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Das Kastell des ZuX # 29
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09.04.2004, 15:29 #26
meditate
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er hatte angst. er wusste nicht, warum er da war, er wusste nicht mal, wer er war. er wusste nicht mal, ob er ein mensch war.

"ich habe dich nochmals nach deinem namen gefragt, weil er so sonderbar ist. wer hat dir den namen gegeben? wenn du keine kindheit hattest und keine eltern, wer gab dir diesen namen?"

meditate sah ihm ein letztes mal aufmerksam in die augen.

"setze diese gläser wieder auf, dich schmerzt das licht. ich hab auch genug gesehen.

deine fragen kann ich nicht beantworten, estragon. ich sehe keine antwort, aber das wird sich ändern. ich lade dich ein, bei uns zu bleiben. wir hatten schon sehr merkwürdige menschen und nichtmenschen in unseren reihen. den dämonenbeschwörern, den magiern der dunklen seite ist nichts so fremd, dass sie es nicht willkommen heißen würden.

in der welt draußen wärst du verloren. die fanatischen innospriester und ihre schergen würden dich wahrscheinlich verbrennen, das einfache volk würde dich mit steinen fortjagen - bleib bei uns. werde ein schüler unseres meisters und ich bin sicher, eines tages wirst du deinen weg kennen. beliar wird dir die lösung öffnen, wenn er es für angezeigt hält."
09.04.2004, 15:33 #27
Cugar
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Vorsichtig legte Cugar die Karte unter den seltsamen Apperat, den Ceron ihm gezeigt hatte.
"Seltsames Gerät. Was es nicht alles hier im Kastell gibt." wunderte sich der junge Dieb und fing vorsichtig an, die Karte mit dem Greifarm, einer Feder und Tinte, nachzuzeichnen.
"Die Karte wird mir sicher sehr helfen, Khorinis zu erforschen. Cugar der Forscher..." dachte sich der Sumpfler und stellte sich vor, wie er verlassene Tempel, riesige Schätze und neue Monstergattungen entdeckte.
Nach einer Weile war er fertig, besser gesagt die Karte war fertig. Besonders erstaunt war er über den nördlichen Teil der Insel, der durch einen Pass zu erreichen war.
"Komisch, von diesem Ort hatte ich ja noch gar nichts gehört... aber egal, früher oder später werde ich auch dort mich umsehen..." murmelte Cugar und fing an, nach interessanten Büchern zu stöbern. Tagelang, wochenlange hätte der Sumpfler hier verbringen können, immer etwas Neues entdeckend, doch er war schon wieder zu lange an einem Ort. Er wollte gerne weiter, also ging er zu Ceron.
"Tut mir leid, aber ich muss schon wieder weiter. Diese Insel ist ziemlich groß und es gibt noch eine Menge zu entdecken. Aber ich werde bald wieder kommen, um diese fantastische Bibliothek zu erforschen." meinte der Bruder mit funkelnden Augen.
"Bis bald." verabschiedete er sich von Ceron, nahm die kopierte Karte und verliess langsam wieder das Kastell.
"Nächtes Ziel: Kloster." dachte er beim Rausgehen und suchte den Ort auf der Karte. Praktisch war, dass das Sumpflager auf dem Weg zum Kloster lag, also konnte er dort kurz halt machen.
09.04.2004, 15:49 #28
Ray
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"Verdammt, Ray, reiß dich zusammen!" fluchte der junge Mann sich selbst zu. Er war in der Früh im Übungsraum erwacht und hatte etwas gegessen, als das Refektorium gerade leer war. Er wagte es nicht, hier irgendjemandem unter die Augen zu treten, ehe er nicht einen Beweis für sein magisches Potential hatte.

Ein Ansatz war die Heilung seines Eulerichs Tenebrus gewesen. Gewesen deshalb, weil Ray tief in sich wusste, dass er ohne Ausbildung nicht so mir nix dir nix heilen konnte. Obwohl er fest an sich geglaubt hatte. Doch immerhin hatte er gespürt, wie seine magische Kraft ein wenig gewachsen war. Wenigstens etwas.

Doch jetzt saß er ratlos auf dem Boden im Übungsraum. Am Vormittag waren alle seine Hoffnungen, Tenebrus zu heilen verschwunden. Es fehlte ihm die Fähigkeit, seine Magie zu wandeln, das heißt, die bloße Energie in heilende Energie oder sonst etwas zu formen. Das verstand er ohne eine Erklärung - er hatte es gespürt. Ray musste einfach ins Kastell! Was sollte er in Khorinis oder gar auf dem Hof? Er war keine Kämpfernatur mit Feuer oder Schwert!

All dies entlud sich in einem plötzlichen Zornesausbruches. "Das kann nicht so weitergehen, es reicht!" Ray stand abrupt auf und schlug mit seiner noch vor Magie glühenden Hand in die leere Luft. Die Magie entlud sich in einem bläulichen Schleier, der durch den Raum flog und sich dann in Luft auflöste.

Der Wutanfall verrauchte. Zurück blieb verzweifelte Resignation. Ray ging ins Refektorium um etwas zu essen, Tenebrus auf der Schulter.
09.04.2004, 15:57 #29
Estragon
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"Habt dank." sagte Estragon und setzte die Gläser wieder auf. Sie färbten sich augenblicklich in cremfarbenen Lachs. Er nickte befriedigend.
"Meinen Namen gab ich mir selbst. Namen sind Schall und Rauch. Asche im Wind. Vergänglich und täuschend. Nur die Taten sprechen die Wahrheit."
Die Hüterin lächelte sanft. Doch noch immer glaubte er einen Schatten in ihrem Blick zu sehen.
Sie hängen alle an Hilias. Werden immer hoffen, das er eines Tages durch mich zurück kehrt.
Sollte sich das wirklich abzeichnen, würde Estragonkämpfen. Es war sein Leben. Der Steinmetz hatte seine Pflicht getan. Jetzt war die Zeit für Estragon angebrochen.

"Ich bleibe also im Kastell. Ich werde versuchen, den Fragen durch das Studium zuklären. Vielleicht weiß Beliar Rat. Vielleicht kann er mit die Macht geben, zu wirken, was gewirkt werden soll."
Estragon war sich dessen sogar ziemlich sicher.
Dann kam ihm etwas in den Sinn, was er schon länger fragen wollte.
"Meditate. Wie steht es um euer Wissen der Pflanzenkunde? Ich bin begierig in dieser Richtung mein Wissen zu erweitern."
09.04.2004, 16:13 #30
meditate
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"nun, wenn du schon so einen seltsamen namen hast, dann solltest du dieses wissen auch erlernen. geh aber zunächst mit diesem kleinen niederen dämonen mit, er wird dir ein zimmer zeigen, in dem du wohnen kannst. dann geh in die bibliothek und studiere zunächst die namen der pflanzen. obwohl du namen für schall und rauch hältst, wirst du über die namen schon viel erfahren über das wesen der jeweiligen pflanze. ich finde es eine gute idee, dich mit pflanzen zu beschäftigen. mir ist grad ein gärtner entflohen.

entschuldige mich bitte jetzt, ich muss endlich etwas essen."

damit erhob sich meditate und reichte estragon die hand.

