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12.03.2004, 16:54 #226
Isabell
Beiträge: 307
[Q] Das Land Gorthar # 7 -
Sie warteten die Zeit ab, in zwei angenehmen Sesseln in einer der Zimmer in der eigentlichen Bibliothek, beide hatten sich ein Buch genommen, in dem sie ein wenig lasen, es war nur so zum Vertreib der Zeit, da sie sowieso nicht soviel davon hatten. In ihrem Buch, das den Titel "Arsun Katarum" hatte, ging es um alte Legenden, die sich um ein Land namens Katarum drehten. Sie hatte von diesem Land nie etwas gehört, doch die Geschichten waren schön beschrieben. Daraus ließen sich viele Texte für die Lieder machen, dachte sie sich, doch bevor sie ernsthaft daran dachte sich aus diesem Buch ernste Anreize zu holen, kam schon der greise Mann mit ihren Rucksäcken. Sie waren jetzt viel, viel schwerer und es würde zu Beginn keine schöne Zeit mit diesen Gewichten auf dem Rücken werden, doch so waren sie trotzdem optimal vorbereitet, denn wie lange sie weg sein würden, das war natürlich unbekannt. Sie gingen zum Ausgang der Bibliothek, die schwere, massive Holztür war dies und sie wurde nun mit einem leichten Knirschen geöffnet. Es war Rociel, der zuerst durchging, doch der jungen Frau lag noch etwas am Herzen, wozu sie ihren Bruder aber ganz und gar nicht brauchte, weswegen sie ihn schon einmal anwies, weiterzugehen. Ich komme gleich nach. Dann wandte sie sich zu Priester Tolban, der immer noch im Rahmen der Türe stand und sie aus tiefen Augenhöhlen ansah.

I: Meister, ich…ich habe eine Frage an euch. Mein Bruder sagt immer, ihr wäret so weise, vielleicht könnt ihr mir ja helfen.
T: Was bedrückt dich denn, mein Kind?
I: Es ist wegen Rociel. Diese Rüstung…wie es zustande gekommen ist. Und auch sonst. Er ist immer so, ich weiß nicht…
T: Zuvorkommend?
I: Ja, ja so in etwa, ihr wisst was ich meine. Gibt es denn nichts, mit dem ich mich revanchieren könnte? Habt ihr vielleicht eine Idee?
T: Die Stiefel hat er doch schon lange von dir bekommen. Was denn noch?
I: Die Stiefel? Das kann man doch so nicht vergleichen, ein kleines Paar Stiefel. Es war sogar seine Idee, sie zu schustern.
T: Na dann koch ihm mal was, irgendwann, nach diesen Abenteuer. Besonders Fisch mag er, am besten mit frischen Kräutern. Gerade jetzt wachsen frische Kräuter zuhauf.
I: Kochen? Ich versteh nicht ganz. Was soll das?
T: Nun, dann will ich es dir mal näher erklären, wenn du meine Worte nicht verstehst. Was ich sagen will ist, dass Rociel keine Geschenke von dir erwartet. Er ist glücklich, wenn du bei ihm bist, mehr braucht er nicht. Deine pure Anwesenheit ist in seinen Augen ein Geschenk. Wenn du ihm was kochst oder eines deiner Lieder spielst, oder etwas anderes, in deinen Augen Unwichtiges machst, dann wird er glücklich sein. Genau wie du dabei auch glücklich wärst, nicht wahr? Schau Isabell, der Junge liebt dich und du doch ihn? Wieso sollte man so ein sicherlich schönes Geschenk wie diese Rüstung mit etwas noch größerem zurückzahlen? Er hat sie dir aus Sorge um dich geschenkt, nicht wegen dem Materiellen, das ist ihm egal. Ein Geschenk aus Liebe muss man nicht mit etwas anderem zurückzahlen. Es war ein Geschenk. Mach dir nicht so viele Gedanken, das ist schlecht für eure Mission. Bleib einfach nur bei ihm und so wie du bist, das wird er mehr schätzen als jedes Materielle, verstanden?
I: Ja, ich glaube ich war blind. Aber das leuchtet ein.
T: Natürlich tut es das und nun geh, ihr habt in den kommenden Wochen fiel zu tun. Passt auf euch auf.


Sie ging ein paar Schritte nach vorne und hinter ihr krachte die Tür in die Angeln, vorne, vor der Treppe und hinter der Statue wartete ihr Bruder. Mit ihm warteten auch noch die Skelette auf sie, doch diese wollte sie mehr warten lassen als ihn. Als sie die Statue hinter sich gelassen hatte, rasteten die Skelette wieder auf ihrer alten, wachenden Position ein.
Was wolltest du denn noch mit meinem Mentor besprechen? fragte ihr Bruder, nachdem sie sich kurz geküsst hatten. Ach nichts, es war nur wegen der Kanalisation. Ich wollte nur wissen, ob es da unten auch Ratten gibt. Die Lüge war zwar schlecht, aber sie schaffte es einigermaßen glaubwürdig zu präsentieren. Danach gingen sie langsam die Treppen hinab. Ratten? Natürlich gibt es da Ratten. Riesenratten, so groß, dass sie kleine Mädchen mit einem Biss verschlingen, wohahahaha. Lass uns hier verschwinden, auf nach Gorthar. So ein Spinner, dachte sie sich schmunzelnd, doch wenigstens nahm er es so locker.

Sie nahmen für ihren Rückweg erneut einen Schluck aus dem angebrochenen Fläschchen, von diesen hatten sie nur noch ein Volles, das mussten sie für die Rückkehr bewahren. Doch erst mal hatten sie noch eine Essenz intus und rannten so durch die Hallen, durch das Labyrinth und durch den großen Gang, so dass sie schon nach einer Viertelstunde im Dauerlauf zu der Leiter kamen, die sie nach oben, ans Tageslicht, bringen sollte.
12.03.2004, 22:54 #227
Isabell
Beiträge: 307
[GM] Das dritte Amulett - [GM] Das dritte Amulett
..................... Das dritte Amulett

.....................

.......................................Prolog

Bisherige Chars und Organisationen.

Fürst Rociel Pergamo:

Er, der das Blut eines Dämonen in sich trägt, er, der das Blut eines Menschen in sich trägt, er, der die Seele eines Seraphim in sich trägt, er, der eine verbotene, verachtete, gehasste Liebe führt, er, der Innos treu ergeben, er, der nur erschaffen wurde um zu sterben. Der Schicksalsbote hat nur eine Aufgabe, auferlegt vom höchsten, schönsten und prächtigsten aller Götter. SIEBEN Amulette gilt es zu finden, dann erst soll sich zeigen, wo der Gral von Thyremien liegt. Ihn zu zerstören, dass ist seine Aufgabe, die noch im Verborgenen liegt. Dieses mächtige Artefakt, das niemals mehr in die Hände von einem Lebewesen kommen darf.

Fürstin Isabell Pergamo:

Auch sie ist ein Dämonenkind, verbindet dasselbe Schicksal wie ihr Bruder. Zusammen waren sie einst ein wunderschönes Paar, bis man sie zum Zweck dieser Aufgabe auseinander riss, in der Hoffnung, dass der Frevel nie bemerkt werden sollte. Nun kämpft sie Seite an Seite mit Rociel, ebenfalls für das eine Ziel. Die Schicksalsrichterin ist an der Seite des Boten, um das Gleichgewicht der Macht zu halten, ungeschützt vor eigenen Schwankungen. Ihr Ziel ist es mit ihrem Bruder zurück in die Welt ihrer Brüder und Schwestern zu kehren und Assiah den Rücken zu kehren.

Pator und Tarugie:

Pator, der männliche und Targuie, die weibliche, sind die beiden Seraphim, die über Rociel und Isabell wachen. Sie bereiten die Bestimmung vom Vater vor, damit alles nach Plan läuft. Doch von ihrer Stelle aus können sie nicht viel tun, da für alle Seraphim ein Verbot in Assiah herrscht. Sie können die Welt nicht betreten. Die beiden haben jedoch eine hohe Stellung und sind nicht zufällig für diese Arbeit eingeteilt, da sie einst Freunde von Rociel und Isabell waren.

Priester Tolban:

Ein alter, greiser Innospriester, dem man die Macht nicht ansieht. Er ist das Verbindungsglied zwischen Pator und Tarugie und Rociel und Isabell. Als Cherubim hat er erstaunliche Fähigkeiten, in Verbindung mit seinen Kräften als Innosmagier besitzt er mächtige Magie. Doch seine wahre Macht liegt darin, dass er der Wächter der Bibliothek von Gorthar ist, jahrelang das Amulett für Rociel bewacht hat und ganz nebenbei sehr, sehr lange schon lebt.
Für Rociel ist er ein Meister und der junge Mann sieht ihn als sein Mentor.

Prix:

Prix ist ein Freund von Rociel, der bisher nur eine kleine Rolle spielte. Er ist ein Meisterjäger und versteht es auf die Jagd in den Wäldern von Gorthar. Von ihm hat Rociel viel gelernt und lange bei ihm gelebt. Er ist ein treuer Freund.

Ra:

Auch er spielt keine Rolle im Kampf um die Amulette, doch ist er Rociel ans Herz gewachsen. Einst war er ein Bandit, der ihn angriff, doch sie nahmen ihn in ihre Obhut und seitdem lernt er bei Prix alles, was man zum jagen wissen muss.

Kryliyx:

Ein niederer Gedankendämon, der Isabell zwei Jahre lang unter seinem Willen hielt und sie zu seiner Sklavin degradierte. Er trug das zweite Amulett, das sich inzwischen im Besitz von Rociel befindet. Er wurde damals getötet…

Rexx:

Ein sprechender Schädel, der, gespalten, auf seiner Brustseite der Rüstung genäht ist. Er war einst untot. Er beherrscht die Sprache der Menschen und die Sprache der Dämonen und Untoten. Er besitzt noch Teile seiner schwarzen Magie, ist aber ohne Körper machtlos. Ob er seinen Träger akzeptiert, oder finstere Pläne gegen Rociel schmiedet, das kann man nicht so genau sagen, denn er spricht ziemlich wenig und eine telepathische Kommunikation hat ihm Rociel, wegen der heftigen Schmerzen, untersagt.

Der Gelirkas Orden:

Der Gelirkas Orden trat erst seit kurzem auf den Plan. Dreht man das Wort um, so erhält man das Wort Sakrileg und genau das ist es auch in den Augen der Jäger. Sie versuchen mit allen Mitteln Rociel und Isabell zu töten, da es in ihren Augen ein Sakrileg ist, was sie betreiben unter den Augen Innos. Der Orden tritt meistens sehr dezent auf, keine Zeugen, selten sind mehr als zwei Mitglieder dabei die Pläne auszuführen. Doch der Orden umfasst knapp hundert Anhänger, darunter mächtige Nekromanten. Ihr Erkennungszeichen ist eine schwarze Rose, was auf den Anführer des Ordens zurückgeht.

