo im Wald, und wer weiß was dort auf sie wartet... und was ihnen zustößt... und Esteron macht sicher mich dafür verantwortlich.. und dann ist dieses dämliche Tal auch noch ein völliger Betrug... nichts ist hier, einfach gar nichts... Blutfeuer hat schon Recht gehabt... wahrscheinlich denkt sie jetzt auch noch, ich bin total verrückt... und ich bin schuld wenn Lehna und Esteron was passiert..." Dicke Tränen kullerten ihre Wangen hinunter, und sie schluchzte an Leons Schulter gelehnt. Es war ihr peinlich, doch sie konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten, und so barg sie ihr Gesicht in seiner Umarmung.
20.07.2003, 22:57 #109
Skeleon
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Leon blickte mit gemischten Gefühlen auf Satura herab.
Einerseits war er verwirrt - er hatte die stolze Amazone noch niemals so offen weinen sehen. Sie hatte sich früher nicht einmal ihre einfachsten Gefühle eingestanden. Andererseits war er froh, froh, dass sie sich ihm anvertraute, egal, wie beschämend es für sie sein musste.
Der junge Dieb blickte sie an, versuchte, aufmunternd zu lächeln, und zog sie fest an sich. Eine zärtliche Umarmung und einen innigen Kuss später schob er sie sanft von sich, legte ihr erneut den Arm um die Hüfte und führte sie ein Wegestück den Berghang hinauf, weg von der Gruppe, weg von den Dolmen.
Nur wenige Minuten später erreichten sie den Gipfel eines grasigen Hügels, der ersten Ausläufer des Gebirges. Sie ließen sich nebeneinander ins Gras fallen und spähten über das Trogtal hinweg. Irgendwo dort unten waren ihre Gefährten und trieben wer weiß was.
Aber das zählte jetzt nicht.
Leon zog die Amazone erneut ein Stück an sich, sie legte ihren Kopf auf seine Schulter und atmete tief durch.
"Das kommt schon alles wieder in Ordnung." murmelte er ihr ins Ohr. "Wir packen morgen alles zusammen, klären die Sache mit Esteron und verschwinden aus diesem gottverdammten, grausig paradiesischem Tal, okay?"
Er gab ihr einen sanften Kuss.
"Hier finden wir ja doch nichts."
Wie um ihn zu widerlegen flackerte tief unter ihnen ein helles Leuchten auf. Der Dolmen stand wieder in weißem Brand und strahlte, weithin sichtbar. Doch in diesem Moment scherten sich die beiden nicht darum. In der Dunkelheit erkannten sie nicht, dass die Lösung des Rätsels direkt vor ihnen lag. Doch selbst wenn sie dies erkannt hätten, hätten sie sich nicht aus der Umarmung gelöst, in die sie versunken waren.
20.07.2003, 23:38 #110
Lehna
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Die sonderbare Kreatur knurrte erbost, versuchte Esteron zu umkreisen. Der junge Wanderer allerdings blieb zwischen ihr und Lehna, die noch immer mit erhobener Waffe dastand und ihren Gegner nicht aus den Augen ließ...
Wenn nur Esteron jetzt nicht aufgekreuzt wäre! Immer, aber doch nicht jetzt... wenn die Bestie angriff, hätte er keine Chance zu überleben. Und...
...genau deswegen stand er jetzt hier...
„Verdammt, Esteron, bau keinen Scheiß!“, zischte sie und stockte. Das war wahrscheinlich genau das gewesen, was sie jetzt besser nicht hätte sagen sollen...
Kurzerhand drückte sie ihm vorsichtig ihr Schwert in die Hand. Die Kreatur vor ihnen knurrte erneut und duckte sich zum Sprung, Lehna zog ihre beiden Dolche.
„Esteron... Tu ihm einen Gefallen... Manchmal ist der Tod die besser Alternative.“
Sie schwieg kurz, ein fast mitleidiger Blick streifte den blassen Mann mit den roten Augen, der mehr Tier als Mensch war, der langsam zurückwich, seine Muskeln spannte, sich auf den Angriff vorbereitete.
„Du schaffst das.“, fügte Lehna flüsternd hinzu.
„Ich vertraue dir...“
21.07.2003, 02:43 #111
manmouse
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Esteron lächelte seine Freundin freudestrahlend an, als sie ihm das Schwert in die Hand gedrückt hatte. Genauso wie im Minental spürte der junge Mann die für ihn warme bläuliche Erzklinge. Lehna lächelte ihm noch aufmunternd zu, dann begann der Kampf.
Die Kreatur oder was auch immer es nun war, zischte laut auf, spannte seine Muskeln und sprang kraftvoll nach vorne.
Der Wanderer wich kurz zurück, sein Selbstbewusstsein war noch nicht halb so stark, wie er es sich eben noch gewünscht hatte.
Der Albino sah das ebenso, denn er griff nicht Lehna sondern den Versager an. Wuchtig rammten sich seine zu Krallen gekrümmten Finger in die Schulter von Esteron. Rissen Haut, Fleisch und Sehnen mit sich. Der junge Mann schrie unter starken Schmerzen auf. Keuchend ging er in die Knie, während ihm Tränen in die Augen stiegen.
-Du bist ein Versager-, dämmerte es dem jungen Mann immer wieder im Kopf.“Nein, ich bin kein Versager“