"herzlich willkommen, lehrling estragon. möge beliar dich beschützen und immer an deiner seite sein."

dann lächelte sie ihm noch einmal zu und fand ihn auf einmal gar nicht mehr bedrohlich oder so. er war ein neuer lehrling und ein hoffnungsvoller dazu.
09.04.2004, 16:46 #31
Estragon
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Der Krautkauer saß noch eine Weile unter Esche, hörte dem Flüstern ihrer Blätter zu und genoss die ausgeglichene, innere Ruhe, die ihn durchströmte.
Er war nun Lehrling des Kastell. Seltsam. Warum überrascht ihn das nicht? Warum war es so, als hätte sein Weg ihn zwangsläufig zu diesem Ergebnis geführt?
Einerlei. Nun hatte er genug Zeit, sich aufmerksam den Studien zu widmen. Die nötigen und die interessanten.
Seine Augengläser war weiß. Absolutes Weiß. Keine Spuhr von Finsternis darin. Sie stach im Kontrast zu den schwarzen Haar förmlich aus dem Gesicht hervor.
Alles fügt sich...so oder so... Das Rad begann sich von neuem zu drehen. Der Trick war, sich nicht überrollen zu lassen.
09.04.2004, 17:03 #32
meditate
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als meditate das refektorium betrat hörte sie plötzlich ein seltsames geräusch. wie das auseinanderflirren von seiten. erstaunt sah sie sich um und sah sich plötzlich einem großen uhu gegenüber. der vogel hatte sich aufgeplustert und saß auf der lehne eines der hohen stühle, die den mitteltisch des refektoriums schmückten.

der uhu sah sie aus riesengroßen smaragdgrünen augen an, aus denen schmerz sprach - eindeutig schmerz.

"was hast du denn, du schöner jäger der nacht? und wer hat dich in diesen raum gebracht?"

behutsam strich die magierin über das schöne federkleid. der vogel war verletzt. er hatte einen offensichtlich gebrochenen flügel.

"du kannst nicht mehr fliegen, mein freund. das ist ein trauriges los. ein luftjäger, der sich nicht mehr auf den wind legen kann. bist du zu uns gekommen um zu sterben?"

meditate hielt dem vogel den arm hin und der wechselte wie selbstverständlich hinüber.

"du bist aber schwer. am verhungern bist du also nicht. dich hat jemand beschützt und verpflegt oder?"

jetzt sah sich die magierin um und entdeckte auf dem stuhl unter der lehne, auf der der vogel gesessen hatten den jungen mann, der ihr vor einigen tagen eröffnet hatte, dass er ins kastell wolle - als lehrling.
09.04.2004, 17:10 #33
Ray
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Ray schrak aus seiner Resignation hoch. Da war meditate. Ohne Zweifel wollte sie hören, ob er einen Beweis für seine Magie hatte.
Der kommende Satz war der schwerste in Rays Leben, wenn er später zurückdachte.

"Seid gegrüßt, meditate. Dieser Uhu fiel mir auf einem Streifzug durch den Wald auf. Ich hatte bereits die Absicht, ein krankes Tier mit Magie zu heilen, um Euch einen Beweis zu bringen. Ich habe versagt. Tenebrus, so habe ich das Tier getauft, ist immer noch verletzt. Eineinhalb Tage lang habe ich versucht, ihn zu heilen, ohne Erfolg. Wenn ich denn schon nicht Lehrling sein kann, mangels Beweis, so bitte ich Euch wenigstens, Tenebrus zu heilen."

Dann schwieg Ray wieder das Schweigen eines Besiegten und wartete auf mediates Antwort.
09.04.2004, 17:31 #34
meditate
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" so, tenebrus bist du getauft worden? ein schöner namen."

meditate sprach weiter zu dem vogel, als hätte sie rays worte gar nicht gehört.

"er wollte dich heilen und hat es nicht geschafft?"

die magierin strich immer weiter über das gefieder des großen vogels, der vor behagen beide augen geschlossen hatte.

"vielleicht bist du ja aber gar nicht mehr verletzt? vielleicht sind deine knochen und sehnen längst geheilt? vielleicht hat dein pfleger, der barmherzige vogelritter ja doch magische hände?"

meditate blitzte es in den augenwinkeln. dann warf sie den vogel in die luft.

sofort sprang der junge auf und wollte zu seinem kleinen gefährten stürzen, aber der uhu hob sich in die höhe und flog einen sanften bogen unter der hohen decke des refektoriums. dann ließ er sich in luftiger höhe auf dem kronleuchter nieder, der unter dem gewicht des schweren tieres bedenklich zu einer seite kippte.

"was erzählst du denn für einen unsinn. er ist doch geheilt. zeig mal deine hände."

der junge mann stand auf und trat auf die magierin zu. er öffnete seine hände und drehte sie ungläubig hin und her.

meditate fasste seine hände und schloss sie fest zwischen die ihren.