Die schwarze Rose:

Eine unbekannte Gestalt, Führer des Gelirkas Ordens. Niemand kennt ihn, nie hat ihn jemand gesehen. Seine Befehle, ausgeführt vom Leiter der Sekte. Doch hinter dem Gesicht des Unbekannten verbirgt sich mehr als nur ein Mensch…ein alter Bekannter der Geschwister, der viel tiefere Pläne als der Orden verfolgt.
12.03.2004, 23:03 #228
Isabell
Beiträge: 307
[GM] Das dritte Amulett -


In der Dunkelheit, da hausen sie.
Verachtet, Verbrannt, Verbannt
Schwärzeste Kammern sind ihr Zuhaus.
Gefürchtet, Geächtet, Gehasst
Leben verloren, doch Dasein nie.
Süchtig, Sorglos, Selbstsicher
Warten nur, hoffen, wollen heraus.
Gierig, Grotesk, Geisteslos
13.03.2004, 22:25 #229
Isabell
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[GM] Das dritte Amulett -
Es hatte sich einiges getan, was ihren Bewegungsradius anging, für Isabell war es eine wahre Genugtuung endlich wieder freistehen zu können und auch ausreichend Platz zu haben. Die Fläche war gut fünf Meter breit und mindestens genauso hoch, also hatten sie allen Platz der Welt. Die ganze Anlage jedoch wirkte mehr wie Katakomben in ihren Augen. Die sprudelnde und plätschernde Quelle war dreckiges Abwasser. Es war richtig braun und unappetitlich, sorgte ebenfalls für den strengen Geruch hier unten. Zum Glück fiel es in einen tieferen Schacht, der unter ihnen verlief. So waren ihre Stiefel erst mal auf trockenen, staubtrockenen Steinplatten. Die ganze Anlage wirkte sehr alt, die meisten Steine wirkten genauso brüchig wie die beim Gitter. An den Stellen, an denen das Abwasser entlang lief hatte sich grüner Schimmelpilz festgesetzt und verhinderte ein näher kommen. Die Luft war sehr stickig und Staubpartikel flogen zusätzlich durch die Luft, während sie erneut mit der Fackel versuchten ihren Weg zu finden. Ihr Bruder erhöhte die Intensität der Flamme, so dass sie einen größeren Sichtradius zur Verfügung hatten. Vor ihnen lag ein modriger Gang, der wieder einen linearen Ablauf hatte, zumindest zu Beginn. Das hämmernde Geräusch wurde hier unten noch intensiver, sie fühlten sich beobachtet. Doch noch war niemand zu sehen, ihr Eindringen war unbemerkt geblieben. Über ihnen musste sich die Stadt befinden, vielleicht gingen sie ja gerade unterhalb des Marktplatzes spazieren. Dennoch war der Ausflug nicht unbedingt gut. Besonders der Geruch machte ihren Atemwegen schwer zu schaffen, er war zwar nicht ätzend oder giftig, aber sehr intensiv und machte das Atem sehr schwierig. Zum Glück wurde es mit der Zeit angenehmer, da aus Luftritzen in den brüchigen Felsen Luft hinein kam.
Sie gingen eng beisammen, wollten sich in dieser Dunkelheit nicht verlieren. Die junge Frau versuchte mögliche Gefahren schon im Vorfeld zu hören und konzentrierte sich deshalb auf die Geräusche, die durch ein vielfaches Echo sehr gut wiedergegeben wurden und noch hunderte von Metern weit zu hören waren. In der Dunkelheit waren die Augen so gut wie nutzlos und der Schein des Lichts schimmerte nur wenige Meter vor ihnen. Sie erkannten Wände und dicke Steinquader, die zum Bau dieser Anlagen verwendet wurden, doch mehr blieb dem Auge verborgen.

Schon nach kurzer Zeit gelangten sie zu einem Rondell, an der sich die Wege kreuzten, doch noch bevor sie eine Entscheidung treffen konnten, blickten sie dem Bewacher dieser Stätte ins Auge. Eine große Statue hatte sich in der Mitte des Rundbogens breit gemacht, doch von ihr ging keine Gefahr aus. Sie leuchteten mit der Fackel zu ihr und erblickten die Gestalt einer verwüsteten Kreatur, kein Mensch, kein Tier. Was sie wohl darstellen sollte? Es blieb ungeklärt, ihre Gedanken beschäftigten sich nicht lange damit. Es führten sechs Wege von dem Rundbogen weg. Aus einem kamen sie. Der, der parallel zu ihrem lag war vermauert. Zwei weitere Gänge ebenfalls. Übrig blieben zwei Gänge. Sie leuchteten zu dem linken, doch schon nach wenigen Schritten erblickten sie das Gitter dahinter. Ein Weg war dahinter ganz klar zu erkennen, doch dieses Gitter war riesig, so groß wie auch der Gang und es war stabil. Die Gitterstäbe wirkten alt, aber nicht verrostet. Das Eisen war noch immer stabil. Unknackbar. Blieb nur ein möglicher Weg, der wiederum parallel zu dem des Gitters lag. Er war der einzige Gang, der nicht zugemauert oder durch ein Gitter verschlossen wurde.

Sie sahen sich nur kurz an, das Gesicht ihres Bruders wirkte unheimlich unter dem Licht der Fackel, dann waren sie sich einig. Lass uns diesen Weg wählen, sagte sie voller Selbstvertrauen und so gingen sie dort entlang. Die Fackel zogen sie hinter sich her, mit ihnen verschwand auch das Licht aus dem Rondell, doch unbemerkt blieben die Gäste, die dort auf sie lauerten, sie regten sich schon, ihre knochigen Fingerkuppen bildeten Bewegungen, aber noch war das Licht nicht ganz fort, noch war es nicht soweit…
14.03.2004, 15:09 #230
Isabell
Beiträge: 307
[GM] Das dritte Amulett -
Noch immer hatte sie ein Zucken im linken Auge, der helle Lichtstrahl war so überraschend gewesen, dass sie die Augen nicht rechtzeitig schließen konnte. Doch sehen konnte sie natürlich trotzdem und was sie sah, war überhaupt nicht gut. Sie waren gemeinsam aus dem etwas schmaleren, circa vier Meter langen Gang gekommen, als sie schon die Geräusche hörten. Ein gurgelndes Ächzen, ein polterndes Schreien. Schlurfende Schritte, die sich auf dem Boden bewegten. Sofort blickten sie sich um, jeder nahm eine andere Richtung ins Visier. Die Fackel war ihre einzige Lichtquelle, doch wenigstens hatten sie überhaupt Licht. Aus den beiden zugemauerten Gängen war etwas heraus gebrochen, etwas hatte die steinernen Mauern zerstört. Sie hörten die Geräusche ganz nah bei sich und in ihren Gedanken kreisten verschiedenste Gedanken. Sie kamen näher. Langsam und beständig. Wie viele es waren, das wussten sie nicht. Doch es konnten nicht viele gewesen sein. Gemeinsam standen sie bei der Statue, sie sah ihren Bruder, wie er die Fackel an sie lehnte. Ein paar Feuerflammen bleckten nun an den Stein, doch das schien diesem nichts auszumachen. Sie hatten wenigstens beide ihre Hände frei. Dann verstummten die Geräusche kurz. Stille herrschte. Doch wie aus dem Nichts traten sie heraus. Zwei bleiche Gestalten in menschlicher Größe, sofort klirrten drei Klingen, sie surrten aus den Scheiden und attackierten die vermeintlichen Feinde, diese wichen geschickt aus, konnten jedoch nichts mehr darauf erwidern.

Mit einem gezielten Schlag brachen die Rippen ihres Gegners, im schummrigen Licht lange Zeit nicht auszumachen. Doch schon nur noch mit einem Arm und wackligem Gleichgewicht war das Knochenmännchen nicht bereit aufzugeben, doch ein geschickter Block ließ den Angriff lächerlich wirken, gezielt holten beide Schwerter aus, so wie es auch erst vorgestern geübt wurde, trafen beide an den Schulterplatten ein. Das knochige Gebilde fiel zusammen, ganz viele kleine Knochen lösten sich, auch der Kopf bekam davon etwas ab, die Schultern wurden geradezu durchbrochen, so dass er zu Boden fiel, genau wie die anderen Kleinstteile. Zuerst einmal sah sie zu Rociel, doch auch hier war kurz zuvor ein Poltern zu hören gewesen, nun lehnte ihr Bruder lässig an der Statue, hielt sich das Schwert über die Schulter und spielte mit einer Strähne seines Haares, immer noch kaum zu erkennen, waren schon geringe Distanzen ein Spiel aus Schatten, Schatten und einer Prise Licht. Erst als jeglicher Kampfeslärm verstummt war, sah sie sich um. Knochenmänner? Skelette? Es waren wirklich Skelette gewesen, doch sie hatten keine Waffen bei sich. Nichts. Mit den bloßen Händen wollten sie sie töten. Ein wenig lächerlich, vielleicht erklärte das auch die gespielte Arroganz von Rociel, doch sie konnte sich dem nicht verweigern, ein bisschen zumindest.
Nun lagen die beiden Knochenhaufen auf dem Boden neben der Statue, es schien Ruhe zu walten und sie steckten die kaum beanspruchten Klingen wieder weg.
Was meinst du, was war das? fragte sie mit weniger leiser Stimme. Skelette, hehe... Ja schon gut, ich weiß was du meinst. Ich weiß nicht, was es war, aber es war verdammt schwach. Ich dachte, nach dem Anfang könnte man mehr erwarten, so etwas nennt sich Skelett, pah. Aber wir müssen trotzdem vorsichtig bleiben, vielleicht war das erst der Anfang.