Unter sichtbaren Schmerzen raffte sich der junge Mann auf, wartete auf den nächsten Angriff. Seine Linke Schulter war inzwischen unbrauchbar geworden und aus ihr sickerte viel Blut heraus. Esteron wich zurück. Die „Kreatur“ bäumte sich zu ihre vollen Größe auf und stürzte ohne Einhalt auf den jungen Mann.
Surrend bohrte sich die Erzklinge in den Torso von dem Albino. Doch er wich nicht zurück im Gegenteil.
Sein Körper bedeckte den jungen Mann, er saß auf ihm. Immer wieder deckte er den jungen Mann mit Schlägen und Wunden ein. Esteron keuchte, während er immer weiter auf sich einschlagen ließ, Lehna stand fast wie gelähmt da. Unschlüssig ob sie eingreifen sollte. Doch sie tat es nicht.
Esteron brauchte diese eine Chance. Nur diese eine Chance.

Esterons blutiger Kopf wurde hin und her geschleudert. Überall war seine Haut aufgerissen, hing in leichten Fetzen herab. –Ich bin kein Versager-
Der Wanderer versuchte gegen den Körper anzukämpfen. Schleuderte ihn zu Boden und schlug immer wieder mit dem Schwert stechend auf die Kreatur ein. Zischend wich sie zurück. Krümmte sich unter Schmerzen. Schrie. Der Kampf dauerte nicht mehr lange.
Der Wanderer sackte auf die Knie, hob noch ein letzten Mal sein –Lehnas- Erzschwert und stach dem Vieh mitten ins Herz.
“Du bekommst Lehna nicht. Keiner bekommt sie. Und merk dir, ich bin kein Versager.“ Schrie der junge Mann in den Wald, dann sackte Esteron blutend an der Waffe herab, zu dem gekrümmten Leichnam und blieb erschöpft auf ihm liegen.
21.07.2003, 03:06 #112
Lehna
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Lehna blieb noch einen Moment lang wie angewurzelt stehen, starrte aus die Szene, die sich ihr bot, als würde ihr Gehirn das gesehene erst langsam verarbeiten. Und irgendwie kam es ihr auch genau so vor, als würden ihre Gedanken in einem Strom zähflüssigen Honigs dahintreiben...
Irgendwann, es erschien ihr fast eine Ewigkeit gedauert zu haben, ließ sie ihre beiden Dolche einfach in die Wiese fallen und stakste ungelenk zu Esteron, ließ sich neben ihm auf die Knie sinken. Vorsichtig beugte sie sich über ihn, fasste ihn behutsam an der noch unverletzten Schulter, drückte den jungen Wanderer an sich.
„Esteron... Du... du warst nie ein Versager...“, flüsterte sie heiser, während sie besorgt seine zahlreichen Verletzungen betrachtete. Er blutete stark, viel zu stark...
Warum habe ich nicht eingegriffen?
Im nächsten Moment verfluchte sie sich selbst wieder für diesen Gedanken. Sie wusste es. Weil sie Esteron hatte helfen wollen...
„Du... bist verletzt.“, stellte sie stockend fest. Himmel, was für eine großartige Erkenntnis. Da wäre ja glatt ein Nobelpreis fällig...
Sie brachte ein unsicheres Lächeln zu Stande, beugte sich hinunter und gab Esteron einen sanften Kuss auf die blutverschmierte Wange. Sie schmeckte seinen Schweiß und sein Blut auf ihren Lippen, doch es störte sie nicht. Er hatte es für sie getan... Wie schon so vieles...
Einmal mehr drängte sich ihr beinahe der Gedanke auf, warum Esteron das alles tat. Ob sie das überhaupt wert war. Und hinzu kam die Feststellung, dass sie selbst alles für ihn tun würde – und so blieb es wieder bei dem selstsamen Verstehen und gleichzeitig Nichtverstehen...
„Wir müssen zu den anderen. Vielleicht hat...“
Lehna stockte, schluckte kurz.
„Hat Satura ja ein paar Salben für dich.“, beendete sie zögerlich ihren Satz. Satura...
21.07.2003, 03:37 #113
manmouse
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Langsam richtete sich der junge Mann auf. Sein Körper spürte die Verletzungen nicht, noch nicht. Esteron lächelte. Er hatte seinen inneren Schweinehund nun endgültig überwunden. Der Wanderer blickte noch einmal zurück auf den toten Körper.
"Lass uns gehen!" Die junge Frau nickte, schnappte sich ihre Waffen, dann schritt sie ihren Freund stützend aus auf den Waldrand zu, zurück zu der Hütte und womöglich auch zu den anderen. Heute würden sie ruhiger schlafen können.