"du hast magisches potential, ray. alles was du noch lernen musst, ist an dich zu glauben. ich begrüße dich als lehrling in unserem zirkel. aber bitte - so schön dein vogel auch ist: wenn er mir ins essen scheißt, landet er im topf."
09.04.2004, 17:47 #35
Don-Esteban
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Die Rune für Renata. Richtig. Mit wehender Robe durchmaß der Hohepriester den bekannten Gänge, die zum weniger bekannten Runenraum führten. Diese Kammer war so gut abgeschottet und versteckt, daß erst nach langem Suchen der Eingang gefunden wurde. Der Magier erinnerte sich noch gut daran, wie er wochenlang umhergestreift war, das Kastell damals recht gut kennengelernt hatte, bis er, mehr durch Zufall, den Eingang zu der geheimen Kammer gefunden hatte.
Der feine runenstein lag kalt und glatt in seiner Hand. Wieviel Macht doch diese unscheinbaren Dinge verliehen. Nur ein kleiner Stein, mit blankpolierter Oberfläche und einem charakteristischen Muster von Erzadern, die mit etwas gutem Wilen die Darstellung einer gerade zustechenden Blutfliege ergaben.
Der Blick des Magiers wandte sich wieder weg von dem Stein. Nach einigen Kreuzungen und Abzweigungen hatte er das Portal, das zur Bibliothek führte, in Sichtweite. Leises Flirren umgab ihn, als er das feine, bläulich schimmernde Netz aus purer Magie durchschritt, die Kastell und Bibliothek, wirkliche Welt und Phantasie trennten. Der Runenstein zuckte in der Hand: Das Portal klebte förmlich an ihm und zog ihn ganz leicht an, was an der plötzlichen Bewegung zu spüren war. Mit einer entschlossenen Armbewegung zog er den Stein, um den sich seine Hand einer Faust gleich geschlossen hatte, aus dem Bereich des Portals, das zurückschwang und mit leisem Summen zu seiner Ausgangslage zurückfand.
Kopfschüttelnd lief der Schwarzmagier weiter, suchte Renata an ihrem Platz. Doch dieser war leer. Sicher war sie nur etwas Essen oder eine ähnlich kurze Unterbrechung hielt sie vom Lernen ab. Nur noch einige Bücher zur Blutfliegenbeschwörung lagen auf dem Lesepult. Aufgeschlagen war eines, daß eine höchst detaillierte Zeichnung zeigte, anatomisch äußerst genau und am Rand mit diversen Erläuterungen versehen. Fasziniert blätterte der Magier in dem Werk.
»Ich wußte gar nicht, daß wir derartiges in der Bibliothek haben. Interessant.«
Doch dann erinnerte er sich des Grunds seines Besuches und deponierte den Runenstein auf dem geöffneten Buch.
Leichtsinnig, ihn hier so offen herumliegen zu lassen? Mitnichten, denn die über allem unsichtbar wachenden Dämonen würden jeden Frevel zu verhindern wissen.
So wandte sich der Magier nun, da er diese dringliche Angelegenheit hinter sich wußte, leichten Schrittes in den Innenhof, wollte dem Platz unter der alten Esche einen Besuch abstatten und sich am Duft des Frühlinges, der auch den Innenhof erreicht hatte, erfreuen. Vielleicht würden sogar die beiden Raben auftauchen. Wer wußte das schon...
Doch als er sich der Esche und der um ihren Stamm laufenden Bank näherte, saß dort schon jemand: Der Besucher mit der Brille, dem ›vitrum pro oculum‹.
»Wie ich sehe, hast du mit an ein Wunder grenzender Schnelligkeit den Platz des Kastells gefunden, der die meiste innere Ruhe und ebenso die größte Macht ausstrahlt. Und das beides gleichzeitig. Du erlaubst, daß ich mich neben dich setze?« (Die Frage war natürlich rein rethorisch, denn es fiel dem Hohepriester im Traum nicht ein, hier, in seinem höchsteigenem Kastell zu fragen, ob er sich setzten dürfte. Deshalb setzte er sich auch gleich, ohne eine Antwort zu erwarten. Im Gegenteil, er sprach einfach weiter.) »Wie ist dein Name und was führt dich in die Heimstätte der sonst so ungnädig beäugten Anhänger des dunklen Gottes?«
Anscheinend war der Hohepriester in leutseliger Stimmung und etwas Konversation nicht abgeneigt.
09.04.2004, 17:48 #36
Ray
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"Ich... Ich danke Euch!" brachte Ray nur hervor. Doch seine ganze Aura sprach mehr als tausend Worte. "Jetzt, beruhige dich." sagte Ray sich in Gedanken.
"Ich verspreche, Euch nicht zu enttäuschen, meditate. Allein Tenebrus' Heilung gibt mir neue Geisteskraft - und ins Essen scheißt er schon nicht. Dafür sorge ich. Ist ja in seinem Interesse." endete er verschmitzt.
"Also gut Ray. Hört auf große Reden zu schwingen und lasst uns eine Kleinigkeit speisen." meinte die Hohepriesterin.

Es war geschafft! Der erste Schritt auf dem Weg zur Magie. Zu der Magie, die Ray wollte!
"Bitte ein deftiges Abendmahl!" rief er in den Raum. Dann ließ er sich in seinen Sessel sinken und begann die Köstlichkeiten zu essen, die die Dämonen ihm auftischten. Tenebrus flog auf die Lehne seines Stuhls und wartete geduldig bis Ray gespeist hatte. meditate musste auch etwas gespeist haben, aber als Ray vom Essen aufsah, war die Hohepriesterin nicht mehr da.

Jedoch war da plötzlich ein Dämon, der ihn schmerzlich in Gedanken aufforderte, ihm zu folgen. Es sei ein Zimmer für ihn bereitgestellt worden.
Ray betrat so zum ersten Mal den höheren Stock des Kastells. Auch diesen schloss er sogleich ins Herz. Ein toller Ort!
Sein Zimmer war ein wenig überladen, so kam es ihm vor. Das Bett war schon in Ordnung, aber vor allem die Teppiche waren etwas zu weich und vor allem zu groß. Beizeiten würde er das Zimmer wohl umgestalten, aber das hatte Zeit.
09.04.2004, 18:03 #37
HoraXeduS
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Der Doppelofen des Glasmachers wummerte und heizte, dass es nur so knackte. In seiner völlig überhitzten Werkstatt stand Horaxedus leicht vornübergebeugt und linste durch ein Loch im Ofen hinein in die orangeglühende Glasmasse. Nervös tippte er mit der stählernen Zange gegen das noch immer provisorische Abzugsrohr. "Fein, fein" murmelte der Magier und beschloss im selben Augenblick, dass die Stunde gekommen war, in der die Waffe des Wolfszüchters entstehen konnte: Ein gläsernes Blasrohr.

Horaxedus trat einen überlegten Schritt vom Ofen zurück und griff zu dem kleinen Reisigbesen, der neben der Tür stand. Die lange Arbeitfläche war schnell gesäubert, mit der bloßen Hand strich der Schwarzmagier noch einige Male sanft über die Werkbank. Ebenso verfuhr er mit der Zange und dem Stahlrohr. Beide Werkzeuge legte er schließlich am Rand der eben gesäuberten Platte ab. Sodann eilte der Glasmacher aus seiner Werkstatt und die sanfte Kälte des Kastellkorridors erfrischte ihm augenblicklich die erhitzten Wangen.