Isabell nickte nachdenklich, während sie sich die Fackel schnappte und auf "ihren" Toten leuchtete. Der Schädel sah wirklich grausig aus, davor hatte selbst sie Angst, dabei hatten sie ja ein ähnlich grausiges Stück jeden Tag als Begleiter, aber sie hatte sich daran mehr gewöhnt, als an so einen abgetrennten Schädel, auch wenn er an einem längst toten Körper hing. Doch von diesem Knochenmann ging keine Gefahr mehr aus. Doch die junge Frau interessierte sich auch, woher diese beiden gekommen waren und so suchte sie den Gang auf, den sie vor gar nicht langer Zeit noch vermauert gesehen hatten. Und tatsächlich, als sie dorthin kam, leuchtete ihr die Fackel eine zerstörte Mauer, die einzelnen Steinsplitter lagen noch auf dem Boden. Wenn sie daran dachte, dass sie nur wenige Zentimeter von diesem Skelett entfernt war, ohne Ahnung, da grauste es ihr. Doch nicht mal für solche Überlegungen blieb lange Zeit, denn mit einem Mal erwartete sie eine Überraschung. Der Gang ging nicht lange weiter, sondern gerade mal einen halben Meter nach innen. Diese Erkenntnis, dass diese Mauer nur einen winzig kleinen Hohlraum mit dem Knochendiener verbarg war die eine, doch sie entdeckte noch etwas ganz anderes. An der wirklich letzten Wand war ein Schalter angebracht, nicht versteckt wie der erste, sondern ganz offensichtlich und aus Holz. Sie überlegte nicht lange, sondern betätigte das Ding, sie zog am Holzkeil, der sich daraufhin senkte und einen mechanischen Mechanismus auslöste.

Schon wieder hörte man ein Malmen, das durch die Halle um das Rondell ging, doch dieses Mal passierte nichts, noch nicht. Denn Isabell kombinierte schnell und simpel, wenn nämlich hier ein Schalter war…so musste auf der anderen Seite auch einer sein. Rociel wunderte sich natürlich über die Geräusche, doch da ja nichts passierte wartete er im Dunkeln, oder fast Dunkeln, geduldig. Was hast du da ausgelöst? fragte er nervös, sie verstand seine Aufregung, hatte sie ja schon gemerkt, dass er Schalter nicht sonderlich mochte. Noch habe ich gar nichts ausgelöst, aber warte es mal ab, gleich passiert hier was. Die misstrauischen Blicke und stotternden Fragewörtern nach ihrer Zuversicht in der Stimme zum trotz, huschte sie mitsamt dem Lichtball in den zweiten Gang. Diese Gänge, beide, waren sehr schmal, boten gerade mal Platz für eine Person, doch das war ja nicht entscheidend. Entscheidend war, dass ihre Theorie, ganz zu ihrer Freudenstimmung, korrekt war. Auch hier befand sich, parallel zum ersten Gang, ein Schalter in der Wand, ebenfalls dieselbe Konstruktion. Bis zum Zeitpunkt, an dem sie den hölzernen Keil in der Hand hatte, war sie sich ihrer Sache sicher, doch auf einmal kamen daran kurzzeitig Bedenken. Doch dann gab sie sich und ihrer Hand einen Ruck und drückte den Keil hinunter. Wieder mahlten die Wände und Isabell machte sich auf, schleunigst aus dem schmalen Gang herauszukommen…
14.03.2004, 20:21 #231
Isabell
Beiträge: 307
[GM] Das dritte Amulett -
Ihre Verschnaufpause war kurz, doch gerade für Isabell war es gut, dass sie einige Minuten vom Gewicht des Rucksackes befreit war. Zwar hatte ihr der Priester weniger Kilo eingepackt, dafür umso mehr unhandliches, sperriges Zeug wie die Wasserkrüge und sogar ein Seil! Wofür sie das allerdings hier unten brauchen sollten, das blieb ihr ein Rätsel. Aber vielleicht würden sie ja in Kürze eine Lösung dafür erhalten.
Die Treppe, die als einziger weiterer Weg zur Verfügung stand, war lange, mindestens hundert Stufen ging sie hinab, aber nie führte sie in eine schwarze Unbekannte, sondern immer zu gut einsichtbaren Gängen. Als sie endlich unten angekommen waren, konnten sie die Plattform noch gut erkennen, nur ihre Sicht unten hatte sich drastisch geändert. Von Übersichtlichkeit war keine Spur mehr, stattdessen waren sie wieder auf dem Boden einer vollkommen unübersichtlichen Kanalisation gelandet. Isabell spürte schon seit langem kein Luftzug mehr, kein Wunder, waren sie doch von Wind und Wetter erst mal abgeschnitten und eine reale Chance, dass sich das bald ändern sollte, die gab es auch nicht. Ein wenig sehnte sie sich ja schon nach dem schönen Sternenhimmel, der jetzt bestimmt über der Stadt lag, daran glaubte sie ganz fest. Im Moment schien ihnen keine Gefahr zu drohen und Rociel war bei Erkundungen wie dieser ja sowieso immer hellwach und achtete selbst darauf, wenn eine Maus ein Stück Brot fallen ließ, so wurde sie ein wenig unaufmerksam und schweifte an die Natur da draußen. Bestimmt wäre es jetzt schön gewesen, am Meer zu sitzen, irgendwo ganz weit weg von allen Leuten die nur stören würden, sie hätten das Rauschen des Meeres in den Ohren gehabt und auf einer flachen Klippe ihre Beine im salzigen Meereswasser baumeln lassen. Die letzten, heimkehrenden Möwen hätten wild gekreischt und ihnen etwas zu essen abgerungen, ehe auch sie schwiegen und wieder dem Meer die Oberhoheit übergaben. Der Mond hätte sie angelächelt, mit einem großen breiten Grinsen, als ob er Gute Nacht, ihr Zwei sagen wollte. Vielleicht hätte sie ja noch ein wenig auf der Harfe gespielt, ein sehr, sehr langsames Lied, das die ganze Träge dieser Nacht eingefangen hätte. Links oder rechts Isabell? Wenn sie noch etwas sagen wollten, hätten sie geflüstert, die Worte sanft in das Ohr des Anderen gehaucht, so dass man sich wünschte, das Meer wäre schneller und würde sie einfach wegschnappen, doch eigentlich war sie sicher, dass es nichts mehr zu sagen gegeben hätte. Sie wären nur dagelegen, auf ihrer einsamen Klippe vor den Toren von Gorthar, sie wäre mit Sicherheit an seiner linken Schulter gelegen, denn sein rechter Arm war immer stark belastet und so wollte sie ihm nicht weh tun. Aber andererseits hätte sie daran wohl überhaupt nicht gedacht, in so einer Situation. Und bestimmt hätten sie sich auch gek… Hallo! Schwesterherz? Aufwachen? Wo schwebst du denn schon wieder? Wir sind doch nicht hier, um zu träumen, es ist gefährlich hier unten. Also, links oder rechts? Wie aus einem Traum gerissen, und das war es ja eigentlich auch, schien eine zweite Augenschicht zu sehen und sie sah nur Rociel, wie er nicht auf einer Klippe lag und ihre Arme festhielt, sondern nur mit seinen Armen wild vor ihrem Gesicht rumfuchtelte und auf zwei Dinge zu zeigen schien. Noch immer hatte sie ihre Überlegung bezüglich seiner Schultern im Kopf und so sagte sie nur leise. Links, ganz sicher links. Erst als sie wieder etwas beisammen war erkannte sie, dass ihr Bruder auf zwei Gänge gedeutet hatte, da sie wohl wieder an einer Abzweigung standen. Hm? Auf einmal so sicher? Na ja, du hast hier unten das Glückshändchen, dann gehen wir eben links. Sie wollte etwas darauf erwidern, doch ihr fiel nichts Gescheites ein und so ließ sie ihre Worte im Halse förmlich stecken und ging wieder hinter Rociel her. So was durfte nicht noch einmal passieren, mahnte sie sich streng und hielt die Augen nun selbst wieder offen.

Sie nahmen also den linken Gang und der führte sie nur wieder an unzähligen Verzweigungen vorbei. Meistens führten sie zu Abflussgittern, aus denen richtig übles Wasser herauskam, manchmal aber auch zu Gittern, aus denen gar nichts raus kam, da sie einfach nur einen weiteren Gang versperrten und manchmal waren auch keine Fackeln mehr in der Ferne und so konnten sie nicht sehen, wohin sie führten. Doch der breite Gang, den sie nahmen, er führte noch lange nicht an ein Ziel.

Isabell hatte nach ihrem kurzen Traum ein richtig schlechtes Gewissen und so wollte sie nun besonders gut aufpassen, das spiegelte sich auch in ihrem Gehör, mit dem sie jetzt auf ihre Umgebung achtete. Nachdem der breite Gang eine Biegung gemacht hatte, veränderte sich auch das Geräuschfeld. Sie hörten wieder Wasser fallen, doch sehr laut und nicht leise plätschernd wie seit Betreten dieser riesigen Fläche. Auf einmal blitzen rote Punkte vor ihnen auf, die Augen von vielen Tieren dachte sie sofort. Auch ihr Bruder hatte es gesehen und zückte sofort sein Schwert. Die Punkte kamen näher, erst ein leises, dann ein lautes Quieken war zu hören. Die Punkte näherten sich rasend schnell und dann tauchten sie auf die Ratten. Im ersten Moment schiene es hunderte zu sein, aber es waren nur gut zwei Duzend. Sie schienen ein großes, verständliches Interesse an ihrem Proviant zu haben, doch an den sollten sie nicht kommen. Die Ratten legten ein äußerst aggressives Verhalten an den Tag und griffen sie an, doch ihr Bruder hatte schon drei der kleinen Tiere erlegt, als sie erst in den Kampf eingriff. Die Ratten waren raffiniert, kletterten sie doch wieselflink auch an kleinen Hohlräumen und Simsen entlang, doch das half nichts, denn sie wehrten sich nicht nur mit den Schwertern, auch mit Tritten wurden unliebsame Viecher weggeschleudert. Die Wucht des Trittes überlebten die meisten nicht und da Isabell gegen faustgroße Ratten keine Verteidigungshand brauchte, kämpfte sie mit beiden Schwertern, was das Töten – einen Kampf konnte man das ja nicht nennen – äußerst vorantrieb. Diese kleine Auseinandersetzung war schon nach drei Minuten vorbei, danach zierten viele tote Rattenkörper den Boden vor ihnen, doch schon als Rociel etwas sagen wollte, kam die Verstärkung. Puh, mein schönes Schwert, sieh dir das an, voller Rat…….Iiiiiiieeekkkkkk. Der Schrei ging durch Mark und Bein, aber wohl eher, weil es so laut war. Da näherten sich schon weitere glühende Augenpaare. Sofort brachten sie sich in Position und konnten erkennen, wie fünf weitere Ratten ankamen, doch das schienen wohl dann die Eltern zu sein, jedenfalls waren diese Viecher größer als die Ratten noch eben und zwar deutlich. Sie erreichten die Größe eines Scavengers und die Zähne waren nicht von schlechten Eltern. Das graue Fell war erheblich zerzaust und hatte teilweise tiefe Einschnitte und die schnurrigen Barthaare waren kaum mehr vorhanden. Ihr Ringelschwanz war schmutzig und teilweise verwundet. Isabell dachte nur kurz: Riesenratten.
15.03.2004, 17:04 #232
Isabell
Beiträge: 307
[GM] Das dritte Amulett -
Viele Gänge waren sie gegangen, mal in der Dunkelheit, mal neben hell leuchtenden Feuerschein vorbei. Doch diese Kanalisation blieb rätselhaft. Immer mal wieder trafen sie auf weitere Ratten, doch diese griffen sie nicht mehr an, sondern flohen geradewegs in die kleinen Nischen, die überall an den Wänden versteckt waren. Mal kleiner, mal größer, mal gab es auch riesige Löcher, da die Mauer eingestürzt war oder zumindest grobe Risse aufwies. Fast war es so, als ob die Ratten wüssten, dass ihnen ein schlechtes Schicksal drohte, wenn sie ihrer guten Nase und dem Hunger nachgaben. Als ob sie noch immer riechen konnten, das Blut ihrer Artgenossen an ihren Schwertern klebte. Zumindest der Geruch mochte noch daran kleben. Die Wasserläufe waren ebenso seltsam wie der Rest dieser Kanalisation, mal liefen kleine Kanäle an ihnen vorbei, gefüllt mit braunem, dreckigen und äußerst übel riechenden Wasser, mal fiel dasselbe Wasser aus dicken Rohren irgendwo in die Tiefe. Doch nur selten sah man das Wasser wirklich hautnah, selbst hören konnte man es eher weniger oft. Doch der Geruch, der sich hier eingelebt hatte, er war fast über die gesamte Anlage zu riechen. Sie fragte sich, wie hier überhaupt Atemluft reinkommen konnte, aber sicherlich gab es Atemlöcher oder offene Schächte. Wenigstens hatte sich ihre Nase an diesen Gestank gewöhnt und nahm ihn jetzt nicht mehr ganz so intensiv war.

