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[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 3
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14.05.2003, 18:52 #101
Skeleon
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So ... Tak hieß der Bastard also ... und er war mit diesem Frost befreundet? Oder was?
Leon grunzte leise.
Freundin, jetzt wohl kaum noch.

Langsam ließ Leon seine verschränkten Arme sinken und schob sie in die Seitentaschen seiner Jacke. Er fühlte mit der Rechten nach einem der Erzbrocken und umschloss ihn mit den Fingern. Ein kaum merkliches Pulsieren schien von dem magischen Gestein auszugehen. Es beruhigte Leon auf eigentümliche Weise, er spürte regelrecht, wie sein Herzschlag sich an das langsame und gleichmäßige Pochen anglich und sein Atem flacher doch entspannter wurde.

Er löste sich von dem Stein und blickte Frost fest an. Der erwiderte den Blick aus aufmerksamen, fast prüfenden Augen.

Schließlich antwortete Leon:
"Wer seid ihr? Ein Name sagt nichts - und was habt ihr mit diesem Tak zu tun?"
14.05.2003, 19:21 #102
Superluemmel
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"In letzter Zeit fragen mich viele Leute diese Frage...", seufzte der Waffenmeister.
Frost sank auf die Knie und las einen herumliegenden Stein auf. Schweigend betrachtete er die flache, glatte Oberfläche. Zwei helle Streifen durchzogen das ansonsten triste, graue Gestein. Doch als Frost ihn in zwischen den Fingern drehte, offenbarte er eine zweite, deutlich dunklere Rückseite.
"Seht ihr diesen Stein?", fragte er den Jungen.
"Er hat zwei unterschiedliche Seiten - eine helle und eine dunkle. Vielen Menschen geht es genauso. So auch mir."
Den Stein noch immer in der Hand, richtete sich der Krieger auf.
"Früher war ich ein General im Dienste des Königs von Myrthana. Dann wurde ich verraten und in die Barriere geworfen."
Sein Blick bohrte sich direkt in die des Jungens.
"Wisst ihr was es für ein Gefühl ist, von einem seiner besten Freunde verraten zu werden? Ein glühender Dolch, der sich direkt in euer offenliegendes Herz bohrt kann nicht mehr schmerzen."
Frost wandte sich halb ab und hob die Hand mit dem Stein. Langsam drehte sich der Stein und zeigte dem Fremden seine dunkle, lichtscheue Seite.
"Jetzt bin ich ein alter Mann", fuhr der Waffenmeister fort, "Verschrien bei denjenigen, die sich selbst "Hüter des Lichts" nennen. Ein Schatten meiner einstigen Existenz. Ein gefallener Krieger, gleichermaßen berühmt wie berüchtigt in den meisten Landen."
Sekunden verstrichen, bevor sich Frost zu dem Jungen herumdrehte.
"Das Selbe trifft teilweise auf Tak zu. Einst war er mein Schüler. Ja, ich habe ihm beigebracht sich schneller und präziser als jeder andere zu bewegen. Doch damals war er ein anderer Mensch. Jetzt ist er zerfressen von seinem Hass und seinen eigenen, zweifelhaften Idealvorstellungen. Er ist unberechenbar, wie ihr selbst gesehen habt. Dennoch, ich kann ihn nicht ohne weiteres töten. Letzten Endes ist er immer noch der selbe Mensch, den ich vor gar nicht allzu langer Zeit ausgebildet habe."
14.05.2003, 19:34 #103
Skeleon
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Der Mann sprach in Rätseln ... aber es schien Leon, dass er nicht mehr rausrücken würde, also beließ er es dabei.
Stattdessen fragte er etwas anderes, was ihn interessierte:
"Du hast uns gerettet - warum? Und warum willst du uns bis nach Gorthar begleiten?"
Erneut schlich sich Misstrauen in Leon's Blick.
"Du kennst weder mich, noch Satura. Warum solltest du uns helfen wollen?"
Er blickte sich kurz um - wo war Satura überhaupt? Er begann sich wieder Sorgen und Vorwürfe zu machen, schließlich war er schuld an der ganzen Misere.
Vermutlich war sie in den Wald verschwunden, denn wie Leon sie einschätzte hielt sie es nicht allzulange zwischen diesen natürlichen Steinmauern aus.
Erneut drängte sich ihm das Bild von ihr auf, wie sie vor ihm kniete, mit klaffender Wunde, er mit dem blutigen Dolch in der Rechten.

Plötzlich wurde er aus seinen dunklen Gedanken gerissen, der andere räusperte sich.

Wie um zurück ins Gespräch zu finden wiederholte Leon seine Frage:
"Warum willst du uns helfen?"
14.05.2003, 19:50 #104
Superluemmel
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"Nennt es einen Wink des Schicksals."
Nachdenklich drehte Frost den Stein in seiner Hand. Abwechselnd brach sich das Licht einer nahen Fackel auf der hellen sowie auf der dunklen Seite.
"Ich kann euer Mißtrauen verstehen. Doch glaubt mir, ich setze nicht mein eigenes Leben auf's Spiel, wenn ich keinen guten Grund habe. Denn die Inquisition zählt nicht gerade zu meinen besten Freunden. Jetzt habe ich ihnen einen Grund geliefert, mich anzugreifen. Indem ich Tak laufen ließ."
Frost lehnte sich an die Hauswand. Seine Linke spielte unter dem Mantel am Griff des Eisbrechers herum.
"Manche Leute sehen es nicht gerne, wenn Unschuldige grundlos ermordet werden. Vielleicht zähle ich zu diesen Leuten. Findet es selbst heraus. Doch seid euch gewiss, dass eure Chancen, die Hauptstadt lebendig zu erreichen ohne meine Hilfe schlecht aussehen. Ich erwarte nichts für meine Hilfe. Nichts außer etwas Vertrauen."
14.05.2003, 20:07 #105
Der Inquisitor
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Befehle hallten über den gepflasterten Burghof, das Geräusch schwerer Stiefel ertönte und brach abrupt wieder ab. Ein Offizier schritt die Reihe der Soldaten ab, kontrollrierte akribisch genau den Sitz der Rüstungen und Waffen. Die Krieger trugen Brustharnische, darunter lange Kettenhemden. Breitschwerter waren an ihren ledernen Waffengurten befestigt, in den Händen hielten sie etwa zwei Meter lange Pieken. Schließlich nickte der Offizier zufrieden und ging zu Dorrien, der am Rand des Platzes stand und Phönixfee die Situation erklärte. Über den Kult, Tak, Frost.
Der Offizier knallte die Hacken zusammen und schrie fast:
"Herr Inquisitor, die Truppe ist bereit!"
Dorrien rieb sich kurz sein Ohr (das diese Militärs auch immer so laut sein mussten...) und nickte zufrieden.
"Gut. Wir rücken sofort aus."
"Zu Befehl!" brüllte der Offizier und machre sich im Laufschritt daran, alles restliche zu organisieren. Nach einer Minute öffnete sich das Tor, der zehn Mann starke Trupp machte sich mit Dorrien und Phönixfee an der Spitze auf den Weg.
"Wir werden die Stadt verlassen und haben einen längeren Weg vor uns.", erklährte der Inquisitor seiner Schülerin, "Wir müssen zu einem Bergarbeiterlager im Süden. Ich hoffe, dort - oder auf dem Weg dorthin - auf Frost zu treffen. Und vor allem auf meinen Informanten Leon. Und wenn wir Glück haben finden wir ja sogar Tak."
14.05.2003, 20:59 #106
Phoenixfee
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Phoenixfee marschierte mit Dorrien und dem Offizier an der Spitze dieses Heeres, Samtpfote war mal wieder vorgelaufen und erkundete die Gegend.
Dorrien hatte sie mit den generellen Gegebenheiten bekannt gemacht, weswegen Er hier in Gorthar weilte und was es sich mit dem Kult aufsich hat und wer Leon, Tak und Frost waren.
Phoenixfee hörte sich das ganze wehrend des Marsches an und sie fragte sich, ob Dorrien den überhaupt die zeit fand sie weiter zu unterrichten.
Sie fragte Dorrien auch danach und dieser meinte mit einem, Lässigen Fingerzeig über die Schulter " wir haben doch genug Helfer dabei, wenn wir eine längere rast machen bekommst du deine Erste Lektion auf bewegliche ziele. " Dorrien wandte sich an den Offizier " Sie und Ihre Männer werden Mir doch sicher gerne behilflich sein, meine Schülerin auszubilden?
Jawohl! Herr Inquisitor, wie sie Befehlen.
" Brüllte der angesprochene Offizier zurück.
Phoenixfee zuckte wieder zusammen, konnten diese Militärheinis nicht Leiser Brüllen, den ganzen Tag war der schon seine Leute am anbrüllen und Fee fragte sich schon, ob der nicht mal heiser werden konnte.
Respektlos wie sie nun mal manchmal war Sprach sie den Offizier an " Entschuldigung, könnt ich sie mal was fragen?
JAWOHL, gnädiges Fräulein, fragen sie ruhig.
brüllte Dieser wieder
Also gut, werden sie eigentlich nicht heiser? fragte Phoenixfee mit einer Unschultsmine, in einem leisen ton und fuhr etwas lauterer fort Wenn sie Ihre Männer Anbrüllen ist mir das egal aber könnten Sie Ihr Organ nicht was Dämpfen, wenn sie Dorrien oder mich ansprechen? Nicht nur meine Wölfin hat ein empfindliches Gehör! Phoenixfee musste sich ein lachen verkneifen, wegen, dem Entgeisterten Gesicht was der Offizier machte und auch Dorrien kämpfte mit der Gesichtsmuskulatur wie sie aus den Augenwinkel wahrnahm
JA - Jawohl, wie sie wünschen sagte der Offizier jetzt vernehmlich leiser.

So marschierten sie noch einige zeit lang und gegen Abend wurde ein Lager aufgeschlagen und Phoenixfee konnte Ihre erste Lehrstunde auf Bewegliche Ziele nicht mehr abwarten.
14.05.2003, 21:08 #107
Satura
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Es war Abend geworden, und wieder neigte sich die Sonne dem Horizont zu, um die Berggipfel mit sanftem Glühen zu umfassen. Satura war den ganzen Tag im Wald umhergehumpelt, auf der Suche nach Kräutern, um ihren Vorrat aufzufrischen. Sie hatte sich stets in Sichtweite des Lagers gehalten, doch so weit entfernt, dass niemand sie entdeckte. Sie hatte die Zeit gebraucht, um nachzudenken. Über das, was in den letzten Tagen passiert war, über Leon... nie würde sie diesen verblendeten Ausdruck in seinen Augen vergessen, als er von dem Kult sprach. Sie fühlte, wie sich alleine bei dem Gedanken daran ihre Nackenhärchen aufstellten. Sie war sich nicht sicher, ob er wieder ganz Herr seiner Sinne war - zu tief verletzt hatte er sie, nicht nur physisch.
Irgendwann fand sie sich am Boden sitzend, die Hände in das feuchte Moos gegraben, und in stummer Verzweiflung betend. Bittend, die Götter sollten ihr beistehen in dieser schweren Stunde.


Gebenedeite Dunkelheit
Halte meinen Schatten
Presse ihn an mich
Dass ich ihn nicht verliere

Lodernde Flamme
Verbrenne meinen Schmerz
Auf dass die Asche
Meine Wunden fülle

Heiliges Wasser
Reinige mein Herz und meine Gedanken
Spende mir Trost und lösche meinen Durst
Lass meine Tränen nie versiegen

Blutrote Göttin
Verleih mir deine Kraft
Lass deine Weisheit in mir wirken
Und fülle mich mit Stolz.

