World of Gothic Archiv
Alle Beiträge von Superluemmel
Seite 115 von 123 « Erste 111  112  113  114  115  116  117  118  119 Letzte »
07.06.2003, 12:43 #2851
Superluemmel
Beiträge: 3.057
Neue Quests -
1. Es heißt Gorthar. Ganz einfach. Nur Gorthar. Nichts weiter ;)

2. Es gibt nur einen einzigen Gortharthread. Der ist immer [Q]. Wenn dort etwas passiert, bezieht es sich wohl auf den gesamten Landstrich. Wenn du für die Zitadelle nen eigenen Thread brauchst, dann meld dich bei Don.
Und sag mal an, wann deine Quest steigen soll. Sonst kann ich schlecht beurteilen, ob ein Dämonenheer gut oder schlecht passen würde.
08.06.2003, 16:15 #2852
Superluemmel
Beiträge: 3.057
Neue Quests -
@Scipio : Nur mal so ne reine Interessensfrage : Du sprichst von "unserer" Armee. Welche meinst du damit?
Meinst du jetzt eine "Gruppe" oder eine "Armee"? Ich blick da ehrlich gesagt nicht mehr ganz durch.
08.06.2003, 17:34 #2853
Superluemmel
Beiträge: 3.057
Operations ham ma vergessen -
Oha, da muss ich doch auch glatt mal gratulieren.
Immerhin ist Operations bisher der einzige Batzi der schon vor dem offiziellen Abgabetermin mit seinem Artikel fertig ist.
Ich bin stolz auf dich, weiter so!
08.06.2003, 18:47 #2854
Superluemmel
Beiträge: 3.057
[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 4 -
Währenddessen stand Frost regungslos vor dem gewaltigen Ungeheuer. Kalter Stahl blitzte in seinen Händen, der lederumwickelte Griff des Eisbrechers lag fest zwischen seinen Fingern. Sowohl Mantel wie auch Gepäck waren schon zu Beginn des Kampfes abgeworfen worden und lagen dicht nebeneinander im Staub des Schlachtfeldes.
Die Rüstung aus schwarzen Dämonenpanzerplatten schien selbst das letzte Licht des Tages verschlucken zu wollen, in einer Aura aus völliger Finsternis bedeckten die Platten den Körper des Kriegers. Einem tödlichen Stachel gleich ragte die schlanke Klinge vor Frosts Gesicht in die Höhe. Wellen aus Licht schienen sich auf dem Stahl bläulich zu reflektieren. Bis auf den durch Frosts Atmung festgelegten Takt rührte sich die Schwertschneide um keinen Millimeter. Tropfen einer gelblichen, süßlich stinkenden Flüssigkeit liefen an dem geschliffenen Ironiastahl herab.
Frosts insektoider Feind baute sich zu seiner vollen Größe auf. Seine Kauwerkzeuge klackten hörbar aneinander, stechende Facettenaugen musterten den Waffenmeister mit einem Blick unbändigen Hungers. Aus einer klaffenden Wunde knapp oberhalb des kurzen Halses quoll ein Strom dickflüssigen, gelben Blutes. Selbst der dicke Chitinpanzer hatte der brachialen Gewalt von Frosts Hieb nichts entgegenzusetzen gehabt.
Nicht, dass das Loch in dem Panzer das Ungetüm davon abhalten hätte können, ungebremst weiterzuwüten.
Doch Frost hatte sein Ziel erreicht und die Aufmerksamkeit des gigantischen Insekts auf sich gezogen. Die langen, feingliedrigen Antennen peitschten unruhig die erhitzte Luft, der wurmförmige Leib zuckte wild umher und drohte Frosts Gefährten zu zermalmen.
Ausdruckslos erwiderte Frost den hungrigen Blick seines ungleichen Gegners. Ein Ausdruck höchster Konzentration lag auf seiner Miene, blockte jegliche Emotionen schon im Voraus ab und bereitete die Nerven des Kriegers auf den bevorstehenden Angriff des Käfers vor. Heißes Adrenalin wogte durch Frosts Kreislauf, trieb ihm den Schweiß auf die Stirn und verwandelte den Takt seines Herzens in das dumpfe Hämmern von Kriegstrommeln.
Noch einmal bäumte sich der Käfer auf. Das riesige Maul klaffte auf, entblößte einen gähnenden, zahnlosen Schlund und ließ ein bedrohliches Zischen ertönen. Der Waffenmeister regte sich immer noch nicht. Zumindest äußerlich. Innerlich waren seine Sehnen und Nerven bis zum Zerreißen gespannt und darauf vorbereitet, auf einen plötzlichen Angriff ebenso schnell zu reagieren.
Dann zuckten die stachelbewehrten Fühler nach vorne. Krachend gruben sie sich gut zwei Schritt vor Frosts Füßen in den Boden. Steine und Erde wurden wild umhergeschleudert, eine gewaltige Staubwolke raste auf den Krieger zu. Unbewegt kniff er die Augen zusammen, als winzige Sand- und Staubkörnchen auf seinen Hornhäuten brannten. Dennoch rührte er sich nicht, obwohl sich die Fühler weiter geräuschvoll durch das Erdreich wühlten.
Frost reagierte erst, als die stachligen Enden in einer weiteren Staubwolke in seinem Rücken aus dem Boden hervorbrachen. Überdimensionierten Sensen gleich klappten die klauenartigen Fühler in einer Scherenbewegung zu. Augenblicklich löste Frost eine Hand vom Schwertgriff, warf sich zur Seite und fing sich mit ausgestrecktem Arm auf. Doch seine Hand berührte nur für den Bruchteil einer Sekunde den staubigen Boden. Beinahe sofort drückte sie Frosts Körper erneut in die Höhe. Gleichzeitig wirbelte der Waffenmeister herum und sein Schwert über den Kopf.
Nur wenige Fingerbreit unter seinen Stiefeln schnitt eines der Fühlerenden durch die Luft, während das zweite knapp seinen Kopf verfehlte. Doch noch bevor es seine Bewegung zu Ende führen konnte, traf schimmernder Stahl den Fühler exakt an der Schwachstelle zwischen zweier Chitinplatten. Begleitet von einem Schwall gelblichen Blutes klatschte das abgetrennte Ende zu Boden.
Kaum setzten Frosts Stiefel auf der rissigen Erde auf, da rettete er sich auch schon mit einer schnellen Seitwärtsdrehung vor dem abermals vorzuckenden, zweiten Fühler. Die Beine des Waffenmeisters knickten ein, dann warf er sich mit seinem gesamten Körpergewicht nach vorne und ließ den Eisbrecher in einem beidhändig geführten Hieb erneut aufblitzen.
Krachend barst matt schimmernder Chitinpanzer, als die beidseitig geschliffene Klinge wuchtig mit ihm kollidierte. Mit einem Ruck zog Frost das Schwert vollständig durch den mehr als armdicken Fühler und kappte ihn einen halben Spann über der Austrittsstelle im Erdboden. Schrill pfeifend wälzte der Riesenkäfer seinen gepanzerten Leib umher und zog die blutenden Antennen blitzartig aus dem Erdreich.
Schwer atmend funkelte Frost das riesenhafte Insekt an. Seinen beiden Hauptwaffen beraubt, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis das Biest erledigt war. Blieb nur zu hoffen, dass seine Begleiter ebenso viel Glück wie er gehabt hatten...
08.06.2003, 19:02 #2855
Superluemmel
Beiträge: 3.057
Neue Quests -
Also doch Gruppe ;)

Naja Jung, ich muss doch aufpassen, dass nachher nicht irgendwelche abstrakten Dinge gepostet werden. Unter "Armee" versteh ich (Und ich denk, dass ich da nicht allein dasteh) so Haufen von hundert Batzis aufwärts. Und die müssen ja auch irgendwo herkommen.
09.06.2003, 11:46 #2856
Superluemmel
Beiträge: 3.057
[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 4 -
Schweigend führte Frost die Gruppe durch den nächtlichen Wald. Inzwischen waren sie dem Gebirge deutlich nähergekommen, der dichte Mischwald war lichtem Nadelwald gewichen und das Felsmassiv als graue Wand zwischen dem Geäst zu erkennen.
Die Temperatur war ein gutes Stück gesunken. Dem Waffenmeister war dieser Wechsel mehr als recht. Die Gluthitze der letzten Tage zehrte deutlich an den Kräften. Wenn es nach dem Krieger ginge, wäre er längst in der Kälte des Gletschers verschwunden. Doch ein derartiges Vorhaben sollte besser nicht überstürzt werden.
Schon seit geraumer Zeit folgte der Gruppe ein weiterer Mann. Offensichtlich der Junge, der den Söldner begleitet hatte. Warum er zwangshaft versuchte, unbemerkt zu bleiben, entzog sich Frosts Wissensstand. Hatte er etwa Angst vor der Gruppe? Warum folgte er ihnen dann? Sonderlich unauffällig ging er dabei auch nicht zu Werke. Seltsamer Kauz...
Esteron schien den Sturz ohne weiteres überstanden zu haben. Einen Moment lang hatte Frost befürchtet, der Junge hätte sich zumindest das Bein gebrochen. Glücklicherweise war er schon kurz darauf wieder auf den Beinen gewesen. Sie hatten verflucht viel Glück gehabt. Außer dem zu groß geratenen Käfer hatten sich ihnen keine weiteren Kreaturen in den Weg geworfen. Und das Schlachtfeld erstreckte sich nun irgendwo im rötlichen Dunst der Morgensonne in ihrem Rücken.
Immer wieder wanderte Frosts Blick zu den mit weißen Kappen bedeckten Gipfeln der Luzkanzacken. Dabei blieb er an einem breiten Bergrücken hängen, der an genau zwei Stellen tiefe Einbrüche aufwies. Das musste der Gipfel sein, den Horasson ihm beschrieben hatte.
Als die Gruppe aus dem Wald hinaustrat, blieb Frost stehen und blickte sich suchend um. Mit einem Handzeichen machte er seinen Gefährten klar, auf ihn zu warten, dann stieg er über das abgerutschte Geröll den Hang hinauf. Die losen Gesteinsplatten unter seinen Stiefeln knirschten leise, als er sich Schritt für Schritt von der Gruppe entfernte. Vor ihm erstreckte sich eine steil abfallende Felswand. Der Zahn der Zeit hatte die Klippe nicht verschont und gewaltige Felsplatten absplittern lassen. Diese waren in die Tiefe gestürzt, beim Aufschlag auf den harten Boden zersplittert und bildeten nun eine weitläufige Geröllhalde.
Doch für den Krieger war die eigentliche Felswand um einiges interessanter. Gut mannshohe Löcher klafften an unterschiedlichen Stellen in dem Gestein. Seltsam, aus einem ihm unbekannten Grund fühlte sich Frost an eine der mysteriösen Käsesorten zurückerinnert, die in einem geradezu winzigen Fleckchen Erde angebaut wurde. Dieses Fleckchen Erde war schon seit Urzeiten unabhängig und bisher hatte auch noch keines der umliegenden Königreiche Anstalten gemacht, an diesem Zustand etwas zu ändern. Denn wer interessierte sich schon für ein Land, das nahezu vollständig aus Felsen oder Kuhalmen bestand?
Wie dem auch sei, Frost ließ sich jedenfalls auf ein Knie herabsinken, als er ein lauter werdendes Schaben vernahm. Seine Hand wanderte zum Schwertgriff. Gespannt wartete er weiter ab.
Plötzlich spie eines der Löcher einen kreisrunden und potthässlichen Wurmkopf aus. Augen waren keine zu erkennen, doch der Kopf des Wurmes bog sich suchend herum, wand sich zuerst nach links, dann nach rechts um sich schließlich in die Tiefe zu beugen und ein Stück aus dem Tunnel herauszuschieben. Ein dreieckiges Maul öffnete und schloss sich im Rythmus der wogenden Körperbewegung, als der Wurm seinen Leib Stück für Stück hinterherzog.
Erst jetzt konnte Frost erkennen, dass es sich bei dem vermeintlichen Maul um gar keines handelte. Als sich das "Maul" ein weiteres Mal öffnete, konnte der Krieger den eigentlichen Kopf erkennen, der sich unter der pechschwarzen, lederartigen Haut verbarg. Offensichtlich handelte es sich dabei eher um eine Schutzhaut.
Jetzt erkannte Frost auch weitere Einzelheiten. Der Wurm verfügte über ein einziges Auge mit einer geschlitzten Pupille, welches sich direkt über einem von mehreren, peitschenden Tentakeln umrahmten Maul befand. Die Außenhaut des Wurms war schwarz wie die Nacht, doch Tentakel sowie der eigentliche Körper waren von rosiger Färbung.
Endlich hatte der Wurm auch den Rest seines Körpers aus dem Loch befreit. Scheinbar problemlos begann er nun, die fast senkrecht abfallende Felswand hinabzuklettern. Das Tier musste eine Körperlänge von mehreren Schritt besitzen. Zielstrebig schob sich der Wurm auf ein tieferliegendes Loch zu. Als er es erreichte, bewegte er noch einmal den Kopf pendelnd umher, bevor er ihn in den gähnenden Schlund schob und nach einer knappen Minute vollständig verschwand. Es dauerte gut eine weitere Minute, bis das schabende Geräusch vollends verstummt war.
Frosts Stirn lag in Falten, als er sich erhob und zur Gruppe zurückging. Das war also ein Klippenwurm. Horasson hatte den Waffenmeister vor diesen Tieren gewarnt. Obwohl sie schwerfällig wirkten, verwandelten sie sich bei Bedrohung in gefährliche Gegner.
"Ihr habt gesehen, was in dieser Klippe haust", begann Frost als er die Gruppe erreichte.
