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> Rollenspiel [GM] Drachenfeuer |
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24.07.2003, 15:11 | #151 | |||||||
Skeleon Beiträge: 793 |
Der junge Dieb schob die geballten Fäuste in die Hosentaschen, während er hinter den beiden Frauen herstapfte. Die Banditin fand rasch ihren Weg, Blutfeuer spähte voraus und suchte nach Anzeichen von Saria und Leon warf immer wieder nervöse Blicke hinter sich. Wann würden die anderen mit ihrem Marsch wohl beginnen? Ein Blick nach Osten offenbarte das kränkliche Licht eines dunstigen Morgens, das durch kahle Baumkronen fiel. Zwischen den hoch aufragenden Baumstämmen des Gebirgswaldes, den sie inzwischen erreicht hatten, hingen Nebelfetzen, tanzten im sanften Luftzug und warfen lebendige Schatten auf die vom Morgentau feuchte Erde. Eine völlige Stille lag auf dem Wald, nur durchbrochen von den Stiefeltritten der kleinen Gruppe im Laub des letzten Herbstes und dem Heulen des Windes in den schwankenden Baumwipfeln. Der Pfad hatte sich seit ihrer Ruhepause kein einziges Mal gegabelt, dennoch hielten die Amazone und die Räubermaid in alle Richtungen nach Spuren Sarias Ausschau. Vielleicht hatte sie sich abseits des Weges in die Büsche geschlagen? Doch bisher sah es nicht danach aus. Der weit ausgedehnte Bergpfad verlief auf dem Hochplateau der Bergkette, die das Dolmental von ihrem Zielort trennte. Der bisherige Marsch hatte viel länger als erwartet gedauert, war der Weg doch stets am Rande steiler Hänge entlang verlaufen, angestiegen und abgesunken, über Geröllfelder und anderes, schwieriges Terrain. Entspannt atmete Leon die kühle Morgenluft des Waldes ein - hier verlief ihre Strecke wenigstens auf flachem Land, wenn auch hunderte Meter oberhalb ihres Zieles. Obwohl in dieser Höhe der Frühling wohl noch bis zum Hochsommer auf sich warten ließe, erleichterte es den jungen Dieb, wieder durch einen Wald zu spazieren anstatt an nackten Felswänden entlang, die Tiefe auf der einen, die aufragenden Gesteinsmassen auf der anderen Seite. Ja, hier herrschte ein eisiger Frieden. Nasskalte Finger tanzten auf seiner Haut, als die Nebelfetzen zärtlich über ihn hinwegzogen. Ein Frieden, der den Jungen beruhigte. Fast unmerklich wurde die Luft plötzlich noch ein ganzes Stück kälter. Die Nebel ballten sich zu weißen, nassen Wolken zusammen und binnen Sekunden war der gesamte Bergwald in eine tiefe Nebelbank gehüllt. Sämtliche Geräusche schienen verschluckt, selbst das Knirschen des frostigen Laubes war mit einem Mal stumm geworden. Unsicher blickte sich der Dieb um. Geisterhafte Schemen zogen am Rande seines Sichtfeldes durch das undurchdringliche Weiß, dunkel staken die grauen Baumstämme daraus hervor, nur noch undeutlich konnte er die Gestalten von Blutfeuer und der anderen Frau vor sich ausmachen. Ihn fröstelte. Er blieb einen Augenblick stehen und blickte sich verwirrt um. War da nicht eben etwas gewesen? Ein weißer Schatten, unsichtbar in der kalten Mauer, doch er hatte die Bewegung gespürt - den Windhauch gefühlt. Der Junge sah wieder nach vorne und erstarrte. Die Gestalten beider Gefährtinnen waren vom nebligen Weiß verschluckt worden, nichts als die formlosen Schwaden umgaben ihn, vor, hinter über sich und zu allen Seiten. Selbst am Waldboden kroch eine dünne Wolkenschicht entlang, legte sich über Geäst und Wurzeln und ließ ihre Klarheit zu unwirklichen Formen verkommen. Langsam schienen die Nebelschwaden auf ihn einzudringen, zögerlich noch, doch unaufhaltsam. Leons Welt begann zu schrumpfen. Und das kalte Weiß um ihn schreckte ihn mehr als jede Dunkelheit das je gekonnt hätte. Unsicheren Fußes stapfte der Junge wieder den Pfad entlang, versuchte, ruhig zu bleiben und zu den anderen aufzuholen. Doch wo war der Weg? Die Nebel hingen ihm vor dem Gesicht, sie strichen ihm über die nackte Haut, seine Nackenhaare stellten sich auf. Unwillkürlich merkte er, wie er seinen Schritt beschleunigt hatte, in einen wilden Lauf verfallen war. Längst waren die Baumstämme nur noch undeutliche Schemen, Wächter wie aus