Satura senkte andächtig ihren Blick und umfasste ihr Amulett so fest, dass die Zacken des Drachenschwanzes Abdrücke in der weichen Handfläche hinterließen.
Die Kraft kehrt zurück... Mit der linken Hand umfasste sie die Spitze des Schwertes und zog mit einer schnellen Bewegung die Handfläche über das scharfe Metall. Sie spürte den kühlen Schmerz, als das Metall ihre Haut zerschnitt. Blut tropfte pulsend aus ihrer Wunde und vereinte sich mit der feuchten Erde vor ihr. Wieder und wieder murmelte sie das Gebet vor sich hin, und presste die blutende Linke an ihr Amulett. Die Kraft kehrt zurück...

Lange war die Amazone hier gesessen, eins mit dem Raunen des Windes, eins mit dem Singen der Vögel, und eins mit sich selbst.
Es war schon spät, als sie wieder zu der Siedlung zurückkehrte. Sie war erstaunt, als sie Leon und den fremden Krieger sah. Zielgerichtet ging sie auf Frost zu, ohne Leon eines Blickes zu würdigen.
"Lasst uns gehen - ich will Euer Angebot nicht zurückweisen." Ohne auf eine Antwort zu warten ging sie in die Hütte und packte ihr weniges Hab und Gut ein.
14.05.2003, 21:14 #108
Der Inquisitor
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Der Blick des Hexenjägers streifte über das Land. Nur einige hundert Meter entfernt von ihrem Lager tat sich eine weite, trockene Ebene auf. Die Erde selbst trug dort die Narben eines titanischen Kampfes, den Dorrien nur aus Erzählungen kannte - worüber er auch ziemlich froh war...
Eine fast schon unheimliche Stille lag über dem Land, lediglich ein Käuzchen ließ seinen Ruf ertönen. Das silbrige Licht des Mondes tauchte die Umgebung in gespenstische Grautöne, lediglich unterbrochen von dem Feuer, welches die Soldaten entzündet hatten.
Phönixfee trat zu Dorrien und sah ihn erwartungsvoll an, er wusste genau was sie wollte.
"Also, um auf bewegliche Ziele zu schießen Benötigt man vor allem ein gutes Abschätzungsvermögen. Wenn man ein bewegliches Ziel treffen will, muss man die Geschwindlichkeit des Pfeils mit der des Zieles verbinden, um herauszufinden, wo man hinschießen muss. Dafür muss man auch die Bewegungsrichtung des Opfers abschätzen können und in manchen Fällen auch Umgebungsfaktoren mit einbeziehen, starken Wind oder Regen zum Beispiel. Im Moment ist das Wetter allerdings Ideal für die ersten Schüsse. Gehen wir..."
Der Inquisitor führte seine Schülerin eine Weile scheinbar ziellos durch die Gegend, letztendlich fand er allerdings was er suchte - eine Gruppe Molerats vor einer kleinen Höhle, die Wahrscheinlich von ihnen gegraben worden war. Dorrien konzentrierte sich kurz, einen Augenblick später zischte ein Feuerball durch die Luft und schlug zwischen den fetten Ratten ein. Diese grunzten erschröchen und stoben panisch im vollen Moleratgalopp auseinander.
"Dein Part." wandte sich der Hexenjäger an seine Schülerin.
14.05.2003, 21:30 #109
Skeleon
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Leon hatte so etwas erwartet, konnte es ihr jedoch beim besten Willen nicht übelnehmen.
Ein sachtes Grinsen huschte über sein Gesicht, als Satura erneut voranstolzierte, diesmal jedoch nach wenigen Schritten dem Krieger die Führung überlassend. Satura marschierte an zweiter Stelle, scheinbar die Schmerzen in ihrem Bein ignorierend oder nicht mehr fühlend. In ein paar Meter Abstand trottete Leon schweigend hinterher.
Er würde sich so bald wie möglich absetzen müssen, Satura wäre dumm, wenn sie jetzt noch länger mit ihm Wandern wollte als notwendig. Spätestens in Drakia würde er sich von ihr trennen, soviel war sicher. Ein grimmiges Lächeln stahl sich auf sein Gesicht, blickte sich verwirrt, wie fehl am Platze um und schlich wieder davon.
Sie hielt ihn mit Sicherheit für verrückt, oder zumindest brutal und unberechenbar. Sie hatte ihren Platz gefunden und brauchte ihn nicht mehr. Das Versprechen Sagitta zu finden würde er wohl nicht mehr einlösen können, aber das war jetzt sein geringstes Problem.
Leon sah auf, Satura und Frost hatten einiges an Abstand rausgeholt. Er beschleunigte seinen Schritt und brach nun schneller durch das Unterholz hindurch, quer durch den bewaldeten Talkessel und den langsam ansteigenden Hang empor. Nicht mehr lange, und das Land würde sich wieder in eine ausgedörrte Wüste verwandeln und sie würden erneut das Schlachtfeld betreten.
Jetzt, bei Nacht?
Die Schemen des Klingenwesens und des lebenden Hügels zuckten durch Leon's Gedächtnis - nein, nicht noch einmal!
Er holte weiter auf und lief nun auf selber Höhe mit Satura, die strikt geradeaus blickte - auch gut, sag' ich's ihm halt selbst! - beschleunigte seinen Schritt noch ein wenig und ging nun kurz hinter Frost.
"Heey! Frost, oder wie du heißt! Wir haben deine Hilfe angenommen, aber das heißt nicht, dass wir uns von dir in den Tod auf dem Schlachtfeld führen lassen!"
Satura blickte nun doch zu ihm, scheinbar drangen verschwommene Erinnerungen hoch, ein unsicheres Flackern ging durch ihren festen Blick.
Doch Frost rief über die Schulter hin zurück, ohne sich umzusehen:
"Keine Sorge, ich hatte nicht vor, euch bei Dunkelheit dorthin zu führen. In der Nähe der Ebene, knapp hinter dem Waldrand gibt es eine Höhle, dort können wir Rast machen. Ich muss ohnehin auf einen Gefährten warten, er wird hierher finden. Ohne ihn reise ich nicht ab."
Und damit wechselte Frost auch schon die Richtung und brach seitlich ins Gebüsch ein, eine schmale Schneise hinterlassend.
Satura und Leon erreichten sie gleichzeitig, er hielt ihr einladend die Hand hin und sie schritt ihn keines weiteren Blickes würdigend an ihm vorbei.
Einen Moment sah Leon sich unsicher um, dann folgte er den beiden.

Nicht lange und sie erreichten das Ende des Waldes. Der Pfad wand sich hier den mit steinigen, doch mit Moos überwucherten Hang empor, zur Linken wie zur Rechten ragten die abgrenzenden, steinernen Hügel und Berge empor.
Frost hielt sich links und über kurz erreichten sie die Felswand, die er gemessenen Schrittes entlang marschierte.
Plötzlich tat sich vor ihnen ein dunkler Schlund auf. Leon's scharfe Augen erkannten nach kurzer Zeit eine fast Kugelförmige Höhle mit runder Decke und rundem Boden. In der Kuhle in der Mitte war der Boden aschegeschwärzt, einige halb verkohlte Holzscheite lagen hier und da.
Schien als hätten sie ihr Nachtlager erreicht.
14.05.2003, 21:47 #110
Satura
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Satura hatte den ziehenden Schmerz in ihrem Bein ignoriert und tapfer die Zähne zusammengebissen. Das Stoffstück, dass sie um ihre verletzte Handfläche gewickelt hatte, war blutgetränkt, doch offensichtlich hatte es bereits aufgehört zu bluten. Die Amazone machte sich daran, das Lagerfeuer zu entfachen, während Frost mit leerem Blick in die Dunkelheit starrte. Leon hatte sich in ein Eck der Höhle verzogen, doch Satura bemerkte, dass er sie aus den Schatten beobachtete.

Die Blicke ihres ehemaligen Gefährten ignorierend bemühte sie sich, das Feuer zum Brennen zu bekommen. Der Krieger stand weiterhin regungslos am Eingang; er hatte seit ihrem Aufbruch kein Wort mehr als nötig gesprochen.
Bald loderte ein knisterndes Feuer in der Höhle, und der Widerschein erhellte Saturas Gesicht, die sich am Rande der Feuerstelle niedergelassen hatte. Ihre sonst so feinen Züge wirkten ungewohnt hart und kalt. Es war, als wäre mit jedem Blutstropfen, den sie verloren hatte, auch ein Teil ihres Gefühls aus ihr gewichen.
Es war eine seltsame Szene: drei Reisende, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten - und sie alle schwiegen. Kein Wort fiel, und jeder schien seinen eigenen Gedanken nachzuhängen. Allein das Knistern des Feuers machte diese Stille erträglich...
Die Amazone machte sich daran, ihre Wunde zu versorgen; sie bemühte sich nicht, dies vor Leon zu verbergen.
14.05.2003, 21:59 #111
Skeleon
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Leon starrte Satura stumm an, wie sie demonstrativ den blutgetränkten Verband von ihrem Oberschenkel schälte und in die Höhe hielt.
Das war keine Ignoranz mehr, das war Folter.
Und das schlimmste war, dass er ihr das trotz allem nicht übel nehmen konnte. Wer war denn mit dem Dolch auf einen scheinbaren Gefährten losgegangen?
Leon wünschte sich, dass Satura sich niemals auf die Suche nach ihm gemacht hätte. Wieso hatte sie überhaupt diese Reise auf sich genommen? Er war doch nichts weiter als ein Dieb, und jetzt sogar eine potentielle Bedrohung. Nein, Satura hätte sich nicht in seine Angelegenheiten mischen sollen.
Sie reinigte jetzt ihre Wunde mit einer klaren Flüßigkeit, deren beißender Geruch bis zu Leons Schlupfwinkel hinüberdrang. Vermutlich mit viel Alkohol versetzt, um eine Infektion zu verhindern. Sie biss die Zähne zusammen und verzog das Gesicht möglichst schmerzvoll und mitleiderregend.
In Gedanken schüttelte Leon den Kopf.
Es wurde Zeit, zu verschwinden.
Nicht erst in Drakia - jetzt.
Sollte sie doch dieser Frost begleiten, er würde auch alleine klarkommen. Wozu hatte Leon den Großteil seines Lebens in den Wäldern von Khorinis zugebracht?!
Er würde warten, bis sie eingeschlafen waren, ja. Sollte Satura doch machen was sie wollte, er hatte sie nicht hergebeten, er hatte nicht vorgehabt, den Kult auf diese Weise zu verlassen.
Sie hatte inzwischen neue Salben aufgetragen und zog sich fest neue Bandagen um die Wunde. Leon sah hinüber zu Frost. Der schien völlig in Gedanken versunken, er starrte auf die beiden schimmernden Klingen, die er Überkreuz vor sich auf dem Höhlenboden aufgebahrt hatte.
Gut. Bald würde er sich aus dem Staub machen.
14.05.2003, 22:07 #112
Phoenixfee
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Die Molerats sprangen wild durch einander Phoenixfee hatte den Bogen in den Händen und verfolgte eines der Viecher mit der Spitze des Pfeils.
Der erste Pfeil verfehlte die Molerat auf die Phoenixfee gezielt hatte, weil sie, als Fee die Sehne losgelassen hat in eine ganz andere Richtung gesprungen war, als Sie das vermutet hatte. Aber der zweite Pfeil sah's halbwegs sie traf eine Molerat genau in dessen fettes Hinterteil.
Jetzt schienen sich die Viecher über den ersten Feuerball beruhigt zu haben und sie entdeckten die Angreifer und die Molerats Griffen nun selber geschlossen an.
Ein Vorteil hat das ja jetzt, Ihre Bewegungen sind Berechenbarer, wo sie jetzt auf uns zulaufen. sagte sie zu Dorrien und traf eine der Molerats, diese machte noch ein paar schritte und brach dann zusammen.
Aber es waren noch 5 Übrig und die kamen immer näher.
Phoenixfee die in den letzten Monaten schlimmere Gegner erlebt hatte blieb im Angesicht der relativ harmlosen Molerats ganz ruhig genau wie Dorrien der auch keine Anstalten machen die Viecher selber zu bekämpfen.
Phoenixfee nahm die näher kommenden Molerats weiter unter Beschuss, zwischenzeitlich befahl sie Samtpfote ruhig zu bleiben, die merklich unruhiger war und sich den Molerats wohl am Liebsten entgegen geworfen hätte.
Mitlerweile lebten nur noch 3 der Molerats bei einer brauchte Fee 2 Pfeile da der erste sie nur streifte.
Sie nahm immer die Molerat unter Beschuss die am vordersten war, 2 kamen jetzt langsam gefährlich nahe um die letzte machte sie sich keine sorgen die brauchte eh noch was bis sie bei Ihnen war, das war die mit dem Pfeilgespicktem Hinterteil und diese humpelte nur.
Eine der beiden erledigte sie noch mit einem Pfeil aber die Vorletzte war jetzt zu nahe mit der linken schulterte sie Ihren Bogen und mit der rechten zog sie ihren Dolch.
Dorrien der sich das ganze spiel anschaute. Rührte immer noch keinen Finger.
Da sprang die Molerat Phoenixfee an, diese machte einen schritt zur Seite das der angriff des Tieres ins leere ging und stach zu.
Die Molerat brach mit dem Dolch im Schädel zusammen, aber da war ja noch eine.
Die letzte Molerat mit dem Pfeil im hintern, griff immer noch an, sie war noch ein Stückchen entfernt und deswegen nahm Phoenixfee wieder den Bogen zur Hand und feuerte eine Pfeil auf diese ab.
Die Molerat brach kein Meter von Phoenixfee Stiefeln tot zusammen.
Phoenixfee schulterte den Bogen Naja, ging doch eine hab ich zwar nicht mit dem Bogen erlegt, und für die 6 Molerats hab ich meiner Meinung noch zu viele Pfeile gebraucht aber wir haben keinen Kratzer. Erwartungsvoll sah sie Dorrien an und wartete auf seine Meinung.
14.05.2003, 22:16 #113
Der Inquisitor
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Dorrien überlegte kurz und nickte dann zufrieden.
"Gut, das Prinzip hast du verstanden, darauf kommt es an. Der rest ist - mal wieder - vor allem Übung. Und davon wirst du noch genug bekommen, vermute ich."
Befürchte ich...
"Nun ja, es ist schon ziemlich dunkel, wir sollten wieder zum Lager gehen. Morgen brauchen wir unsere Kräfte. Sammel deine Pfeile ein..."
Der Inquisitor ging von einem Molerat zum anderen und unterzog sie einer gründlichen Begutachtung. Schließlich entschied er sich für ein größeres Exemplar, packte es an den kurzen, stämmigen Beinen und zog es hinter sich her. So hätten sie morgen ein recht gutes Frühstück...
14.05.2003, 22:17 #114
Satura
Beiträge: 589