"Das ist ein Klippenwurm. Lasst euch von seiner Größe nicht täuschen, er ist ein gefährlicher Jäger. Falls er angegriffen wird, benutzt er seine Giftdrüsen, um ein lähmendes Sekret auf seine Gegner zu versprühen. Sobald er dadurch seine Feinde kampfunfähig gemacht hat, packt er sie mit seinen Tentakeln, um sie zu verschlingen."
Der Krieger musterte die Gesichter seiner Begleiter eingehend. Für sein Vorhaben konnte er niemanden gebrauchen, der in einem ernstzunehmenden Kampf durchdrehte. Bei dem gestrigen Kampf hatten sie allesamt erstaunlichen Mut erwiesen. Hoffentlich enttäuschten sie ihn nicht.
"Die Außenhaut des Wurms ist äußerst widerstandsfähig. Schwachstelle ist der verborgen liegende Kopf. Also werden wir ihn dort angreifen. Problematisch ist nur, dass sich der Angreifer dabei sowohl der giftigen Spucke wie auch den Tentakeln aussetzt. Haltet euch aus dem Kampf besser raus, wenn ihr euch nicht zutraut, den Attacken auszuweichen. Zu allererst müssen wir den Wurm von seiner Klippe herunterlocken. Allerdings wird er seinen Platz nicht freiwillig verlassen."
Frosts Blick fiel auf die unzähligen, herumliegenden Steine.
"Wir haben genug Munition zum Werfen. Versucht das Biest zu reizen aber passt auf, dass er euch nicht mit dem Gift erwischt. Sobald der Wurm einmal wütend ist, sucht ihr euch gute Deckung. Wenn er einmal seine Klippe verlassen hat, können wir angreifen. Versucht erst gar nicht, eine andere Stelle als seinen Kopf zu attackieren."
Der Waffenmeister rieb sich seinen kurzen Bart.
"Vielleicht solltet ihr diesen Part mir überlassen. Ich will nicht, dass ihr euch unnötiger Gefahr aussetzt. Versucht besser, den Wurm abzulenken, während ich seinen wunden Punkt angreife."
Sein Blick fiel auf Lehna.
"Haltet euch besser zurück. Mit euren Dolchen könnt ihr wenig ausrichten. Greift auf keinen Fall den Wurm direkt an. Bevor ihr nahe genug heran seid, hat er euch wahrscheinlich schon gefressen. Ich will keine Heldentaten sehen, nur einen gut routinierten Angriff."
09.06.2003, 17:27 #2857
Superluemmel
Beiträge: 3.057
[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 4 -
Der Plan lief gut. Zu gut für Frosts Geschmack. Es gab wenig, was ihn mehr verunsicherte als ein reibungslos funktionierender Plan. Wie geplant hatte sich der Klippenwurm aus seinem Versteck hervorgewagt, nachdem er gemerkt hatte, dass er allein mit seinem Sekret nicht sonderlich viel anrichten konnte. Als eine gewaltige Lawine schwarzen Fleisches war er die Klippe heruntergestürzt. Von seiner anfänglichen Trägheit war nichts mehr zu erkennen gewesen, er glich eher einer massigen Schlange auf der Jagd als einem schwerfälligen Wurm.
Selbst seine Fortbewegung hatte nur noch teilweise etwas mit der des lahmen Kriechers zu tun. Das Biest mimte die Schlängelbewegung einer Schlange nach, während es gleichzeitig den Körper streckte und wieder zusammenzog. Erst als der Klippenwurm vollends den Boden erreichte, fiel dem Waffenmeister auf, wie riesig diese Kreatur wirklich war.
Krachend gaben Felsen unter dem ledrigen Leib nach, berstend zersprangen Steinplatten durch das Gewicht des riesenhaften Wurmes. Schützend war die feste Haut vor den empfindlichen Kopf gezogen, als sich das Biest auf die kleine Gruppe zuwälzte.
Frost hatte den Eisbrecher gezogen, kalt schimmerte der geschliffene Stahl in der Gluthitze der Sonne. Seine Beinmuskeln waren gespannt, jeden Moment konnte der Wurm erneut sein tödliches Gift verspritzen.
Dann passierte es. Schlagartig klaffte das falsche Maul auf, entblößte die empfindliche Kopfgegend des Wurms. Zischend schoss eine glasklare Flüssigkeit aus versteckt liegenden Drüsen in der Maulgegend. Der Krieger schnellte zur Seite und entging knapp der Giftfontäne. Tropfen der scharf riechenden Flüssigkeit verteilten sich über den Hornpanzer seiner Rüstung, wurden jedoch beinahe augenblicklich von dem düsteren Material aufgesogen.
Steine spritzten polternd den Hang hinab, als sich Frost vom Boden wegdrückte und auf einen gut anderthalb Schritt hohen Felsen zusprintete. Kraftvoll stieß er sich von den Steinen weg, segelte in einem Hechtsprung auf den Felsen zu und rollte sich über die Schulter ab und in die Sicherheit des Felsblocks. Kaum drückte er sich mit dem Rücken an den Fels, da hörte er auch schon weiteres Gift auf den Schotter niederprasseln.
Offensichtlich hatte der Klippenwurm eine besondere Abneigung gegen den schwarzgepanzerten Krieger entwickelt. Jedenfalls konzentrierte er sich bis jetzt hauptsächlich auf ihn. Frost war das gerade recht. Solange er nicht getroffen wurde, war alles in bester Ordnung.
Das Schaben des ledrigen Körpers auf dem felsigen Untergrund kam näher. Der Waffenmeister rührte sich keinen Finger. Sein Blick wanderte zum Rand seiner Deckung. Ein gewaltiger Schatten hob seinen mächtigen Schädel vom Boden und ließ ihn suchend herumrucken. Eine Bogensehne sang ihr trauriges Lied, dann schoss ein gefiederter Schemen auf den Wurm zu. Der Pfeil schrammte einige Spann über die robuste Haut des Klippenwurms, glitt dann jedoch ab und zerbrach auf den Felsen ohne Schaden angerichtet zu haben.
Der Wurm erstarrte mitten in der Bewegung. Dann schnappte sein Maul auf, weiteres Gift spritzte aus der Öffnung und wahrscheinlich auf den Schützen zu. Dann senkte das Biest seinen Kopf und wuchtete seinen Leib in Richtung der neuen Gefahr.
Frost fluchte leise in sich hinein. Er musste reagieren, sonst kam der Klippenwurm der restlichen Gruppe zu nah. Sein Weg führte die gewaltige Wurmkreatur dicht an seiner Deckung vorbei, schon konnte Frost den Schatten auf den Felsen erkennen.
Der Krieger fasste sein Schwert fester. Kalter Schweiß ließ seine Finger glitschig werden, doch der lederumwickelte Griff der Waffe bot weiterhin festen Halt. Silbergraue Haarsträhnen klebten Frost am Hals und im Gesicht, die Hitze auf dem Geröllfeld war drückend. Dennoch, für Verschnaufspausen war keine Zeit, solange der Kampf tobte.
Ein Blick zur Seite brachte den Wurmkopf in Frosts Sichtfeld. Mit einem Fuß stützte sich Frost auf dem Felsen ab, dann katapultierte er sich aus seiner Deckung hervor. Im Flug rollte er sich nach vorne und drehte seinen Körper gleichzeitig zur Seite.
Schwungvoll hämmerte er dem Klippenwurm das Schwert gegen die Frontpartie und kam den Bruchteil einer Sekunde später auf dem unsicheren Boden auf. Die Klinge drang ein Stück weit in den Körper und drückte dabei die widerstandsfähige Haut mit ein, bevor sich der Wurmkörper straffte und die Waffe zurückprellte. Eine erneute Körperdrehung verhinderte, dass dem Krieger das Schwert aus der Hand geprellt wurde.
Die Robustheit der Wurmhaut war unglaublich. Selbst die rasiermesserscharf geschliffene Klinge des Eisbrechers vermochte sie nicht weiter zu beschädigen. Sie war einfach zu elastisch.
Dennoch hatte Frost sein Ziel erreicht und die Aufmerksamkeit des Riesenwurms erneut auf sich gezogen. Erneut klaffte die Haut vor dem Kopf auf. Die Zeit schien stehenzubleiben. Das Auge des Wurms zog sich zusammen und fixierte den Waffenmeister. Frost sah genau, wie sich die Tentakel hoben und den Weg für eine schillernde Flüssigkeit freigaben, die aus darunterliegenden Drüsen schoss.
Der Stiefel des Waffenmeisters rutschte haltlos über das Gestein und schickte neue Steinlawinen in die Tiefe, als Frost sich mitten in der Bewegung herumwarf und den Kopf zur Seite drehte. Das rasende Hämmern seines eigenen Herzens vermischte sich mit dem Zischen der auf ihn zuschießenden Giftfontäne zu einem schauerlichen Chorus. Die Nackenhaare des Kriegers stellten sich langsam auf.
Frost spürte, wie er von seinem eigenem Schwung getragen den Boden unter den Füßen verlor. Etwas bewegte sich in dem Maul des Wurms. Rosafarbene Tentakel zuckten nach vorne, verfehlten den Waffenmeister nur um Haaresbreite. Einzelne Gifttropfen regneten auf die Rückenpanzerung Frosts nieder.
Seine freie Hand fing den Sturz des Waffenmeisters einen Spann über dem Geröll auf. Einen schmerzhaft wummernden Herzschlag später spürte er einen Ruck an seinem linken Bein und wurde aus der Balance geworfen. Anstatt seinem Instinkt zu folgen und zu versuchen, sich an den Steinen festzukrallen, warf sich Frost erneut herum und schlug gleichzeitig nach den ihn festhaltenden Tentakeln.
Im Gegensatz zu der Haut des Klippenwurms hatten die Fangarme der scharfen Klinge nichts entgegenzusetzen. Blasses Blut plätscherte in einem Sturzbach auf die Felsen, als der Eisbrecher mühelos durch das weiche Fleisch schnitt.
Endlich schien sich der Zeitfluss zu normalisieren. Kraftvoll sprang Frost auf die Beine und versetzte dem Wurm einen weiteren, beidhändig geführten Schlag. Abermals spritzte helles Blut auf die Steine, eine tiefe Wunde zeichnete sich knapp unterhalb des Auges ab.
Der Wurm zuckte zusammen und gab ein bedrohliches Zischen von sich. Doch anstatt nachzusetzen, stieß sich Frost erneut vom Boden ab und warf sich mit aller Kraft nach hinten.
Keine Sekunde zu früh. Zischend verteilte sich ein Schwall des giftigen Sekrets über die Stelle, an der er einen Wimpernschlag zuvor noch gestanden hatte. Auch die vorschnellenden Tentakel verfehlten den Krieger nur knapp.
Keuchend krachte Frost mit dem Rücken auf das harte Geröll. Pochender Schmerz explodierte in seinem Schädel, der eisenartige Geschmack von Blut lag auf seiner Zunge. Dennoch zwang er seinen Körper, sich über den Rücken abzurollen und erneut auf die Beine zu kommen.
"Söldner!", rief er zu dem Bogenschützen in der Hoffnung, ihn hatte der Angriff des Wurms nicht zu schlimm erwischt.
"Blendet das Biest! Schießt auf das Auge!"
Der Klippenwurm schob sich schon wieder auf den Waffenmeister zu. Gift tropfte zwischen seinen tentakelartigen Fangarmen hervor, ein Fluss hellen Blutes sickerte aus der Wunde die der Eisbrecher hinterlassen hatte. Innerlich bereitete sich Frost darauf vor, einem neuen Angriff auszuweichen. Egal, ob er von Seiten des Wurms oder in Form eines abgefeuerten Pfeils kommen würde. Wenn er zu früh reagierte, war er wohl geliefert. Es galt erneut, bis zum letzten Moment auszuharren...
09.06.2003, 19:24 #2858
Superluemmel
Beiträge: 3.057
[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 4 -
Doch Slys Rufe gingen in dem Toben des geblendeten Wurms unter. Selbst wenn Frost sie gehört hätte, wäre er nicht in Deckung gegangen. Er wusste zu wenig über die Kreatur, als dass er abwarten konnte, bis ihre Kräfte nachließen. Wohlmöglich zog sich das Biest in sein Schlupfloch zurück um sich dort zu regenerieren.
Nein, entweder er brachte es jetzt zu Ende oder nie.
Reglos stand der Krieger vor dem tobenden Wurm. Ein düsterer Schatten auf dem hell erleuchteten Geröllfeld. Die Spitze des Eisbrechers deutete direkt auf den ungleichen Feind, ruhig hob und senkte sich das Schwert im Takt seines Atems.
Während der Klippenwurm sich noch immer wie wild hin und her warf und ein Regen aus Gift ungezielt auf die Felsen niederging, wartete Frost auf seine Gelegenheit. Als der Wurmkopf ein weiteres Mal donnernd vor ihm auf das Geröll krachte und sowohl Steinsplitter umherschleuderte, wie auch eine gewaltige Staubwolke aufwirbelte, spannte sich Frost innerlich.
Steinpartikel prasselten auf seine Rüstung und sein Gesicht nieder. Stickiger Staub zwang ihn, die Augen zusammenzukneifen und reizte seine Lunge.
Dann entließ der Waffenmeister die aufgestaute Anspannung in einen blitzschnellen Satz. Stahl blitzte in dem Vorhang aus grauem Staub, der Eisbrecher stieß einer Lanze gleich nach vorne.
Der Wurm erstarrte mitten in der Bewegung. Es war ein seltsames Bild. Der Schwanz des Klippenwurms hing noch halb in der Luft, während sein Maul von einer dichten Staubwolke verdeckt wurde. Ein Zucken lief durch den riesenhaften Leib.