In seiner Vorfreude auf die Glasherstellung eilte Horaxedus durch die Eingangshalle und nahm auf der Treppe nach oben gleich zwei Stufen auf einmal. Als er jedoch verärgert feststellen musste, dass er auf diese Weise niemals seine Kammer erreichen würde, wandte er sich auf dem Treppenabsatz verärgert um und setzte seinen Weg rückwärts schreitend fort, bis er die vertraute Tür erreichte und sogleich eintrat. Einladend füllte sein großes Bett einen großen Teil des Raumes aus, lud ihn schmeichelnd ein auf eine dunkle Reise in ein schwarzes, traumloses Land. Doch der Magier widerstand versonnen: Es wurde wirklich Zeit, hier mal wieder einen langen Tag zu verbringen, um richtig auszuschlafen. Der Glasmacher trat an den großen Schrank, der dem Bett gegenüber stand und nahm das weiße Tuch heraus, das ihm ein Gardist aus der Fremde mitgebracht hatte: Ein Stoff wie von dickem Leinen. Anschließend kehrte Horaxedus der wunderbaren Kammer sein Antlitz zu und kehrte, so zügig es ihm auf diese Weise eben möglich war, über die Treppe zurück in die Eingangshalle.
09.04.2004, 18:04 #38
Estragon
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Estragon sah auf. Die Augengläser blitzten im Sonnenlicht, als sich, wie eine Sturzflut, ein tiefes Grün über das gleißende Perlmut legte.
Don-Esteban. Das versprach interessant zu werden. Estragon setzte sich etwas auf. „Mein Name ist Estragon.“
Die zweite Frage war schon etwas kniffliger. Doch Estragon beschloss, es der Hüterin zu überlassen, wenn sie in die Geschichte seiner Herkunft einweihen wollte und wen nicht. Don würde es eh herausfinden. So oder so. Alles fügt sich.
„Ich bin ins Kastell gekommen, um in den Schriften Beliars Weisheit und Erleuchtung auf Fragen zu suchen.“ Das allgemein genug, um nicht auffällig zu sein. Die Neugierde des Hohenpriesters nicht zu wecken. Den diese Neugier, da war sich Estragon sicher, lag wie ein Kettenhund lauernd auf der Erde. Hinter dem Heiterausgelassenem Gesicht war sie immer zum Zupacken bereit.
Der frischgeschlagene Lehrling zog seine schmucklose Metallpfeife aus dem Mantel und begann zu stopfen. Das zweite Erbe des Hilias. Die Geisel des Tabaks.
Nach wenigen, geübten Handgriffen, dampfte die Pfeife den bitteren Duft von Entspannung und brennendem Verfall.

„Ihr seid Don-Esteban richtig?“ fragte Estragon. Diesen Namen konnte man in diesem Mauern leicht aufschnappen. Es war schließ ein der gewichtigsten. Dennoch würde er vorsichtig bleiben. Sein kaltes Gesicht wurde von den grünen Augengläsern in eine ungesunde Blässe getaucht.
09.04.2004, 18:24 #39
Don-Esteban
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»Ja, der bin ich in der Tat.« Er wunderte sich nicht im Geringsten, daß ein Wildfremder sofort seinen Namen wußte. »Aber sind Namen nicht Schall und Rauch? So wie deiner.«
Der Hohepriester verzog bei der Nennung des Namens keine Miene. Er ordnete Estragon in seiner persönlichen Namenskartei ab und bedauerte kurz, daß ihm zu diesem Wort leider nur ein Küchenkraut eingefallen war. Eine recht unpassende Assoziation zu diesem Manne. Aber vielleicht würde sich ja in Zukunft noch anderes ergeben, was ihm dann bei der Erwähnung des Namens ›Estragon‹ zuerst einfallen würde.
»Es heißt, man soll einen Menschen nach seinen Taten beurteilen, nicht nach seinem Namen. Hoffen wir, daß recht viele der Menschen, mit denen du zu tun hast, nach diesem Grundsatz vorgehen und nicht in dir einen Koch oder Kräutersammler sehen.«
Einer der mehr als merkwürdigen Späße des Don, über die im allgemeinen keiner lachte. Aber das war ihm noch nie aufgefallen und auch sowieso egal.
Der Magier griff nach einem Stock, der wie zufällig an der Bank lehnte, er hatte in etwa die Größe und das Aussehen eines gewöhnlichen Spazierstockes - aber konnte man sicher sein?
»Du willst also in den Schriften Beliars Weisheit und Erleuchtung auf Fragen finden. Auf was für Fragen? Und warum gerade in den Schriften, die sich mit Beliar beschäftigen? Ich bin mir sicher, auch in den schriftlichen Hinterlassenschaften der Innospriester, in ihrem Kloster, gibt es jede Menge interessanter Werke.«
Er löste eine der beiden Hände vom Knauf des Stockes, wo sie bis eben geruht hatten und beschrieb mit ihr eine ausholende Geste.
»Zumal es weit weniger Aufsehen erregt, im Kloster Innos' seinen Wissensdurst zu stillen, als in den Hallen des von aller Welt argwöhnisch beobachteten Zirkels.«
Der Magier schaute seinen Gesprächspartner mit leicht schief gelegtem Kopf aus zusammengekniffenen Augen an, so als wolle er ihn taxieren, für gut oder schlecht befinden. War dies eine Fangfrage? Wollte er prüfen, ob sich Estragon verhaspelte? Oder war es einfach nur der Versuch, ein eben begonnenes Gespräch am Leben zu erhalten - ohne jeden Hintergedanken?
»Bist du dir sicher, daß es eine gute Idee ist, aus einer ganz und gar metallischen Pfeife zu rauchen? Erhitzt sich das Mundstück nicht durch die bekannte Eigenschaft von Metall, Wärme weiterzuleiten, so daß du dir deinen Mund verbrennen wirst?« Skeptisch schaute der Hohepriester unter seinen buschigen Augenbrauen hervor und beobachtete das Ritual des Rauchens, das sein Gegenüber gerade durchführte. Rauchwolken entwichen in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen dem Mund Estragons.
09.04.2004, 18:38 #40
Estragon
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„Wenn das Metall sich erhitz, werde ich mich verbrennen.“ sagte Estragon im nüchternen Tonfall. Don legte den Kopf noch ein wenig schiefer und zog die Augenbrauen noch weiter hoch, als wolle er prüfen, ob der Rauchende ihn gerade verspotten wollte. Estragon sah das mit einiger Verwunderung. Er wird sich den Hals brechen…
„Ich bin ins Kastell gekommen, weil meine Fragen…spezieller Natur sind. Die Klosterbewohner stellen zu viele lästige Fragen und leben unter einem engen Netz aus Vorurteilen und Halbwahrheiten gefangen. Sie sind eigentlich zu bedauern.“ schloss Estragon ernsthaft. Sein Verstand arbeitete fieberhaft. Wie konnte er am Geschicktesten den Fragen des Dons ausweichen, ohne in die Schlinge der Lüge zu treten. Den Hohepriester des Kastells zu belügen, wäre sicher kein guter Einstand gewesen.
„Sagt mir, Don-Esteban. Wie steht es mit euch? Glaubt ihr an das Schicksal?“ Die Frage war nicht allein der Ablenkung wegen gestellt. Sie kam auch nicht mit der üblichen, weltfernen Melancholie, wie es die Menschen so gern zu befallen scheint, über seine Lippen.
Es war schnörkellos und direkt. Estragon blickte den Magier an. Augenkontakt zusuchen, schien ihm das Ratsamste. Jemand, der einem fragenden Blick nicht Stand halten kann, hat etwas zu verbergen.
Er wird mich löchern…er ist schon auf einer Spur…jetzt will er wissen, wie heiß diese Spur ist…
Intuition. Eine gefährliche Waffe. Doch auch ein starker Verbündeter. „Wollte ihr auch?“ fragte Estragon und hielt dem Don den Tabakbeutel entgegen. Das sollte tatsächlich nur der Ablenkung dienlich sein.
09.04.2004, 18:57 #41
Don-Esteban
Beiträge: 9.734