Langsam schlichen die beiden unter den Bäumen hervor. Kalter Wind empfing sie stürmisch und die Blutverklebten Blonden Haare des Mannes wehten flatternd, fast tanzend durch die Luft.
Esteron blieb einen Moment stehen.

“Lehna, ich habe hier etwas was dir gehört.“ Zitternd griff der junge Mann in seiner Hosentasche und beförderte den Edelstein und ein paar Goldmünzen zu Tage. Esteron warf kurz einen überraschten Blick auf die Münzen, sich fragend, wo die so plötzlich hergekommen waren, zuckte kurz mit den Schultern und steckte das Gold zurück in die Tasche. Dann drehte er sich zu der Amazone um, öffnete den Stoffumschlag und legte den Stein frei, der sogleich zu glühen begann.
“Nimm ihn an dich. Ich habe ihn lange genug mit mir herum getragen, um zu wissen das ich ihm nicht gewachsen bin.“ Als Lehna den Edelstein aus dem Stoff hob, und ihn in ihre zarte Hand legte, wurde das leuchten für einen kurzen Moment stärker. Dann flackerte der Stein kurz mehrmals auf und das leuchten ging zurück um nun gänzlich zu versiegen.
Die Amazone lächelte, Esteron begann ebenso zu grinsen. Und so schritt das Pärchen lachend hinunter zu der Hütte, nun konnten sie Satura endlich bei ihrer Suche unterstützen, soweit es ihre Möglichkeiten zulassen würden. Ihre gemeinsame Freundin hatte viel zu lange warten müssen.
21.07.2003, 18:41 #114
Skeleon
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Am nächsten Morgen spähte der junge Dieb von dem Felsabsatz aus über den Talkessel. Satura und er hatten die Nacht hier zugebracht, einander in den Armen liegend waren sie allzubald eingeschlafen. Und nun beobachtete Leon das Schauspiel, dass sich unter ihm abspielte. Im schwachen Licht der aufgehenden Sonne begannen die Nebelschleier aus dem Tal aufzusteigen, sich zu verteilen und aufzulösen. Eine Wolkenwalze strich über den westlichen Hang hinweg, um sich irgendwo außerhalb des Tales in feuchter Luft zu verlieren. Die Dolmen standen aufrecht und unveränderbar auf dem Grund des Tales. Deutlich zeigte sich die niedrige Erhöhung, auf welcher der Steinkreis und der Altar ruhten und nur unweit davon glaubte Leon den Dolmen auszumachen, der in der letzten Nacht in feurigem Licht gestanden hatte. Zwischen diesen beiden Punkten funkelte ein schmales, silbriges Band - ein Bächlein, das sich durch das Tal zog. Er verfolgte den Verlauf, bis es sich in der sumpfigen Region im hinteren Bereich des Kessels verlor, ebenso in die andere Richtung, in der der Quell deutlich sichtbar aus einem steinernen Tunnel hervorschoss. Irgendwo auf den von weißem Schnee bedeckten Berggipfeln rund herum schmolzen Eis und Frost, um als kleiner Springquell in diesem Tal anzukommen und sich im Laufe seiner Reise zu verlieren.
Leon atmete erleichtert die frische, fast kalte Luft ein. An irgendetwas erinnerte ihn diese Felsenanordnung, doch er wusste nicht an was. Zögerlich drängte sich ihm ein Gedanke auf. Diese Formation von Felsen dort hinten, sie bildeten eine schmale Linie, umschlossen von kleineren Steinbrocken. Irgendwie -