Satura war müde; die Anstrengung der letzten Tage war nicht zu leugnen. Oft war sie dem Tod näher gewesen denn dem Leben, und die langen Stunden der Ohnmacht waren mehr gewesen als heilsame Dunkelheit. Ihr Körper war schwach gewesen, doch ihr Geist war schwächer. Heute im Wald hatte sie seinen Einfluss gespürt, und flüsternd waren seine Worte an ihre Ohren gedrungen, die so verlockend süß von Rache sprachen. Der Fremde war bei ihr gewesen, als ihr Körper aufgeben wollte...
Die Amazone schlang ihren Umhang enger um ihren Körper und senkte ihren Blick. Das Leben hatte ihr die Entscheidung abgenommen. Der Fremde wollte sie nicht tot, er wollte sie lebend... warum auch immer. Aber er hatte sie gerettet.
Dunkel kam die Erinnerung an die düsteren Träume zurück. Zeit des Erwachens! Er hatte sie gerufen, immer lauter, immer stärker. Und sie war ihm gefolgt, war durch den dunklen Wald gegangen, und hatte ihm die Hand gereicht...
Satura schüttelte heftig ihren Kopf. Was dachte sie da? Was waren das für verrückte Gedanken, die sich in ihren Kopf schlichen?

"Nicht du hast mich gerettet, ich allein war es!" sagte sie plötzlich halblaut. "Ich allein, es war meine Stärke, meine Kraft. Du hast keine Macht über mich!"
Kaum hatten diese Worte ihren Mund verlassen, verflog das Raunen in ihrem Kopf. Doch irgendetwas war passiert, etwas, das sie dem Fremden näher gebracht hatte, als ihr lieb war.
Nein, er hatte keine Macht über sie. Noch nicht.
14.05.2003, 22:43 #115
Skeleon
Beiträge: 793

Satura hatte sich inzwischen auch in eine Ecke verzogen, Frost war im Sitzen eingenickt. Schien als wären beide von ihren Verletzungen stark geschwächt. Und ausgerechnet er, Leon, war quicklebendig?
Na, dann war es wohl an der Zeit.
Vorsichtig erhob er sich und kroch zum Lagerfeuer hinüber, da murmelte Satura irgendetwas vor sich hin. Leon spähte zu ihr.
Sie sah blaß und elend aus und der flackernde Feuerschein ließ ihre sonst so sanften Züge ausgemergelt und tot erscheinen.

Ihm schauderte und ein Gefühl von Scham kam in ihm auf. Er wollte sie zurücklassen, so wie er sie zugerichtet hatte?
Doch er war hier nicht mehr willkommen.
Er nickte bekräftigend und machte sich an seine Vorbereitungen.

Satura hatte scheinbar Training im Kampf mit Einhandwaffen genommen, wie Frost angedeutet hatte. Gut, dann sollte sie etwas Nützliches bekommen.
Aus dem Bündel auf seinem Rücken zog Leon die schmale lederne Scheide, die hier und da mit Silber verziehrt war und die er in der Waffenkammer der Kultisten hatte mitgehen lassen. Darin befand sich das leichte Stahlschwert, die schmale, beidseitig geschliffene Klinge. Vorsichtig fasste Leon Saturas Rechte, öffnete sie und legte das Schwert hinein. Sanft schloss er ihre Hand wieder und im Schlummer zog sie das Schwert näher zu sich heran.
Aus dem Beutel mit Halbedelsteinen fischte er einen walnussgroßen Amethyst, der im Feuerschein tanzende, violette Farbreflexe auf die Höhlenwand warf. Den legte er vorsichtig in Saturas andere Hand.

Langsam richtete er sich auf.
Sollte sie seine Gaben behalten, wegwerfen, in Ehren halten oder darauf herumtrampeln, das war ihre Sache. Er war hier nicht länger von Nöten.
Aber er hatte noch einen Auftrag der Inquisition abzuschließen ...

Eben wollte er sich umwenden, als er sich wie aus einem Reflex noch einmal zu Satura hinabbeugte. Er gab ihr einen sanften Kuss auf die Wange und wich dann ruckartig zurück, wie aus Angst sie könne ob er Berührung erwachen.
Doch sie schlummerte weiter ihren heilenden Schlaf und hatte es nicht einmal bemerkt.

Leon grinste schief.
Was hatte ihn da für ein Teufel geritten? Er konnte sich lebhaft vorstellen, wie die Backpfeife sich anfühlen mochte, die er jetzt kassiert hätte, wäre Satura nicht in tiefem Schlummer.

Er fühlte wieder nach einem der Erzbrocken und 'lauschte' innerlich auf das sanfte Pochen der bläulichen, schimmernden Äderchen, die sich durch das Gestein zogen. Dann wandte er sich ab und trottete aus der Höhle heraus, vorbei an Frost, der am Eingang saß und eingenickt war, und hinaus in die Dunkelheit.

Über ihm hingen blasse Sterne, vor ihm erstreckte sich der bewaldete Talkessel und zu seiner Linken öffnete sich die weite Ebene.
Er spähte nach Osten. Hier war die Sicht von den Bergen versperrt, doch er sah einen blassen Lichtschimmer sich in den tiefhängenden Wolken spiegeln. Die Dämmerung würde bald einsetzen - und mit dem ersten Tageslicht würde das Schlachtfeld seine Bedrohung, wenn auch nicht seine Bedrohlichkeit einbüßen.

Er marschierte los, in Richtung der grauen Öde und und nach Norden, stets nach Norden, ohne es zu wissen direkt seinem Ziel entgegen - seinem Auftragsgeber.
14.05.2003, 23:10 #116
Phoenixfee
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Phoenixfee sammelte ihre noch zu gebrauchenden Pfeile ein und zog Ihren Dolch aus dem Schädel, der Molerat, wo er immer noch steckte, machte ihn sauber und steckte ihn wieder in die Scheide zurück.
Samtpfote beschnupperte die Toten Molerats und Phoenixfee nahm auch eine an den Hinterbeinen und folgte Dorrien ins Lager.

An einigen Feuern saßen Soldaten, ein paar schliefen schon und mehrere Patrolierten um das Lager und hielten Wache.
Dorrien und Fee gaben dem Koch die beiden Molerats und setzen sich an eines der Feuer.
Dorrien gab ihr noch einige Tips im Umgang mit dem Bogen und nach einiger Zeit legte Phoenixfee sich zum schlafen hin.
Sie beobachtete Dorrien noch eine ganze zeit, bis Ihr die Augen zufielen, dabei wie Er die Sterne beobachtete.
15.05.2003, 03:18 #117
manmouse
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Einige Stunden zuvor ........
Der Wanderer hatte nicht sehr gut geschlafen, eigentlich hatte er gar nicht geschlafen. Er hatte sich nach dem Sturm, im Schutze einiger Bäume eine kleine Rast erlaubt. Doch dieser Rast hatte sich bis zum frühen Morgen hingezogen. Esteron war zu erschöpft gewesen. Sein Körper war seit dem eintreffen in Gorthar nicht wirklich zur Ruhe gekommen. Immer war er auf den Beinen gewesen. Immer auf Reisen.

Immer noch müde von den Anstrengungen der letzten beiden Tage, rappelte sich Esteron auf. Es würde noch einige Stunden dauern, bevor die Sonne am Horizont auf gehen würde. Doch das kümmerte den Wanderer nicht. Er musste weiter. Er hatte noch immer das gleiche Ziel vor Augen. Die Bergarbeitersiedlung südlich der „Todesschlucht“.

Esteron hatte es eilig, aber er musste trotz allem auf der Hut sein, denn wer Pech hatte, würde er entweder auf diesen Tak oder den Trupp mit diesem Sonderbaren Riesentier treffen. Daher entschied sich der Wanderer seine Reise zur Siedlung im Schutze der Bäume fort zusetzten. Hätte Esteron gewusst, das man den ungeübten Wanderer trotz seines Versteckspiels, einige Meilen im voraus sehen konnte, hätte er sich das Versteckspielen erspart. Doch so versuchte er das beste zu geben, zu groß war die Angst auf eventuelle Gefahren zu treffen.