einer anderen Welt, als er an ihnen vorbeihastete, verloren im undurchdringlichen Nebel. Seine Beine verloren den Halt, er keuchte, stürzte und rollte hinab in eine Erdkuhle. Einen Moment blieb Leon einfach dort liegen und blickte zum Rand empor - die Nebelschwaden kräuselten sich bereits darüber und einer Wolkenwalze gleich drangen sie von allen Seiten auf das Loch ein, schlossen den Kreis darum und sanken hinab zu dem Dieb. Etwas näherte sich. Das Heulen des Windes hatte jegliche beruhigende Wirkung verloren, wilde Formen tanzten durch die Luft, als der junge Dieb den Hang der Kuhle emporhastete, darüber hinwegstürzte und weiterlief, blind und hilflos, nur weg von dem Nebel. Doch er musste sich die Sinnlosigkeit seines Unterfangens eingestehen. Abrupt blieb er stehen und blickte sich um. Er befand sich mitten im weißen Nichts. Ein paar Meter voraus konnte er verschwommen einige Baumstämme ausmachen, er ging darauf zu und ließ sich an einem von ihnen niedersinken. Hilflos starrte er in die Kälte vor sich und wartete ab. Leise drang das Geräusch raschelnder Blätter im Wind an seine Ohren, vorsichtig wandte er seinen Kopf und - nichts. Doch da! Ein Schatten, dunkel doch verwaschen, stürzte durch die Nebel davon, ein unmenschliches Keuchen, ein Krächzen. Der Schemen verschwand in dem Gewirr der Formen. Angespannt starrte Leon an die Stelle, wo was-immer-es-war verschwunden war. Leise knirschte das Laub, als sich das Wesen entfernte, knackten Äste und wisperte der Wind. Plötzlich zeriss ein gellender Schrei die Luft. Die Räubermaid. Ihr Ruf wurde leiser und verstummte schließlich ganz. Ihr Körper schlug hunderte Meter tiefer, den Steilhang hinab, auf Gestein auf und alles Leben wich aus ihr. Augenblicklich war der junge Dieb wieder auf den Füßen, die Hand an den Schwertgriff gelegt, sämtliche Muskeln angespannt. Die kalten Finger des Nebels umspielten sein Gesicht und seinen Nacken, neckten ihn und trieben ein grausames Spiel mit ihm. Ein sanfter Hauch ließ ihn herumfahren. Nichts. Nur eine weiße Wand vor sich. Unsicher drehte sich der junge Dieb im Kreis. Doch nichts Fassbares ließ sich erkennen. Hilflos ließ Leon seine Schwerthand wieder sinken. Doch im nächsten Moment hatte er den Griff fest umklammert, die Klinge hervorgerissen und sich wie toll in die Nebelmauer gestürzt. Er hatte es gesehen, ganz deutlich gesehen. Es war eine klare Form gewesen. Zu klar, um echt zu sein. Seine Augen mussten ihm einen Streich gespielt haben. Der Nebel lässt viele Dinge anders erscheinen als sie sind - Doch da war es wieder! Er warf sich herum und erhaschte einen Blick auf den dunklen Schatten, doch im nächsten Augenblick war es verschwunden. Leise knirschten Kiefer und Reißzähne unter tonnenschwerem Druck. Jemand spielte Schindluder mit ihm! Es konnte, durfte nicht sein. "Saria??" rief er aus, seine Stimme bebend vor Verzweiflung. "Ist das ein Spiel?" Die dunkle Kreatur huschte durch die Nebel um ihn. "Ist das ein Spiel?" schrie er erneut, seine Stimme überschlug sich fast. Ein Windstoß riss ihn von den Füßen, er taumelte, stieß sich an einem Baumstamm und zog sich unsicher wieder hoch. Unter dem Heulen des Windes bildete er sich ein, Stimmen zu hören, Wortfetzen, nein, Anklagen! Er knickte wieder ein, kniete nun da, seine Klinge locker aber nutzlos in der Rechten, sich mit der anderen Hand am Baumstamm abstützend. Ein leises Knurren erklang in seinem Rücken, doch er achtete nicht einmal mehr darauf. "Es ist ein Spiel." wisperte er. Im nächsten Augenblick entrang sich seiner Kehle ein Schmerzensschrei, als sich lange Reißzähne in seine Schulter bohrten. Er fühlte sich herumgerissen, durch die Luft geschleudert, sein Schwert schlug irgendwo dumpf klirrend gegen Stein, als er keuchend vor Überraschung und Schmerz im frostigen, taudurchsetzten Laub aufkam. Blut troff ihm aus seinen Wunden, doch er bemerkte es nicht einmal. Auf allen Vieren kroch er weg, weg von der Bestie. Er würde sie nicht anblicken, er würde seinem Irrsinn nicht nachgeben. Er würde nicht wie die Banditin in ihren eigenen Untergang