Unschlüssig stand er da und überlegte, woher ihm die Szene bekannt kam. Ja, genau. Es erinnerte ihn an die Landzunge nahe Khorinis, die er einmal von der Brücke nahe Akils Hof begutachtet hatte. Er stand im falschen Winkel dazu, aber -
Ihm kam ein nerkwürdiger Gedanke, unsicher was er wirklich zu erwarten hatte, zog er seine alte Karte hervor. Hier und da war sie verschmiert, wo er mit einem Griffel versucht hatte, die Änderungen der letzten Zeit zu vermerken. Mit dem Finger fuhr er die Landzunge auf der Karte entlang, während seine Augen der Felsformation folgten. Er drehte das Pergament ein wenig, damit die Ausrichtung stimmte - vor ihm lag nun Südosten statt Norden auf der Karte. Er verglich, fuhr auf der Karte weiter, blickte zurück, sah ungläubig hin und her und versuchte es erneut, diesmal in der anderen Richtung.
Es blieb kein Zweifel offen - was er hier vor sich hatte, war eine grobe Darstellung der Insel Khorinis. Nur Küstenverläufe und Bergketten waren darauf 'eingezeichnet', eben genau die Zeitzeugen, die auch nach langen Jahren, vielen Jahrhunderten noch fast genauso bestünden.
Seine Finger und Augen ruckten fast automatisch herum, als er nach und nach immer mehr der Karte verglich. Sie war grob, unsauber und größtenteils stimmten die Proportionen nicht, doch es war trotz allem unverkenntlich Khorinis. Seine Hand blieb mitten in einer Bergkette hängen, während seine Augen auf dem Altarhügel lagen. Er blickte zu dem feurigen Dolmen - und im nächsten Moment rückte seine Hand hinterher.
Der markierte Punkt lag mitten in der Bergkette, ein Stück weiter westlich als das Dolmental zwar, aber nur wenige Meilen entfernt hinter dem Flußlauf - Luftlinie. Er zückte seinen Griffel, machte an der betreffenden Stelle einen großzügigen Kreis und wandte sich ab. Schnellen Schrittes stapfte er auf Satura zu, die auf einem Baumstamm nahe des Steilhanges saß und zwei Äpfel begutachtete, offensichtlich ihr Frühstück.
"Ich glaube, wir können doch noch nicht heimfahren." meinte er grinsend, als er neben sie trat.
21.07.2003, 19:35 #115
Satura
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Satura blickte auf, Leon fragend ansehend. "Wovon sprichst du?" Der junge Dieb wirkte seltsam fröhlich und gelöst, und ein siegessicheres Lächeln umspielte seine hübschen Lippen.
Sein feuriger Enthusiasmus war geradezu ansteckend, und gespannt lauschte sie seinen Worten. "Sieh mal..." sagte er, und seine Augen sprühten vor Vorfreude, als er ihr die Karte zeigte, und gleichzeitig auf das Tal deutete. "Sieh nur, es passt alles: Die Dolmen, das Bächlein, die kleinen Felsen..."

Die hohe Amazone sah ihn zunächst nur verwirrt an, erst langsam verstand sie. Ihr Blick glitt von der schmierigen, abgegriffenen Karte auf das lebendige, grünende Tal, und erst jetzt wurde ihr bewußt, wie unnatürlich das Tal wirkte; seine Lebendigkeit, das Paradiesische war echt - doch die Konturen, die scharf in die Landschaft geschnitten waren, wirkten nicht zufällig.
Staunend verglich sie wieder und wieder Tal und Karte. Ihr Herz pochte wild. Sollte das wirklich des Rätsels Lösung sein? So nahe, und doch schwer zu erkennen?