Als sich der Staub lichtete, konnte man den schwarzen Schatten des Waffenmeisters erkennen, der direkt in dem aufgerissenen Schutzmaul stand. Auch er war zur Salzsäule erstarrt.
Ein Schwall aus zähflüssigem Blut quoll unter dem blanken Stahl des Eisbrechers hervor, als der Wurm abermals erzitterte. Die schlanke Klinge hatte sich fast bis zum Heft in den Kopf des Wurmes gebohrt. Schmatzend glitt das Schwert aus dem Fleisch und ließ neue Sturzbäche aus der Stichwunde quillen. Hastig sprang der Krieger einen Schritt zurück, als der Wurm ein an einen Seufzer erinnerndes Zischen von sich gab. Dann krümmte er sich zusammen, zuckte noch einmal und rollte auf die Seite.
Schwer atmend stützte sich der Waffenmeister auf seine Klinge. Knapp, verdammt knapp...
Doch der Feind war bezwungen. Der Koloss eines Wurms lag erschlagen auf den Felsen. Keuchend wischte sich Frost den Schweiß von der Stirn.
"Gardiff, ich könnte eure Hilfe gebrauchen!"
11.06.2003, 12:02 #2859
Superluemmel
Beiträge: 3.057
Die Gildenlosen #3 -
quote:
Zitat von Melyssa
ich frag mich immer wieso alle gildenlos werden wollen. was ist denn so schmackhaft an eurem status? ihr habt ja gar kein richtiges zuhause.
erklärts mir mal ;)




Erklär du's mir!
Ich weiß es ja selbst nicht...
11.06.2003, 15:05 #2860
Superluemmel
Beiträge: 3.057
[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 4 -
Langsam drehte sich der runde Stein zwischen Frosts Fingern. Das grelle Licht der goldenen Flammenscheibe über den Bergrücken der Luzkanzacken spiegelte sich abwechselnd auf der glatten, weißen Oberfläche des Steins, nur um kurz darauf von seiner düsteren Schattenseite verschluckt zu werden. Als der Sonnenschein die Trennlinie zwischen der dunklen und hellen Steinseite in sein gelbliches Licht tauchte, stoppte Frost die Drehbewegung.
Licht und Schatten. Hell und Dunkel. Sie lagen so nahe zusammen. Nur eine hauchdünne Grenze trennte die beiden Gegensätze voneinander. Sie schienen von einander abhängig zu sein. Doch waren sie es wirklich?
Konnte das eine ohne das andere existieren? Was, wenn ein kleiner Stoß die Balance ins Wanken brachte?
Frost drehte den Stein leicht nach links. Die schwarze Seite wurde vom Weiß ihrer Schwesternseite immer weiter zurückgedrängt. Kurz darauf kippte er den Stein in die entgegengesetzte Richtung. Die Schatten wuchsen wieder an, drohten sämtliches Licht zu verschlucken.
Gleichzeitig wusste der Krieger, dass auf der seinem Blick verborgenen Seite das Gegenteil der Fall sein würde. Nahm das Schwarz auf der einen Seite zu, gewann das Weiß auf der gegenüberliegenden an Boden. Ein Effekt zog den anderen nach sich.
Die Hand des Waffenmeisters ballte sich zur Faust. Es ging nicht anders. Das Gleichgewicht der Natur ließ sich nicht manipulieren. Wölfe rissen Schafe. Tötete man die Wölfe, rettete man dadurch die Schafe. Doch gleichzeitig wurde man selbst zum Wolf.
Schließlich schüttelte Frost den Kopf. Seine Hand glitt zu der Ledertasche und ließ den Stein in ihr verschwinden. Es brachte nichts, sich den Kopf über derartige Dinge zu zerbrechen. Der Lauf der Dinge hatte es nicht gerne, wenn man in ihm herumpfuschte.
Kies knirschte. Jemand näherte sich ihm. Noch bevor er sprach, wusste der Krieger, dass es sich um Horasson handelte. Außer ihm wusste niemand, wohin sich der Waffenmeister zurückgezogen hatte.
"Elgaron hat euren Auftrag erledigt."
Festes Leder setzte schwer auf hartem Fels auf.
"Seid ihr euch sicher, dass ihr dort hinauf wollt?"
Der Waffenmeister nickte, ohne seinen Blick von der steil abfallenden Klippe zu seinen Füßen zu nehmen.
"Ja. Ich muss. Nur dort kann ich die Antworten auf meine Fragen bekommen. Ich habe es lange aufgeschoben, doch es führt kein Weg daran vorbei."
Der Wind frischte auf. Pfeifend verfing er sich in den Felsspalten der Klippe und zerrte an Frosts Haaren. Der Krieger konnte Horasson seufzen hören.
"Schon viele haben versucht, den Göttersitz zu erklimmen. Die meisten schafften es nicht einmal bis zum eigentlichen Berg. Entweder der Gletscher oder die Luzkan haben sie erwischt. Diejenigen, die zurückkehrten, schworen sich nie wieder einen Fuß in Richtung des Berges zu setzen."
Noch immer zeigte sich keinerlei Regung in Frosts Gesicht. Seine Augen waren leicht zusammengekniffen, um die Pupillen vor dem scharfen Wind zu schützen. Er kannte die Geschichten. Genauso wusste er, dass es kein Zurück mehr gab.
"Die Sagen erzählen, dass der Göttersitz einst mächtigen Magiern dazu diente, ihre Macht zu fokussieren. Damals soll der Gletscher noch nicht existiert und der Berg selbst nicht jegliches Leben abgeblockt haben. Doch dann fühlten sich die Allmächtigen in ihrer Position bedroht und vernichteten die Magier. Ebenso erschufen sie den Gletscher. Seitdem sollen es nur noch wenige geschafft haben, den Göttersitz zu erklimmen. Und von diesen Menschen ist niemand mehr am Leben."
Der Gletscher...
Horassons Geschichte könnte der Wahrheit erschreckend nahe kommen. Niemand wusste genau, wie der Gletscher entstanden war. Ebenso wenig, wie Va'Shezum letztendlich unterging. Heute lagen die Ruinen unter Tonnen von Eis begraben. Das Werk der Götter?
"Dennoch ist es nicht unmöglich", antwortete Frost nach einigen Minuten und drehte sich zu dem Dorfältesten herum.
"Ich werde dort erwartet. Und so seltsam es klingen mag, ich weiß dass ich dort hinauf muss."
Der Blick des Ältesten war von Zweifel erfüllt.
"Was macht euch dessen so sicher? Und wer ist dermaßen verrückt, auf den Göttersitz zu klettern, um dort auf euch zu warten?"
Diese Frage hatte sich Frost selbst oft genug gestellt. Die Antwort war ebenso einfach wie unbefriedigend : Er wusste es nicht.
"Nennt mich ruhig verrückt, aber ich kann diese Frage selbst nicht beantworten. Es ist ein alter Mann und er behauptet, mich zu kennen. Doch ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, ihn schon jemals zuvor getroffen zu haben. Trotzdem kommt er mir auf seltsame Art und Weise vertraut vor. Wie ein alter Freund, nur kenne ich ihn eigentlich gar nicht. Es ist zum Verrücktwerden."
Horasson schüttelte den Kopf.
"Nein, ich halte euch nicht für verrückt. Das habt ihr schon damals im Krieg bewiesen. Wenn euch euer Weg auf den Göttersitz führt, dann soll euch auch nichts davon abhalten. Es ist bloß..."
Der Bergarbeiter blickte dem Krieger in die Augen. Dann lächelte er sein warmes Lächeln.
"Nun, vielleicht ist es doch verrückt", lachte er schließlich.
Frost reagierte mit einem schwachen Lächeln. Der Älteste hatte vollkommen Recht - Es war verrückt. Wenn da nicht dieses Gefühl in seiner Brust gewesen wäre...
"Ach, bevor ich es vergesse", meinte Horasson nachdem er sich wieder gefasst hatte, "Ich habe noch etwas für euch. Kommt zu mir, bevor ihr abreist. Ich bin mir sicher, dass es sich als hilfreich erweisen wird."
Mit diesen Worten verabschiedete sich der Berarbeiter und verschwand zwischen den zerklüfteten Felsen, um dem schmalen Pfad zurück zum Dorf zu folgen. Sekundenlang blickte Frost Horasson hinterher. Die Leute in diesem Dorf waren wirklich hilfsbereit. Sie versuchten dem Krieger bei jeglichen Angelegenheiten zu helfen, obwohl sie ihm nichts schuldeten. Gestern hatte er sich zumindest teilweise für ihre Hilfe revanchiert, als er ihnen das Fleisch des Klippenwurms brachte. Auch wenn es gehörig stank, stellte es richtig zubereitet eine Delikatesse dar. Eine recht seltene Delikatesse, da sich die Würmer nur ungerne erlegen ließen.
Seufzend kniete Frost neben den Mitbringseln des Ältesten nieder. Schwarze Lederstiefel schimmerten matt im grellen Sonnenlicht. Prüfend wog der Krieger einen der Stiefel in der Hand und befühlte die Sohle. Auch diese war aus dem elastischen Material gefertigt, wies jedoch einen gewaltigen Unterschied zum restlichen Stiefel auf. Als Frost mit der Hand über die Sohle fuhr, blieb sie an dem dunklen Material hängen. Das Material war unglaublich rutschfest. Erst als er die Hand nach unten wegzog, löste sie sich.
Weiterhin hatte Horasson ein Paar neuer Handschuhe abgeliefert. Auch diese waren aus schwarzem Leder gefertigt, die Handinnenseite ebenfalls aus der Haut des Klippenwurms. Der Gerber hatte gute Arbeit geleistet. Mit dieser Ausrüstung war zumindest eine minimale Erfolgschance in Frosts Unternehmen erkennbar geworden.
Der Waffenmeister beeilte sich, sein altes Schuhwerk gegen das neue auszutauschen. Als er die altgedienten Stiefel genauer betrachtete, musste er sich unwillkürlich wundern, wie er mit diesen Dingern überhaupt so weit gekommen war. Eigentlich hätte er gleich barfuß laufen können...
Routinierte Handgriffe zogen die ledernen Riemen Fest. Noch einmal schüttelte Frost den Fuß, um sich zu versichern dass der Stiefel richtig saß, dann striff er die Handschuhe über. Ein letztes Mal überprüfte er den Sitz der Ausrüstung, dann wanderte er ebenfalls den steilen Pfad zum Dorf hinab.
Kaum erreichte er den in Staub versunkenen Dorfplatz, da fiel sein Blick auch schon auf dem in den Schatten des Tavernenvordaches schlummernden Gardiff. Schnelle Schritte trieben den Waffenmeister zu seinem dösenden Schüler und leichte Patscher auf die Wange diesen gleich darauf aus dem Schlaf.
"Genug geschlafen, es gibt einiges zu bereden," begrüßte Frost den verschlafenen blinzelnden Vagabund.
"Habt ihr den Rest gesehen?", fragte Frost als er an den Rand der Schatten trat und den Blick über den Platz schweifen ließ.
"Ich werde noch an diesem Tag zum Göttersitz aufbrechen, doch muss ich euch zuvor noch einiges mitteilen..."
11.06.2003, 16:22 #2861
Superluemmel
Beiträge: 3.057
Neue Quests -
Wer meine bisherigen Questbeschreibungen gelesen hat, konnte wohl unschwer erkennen, dass ich's nicht sonderlich mit denen hab. Deshlab gibt's hier auch dieses Mal nur ne Kurzfassung.


Wer so verrückt war, vor etwas über drei Monaten die Klopperei zwischen Frost und einem alten Sack zu lesen, dürfte wissen was Sache ist.
Für die anderen hier die Fakten.
Mein Char kam auf die glorreiche Idee, den in Gorthar aufzufindenden Göttersitz zu erklimmen, um dort seinen derzeitigen Mentor zu treffen. Spannend, oder?
Das war's nämlich auch schon.

Teilnehmer :

Superluemmel.
Sonst niemand. Und das wird auch so bleiben, da die alte Sau da allein durch muss.
11.06.2003, 16:32 #2862
Superluemmel
Beiträge: 3.057
[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 4 -
Schweigend betrachtete Frost die Szenerie. Die Hitze hatte die Dorfbewohner in den Schutz ihrer Häuser zurückgetrieben. Nur einige Staubfahnen kräuselten sich im Wind und trieben über den Platz.
Offensichtlich war der lange Marsch für seine Gefährten doch kräftezehrender gewesen als es zunächst den Anschein gemacht hatte. Jedenfalls schienen sie die Ruhe des Bergdorfes zu nutzen, um richtig ausschlafen zu können.
Vielleicht war es auch besser so.
"Ich habe eine Aufgabe für euch und Esteron", antwortete der Krieger ohne seinen Blick vom Dorfplatz zu nehmen.
"Mittlerweile habt ihr viel gelernt. Ihr wisst, wie ihr euch zu bewegen habt. Einzig und allein die Körperbeherrschung macht euch noch leichte Probleme. Doch dazu kann ich euch nicht mehr viel beibringen. Alles weitere werdet ihr im Laufe der Jahre selbst lernen."
Nach einem Räuspern und nachdem er seinen Waffengurt zurechtgerückt hatte, löste Frost endlich seinen Blick von dem staubigen Platz und wandte sich seinem Schüler zu.
"Ich habe einen Auftrag für euch", wiederholte er sich.
"Allerdings keinen sonderlich leichten. Wie ihr wisst, ist die Inquisition aus der Hauptstadt geflohen. Den letzten bekannten Aufenthaltspunkt stellt ein Wald in der Nähe der Stadt dar. Ich vermute, dass sie sich tiefer in die Wälder zurückgezogen haben."
Ruhig stützte Frost die Ellenbogen auf das Geländer des kleinen Balkons.