»Nein danke«, lehnte der Magier ab. »Ich rauche nicht. Es beeinflußt die Urteilsfähigkeit und ich habe starke Raucher beobachtet, wie sie nach Kraut lechzten und alles dafür getan hätten, es zu bekommen. Es kann abhängig machen. Und sich von den Wirkungen einer Pflanze abhängig zu machen, halte ich für dumm oder gefährlich. Oft sicher auch beides.«
Er lehnte sich zurück, ließ den Rücken gegen den silbrig glatten Stamm der Esche gleiten und sagte dann: »Du glaubst also, hier im Kastell gäbe es keine Vorurteile und Halbwahrheiten? Interessant, wenn das mal nicht ein Vorurteil ist.«
Er verzog den Mund zu einem schmallippigen Lächeln, nur kurz, dann war es schon Vergangenheit.
»Schicksal...«, schnitt er nun endlich das Thema an, was dem Gast des Kastells wohl im Moment interessierte. »Nein, daran glaube ich nicht. Nicht im Geringsten. Wenn wir auf die Summe unserer Handlungen zurückblicken, ist es leicht, im Nachhinein von Schicksal, von Vorbestimmung zu sprechen. Aber wenn wir uns zurückerinnern an die augenblicke, in denen wir Entscheidungen zu treffen hatten, werden wir sehen, daß es oftmals von Kleinigkeiten, Nebensächlichkeiten abhing, wie wir uns entschieden haben. Und das führt uns zum Kern der Frage: Kennen wir alle Faktoren, die unsere Entscheidung beeinflussen können? Ich sage nein! Niemals sind wir Herr über alle Dinge, die unsere Entscheidungen und somit unser Leben bestimmen. Zu viele Unwägbarkeiten spielen mit hinein. Das unterscheidet uns nach Ansicht vieler Gelehrter von den Göttern. Wir Menschen sind niemals Herr über alle Dinge, wir erkennen die Welt nur unvollkommen und müssen aus diesem unvollkommenem Blickwinkel Entscheidungen treffen. Wenn es ein vorbestimmtes Schicksal gäbe, ließe sich seine Existenz ja doch nicht beweisen. Alles was wir tun, kann als Schicksal bezeichnet werden, lassen wir es und entscheiden uns für das Gegenteil, kann dies ebenso wieder als Schicksal und vorbestimmt angesehen werden. Es ist also müßig, sich den Kopf über ein eventuell existentes Schicksal zu zerbrechen. Ich für meinen Teil bin der Meinung, die Götter haben anderes zu tun, als Schach mit dem Leben jedes einzelnen Menschen zu spielen.«
Der Hohepriester beendete seinen Monolog und schaute dem Raucher eine Weile zu. »Du nimmst es also in Kauf, verbrannt zu werden? Spürst du keinen Schmerz? Oder willst du ihn spüren?«
Warum wohl hatte Estragon ihn nach dem Schicksal gefragt? War er etwa auf der Suche nach diesem unfassbaren Ding, das einem ja doch nur immer wieder durch die Finger schlüpfte?
09.04.2004, 19:22 #42
Rhodgar
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Immer wieder hatten beinahe klanglose Stimmen sich erhoben, als Rhodgar unbeirrt durch eine sehr... aussergewöhnliche Welt schlenderte. Als wäre er in einem dunklen Raum, mit nur einem Fenster, durch welches grelles Licht einen Kegel auf dem Boden formte. Jener Kegel schien ihn auf Schritt und Tritt zu verfolgen, wohin er auch ging in diesem Schwarz. Irgendwie schien es dem Schwarzamgier, als wäre er ziemlich anfällig für Träume oder Visionen, ganz gleich was es war, dieser Art. Im finsteren Nichts zu wandern, das war wohl die Lieblingsbeschäftigung seines Unterbewusstseins, welches stets in die Art Traumwelt hinein projeziert wurde. Aber diese Stimmen. Sie waren da, irgendwie aber auch nicht. Aber einerlei, sie wisperten ihre Worte sowieso in einer fremden Sprache, sodass es Rhodgar unmöglich war, sie zu verstehen. Aber immer zu fiel der Name Estragon. Auf komische Weise ausgesprochen, das R wurde aufs Schärfste gerollt. War wohl irgendein südländischer Dialekt.
Neodyr ith orgurus Estragon.
Rhodgars Traum-Ich zog die Augenbrauen zusammen, und legte die Stirn in Falten. Wieso zum Kuckuck glaubte jene, aus dessen Mundwerk diese eigenartigen Silben entsprangen, dass ihre Worte auf Verständnis, geschweige denn auf Gehört stoßen würden?
Neodyr ith orgurus Estragon. Neodyr ith orgurus Estragon. NEODYR ITH ORGURUS ESTRAGON.
Immer lauter und lauter erhoben sich die Töne, bis es den Schwarzmagus schon in den Ohren schmerzte. Nein, es war nicht mehr auszuhalten.
NEO...