Stumm zog Satura Leon heran, zärtlich berührten ihre Lippen die seinen, und wie ein stilles Danke fühlte er sich sanft geküßt.
21.07.2003, 19:49 #116
Skeleon
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Schließlich lösten sich ihrer beider Lippen wieder voneinander, auf Leons lag ein nervöses Lächeln.
"Darf ich das als Zustimmung deuten? Versuchen wirs?"
Anstatt zu antworten gab ihm die Amazone noch einen Kuss und lächelte ihn neckisch an. Er nickte nur grinsend, fasste sie sanft bei der Hand und zog sie von ihrem Sitzplatz hoch, den schmalen Pfad des Steilhanges mit sich hinunter.
"Was glaubst du, haben die anderen in der Zwischenzeit gemacht? Wir sind abgehauen, ohne ihnen nochmal bescheid zu sagen." Andererseits haben Esteron und Lehna es genauso gemacht. "Na, Hauptsache sie kommen mit. Ich denke, bei dem vermerkten Punkt könnte es sich direkt um das Nachbartal handeln!" meinte der junge Dieb aufgeregt, als er neben Satura den Hang hinablief. "Vielleicht schaffen wir die Wanderung zu unserem Ziel noch heute!"
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren durchschritten die beiden den Wald aus steinernen Säulen. Wie seltsam konturlos das alles von hier unten aussah - und wie sich das Bild veränderte mit dem Gesamtüberblick. Inzwischen schien die Vormittagssonne wieder mit aller Kraft in den Talkessel, der das Licht regelrecht zu sammeln schien. Flirrende Hitze und der würzige, fast stickige Duft wilder Kräuter. Ihr Weg führte sie an dem Altarhügel vorbei und als Leon schon weiterstapfen wollte, hielt ihn Satura mit sanfter Gewalt zurück. Er blieb stehen, sie löste sich von siner Hand und ging schnellen Schrittes auf den Altar zu. Sie beugte sich über die steinerne Fassung und holte mit flinken Fingern das Amulett hervor.
Wie einen unersetzlichen Schatz wandte die Amazone es einen Augenblick in ihren Fingern - das war es wohl auch - ehe sie es sich wieder um den Hals hängte, kehrt machte und zurück zu Leon lief.
"Ich frage mich, wer gestern noch einmal Magie gewirkt hat. Ohne das wären wir jetzt nämlich so weit wie gestern gewesen." sagte der junge Dieb beiläufig, als sie wieder nebeneinander durch das Tal in Richtung Hütte zu schlendern begannen.
21.07.2003, 20:05 #117
Satura
Beiträge: 589

Das neugewonnene Wissen um das Ziel, und vor allem auch seine Nähe entfachten in ihr eine übermütige Freude. Sie lief über die duftende Wiese, durch das teilweise kniehohe Gras und sog die kräftige Luft tief in ihre Lungen. Der in der vorletzten Nacht so schreckbehaftete Ort erschien ihr nun, im strahlenden Sonnenlicht als der schönste auf ganz Khorinis.
Satura tanzte zu einer lautlosen Musik; selten hatte sie sich so frei gefühlt wie in diesem Moment.

Was könnte es auch schöneres geben, als hier mit ihrem Geliebten in diesem wunderbaren Tal zu sein, ihre Freunde an ihrer Seite zu wissen - kurz glitt ein Gedanke zu Lehna und Esteron - und einer geheimnisvollen Legende auf der Spur zu sein? Es gab nichts, was ihr Glück trüben könnte, nichts.
Ihr Herz schlug wild in überschäumender Lebenslust, und ihr Haar tanzte wild mit dem Wind. Die untergehende Sonne tauchte die Welt in ein sanftes, rötliches Licht, das von ihrem Amulett tausendfach zurückgeworfen wurde.
21.07.2003, 20:45 #118
Lehna
Beiträge: 397