"Jedenfalls stellen diese Kerle eine Gefahr für das Land dar. Der Rat heuerte mich an, um die Stadt vor Tak zu schützen. Dafür zahlte ein großer Teil von ihm mit dem Leben. Ich würde diese Aufgabe selbst übernehmen, doch führt mich mein Weg auf den Göttersitz. Ich... weiß selbst nicht was mich dort erwartet, aber ich kann meinem Schicksal nicht länger entfliehen. Entweder ich bezwinge diesen Berg oder er bezwingt mich."
Frosts Blick bohrte sich in Gardiffs.
"Wie dem auch sei, ich werde diesen Weg alleine beschreiten müssen. Deshalb will ich, dass ihr euch in der Zwischenzeit um die Inquisition kümmert. Findet heraus, was Tannenberg und sein Gefolge vor haben. Versucht sie nicht direkt anzugreifen, das wäre Selbstmord. Spürt sie auf, folgt ihnen und erstattet der Stadtgarde im Notfall Bericht. Falls sich euch eine Gelegenheit bietet, Tannenberg auszuschalten, dann tut es. Früher oder später wird ihn seine gerechte Strafe ohnehin einholen. Wichtig ist vor allem, dass er durch seine Pläne keinen weiteren Schaden anrichten kann."
11.06.2003, 17:29 #2863
Superluemmel
Beiträge: 3.057
[Q] Das Land Gorthar (Südland) # 4 -
Das wollte Frost hören. Ruhig trat er auf Gardiff zu, legte dem Jungen eine Hand auf die Schulter, während er mit der anderen sein Kinn leicht anhob, damit er ihm in die Augen sah.
"Ich habe gehofft, dass ihr so antworten würdet. Ihr besitzt die nötigen Fertigkeiten, um dieser Aufgabe gewachsen zu sein. Einziges Problem ist euer Hitzkopf. Versprecht mir, euch nicht zu übernehmen."
Ein warmes Lächeln stahl sich auf Frosts Gesicht.
"Immerhin will ich wissen, was ihr herausgefunden habt, sobald ich zurück bin."
Der Waffenmeister klopfte seinem Schüler freundschaftlich auf die Schulter.
"Was Esteron anbelangt, er wird euch schon helfen. Sagt ihm einfach, dass ich ihn beobachte. Dann wird er schon wissen, was zu tun ist."
Noch einmal blickte Frost Gardiff tief in die Augen.
"Wie dem auch sei, ich werde mich jetzt bereit zum Aufbruch machen. Richtet Esteron und den anderen einen schönen Gruß aus. Und bringt mir keine Schande - ihr könnt es schaffen wenn ihr euer Temperament zügelt. Ich bin mir sicher, dass wir uns wiedersehen werden."
Zumindest früher oder später...
Nachdem er sich von Gardiff verabschiedet hatte, ging Frost ruhigen Schrittes in Richtung des Hauses des Dorfältesten. Sobald er seine restliche Ausrüstung zusammengesucht hatte, war er bereit für den Aufbruch. Noch in dieser Nacht würde er den Gletscher erreichen.
12.06.2003, 11:53 #2864
Superluemmel
Beiträge: 3.057
Die Gildenlosen #3 -
Ich hätte nen Vorschlag.
Je mehr Gildenlose, desto weniger Beförderungen. Ehrlich gesagt hasse ich diese zweimonatigen Wellen. Verschwinden doch eh alle nach einem oder zwei Monaten wieder in der Versenkung.
Das Gildenlosenleben ist nur die Vorstufe zum endgültigen Ausstieg. Hat man in den letzten Monaten ja oft genug gesehen.
12.06.2003, 12:59 #2865
Superluemmel
Beiträge: 3.057
Die Gildenlosen #3 -
Tak, hast du das gehört?
Da will doch tatsächlich jemand gejagt werden. Wollen sich unsere Chars nicht mal wieder vertragen, damit wir etwas gemeinsames unternehmen können?
Obwohl, alternativ könnten wir uns ja auch mal wieder um die Beute kloppen. Ich mein, wenn er unbedingt will...
12.06.2003, 14:34 #2866
Superluemmel
Beiträge: 3.057
[GM] Sturm auf dem Göttersitz - [GM] Sturm auf dem Göttersitz
Knirschend gab der Schnee unter schweren, mattschwarzen Stiefeln nach. Schwer aufatmend wischte sich Frost mit dem Unterarm die Schweißperlen von der Stirn.
Verdammte Hitze...
Ja, es war heiß. Trotz des schneidend kalten Windes des Gletschers war der Krieger schweißgebadet. Der Aufstieg war lang und hart gewesen. Steile Felshänge und sprödes Gestein hatte das Fortkommen erschwert. Selbst die Sonne schien es sich zum Ziel gemacht haben, das Vorhaben des Waffenmeisters mit aller Macht zu behindern.
Allein der bisherige Aufstieg war schlimm genug gewesen, um die meisten abenteuerlustigen Wanderer zum Umkehren zu bewegen. Zwar war Frost früh in der Nacht aufgebrochen, doch hatte ihn schon bald die Gluthitze des nächsten Tages eingeholt. Glücklicherweise hatte er auf halber Strecke eine Nische in den zerklüfteten Felsen entdeckt, in der er Schutz vor der Hitze finden konnte. Erst als die Sonne ein gutes Stück am Himmelszelt weitergewandert war, hatte er seinen Weg fortgesetzt.
Nun stand er hier, am Rand des Gorthargletschers. Vor ihm erstreckte sich die eisige Einöde in Form eines Meeres aus glitzerndem Weiß, welches von den Rücken der umliegenden Bergketten eingerahmt wurde. Stahlblauer Himmel und eine unbarmherzig glühende Sonne begleiteten den Krieger seit Beginn seiner Reise. Selbst hier, auf dem Gletscher konnte er kein einziges Wölkchen am Himmel erkennen. Die Sicht war gut, problemlos konnte Frost die hoch aufragende Felswelle des Göttersitzes erkennen, die ihren weiten Schatten auf das ewige Eis warf. Schatten, ja, den könnte er jetzt auch gebrauchen...
Keuchend ließ sich Frost nach vorne in den Schnee sinken. Die Riemen des schweren Rucksacks schnitten schmerzhaft in sein Fleisch, sowohl Kleidung wie auch Handschuhe klebten feucht an seiner Haut. Genussvoll sog er die deutlich kühlere Luft des Gletschers in seine Lungen. Der Wind zerrte an seinem Mantel und brannte eisig in seinem Gesicht. Dennoch war der Eishauch des Gletschers für Frost tausendmal angenehmer als der Dampfkessel, den die Sonne aus dem Felsengebirge gemacht hatte.
Nach einigen Minuten warf der Krieger seinen Mantel zurück und griff nach seinem Schwert. Leise singend glitt der Eisbrecher aus der ledernen Schwertscheide und wurde kurz darauf kraftvoll in das Eis gestoßen. Während er den Griff fest mit der Rechten fasste, senkte Frost demütig den Kopf und fuhr mit der anderen Hand sanft über die Schneide des Schwertes.
"Ein einsamer Krieger betritt dein ewiges Reich", sprach Frost mit fester Stimme, "doch ist er nicht gekommen um dich deiner Schätze zu berauben."
Die Hand des Waffenmeisters verharrte, als sie die Mitte der schlanken Klinge erreichte.
"Ich begebe mich in deine eisige Umarmung, auf dass du mich auf meiner Reise führest. Gewähre mir das Recht, auf deinem Leib zu wandern, damit ich meine Aufgabe erfüllen kann."
Plötzlich versteifte sich Frosts Hand. Scharfer Schmerz pulsierte in seinem Handballen. Eine einzelne Perle hell roten Blutes quoll zwischen seinen Fingern hervor und rollte eine rubinfarben schillernde Spur hinterlassend an der Schneide des Schwertes herab. Schließlich erreichte sie das Eis, faltete sich auseinander und ließ sich von den Schneekristallen aufsaugen. Kurz darauf entsprang ein ganzer Sturzbach der Quelle zwischen Frosts Fingern und folgte dem Beispiel seines Vorreiters. Schon nach wenigen Augenblicken war das Weiß des Schnees von roten Sprenkeln übersät.
"Nimm mein Blut als Pfand."
Ein Ruck befreite das Schwert aus dem Eis und ließ es wenig später in sein ledernes Ruhebett zurückkehren. Der Schmerz in Frosts Hand ging auf ein dumpfes Pochen zurück, nachdem er den Schnitt mit etwas Schnee gekühlt hatte. Noch einmal zog er die Riemen seines Rucksacks fest, dann setzte er seinen Weg fort.
Schon bald hatte er eine der gewaltigen Eisplatten erreicht, die sich Flüssen gleich durch die verschiedenen Regionen des Gletschers zogen. Der scharfe Wind legte das massive Eis selbst nach den heftigsten Schneestürmen wieder frei. Einheimische Gletscherwanderer und Jäger versuchten die Eisflächen zu ihren Gunsten zu nutzen, da dort die Wahrscheinlichkeit geringer war, von den mörderischen Luzkan angefallen zu werden. Zumindest war man dort vor ihren Hinterhalten geschützt. Zwar erlaubten ihre gewaltigen Grabklauen der Gletscherbestie, sich selbst durch festes Eis zu buddeln, doch beschränkten sich die Totengräber meist auf den lockereren Schnee. Allerdings schützten die Eisflüsse nicht vor der Witterung. Und die Luzkan verfügten über einen ausgezeichneten Geruchssinn.
Prüfend setzte Frost einen Fuß auf die Eisplatte und testete ihn auf festen Halt. Horasson hatte nicht übertrieben. Seinem neuen Schuhwerk zum Dank rutschte er keinen Fingerbreit ab. Also hatte sich der Aufwand doch gelohnt.
Ermutigt durch den Erfolg marschierte Frost geradewegs auf die gewaltige Eisfläche. Wenn er ihrem Verlauf folgte, würde er ein gutes Stück zurücklegen können, ohne sich der Gefahr einer plötzlichen Luzkanattacke auszusetzen. Hoffentlich hielt sein Glück noch etwas länger an.
12.06.2003, 15:16 #2867
Superluemmel
Beiträge: 3.057
Der/Die zweite Schriftgelehrte -
Das nennst du Urlaub?
Junge, wenn du entspannen willst, dann schau auf's Meer hinaus aber nicht ins Internet ;)
12.06.2003, 16:22 #2868
Superluemmel
Beiträge: 3.057
Die Gildenlosen #3 -
Als ob es in den Gilden keine guten Poster geben würde -_-
Und auch dort gibt es Leute, die den sechsten Rang erreicht haben. Kann das Argument nicht nachvollziehen.
13.06.2003, 12:34 #2869
Superluemmel
Beiträge: 3.057
Anmeldung RPG wie lange warten -
Ich denke, es handelt sich um einen Forenfehler, da er schon zuvor in seinem ersten Thread geantwortet hat.

Trotzdem, Thread am besten vernichten.
13.06.2003, 14:56 #2870
Superluemmel
Beiträge: 3.057
[GM] Sturm auf dem Göttersitz -
Leider schien Frosts Glückssträhne schon am nächsten Morgen abgelaufen zu sein. Vor der Eishöhle, in der er Zuflucht für die Nacht gesucht hatte, tobte ein gewaltiger Schneesturm. Hier in der Höhle war es relativ ruhig, doch draußen verschluckte das Heulen des Sturms jegliche Geräusche. Eiskristalle prasselten auf das Eis des Höhleneingangs, immer wieder trieb der Wind einen Vorhang aus winzigen Schneeflocken in Frosts Zufluchtsort.
Seufzend schüttelte der Waffenmeister den Kopf. Bei diesem Wetter auch nur einen Fuß auf den Gletscher zu setzen, glich Selbstmord. Scheinbar versuchten nicht nur die Götter sondern auch die Urgewalten selbst, jeden Menschen daran zu hindern, den Göttersitz zu erklimmen. Was war an diesem Felsen so besonders? Natürlich war er ein beeindruckendes Schaubild der Natur, doch war das alles? Etwas mystisches umgab den gewaltigen Berg. Der Alte hatte ihn nicht ohne guten Grund zum Austragungsort ihres Duells auserkoren. Steckte in den alten Legenden vielleicht doch mehr Wahrheit, als man glauben mochte?
Kopfschüttelnd schob Frost die Glut seines Lagerfeuers näher zusammen und legte etwas Feuerholz nach. Gut, dass er seinen Vorrat in dem Dorf der Bergarbeiter noch einmal kräftig aufgestockt hatte. Rot glimmende Linien wanderten Würmern gleich über die durch die Hitze spröde gewordenen Holzscheite. Das Prasseln der Flammen wurde lauter, als sich die Feuerzungen knackend um die neu hinzugelegten, trockenen Äset wanden. Die Hitze des Feuers erfüllte die Höhle mit einer geradezu heimeligen Atmosphäre. Ein schmales Lächeln stahl sich auf Frosts Züge. War es Zufall, dass er ausgerechnet im ewigen Eis derartige Gefühle empfand?
Eine weitere Sturmböe blies eine Wolke aus Eiskristallen in die Höhle. Das Feuer flackerte fauchend. Reflexionen des Feuerscheins brachen sich mehrfach in den winzigen Kristallen, als sie sanft wie Federn zu Boden rieselten. Verdammtes Wetter...
Frost war nicht auf den Gletscher gekommen, um sich von einem Schneesturm in eine kleine Höhle drängen zu lassen. Gelangweilt kaute er auf einem Stück Pökelfleisch herum. Bisher hatte er noch nicht viel von seinen Vorräten verbraucht. Er verfügte sowohl über ausreichend Brennholz wie auch Proviant für mehrere Tage. Dennoch, wenn der Sturm zu lange anhielt, würde er sein Unternehmen wohl oder übel abbrechen müssen.