laufen. "Es ist ein Spiel." erinnerte er sich mit bebender Stimme, als er vor dem Etwas des Nebels davonkroch, irgendwo in Deckung ging und seine Augen schloss. Der junge Dieb presste mit der Linken auf seine rechte Schulter, der andere Arm lag locker und unbrauchbar an seiner Seite. Er fühlte den Odem des Wesens auf seinem Gesicht, doch er blickte es nicht an. Seine Gedanken waren auf etwas anderes fokusiert. Satura. Mit einem Schnauben wandte sich die Kreatur unvermittelt ab. Leon sank in das Laub zurück und atmete durch. Er hatte gewonnen. Er war nicht dem Wahn verfallen. Ein irres Grinsen wanderte über sein Gesicht, als er sich aufzurichten versuchte. |
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25.07.2003, 07:44 | #152 | |||||||
blutfeuer Beiträge: 5.016 |
die ersten nebelfäden waren ja noch willkommen als erfrischung, aber inzwischen hatte sich das weiß wie ein tödlicher mantel um sie gelegt. die amazone konnte nicht einmal ihre eigenen füße erkennen. ja sie sah keine sonnenscheibe mehr und es wurde immer dunkler, obwohl es tag war. sie kannte diese gegend des gebirges. sie war in der nähe der alten bergfeste, das reich der harpyien aber es war auch noch etwa anderes. sie hatte auch den sturz einer frau gehört und nur registtriert, dass es keine der ihren war, aber was ließ einen aus socher höhe und so weit fallen? eine alte erinnerung kam wieder. konnte es sein? sie hatten diese riesige fliegende bestie aus der unterwelt nur davonfliegen sehn. konnte es sein, dass die noch lebte? sie hatten nur eine von den biestern getötet, die ander war mit dem jungen entkommen. blutfeuer ertastete ihren bogen, den die gar-sehnen zuverlässig zusammenhielten. Wenn sich diese Bestie hier herumtrieb, dann gab sie nicht viel auf das leben der gefährten, von denen sie ohnehin niemanden mehr sah. dieses unsichere abenteuer schien sich in ein fiasco zu verwandeln. bkutfeuer aktivierte alle sinne. einiges musste sie noch von den nebeln im gletscher gelernt haben. |
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25.07.2003, 09:34 | #153 | |||||||
Skeleon Beiträge: 793 |
Der junge Dieb kroch über den mit kaltem Nass bedeckten Laubboden und versuchte die Nebel mit seinen scharfen Augen zu durchdringen. Doch es half nichts. An einem nahen Baumstamm zog er sich in die Höhe, ein Schauer lief ihm über den Rücken als nasskalte Finger ihm über die Wunde strichen. Der junge Dieb humpelte ein Stück weiter und blieb wieder stehen. Sein Blick fiel auf seine rechte Schulter. Er spürte, wie ihm warmes Blut an Arm und Rücken hinablief, spürte die kalte Nässe in seinem Fleisch. Doch da war nichts. Es ist nur ein Spiel. dachte er grinsend, als er sich den rechten Ärmel abriss. Die Haut darunter war unversehrt. Doch etwas war falsch. Eine seltsame Kälte stieg in seiner Schulter auf, ein stechender Schmerz - doch er war abgeklungen, ehe der junge Dieb ihn richtig deuten konnte. Ein paar weitere Schritte. Er stützte sich an einem Felsbrocken ab. Der eisige Schmerz durchzuckte seinen Leib. Er fühlte es. Es war wie eine Klinge aus Frost, die ihm in die Schulter gestoßen und in der Wunde herumgedreht zu werden schien. Der junge Dieb keuchte vor Schmerz und Verwunderung, weiße Lichtblitze tanzten vor seinen Augen. Es ist ein Spiel. Was immer es war, es war weg! Er hatte es nicht erkennen können im Nebel, nein. Er durfte es nicht erkannt haben. Es war weg und würde ihm nicht mehr schaden. Doch das Wabern der Nebelfetzen um ihn her machte ihm klar, wie falsch er lag. Er war mittendrin. Hilflos und ohne Ziel stolperte der Junge noch ein Stück weiter. Doch plötzlich gab der Nebel ihn frei. Er fühlte, wie seine Füße den Halt verloren, er spürte den eisigen Luftzug, als es mit ihm abwärts ging. THUD. Er schlug dumpf auf harten, vereisten Erdboden auf. Einen Moment war ihm schwarz vor Augen. Krallen. Zähne. Eisblaue Augen. Doch keine Form. Leon blickte sich irritiert um. Er war auf einem Felsabsatz nur wenige Meter unter dem Hochplateau gelandet. Über ihm leckten die Nebelschwaden aus dem Wald. Unter ihm erstreckte sich ein weites, bewaldetes Tal und im Osten stieg die Sonne höher auf. Der junge Dieb ließ sich von ihren Strahlen wärmen, atmete erleichtert durch. Die Nebel würden sich bald zerteilen. Der Steilhang war übersät mit Rissen und Tritten. Es würde ein Leichtes sein, wieder auf das Hochplateau zu gelangen. Aber jetzt noch nicht dachte er beim Anblick der Sonnenscheibe, die langsam aufzusteigen begann und die Nebel zurück in den kahlen Wald trieb. Wärme durchströmte seinen Körper. Doch seine Schulter fühlte sich kalt und taub an. |