Esteron wanderte weiter und so erreichte er vom Stand der Sonne ausgehend, die eifrig bemüht war mit ihren Strahlen unermüdlich eine dichte Wolken zu durchdringen, kurz vor Mittag die Schlucht. Doch sie war Menschenleer, kein kleiner Armeetrupp, kein Tak, nichts. Sie war leer und nur die Spuren eines vergangenen Kampfes waren auszumachen. Doch es war nicht der Kampf des vergangenen Tages, es war ein Kampfspuren längst vergangener Tage.

Esteron verlangsamte seinen Schritt und lies dabei seinen Blick über das Schlachtfeld schweifen. Er blickte auf verbeulte Rüstungen, deren Innenleben nur noch von Skeletten gefüllt wurde. Säbeln und Schwerter die von rotem Sand bedeckt waren und nur ihre Griffe oder ihre Spitzen aus dem Erdreich ragten.
Wieso war Esteron dieses Schlachtfeld nicht an dem vergangenem Tag aufgefallen? Oder wieso hatte er dem Ort des Todes keine Beachtung geschenkt? Da war es wieder, das Gefühl, das er schon beim erstem Mal hatte, als sie die Schlucht betreten hatten. Und erst jetzt konnte Esteron dieses Gefühl einordnen. Es ergab erst jetzt ein Bild, einen Sinn.
Hier hatte ein Kampf stattgefunden. Er war damals an der Seite von vielen Ehrbaren Männern, Frauen und Freunden in den Kampf gezogen. In einen Kampf ohne Aussicht auf einen Sieg, doch es war ein Kampf für die Freiheit der Frauen und Männer gewesen. An ihrer Spitze war ein alter Mann geschritten, der Waffenmeister hatte sie in diese Schlacht geführt.

Esteron schritt weiter. Fassungslos starrte er auf die Spuren längst vergangener Tage, die sich hier so sehr in den Boden der Erde gebrannt hatten. Hier hatten sich Menschen eine Schlacht geliefert, waren regelrecht abgeschlachtet worden. Allesamt, hatten sie ihr Leben für ihre Freiheit hier verloren.

Esteron hatte die Schlucht zur Hälfte durchquert als er an die Stelle kam an der er, nein der General in ihm vor einiger Zeit gestorben war. Doch er hatte hier in der Schlacht seine Erlösung gefunden. Seinen vermeintlichen Frieden den er sich immer herbei gewünscht hatte. Doch nun steckte er in diesem neuem Körper. Gefangen.

Hatten die Magier aus dem Kastell, ihn aus eigenen Stücken zurück in die Welt der lebenden geholt? Oder war es einfach nur eine zweite Chance? Seine Chance in dem neuem Leben den richtigen Weg zu gehen?
Esteron merkte, wie sich ihm mit jedem Schritt der Lösung die er machte, neue Fragen auftaten. Der Wanderer musste, wenn er neue Antworten auf seine Fragen bekommen wollte, die Bergarbeitersiedlung erreichen. Er musste Frost wieder finden.
Der Wanderer verlies die Schlucht in Richtung Süden, mit einem wehmütigem Gefühl. Er würde wieder kommen. Da war er sich sicher.

Esteron hatte wieder an Tempo zugelegt. Er lief nun offen, ohne Deckung. Es war ihm egal. Gleichgültig. Sollten sie ihn doch finden. Er hatte nichts mehr zu verlieren. Doch der Wanderer hatte Glück, denn er erreichte die Bergarbeitersiedlung ohne den geringsten Zwischenfall. Sichtlich erleichtert, legte Esteron noch mehr an Tempo zu, als er die Siedlung am Horizont ausmachen konnte. Wenn er die Siedlung gefunden hatte, musste es doch ein Klacks sein, so einen Kerl wie Frost zu finden.

Die Sonne war im Begriff den weg frei, für ihr Gegenstück am Himmelzelt zu machen. Neugierige Kinder, die in den vom Schatten gefüllten Gassen spielten, liefen Esteron entgegen. Sie begrüßten ihn lachend und unbeschwert. Doch dann liefen die Kinder plötzlich auseinander. Denn ein alter Mann kam aus einem Haus heraus getreten und schritt auf Esteron zu. Und blieb mit einem müdem Blick, vor dem Wanderer stehen.

“ Verzeiht, das ich eure Ruhe störe. Ich bin Esteron, ein einfacher Wanderer. Ich bin auf der Suche nach einem Freund von mir. Habt ihr ihn gesehen? Er muss hier sein.“ Doch der Mann antwortete nicht. Er gab Esteron ein Zeichen ihm zu folgen, und verschwand wieder in dem Haus, aus dem er eben getreten war.
“ Setzt euch erst mal. Ihr müsst erschöpft sein. Ich werde euch helfen wieder zu Kräften zu kommen.
Der Wanderer tat wie ihm geheißen wurde und nahm Platz. “ Wisst ihr wo mein Freund ist? Könnt ihr mich nicht einfach zu ihm bringen?“ Esteron wurde nervös. Wieso brachte ihn der alte nicht einfach zu Frost. Er würde ihn damit doch am schnellsten wieder los werden.
Der alte Mann reichte Esteron nun einen Becher mit einer dampfenden Flüssigkeit und setzte sich im Gegenüber.
“Ich bin Horasson, der Führer dieser Siedlung. Euer Freund war hier. Doch er ist es nicht mehr. Ihr seit zu spät.
Esteron blickte auf. Wie der Waffenmeister war wieder weg? Wie Esteron war zu spät?

“ Verzeiht meine Unfreundlichkeit. Was meint ihr damit er ist es nicht mehr? Wir wollten uns hier wieder treffen.“ Esteron war aufgebracht, sein Herz schlug gerade wilde Kapriolen. Konnte es sein das ihn der Waffenmeister wissentlich hier zurück gelassen hatte? Nein, so schätzte er ihn nicht ein. Der älteste schien zu ahnen was sich gerade hinter der Stirn von Esteron abspielte.

“ Frost, euer Freund ist wieder losgezogen um die beiden die ihn begleitet hatten wieder nach Gorthar zu führen. “ Esteron schluckte, das konnte nicht sein. Sie waren einander vorbei gelaufen. Wie konnte das sein?

“ Ich rate euch heute Nacht bei uns im Dorf zu bleiben. Ruht euch aus und sammelt neue Kräfte. Ihr seid unser Gast, solange ihr es wünscht.“ Esteron sprang auf. Nein, er musste wieder losziehen. Eine Minute verging. Es schien, als wenn der Wanderer lange überlegte. Doch wenn Esteron ehrlich war, hatte schon längst einen Entschluss gefasst.

Ich danke euch für dieses Angebot Horasson, doch meiner Suche bedarf es keinen Aufschub. Ich muss den Waffenmeister finden. “ sprach Esteron. “ Nur er kennt einen Teil der Antworten auf meine Fragen..... “, murmelte der Wanderer.
Dann trank er seinen erkalteten Tee aus, lies sich von der Gemahlin noch etwas Proviant einpacken und verabschiedete sich dankend von dem ältestem und seiner Familie.

So verlies Esteron wieder das Dorf, und schritt den Weg zurück, den er gekommen war. Zum dritten Mal führte ihn sein weg in die „Todesschlucht“. Wieder begab sich der Wanderer auf die Suche nach dem Waffenmeister. Mittlerweile war der Mond aufgegangen, und der Wind pfiff und heulte. Der Mond hatte sich auf den Weg gemacht vom Wolkenlosem Himmel zu leuchten und dem Wanderer den Weg zu weisen. Der Waffenmeister, musste einen anderen Weg nach Gorthar gewählt haben. Er kannte sich hier aus, er kannte die Gefahren.

Er musste Frost finden. Er musste sich beeilen. Er konnte ihn noch einholen. Der Waffenmeister reiste an der Seite einer verletzten Frau. Dies konnte sich nur zu einem Vorteil von Esteron auswirken. Schneller. Immer schneller lief Esteron.
Nach einiger zeit erreichte er die wieder die Schlucht. Völlig erschöpft brach er auf die Knie ein. Was war er doch für ein Narr gewesen. Warum hatte er nicht auf Horasson gehört? Sicher er hatte die Schlucht erreicht, doch zu welchem Preis?
Esteron bereute seinen voreiligen Schritt jetzt umso mehr, jetzt da er am Ende seine Kräfte war. Jetzt da er Bewusstlos an einem großen Stein zusammenbrach.
Hier musste er sich ausruhen. Im Schutze des Gesteinsbrocken.
15.05.2003, 11:14 #118
Satura
Beiträge: 589

Unsicher sah sie sich um. Es war Nacht, es war kalt. Vor ihr ein Weg, hinter ihr nicht; ringsum alte knorrige Bäume. Weicher Boden, federnder Schritt - Stille.

Satura kannte den Ort nur zu gut. Diesen Ort, der nicht existierte, und doch so real war. Festen Schrittes ging sie den Weg entlang - der Fremde wollte es so, und sie war willens, ihm zu begegnen.
Seltsam, ihre Wunde schmerzte nicht... Wenige Schritte vor ihr tat sich eine Lichtung auf, an dem ein einladendes Lagerfeuer knisterte. Dort saß er, den Kopf gesenkt und regungslos sie erwartend.
Der Fremde war von schlanker, doch kräftiger Gestalt. Sein schwarzer Umhang verfloß mit den Schatten der Nacht, und die Kapuze hatte er so tief heruntergezogen, dass sie sein Gesicht verdeckte. Und doch merkte Satura, dass er sie beobachtete. Er wirkte ruhiger als sonst, sicherer, dass sie seinem Ruf folgen würde.

Die Amazone hatte die Lichtung erreicht; sie ignorierte das immer stärker werdende Leuchten ihres Amuletts, fühlte den brennenden Schmerz nicht mehr.
"Nehmt es ab." Der Fremde sprach mit einer eigenartig ruhigen Stimme; kein Drängen lag in seinen Worten, es klang wie eine Bitte. Satura sah ihn fragend an - der Fremde hielt sich wie zum Schutz die Hand vor sein Gesicht - dann fiel ihr Blick auf das rot strahlende Amulett. "Nun nehmt es schon ab!" Irritiert griff Satura nach dem Amulett und spürte, wie die Hitze des glühenden Steins ihre Haut verbrannte. Schnell zog sie ihre Hand wieder zurück und griff nach dem ledernen Band des Amuletts. Zögernd legte sie das Artefakt ab und ließ es in der Tasche ihrer Hose verschwinden.

"Ich danke dir." Der Fremde hatte seine Hand wieder sinken lassen. "Nun nimm Platz." Mit einer einladenden Bewegung deutete er auf einen alten Baumstamm gegenüber von ihm. Mit einem stummen Nicken folgte die Amazone seiner Einladung. Auch jetzt, aus dieser Nähe, konnte sie sein Gesicht nicht ausmachen. Wie schon die Male zuvor, als sie ihn getroffen hatte, wurde es regelrecht von den Schatten verschluckt, immer wenn sie meinte, einen Punkt seines Antlitzes erhaschen zu können, verschwamm der Rest vor ihren Augen...
"Bemüh dich nicht." Der Fremde machte eine kurze Pause. "Es freut mich, dass du endlich deine Ablehnung abgelegt hast. Nun schweige still und sieh her." Mit einer eleganten Handbewegung fuhr er durch das hell lodernde Feuer, und mit Staunen sah Satura Bilder entstehen... Ein Bild, dass sich nur zu gut in ihr Gehirn eingebrannt hatte:
Leon, wie er im Taumel auf sie zustürzte, den Dolch in seiner Rechten drohend erhoben. In seinen Augen war abgrundtiefer Hass zu sehen, als er auf die Amazone zustürzte, die hilflos am Boden lag. Dann stach er zu, und wieder fühlte Satura den Schmerz, als das kalte Metall durch ihre Haut in ihr Fleisch drang, fühlte, wie ihr Körper sich aufbäumte und gleich darauf in sich zusammensackte. Wieder fühlte sie das Entsetzen, dass er, ein Freund, sie angriff... Sie sah in seine Augen, er war bereit sie zu töten.