Soweit durfte es nicht kommen.
Noch einmal rief er sich seine erste Begegnung mit dem Alten ins Gedächtnis. Ließ den Kampf erneut vor seinem inneren Auge ablaufen. Der Greis bewegte sich mit unglaublicher Schnelligkeit. Obwohl er selbst keine Rüstung trug, hatte er keinerlei Verletzung davongetragen. Wie denn auch, Frost hatte ihn höchstens zwei Mal erwischt...
"Frost!"
... allein seine Selbstsicherheit war gefährlicher als jede Waffe. Der Greis hatte genau gewusst, dass Frost keine Chance gegen ihn haben würde. Er hatte von Anfang an mit ihm gespielt, ihn ausgetestet um ihm auf höchst schmerzhafte Art und Weise seine Grenzen aufzuzeigen. Ja, Frost hatte den alten Mann unterschätzt. Gewaltig unterschätzt. Doch aus Fehlern konnte man lernen. Beim nächsten Mal würde der Kampf anders verlaufen.
"Frost?"
Eine sanfte, wie auf Engelsschwingen dahingleitende Frauenstimme riss den Krieger aus seinen Gedanken. Sofort sprang er auf und sah sich um. Er spürte, wie sich der Rythmus seines Herzens in ein dumpfes Pochen verwandelte. Niemand zu sehen. Konnte es wirklich...?
"Frost, hier!"
Die Stimme kam von draußen!
Mit einem Satz war Frost an dem Höhleneingang, schirmte obgleich des heftigen Schneetreibens die Augen ab und spähte in das Chaos aus Schnee und Eis.
"Esthera...", murmelte der Krieger.
Doch dort draußen war nichts. Nichts, außer dem Sturm und seiner Milliarden kleinster Eiskristalle. Er musste sich getäuscht haben.
"Frost!"
Gerade als er sich umwenden und in die Höhle zurückkehren wollte, hörte er abermals die sanfte Stimme. Augenblicklich fuhr er herum und suchte das dichte Schneegestöber nach der Rufenden ab.
Verdammter Sturm...
Abermals verfluchte Frost den mörderischen Blizzard. Außer schlichtem Grau war nichts zu erkennen. Der heftige Schneefall beschränkte die Sicht auf wenige Schritt. Doch mittlerweile war er sich Frost sicher, keiner Täuschung seiner Erinnerungen aufgesessen zu sein. Er hatte die Stimme gehört.
Elender Narr, wie soll in diesem Sturm irgendetwas überleben? Selbst die Luzkan werden sich in ihre Löcher zurückgezogen haben!
Nein, er hatte sich nicht getäuscht! Als er seinen Kopf suchend zur Seite drehte, sah er sie. Er konnte nicht mehr erkennen als ihren Schemen, ein Schatten von zierlicher Gestalt inmitten der Hölle aus tobendem Schnee.
"Frost, komm doch her!, erklang erneut ihre wohlklingende Stimme, "Warum bleibst du mir weiterhin fern? Ist es wahr, was sie sagen?"
Ein schmerzhaftes Stechen brachte seinen Puls zum Rasen. Mit dumpfen Schlägen schien sein Herz versuchen zu wollen, aus seinem Brustkorb hervorzubrechen.
Ohne weiter zu zögern lief er los, mitten in das Treiben des Sturmes hinein.
"Nein! Esthera, warte!"
So schnell ihn seine Schritte trugen, rannte Frost auf den Schemen zu. Winzige Eiskristalle stachen Nadeln gleich in seine Haut, schon nach wenigen Sekunden spürte er, wie seine Haut unter der eisigen Berührung des Gletscherhauches zu brennen begann. Ungeachtet der Schmerzen lief er weiter, immer darauf bedacht, den Schemen in dem Schneetreiben nicht aus den Augen zu verlieren.
Doch je schneller er lief, desto weiter schien sie sich von ihm zu entfernen.
"Esthera, so warte doch!", rief der Krieger, senkte seinen Kopf und versuchte seine Geschwindigkeit noch zu erhöhen.
Allerdings riss der Sturmwind seine Worte davon, sobald sie seinen Mund verließen. Flammen schienen an seinen Oberschenkeln emporzulecken, die eisige Luft loderte wie Feuer in seinen Lungen. Kleine Eiszapfen bildeten sich in Frosts kurzgeschorenem Bart, jegliches Gefühl schien aus seinem Gesicht zu weichen. Schließlich gaben seine Beine einfach nach und er brach schweißüberströmt zusammen. Haltlos schlitterte er über das Eis, bis er geistesgegenwärtig die Handflächen auf die spiegelglatte Fläche drückte.
"Esthera..."
Stöhnend stemmte sich der Waffenmeister in eine knieende Position hoch. Mittlerweile schienen sich die Flammen auf seinen gesamten Körper ausgeweitet zu haben. Jede Faser stellte ihren ganz persönlichen Tempel der Qual dar.
Was ging hier vor sich?
Wohin er auch blickte, er konnte niemanden entdecken. War es doch nur eine Sinnestäuschung gewesen?
Plötzlich hörte der Sturm auf, Frosts Gehörgänge mit seinem ohrenbetäubenden Heulen zu peinigen. Von einer Sekunde auf die andere ebbte das Schneetreiben um ihn herum ab. Verwirrt sah sich der Krieger um. Der Sturm hatte aufgehört. Stattdessen umgaben ihn nun Wolken aus dichtem, weißem Nebel.
"Frost, komm doch zu mir."
In einer fließenden Bewegung war der Krieger auf den Beinen und herumgefahren. Der Nebel teilte sich, gab den Blick auf eine zerbrechlich wirkende Frau frei. Kastanienbraunes Haar fiel in langen Strähnen über ihre Schultern, schmiegte sich sanft an ihre zarte Gestalt. Die schneeweiße Robe schien den verletzlich wirkenden Eindruck noch verstärken zu wollen.
"Esthera... Was... was suchst du hier?", fragte Frost ungläubig, als er langsam auf die Frau zuschritt.
In diesem Moment machte sich ein unangenehmes Kribbeln in seiner Wirbelsäule breit. Lange, dürre Spinnenbeine schienen sich seinen Rücken herabzutasten, seine Nackenhärchen stellten sich langsam, Stück für Stück auf.
"Endlich sehen wir uns wieder", sprach Esthera ohne auf Frosts Frage einzugehen, "Nach all der langen Zeit... Schließ mich in deine Arme und versprich mir, mich nie wieder zu verlassen..."
Tränen glitzerten in Estheras klaren, blauen Augen. Zögernd streckte Frost die Hand aus und legte seinen Arm zärtlich um ihre Hüfte.
"Ich... ich weiß gar nicht... Es ist so... unwirklich...", fasste Frost seine Verwirrung in Worte.
"Ich weiß was du denkst", sprach Esthera mit ihrer glockenhellen Stimme.
Sanft erwiderte sie Frosts Umarmung und schmiegte sich fest an den Krieger. Es war ein Kontrast wie Tag und Nacht. Frosts zutiefst schwarze Robe und das silbergraue Haar gegen Estheras reine, weiße Robe und kastanienbraune Haar.
"Doch ist das jetzt nicht unwichtig? Hauptsache, wir sind wieder zusammen..."
Ja, sie hatte Recht. Das war das einzige, was nun zählte. Vergessen waren all die Schmerzen, vergessen die Jahre in stiller Einsamkeit. Endlich waren sie wieder vereint.
Warm lächelnd strich Frost durch Estheras Haar und beugte sich leicht herab, um sie zu küssen. Im selben Moment, in dem seine Lippen Estheras berührten, explodierte eisige Kälte in seiner Brust.
Eine Welle aus purem Eis schien durch seine Knochen zu laufen, das Blut in seinen Adern gefrieren lassen und seine Bewegungen zu lähmen.
Was ging hier vor sich?!
Geqäult schrie Frost auf und versuchte sich von Esthera zu lösen. Doch ihre Umarmung war unnachgiebig wie die Kiefer eines Luzkan. Pure Agonie überschwemmte Frosts Bewusstsein. Er glaubte sich selbst auf einen gähnenden Abgrund zutaumeln zu sehen. Mit aller Macht kämpfte der Waffenmeister gegen die drohende Ohnmacht an.
Diese Schmerzen... Alles brennt, Flammen überall... Ich kann nicht mehr...
Ein glockenhelles Lachen drang an Frosts Ohren.
"Esthera... Nein, wa-... warum?"
Frost glaubte zu spüren, wie sich seine Glieder verhärteten. Schimmernde Eiskristalle begannen sich dem schwarzen Material seiner Rüstung zu bilden, überzogen sie mit einem Panzer aus weißem Rauhreif.
Nein, es war alles falsch...
Warum hatte er nicht auf seinen Verstand gehört? Er hatte die Gefahr gespürt! Und dennoch war er blind wie ein Maulwurf in die Falle getappt.
Jetzt zahlte er den Preis für seine Dummheit...
Auf einmal begannen sich Estheras Züge aufzulösen. Die Haut ihres Gesichts schien wässrig zu werden, das Haar verblasste langsam. Wie Farbe im Wasser lief das zarte Gesicht auseinander, verwandelte sich in dichten Nebel.
Statt der zerbrechlichen Gestalt Estheras wand sich eine vielgliedrige Gestalt auf dem Eis. Heimtückisch blitzende Augen, schwarz wie die Nacht, funkelten Frost aus tief liegenden Augenhöhlen an. Eingerahmt wurden sie von einem Hornwulst von eisgrauer Färbung. Der Kopf des Wesens erinnerte an den eines Menschen, nur war er vollkommen kahl und an Stelle von Zähnen blitzten dolchartige Fänge in dem lippenlosen Mund. Hier endete allerdings auch schon jegliche Ähnlichkeit.
Der Körper glich eher dem geschuppten Leib einer Schlange und befand sich in stetiger, zuckender Bewegung. Sechs schlauchartige Arme wanden sich um Frosts Körper und Arme und verdammten ihn zur Bewegungsunfähigkeit.
Gletscherdämonen...
Er hatte von diesen Wesen gehört. Von ihrer Fähigkeit, gewaltige Trugbilder zu erschaffen, gewusst. Und war dennoch töricht genug gewesen, sie als einen Irrglauben abzutun. Abermals verfluchte er sich selbst für seine Dummheit.
"Jetzt zeigt ihr also... euer wahres Gesicht, Dämon...", presste Frost mit schmerzverzerrtem Gesicht hervor.
Luft... Seine Lunge schrie nach Luft. Der Griff des Dämons presste ihm unbarmherzig den letzten Sauerstoff aus dem erstarrenden Körper.
"Ich zeige nur das, was du dir am sehnlichsten wünschst"
Die Stimme des Dämons hatte nichts mehr von Estheras sanftem und beruhigenden Tonfall. Eher war sie auf eine beinahe schmerzhafte Art und Weise schrill und misstönend.
Stöhnend biss Frost die Zähne zusammen. Sein gesamter Körper schien sich ein einen Eisblock verwandelt zu haben. Es kostete ihn unglaubliche Kraft, allein die Finger zu bewegen. Und jede noch so kleine Bewegung ließ ganze Flammenhöllen in seinen Gliedern explodieren. So... kalt...
Beinahe zärtlich schmiegte sich der Dämon fester an Frost. Die spitzen Fänge näherten sich seinem Hals. Instinktiv wollte er den Kopf zur Seite werfen, um Abstand zu gewinnen, doch seine Muskeln verweigerten ihm den Dienst.
Was hatte der Alte über Instinkthandlungen gesagt? "Lass dich nicht von deinen Gefühlen leiten, sondern beherrsche deinen Körper."
Ja, er hatte sich von seinen Gefühlen lenken lassen. War ihnen blindlings gefolgt. Jetzt musste er dafür bezahlen.
Rauhreif knirschte, als sich Frosts Hand bewegte. Er durfte nicht aufgeben, nicht bevor er die Antworten auf seine Fragen gefunden hatte. Der Dämon gab ein bedrohliches Zischen von sich. Seine mörderischen Fänge blitzten kalt im trüben Licht der durch den Nebel brechenden Sonne.
Dann explodierte Frosts gesamter Körper in brennendem Schmerz. Einen Moment lang glaubte er, er würde einfach einer Eisskulptur gleich zerspringen. Doch dann fühlte er, wie sich seine Hand um den schuppigen Arm des Dämons schloss.
Seine Rechte fand wie von Geisterhand geführt zu kaltgefrorenem Leder, als sich der Krieger vor Schmerz brüllend zur Seite warf, um dem tödlichen Biss zu entkommen. Ein lautes Kreischen erfüllte die Luft, der Stahl des Eisbrechers schabte über die metallene Innenverkleidung der Schwertscheibe und kam schließlich in einem gleißendem Blitz frei.
Statt Frosts Hals zu zerfetzen, gruben sich die spitzen Zähne des Gletscherdämons in seinen rechten Oberarm. Warmes Blut lief über die eiskalte Haut des Waffenmeisters.
Der Dämon hing noch immer an Frosts Schwertarm, als der scharfe Ironiastahl den Schuppenpanzer seiner Arme durchdrang. Klatschend schlugen die abgetrennten Enden dreier Fangarme auf dem Eis auf, wanden sich noch einige Sekunden lang wie verletzte Schlangen, bevor sie erschlafften.
Das schmerzerfüllte Kreischen des Dämons vermischte sich mit dem rasenden Brüllen des Waffenmeisters. Spitze Fänge schnappten nach Frosts Gesicht. Schillernder Stahl zerschnitt sirrend die Luft. Um die eigene Achse wirbelnd wich Frost zur Seite aus.
Schmatzend grub sich die Klinge in das eisgraue Fleisch der tückischen Gletscherkreatur.