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25.07.2003, 11:39 | #154 | |||||||
Saria Beiträge: 484 |
Eine warme, klebrige Flüssigkeit rann über Sarias Schläfe, verklebte ihr blondes Haar und riss sie aus der Umarmung der Bewusstlosigkeit. Tränen stiegen in ihre Augen, als sie benommen den Kopf hob und wie unter einem Hammerschlag zusammenzuckte. Stechender Kopfschmerz malträtierte ihr Gehirn, stöhnend presste sie die Hände an den Kopf und fiel nach hinten auf das schroffe Gestein. Ein starkes Schwindelgefühl ließ die in milchigem Nebel verborgen liegende Umgebung schwammig umherwabern und verdrehte Sarias Magen in einen schmerzhaften Knoten. Ihre ziellos umhertastenden Finger spürten glattes Holz, schlossen sich krampfhaft um den Bogen, während sich die Diebin mühsam und schwankend mit der anderen Hand vom Boden hochstemmte. Einzelne Blutstropfen stürzten von ihrer Wange herab und hinterließen rote Farbsprenkel auf dem kalten Stein. Was war passiert? Sie erinnerte sich nur vage daran, wie der Nebel ein seltsames Ungeheuer aus seinem weißen Mantel entlassen hatte, welches mit seinen sensengleichen Klauen nach ihr geschnappt hatte. Sie wollte ausweichen, ihr Fuß war ins Leere getreten und dann folgte nur noch Schwärze... Dann, ein Schrei. Gellend, langgezogen, plötzlich abbrechend als ein dumpfer Aufschlag zu hören war. Ein eisiger Schauer ließ Saria frösteln. Eine der Banditinnen. Tot. Panische Angst streckte ihre lähmenden Krallen nach dem Geist der Diebin aus. Auf der einen Seite die Verfolger, auf der anderen das unheimliche Monster. Sie musste hier weg, sofort. Ohne nachzudenken stolperte Saria los, wäre beinahe erneut gestürzt, als ihr für einen Moment schwarz vor Augen wurde, fing sich aber an einem Felsbrocken ab. Fort von hier. Schnell. Hastig lief sie weiter. Zuerst eher ein mühseliges Stolpern und Tasten, dann ein schneller Lauf. Plötzlich zerris abermals ein Schrei die unnatürliche Stille, die sich über die Szenerie gelegt hatte. Leon. Hatte es den Dieb erwischt? War auch er in die Tiefe und damit in sein Verderben gestürzt? Nein, das durfte nicht sein. Leon war zwar vielleicht nervig und ein ziemliches Ärgernis, aber dumm war er nicht. Der würde doch nicht einfach so ins Nichts treten. Aber was, wenn doch? Er war hinter ihr her. Das wusste Saria. Jetzt lag er vielleicht mit zerschmetterten Knochen irgendwo am Fuß einer Klippe. Weil er ihr nachgelaufen war. Nein, es war sicherlich nur eine Einbildung gewesen... Saria wusste nur, dass sie hier weg musste. Ihre Beine brannten, ihre Füße spürte sie schon lange nicht mehr. Das Blut an ihrer Schläfe bildete mittlerweile eine feste Kruste. Sie musste schneller rennen, schneller, damit sie endlich aus diesem verfluchten Nebel herauskam. Dann, auf einmal stolperte sie aus der milchigen Masse heraus ins grelle Sonnenlicht. Vor ihr erstreckten sich die grünen Auen eines Hochplateaus. Völlig erschöpft torkelte Saria noch einige Schritt weiter, bevor sie mit einem Seufzer der Erleichterung nach vorne ins Gras kippte. Sollte sie es tatsächlich geschafft haben...? |
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25.07.2003, 12:08 | #155 | |||||||
Skeleon Beiträge: 793 |