Das Bild verbrannte in einem knisternden Funkenregen, löste sich auf in Schall und Rauch, und wieder waren nur die rot lodernden Flammen des Feuers zu sehen.

Satura spürte, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten. Sie war enttäuscht und verletzt. Vielleicht hätte sie nie nach Gorthar kommen sollen... aber was wäre dann aus Leon geworden? - Ein willenloser Diener des Kultes. Und warum interessierte sie das überhaupt, war es von Belang? Vielleicht wäre er dort viel glücklicher gewesen?
Mit einer energischen Bewegung wischte die Amazone eine Träne hinfort, die sich einen Weg über ihre Wange gebahnt hatte.
Der Fremde sah sie an. "Soviel Leid, für nichts. Soviel Enttäuschung, warum?" Seine Stimme war so beruhigend und sanft... Und wieder glitt seine Hand durch das Feuer, und wieder tauchte ein bekanntes Bild auf: Leon, hier an diesem Feuer sitzend, und hinter ihm der Fremde, einen glühenden Feuerball in der Hand...
Anders als beim ersten Mal spürte Satura keine Angst mehr. Sie nickte und senkte den Kopf. "Du wolltest mich warnen."

Auch dieses Bild verblasste wieder, und der Fremde sah sie mit seinen substanzlosen Augen durchdringend an. "Vertrauen bringt nur Schmerz, genauso wie Liebe und Freundschaft. Lass diese Einbildungen weggleiten... sag dich frei von ihnen. Nur eins macht dich stark, und du weißt es. Es ist dein Haß, dein Zorn." Satura sah ihn erschrocken an. Woher kannte er ihre Gefühle so gut?

Er hatte Recht. Wie hatte sie gelitten, als geliebte Menschen von ihr gegangen waren... wie enttäuscht war sie von Leon, der ihr den Dolch besser gleich mitten ins Herz jagen hätte sollen. Sie spürte ihre Wut überhand nehmen...
In diesem Moment brach der Fremde in ein schaurig kaltes Gelächter aus. "Satura, du bist eine von uns... ich habe es immer gewusst..."


Erschrocken fuhr Satura von ihrem Lager auf; irgendetwas fiel klirrend zu Boden, ihr Herz raste, und sie war schweißgebadet. Verwirrt sah sie sich um. Das Feuer war niedergebrannt, und durch den Eingang der Höhle drang Tageslicht. Schwer atmend stützte die Amazone sich auf ihrer unverletzten Hand ab und stand auf. Schnell griff sie nach dem Amulett - es war nicht da. Ein lähmender Schreck durchfuhr all ihre Glieder. Lass es nicht dort sein, wo ich es vermute... Vorsichtig fingerte sie in ihrer Hosentasche herum und zog das Amulett hervor. Ungläubig starrte sie auf den Drachen und den nun wieder blassroten Stein. Sie spürte Angst in ihr aufsteigen - ihre Träume nahmen immer mehr und schrecklichere Gestalt an. Was war das für ein Teil von ihr, der so empfänglich für den Fremden war, der ihm zugehört und ihm geglaubt hatte?
Satura schüttelte sich, als könne sie so den Traum loswerden und sah vor sich auf den Boden.

Verdammt, was war das? Sie realisierte, was zuvor so klirrend zu Boden gefallen war - vor ihr lagen ein wunderschönes Schwert und ein recht großer, violetter Stein. Verwirrt sah Satura sich um. Leon?
Sein Platz war leer - er war verschwunden. Fassunglos glitt Saturas Blick von dem leeren Lagerplatz an der Höhlenwand zu dem Schwert vor ihr und wieder zurück.
"Leon!" Sie lief aus der Höhle in das grelle Sonnenlicht und kniff ihre Augen zusammen. Nichts. Er war weg.

Verdammt, dieser sture Dieb... ein Dieb der ihr ein Geschenk gemacht hatte. Hatte er sich so gequält mit dem, was in den letzten Tagen passiert war? War ihr das nie aufgefallen, war sie so sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen? War er nicht Tag und Nacht an ihrer Seite gewesen und hatte ihre Wunde gepflegt und über ihren Schlaf gewacht? Was, wenn Tak ihn nun, wo er so ganz alleine war, finden würde?
Satura fühlte sich hin- und hergerissen von ihrer Wut auf ihn und ihrer Sorge um ihn.
Wütend trat sie mit dem Fuß gegen einen Stein. "Dieser Tag fängt ja schon mal gut an." murmelte sie.

Sie ging wieder in die dunkle Höhle zurück und hockte sich an die erkaltete Feuerstelle. Frost lag wenige Schritte von ihr entfernt und schnarchte leise. Satura beschloß, ihn noch nicht zu wecken.
Dann zog sie das edle Langschwert aus der verzierten Lederscheide, dass Leon ihr zurückgelassen hatte. Sie wog es in ihren Händen - es war seltsam leicht, doch die Klinge war aus hartem Stahl und beidseitig geschliffen. Die Amazone hob den Amethyst auf und ließ ihn ihre Hosentasche gleiten, dann nahm sie das Schwert und trat vor die Höhle, um ein wenig zu üben. So konnte sie ihre Gedanken am besten ordnen.

Die Amazone schwang die edle Klinge schnell in Form einer liegenden Acht, und das polierte Metall streute die Sonnenstrahlen in alle Himmelsrichtungen. Leon... sie wurde aus dem Jungen nicht schlau.
15.05.2003, 11:57 #119
Skeleon
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Mit einem entspannten Aufatmen setzte Leon den Lederschlauch ab.
Ein paar violette Tropfen Wein rannen über seine Lederjacke, formten eine gemeinsame, große Blase und fielen auf den staubigen Boden. Mit einem leisen Zischen sog der durstige Morast die Flüssigkeit auf.

Leon verpropfte den gußeisernen Verschluss des Weinschlauches und nahm noch einen Bissen von dem gut geräucherten Pfefferbeißer. Alles Gaben von dem gut genährten Bücherwurm in Gorthar ... mit einem fiesen Grinsen schob er seine Brotzeit wieder in das Bündel aus Lumpen, das er auf dem Rücken trug. Der arme Mann hatte seinen Lieblingsschmöker und einen guten Teil seiner Speisevorräte verloren.

Leon stampfte auf, wie um seinen Weitermarsch anzukündigen.
Staub und Sand wirbelte ihm ins Gesicht und mit einem ächzenden Schnauben setzte er seinen Weg fort.

Er war nun seit Tagesanbruch unterwegs und hatte zusammen mit den ersten Sonnenstrahlen die tote Ebene betreten. Inzwischen war er rund und rund um ihn herum von grauer Fläche umgeben, durchsetzt von stählernem Silber und knöchernem Weiß.
Nur weit in der Ferne ragten zu beiden Seiten Bergketten auf, vor ihm öffnete sich eine weite, grau-blaue Fläche. Das Meer im Fjord. Der Horizont jedoch war von weißen Wolken verdeckt, die Insel Khorinis konnte Leon nicht ausmachen.
Voran und voran marschierte er und konnte gegen das einfallende Sonnenlicht nicht die Gestalten in der Ferne ausmachen, die ihm entgegen kamen.
Er würde sein erstes Ziel wohl früher erreichen als erwartet.
15.05.2003, 13:00 #120
I-Guthwulf-I
Beiträge: 58

Sirrend raste der blitzende Stahl durch die stickige Luft der Kanalisation, traf mit einem trockenen Knall auf den groben Holzpfeiler, grub sich mit scharfer Spitze mehrere Zentimeter tief in das bräunliche Gebälk, kam schließlich zitternd zur Ruhe. Schwere Stiefelschritte klackten über die groben Bodenbretter, eine schwielige Hand griff nach dem Griff des schartigen Schnitzmessers, lange, hagere Finger schlossen sich um den hölzernen Griff, zogen die abgenutzte Klinge ruckartig aus dem Holz. Langsam entfernten sich die Schritte wieder, stoppten dann abrupt, und nur einen Sekundenbruchteil später zitterte das Messer erneut im zerstochenen Leib des alten Holzpeilers.
Guthwulf langweilte sich. Seit man ihn zur Nachtruhe in dieses Zimmer geleitet hatte, war nicht eine Menschenseele gekommen, um ihn wieder abzuholen. Nicht dass der Kopfgeldjäger die Zustimmung anderer Leute brauchte, um seinem Willen nachzugehen, aber in diesem Falle war er zum tatenlosen Ausharren gezwungen, denn man hatte ihn eingeschlossen. Eingeschlossen wie einen verdammten Köter! Guthwulf griff nach seinem Messer. Es passierte nicht oft, dass der alte Krieger aus seiner fast apathischen Ruhe geworfen wurde, doch dieses kleine Schlafzimmer beengte ihn schlimmer als jeder Provinzknast es hätte tun können. Ein Wolf brauchte seine Freiheit, er war kein dümmliches haustier, das der Herr guten Gewissens in einem Raum wegsperren konnte. Der Kopfjäger hatte mit dem Gedanken gespielt, die Tür einfach einzutreten, doch ein Blick auf die mächtigen, mit festen Eisenbändern beschlagenen Holzbohlen machte jede Hoffnung in dieser Richtung zunichte. Er musste abwarten. Wieder flog das Messer, wieder zerschnitt es die Luft des Schlafgemachs, jagte einem blitzenden Stahlpfeil gleich auf den Holzpfeiler zu – und schlug schließlich krachend in seinem Ziel ein, nur wenige Zentimeter vom Gesicht der jungen Frau entfernt, die gerade ihren Kopf durch die Tür stecken wollte. Sofort verschwand das bleiche Antlitz wieder, und es vergingen einige Sekunden, bevor es sich erneut hervorwagte.

„Herr…Guthwulf?“
Der Kopfjäger beugte sich zur Seite und fischte seinen Hut von dem kleinen, quadratischen Holztisch, der ihm als Kleiderablage gedient hatte. Gelassen setzte er sich das lederne Kleidungsstück auf den hageren Kopf, bevor er mit dem Zeigefinger der rechten Hand an die breite tippte.
„Kleines.“
Die Frau öffnete die Tür nun noch einen Spalt breiter und trat dann, noch immer vorsichtig, in das kleine Zimmer. Mit milder Belustigung sah Guthwulf, dass sie noch ein halbes Mädchen war. Ein Schaf inmitten eines heruntergekommen Hyänenrudels. Falls sie Hilfe brauchte, sollte sie sich lieber nicht an einen Wolf wenden.
Die junge Dame zupfte nervös an ihrem fliederfarbenen Kleid herum, die Wangen ihres hübschen Gesichts waren vor Anspannung gerötet.