"NEIN, NIX NEO!" Mit einem Mal öffnete Rhodgar die Augen, fand sich in der Bibliothek wieder. Erneut eingeschlafen über seinem Buch, und wieder einmal plagte ihn das schlechte Gewissen. Er musste unbedingt einmal zu Meditate gehen, mal schauen ob sie ihm nicht ein Mittelchen bereiten konnte, welches seine Augen offen halten würde. Aber erst einmal ein deftiges Frühstück, mit Milch, Eiern, kross gebratenem Speck... diese Vorstellung vor Augen, schritt Rhodgar hinaus aus der Bibliothek. Er wanderte den Korridor entlang, und dort wo es zur Refektoriumstür links ab ging, schaute er nochmals in Richtung Innenhof, wollte einfach nur aus Gewohnheit einen Blick auf die Esche werfen. Das tat er auch, doch es war nicht der Anblick des Baumes, was zur Folge hatte dass seine Kinnlade herunter fiel. Meditate. Na das nannte man wohl Glück. Gewiss selten kam solch eine Gelegenheit nochmal, also musste er sie auch nutzen. Sonst würde er entweder vergessen nach dem Wachhaltetrank zu fragen, oder die Hohepriesterin hätte sich wieder verzogen.
Gerade wollte hinaus ins frische Klima treten, als ihn ein zweites Mal beinahe der Schlag traf. Estragon! Saß einfach so, kalt und abweisend wie immer, neben Meditate auf der Bank, und redete auf sie ein. Wahrscheinlich berichtete er auch ihr von seiner angeblichen Existenz als Reinkarnation. Würde die Hohepriesterin ihm glauben? Diese Frage ließ den Jungmagier nicht los, und seine Neugier gewann mehr und mehr die Überhand, je näher er sich im Schatten der Säulen an die beiden heran schlich. Versteckt, um nicht zu sagen unsichtbar, hockte er nun ganz in der Nähe der beiden, und hörte ihrem Gespräch aufmerksam zu. Das war doch nicht zu fassen. Meditate glaubte ihm also auch, genau wie Rena. Ja, waren denn hier alle verrückt? Aber andererseits, wenn sogar SIE ihm Glauben schenkte. Soviel wusste Rhodgar, Meditate war mit einem weißbeliar besseren Gespühr gesegnet worden. Sie würde in der Lage sein, Wahrheit von Lüge zu unterscheiden. Sie war es, der Rhodgar blind vertraut hätte.
Dies war wieder so ein Augenblick, in dem Zweifel und Einsicht in ihm aufeinander stießen. Einsicht deshalb, weil er überzeugt worden war. Die letzte Verteidigung seines Misstrauens war durch Meditates Worte hinfortgewischt worden, wie lächerliche Bauern, die beim Schachspiel eine Dame bedrohten. Und die Dame hatte nun endlich die Chance, den gegnerischen König vernichtend zu schlagen, und in diesem Falle verkörperte der König Misstrauen und Zweifel, die Dame die Überzeugung. Schachmatt.

Alles, was noch von den beiden beredet worden war, hatte Rhodgar überhaupt nicht mehr wahrgenommen. In seinem Kopf drehte sich alles, und die Erkenntnis, wieviel Unrecht er diesem Mann entgegen gebracht hatte, bohrte sich wie ein Spieß durch sein Gewissen. Brachte er doch auf eine seltsame Art und Weise Hilias zu ihnen zurück.
Bleich im Gesicht, und wie in einer Trance, musste der Schwarmagier mitansehen, wie Meditate sich in Richtung Refektorium begab. Es wäre undenkbar, sie jetzt nach dem Trank zu fragen. Anstelle dessen hatte er etwas weitaus Wichtigeres zu tun. Gerade hatte er sich aufgerichtet, um sich der Esche zu nähern, da sah er, dass bereits der Don die Gelegenheit ergriffen hatte, zu Estragon zu sprechen. Und wieder war Rhodgar dazu verdammt, an eine Säule gelehnt mit anzuhören, was die beiden redeten. Zumindest hatte der Krautkauer dann schon die beiden wichtigsten Persönlichkeiten im Kastell kennengelernt. Aber halt, in ihm schlummerten doch die Erinnerungen des Hilias. Und jener hatte schon einmal die Bekanntschaft der beiden gemacht. Ziemlich verwirrend, das.
09.04.2004, 19:31 #43
Estragon
Beiträge: 507

Die Unterhaltung nahm, wie er erwartete hatte, geistig sehr anregende Züge an. Auch wenn das Thema Schicksal sich gefährlich nah an Estragons eigentlichen Zielen bewegte.
Er zog erneut an der Pfeife. "Kennt ihr das Sprichwort, Wenn Gott will, wird es Wasser geben?" Estragon schaute den Hohepriester nicht an.
"Ich habe es erst gestern wieder gelesen. Ein Sprichwort, das sich auf der Macht eines einzelnen Gottes beruft. Wie auch immer, es bedeutet, was kommen wird, wird kommen. Ob wir glauben es ist Schicksal, Vorherbestimmung, Lebensweg..." Estragon sah Don an. Seine Gläser waren in metallisches Grün gespiegelt, so dass sich der Don selber sehen konnte. Die Augen eines Insektes.
"oder man es für Zufall hält. Man entscheidet nur einmal. Doch der Kreislauf wird irgendwann berechenbar. Leben und Tod. Aus Tod leben und mit Leben unweigerlich tot. Ihr habt Recht. Es ist gleichgültig wie man es dreht und wendet."
Estragon glaubte das nicht vollständig. Doch er würde Don nicht kretisieren. Noch nicht...die Zeit würde vielleicht kommen...aber noch nicht.
"Und was meine Pfeife anbetrifft, so habe ich mich entschieden. Wenn ich mich verbrenne, verbrenne ich mich. Schmerzen sind eine Sache des Standpunktes. Würde ich mich verbrennen, so wüsste ich, dass ich eine andere Pfeife brauche. Doch bis dahin kann ich mir die Mühe sparen und es einfach abwarten. Wie in dem Sprichwort. Wenn Gott will, wird es Wasser geben. Logik. Einfaches Ausrechnen der Möglichkeiten und am Ende die Entscheidung mit den niedrigsten Kosten treffen. Und wenn man noch nicht weiß was kommt, wartet man einfach, bis man es weiß. Ergo, werde ich mich von dieser Pfeife nicht trennen."
Und da sie eh aus dämonischer Hand des Kastells stammt, glaube ich nicht, das dieses Ding je wärmer als ein morgendlicher Sonnenstrahl wird. dachte Estragon.
09.04.2004, 19:54 #44
HoraXeduS
Beiträge: 1.113

Grundsätzlich hatten Skelette nichts gegen Gesellschaft jedweder Couleur. Jegliches Geschwätz, ein jeder Angriff konnte einem Knöchernen, der sich zu den wahrhaft Untoten zählen durfte, absolut gar nichts anhaben. Doch hin und wieder konnte es geschehen, das jemand in das leblose Leben eines Toten trat und Unruhe verursachte. Einer dieser Lebenden war Horaxedus. Die selbsternannten Torwächter stoppten zumeist ihr Geplapper und fühlten sich irgendwie unbeweglich, wenn seine Nähe zu groß wurde. Also in etwa stets dann, wenn er weniger als hundert Schritte in ihre Nähe kam.