Immer wieder kamen sie an versperrten Gittern vorbei, sahen Fackeln und auch Gänge, doch die Monotonie hier unten, die ließ sich beim besten Willen nicht leugnen. Das was sie suchten war jedenfalls noch nicht darunter und fast schien es so, als ob es unmöglich wäre hier unten einen Spiegel zu finden, denn hier war alles so verdreckt, dass ein Spiegel wohl eher unauffällig bleiben würde. Wer sollte die glänzende Oberfläche schon sauber halten? Doch bestimmt waren diese Überlegungen zu simpel, bestimmt steckte dabei mehr dahinter. Jedenfalls war sie noch zuversichtlich. Doch gab es hier unten wahrlich nicht oft Abwechslungen, da dachte Isabell jetzt noch gerne an das Spottlied, dass Rociel noch vor wenigen Minuten gesungen hatte. Nun, es war ein würdevoller Abschluss zu seinem Vortrag über Ratten, eines wusste sie jetzt wieder, was ihr bis dato neu war. Ihr kleiner Bruder hatte Angst vor Ratten. Nur eine weitere Kleinigkeit, die sie verband, zwar hatte sie nicht direkt Angst vor Ratten, doch sie konnte diese kleinen Biester, erstrecht nicht wenn sie größer waren, ausstehen. Sie waren ihr zuwider und das Quieken klang schrecklich. Aber wenigstens war für einige Sekunden mal was los, als er in der stark schallenden Kanalisation die Reime an die Wände schlug und sich keine Ratte mehr an sie traute. Hm, wahrscheinlich meiden die Ratten uns nicht, weil wir den Blutgeruch an uns haben, sondern weil mein Bruder so einen miserablen Sopran hat, dachte sie spöttisch, aber eigentlich hatte ihr das kleine Gedicht ehrlich gefallen. Noch immer hatte sie die Melodie im Ohr, wie er es gesungen hatte und das war lange Zeit das einzige, was passierte.

Die Ratten, die lieben den reichen Fraß
Die Ratten, die leben im kühlen Nass
Die Ratten, die haben die schwarze Pest
Die Ratten, die geben dir den Rest

Die Ratten, die lieben die Dunkelheit
Die Ratten, die leben in unsrer Zeit
Die Ratten, die lieben den ganzen Dreck
Die Ratten, die essen gern Speck

Die Ratten, die singen die Melodie
Die Ratten, die klettern dir bis zum Knie
Die Ratten, die streiten sich um den Rest
Die Ratten,
Die Ratten,
Die Rattennnnnnn haben die Pee-eest.


Doch auch der Untergrund blieb nicht für ewig still und leise, es sollte sich noch einiges tun. Es waren die spitzen Ohren von Rociel, die es zuerst gehört hatten, doch schon rasch hatte auch sie die forsche Männerstimme wahrgenommen. Sie stammte nicht von ihnen, war dunkel und rau und klang sogar weit entfernt, als ob man neben der Person an einem Tisch saß. Ganz klar, hier unten war jemand. Schnell hatten sie die ungefähre Richtung der Personen lokalisiert und näherten sich nun langsam dem Klang. Lange blieb es nicht bei einer Stimme, denn noch andere meldeten sich zu Wort. Je näher sie kamen, desto mehr konnten sie hören und auch verstehen. Sie waren vorsichtig, denn sie wollten nicht entdeckt werden, wer wusste schon, wer sich hier unten – außer Ratten – alles aufhielt.
15.03.2004, 21:47 #233
Isabell
Beiträge: 307
[GM] Das dritte Amulett -
Isabell erwiderte den Kuss und ließ einen weiteren folgen, doch sie wussten sich zu beherrschen und ließen schnell wieder voneinander. Gemeinsam rannten sie dann noch ein kurzes Stück, kreuzten die Wege und versuchten möglichst Sackgassen zu meiden, bis sie sich endlich sicher fühlten und nur noch langsam weitergingen. Das war ja ganz schön interessant gewesen, was diese Männer da vorhatten. Eigentlich hätten sie sie aufhalten müssen, im Sinne dieses möglicherweise unschuldigen Soldatensohnes, einen möglichen Mord zu verhindern wäre sicherlich nicht unehrenhaft gewesen und möglicherweise auch sehr einträglich für ihre Geldbörse, doch sie konnten beim besten Willen nicht in diese Geschicke eingreifen. Das ging sie nichts an, Gorthar war zwar kaum ein paar Meter entfernt, aber doch hatten sie nicht mehr wirklich viel mit der Stadt gemein. Sie waren keine guten Bürger Gorthars, was wohl daran lag, dass sie niemals zu dieser Stadt gehört haben. Wenn sie überhaupt Bürger einer Stadt waren, dann war es bei ihr Drakia und bei ihrem Bruder Khorinis. Aber sie waren ja nicht nur schlechte Stadtbewohner, auch schlechte Menschen.
Isabell grinste ihren Bruder an, doch war es gar nicht an ihn gerichtet. Sie musste nur schmunzelt darüber nachdenken, was sie da gerade gedacht hatte. Menschen? Menschen wie wir? Oder Menschen wie die Anderen? Sicherlich war es eine Entscheidung gegen das moralisch Richtige, aber was kümmerte sie denn die Moral? Was kümmerte sie denn, was mit einem Gorthaner geschah?

Die junge Frau nahm einen Schluck aus dem handlichen Wasserkrug an ihrem Gürtel und verstöpselte ihn wieder. Noch immer waren sie in dieser verdammten Kanalisation, kein Spiegel weit und breit in Sicht und langsam wurde es Zeit für eine weitere Pause, vielleicht auch mal mit ein paar Stunden Schlaf. Doch noch schien es nicht so weit zu sein, sie verließ sich da ganz auf ihren Bruder, der sicher die richtige Zeit finden würde. Eben, als sie in dieser finsteren Ecke gekauert waren, da hatte sie seine Angst richtig gespürt. Sogar sehen und riechen konnte man sie. Nur hören nicht, denn kein Geräusch war da zu hören. Sie spürte so was ganz selten bei ihm, Angst. Ein Gefühl, dass ihnen so fremd war, da alle Ängste verschwunden waren, wenn sie zusammen waren. Die einzige Angst hatte sie vor der Einsamkeit, keine Angst vorm Kampf gegen fremde Menschen oder unbekannte Kreaturen und Geschöpfe. Nicht mal der Tod konnte ihr mehr Angst machen.

Ein weiteres Mal schweifte ihr Blick zu den Mauern, die mit ihren langweiligen Quadern schon so bekannt waren, dass sie es beinahe nicht mehr ertragen konnte. Genau wie der Boden, auf dem ihre Stiefel nun verhallten, im Gleichritt, Ton auf Ton, liefen sie die lange Leiter des dumpfen Klanges auf und ab. Obwohl diese Kanalisation so langweilig war, konnte man ihr immer wieder einige seltene Eindrücke abgewinnen. Wenn man hier länger lebte, dann wäre es sicher nicht schwer sich wohl zu fühlen, aber für sie war das nichts. Immer wieder durch ein Rattenquieken aufgeschreckt, die ständige Angst vor Leuten wie die, die sie eben belauscht hatten, das tropfende Wasser, das sogar von der feuchten Decke in Form von kleinen Tropfen fiel, der zumutende Gestank, oder sollte man eher höflich Geruch sagen? Mal gab es Risse in einer Wand, mal Rohre, mal Gitter und mal Wasser. Mal Schimmelpilz, mal Zeichen, jeder neue Gang besaß so eine Kerbe, die wohl Zahlen symbolisierten. Sie waren alt und schon beinahe abgetragen, doch irgendwie konnte man sie lesen. Das alles war in der Kanalisation Alltag und sie hatten jetzt Stunden nichts mehr anderes gesehen. Diese Suche nach dem Spiegel. Dem magischen Spiegel. Wo konnte dieses verdammte Teil nur sein? Diese Kanalisation war riesig und bestimmt lag so etwas wertvolles nicht einfach so rum, das hätte man doch bestimmt schon längst entdeckt…Wärst du einverstanden, wenn wir bald unser Lager aufschlagen? Ich weiß zwar nicht, ob es jetzt Nacht ist, aber mein Körper sehnt sich nach Ruhe. Isabell nickte. Meiner ja auch, ich habe nur darauf gewartet. Sie lächelten beide, als ob sie sich danach gesehnt hätten und so war es ja auch.