„Mein Name ist…Lessalia. Ich…ähm…soll Euch abholen und zu…Bort bringen. Seit Ihr bereit?“
Guthwulf knöpfte sich die untersten Knöpfe seines braunen Leinenhemdes zu. Stahlgraue Raubtieraugen funkelten das Mädchen an.
„Aye.“
-„Ähm gut, dann folgt mir.“
Lessalia verließ das Zimmer und wartete im Korridor bis der Wolf ihr gefolgt war. Gemeinsam stapften sie den langen Steingang entlang, die junge Frau höflich schweigend, Guthwulf ein altes, getragenes Kopfjägerlied pfeifend.
„Schlechter Ort für eine Dame.“
Das Mädchen wandte sich um, in ihrer Miene stand Überraschung geschrieben. Anscheinend hatte man ihr erzählt, dass der alte Krieger kein Freund vieler Worte war. Dass er sie ansprach, verwunderte sie.
„Es gefällt mir hier. Die Menschen sind sehr nett.“
-„Wo ist deine Familie?“
„Sie sind ebenfalls hier. Mein Vater hat uns hierher gebracht. Es war eine gute Entscheidung. Wir können hier in der Kanalisation ungestört arbeiten und das Erwachen unseres-„ Lessalia stockte. Guthwulf sah, wie sie sich auf die Lippen biss. Volltreffer.
„Erwachen? Wer erwacht?“
Das Mädchen zögerte, setzte zum sprechen an, nur um es dann wieder zu lassen.
„Das…kann dir Bort besser erklären.“
-„Ich will es aber von dir hören.“
Jetzt wurde die junge Frau richtig wütend.
„Nein! Ich darf es nicht erzählen! Ich habe..„
Ansatzlos packte der Wolf die Frau, riss sie herum und drückte sie gegen die kalte Korridorwand. Seine hageren Finger hatten sich um den schmalen Halsansatz der Dame gelegt, und ihr Druck reichte, um Jessalia zum Japsen zu bringen. Guthwulf brachte sein Gesicht ganz nah an das der Dame, fixierte ihren Blick mit seinen zu Schlitzen verengten Augen und hielt ihre Aufmerksamkeit so in einer gnadenlosen Umklammerung. Sein heißer Atem roch nach Tabak und Bier.
„Treib keine Spielchen, Kleines, oder ich werde dich umbringen.“
-„Wenn…du es nicht tust…wird Bort…es tun.“
„Bort wird hiervon nicht erfahren. Rede oder stirb. Entscheide dich.“
Die Stimme des Wolfes war kalt und rau, an der Ehrlichkeit seiner Absichten bestand kein Zweifel. Jessalia schien dies auch zu bemerken. Die Spannung aus ihrem Körper wich.
„Ich rede.“
Die Hand verschwand von der Kehle der Dame, das Gesicht des Kopfjägers ging wieder auf Abstand. Der Blick der grauen Pupillen blieb weiter unerbittlich.
„Na gut. Ich gehöre einem Kult an, einer religiösen Vereinigung. Wir helfen unserem Meister, den Erlöser auf diese Welt zu bringen, auf dass wir fortan in einem Land des Wohlstands un des Friedens leben.“
Ein Kult also. Paradiesische Zustände, jaja. Der Kopfgeldjäger kannte diese Art von Glauben. Nur Kriecher und Narren ließen sich auf so etwas ein.
„Wer ist euer Meister?“
Man merkte deutlich, wie unbehaglich Lessalia zumute war. Ihr Blick wanderte unstet umher, als hätte sie Ansgt, jemand könnte ihren Verrat beobachten. Nun, wahrscheinlich hatte sie das wirklich.
„Sein Name ist…Sarevok, und er ist ein sehr mächtiges Wesen. Er wird uns alle befreien.“
-„Wie soll das gehen?“
„Nun, er wird den Erlöser auf die Welt holen. Ein göttliches Wesen von großer Macht.“
-„Ah. Und welche Rolle spiele ich bei dieser Sache.“
Lessalias Stimme war eindringlich, der Wolf merkte, dass sie den Tränen nah stand.
„Bitte Herr, das weiß ich wirklich nicht. Ich habe Euch alles über unseren Kult gesagt was ich selbst weiß, bitte, verratet mich nicht.“
Der Kopfjäger zuckte mit den Schultern.
„Nicht ich bin es, vor dem du Angst haben musst, Kleines. Und jetzt bring mich zu Bort.“
Schweigend setzten sie ihren Weg fort, bis sie schließlich an einer breiten Holztür in der Nähe des Korridorendes angelangten. Lessalia hob die Hand und klopfte an die Tür. Die Klinke wurde heruntergedrückt, und ein glanzköpfiger Mann lugte aus dem Türspalt hervor.
„Ich habe ihn dabei.“ Die Stimmed es Mädchens war leise, doch der Wolf konnte sie trotzdem verstehen. Der Glatzenmann nickte und öffnete die Tür nun vollends. Guthwulf trat in den angrenzenden Raum. Er besaß etwa die Ausmaße eines Büros, ohne jedoch so luxoriös ausgestattet zu sein. Ein Schreibtisch, zwei Polsterstühle sowie mehrere Schränke und Regale bildeten das einzige Mobiliar. Hinter dem Schreibtisch saß Bort. Der falkengeesichtige Mann grinste freundlich, als er auf den Stuhl auf der anderen Seite des Tisches wies.
„Ah, Wolf, da bist du ja. Komm herein und setz dich.“
Der Kopfgeldjäger ließ sich auf den Stuhl sinken und lehnte sich zurück. Er hörte, wie die Tür hinter ihm geschlossen wurde. Der glatzköpfige Türwärter durchquerte den Raum und baute sich mit verschränkten Armen hinter Bort auf. An seinem Gürtel hing eine klobige Bartaxt sowie mehrere Dolche.
„Hattest du eine gute Nachtruhe? Ich hoffe die Kanalisation…“
-„Komm zum Punkt, Mann. Wen soll ich töten. Wo ist meine Ausrüstung?“
Borts Lächeln gefror auf seinem Gesicht, dann wurde seine Miene ernst. Der Stadtwächter seufzte.
„Nun gut, dann läuft es eben so.“ Der Stadtwächter öffnete eine Schublade an seiner Seite des Schreibtisches und griff hinein. Als seine Hand wieder zum Vorschein kam, hielt sie ein kleines, zusammengerolltes Stück Pergament, welches er nun an den Wolf weiterreichte. Ohne sonderliches Interesse entrollte der Kopfgeldjäger das Schriftstück. Wie erwartet hatte jemand mithilfe eines Kohlestiftes das Gesicht eines Mannes auf das Pergament gebannt. Die Züge der Person waren hager, die Augen schienen tief in den Höhlen zu liegen. Das Haar war zu einem einfachen, ordentlichen Scheitel gekämmt. Dieses Gesicht würde den Würmern also bald als Futter dienen. Guthwulf hob den Blick.
„Trägt er eine Rüstung?“
Bort nickte. „Schwarze Platte. Dazu einen gleichfarbigen Mantel.“
Natürlich. Was auch sonst. Die bösen Buben schienen allesamt ein Faible für Schwarz zu haben. Das machte es dem Wolf wenigstens einfacher, sie in der Masse des Volkes zu erkennen.
„Name? Haarfarbe? Besondere Merkmale?“
-„Wir wissen lediglich, dass er der Magie fähig ist. Aber such erst gar nicht in den umliegenden Klöstern. Unsere Kontaktmänner dort hätten uns längst berichtet, wenn er ein Mitglied eines Magierordens wäre.“ Ein schiefes Grinsen zierte Borts Gesicht. „Unsere Wege der Informationsbeschaffung sind nämlich ziemlich zuverlässig.“
Guthwulf betrachtete das Pergament noch einige Sekunden lang, dann rollte er es zusammen und steckte es in seinen Gürtel.
„Ich brauche Ausrüstung.“
Der Stadtwächter nickte. „Natürlich. Ungar hier wird dich mit allem versorgen, was du brauchen kannst.“ Er deutete auf den glatzköpfigen Krieger hinter ihm. Dieser nickte dem Kopfjäger knapp zu und begab sich zur Zimmertür.
„Folge mir.“
Der Wolf erhob sich und gesellte sich zu dem Glatzenmann, welcher die Tür öffnete und ihn ein weiteres Mal durch den langen Korridor führte. Sie hielten vor einer breiten Flügeltür, die im Gegensatz zu ihren Schwestern völlig aus schwerem, rostigen Eisen bestand. Ungar machte sich am Schloss zu schaffen, und stieß einen der Flügel schließlich mit einer sichtlichen Kraftanstrengung auf. Dahinter lag ein weiterer Korridor, an dessen Wänden sich Türöffnungen, jedoch ohne die dazugehörigen Türen befanden. Aus den dahinterliegen Räumen drang feuriger Fackelschein.
„Schauen wir ersteinmal nach deiner Rüstung.“
Der glatzköpfige Krieger führte ihn in einen rechteckigen Raum mittlerer Größe. Man hatte hier mehrere Holzständer errichtet, die allesamt mit gut gearbeiteten Rüstungen verschiedener Machart behangen waren. Guthwulf sah Kettenhemden, Plattenharnische und Panzer aus beschlagenem Leder. Auf einem langen Regal an der Raumwand lagen dutzende Helme, allesamt sorgfältig aufgereiht und poliert. An einem kleinen Tisch in einer Nische des Raumes saß ein dürrer, von Arbeit und Alter gebeugter Mann, das schüttere Haar zerzaust, den Kopf über ein Stück Leder gebeugt, und bearbeitete dieses mit Nadel und Faden.
„Hey, alter Shem! Du hast Kundschaft!“
Der Mann schreckte auf, scharfe Augen blickten aus einem runzligen Gesicht, musterten erst Ungar, dann Guthwulf. Ein zahnloses Grinsen erschien auf seinem unansehnlichen Antlitz.
„Ah, der Kopfjäger. Tretet ein, tretet ein. Ja, ich hab sie fertig. War ein hartes Stück Arbeit, aber ich hab sie fertig. Wartet einen Augenblick, ich hole sie.“
Der Mann erhob sich und verschwand mit krummbeinigen Schritten in einem der angrenzenden Räume. Man hörte Gepolter und einen derben Bauernfluch, dann kam der alte Shem zurück. In den Händen hielt er ein dickes, braunes Lederknäuel. Ohne großartige Sorgfalt warf er den Wust auf den Tisch und begann ihn zu sortieren. Guthwulf erkannte sein altes Cape sowie seinen zerschlissenen Brustpanzer. Selbiges trug Shem nun mit stolzgeschwellter Brust zum Wolf hinüber und drüclkte es ihm in die Hände.
„Ein Meisterwerk, hier.“
Guthwulf beäugte seinen Panzer. Wollte das Väterchen ihn verarschen?
„Ich sehe keinen Unterschied.“
Shem begann zu kichern. „Das ist es ja, das ist es ja. Hihihi, hab nächtelang gearbeitet, um das hinzubekommen. Hier. Der alte Rüstungsbauer wies auf die Innenseite der Rüstung. Tatsächlich sah das Leder dort aus wie neu. Hab das Ding an der Seite aufgeschnitten und es komplett neu ausgekleidet. Gutes, gehärtetes Leder. Darunter befindet sich ein Netz aus dünnen Stahlketten. Verdammt harte Arbeit, aber hat sich gelohnt.“ Wieder kicherte der Alte.
Guthwulf wog die Rüstung prüfend in den Händen. Der Gewichtsunterschied war verschwindend gering. Der krummbeinige Mann hatte mehr zu bieten, als es den Anschein hatte. Er musste ein Meister seines Faches sein.