Der Dämon erzitterte. Das zahnbewehrte Maul weit aufgerissen, hing er auf den Schwanz aufgerichtet halb in der Luft. Regenbogenfarbenes Blut sickerte aus einer Wunde direkt unterhalb seines Kinns. Ein einzelner Sonnenstrahl brach sich auf der Spitze des Eisbrechers, welcher einem Horn gleich auf der Rückseite seines Halses ausgetreten war.
Sämtlicher Glanz wich aus den Augen des Dämons. Frost atmete auf. Keuchend senkte er das Schwert und schob den Kadaver mit dem Stiefel von seiner Klinge.
Völlig entkräftet sank er neben der Kreatur, welche wenige Minuten zuvor noch Esthera gewesen war, auf die Knie. Ungläubig schüttelte er den Kopf. Was hatte er getan, dass das Schicksal dermaßen grausam zu ihm war?
"Was habe ich getan?!"
Sein Schrei verhallte in den Weiten des sich langsam auflösenden Nebels. Der Sturm hatte nachgelassen. Allmählich kehrte wieder Ruhe auf dem eisigen Leib des Gletschers ein.
14.06.2003, 15:36 #2871
Superluemmel
Beiträge: 3.057
[GM] Sturm auf dem Göttersitz -
Einsamkeit.
Schmerz.
Kälte.
Tod.
Er trieb durch einen Ozean aus schwarzer Unendlichkeit. Leere. Endlose Leere umgab ihn. Überall das gleiche Bild. Schwärze, ein wogender Vorhang aus absoluter Finsternis.
Er wusste, dass er allein war. Allein in der unendlichen Einsamkeit seines selbstgeschaffenen Gefängnisses. Was hatte er sich nur dabei gedacht, alleine den Gefahren des Gletschers trotzen zu wollen? Den Göttersitz zu erklimmen! Wer war er, dass er gegen den Willen der Götter aufbegehrte?
Er war wieder auf sich alleine gestellt. Wie schon so oft zuvor. Doch dieses Mal war es anders. Dieses Mal würde es kein weiteres Erwachen nach dem Tod geben.
Dieses Mal würde er entgültig sein.
Lähmende Schmerzen in jeder einzelnen Zelle seines Körpers erinnerten ihn daran, dass er noch immer lebte. Wie lange noch? Wann würde sein Körper den Kampf aufgeben? Unglaubliche Kälte entfachte ein loderndes Inferno auf seiner Haut. Der Kuss des Gletscherdämons hatte seinem Körper jegliche Wärme entzogen. Selbst nach dem Tod der Kreatur versuchte sein Gift noch immer, das einmal begonnene Werk zu vollenden. Ein tödliches Vermächtnis. Seine Nemesis.
Und dann, wenn einmal auch das letzte Fünkchen Wärme aus seinem schwächer werdenden Körper gewichen war, würde er sterben. Noch einmal würde seine kraftlose Hülle versuchen, mit krampfhaften Zuckungen ihrem Schicksal zu entkommen. Obwohl der Kampf aussichtslos war, würde sein Leib den Kampf weiterführen. Bis zum bitteren Ende. Schließlich würde sich sein Körper mit einer weißen Decke aus Rauhreif überziehen. Wenn er Glück hatte, würde er einem der Aasfresser noch als Mahlzeit dienen können. Vielleicht würden auch andere Gletscherabenteurer seine steifgefrorene Leiche nach Jahren auf dem Eis entdecken. Ein schauerliches Mahnmal für all diejenigen, die sich tatsächlich einbildeten, gegen die Götter aufbegehren zu können.
"Frost, wach auf!"

Ein stechender Schmerz in seinem Kopf riss Frost aus seiner Starre. Flüssige Lava schien sich brennend ihren Weg durch seine Adern zu bahnen und hinterließ dabei ein unangenehmes Kribbeln. Eiserne Ketten hinderten Frosts Lunge, ihre Arbeit zu verrichten. Japsend schnappte der Waffenmeister nach Luft. Flammende Ringe sprangen vor seinen Augen auf und ab. Etwas festes, klobiges blockierte seine Atemwege. Keuchend schlug sich Frost selbst auf den Rücken und stürzte erneut hart auf das Eis. Gleichzeitig spürte er, wie sich die Blockade in seinem Hals löste. Hustend und würgend spuckte er Blut und eine seltsame, violettene Flüssigkeit. Binnen weniger Augenblicke verhärtete sich das seltsame Sekret und verschmolz mit dem Eis zu einer dunklen Lache. Nach Atem ringend wälzte sich Frost auf den Rücken.
Er lebte...
Zwar schmerzte jede einzelne Faser in seinem Körper als ob sie von ein paar tollwütigen Trollen zum Tauziehen benutzt worden wäre, aber er war noch immer am Leben. Hoffentlich blieb das auch noch länger der Fall...
Mit schmerzverzerrtem Gesicht stemmte sich Frost in die Höhe. Beinahe wäre er auf der wie mit Seife eingeriebenen Eisoberfläche gleich wieder gestürzt, fing sich jedoch im letzten Moment auf. Ja, er lebte tatsächlich noch. Allerdings würde das in wenigen Stunden auch keinen Unterschied mehr machen. Denn er befand sich inmitten der eisigen Einöde des Gletschers. Als er einem falschen Ziel folgend in den Sturm gerannt war, hatte er auch die letzte Orientierung verloren. Einzige Orientierungshilfen war der Göttersitz sowie die umliegenden Randgebirge. Er hatte nur die wenigen Sachen bei sich, die er bei der überstürzten Aktion am Leib getragen hatte. Mittlerweile völlig durchnässte Kleidung, die Geschwisterklingen und seine Rüstung. Dazu seine noch fast volle Feldflasche. Also stand er quasi mit bloßen Händen gegen die Urgewalt des Gletschers.
Hilflos sah sich Frost um. Wenn ihn seine Erinnerung nicht täuschte, lag die Höhle mit seiner Ausrüstung in der Nähe des östlichen Gebirgskamms. Umkehren konnte der Krieger nicht mehr. Dafür war er schon zu weit in die Eiswüste vorgedrungen. In seinem derzeitigen Zustand würde er nicht einmal mehr die Hälfte des Weges hinter sich bringen, bevor er vollends zusammenbrach. Andererseits war es genauso unmöglich für ihn, den Göttersitz zu erklimmen. Zumindest, bis er sich halbwegs erholt hatte.
Seine Lippen waren aufgesprungen, die Haut rot durch die Kälte. Knurrend meldete sich nun auch noch sein Magen zu Wort. Entweder, er fand die Höhle oder er verreckte doch noch elendig auf dem Eis. Letzteres erschien ihm um einiges wahrscheinlicher. Wenn er die Höhle finden wollte, musste er nach der berüchtigten Nadel im Heuhaufen suchen.
Ein letztes Mal suchte Frost die Umgebung nach Anhaltspunkten ab, die ihm bei seiner Suche helfen konnten. Nichts. Auf dem Eis waren keinerlei Spuren zu erkennen und der Schneesturm hatte sein Übriges beigetragen. Kopfschüttelnd lief der Krieger in die Richtung los, in der er die Höhle vermutete. Mehr als diese Vermutung hatte er ohnehin nicht. Erst recht keine Hoffnung, aus dieser Misere jemals wieder lebend herauszukommen.
Immerhin war das Brennen in seinen Gliedern auf ein leichtes Kribbeln zurückgegangen. Vielleicht steckte in seinem Körper ja doch noch mehr Leben, als er zunächst vermutet hatte. Die Sonne setzte ihre Reise über den Himmel unaufhaltsam fort, als der düstere Krieger durch die triste Wüste aus Weiß- und Grautönen stapfte. Einzig und allein der scharfe Gletscherwind begleitete ihn auf seinem Weg.
Er wusste nicht, wie lange er schon durch die Einöde wanderte, als ihm eine Lichtreflexion auf dem Eis ins Auge stach. Eine einfache Spiegelung, hervorgerufen durch eine besondere Anordnung der Eiskristalle? Viel zu verlieren hatte er auch nicht, wenn er den Grund für die Reflexion genauer untersuchte. Umso erstaunter war er, als er eine schlichte Kupfermünze entdeckte, die auf dem Eis lag.
Erstaunt sah sich der Waffenmeister um. Eine Münze, hier, mitten im ewigen Eis? Mißtrauisch geworden hob der Krieger das Geldstück auf und betrachtete es genauer. Das stilisierte Abbild des Königs von Myrthana blickte ihm aus leblosen Augen entgegen. Somit war also ausgeschlossen, dass es sich um einen der Schätze handelte, die der Gletscher im Laufe der Jahrhunderte verschlungen hatte.
Doch wie - Noch eine Münze. Unweit seiner Position blinkte eine weitere Kupfermünze auf dem Grau des Eises. Also eindeutig kein Zufall.
Frosts Hand lag am Knauf seines Schwertes, als er sich der zweiten Münze näherte. Als er wenige Schritt entfernt noch ein Geldstück fand, war er nicht mehr sonderlich überrascht. Kurz entschlossen folgte er der Spur aus Geld. Viel zu verlieren hatte er ohnehin nicht mehr. Außer seinem Leben, aber falls er die Höhle nicht bald fand, regelte sich dieses Problem ohnehin von selbst.
Er war den Münzen sicherlich eine gute halbe Stunde lang gefolgt, als er einen düsteren Umriss erkannte, der sich deutlich von der grauen Eisfläche abhob. Frosts Herz begann schneller zu schlagen. Konnte es wirklich...?
Seine Schritte beschleunigten sich. Schließlich flog er geradezu von heiß brennender Hoffnung beseelt über das Eis. Tatsächlich, wenige Schritt vor ihm klaffte ein tiefer Einschnitt im Leib des Gletschers. Und inmitten des Spalts war die kleine Höhle zu erkennen, in der er die vergangene Nacht über Zuflucht gesucht hatte.
In Gedanken dankte Frost dem Unbekannten, der ihn auf die richtige Fährte gelockt hatte und schob sich in das Innere der Höhle. Das Feuer war mittlerweile heruntergebrannt, nur noch verkohlte Holzscheite kündigten von der wohligen Wärme der erkalteten Glut. Ein ganzer Felsbrocken schien von Frosts Herzen abzubröckeln, als sein Blick auf den prall gefüllten Rucksack fiel. Die Mundwinkel des Kriegers verzogen sich zu einem grimmigen Lächeln.
So schnell würde ihn diese Welt nicht loswerden.
14.06.2003, 17:26 #2872
Superluemmel
Beiträge: 3.057
Happy Birthday Satura -
Nur weil du das vergessen hast, heißt das noch lange nicht, dass wir da gleichziehen.
Blindfisch! ;)
Da gugga moi o!
14.06.2003, 19:23 #2873
Superluemmel
Beiträge: 3.057
[GM] Sturm auf dem Göttersitz -
Stück für Stück kämpfte sich Frost weiter den Berg hinauf. Der monotone Rythmus seiner Schritte, das kaum hörbare Knirschen des Eises unter den Sohlen aus Wurmhaut und der sanfte Singsang des Gletscherwindes bildeten zusammen die einzigen Geräusche auf dem reglos daliegenden Eisgiganten.
Der Krieger hatte den Kragen seines Mantels hochgeschlagen sowie die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, um seine Haut vor dem eisigen Wind zu schützen. Schon die leichteste Berührung des Eishauches ließ unzählige Schmerzenspole in seinem Körper aufflammen. Zwar hatte sich der Krieger wieder größtenteils von den Folgen des Dämonenangriffs erholt, doch bis seine unterkühlten Glieder wieder vollends einsatzfähig waren, würde noch einige Zeit vergehen. Und je mehr er sie schonte, desto schneller würden sie heilen.
Festen Schrittes setzte Frost seinen Weg fort. Der Eisfluss, dem er folgte, zog sich nahezu über den gesamten Gletscher. In dieser Hinsicht hatte er bisher sogar Glück gehabt. Kein Luzkan hatte ihn gewittert. Solange die Eisfläche weiterhin so breit blieb, hatte er gute Chancen, den Göttersitz zu erreichen ohne ein einziges Mal einer der Schneebestien zu begegnen.
Inzwischen wurde das Eis immer wieder von größeren Felsbrocken durchbrochen, die wie die Fänge eines gewaltigen Raubtieres gen Himmel ragten. Bruchstücke des gewaltigen Plateaus, welches die Spitze des Göttersitzes dargestellt hatte, bevor der vordere Teil des Berges aus unerklärlichen Gründen abgebrochen war und ein Stück des Gletschers unter sich begraben hatte. Nun lagen die Trümmer des massigen Bergkopfes über den gesamten Gletscher verstreut. Stumme Zeugen eines Ereignisses, das zu unvorstellbar für den menschlichen Geist gewesen war.
Über der gesamten Szenerie thronte der Gipfel des Göttersitzes, dem höchsten Berg der Luzkanzacken. Noch immer warf das gewaltige Felsmassiv seinen immerwährenden Schatten auf Teile des Gletschers, auch wenn die Finsternis aufgrund des Erdrutsches an Macht eingebüßt hatte.
Vor einiger Zeit musste General Kaszan Toras zusammen mit seinem Expeditionstrupp diesen Weg beschritten haben. Erstaunlich, wie weit er bereits gekommen war. Vor allem, wenn er bedachte dass von Toras' vierzig Mann gerade mal eine Hand voll zurückgekommen war. Der Gedanke trug sowohl etwas beunruhigendes wie auch aufbauendes mit sich. Wenn es selbst vierzig ausgebildete Soldaten nicht vollends mit den Schrecken des Gletschers klarkamen, wie sollte es dann erst ein einzelner Krieger schaffen? Andererseits hatte er den größten Teil des Weges bereits hinter sich und lebte immer noch. Zumindest mehr oder weniger.