Ein von vielen toten Winken sollte ihr Lager sein, eine Fackel brannte dort milde, bot ihnen die ganze Zeit über Licht. Außerdem war es trocken und das war sehr wichtig. Es war nicht schön hier eine Nacht oder ein paar ruhende Stunden zu verbringen, denn sie hatte ein wenig die Befürchtung, dass noch mehr Leute hier in diesen Kanälen rumtanzen könnten, aber wer ging schon freiwillig in die stinkende Hölle? Außerdem besaß Isabell inzwischen ein großes Vertrauen in die magischen Eigenschaften von Rociels Amulett und so wurde ihre Furcht gemildert. Sie nahmen viel Speis und Trank. Man war das wieder ein lustiges Beispiel dafür, dass Männer einfach nicht essen konnten. Die ganze Zeit spielte Rociel mit dem geschnittenen Apfel, den Rest mal großzügig ausgeblendet. Oft konnten sie hier ja nicht lachen, aber da konnten sie es einmal. Ihre Rüstung hätte sie gerne ausgezogen, aber da Rociel seine auch anließ, machte sie es ihm nach. Wahrscheinlich war es schon richtig so, trotz des Amulettes war es wohl besser einen gewissen Schutz anzubehalten, obwohl dieser auch nicht wirklich viel brachte, wenn man im Schlaf überfallen wurde. Irgendwann war es dann soweit. Sie lehnten sich gemeinsam gegen eine Wand, wobei ihre Köpfe aneinander lagen, wie schon zu Beginn der Zeit ihres Wissens voneinander hielten sie sich die Hände, es tat einfach gut dieses Gefühl von Sicherheit zu spüren. Man konnte es schwer beschreiben, was dieses Händehalten bedeutete, doch es war sehr wichtig für sie.
Ihre Waffen lagen griffbereit neben ihnen, die Fackel gab wenig Geräusche von sich, ihre Augen schlossen sich nach einem letzten Kuss und die ermüdeten Knochen fingen an ihre Arbeit einzustellen. Alles wurde leichter und schwerer zugleich. Der Körper wurde ruhig und der Atem regelmäßiger. Sie glitten gemeinsam ins Reich der Träume, dort, wo sie so selten ankamen, denn meist wurden sie auf ihrem Weg in ein schwarzes Loch gesogen.

Wer träumt, dem wachsen Flügel.
16.03.2004, 17:28 #234
Isabell
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[GM] Das dritte Amulett -
Diese kleinen Mistviecher waren ganz schön schnell und vor allem, ganz schön nervig. Isabell wollte jedenfalls keine Bekanntschaft mit ihren bespickten Keulen machen, denn das würde mit Sicherheit ganz schön weh tun, deshalb hielt sie die Viecher am Anfang erst mal auf Abstand, in dem sie beide Schwerter zur Verteidigung gegen diese blitzschnellen Knochenwesen einsetzte. Doch als Rociel an ihre Seite kam, da war die Deckung so gut wie gedeckt, denn wenn ihr Bruder und sie kämpften, dann hatte das meistens einen ziemlich genauen Ablauf, denn sie mit der Zeit kennen gelernt hatte, aber der noch bestimmt ab und zu eine Überraschung erleben würde. Jedenfalls war Rociel ein sehr taktischer Kämpfer, dem sie es sogar zutraute, dass er während eines Kampfes ganze Feldpläne mit Zügen und Schlagkombinationen durchging. Dabei blieb er allerdings immer für eine spontane Überraschung gut, die aber sowieso zu seinen Plänen gehörte. Sie kämpfte allerdings lieber nach ganz anderen Methoden, nämlich wild und aggressiv. Deswegen war sie sicher weder besser noch schlechter, aber eben anders, doch gerade jetzt, wo es nicht ganz so wild war, blieb ihr die Zeit das zu bemerken und nachdem Rociel zu ihr getreten war, konnte sie viel leichter angreifen.

Sofort fiel einer ihrer Krummsäbel gegen die Schädeldecke, oder zumindest das was man noch als Schädeldecke bezeichnen konnte. Der Kopf baumelte daraufhin und der Körper gab wieder krachend nach. Sie fragte sich, welche Bezeichnung diese Knochenmännchen hatten, oder ob es dafür überhaupt eine Bezeichnung gab, jedenfalls waren sie äußerst schnell aber unbeholfen in ihren Schlägen. Auch diese Nagelkeulen waren nicht wirklich gefährlich, wenn man sie nicht nah genug ranließ. Jedenfalls war es nicht die Gefahr, die sie erst noch erwartet hatten, nachdem diese Wesen so schnell und plötzlich aus einem schwarzen Loch gestürmt waren.
Ein weiteres Mal donnerte eines ihrer Schwerter gegen den losen Oberkörper eines dieser Viecher und ließ den Körper vollends bersten, dann flog ein Stück einer Keule heran und traf einen ihrer Gegner direkt in den Rippen, der Knochige taumelte und hatte so keine Chance auf eine Abwehr ihres Schlages in den Halsbereich. Sie sah ungläubig zu Rociel, der ihren Blick wohl erwartet hatte und zwinkerte, ehe er einem weiteren Knochentänzer die Beine vom Körper wegriss und dem Ding den Rest gab. Scheinbar war er für dieses fliegende Stück Holz verantwortlich. Das war mal wieder typisch für ihren Bruder. Doch egal wo sie diese kleinen Viecher trafen, wirkliche Treffer waren selten geplant. Die rein aus Knochen bestehenden, Wesen reichten ihnen gerade mal bis zum Knie und so war es schwer da gezielte Treffer anzubringen. Doch der Kampf dauerte nicht mehr lange an, eines nach dem Anderen fiel in dem circa drei Meter breiten Gang, sie hatten keine Chance den wirbelnden Schwertstreichen auszuweichen, immer mehr Knochen barsten und stapelten sich in dem Gang. Doch dann endlich hörte der Nachschub auf, drei Stück von den Mistviechern hatte sie erlegt, Rociel mindestens auch, da kam das letzte heraus gekrochen und gemeinsam schlugen sie mit drei Schwertern in Stichform durch den Knochenkörper, was diesen auch zur Aufgabe seines wohl mehr oder minder tollen Lebens zwang. Dann war der Spuk vorbei und Ruhe kehrte ein.
Verdammt, was war das? Kennst du diese Viecher, haben sie einen Namen? Ein ganzes Meer aus Fragen brandete auf ihren Bruder ein, doch dieser schien genauso ratlos wie sie auch. Nein, aber es waren sicherlich keine Tiere. Aber auch keine Menschen. Tja, du weißt, was das heißt. Am Anfang kam sie nicht drauf, aber dann dämmerte es. Beliars Kreaturen? Er nickte nur kurz, ehe er sein Schwert mit einem Tuch von möglichen Verunreinigungen säuberte. Das hielt sie nicht für nötig und ließ die Tharek’Ils so in die Scheiden zurückfahren. Lass uns mal nachsehen, von wo die kamen. Hoffentlich sind da nicht noch mehr. Sie atmete kurz auf und marschierte geradeaus weiter, während Rociel langsam nachkam. Na ja, hat doch Spaß gemacht. Na ja, Spaß nicht direkt, aber es war mal eine Abwechslung gegenüber dieser Langeweile hier unten. Alles was wir finden sind seltsame Wesen und den Müll einer Kanalisation, aber keinen Spiegel, verdammt.

Isabell schritt weiter und bemerkte einen fauligen Geruch in der Luft, der immer stärker wurde, je näher sie kamen. Ob es Glück oder Pech war, dass über dem Ort des Geschehens mal wieder eine Fackel auftauchte sei dahingestellt, jedenfalls konnte sie es sehen. Der Grund für das Schmatzen. An der Wand standen zwei Fässer und ein paar Balken Holz, doch auf diesen Balken lagen zwei tote Ratten, die Großen, total ausgeweidet. Die Innereien lagen teilweise auf dem Boden und das Blut floss in Strömen und wirkte nicht besonders alt. Eher frisch gezapft. Langsam wurde ihr der Anblick zu widerwärtig, die ausgerissenen Augen, die gebrochenen Zähne. Die Viecher waren gerade dabei die Ratte abzuhäuten. Und über allem dieser bestialische Gestank, der nun wirklich nichts mehr mit irgendeiner Kanalisation zu tun hatte, sondern schlimmste Geruchsbelästigung und ein Verbrechen gegen ihre schöne Nase war. Uuuaaargghhhh, ist das ekelhaft. Jetzt bin ich froh, dass wir diese kranken Knochendinger erledigt haben. So was kann sich echt nur Beliar selbst ausdenken, du hast Recht. Komm Bruder, lass uns schnell verschwinden, hier ist garantiert kein Spiegel.
16.03.2004, 20:34 #235
Isabell
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Trotz all den seltsamen Vorkommnissen in den letzten Momenten war es doch ein alles andere als aufregender Tag gewesen und die junge Frau fragte sich nicht zum ersten Mal, ob ihre Suche überhaupt eine Aussicht auf Erfolg hatte. Doch sie wollte den Worten des Priesters glauben, der sie sicher nicht einfach so, ohne gewisse Ahnungen hierher geschickt hatte. Allerdings war es mittlerweile wirklich einmal an der Zeit, denn ihre blieb nicht stehen, genauso wenig wie ihre Geduld allmählich sank. Die Motivation war einfach nicht mehr so da. Sicherlich war diese ganze Kanalisation motivationsarm und würde nie so schön sein, wie die freie Natur, doch die Öde war wirklich mittlerweile grenzenlos. Die paar Widersacher, auf die sie bis jetzt gestoßen waren, wirkten so unnormal normal. Man kannte sie nicht, aber sie schienen dennoch in diese Welt hier unter Tage gut zu passen. Da hatte ihr diese Kammer, in der sie anfangs festsaßen, noch am besten gefallen. Am liebsten wäre es ihr allerdings gewesen, wenn sie die Suche hätten oben weiterführen können. Irgendwie eben, nur weg von diesen Gängen. Es stank ihr einfach gewaltig, dazu war ja zumindest der Geruch passend, der es mit dem stinken immer wieder allzu deutlich meinte, aber selbst das war kein wirklicher Ersatz für die verschenkte Zeit. Aber da mussten sie durch, irgendwie, solange Rociel seinen Mut nicht verlor, solange wollte sie das auch nicht und weiterhin an seiner Seite weitersuchen. Mit einem kleinen Lächeln, das an sie selber gerichtet war, machte sich Isabell wieder Mut und begann mit einer neuen Ablenkung. Sie dachte sich ein paar Worte der Dichtkunst aus. Als sie die Fetzen und Wörter in ihrem Kopf einigermaßen klar geordnet hatte, sprach sie das aus, was noch eben in ihrem Hirne kreiste.