„Wo ist der Rest?“
-„Kommt sofort, kommt sofort.“
Murmelnd verschwand das Väterchen in seinem Lagerraum, kam dann nacheinander mit einer dicken, ledernen Hose, einem Paar brauner Handschuhe sowie zwei robust aussehenden Stiefeln zurück.
„Hab Kieferbrecher auf die Stiefelspitzen geschlagen, wenn’s recht ist.“ Shem deutete auf besagten Abschnitt des Schuhwerks. Auf deren sich stark verjüngenden Enden glänzten zwei dicke, hochpolierte Stahlkappen.
„Zieh’s an Junge, na los.“ Der Rüstungsbauer konnte es anscheinend gar nicht abwarten, seine Rüstung an einem wirklichen Menschen zu sehen. Ohne Eile stapfte Guthwulf zu dem kleinen Holztisch hinüber, öffnete seinen Gürtel und entledigte ohne die geringste Scham seiner Stoffhose. Ihr ledernes Gegenstück passte wie angegossen, das braune Leder knarzte, als der Wolf einige Probeschritte tat. Als nächstes folgte der Brustpanzer, dann jeweils zwei lederne Schienen für Ober- und Unterarme, die der Kopfjäger direkt über seinem groben Leinenhemd trug. Da dies Teile seiner alten Rüstung waren, passten sie noch immer. Stiefel und Handschuhe waren schnell übergestreift, die Hose wurde bis knapp unter das Knie in die Hohen Stiefelschäfte gesteckt, dann warf der Wolf das wallende, schwere Ledercape über seine Schultern, schloss es in Schlüsselbeinhöhe mit einer alten, zerkratzten Stahlbrosche. Behandschuhte Finger langten auf den Tisch, wurden dann langsam gehoben, um den braunen, fleckigen Lederhut auf den kraushaarigen Kopf zu setzen. Im Schatten der breiten Krempe blitzten zwei stahlgraue Augen, die spröden Lippen verzogen sich zu einem hauchdünnen, stoppelbärtigen Lächeln. Guthwulf war zufrieden.
„Perfekt.“ Shem kicherte heiser. „Passen die Stiefel, Jäger?“
-„Aye.“
Ungar nickte. „Sehr schön. Gute Arbeit, alter Shem.“ Der Krieger und das Väterchen schüttelten Hände, dann wandte sich der Glatzenmann wieder dem Wolf zu.
„Nun die Bewaffnung. Komm mit.“
Eine kurze Wanderung durch den Korridor, dann stoppte Ungar und hob die Hand, um damit stumm auf einen gewölbten Torbogen zu weisen.
„Bedien dich.“
Als Guthwulf den weitläufigen Raum betrat, hoben sich seine Augenbrauen einen Augenblick lang zu einem Ausdruck der Überraschung. So etwas hatte er beileibe noch nie gesehen.
Der Raum war so groß, dass man ihn schon fast eine Halle nennen konnte. Die grob behauenen Steinwände waren komplett von hohen, wuchtigen Holzregalen und –Ständern zugestellt, welche gleichzeitig auf den Innenraum der Halle in langen Reihen durchzogen, ihn so in mehrere Abteile trennten. Überall glänzte und funkelte polierter Stahl und glatt gehobeltes Holz, Waffen verschiedenster Größe und Machart reihten sich in unendlich anmutenden Spalieren aneinander, Speere, Hellebarden, Äxte, Schwerter, Streitkolben und Kriegsflegel, Armbrüste, Schleudern und Bögen, dies alles vereinigte sich zu einer einzigen, unüberschaubaren Masse der Vernichtung.
Der Kopfgeldjäger pfiff durch die Zähne.

„Verdammt viel Eisen hier.“
Ungar grinste. „Wir haben einige ziemlich vermögende Gönner.“
-„Aye.“
Langsam schritt der Wolf durch die Regalreihen, betrachtete die verschiedenen Mordwerkzeuge.
„Nahkämpfer oder Schütze?“
Ungar blickte Guthwulf mit verwirrter Miene an. „Was?“
„Mein Ziel. Ist er Nahkämpfer oder Schütze?“
-„Oh, ach so. Nun, die Überlebenden der Tavernenüberfälle sagten, dass er weder Armbrust noch Bogen mit sich führt. Er kämpft wohl vornehmlich mit der Klinge, verfügt aber über magische Kräfte.“
Der Jäger nickte. „Gut.“ Er ging hinüber zu einem der zahlreichen Waffenständer und musterte die dort ausgestellten Schwerter. Zwei schmucklose Breitschwerter erregten sein Interesse. Er nahm die Waffen und wog sie prüfend in der Hand. Obwohl es ihnen an jeglicher Zierart fehlte, waren sie perfekt ausbalanciert. Der Glanz ihrer Klingenblätter unterschied sie um einen Hauch von ihren Schwestern. Diese Waffen waren mit Erz überzogen, mit echtem, magischem Erz. Soweit Guthwulf wusste, verfügten nur die höchsten Soldaten des Königs über solche Waffen. Der Kopfjäger hatte seine Wahl getroffen. Ohne Eile trat er an einen wuchtigen Holztisch heran, auf dem mehrere Handäxte ausgelegt worden waren, und fegte die Mordinstrumente mit einer schnellen Bewegung von der Tischplatte, um dann die beiden Schwerter dort abzulegen. Aus einem Regal nahm er sich zwei einfache, braune Waffengurte mit passenden Lederscheiden und warf sie ebenfalls auf den Tisch. Zwei gebogene Kampfdolche komplettierten das Arsenal an Nahkampfwaffen. Guthwulf verließ dieses Abteil der Halle und wandte sich den Schusswaffen zu. Die zahllosen Bögen würdigte er keines Blickes, dafür hielt er sich umso länger bei den Armbrüsten auf, nahm einzelne Exemplare aus ihren Halterungen, prüfte ihren Abzugmechanismus, ihre Spannkraft und ihr Gewicht. Seine Wahl fiel schließlich auf eine kleine, Handarmbrust, deren Flügel sich zusammenklappen ließen sowie ein größeres Exemplar, auf dessen Führungsrinne ein abnehmbares Magazin befestigt war, so dass es möglich war, die Waffe sowohl als Repetierarmbrust, als auch als gewöhnliche Armbrust mit höherer Durchschlagskraft und Zielgenauigkeit, dafür aber mit einer weit niedrigeren Schussfrequenz zu nutzen. Auch diese Waffe ließ sich zusammenklappen. Als letztes wurde dem Inventar des Kopfgeldjägers noch ein langer Ledergurt hinzugefügt, in dessen kleinen Schlaufen eine lange Reihe dünner, äußerst scharfer Wurfmesser steckte.
Guthwulf trat an den Tisch heran, öffnete die Stahlbrosche und warf sein Cape zur Seite. Dann schlang er sich die beiden Schwertgurte so um die Hüfte, dass sich deren Schnallen einige Zentimeter unter dem Bauchnabel des Kriegers traten und jeweils eine Schwertscheide an den Seiten beider Beine hing. Schabend glitten die beiden Erzklingen in ihr neues Ruhebett. Die beiden Dolche wurden vorn an den Gürteln befestigt, die Handarmbrust hinter der rechten Schwertscheide. Sie kam in eine eigens dafür konstruierte Metallscheide, die dafür sorgte, dass die beiden Flügel der Armbrust zusammengeklappt blieben, da zwei Federn im Schaft der Waffe einen stetigen Druck auf selbige ausübten, so dass die Flügel, zog man die Armbrust aus der Scheide, augenblicklich auseinanderklappten und das Mordwerkzeug einsatzbereit war. Der Gurt mit den Wurfmessern wurde quer über den Brustpanzer des Jägers geschlungen und diente in der Rückengegend gleichzeitig als Befestigungsort sowohl für einen mit Bolzen gefüllten Lederköcher als auch für die Repetierarmbrust, deren Größe es unmöglich machte, einen ähnlichen Mechanismus in sie einzubauen wie das bei der Handarmbrust der Fall war. Diese Waffe würde der Kopfjäger jedes Mal erst manuell auseinanderklappen müssen.
Alle Waffen waren befestigt, Guthwulf griff nach seinem Cape und warf es sich wieder um den Körper. Das schmutzigbraune Kleidungsstück reichte fast bis zum Fußboden und verdeckte das üppige Waffenarsenal des alten Kriegers somit völlig.
Langsam schritt der Jäger in Richtung des Torbogens, ein jeder Schritt wurde begleitet von schwerem, metallischem Klirren. Die breite Hutkrempe verbarg Augen- und Nasenpartie fast völlig im Schatten, lediglich der stoppelbärtige Mund war deutlich zu erkennen. Man brauchte kein Menschenkenner zu sein um zu erkennen, dass Ungar recht unbehaglich zumute war, als der hochgewachsene Wolf an ihn herantrat und sich das erste Mal in voller Rüstung vor ihm aufbaute.