Der junge Dieb humpelte am Rand des Steilabbruches entlang, immer wieder nervöse Blicke in den von Nebelfetzen durchzogenen Wald werfend. Die Schwaden stiegen daraus hervor, streckten ihre langen, kalten Finger nach dem Jungen aus, nur um im nächsten Moment im hellen Sonnenlicht zu vergehen. Er strauchelte, fing sich an einem Felsblock ab und stolperte dann weiter. Er war den Nebeln entkommen, dem Wesen, was darin lauerte - nein, der Nebel und das Wesen waren eins. Es war ein Spiel. Breit grinsend, das wirre Haar benetzt von Tau und Frost ging er weiter, umrundete den kahlen Wald auf der Suche nach dem Pfad. Eine seltsame Kälte dehnte sich von seiner Schulter in den rechten Arm aus, nutzlos baumelte er an seiner Seite. Aufgrund der Wunde, die er erlitten hatte, war der Aufstieg weitaus schwieriger gewesen als gedacht. Doch das Gestein war hart und rissig, zahllos waren die Möglichkeiten für einen Halt gewesen und schließlich hatte er den Rand des Steilhanges überwunden gehabt. Leon spannte seine Rechte zur Faust an, doch seine Finger gehorchten ihm kaum noch. Ein Blick zur Sonne ließ ihn neue Hoffnung schöpfen, Wärme breitete sich aus - Erleichtert atmete der junge Dieb auf, als er den Wald hinter sich ließ und vor sich ein weites Auenland auf einer Hochebene ausmachte. Etwa eine Meile erstreckte es sich, ehe es langsam in das flache Tal abzufallen begann - in welchem sein Ziel lag. Leon warf einen letzten Blick zurück auf den nebligen Wald - wie unwirkliche Gespenster zog sich der Nebel tiefer in das Herz des Forstes zurück, unwillig und zögerlich, doch er hatte den grellen Strahlen der Sonne nichts entgegenzusetzen. Die Fährtenleserin oder Blutfeuer wiederzusehen hatte der Junge bereits aufgegeben. Die eine lag zertrümmert tief unten im Tal, die andere steckte irgendwo in dem Wald. Falls sie überhaupt noch am Leben war. Jetzt galt es nur noch, Saria aufzuhalten. Schnellen Schrittes stapfte er drauf los, ziellos hinein in das Hügelgebiet. Er steuerte eine der Erhebungen an, von dort könnte er Saria vielleicht ausmachen und - Abrupt blieb er stehen. Ein irres Lächeln huschte über sein Gesicht, als er sich vornüberbeugte, die Diebin, die vor ihm im Gras lag, mit der Linken am Kragen packte und in die Höhe zog, zu sich rumdrehte und ihr fest in die Augen sah. "Wiedersehensfreude ist die schönste Freude, nicht?" Hass flackerte in seinen hin und her huschenden Augen auf. Er blickte über die Schulter zurück in den Wald. "Weißt du, was du Satura und mir angetan hast? Weißt du das?" zischte er, als seine Augen zu ihr zurückkehrten. Er stieß sie wütend von sich. Mit der Linken zückte er einen langen Dolch. "Wo - ist - die - Karte?" presste er mit unterdrücktem Zorn hervor. "Es ist ein Spiel, weißt du?" Ein glucksendes Kichern verließ seine Kehle. "Nur ein Spiel." |
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25.07.2003, 12:49 | #156 | |||||||
Saria Beiträge: 484 |
Haltlos taumelte die Diebin zurück, trat in eine Kuhle im Erdreich und fiel auf den Rücken. Rückwärts kroch sie ein Stück von Leon fort, bevor sie sich aufrappelte und den Langdolch aus der Scheide an ihrem Bein riss. Schützend hielt sie die schmale Klinge vor sich, wich vorsichtig weiter zurück, als der Dieb näher kam. "Was... Bist du verrückt geworden?", keuchte Saria fassungslos. Der gehetzte, an ein wildes Tier erinnernde Ausdruck in Leons Augen machte ihr Angst. Noch einmal glaubte sie in die schrecklichen, feurig roten Augen des Sumpfmonsters zu blicken, erkannte die selbe, heiß glühende Mordlust, den selben unbändigen Wahn. Leon sah schrecklich aus. In wirren Strähnen hingen die Haare in sein Gesicht, klebten feucht an seiner Wange, sein rechter Arm hing leblos herab, wahrscheinlich war er gebrochen. Doch er schien ihn gar nicht zu spüren, seine linke Hand umklammerte in unbändigem Hass den Griff seines Dolches, weiß traten die Knöchel unter seiner Haut hervor. Und er kam immer noch näher. "Leon... Bleib sofort stehen! Bist du verrückt geworden?!" Die Diebin wich schneller zurück, der Langdolch hob sich, die Spitze war drohend auf Leons Gesicht gerichtet. "Keinen Schritt weiter! Ich... ich stech zu, ich tu's wirklich!" |
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25.07.2003, 13:06 | #157 | |||||||
Skeleon Beiträge: 793 |