Allein, Allein, Allein
Der Dunkelheit kein Schein
Unter der Erde sollen sie sein

Hier unten im unteren Grund
So dunkelt, ein finsterer Schlund
Drum halte ich besser den Mund


Sie stockte plötzlich und ließ ab von den anderen Worten. Irgendwie gefiel ihr das Stück nicht mehr. Lange Zeit herrschte ein großes Schweigen, selbst ihre Stiefel klackten nicht mehr, da sie stehen geblieben waren. Rociel sagte lange kein Wort, als ob er nichts gehört hatte, aber das hatte er bestimmt.
Isabell lehnte sich gegen eine karge Wand, rau und ohne Pracht. Nicht weit von ihnen entfernt schenkte eine der vielen Fackeln einen hellen Schein, erhellte ihre Gesichter. Noch immer tanzte das Licht auf den Konturen, kein ausgeglichener Lichteinfall. Sie mochte in Ruhe in sich kehren und tat das auch. Rociel stand gedankenverloren daneben und hatte ihr den Rücken zugedreht. Es war schön und unheimlich zugleich, denn hier versiegten auch die letzten Töne von Wasser und Ratten. Eine eiserne, in sich gekehrte Ruhe. So schön…

Deine Gedanken kreisen so rund
Warum tust du hier nicht kund?
Willst mir doch etwas sagen
Soll ich die Worte jagen?

Oh Schwester, schenk mir doch ein Lied
Die Melodie soll spüren jedes Glied
Möchte dir erzählen zu deiner Freud
Die Geschichte einer jungen Jungfernbräut.


Isabell sah ihn mit großen Augen an? Ein Lied sollte sie spielen? Hier unten? Zuerst zweifelte sie, aber nachdem ihr Bruder sie mit einigen Küssen überzeugen konnte, legte sie die Harfe in ihre Hand und versuchte ein Lied zu spielen, dass hier unten nicht ganz so schaurig klang, wie die meisten Lieder wohl klingen würden. Für sie war eine Harfe immer vom Wind abhängig, von den lauschenden Bäumen oder den begleitenden Meereswellen, in einer beinahe toten Kanalisation zu spielen, das war für sie fast undenkbar, aber er hatte es ja so gewollt, also erklangen bald helle, ruhige, schnelle und langsame Töne des klimpernden Instrumentes durch den Gang, auf dem sie ihre so monotone Reise gestoppt hatten. Schon nach den ersten Klängen ging es ihr besser, die Musik gab ihr soviel zurück von dem, was sie in letzter Zeit verloren hatte. Es war so viel mehr als nur Töne, die ihre Ohren vernahmen, es waren Ideen, Bilder, Phantasien und Erinnerungen. Und ihr Bruder hielt sein Wort, er erzählte ihr die Geschichte, die er angekündigt hatte.
17.03.2004, 16:09 #236
Isabell
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Mit großen Augen hatte sie ihre Melodie vorgespielt und war fast gewillt dem Künstler ein wenig Gold zum Lohn zu geben, wenn es nicht ihr eigener Bruder wäre. Das Lied war schön, mit der Zeit hatte die Harfe auch einen schönen Ton bekommen, die schlechten Umstände hier unten waren bald vergessen. Doch ein Kuss war ein schöner Ersatz, so fand sie. In der Tat hatte Rociel Recht gehabt, das Lied war wirklich erheiternd und die schlechte Laune war für ein paar Momente verschwunden, während die Wörter und Verse, die Strophen und länge ertönten, lag die Kanalisation still und starr, wie ein zugefrorener See im tiefsten Winter. Wer jemals an so einem See gestanden hatte, der wusste wie leise es dort war. Da war alles erfroren unter einer dicken Schicht aus weißem Eis und Schnee, kaum mehr Tiere waren zu hören und selbst der Wind war so langsam, dass man meinen wollte, dass ihn die kalte Luft lähmte. Hast du die Verse irgendwo aufgeschrieben, oder sind die gerade erst neu erdacht worden? Ihr Bruder schüttelte den Kopf. Nein, die hab ich mir einfach kurz ausgedacht. Es war ja auch nicht so lang, dass man es sich nicht merken könnte. Hat es dir denn wenigstens ein bisschen gefallen? Isabell lächelte und runzelte die Stirn, das war wieder typisch für diesen Vielfraß, er konnte einfach nicht genug bekommen. Ein zweiter Kuss folgte auf den ersten, ehe sie ihm mit einem breiten Lächeln eine Antwort schenkte. Natürlich hat es mir gefallen du Idiot. Ich hoffe doch, du hast davon noch mehr auf Lager. Auf jeden Fall solltest du diese ersten Worte mal aufschreiben. Du vergisst sie doch bestimmt, dafür kenn ich dich zu gut. So was merkst du dir doch nie! Ihr Bruder holte Pergament und einen schwarzen Stift heraus und schrieb die Worte auf. Ich hab meine Gedanken eben die ganze Zeit bei dir, da kann ich mir keine losen Worte merken, die durch die Lüfte in meinem Kopfe schwirren. Aber in einer Kanalisation hab ich noch nie etwas geschrieben, liegt wohl daran, dass ich zum ersten Mal in einer bin. Aber wenn ich so viel Erfolg habe, dann werde ich mich hier wohl häuslich machen, morgens bis abends arbeite ich hier unten an einem Schreibtisch und abends komm ich dann hoch zum Abendessen und Schlafen. Ich glaube, so stehen mir alle Tore offen, bald werden sie mich zu Hofe laden. Isabell lachte und das war auch gut so, war hier unten doch schon so lange nicht mehr herzlich gelacht worden, überhaupt, sie sorgten für richtiges Leben in den Gängen. Der Nachteil war natürlich, dass man das Lachen auch über weite Strecken hören konnte… Oh man, was du dir immer zusammen spinnst. Ich frag mich, woher du diesen ganzen Blödsinn nimmst, hihihi. Danach legte er den Stift und sein Pergamentblatt zur Seite, dessen Titel Die Jungfrau – I hieß und einen weiteren Teil in Aussicht stellte. Kurze Zeit umarmten sie sich und ließen ihre Köpfe eng aneinander baumeln, aber dann flüsterte er ihr ins Ohr. Komm, wir müssen weiter. Isabell seufzte, eigentlich wollte sie nicht weg, war es doch im Moment so schön und ein weiteres Suchen würde nur wieder so uninteressant, aber ihr Bruder war hart und unnachgiebig. So legte sie ihre Harfe wieder zurück in den Rucksack und machte sich bereit weiterzugehen.

Ihr Weg führte sie schnell in einen weiteren Gang, der nur wieder in einem zweiten Gang führte. Die Gänge waren nicht oft verzweigt, hatten aber unzählige Nebengänge und Abbiegungen. Die Gitter sahen sie von der Seite an, feste Eisenwindungen, aber meistens doch nur altes Eisen, das man mühelos hätte zertrümmern können, doch gebracht hätte es gar nichts. Isabell war wieder viel motivierter und musste dafür nicht mal die ganze Zeit an ihre kleine Pause denken, jetzt war wieder das Jagdfieber in ihr ausgebrochen, sie wollten nun endlich diesen Spiegel finden, koste es was es wolle, es galt keine Zeit zu verschwenden. Nach einiger Zeit kamen sie wieder nach langer Zeit an eine Abzweigung, wo sogar drei Gänge zu ihrem Leitwesen fortführten. Nun hatten sie die Wahl. Doch diese war stark eingeschränkt, denn es galt zwischen drei verschiedenen Möglichkeiten zu entscheiden, von denen möglicherweise eine die richtige, die wichtige war, möglicherweise aber auch alle drei auf dasselbe hinausliefen. Die Entscheidung dauerte ein wenig. Ihr Bruder sah nachdenklich aus, hielt sich den linken Zeigefinger an das Kinn und tippte darauf. Eigentlich wusste sie gar nicht, wie sie dabei nachdenken sollte, denn es gab nichts, aber wirklich gar nichts, nicht mal den Hauch eines Nichts, den sie als logischen Ansatz hätten verwenden könnten. Also konnte man es als Glücksspiel sehen, eine Chance von eins zu drei. Ihr werdet an der richtigen Stelle einsteigen… Ein Murmeln drang aus dem halbgeschlossenen Munde ihres Bruders, komische Silben, die zu einem Grummeln verworfen wurden.