Der Glasmacher hatte einen kurzen Abstecher in die Küche des Kastells gewagt, sich freiwillig dem mißbilligenden Blick des Gourmetdämonen ausgesetzt, nur um einen kleinen Teller und ein herkömmliches Buttermesser abzugreifen. Natürlich hätte er diese Dinge auch einfach aus dem Refektorium holen können, doch bestand dort immer die Gefahr, entdeckt zu werden. Gespräche über Götter und die Welt... das fehlte gerade noch.

Und so marschierte Horaxedus mit erhobenem Buttermesser auf das Kastelltor zu, was zur Folge hatte, dass jegliches Geschwätz aus den Zahnreihen der klapprigen Skelettkiefer augenblicklich eingestellt wurde. Der Glasmacher, und das mit einem Messer, das konnte nichts gutes bedeuten. Ein Schaben und ein Kratzen folgten, ein Knarzen und ein Schleifen. Der kleine Teller des Schwarzmagiers jedenfalls war gut gefüllt, als er sich wieder in Richtung der Eingangshalle verzog.

"Sammelt er neuerdings Rost?" kicherte es erleichtert von einem der beiden schweren Torflügel.
"Rost! Ein... ein... ein Freak.. ein Rostfreak!!" hallte es krachend vor Laune zurück. Und gleich darauf klapperte das Tor so heftig wie zuletzt beim Angriff der Orks auf das Kastell.
09.04.2004, 20:21 #45
Don-Esteban
Beiträge: 9.734

Der Schwarzmagier war enttäuscht. Die Antworten Estragons hatten ihn nicht wirklich befriedigt. Was dieser vom Schicksal und seiner Unabwendbarkeit hielt, war ihm dabei eher egal. Wenn er nicht sehen wollte, das das Fortschreiten des Geschehens, des Lebens, der Zeit ansich unabhängig von irgendeinem Schicksalsglauben war, egal, ob man etwas dazu tat, indem man eine Entscheidung traf oder nicht und deshalb die Reihenfolge der Ereignisse oder diese selber veränderte, dann war das seine Sache. Somit war er nur näher am Aberglauben und damit leichter beeinflußbar. »Diese Linsen vor den Pupillen mögen vielleicht die Augen schärfen, den Geist jedoch nicht«, dachte er hochmütig. Dann sagte er: »Sprichworte sind keine Axiome und erst recht keine Beweise. Es sind einfach Sprichworte, geformt höchstens durch Erfahrung, aber sie ersetzten keine Logik, keinen Disput, keine Suche nach Erkenntnis. In ihnen mögen einfache Wahrheiten enthalten sein. Mehr aber auch nicht. Was ein Gott will, mag geschehen, aber was ist, wenn kein Gott etwas von dir will? Bist du dann schicksalslos? Verwirrt sich dann dein Lebensweg? Oder ist dies dann auch Schicksal?«
Er verzog den Mund abfällig, als er dieses Paradoxon entwarf. »Nun, forsche, solange es dir beliebt. Hier im Kastell mag ein Gott verehrt werden, dem viele mit großem Mißtrauen und Ablehnung gegenüber stehen, aber Ablehnung und Mißtrauen sind keine Kennzeichen des Kastells.«
Und damit stand er auf, nahm seinen Spazierstock, der wirklich nur ein einfacher Spazierstock zu sein schien und - spazierte über die von unsichtbaren Händen geharkten Kieswege, gesäumt von akkurat geschnittenen Buchsbaumhecken - die richtige Aufgabe für die so emotionslosen Dämonen: das maßgenaue Schneiden von Hecken.
Leise knirschte der Kies unter den Schritten des Magiers, als er sich langsam in Richtung der Pforte zum Kastellgebäude entfernte.
09.04.2004, 21:29 #46
Dragonsword
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Wieder war der Novize vor dem Haupttor angekommen und das jetzt schon zum dritten mal. Dragonsword schien auf der suche nach seinen alten Freunden im Kreis zu gehen. Natürlich gab es auch den einfachen Weg einen Demon zu fragen, doch die Kopfschmerzen was Dragonsword beim letzten mal bekommen hatte gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf. Ja, einen Magier könne der Hohe Novize auch fragen. Aber die machten auch nichts anderes als einen Demonen zu rufen.

Nach einer weitern viertel Stunde des rumsuchens hatte der Novize wenigstens schon den Hof gefunden. Der Hof schien ihm das schönste im Kastell. Neben den dunklen hohen Wänden war er die passende Abwächslung. Der Mond schien auf den Baum im Hof herab und tauchte diesen in ein wundervolles Silbernes Leuchten. Genau so schön war es im Sumpflager bei Vollmond. Hmmm, ... das Sumpflager.

Dragonsword lehnte sich an die Außenwand im Hof und versank langsam in seinen Träumen. Kurz bevor er noch angelehnt an die Wand einschlief schreckte er hoch. Fast hätte er es vergessen. Fast hätte er die Träume vergessen die ihn in letzter Zeit so plagten. Aber er hatte gelernt damit umzugehen. Kein Grund also seine Freunde damit zu beunruhigen. Oder doch, ...
09.04.2004, 21:44 #47
Ray
Beiträge: 157

Ray war noch immer in seinem neuen Zimmer. Er war gerade dabei, sich häuslich einzurichten. Er hatte nichts, wonach es ihn verlangte, in Khorinis gehabt. Barbierwerkzeug gab es hier sicher und davon abgesehen: Warum sollte er sich länger damit abgeben?
Wenn er es schaffte, sich als würdig zu erweisen, konnte er vielleicht eines Tages ein wirklicher Heiler werden. In Zukunftsträumen versunken begann Ray den allzu roten Teppich einzurollen. Er hatte gelesen, dass Lehrlinge Dämonen schon um etwas mehr "bitten" konnten, als normale Gäste.

Also war auch ein Dämon im Zimmer, der ihm den Teppich abnahm und ihn hoffentlich direkt zu Beliar schaffte (dieses hässliche Ding). Ray stellte sich hier drin einen dunkelblauen Teppich mit roten Verzierungen vor. Das war einfach "seine" Farbe. Allerdings nicht so groß. Nur sein Bett und der Tisch seines Zimmers sollten ungefähr über dem Teppich stehen. Das Schachbrettmuster des Bodens gefiel ihm zu gut, als dass man es gänzlich zudecken sollte. Außerdem wollte er hier drin unbedingt einen kleinen Baum haben, damit Tenebrus irgdenwo schlafen konnte.

Beides wurde ihm wenige Minuten später gewährt. Dieses Gedankenlesen der Dämonen war ohne Zweifel praktisch. Auch wenn es weh tat, dann ihre Gedanken zu "hören". Eines Tages musste er (sobald er über mehr Magie verfügte) das Fenster so verhexen, dass es Tenebrus durchließ, wenn dieser ausfliegen wollte.
09.04.2004, 21:53 #48
Estragon
Beiträge: 507

Estragon sah Don-Esteban lange nach und nicht zum letzten Mal wunderte er sich darüber, wie solch arrogante Vermessenheit mit einem solch schnellen Verstand komodieren konnte.
Immer das letzte Wort behaltend, unbewusst oder bewusst.