Als sich Frost durch einen Spalt zwischen zwei gewaltigen Felsbergen zwängte, fiel ihm die Stille auf, die sich wie ein drückendes Tuch über die Szenerie gelegt hatte. Augenblicklich blieb der Krieger stehen, presste sich mit dem Rücken fest an den Fels. Da war es wieder. Ein unangenehmes Kribbeln in seiner Wirbelsäule. Millionen winziger Insekten, die einer Flutwelle gleich durch seine Nervenbahnen brandeten.
Die Stille war alles andere als natürlich. Vom Wind war nichts mehr zu spüren, obwohl die herumliegenden Felsen kaum ausreichen konnten, um das Gebiet von dem eisigen Hauch abzuschirmen. Dieses Mal war Frost vorsichtiger und griff nach dem Schwert, um die lange Klinge zwischen den Fingern lautlos aus der Scheide gleiten zu lassen. Bläulich schimmernd schwebte der Eisbrecher einer überdimensionierten Nadel gleich in Kopfhöhe, als sich der Waffenmeister vorsichtig um den Felsen herumschob.
Und verkniff sich gerade noch einen wüsten Fluch. Vor ihm breitete sich ein wahrer Irrgarten aus Felszacken und Eisspalten aus. Wenn hier etwas lauerte, hatte es mehr als ausreichend Verstecke für einen Hinterhalt. Die von den Felsen ausgehende Gefahr war geradezu körperlich spürbar. Ein Schaudern lief Frosts Rücken herunter, seine Nackenhärchen stellten sich zum wiederholten Male auf.
Was sich auch immer in diesem Labyrinth versteckt hielt, es war da. Frosts Atmung ging ruhig und flach, als er mit schlagbereit erhobener Waffe auf die Felsformationen zuhuschte. Rasch drückte er sich an den harten Stein, warf einen Blick über die Schulter und eilte dann zum nächsten Felsen, um das Spielchen zu wiederholen.
Als er um die Kante des Felsbrockens spähte, konnte Frost einen schwachen Lichtschimmer erkennen. Es war nur eine Spiegelung im Grau des Eises. Ein sanfter, orangeroter Schein der sich langsam von dem Waffenmeister fortbewegte. Mißtrauisch kniff Frost die Augen zusammen. Was ging hier vor sich?
Nicht zum ersten Mal fragte er sich, ob es wirklich so eine gute Idee gewesen war, alleine den Gletscher zu besteigen. So hatte er niemand, der ihm den Rücken decken konnte. Sobald er seine Position preisgab, wurde er verwundbar für aus dem Hinterhalt geführte Attacken. Strategisch gesehen stand er schon mit einem Bein im Abgrund. Wenigstens war es nur sein Leben, über das er zu entscheiden hatte.
Leise zischend entwich die Luft zwischen seinen Nasenflügeln, seine Finger suchten neuen Halt an dem lederumwickelten Griff des Schwertes. Wie er diese Entschlüsse hasste. Den Lichtschein im Auge behaltend, ging der Waffenmeister leicht in die Knie.
Dann sprang er aus seiner Deckung, sprintete mit eingezogenem Kopf über das Eis und landete mit einer Hechtrolle hinter einer mehr als mannshoch aufragenden Eisnadel. Blitzschnell hob er die Waffe, jederzeit bereit einen plötzlichen Angriff zu kontern. Gespannt hielt er den Atem an.
Stille.
Das Wummern seines eigenen Herzschlages klang wie das Stampfen einer ganzen Trollherde in Frosts Ohren. Wenn ihn der Sprint nicht schon verraten hatte, dann würde es sein Herz tun.
Doch nichts rührte sich.
Frost zählte in Gedanken bis Zehn, dann lugte er abermals aus seiner Deckung hervor. Die herabgestürzten Felsen bildeten eine schmale Gasse, die auf einer Seite durch gewaltige Eisklötze begrenzt wurde. Unruhig suchte Frost die Ränder der natürlichen Schlucht ab. Er konnte schon fast fühlen, wie ihm ein unsichtbarer Beobachter laut "Falle!" zurief.
Scharf die Luft zwischen den Zähnen ausstoßend, ließ sich Frost in die Deckung der Eisnadel zurücksinken. Der Lichtschein verlor sich hinter der Kante der Schlucht. Der Krieger atmete tief durch. Es gab noch weitere Wege als diese offensichtliche Falle. Doch was hatte es mit diesem mysteriösen Licht auf sich? Lief er geradewegs in den Hinterhalt weiterer Gletscherdämonen?
Der Estheradämon hatte gemeint, er würde stets das zeigen, was sich sein Opfer am meisten ersehnte. Frost warf die Stirn in Falten. Er konnte sich nicht vorstellen, irgendwo in den Tiefen seiner Seele nach einem Lichtschimmer zu dürsten. Konnten diese Dämonen lügen? Hätte er einen Grund dazu gehabt?
Hastig verdrängte Frost die aufsteigenden Gedanken und trat enschlossen einen Schritt nach vorne und in die Schlucht hinein.
15.06.2003, 17:20 #2874
Superluemmel
Beiträge: 3.057
[GM] Sturm auf dem Göttersitz -
Schnelle Schritte trugen den Waffenmeister zur Eiswand der Schlucht. Augenblicklich drückte er sich mit dem Rücken fest an das Eis, das Schwert fest in der Hand und zum Zustoßen bereit. Gehetzt rannte sein Blick den Rand des riesigen Felsblocks entlang, der die gegenüberliegende Schluchtseite bildete. Die Muskeln des Kriegers spannten sich, in Erwartung eines plötzlichen Angriffs ging er leicht in die Knie.
Nichts rührte sich.
Ein scharfes Einatmen. Frosts Kopf drehte sich leicht nach links, suchte die eigentliche Schlucht nach möglichen Gefahren ab. Einen Wimpernschlag später war sein Blick wieder auf den Schluchtrand gerichtet.
Völlige Stille.
In einer fließenden Bewegung löste sich Frost von der Wand, wirbelte herum und huschte weiter. Nach mehreren, schnellen Schritten presste er sich erneut gegen das Eis. Aufmerksam sondierten die eisblauen Pupillen die Umgebung, durchleuchteten Fackeln gleich das seltsame Zwielicht, ließen keinen Schlupfwinkel unentdeckt.
Nichts.
Jeder Muskel, jede Sehne in Frosts Körper war bis zum Zerreißen gespannt. Das elektriesierende Kribbeln in seinem Nacken ein ganzes Reiterheer, das über seine Nervenbahnen donnerte. Er wusste, dass er nicht allein in dieser Wüste aus Eis und Felszacken war. Frost konnte die Anwesenheit von etwas fremden ebenso spüren, wie er den Gletscherdämonen gespürt hatte.
Diese Anspannung war zigmal schlimmer als jeder Gegner, der in den Schatten auf ihn lauern mochte. Sie verunsicherte ihn. Ein Feind aus Fleisch und Blut war immerhin eine Gefahr, die fassbar und dadurch besiegbar war. Doch diese Ungewissheit attackierte ihn, ohne dass er sich gegen sie wehren konnte. Sie schlug keine körperlichen Wunden, doch sie zehrte an seinem Selbstvertrauen, seinen Nerven. Durch sie wurde er daran erinnert, wie verwundbar er trotz aller Rüstung war.
Eine Spiegelung auf dem Eis sprang Frost ins Auge. Da war es wieder, ein flackerndes, orangerotes Licht. Wie das einer Flamme. Schwach reflektierte die Eiswand den Lichtschein. Was auch immer die Quelle dieses Scheins war, es musste sich hinter der Kante am Ende der Schlucht befinden. Verdammt, hier stank es gewaltig nach einer Falle.
Unruhig wanden sich Frosts Finger um den Griff des Eisbrechers, schmiegten sich fester an den lederumwickelten Stahl. Es brachte alles nichts, er konnte noch Stunden stehenbleiben und warten, ob sich etwas regte. Kurzentschlossen sprintete der Krieger durch die enge Schlucht, stieß sich vom Boden ab und rollte sich über die Schulter ab und um die Kante des Eisgrabens. Knirschend gruben sich die Schulterhörner seiner Rüstung in das Eis, winzige Partikel spritzten umher als Frosts Stiefel auf dem rutschigen Untergrund aufsetzten und die Bewegung abrupt stoppten. Der Eisbrecher zuckte einer zubeißenden Schlange gleich nach oben.
Doch der erwartete Angriff blieb aus. Pupillen, kalt wie der Hauch des Gletschers, musterten misstrauisch die Umgebung, als sich der Krieger langsam aufrichtete. Die Schlucht mündete in einem von Eiszacken umrahmten Kessel. Auf dem Eis brach sich mehrfach der ruhig pulsierende Lichtschein. Nur war die eigentliche Lichtquelle nirgends zu entdecken.
Zumindest nicht auf dem Eis.
Als sich Frost vorsichtig der Mitte des Kessels näherte, konnte er einen hellen Punkt mitten in dem gefrorenen Leib des Gletschers erkennen. Auf den ersten Blick sah es wie eine gewöhnliche, wenn auch ungewöhnlich flache Steinplatte aus. Bei genauerem Hinsehen konnte Frost jedoch feine Linien ausmachen, die sich wie ineinander verschlungene Schlangen durch den Stein wanden. Pulsierende Lichtströme, die durch die Gravur strömten, verstärkten den seltsam lebendig wirkenden Eindruck. Die Form des Musters erinnerte den Waffenmeister an Schriftzeichen, auch wenn er sie nicht entziffern konnte. Eine Rune? Mitten im ewigen Eis?
Zudem war die Steinplatte ungewöhnlich groß für eine Zauberrune. Frost kannte hauptsächlich die kleinen Runensteine, die von den meisten Magiern des Landes benutzt wurden, um ihre magische Energie zu fokussieren und in mächtige Zauber umzusetzen. Allerdings musste sich der Krieger auch eingestehen, nicht allzu viel von diesem gesamten Magiezeugs zu verstehen. Vielleicht sollte er diese Wissenslücke bei Gelegenheit einmal ausbessern.
Je länger er die Rune betrachtete, desto intensiver wurde das Kribbeln in seinem Nacken. Der Stein wirkte eine seltsame Anziehungskraft auf ihn aus. Fing seinen Blick ein, fesselte ihn mit unsichtbaren Ketten an sich und ließ ihn nicht mehr los. Zögernd, wie gegen einen nicht erkenntlichen Widerstand ankämpfend, hob sich Frosts Hand. Ebenso langsam fasste er das Schwert mit beiden Händen und kehrte die Spitze gen Boden, sodass sie schließlich direkt auf den Runenstein zeigte.
Was tat er hier, wie - Der Eisbrecher zuckte nach unten.
Krachend bohrte sich die Klinge aus schimmerndem Ironiastahl in das eisige Grau, mit aller Macht trieb Frost die Waffe tiefer in den reglosen Gletscherriesen. Knackend brach das Eis, gab mit dröhnendem Getöse nach und formte einen etwas mehr als fingerbreiten Riss, der von der Bruchstelle ausgehend sich rasch ausweitete und einen gezackten Spalt hinterlassend durch das Eis lief. Schließlich traf er auf eine der Talwände, rannte an ihr empor und kam knapp unterhalb ihres Randes zum Stillstand.
Die schmale Kluft hatte den Runenstein freigelegt. Der Riss verengte sich in der Tiefe immer weiter, bis er sich vollends schloss. Doch über der Steinplatte hatte sich das Eis wenige Haar breit auseinandergezwängt.
Und die wabernden Feuerlinien beschränkten sich nicht weiterhin nur auf ihr steinerndes Gefängnis. Feurigen Würmern gleich krochen sie an den Steilwänden des Risses in die Höhe, ließen zischend jahrhunderte altes Eis verdampfen und brannten schwarze Spuren in die eisige Umgebung. Langsam aber sicher näherten sie sich dem feststeckenden Eisbrecher. Frost versuchte endlich, das Schwert freizubekommen und zu verschwinden, doch er war unfähig, sich zu bewegen. Verdammte Hexerei...
Zum bloßen Zuschauen verdammt, musste Frost mit ansehen, wie die Feuerwürmer schließlich die Spitze seines Schwertes erreichten. Einen Moment lang schienen sie zu zögern, wanden sich unschlüssig um die stählerne Klinge herum. Dann sprangen sie auf den kalten Stahl über und krochen umso schneller an ihm empor, als ob sie die verlorene Zeit wieder einholen wollten. Jetzt konnte Frost auch die unglaubliche Hitze spüren, die ihm einer Faust gleich ins Gesicht schlug. Keuchend verengte er die Augen zu schmalen Schlitzen, war jedoch nicht in der Lage, die Hände vom sich stetig erwärmenden Schwertgriff zu nehmen.
Millimeter für Millimeter arbeiteten sich die feurigen Linien die Erzklinge hinauf, wanden sich in seltsam anmutenden Bahnen um die Schwertschneide, rasten direkt auf Frosts Hände zu. Warum konnte er das verdammte Schwert nicht loslassen?!
Einer der Feuerwürmer erreichte die Parierstangen, schlang sich wie ein Tentakel um den erhitzten Stahl, machte allerdings keinerlei Anstalten, weiter am Heft emporzuwandern. Seine Artsgenossen hatten keine derartigen Hemmungen, sprangen ungebremst auf das Leder des Griffes über. Mit vor Schrecken geweiteten Augen musste Frost mit ansehen, wie sich einer der Würmer geradewegs auf seinen kleinen Finger zubewegte. Innerlich bereitete er sich schon auf den Schmerz vor, den die Verbrennung mit sich ziehen würde.