I: Was meinst du?
R: Ich dachte nur gerade an die Worte von Meister Tolban. Wir werden an der richtigen Stelle einsteigen, hatte er gesagt. Ich bin mir unschlüssig, ob wir nicht was übersehen haben. Und auch diese drei Gänge hier. Sie sehen aus, wie ein Rätsel. Sie mögen unscheinbar sein und doch könnte es mehr als nur eine einfache Wahl zwischen drei Wegen sein. Du siehst sie doch auch. Lass uns mal ein paar Schritte zurückgehen…
I: Und jetzt?
R: Eins, links von uns, zwei, in der Mitte, drei, rechts von uns. In Ordnung?
I: Ja!
R: Also, die drei die scheidet aus. Es gibt nichts, was wir mit der drei verbinden oder?
I: Hm, ich weiß nicht…ich denke nicht.
R: Hm, bleiben noch die Mitte oder der linke Gang. Wir müssen uns an den Zahlen orientieren. Mit was verbinden wir uns? Ist es die eins, weil wir beide das eine suchen, weil wir beide das eine sind, von einem Blut abstammen, eins geworden sind, eins für den Sieg, den Sieger, die Siegerin steht? Der Erste ist immer der Mächtigste, der Stärkste, der Klügste, der Schönste, der Schnellste. Aber ist es wirklich die Eins? Ich meine nicht…
Die goldene Mitte ist meine Wahl.
I: Wir sind zu zweit. Unsere Körper sind zwei. Unsere Liebe ist zu zweit. Wir leben zu zweit. Und ist es Zufall, dass du bereits zwei Amulette hast?
R: Heißt das, du bist auch der Meinung, wir sollten den mittleren Gang nehmen?
I: Ich glaube das, an was du glaubst. Und wenn du der Meinung bist, dass diese Gänge für die drei Zahlen stehen, dann wird es die Zwei sein, da bin ich mir sicher.
R: Dann lass uns den mittleren Gang nehmen. Ich denke das ist es, was Meister Tolban gemeint hat, wir müssen uns auf unsere Gefühle verlassen und keiner Logik nachgehen.
17.03.2004, 19:29 #237
Isabell
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Lange sah Isabell nachdenklich über den Spalt. Es gab keinen noch so kleinen Sims, an dem sie bis zur anderen Seite gelangt wären. Es gab da nur diesen kleinen Balkon, von dem dann die Treppe weiterführte, doch der war mindestens sechs, sieben Meter entfernt, ein Sprung war dabei unmöglich. Sie begutachtete aufmerksam den Raum, der durch zahlreiche Fackeln ausreichend beleuchtet wurde, doch eine Lösung mochte ihr nicht einfallen, da konnte sie noch so lange rumschauen. Sie überlegte, wie sie es anstellen konnten, doch im Moment war ihr Kopf scheinbar blockiert. Ich hab keine Ahnung, tut mir leid. Natürlich waren sie beide wieder ziemlich bedient, denn nachdem sie sich für diesen und keinen anderen Weg entschieden hatten, wollten sie natürlich weiter. Die Entdeckung dieser Kammer da unten, die war sensationell, schließlich war sie absichtlich vermauert, denn diese Mauer war noch nicht ursprünglich da gewesen, doch jetzt stockten sie. Wurden durch diesen Mist aufgehalten. Schon in Ordnung, was hältst du davon, wenn wir eine kleine Pause machen und uns stärken? Eine wirklich gute Idee, die natürlich ihre Zustimmung fand. So setzten sie sich gegenüber auf den Boden und kramten in ihren Proviantsäcken nach etwas zu essen. Isabell nahm sich nur einen Apfel, dazu trank sie reichlich Wasser. Sie hatte keinen sonderlichen Appetit, während sich Rociel ein dickes Schinkenbrot schmierte. Nachdem sie sich eine zeitlang stumm angesehen hatten und ein wenig in Gedanken schwelgten, stand ihr Bruder auf, scheinbar wollte er zurück. Isabell wollte gerade ihren Rucksack verschnüren und ebenfalls gehen, da fiel ihr etwas auf. Spätestens da musste der Gedanke, der Blitz, der Geistesblitz gekommen sein. Sie kramte etwas in dem Rucksack, um ihrer Idee nachzugehen und zog dann das Seil hervor. Das war es! Die Idee! Hey Bruderherz, ich hab es. Verwirrt blickte er sich um. Was hast du? Die Idee? Sie nickte zustimmend. Ja, sieh her. Weißt du was das ist? Ein wenig überrumpelt stotterte er: Ein Seil? Wieder nickte sie, leicht höhnisch grinsend. Ja du schlauer Junge, das ist ein Seil. Und dieses Seil hat uns dein genialer Priester eingepackt. Und weißt du auch, was man mit einem Seil machen kann? Ihr Bruder musste sich wie auf der Folterbank vorkommen, lauter stupider Fragen ausgesetzt zu sein, doch er nahm es mit Fassung, zumindest brachte die Fragerei ihn aus dieser nicht heraus. Mit einem Seil kann man klettern…ahhhh jetzt versteh ich endlich, was du eigentlich von mir willst. Das…das ist genial. Natürlich. Wenn wir nicht auf die andere Seite kommen… - …klettern wir einfach die zehn Meter runter, du hast es erfasst. Das einzige Problem ist, dass wir eine feste Stelle finden müssen. Viele gibt es nicht davon. Das einzige was sich anbietet ist die Mauer. In der Tat gab es nicht wirklich viele Stellen, an denen sie ein Seil anbringen konnten, doch in der Not war man erfinderisch, sie waren da eher filigran. Diesmal habe ich eine Idee. Pass auf! Ihr Bruder ging zu der eingekrachten Mauer und warf alles lose hinunter, bis ein halbwegs stabiles Mauerstück noch dastand, zumindest die kümmerlichen Reste. Er machte nun das gleiche wie sie noch eben, er entfernte den Mörtel an einer winzigen Stelle, so dass nur ein winziges Loch, mit nur wenigen Zentimetern Durchmesser entstand. Durch dieses passte das Seil gerade so durch, natürlich an der Seite, wo es auch herunterfallen sollte. Isabell passte währenddessen auf das Seil auf, hielt immer mindestens ein Teil, damit es bloß nicht herunterfiel, denn das wäre das definitive Ende gewesen. Bald schon war ein dreifach geschnürter, präzise gewobener Knoten auf der hinteren Seite der Mauer, so dass das Seil unmöglich fallen konnte. Es gab nur noch zwei Möglichkeiten, entweder die Mauer stürzte, logischerweise mit dem Seil, bei dem Gewicht das auf ihr lastete ein, oder es hielt sie. Da sie einige Stücke des Seiles für Knoten und die Windungen opfern mussten, baumelte es zwei Meter über dem Boden, doch das war ja noch zu ertragen, ein Sprung aus dieser Höhe war sicherlich kein Beinbruch. Doch alles kam nun darauf an, wie belastbar die Mauer war und wo die Druckgrenze lag. Willst du zuerst oder soll ich?, fragte sie mit verwirrtem Blick, doch ihr Bruder zeigte schon in seiner Körpersprache, dass er gehen wollte. Lass mich als Ersten runter. Ich glaube, ich wiege etwas mehr. Das könnte ein Vorteil sein. Natürlich war jede Erklärung fadenscheinig, denn sie hätte genauso gut sagen können, gerade weil sie leichter war, wäre es besser als erstes zu gehen. Doch es war ihr eigentlich Recht, dass er zuerst gehen wollte. Sie riss sich nicht drum. Zehn Meter Höhe, das war ganz schön viel Holz. Es gab eine Schmerzgrenze, ab dieser war es ungefährlich bis kaum gefährlich, aber wenn das Seil bei sieben oder sechs Metern reißen würde, dann wäre das überhaupt kein Trost. Ich bin noch am überlegen. Was machen wir mit den Rüstungen. Sie bringen ziemlich viel Gewicht drauf, können aber bei einem Sturz lebensrettend sein…aber ich werde es riskieren, ich zieh meine Rüstung aus. Das spart Gewicht. Rociel zog den edlen Panzer aus und schon sah man ihm wieder an, dass er nicht in hohen Gewichtsklassen mitspielte, aber deswegen liebte sie ihn ja auch, ganz sicher nicht nur, aber bestimmt auch deswegen.

Dann war es soweit, die Veranstaltung, das Spektakel konnte beginnen. Wie ein Spießrutenlauf, so kam es ihr vor, aber was tat man nicht alles für ein winziges Artefakt, das nicht mal da unten lag. Das Seil baumelte unten und Rociel heftete sich an den Stein und baumelte kopfüber. Mit einer Hand hielt sie ihn noch, solange, bis er beide Hände um das Seil hatte. Danach begab sie sich sofort auf ihren Posten, der sehr stressig war. Mit einem Auge blickte sie auf die Mauer, mit einem auf ihren Bruder und mit den Händen hielt sie das Seil fest. Das konnte unter Umständen auch einen Sturz verhindern, fragte sich nur, ob sie es überhaupt halten konnte. Sie hoffte nicht, dass es soweit kommen würde. Schon nach wenigen Sekunden begann die Mauer zu stöhnen und Isabell dachte nur "Das geht nicht gut", was sie mehrmals vor sich hin murmelte, doch erstaunlicherweise hielt die Mauer. Es dauerte nicht lange, bis Rociel die Fünf-Meter-Marke erreicht hatte, denn an einem Seil nach unten zu kommen war wesentlich leichter, als nach oben zu klettern. Doch noch war er nicht sicher unten und das Seil in ihren Händen vibrierte weiterhin stark.
Dann endlich war es geschafft, zwei Meter über dem Boden, hatte er das Ende des Seiles erreicht, hängte sich mit den Händen an den letzten Stumpf des Seiles, das im übrigen aus Hanf geflochten wurde und sprang. Ohne Probleme beobachtete sie, wie er sich sicher auf dem Boden abrollte und wieder aufstand. Geschwind rannte er dann die Stufen der steinernen Treppe hinauf und trat auf den Balkon. Sie konnten sich beide sehen, beider auf selber Höhe, nur lagen sechs, sieben Meter zwischen ihnen. Es hält. Jetzt bist du dran, warte noch, ich komme wieder runter. Erneut lief er hinunter und war dann wieder so klein dort unten, wo sie auch gerne schon wäre. In Ordnung, wirf erst mal meine Rüstung runter. Aber sei bitte vorsichtig mit dem guten Stück und wirf es am besten langsam runter. Sie konnte nur über die Aussage von Rociel staunen, denn das verwunderte sie sehr. Werfen? Bist du des Wahnsinns Bruder? Diese Rüstungen würden dich erschlagen. Nene, warte mal lieber auf deine geniale Schwester. Dann zog sie das Seil wieder hoch, bis es endlich wieder oben war. Sie band das zweite Ende mit der Rüstung zusammen, ließ es erst durch eine Armöffnung und dann überkreuz durch die andere Öffnung gehen. Zu allem kam ein großer Knoten, der die paar Sekunden halten sollte. Pass auf, eine Sendung per Luftfracht! Sie ließ das Seil ein zweites Mal vorsichtig fallen mitsamt der Rüstung. Auch dieses Mal hielt es, nur eines hatte sie nicht bedacht, das Seil stoppte zwei Meter über dem Boden und leider, obwohl eigentlich zum Glück, war ihr Bruder nur knapp unter dieser Marke gewachsen. Doch auch hier sollten eine Idee und das Glück weiterhelfen. Denn auch in dem Raum standen Kisten und eine dieser morschen, gesplitterten Kisten zog Rociel unter das baumelnde Seil. Sie hatten Glück, denn das Holz hielt. Mit den sicherlich gut achtzig Zentimetern reichte er bis zu dem Seil und konnte seine Rüstung abnehmen. Was ist mit dir, nimmst du die Rüstung oder nicht? Wenn nicht, dann lass sie gleich runter, solange diese Holzwurmwohnung noch hält. Isabell wusste nicht so recht, sie hatte Ashisou gerade erst bekommen und sollte sich schon wieder von ihr trennen? Aber nein, sie gab nach und entledigte sich der weißen Edelrüstung und band sie an das Seil, ehe sie den schon fast zum Ritual gewordenen Vorgang wiederholten. Alles ging glatt, nun kam es nur noch auf das eine einzige Mal an. Rociel stand unten, hatte die gefährliche Kiste weggestellt und wartete unten auf ihre Ankunft. Leider hatte sie niemanden mehr, der nun das Seil oben hielt, sie würden es auch nicht mehr mitnehmen können, doch über den Rückweg machten sie sich weniger Gedanken als über den Weg nach unten. Sie kletterte vorsichtig über den schmalen Sims, der nur vorne stand und ein Teil dieses Balkons war und hielt sich mit beiden Händen am Seil fest. Sie atmete tief durch, die Anspannung stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben, noch war über ihr alles ruhig, doch schon nach zwei Metern begann es oben zu knacken. Zuerst lösten sich einzelne Kiesel, doch dann zerrte das Seil immer heftiger an den Steinen. Dadurch das niemand mehr hielt war die Reibewirkung unglaublich hoch und die wacklige Mauer wurde richtig festgeschnürt, dadurch brach sie nun und obwohl die junge Frau unglaublich schnell, flink und so leicht wie möglich kletterte, stürzte die Mauer, mitsamt des Seiles ein. Vier Meter über dem Boden spürte sie keinen Widerstand mehr und fiel. Ins Bodenlose…
17.03.2004, 21:29 #238
Isabell
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Jetzt war es also wirklich perfekt. Sie waren im absoluten Irrenhaus gelandet. Diese halb menschlich aussehenden Körper waren wohl echt der Gipfel von Ekel, dass sie am liebsten gar nicht hierher gekommen wäre. Doch so blieb nichts anderes übrig, als zu kämpfen. Dabei hatten sie aber einen entschiedenen Vorteil. Die Körper lagen noch in ihren Särgen und hatten nur einen kleinen Teil ihrer hölzernen Ruhestätte aufgebrochen. Außerdem bewegten sie sich sehr langsam, während sie immer wieder das Wort Blut auskeuchten, was wohl eine Anspielung auf das geflossene Blut von ihrem Bruder war. Ihre Stimmen klangen allesamt hohl und ihre Stimmbänder zerrissen, doch für solche Beobachtung blieb kaum Zeit, denn der Tanz der Klingen hatte begonnen. Sie einigten sich jeweils auf eine Seite, ein kurzer Blickkontakt genügte. Dann schwang sie sich auf die rechte Seite und zückte ihr Schwert. Besser gesagt, beide Klingen. Sie donnerten in die Brust des noch halb liegenden Toten und ließen ihn sofort zurückfallen. Der nächste hatte sich schon fast befreit, doch auch dem erging es schlecht, hatte er doch keine Waffe sich zu verteidigen und so schlug sie mit voller Wucht zu. Ihr Krummschwert glitt durch seinen Oberkörper und durchfuhr dabei das matschige Fleisch, das so schwarz war, dass man es kaum mehr erkennen konnte. Sie ließ eine Klinge im Körper stecken, da sie die Gestalt vollkommen reaktionsunfähig machte und holte dann mit der linken Hand aus, um im Halsbereich zuzuschlagen. Als der Kopf vom Körper getrennt war, musste sie eilig wieder die zweite Klinge aus dem leblosen Körper ziehen, da der dritte jetzt aus dem Sarg geklettert war und auf sie zu schlurfte. Das ganze lief so unglaublich langsam ab, dass sie sich kurz wunderte, doch dann lief sie auf dieses tote Wrack zu, das mit ausgestreckten Händen wohl am liebsten an den Hals der quicklebendigen Frau wollte, um sie zu Tode zu würgen, doch ein Kontakt mit diesem gestorbenen Fleisch wollte sie vermeiden und so nutzte sie ihren Vorteil der Reichweite und rammte dem Toten beide Klingen in den Magen. Die Gestalt taumelte – wieder mit komischen, schrecklichen Geräuschen - nach hinten, doch Isabell kümmerte sich nicht drum, sprang auf einen der gesplitterten Särge, nutzte den Schwung und sprang von dort wieder zurück zu dem einstigen Bewohner. Mit einem Tritt in die Magengrube ließ sie den Gegner ächzend zu Boden taumeln ehe sie die Schwerter wieder raus zog. Alle drei schienen erledigt und die junge Frau schaute zufrieden zu ihrem Bruder, der ebenfalls beschäftigt war. Allerdings hatte er noch alle drei Toten auf dem Hals. Doch gerade in dem Moment, wo sie schon zu ihm laufen wollte, sah er zufällig zu ihr, hatte aber natürlich einen anderen, besseren Blickwinkel. Schwester, hinter dir! Nach den Worten richtend drehte sie sich um, wo einen Meter vor ihr wieder so ein Monster auftauchte. Sie sah geistesgegenwärtig zu der Stelle, an der sie den ersten dieser Wesen gefällt hatte, da klebte nur noch eine schwarze Flüssigkeit. Sie verstand, dieser Tote war anscheinend wieder aufgestanden, doch zuerst einmal musste sie ausweichen. Mit den Armen taumelnd rettete sie sich nach hinten, während die Arme des schwarzen Toten, dessen einst so menschliches Gesicht mittlerweile ohne Konturen war und nur noch leere, schwarze Augenhöhlen zeigte, gierig nach ihnen griff. Ein murmelndes, stöhnendes Geräusch drang aus dem Mund, der lange schon kein Gebiss mehr hatte und jagte ihr eine Gänsehaut über den Rücken. Doch noch etwas anderes jagte und zwar ihre Schwerter den Tod. Dieses Mal machte sie keine Kompromisse, eins, zwei, drei, vier, fünf Schläge trafen die Gestalt am ganzen Körper, danach riss sie den Arm herum und schlitzte über das kaum vorstellbare Gesicht. Sofort fuhr sie herum und jagte dem Wesen wieder eines der Schwerter in die Magengrube, was wieder für enorme Lähmung sorgte, wahrscheinlich aufgrund der Wucht des Eintrittes, in das faule Fleisch. So hatte sie genug Zeit auszuholen und das tat sie auch. Ein weiterer Schädel, der einst einem Menschen gehört haben muss, landete wie ein Ball im Korb, im Sargdeckel, der tote Rest war jetzt noch ein Stückchen lebloser und blieb ohne Kopf stehen. Isabell ertrug diesen Anblick nicht und versetzte der kopflosen Leiche einen Tritt, diese fiel daraufhin um und blieb für immer und ewig dort liegen.