Leon blieb stehen und ein seltsames Lächeln trat auf sein Gesicht. "Zustechen? Wer spricht denn von Zustechen?" Er grinste sie breit an. Seine Klinge ließ er einfach ins Gras fallen, mit der Linken wies er lose in Sarias Richtung. "Was glaubst du, wie man sich fühlt, wenn man Fehler gemacht hat - dafür gebüßt hat - nie wieder solche Fehler begangen hat - und dann kommt jemand wie du daher?" Jetzt beugte er sich ein Stück vor. "Sie glaubt ich habe sie angelogen. Sie glaubt, du wärst ein armer, schutzloser Engel, bedroht, durch den Verräter - mich!" Sein Lächeln war nun spöttisch und hasserfüllt zugleich. Er fuhr sich mit der Zunge über die ausgetrockneten Lippen, strich sich grob das Haar aus dem Gesicht. "Weißt du - das habe ich mich oft gefragt, seit du weggelaufen bist. Warum, Saria? Findest du gefallen daran? Freut es dich, mich jetzt so zu sehen?!" schrie beinahe, wild mit der Linken gestikulierend. Plötzlich brach er ab und blickte sie mit seltsamer, kalter Ruhe an. "Gib mir die Karte." zischte er. |
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25.07.2003, 13:32 | #158 | |||||||
Saria Beiträge: 484 |
"Leon...", Sarias Stimme brach ab, als sie heftig den Kopf schüttelte. Tränen glitzerten in ihren Augenwinkeln. "Was erzählst du da...? Ich... Satura hat... ich..." Einzelne Tränen fielen ins Gras, als sie erneut den Kopf schüttelte. Was... ging hier vor sich? Leon und Satura... Angelogen? Alles wegen ihr... Verräter... Sie, eine Verräterin...? Aber warum? Der Dolch in Sarias Hand flatterte, als sie abermals aufblickte und Leon in die Augen sah. "Nein Leon... Du... du bist verrückt... Du weißt nicht was du sagst! La-lass mich in Ruhe!" Blitzartig fuhr Saria herum und lief los. Der Sturz... Sie musste noch immer irgendwo auf den Felsen liegen. Und träumen. Alles wirkte so unecht. Das Gras, die friedlich daliegenden Auen... Es musste ein Traum sein, ein Alptraum... So schnell sie ihre schmerzenden Beine trugen, rannte Saria über die sanften Hügel. Weg... sie musste diesem Verrückten entkommen. Dem Wahnsinnigen, der einmal Leon gewesen war. |
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25.07.2003, 13:43 | #159 | |||||||
Skeleon Beiträge: 793 |
Der junge Dieb blickte ihr hinterher. Sie rannte davon, den Hügel hinab, in das niedrige, grasbewachsene Tal, den nächsten Hügel empor und weiter. Die Karte hatte er bereits wieder vergessen. Er legte seine Linke an den Mund und rief ihr nach: "Du kannst nicht immer nur weglaufen! Das kannst du nicht!" Dann ließ der Junge seine Hand sinken. "Keiner kann das." wisperte er leise. Er hatte es auch nicht gekonnt. Mit einem Seufzer ließ er sich in das Gras sinken, schnappte nach dem Dolch und steckte ihn ein. Hatte er einen Fehler gemacht? Sie hatte ihn betrogen, sie hatte seine Verbindung zu Satura zerbrochen. Sie war schuld. Er spähte schweigend über die Landschaft und sah zu dem Hügel, hinter dem Saria verschwunden war. Scharf sog Leon die Luft ein, unwillkürlich entrang sich seiner Kehle ein weiteres, glucksendes Kichern. Alles hinüber. Mit dieser Gewissheit warf er sich rücklings ins Gras und blickte in den wolkenlosen Himmel. Sein Arm war inzwischen völlig taub, doch er bemerkte es nicht einmal. Seltsam erleichtert atmete er tief ein und aus und genoss den Geruch der Wiese. Es war ja sowieso nur ein Spiel. Der Ausgang stand bereits fest. |
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26.07.2003, 17:05 | #160 | |||||||
Skeleon Beiträge: 793 |
Der junge Dieb blickte eine Weile schweigend in den Himmel. Dünne Wolkenfetzen zogen von sanftem Wind getrieben über das klare Blau, ein, zwei Mal glitt ein Raubvogel über die Auen hinweg, auf der Suche nach Beutetieren. Strahlender Sonnenschein verwöhnte den zerschundenen jungen Mann, wie er so im Gras lag. Das Leben kehrte langsam in seinen rechten Arm zurück, doch die Kälte wollte nicht daraus weichen. Plötzlich schob sich ein Schatten vor die Sonne. Unwillig grunzend richtete Leon sich auf und blickte direkt in das Gesicht von Satura. Sie musterte ihn mit einer Mischung aus Missmut und Irritation. Der Rest der Gruppe stand etwas abseits, Blutfeuer war bei ihnen. Hatte sie es also doch