Lehna saß neben Esteron auf dem niedrigen Bett, der junge Wanderer lag hinter ihr und starrte mit leeren Augen zur Decke. Gestern Abend hatte die junge Amazone seine Wunden so gut sie es eben konnte mit ausgefransten Stoffstreifen verbunden, aber sonderlich professionell war es nicht gerade.
Wo wohl die anderen sich herumtrieben?
Leise seufzend sah sie zur Tür, doch noch immer ließ sich niemand blicken. Waren die anderen etwa schon weg? Nein, sicher nicht... Das meiste Gepäck befand sich noch in der Hütte. Vielleicht war irgend etwas unvorhergesehenes passiert. Oder sie waren alle unten bei diesem seltsamen Steinkreis.
Sie überlegte kurz, ob sie nicht einmal nachsehen sollte, entschied sich aber nach einem Blick auf Esteron dagegen. Warum auch immer, sie wollte ihn jetzt nicht alleine lassen. Behutsam legte sie ihre Hand auf die seine, lächelte ihn aufmunternd an. Der junge Wanderer versuchte zurückzulächeln, was jedoch gründlich danebenging und in einem stummen Schmerzensschrei endete.
Leise seufzend wandte sich Lehna wieder ab und starrte weiterhin sinnlos auf den Boden oder ab und zu mal zur Tür hinaus, auf das saftige, grüne Tal, eine scheinbare Idylle, wie sie tödlicher kaum hätte sein können...
21.07.2003, 21:07 #119
Satura
Beiträge: 589

Von ihrem Rausch der Sinne ganz erschöpft nahm sie Leons Hand und stolperte mit ihm zur Hütte zurück.
"Lehna! Esteron! Da seid ihr ja! Geht es euch gut..." Satura brach mitten im Satz ab, als sie die notdürftig verbundenen Wunden sah, und stürzte zu ihm. Sie sagte kein Wort des Vorwurfs, sah ihn nur betroffen an. Ohne zu fragen begann sie sorgsam, ihn zu verarzten.

Wo haben die sich schon wieder herumgetrieben... Seufzend löste sie die notdürftigen Verbände und begann, die Wunden mit Alkohol zu desinfizieren. Esteron biß tapfer die Zähne zusammen und atmete stoßweise ein und aus. Satura wußte, dass es ziemlich weh tun musste, sagte jedoch weiter nichts, sich traurig an Esterons Wutausbruch erinnernd.
"Leon, gibst du mir bitte den Heiltrank aus Sagittas Päckchen? - Zwei müssten darin zu finden sein." Leon nickte und kramte kurz in dem Bündel. Dann reichte er ihr den Trank, den Satura an Esteron weitergab. "Trink das." Sie machte sich nun wieder schweigend daran, die Wunden mit einer Vollmondsalbe einzucremen.
21.07.2003, 21:31 #120
manmouse
Beiträge: 6.742

Der Wanderer schluckte die bittere Flüssigkeit anstandslos herunter und lächelte Satura freundlich an. Es imponierte ihm, wie sie sich trotz des gestrigen Streits rührend um im kümmerte.
Suchend ging sein Blick zu Leon. Dann wieder zurück zu Satura. “Es tut mir leid, das ich euch beide gestern so angefahren habe, ich war nicht Herr meiner Sinne.“ Leon maß den jungen Mann mit einem prüfenden Blick und Satura lächelte nur leicht verschüchtert. Der junge Wanderer nickte nur kurz, legte dann den Kopf vorsichtig in den Nacken, um Satura die Arbeit zu erleichtern.
Er fühlte sich gut. Seine Schmerzen waren geringer als man den Wunden nach zu urteilen meinen könnte.
Er hatte diese Kreatur besiegt, und Lehna geschützt nur das zählte und nichts anderes. Esteron seufzte und ließ die weitere Prozedur ungeduldig über sich ergehen. Er konnte es kaum erwarten.

Als die Hohe Amazone mit der Behandlung fertig war und Esteron noch einen versöhnlichen Blick zuwarf, stand der Wanderer energisch auf und grinste wie eine Mumie auf Abwegen in den Raum. Irgendwie war er voller Energie.
“So“, begann der junge Mann abschätzend. ““Was genau habt ihr gestern erreichen können? Sind wir dem Geheimnis schon ein Stückchen näher?“
21.07.2003, 21:45 #121
Skeleon
Beiträge: 793