„Ich bin bereit.“
Die Mundwinkel des glatzköpfigen Mannes zuckten. „Ähm ja, gut, dann komm mit. Ich bringe dich zurück.“
Gemeinsam durchwanderten sie die langen Gänge des Kanalsverstecks, trafen in der Eingangshalle schließlich auf Bort, welcher ihnen die riesige Schutztür aufsperrte. Zu dritt setzten sie ihren Weg zur alten Eisenleiter fort.
„Wir zählen auf dich, Wolf.“ Bort wollte dem Kopfgeldjäger auf die Schulter schlagen, doch dieser fing die Hand des Stadtwächters mit einer blitzartigen Bewegung ab. Behandschuhte Finger hielten das Gelenk des älteren Mannes fest als wäre es in einen Schraubstock geklemmt.
„Sei unbesorgt, Väterchen. Ich versage nie.“
Mit einem Ruck ließ Guthwulf die Hand des Kämpfers los, stellte dann den rechten, beschlagenen Stiefel auf die unterste Sprosse der Leider und begann sich ohne Eile an ihr hinaufzuziehen. Wieder dauerte es mehrere Minuten, bis er Licht am Ende der Dunkelheit erblickte. Schwielige Finger griffen an den Rand der rechteckigen Bodenöffnung, dann zog der Wolf sich ruckartig nach oben und richtete sich auf. Neben ihm schlug Adana sich die Hand vor den Mund und blickte den Kopfjäger mit großen Mondaugen an.
„Bei Innos, hast du dich verändert. Du siehst so…groß aus.“
Guthwulf erwiderte den Blick der fülligen Frau mit gleichgültiger Gelassenheit und wartete, bis sie sich wieder gefangen hatte. Schließlich ging ein Ruck durch das Weibsbild und sie drehte sich um, griff an die Tür des kleinen Holzverschlags, in dem sie beide standen, und stieß die Tür auf. Dann kramte sie in einem Haufen alter Lumpen, förderte schließlich einen prall gefüllten Lederbeutel zutage, den sie dem alten Recken in die Hand drückte. Ihr pausbäckiges Gesicht war zu einem Lächeln verzogen.
„Hier, das sollte deine Ausgaben decken, bis du deinen Sold abholen kannst.“
Guthwulf wog den Beutel in der Hand, befestigte ihn dann an seinem Gürtel.
„Aye.“ Langsam trat er auf die Türöffnung zu, senkte den Kopf und trat unter dem Rahmen hindurch auf den Hinterhof des kleinen Fachwerkhauses. Er wollte sich schon zum gehen anschicken, da rief Adana ihn noch einmal zurück. Als er sich umwandte, warf ihm die Frau einen kleinen Stoffsack zu, den der Wolf in einer fließenden Bewegung auffing.
„Bring uns seinen Kopf.“
Der Jäger fixierte die Dame mit seinen stahlgrauen Augen, hob dann die rechte Hand und tippte mit dem behandschuhten Zeigefinger an die Krempe seines Schlapphuts. Schweigend drehte er sich um und verließ den Hinterhof. Es war Mittagszeit, und die Straßen der Hafenstadt waren relativ unbelebt. Die Sonne schien, und ein leichter, kühler Wind wehte durch die Gassen, brachte Guthwulfs braunes Cape zum Wogen. Langsam drehte er sein Haupt, blickte die Straße zu beiden Seiten hinunter, bevor er sich dann schweren Schrittes auf den Weg machte. Seine Stiefel klackten über den groben Fels des Kopfsteinpflasters, ein einsames Geräusch inmitten der verlassenen Stille der mittäglichen Hafenstadt. Der Wolf war zurück. Die Jagd war eröffnet.
15.05.2003, 13:10 #121
Superluemmel
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Donnergrollen.
Grelle Blitze zuckten über den Himmel. Das peitschende Knallen der Entladungen schmerzte in Frosts Ohren. Rasend schnell zogen graue Wolkenmassen ihre kreisförmigen Bahnen um das kleine Felsplateau. Unaufhörlich tanzten die Blitze durch das einem Blizzard gleichende Schneegestöber, verwandelten den Himmel in ein sich stetig in Bewegung befindendes Netz aus gleißenden Lichtbahnen.
"Du lässt dir Zeit."
Der Waffenmeister fuhr herum. Vor ihm hob sich die Gestalt eines Mannes vor dem wirbelnden Grau ab. Eine Erscheinung, die sich seit jener schicksalshaften Begegnung in den Wäldern von Khorinis fest in Frosts Gedächtnis eingebrannt hatte.
"Was hält dich auf?"
Der flackernde Schein der Lichtblitze vertrieb für die Dauer eines Wimpernschlages die Schatten aus dem Gesicht des Alten und. Dunkle Augen musterten Frost unter buschigen Augenbrauen hervor. Tosender Sturmwind spielte mit dem Bart des Greises und ließ seine schlichte Robe wild umherflattern.
"Ist das... ein Traum?", fragte Frost unsicher.
Es musste so sein. Zwar peinigte das Tosen des Sturmes noch immer seine Trommelfelle, doch drangen die Worte des Alten klar und deutlich an seine Ohren.
"Zeig mir die Grenzen der Realität", forderte ihn der Greis auf.
"Du wirst elendig scheitern. Traum oder Wirklichkeit, wo liegt der Unterschied? Du lässt dich noch immer zu sehr von deinen Sinnen lenken. Du sollst denken, nicht glauben! Und mir sagen, was dich aufgehalten hat."
Irgendwann würde Frost diesem Kauz seine Lektion erteilen. Irgendwann...
"Es ist... dieses Schwert", antwortete er schließlich, nachdem er den aufwallenden Zorn niedergekämpft hatte.
"Kein Wunder", meinte der Alte ohne sich die Waffe überhaupt anzusehen.
"Du bist leichtsinnig, mein lieber Frost. Du lässt dich mit Mächten ein, die du nicht zu kontrollieren vermagst."
"Ich hatte keine andere Wahl", knurrte der Waffenmeister, "Hätte ich anders gehandelt, würde ich jetzt nicht vor dir stehen."
"Es geht nicht nur um das Schwert. Denk zurück, womit deine Misere überhaupt begonnen hat. Weißt du, manchmal ähnelst du stark deinem Vater."
Trotz der starken Sturmböen wippte der Alte nachdenklich von einem Fuß auf den anderen.
"Was wisst ihr von meinem Vater?", entfuhr es Frost.
"Später", war die einzige Antwort des Alten.
"Treff mich auf dem Göttersitz und wir können ausführlicher miteinander reden. Doch dafür musst du erst einmal lange genug am Leben bleiben."
Der Greis wandte sich ab und schlenderte mitten in den tosenden Sturm davon.
"Halt wartet!", rief Frost und wollte hinterherstürzen.
Doch der Sturm nahm nur noch weiter an Stärke zu. Brutale Böen warfen den Krieger zurück, zerrten an seiner Balance und hinderten ihn am Fortkommen.
"Ihr seid in Gefahr", drang die Fistelstimme des Alten über das apokalyptische Tosen hinweg an seine Ohren.
"Nicht nur du. Es stehen schwere Zeiten bevor, und der Kult stellt nur den Anfang dar. Halt dich von der Inquisition fern. Und lass dein Schwert ruhen. Ziehe es nicht, bevor du mich persönlich getroffen hast."
Ein ohrenbetäubender Donnerschlag ließ Frost zusammenzucken. Das Heulen des Windes verschluckte jeden seiner Rufe.


Schlagartig öffnete Frost die Augen und sprang auf.
Innerhalb eines einzigen Herzschlages war er hellwach und auf den Beinen, die Hand alarmiert am Schwertgriff.
Verdammt, er war eingenickt!
Gehetzt sah er sich in der Höhle um. Keine Spur seiner Begleiter. Waren sie ohne ihn losgezogen? Diese Narren...
Eilig raffte Frost die Flammenschneide vom Boden auf und versuchte sie im Laufen am Gürtel zu befestigen. Mit wehendem Mantel und den Eisbrecher halb aus der Scheide gerissen, stürzte er aus der Höhle.
Suchend ruckte sein Kopf herum, hellwache Augen spähten aufmerksam in die Umgebung. Noch bevor er das Sirren hörte, stach das Blitzen einer Klinge in sein Auge.
Einem seiner in langen Jahren antrainierten Reflexe folgend, riss er seine Waffe aus der Scheide und sprang blitzschnell zur Seite. Ein leises Aufatmen war zu hören, als er Satura erkannte, die ihn entgeistert anstarrte.
"Satura! Bei Beliars Hauch, was macht ihr hier? Und wo ist euer Freund?"
15.05.2003, 13:24 #122
Satura
Beiträge: 589

Erschrocken sah sich die Amazone dem Waffenmeister gegenüber, das Schwert noch in der Luft haltend. Sie war so in ihre Übungen mit der neuen Waffe versunken gewesen, dass sie sein Nahen nicht bemerkt hatte.

Langsam ließ sie die Klinge sinken und steckte sie in die verzierte Scheide. Sie sah Frost an; Schweißperlen standen auf der Stirn des Kriegers, und in seinen Augen stand ein undefinierbarer Ausdruck von Verwirrung und Ärger geschrieben.
"Guten Morgen, Frost." Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, wie er da vor ihr stand, mit wirrem Haar und sie fragend ansah. "Leon... er hat uns verlassen." Satura wollte noch mehr sagen, doch sie würde kein weiteres Wort mehr über ihre Lippen bringen, ohne dass ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie verstand es nicht... so schwer war ihre Suche nach ihm gewesen, und jetzt ließ er sie ein zweites Mal in kurzer Zeit im Stich.
"Als ich heute morgen erwachte, war seine Lagerstatt leer und bereits kalt. Das einzige, was er zurückließ, war dies Schwert." Satura senkte ihren Kopf, damit der Krieger nicht die Trauer in ihren Augen sehen konnte.
Nach einer kurzen Pause hub sie von neuem an zu sprechen. "Wo ist euer Freund? Sollte er nicht längst zu uns gestoßen sein?"
15.05.2003, 13:44 #123
Superluemmel
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"Sollte er, ja..." knurrte Frost während er sich suchend umsah.
Ein wütender Ruck ließ den Eisbrecher in seine Schwertscheide zurückkehren.
"Ein seltsamer Kerl, euer Leon", meinte Frost während er den Boden nach Spuren von Saturas Freund absuchte.
Durch den morgendlichen Tau war der Boden teilweise noch feucht. Unschwer waren mehrere eingedrückte Stellen zu erkennen, die in einer gleichmäßigen Linie von der Höhle fortführten. Mit dem Blick folgte der Waffenmeister der Fährte, schüttelte nach einigen Sekunden jedoch den Kopf.
"Dieser Narr. Er läuft geradewegs in sein Verderben und der Inquisition in die Hände. Mit Sicherheit haben sie schon längst einen Trupp losgeschickt um nach euch zu suchen."
In hilfloser Wut ballte Frost die Hand zur Faust. Schließlich stemmte er sich hoch und kehrte zu Satura zurück.
"Es tut mir leid um euren Freund. Doch so wie es aussieht, können wir nichts mehr für ihn tun. Wenn er schon so früh aufgebrochen ist, holen wir ihn niemals ein, bevor ihn die Inquisition erwischt."
15.05.2003, 14:00 #124
Satura
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Satura wunderte sich nicht darüber, Leon war schon viel zu früh aufgebrochen, als dass sie ihn noch würden einholen können. Ausserdem wollte er dies augenscheinlich auch nicht, immerhin war er gegangen. "Mit Verlaub, ich glaube die Inquisition ist weniger sein Problem als Euer brutaler Schüler, dieser Tak." meinte sie zynisch. "Und nur um das klar zu stellen, Leon ist nicht mein Freund, er war ein Freund, er war mein Begleiter. Aber das ist vorbei." Ihre Züge verhärteten sich merklich.
"Ich verstehe nur nicht, warum die Inqusition mich verfolgen sollte, ich glaube, dass sie kein Interesse an mir haben. Ich habe doch auch keine Ahnung von diesem Kult, ich wäre nichts für sie wert."
Frost sah angespannt aus, die Falten auf seiner Stirn wollten sich nicht glätten. Satura sah dem Waffenmeister in die Augen. "Was ist eigentlich mit Euch los, ihr seht aus als wärt ihr einem Geist begegnet!"
15.05.2003, 14:26 #125
Superluemmel
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"Keinem Geist. Eher einem alten Bekannten."
Frost trat einen Schritt näher an Satura heran, um ihre Augen besser erkennen zu können.
"Für eure harten Worte führen eure Augen erstaunlich viel Wasser."
Er drehte sich herum und starrte dem Weg nach, den Leon beschritten hatte.
"Geht nicht so leichtfertig mit euren Gefühlen um. Ihr mögt sie im Augenblick noch als lästig empfinden. Doch wenn sie erst einmal fort sind, werdet ihr sie zurücksehnen. Und dann seid ihr auch nicht besser als Tak."
Der Krieger rückte seinen Mantel und die Schwertscheiden zurecht. Über die Schulter blickte er zu Satura zurück.
"Wollt ihr wirklich so werden wie er? Ist es das, was ihr wollt? Eine gefühlskalte Bestie, nur noch am Leben um zu töten? Ihr seid noch jung. Noch habt ihr die freie Wahl, ihr könnt den Pfad eures Lebens selbst schaffen. Doch lasst euch eins sagen."
Frosts Blick wurde stechend.
"Entscheidet euch für diesen Weg und ihr verdammt euch selbst in die Einsamkeit. Wisst ihr, was es bedeutet, einsam zu sein? Es ist ein Fluch, vielleicht noch schlimmer als der Tod. Denn dieser Fluch wird euch euer gesamtes Leben lang verfolgen. Die Menschen werden euch aus dem Weg gehen und hinter eurem Rücken werden sie euch verfluchen. In eurer Verzweiflung sucht ihr Zuflucht in eurer Wut. Ja, sie wird euch am Leben erhalten. Und euch dazu treiben, andere Menschen mit in euer Verderben zu reißen. Mit jedem getöteten Menschen stumpft ihr weiter ab, sinkt tiefer hinab in den See der Einsamkeit. Irgendwann werdet ihr als ausgebrannte Hülle seinen Grund erreichen. Dann werdet ihr euch wünschen zu sterben. Doch seid ihr dafür längst zu schwach. Dann werdet ihr begreifen, dass ihr die ganze Zeit über betrogen wurdet. In der Hoffnung, zu neuer Stärke zurückzufinden habt ihr euch eigenhändig den Dolch tiefer in die Brust gerammt."
Eisige Stille breitete sich über der Szenerie aus. Plötzlich wurde sie erneut von Frosts leiser Stimme durchbrochen.
"Wenn es das ist, was ihr wollt, dann vergesst euren Freund. Beliar wird sich freuen, ein neues Opfer in seiner Hallen begrüßen zu dürfen."
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