überlebt? Leon zwang sich zu einem Lächeln und blickte Satura in die grünumrandeten, dunklen Augen. Sie lächelte skeptisch zurück, doch sie warf ihm abschätzende Blicke zu. Im nächsten Moment huschten ihre Augen zu Blutfeuer und schienen sie erdolchen zu wollen. "Wo ist Saria?" fragte sie kühl, als sie ihren Blick wieder auf den Dieb gewendet hatte. "Weg. Irgendwo hinter den Hügeln dort. Wird ein Leichtes sein sie einzuholen." Ohne ein weiteres Wort wandte sich die Amazone ab, Leon richtete sich mühselig auf und sah sich um. Die Sonne begann bereits wieder im Westen zu versinken - er musste eine lange Zeit hier faul rumgelegen haben. Satura ging bereits wieder voraus, dann folgten Esteron und Lehna, dann Jori und zuletzt Blutfeuer und Leon. Ihm fiel auf, dass die Räubermaiden weg waren. Was wohl geschehen war, als sie vom Tod ihrer Kameradin erfahren hatten? Er verdrängte den Gedanken und wandte sich stattdessen Blutfeuer zu. "Was ist los? Wieso verhält sich Satura dir gegenüber so -" raunte der junge Dieb ihr zu, als sie einwarf: "Sie hat mein Blasrohr entdeckt. Sie glaubt, ich hätte sie betäubt, während du Saria vertrieben hast. Sie hält das wohl für eine Art Komplott oder sowas." Die Frau verdrehte die Augen. Leon sagte nichts mehr dazu. Er seufzte schwer, ließ sich ein Stück zurückfallen und stapfte als Letzter den hügeligen Pfad entlang, auf und ab. |
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27.07.2003, 01:49 | #161 | |||||||
Lehna Beiträge: 397 |
Schweigend lief Lehna neben Esteron her, die kleine Gruppe folgte Satura, die voller Sorge versuchte, so schnell wie möglich Saria einzuholen. Was in der letzten Zeit passiert war, war nicht gerade ermutigend. Was auch immer genau mit Satura los war... sie war nicht mehr sie selbst. Vertraute Saria, über die sie garantiert weniger wusste als über Leon, weitaus mehr als ihrem Freund. Und wahrscheinlich vertraute sie nicht nur Saria...sondern auch noch etwas anderem...etwas, von dem Lehna wusste, dass man ihm nicht trauen konnte. „Sariiiia!“ Saturas Ruf riss Lehna aus ihren Gedanken, die hohe Amazone rannte plötzlich los. Scheinbar hatte die das Mädchen entdeckt. Die anderen folgten Satura nach kurzem Zögern, und wenig später hatten sie Saria erreicht. Satura musterte die junge Erzamazone besorgt. „Saria... Geht es dir gut?“ Ein giftiger Blick zu Leon folgte, den dieser jedoch scheinbar ignorierte. „Die Karte.“, forderte der junge Dieb plötzlich kühl und trat an Saria heran, wartend die Hand ausstreckend. Sofort fuhr allerdings Satura dazwischen. „Wage es nicht, ihr zu nahe zu kommen!“, fauchte sie den Jungen an, ihre Hand schloss sich um den Griff ihres Schwertes. Lehna seufzte leise. Satura war... besessen. Anders zwar als sie selbst es gewesen war, trotzdem war sie nicht mehr Herrin ihrer selbst. Diese Expedition war zum Scheitern verurteilt. Blutfeuer ergriff jetzt für Leon Partei, doch von dem folgenden Streit bekam Lehna nicht mehr viel mit. Sie wollte einfach nicht mehr zusehen. Schutzsuchend drückte sie sich an Esteron, sah den jungen Wanderer bittend an, während Leon endgültig aufgab und davonrannte. Warum genau er das tat, wusste Lehna nicht. „Esteron... Wir müssen Satura irgendwie helfen.“, flüsterte sie leise. „Sie selbst kann es nicht mehr... Wir... müssen irgend einen Weg finden ihr zu helfen...“ |
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27.07.2003, 03:09 | #162 | |||||||
manmouse Beiträge: 6.742 |
Esteron blickte sich fragend um, er verstand eigentlich nicht so recht was hier gerade von sich ging. Es war von Beginn an ein Fehler gewesen, mit den ganzen Weibern in ein Abenteuer zu ziehen. Der Wanderer sah den Hügel entlang den der junge Dieb entlang gelaufen war. Dann ging sein Blick abschätzend zu Satura, Blutfeuer und Saria, dann ging sein Blick zu Lehna. “Wir sind hier fehl am Platz, und sollten zusehen das wir hier verschwinden. Ob Satura noch zu helfen ist, ist mehr als fraglich Lehna. Doch wir sollten es zumindest versuchen. Doch hier bin ich mit meinem Latein am Ende.“ Der junge Mann versuchte noch Satura in die Augen zu sehen, doch sie schien ihn als Feind anzusehen. Zumindest wenn man der Fratze nachging die sie noch immer zog. “Man trifft sie wieder, wo auch immer!“ Dann drehte sich der Wanderer um ergriff Lehnas Hand und verschwand mit ihr dorthin wohin die Füße sie tragen würden. |