Satura wollte gerade zum Sprechen ansetzen, aber Leon kam ihr grinsend zuvor.
"Ja - es hat die ganze Nacht gedauert -" er warf der Amazone einen neckischen Blick zu "- aber wir sind ein ganzes Stück weiter."
Mit einem selbstzufriednenen Lächeln zog der junge Dieb die alte, verschmierte Karte hervor, rollte sie auf und hielt sie dem Wanderer vor die Nase.
"Wir sind hier, mitten in der Bergkette."
Dabei wies er auf eine Stelle, unweit im Osten des Kringels.
"Und irgendwo dort liegt unser Ziel."
Jetzt fuhr er mit dem Zeigefinger in den Kreis hinein und machte eine unbestimmbare Geste.
"Jetzt ratet mal, wie wir drauf gekommen sind!"
Lehna und Esteron blickten ihn einen Augenblick interessiert an, als er jedoch nicht damit rausrückte, wurde ihr Gesichtsausdruck schon ein wenig dumpfer.
"Ja -" fuhr Leon schließlich fort "- wir dachten, in diesem Tal wäre Chiaras Grab. Die Steinsäulen als rituelle Wächter oder - irgendwas."
Er zuckte die Achseln.
"Nun, heute morgen habe ich durch Zufall herausgefunden, was dieser Talkessel wirklich ist: Eine riesenhafte, gigantische Karte der Insel Khorinis! Sicher, sie ist grob, hier und da stimmt was nicht, aber man kann klar Küsten- und Gebirgsverläufe erkennen. Das Ganze sieht man von hier unten aus nicht einmal ansatzweise. Was am Steinkreis geschehen ist, wisst ihr ja sicher eh schon."
Die beiden blickten ihn fragend an, doch das bemerkte er nicht.
"Jedenfalls haben wir eins und eins zusammengezählt und -"
Er wies triumphierend auf den schmierigen Kreis auf dem alten Pergament seiner Karte.
21.07.2003, 22:26 #122
manmouse
Beiträge: 6.742

Der Wanderer runzelte die Stirn und fing dann an zu grinsen.
Nun da das Ziel schien, dank Leons ausführlicher und vor allem sehr guter Beschreibung klar zu sein. Konnte es ja eigentlich auch sofort los gehen. Inzwischen traten auch Blutfeuer und Saria in die Hütte ein und Leon konnte noch einmal von vorne beginnen. Tat es aber wohl gern.
Nach dem der junge mit seinen erneuten Ausführungen fertig war, warf Esteron einen fragenden Blick in die Runde. Der Wanderer verstand zwar nicht das geringste vom Kartenlesen, für ihn waren das ein paar hübsche Bilder und mehr nicht, aber da Leon und auch Blutfeuer sich einig zu sein schienen, stapfte der junge Mann voller Tatendrang zu seinem Gepäck, schulterte es unter ziemlichen Schmerzen, die er sich aber nicht anmerken lassen wollte, auf die noch intakte Schulter und grinste schief in den Raum.
“Also, wegen mir können wir gerne losziehen. Ich denke hier haben wir uns ausreichend Erholung gegönnt. Oder was denkt ihr?“
Lehna und Satura warfen dem jungen Mann einen mehr als fragenden Blick zu und nur Jori schien sich ebenfalls für den Abmarsch bereit zu machen. Leon und die beiden anderen Amazonen musterten Esteron mit Jori im Rücken stehend und machten ein Gesicht, als wenn sie gleich laut los lachen wollten.
“ Was denn wollte ihr hier noch länger bleiben?“ Fragte er in die Runde und stapfte dann an den Türlosen Holzrahmen.
Kühler Wind blies ihm um die Nase, doch das Wetter schien ideal zu sein, denn der Mond leuchtet eisig bestimmend herunter.
Wer wusste schon wie lange die Energie des jungen Mannes noch reichte.
21.07.2003, 22:39 #123
Skeleon
Beiträge: 793

Leon blickte ihn mit einer Mischung aus Zweifeln, Sorge und Spott an. Der Kerl war völlig zerschunden, wovon auch immer. Er glaubte eigentlich nicht, dass -
In dem Moment schritt Satura an ihm vorbei, auf Esteron zu, zwang ihn mit sanfter Gewalt, sein Bündel wieder abzulegen und schob ihn zum Bett zurück.
"Du bist schwer verwundet, hast eine Menge Blut verloren." belehrte sie ihn mit einem sorgenvollen Lächeln. "Wohl oder übel werden wir hier noch eine Nacht verbringen müssen. Willst du vielleicht die erste Wache übernehmen, Leon?" griente sie ihn neckisch an. Vielleicht würde er ja wenigstens ein, zwei Stunden wachbleiben.
Esteron indessen sträubte sich ein wenig, woraufhin ihn die hohe Amazone streng ansah.
"Ich glaube, eine Wache brauchen wir heute Nacht nicht ..." warf der junge Wanderer ein.
"Meine Salben und der Wundalkohol können Schlimmeres verhindern, aber so schnell können sie dich auch nicht wieder auf die Beine bringen. Wenigstens bis Morgen werden wir warten, verstanden?" fuhr Satura unbeirrt fort.
Mit einem Lächeln schob sie Lehna zu Esteron, dann machten sie und die anderen sich bereit für die hoffentlich letzte Nacht in diesem grausig paradiesischen Tal.
Leon trat zu Esteron und Lehna, kam sich zwar vor, als störe er ein wenig die traute Zweisamkeit, aber diese Frage brannte ihm doch auf der Seele:
"Sag mal, was ist überhaupt passiert? Was habt ihr denn getrieben, dass du so zugerichtet bist?"
21.07.2003, 22:57 #124
manmouse
Beiträge: 6.742