Estragon erhob sich. Das Don seine Meinung nicht teilte, war ihm gleichgültig. Sprichwörter sind also keine Beweise…aber einfache Wahrheiten können sie sein? Estragon kannte keine einfachen Wahrheiten. Auch keine schweren. Es gab nur die Wahrheit. Der Fakt. Die Tatsache. Alles andere war Asche. Nicht mehr wert als eine kalte Feuerstelle.
Und wenn dem Don ein Sprichwort nicht tiefgründig genug war, so reichte es Estragon alle mal aus.
In Zukunft würde er den Hohepriester nach seinen Zielen fragen. Er hatte den begründeten Verdacht, dass sie sich gar nicht so sehr von seinen eigenen unterschieden. Lediglich das Wieso war sicher ein anderes.

Doch genug für Heute. Er hatte heute genug geredet. In nächster Zeit würde er schweigen und sich seinen Teil denken.
Nicht, weil ihn etwaige Widerworte kränkten oder beleidigten. Er hatte einfach zu viel von sich Preis gegeben. Und trauten ihm die Magier des Kastells noch nicht ganz, so würde er ihnen niemals trauen. Sie waren Menschen. Und Menschen waren unkontrollierte, unberechenbare Variablen.


Er kehrte in sein Gästegemach zurück. Dort fand er, zu seinem Erstaunen, eine schlichte schwarze Robe vor. Sie war einfach gehalten und sollte wohl gerade dadurch Macht und Autorität suggerieren. Estragon befühlte den Kragen. Den Stoff. Verglich die Ärmel mit seinen Maßen.
Alles passte, wie erwartet.

Er hatte die Robe Probehalber angelegt. Sie war bequem und wärmte. Trotzdem zog er es vor, seinen Mantel über der Robe zu tragen. Auf dem Tisch fand er einen Zettel vor.
Das Papier war leer, doch als er es berührte, kehrten die Kopfschmerzen wieder, die er aus den Gesprächen mit den Dämonen wieder erkannte.
Doch waren es weniger Worte, die ihm jetzt durchs Hirn schossen. Mehr eine Erkenntnis. Als würde einem etwas wieder einfallen, was seit Jahren verschüttet im Unterbewussten geschlummerte hatte.


Estragon öffnete nach zweimaligem Klopfen, vorsichtig die Tür. Das Zimmer war leer. Oder besser gesagt, es war frei. Sein Zimmer. Der Zettel hatte ihm den Weg in den Verstand eingepflanzt und Estragon hatte ihn ohne Schwierigkeiten finden können.
Jetzt sah er sich ein wenig unsicher um. Ein normales Bett. Ein großer Schrank, ein Schreibtisch und ein separater Tisch mit zwei Stühlen. Ein Balkon. Der Balkon war Estragons erstes Ziel.
Die Sonne hatte der Erde den Rücken gekehrt und die Nacht wie ein Waisensäugling zurück gelassen. Noch jung, aber bald schon groß und finster. Wie alle Waisenkinder.


Diese Nacht schlief Estragon wieder auf der Erde. Es gefiel ihm einfach besser dort. Seine Sachen waren nur halbherzig verstaut, der Schrank blieb unbenutzt als Staubfänger ignoriert. Der Schreibtisch hatte jedoch schon seine Arbeit im Tragen von Papier aufgenommen.
Der Lehrling des Kastells schlief traumlos. Wie jede Nacht.
09.04.2004, 21:54 #49
Hîrgalad
Beiträge: 354

Fahles Mondlicht fiel durch das Fenster ins Zimmer des Schwarzmagiers names Hírgalad. Er wendete seinen Blick von dem, in dem er gelesen hatte ab und blickte nachdenklich aus dem Fenster. Viele Dinge gingen ihm durch den Kopf. So lange schon hatte er die Umgebung des Kastells nicht mehr verlassen. So lange hatte er alte Bekannte nicht mehr gesehen. Allen voran sein Freund Dragonsword. Ob dieser wohl auch gerade den Mond betrachtete, wie er die Umgebung des Sumpflagers in sein silbriges Licht tauchte? Der junge Schwarzmagier stand auf, ließ das Buch aufgeklappt liegen und schritt in den Gang des ersten Stockes des alten Kastells der Magier. Seltsame Dinge gab es hier, sowohl gefährliche als auch unglaublich schöne Dinge. Das Refektorium. Die Bibliothek. De Innenhof. Hírgalad blickte durch ein Fenster auf den Hof, sah die Esche, ihre Krone leicht in einem Luftzug wippend, einen ihm unbekannten Mann auf der Bank darunter und dann fiel ihm noch etwas ins Auge, da lehnte eine Person an der Wan die ihm verdammt vertraut vorkam.

"Bei Beliar" War das eine Halluzination? Wurde Dragonsword aus dem Sumpf hierher teleportiert, als sie beide den Mond betrachteten? Nein, das war Blödsinn. Nach kurzem Nachdenken kam der junge Mann auf die einzig mögliche Lösung, Dragonsword hatte dem Kastell und somit Dûhn und Hírgalad einen Besuch abgestattet. Im Eiltempo sprang der Diener Beliars die Treppe hinunter, einem Schwarzmagier war ein derartiges Verhalten zwar nicht angemessen, aber immerhin hatte er Dragonsword seit Monaten nicht gesehen. Am Fuß der Treppe folgte eine Kehrtwende, und als Hírgalad schließlich auf dem Innenhof stand, näherte er sich, nun ganz langsam, der Gestalt des hohen Novizen.
"Dragonsword, bist du das?"
09.04.2004, 22:04 #50
Dragonsword
Beiträge: 376

Der Hohe Novize erstarrte für kurze Zeit und blickte um sich. Ein Magier kam langsam auf den Novizen zu. Diese Stimme? Das konnte doch nur, ..., Dragonsword unterbrach seine gedanken und rannte auf den Magier in seinem dunklen Umhang zu. "Hírgalad!", schrie er über den Hof und war versucht seinen guten Freund vor Freude anzuspringen. "Endlich hab ich dich gefunden! Wie ist es dir ergangen, Schwarzmagier?", nach diesen Wort zügelte Dragonsword etwas sein Temprament. Hírgalad war jetzt ein mächtiger Magier und somit mit Respekt zu behandeln.
Doch trotzdem konnte es sich der Hohe Novize nicht verkneifen. Er Umarmte seinen Freund und hob ihn in die Luft!
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