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27.07.2003, 08:03 | #163 | |||||||
Skeleon Beiträge: 793 |
Der junge Dieb stapfte von Zorn erfüllt davon. Bitte, sollte sie ihren Wunsch doch haben. Saria würde sie verraten, so wie sie alle verraten hatte. Er schüttelte hilflos den Kopf, blieb stehen und blickte traurig zurück. Konnte er Satura wirklich zurücklassen? Vereinzelte Tränen standen in seinen Augen, doch er wischte sie wütend beiseite, ehe sie sich lösen und zu einem Zeichen von Schwäche werden konnten. Sie hatte sich entschieden. Er lief nicht weg, sie hatte ihn weggeschickt. Wage es nicht, ihr zu nahe zu kommen! Ein bitteres Lächeln huschte über sein Gesicht. Dann wandte er sich von dem Streit ab, der gerade zwischen den wenigen Verbliebenen entbrannte. Das war sie nicht, nicht die Frau die er liebte. Schwer aufstampfend trottete Leon davon, so schnell er konnte, ehe die Trauer seine Wut bezwingen konnte. |
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28.07.2003, 08:35 | #164 | |||||||
blutfeuer Beiträge: 5.016 |
es gab keine alternative. die mission war gescheitert und im nebel war nach ihr gerufen worden. nur widerstrebend war sie noch einmal zur gruppe zurückgegangen. es gab einfach wichtigeres. sie beugte sich zu leon und versuchte ihn davon zu überzeugen, das unternehmen abzubrechen. als der den kopf schüttelte, übergab sie ihm ihre letzte teleportspruchrolle in das amazonenlager. "ich hab hier noch eine spruchrolle von meinem unternehmen im gletscher übrig. benutze sie, wenn du es dir anders überlegst. ich verlasse euch. etwas im nebel hat mich gerufen und dieser ruf war sehr dringend." damit teleportierte sich blutfeuer zurück ins amazonenlager. |
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29.07.2003, 10:37 | #165 | |||||||
Skeleon Beiträge: 793 |
Satura warf wutentbrannte Blicke in die Runde. Sie hatten sich alle gegen sie gestellt, hatten sie verraten, wie Leon es getan hatte - verwirrt sah sie sich um. Leon war fort, Esteron und Lehna waren fort und zuletzt war sogar Blutfeuer verschwunden, offenbar mit einer großen Wut im Bauch. Nur Jori und Saria waren übrig. Der Gardist sah sie fragend an, denn ihm schien es, als wäre hier einiges schief gegangen. Scheinbar wagte er es nicht zu sprechen - Satura kochte innerlich vor Zorn. Saria hielt sich etwas abseits und warf den beiden immer wieder verstohlene Blicke zu, ein Schniefen war zu vernehmen. "Saria, bitte gib mir die Karte ..." meinte die hohe Amazone mit zitternder Stimme. Die junge Frau gehorchte und holte, zwar zögerlich, das zusammengerollte Pergament hervor, um es Satura in die ausgestreckte Handfläche zu legen. Mit viel zu viel Kraft schloss sich deren Hand darum, sie schob es grob in ihre Tasche und stand einen Moment schweigend da. Die anderen hatten sie verraten, Leon hatte sie verraten. Der Fremde schien die ganze Zeit über recht gehabt zu haben, es war ein Gutes gewesen, diesen Lügner Cord aus ihrem Leben zu verdrängen. Saria schien ihr die einzige zu sein, die noch zu ihr hielt. Vereinzelte Tränen zeigten sich in ihren Augenwinkeln, doch sie wischte sie beiseite - sie war eine stolze Amazone, sie würde nicht zu heulen anfangen wie ein kleines Mädchen. Doch dass der junge Dieb sie die ganze Zeit über betrogen hatte, stets bekundet hatte, sich geändert zu haben und nun ... mit einem Kopfschütteln versuchte sie die aufkommende Trauer und Enttäuschung zurückzutreiben. Ohne ein Wort zu verlieren stapfte sie davon, in senkrechter Richtung zu dem Auenland, den Hang des nächsten Hügels hinab, in den Bergwald des Minentals hinein. Sie brauchte Zeit zum Nachdenken - und ließ eine verwirrte Saria und einen noch irritierteren Jori zurück. |
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