Der Wanderer sah zuerst zu Lehna und dann zu Leon und den anderen. Eigentlich brennte er nicht gerade darauf, sich vor ihnen zu rühmen mal nicht -versagt- sondern die Kreatur getötet zu haben. Allerdings was sollte er ihnen sonst erzählen? Das Lehna plötzlich ihrem Drang nach gekommen war, neue Sexualpraktiken an ihm ausprobieren zu müssen.
Esteron rutschte auf dem Boden näher an die Wand heran. “Nun ja. Nachdem Lehna mir nachgeeilt war und mich gefunden hat, kam diese Kreatur von gestern. Und nach einigem hin und her haben wir sie halt getötet.
Langsam glitt seine Hand zu Lehna auf den Schoß und streichelte ihr sanft über das Bein, während er sie mit leuchtenden Augen ansah. Die in der Hütte anwesenden musterten den Wanderer mit einem fragendem Blick, verkniffen sich aber weitere Fragen. Jori grinste, Saria wendete sich gelangweilt ab und Blutfeuer sah den jungen Mann eindringlich an.

“ Aber nun lasst uns schlafen. Wir beide nächtigen heute auf dem Boden. Schlimmer als das durchgelegene Bett kann er nicht sein.“ grinste der junge Mann. Sollten die beiden Frauen oder auch Satura an der Seite von Leon in ihm nächtigen.
Die Hohe Amazone drehte sich achselzuckend und weniger verständnisvoll als Leon von dem jungen Pärchen ab und zog Leon an sich heran. Esteron zwinkerte den beiden noch zu, wünschte ihnen eine gute Nacht und wandte sich dann seiner Geliebten zu, die dem jungen Wanderer eben nicht ins Wort gefallen war sondern zu dieser Aussage stand.
“Ich liebe dich Lehna“, hauchte er der jungen Frau ins Ohr und machte es sich dann neben ihr bequem.
Schlafen konnte der junge Mann jedenfalls noch nicht. Und so lauschte er dem rascheln der anderen die sich ebenfalls zu Nacht bereit machen und blickte lächelnd zum Türlosem Rahmen hinaus. Während seine Hand zu Lehna herüberging. Dann halt Morgen.
22.07.2003, 06:43 #125
Satura
Beiträge: 589

Frühmorgens erwachte Satura, als die ersten Sonnenstrahlen ihre Nase kitzelten. Ein herrlicher Tag kündigte sich an; der Himmel war strahlend blau, und vor der Hütte zwitscherten die Vögel. Und es lag ein anstrengender Marsch vor ihnen.
In der Hütte war es noch still, irgendjemand schnarchte leise. Lediglich Blutfeuer saß hellwach am Türrahmen, sie hatte wohl die letzte Schicht der Wache übernommen und lächelte Satura freundlich an.

"Aufstehen!" rief die hohe Amazone beschwingt in die Runde der Schlafenden, die nur mürrisch ihre Augen öffneten nach der viel zu kurzen Nacht. "Wir müssen aufbrechen." sagte die hohe Amazone bestimmt.
Nach einem kurzen Frühstück bestehend aus frischen Früchten und kühlem Quellwasser zogen sie los.

Sie gingen durch das taunasse Gras in Richtung der Berge, und ließen das kleine Tal hinter sich, dessen saftige Wiesen von oben gesehen fast noch mehr leuchteten. Sie tauchten in die karge Bergwelt ein, wo nur ab un an zwischen verwitterten Felsen ein Grashalm hervorlugte.
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