Dann erreichte die Feuerlinie seinen Handschuh. Und drang widerstandslos in ihn ein. Doch der erwartete Schmerz blieb aus. Vielmehr kam es Frost so vor, als ob etwas kaltes, feuchtes über seine Haut tastete. Nicht nur über seine Haut. Weitere Feuerwürmer wanden sich seine Arme empor, schlängelten sich die Adern seines Halses hinauf und überzogen seine Haut mit einem gleißenden Gespinst. Als sie seine Augen erreichten, begann die Welt wie unter extremer Hitze zu verschwimmen.
Nie zuvor gesehene Bilder begannen sich vor Frosts Augen zu formen. Er sah blühende Gärten mit ihm völlig unbekannten Pflanzen. Sorgfältig angelegte Bäche zogen sich zwischen den prachtvollen Blumenbeeten und Bäumen hindurch. Gigantische Türme aus einem an Elfenbein erinnernden Material von reiner, weißer Farbe streckten sich dem Himmel entgegen.
Das Bild begann zu flackern, dann stürzte es einem Vorhang gleich in sich zusammen, nur um sich kurz darauf neu zu formen. Ein gigantischer Platz, eingerahmt von ausladenden Zuschauerrängen aus Marmor bildete sich hervor. Bunte Wappenbanner flatterten über einem Baldachin im Wind. Einige Sekunden lang war keine Menschenseele zu sehen. Dann füllte sich der Platz binnen weniger Augenblicke mit fremdartig wirkenden Gestalten. Für Menschen waren sie unglaublich zerbrechlich gebaut und ihre Züge wirkten um ein vielfaches edler, wie von einer inneren Ruhe erfüllt, nicht wie die abgerauhten Mienen biersüchtiger Zuschauer. Auf einmal kam Bewegung auf den Platz. Mehrere Gestalten huschten mit atemberaubender Geschwindigkeit über das Gras des Turnierplatzes und tauschten geschmeidig Schläge aus, duckten sich mit der Geschmeidigkeit eines Panthers unter vorschnellenden Klingen hinweg und griffen mit waghalsigen Sprüngen ihrerseits an. Die Kunstfertigkeit und Schnelligkeit der Kämpfer übertraf die eines normalen Menschen um Längen.
Langsam verblasste auch dieses Bild und löste sich schließlich in einen Hauch rötlichen Nebels auf. Frost blinzelte verwirrt, als er anstatt des prächtigen Amphitheaters auf einmal wieder das triste Grau des Eises vor Augen hatte. Allerdings befand er sich nicht mehr inmitten des kleinen Talkessels. Verwundert blickte er sich um, stellte zuerst verblüfft fest, dass er sich offensichtlich am Rande des Gletschers befand und suchte dann Seinen Körper nach Spuren der feurigen Berührung ab. Gerade rechtzeitig, um einen der Feuerwürmer zu erspähen, der sich gerade von seinem Handschuh löste und sich über den Stahl seines Schwertes davonschlängelte. Jedoch blieb er knapp oberhalb des Heftes stehen, wand sich dann mehrfach um sich selbst und ließ sich schließlich auf dem blanken Stahl nieder. Für einen Moment leuchtete ein fremdartiges Muster auf, dann verblasste das Glühen. Zurück blieb eine verschnörkelte Rune knapp oberhalb der Parierstangen. Sie erinnerte den Krieger an alte Schriftzeichen aus der Rimmersmark, wies jedoch leichte Abweichungen auf. Was hatte das zu bedeuten?
Stirnrunzelnd ließ Frost das Schwert ein paar Mal spielerisch durch die Luft gleiten, konnte allerdings keine Beeinträchtigung der Balance oder andere Probleme spüren. Schließlich rammte er den Eisbrecher zurück in die Scheide und sah sich unentschlossen um. Auf wundersame Weise befand er sich nun ein gutes Stück höher auf dem Gletscher, nahe des an den Göttersitz angrenzenden Berges. Eine glückliche Fügung des Schicksals, denn so würde es nicht mehr allzu lange dauern, bis er sich an den Aufstieg machen konnte. Die Antworten auf seine Fragen waren in greifbare Nähe gerückt...
15.06.2003, 23:37 #2875
Superluemmel
Beiträge: 3.057
[GM] Sturm auf dem Göttersitz -
Plätschernd klatschte eine glasklare Flüssigkeit auf die staubtrockenen Felsen, rannte in schmalen Flüssen über die miniaturisierte Hügellandschaft des Gesteins um stetig bergab zu fließen. Das Plätschern verwandelte sich in ein leises Tröpfeln, als die letzten, in allen Farben des Regenbogens schillernden Tropfen die metallene Kanne verließen und auf dem Granit zerschellten. Ein scharfer Geruch, ähnlich dem von Schnaps, nur deutlich aufdringlicher, erfüllte die Luft und reizte die Schleimhäute des dunklen Kriegers.
Kritisch betrachtete Frost sein Werk. Eine lange, feuchte Spur zog sich quer über den felsigen Untergrund und schillerte in den unterschiedlichsten Farben unter dem blassen Mondlicht. Schließlich ließ er die Kanne sinken, rümpfte die Nase und gewann rasch Abstand von dem künstlich angelegten Flüsschen.
Wenn sein Besuch eintraf, wollte er lieber ein schlechter Gastgeber sein und durch Abwesenheit glänzen. Immerhin präsentierte er seinem Gast ein saftiges Abendessen.
Sich auf dem Gestein abstützend, schwang sich der Krieger über einen niedrigen Felsbrocken hinweg und in die hinter ihm verborgen liegende Mulde. Noch einmal vergewisserte er sich, dass die Spur ordentlich gelegt war, dann ließ er sich in seine Deckung sinken. Von seiner Position aus hatte er einen guten Überblick über die Szenerie und war größtenteils vom Wind geschützt. Allerdings trug dieser einen Hauch des scharfen Gestanks mit sich. Vor diesem Zeugs gab es wohl kein Entkommen...
Umso besser. Denn so war es mehr als unwahrscheinlich, dass sein Gast die Fährte übersah. Frosts Hand wanderte zu dem Trinkschlauch mit dem Branntwein, während sein Blick an dem gigantischen Felsriesen emporwanderte, welcher den Göttersitz darstellte. Nur schwerlich waren die leicht zwei Schritt hohen Löcher zu erkennen, die die Felswand wie die Einschläge gewaltiger Geschosse in einer Burgmauer verzierten.
Kräftige Schlücke zwangen den starken Branntwein Frosts Kehle hinunter, entfachten ein Meer aus Flammen in seinem ausgetrockneten Hals und erfüllten seinen Leib mit einer wohligen Wärme. Sorgfältig stopfte der Krieger den Korken zurück in die Öffnung des Lederschlauches, bevor er ihn sicher in seinem Gepäck verstaute und statt dessen einen etwas mehr als faustgroßen Stein zur Hand nahm.
Abschätzend wog der Waffenmeister den kleinen Felsen in der Handfläche, warf ihn spielerisch einige Male in die Luft. Sein Blick richtete sich erneut auf die durchlöcherte Bergflanke, blieb schließlich auf einem unmerklich größeren Loch hängen. Ein schneller Satz katapultierte Frost nach vorne, sein Arm schwang nach unten, beschrieb eine fast vollständige Kreisbahn und entließ den Stein in einem weiten Schwung. Klackend knallte der Fels gegen die Decke der Höhle, verlor dabei einen kleineren Teil seines steinigen Körpers und verschwand dann polternd in der Dunkelheit.
Hastig duckte sich Frost zurück in den Schutz seines Verstecks. Wenige Sekunden später drang auch schon ein ihm bekanntes Geräusch aus dem gähnenden Schlund in der Felswand. Ein durchgehendes, lauter werdendes Schaben, als ob Sandpapier über schroffen Fels glitt. Der Vergleich kam der Realität erschreckend nahe. Es dauerte nicht lange, bis sich ein zutiefst schwarzes Etwas aus dem Höhleneingang schob. Wie der Rüssel eines Wildschweins ruckte der Wurmkopf herum, versuchte vergeblich zu erkennen, welcher Störenfried ihn da aus seinem Schlummer gerissen hatte. Nach wenigen Augenblicken verlor die Pendelbewegung an Kraft. Lautlos öffnete sich das grob dreieckige Maul, um den wahren Kopf des Klippenwurmes zu offenbaren. Ein einzelnes, geschlitztes Auge blinzelte in die Dunkelheit, rosafarbene Tentakelarme fächernden dem gierig aufgerissenen Maul Luft zu, um Witterung aufzunehmen. Ein Rinnsal einer klaren Flüssigkeit troff aus zwischen den Fangarmen verborgen liegenden Giftdrüsen und stürzte die Felswand hinab. Plötzlich verharrten die Tentakel in ihrer unsteten Bewegung. Knarzend schob sich der Wurm weiter aus seinem Bau hervor, das Kopfende neigte sich in die Tiefe. Offensichtlich hatte er das Sekret seines Artgenossen gewittert, welches Frost zuvor großzügig über die Felsen verteilt hatte. Augenblicklich kam Bewegung in den Wurm. Die Kopfhaut schloss sich fast vollständig, mit kraftvollen Schüben glitt das massige Ungetüm vollends aus seinem Loch und kroch mit erstaunlicher Geschwindigkeit die fast senkrecht abfallende Wand hinab. Selbst bei seiner zweiten Begegnung mit einem derartigen Koloss büßte der Klippenwurm nichts von seiner ehrfurchtserregenden Aura ein.
Ebenso wie der fellige Schatten des mächtigen Raubtieres, das sich düster vor der rabenschwarzen Kulisse der Nacht abzeichnete. Lautlos wie eine sich heranpirschende Katze setzten die mächtigen Grabschaufeln auf den Felsen auf, wuchteten den mehr als zwei Schritt hohen Körper nach vorne. Der Kopf des Luzkan befand sich dicht über dem Boden, seine Nüstern sogen den Geruch des Wurmgifts auf, während die tückisch blitzenden Augen aufmerksam die Umgebung sondierten. Für die Dauer eines Herzschlages verharrte die fellige Kreatur, als sie den sich unruhig windenden Klippenwurm erspähte.
Die Lefzen des Totengräbers hoben sich zitternd, entblößten die gut Schritt langen Reißzähne. Langsam sank die Schneebestie leicht in die Knie. Das schneeweiße Fell striff über den Felsboden, als er sich vorsichtig aber nicht unbedingt langsam näher an sein Opfer heranschlich.
Der Klippenwurm kroch währenddessen weiter ziellos über das Gestein. Er hatte die drohende Gefahr noch nicht bemerkt. Ohne das geringste Geräusch zu verursachen, schob sich der Luzkan weiter voran. Bleiches Mondlicht brach sich in den dunklen Pupillen des mächtigen Jägers, der gewaltige Schatten näherte sich unaufhaltsam dem Wurm.
Der Klippenwurm unterbrach seine Schlängelbewegung, um den Kopf zu heben und nervös hin und her zu winden. Spürte er den anrückenden Todesschatten?
Der Luzkan duckte sich zum Sprung. Selbst auf die Distanz von einem guten Dutzend Schritt glaubte Frost zu sehen, wie sich die gewaltigen Muskelpakete unter dem Fell spannten. Das Maul öffnete sich leicht, bereit sein Opfer in Stücke zu reißen.
Einen Moment lang verharrte der Luzkan in seiner Pose. Dann entluden seine Muskeln die aufgestaute Kraft in einem gewaltigen Satz. Der Wurm warf seinen Kopf zur Seite, giftiges Sekret spritzte an dem vorschnellenden Monstrum vorbei, mächtige Kiefer klafften auseinander um einen Sekundenbruchteil später zusammenzuklappen. Brüllend versenkte der Luzkan seine Ehrfurcht erregenden Hauer in der robusten Haut des Klippenwurms, konnte sie jedoch nicht durchdringen. Der Wurm begann in Todesangst wie wild zu zappeln, verteilte Schauer seines Gifts ziellos über die Felsen. Fauchend richtete sich die Gletscherbestie auf die Hinterläufe auf, demonstrierte seine eindrucksvolle Größe von mehr als vier Schritt. Begleitet von einem wütenden Knurren warf er den Kopf hin und her, sein wehrloses Opfer fest in den tödlichen Fängen. Knallend donnerte das Hinterteil des Wurms mehrfach auf den felsigen Untergrund, ließ Steinsplitter zur Seite spritzen und schien den Berg in seinem Urgestein erzittern zu lassen.
Die monströse Wurmkreatur gab ein angstvolles Zischen von sich, als die Pranke des Luzkan auf seinen schlauchartigen Körper drückte und ihn fest am Boden hielt. Der Totengräber sank wieder auf alle Viere herab, nagelte den Wurm mit den Vorderläufen fest und zerrte knurrend an seinem widerspenstigen Opfer. Mit unglaublicher Kraft trieb er seine Hauer tiefer in den Wurmleib. Mittlerweile sprudelte das Wurmsekret in unkontrollierten Fontänen zwischen der Schutzhaut am Kopf hervor, das Zischen wurde zunehmend gequälter.
Dann gab seine Haut mit einem dumpfen Knallen unter dem immensen Druck der Kiefer nach, die todbringenden Fänge gruben sich tief in das weiche Fleisch. Ein letztes Mal schmetterte der Luzkan den besiegten Feind wuchtig auf den Fels. Der Wurm bäumte sich zitternd auf, erschlaffte kurz darauf jedoch vollständig. Eine Spur aus zähem, gelblichen Blut hinter sich herziehend, trottete der Totengräber von dannen und wurde schon bald von dem wogenden Vorhang der Nacht mitsamt seiner Beute verschlungen.
Damit war Frost um ein Problem ärmer, das ihn am Aufstieg hätte hindern können.
Seite 115 von 123 « Erste 111  112  113  114  115  116  117  118  119 Letzte »