Kurz schnaufte sie durch, doch in dem Moment als sie sich umdrehte blickte sie in das Gesicht eines weiteren Gesichtslosen, so nah hatte sie diese noch nie gesehen und es war wirklich schrecklich, nicht nur der Anblick, sondern auch die Tatsache, dass es so nah war, die Fingerkuppen, die verfaulten, befanden sich in Griffweite und sie sah sich schon einer Berührung ausgesetzt, als sie ein kurzes Geräusch vernahm, dass so klang, wie wenn Stahl durch faules Fleisch stieß. Einen Schritt zurücktreten bitte. Die fast schon gewohnte Stimme klang in dem Moment so fremd, doch Isabell wich trotzdem einen Schritt nach hinten, auf einmal durchzuckte glänzendes Metall die Stelle, wo eben noch der Kopf war und auch dieser Tote wurde zum Kopflosen degradiert. Der Körper fiel sackend zusammen und da wo eben noch eine schwarze Horrorgestalt stand, kam ihr ein sehr vertrauter Mensch in den Blick. Wie hast du das denn gemacht? Eben noch so…und jetzt so. Rociel lächelte milde. So kannte sie ihn.[/i] Nun erst so, dann so, dann wieder so und jetzt so. Eigentlich ganz einfach. Nein, ich habe Vertrauen in mein Schwert, in meinen Körper und meine Seele. Aber das diese Mistviecher nur tot bleiben, wenn man ihr verfaultes Gehirn abhackt, das hätte ich auch nicht für möglich gehalten. Das ist ja wie in einem Horrorkabinett. Man, wer außer Beliar, lässt sich solche kranken Sachen einfallen. Widerlich. Bist du in Ordnung?[/i] Ihr Bruder strich ihr einige zerzauste und wohl auch verschwitzte Haarsträhnen aus dem Gesicht und gab ihr einen Kuss auf die Stirn, ehe er wieder zwei Putzlappen für ihre Schwerter zückte. Hm, mir geht es immer noch gut. Aber langsam geht das an die Substanz. – Dann lass uns erst mal eine große Pause machen. Wir gehen zurück in den Raum… Er deutete dabei auf den Raum, von dem sie gekommen waren wo auch das Seil noch lag. …und dann werden wir mal schauen. Ich denke nicht, dass uns hinter dieser morschen Holztür etwas Besseres erwartet. Vielleicht wird es unsere letzte Pause werden.
Einigkeit herrschte meistens, wenn es um Pausenentscheidungen ging, so auch hier. Sie verzogen sich bis auf den Balkon, der auf der intakten Seite. Der war zwar eng und klein, aber verdammt sicher, hier angegriffen zu werden war sinnlos, jeder Angreifer würde scheitern, außerdem gab es diese zum Glück erst mal nicht, oder besser gesagt nicht mehr. Die Nerven lagen nicht unbedingt blank, aber Ruhe war jetzt das, was sie am meisten brauchten und Innos meinte es gut mit ihnen, sie bekamen Ruhe, Geräusche von Ratten, Wasser oder auferstandenen Toten gab es erst mal nicht. Sie konnten sich ein wenig ausruhen…
18.03.2004, 22:02 #239
Isabell
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Quer durch die Zeit reisten ihre Gedanken, durch so vieles und noch viel mehr. In den sicher zwei, drei, vielleicht auch vier Stunden, in denen sie hier ruhten, hatte sie viel Zeit gehabt nachzudenken, wobei das Zeitgefühl ein wenig verloren ging. Manchmal sah sie auch ganz normal durch den Raum und ließ ihre Gedanken zurück, aber besonders in der Zeit, wo sie ihr Bruder massierte, sah sie fast nur mit offenen Augen ins Leere, dachte aber an ganz andere Dinge als die Wand vor ihr. Wahrscheinlich ging es ihm auch so, aber so waren sie halt. Irgendwie selten uneinig. Aber es wäre wirklich nicht auszuhalten gewesen, wenn er jetzt über irgendeine belanglose Sache geredet hätte, wahrscheinlich wäre sie dann ausgerastet. Aber so war ihr Bruder nicht, still und in sich gekehrt, ja, das war er. Manchmal ein wenig kindisch, aber nie unverschämt oder gar lästig. So hatte sie Gelegenheit an die Zukunft zu denken. Was hinter ihnen lag, dass hatte sie inzwischen abgehakt, brachte sowieso nichts mehr, sich darüber aufzuregen. So wollte sie viel lieber wissen, was sie noch hier unten erwarten würde. Ein bisschen Angst hatte sie, aber nicht viel. Vor allem hatte sie eine gewisse Panik davor, dass sie hier unten nichts finden würden. Einfach nur sinnlos hier hergekommen wären und mit leeren Händen wieder abziehen müssten. Überhaupt, wie wollten sie wieder auf die andere Seite kommen? Sechs, sieben Meter springen? Na klar, sie hatten ja auch riesige Muskelbänder. Oder sollten sie sich eine Brücke bauen? Vielleicht…

Es war schön wieder so sanft geweckt zu werden, es war schon so was wie dämmernder Schlaf, der sie überkommen hatte. Doch weniger schön war es, dass sie wieder los sollten. Eigentlich gefiel es ihnen hier ja ganz gut. Sie wäre gerne noch länger geblieben.
Irgendwann, mehrere Minuten nachdem sie wieder intensiv und aktiv gegen die hässliche Wand geschaut hatte, drehte sie sich zum ersten Mal seit langem wieder um. Es war schön Rociel wieder ins Gesicht schauen zu können und es tat gut sich in seiner Rüstung auf der Innenseite zu verkriechen und dort auszuharren. Lustlos blickte sie drein, sie wollte nicht gehen, nicht jetzt und eigentlich auch nicht heute. Ungewissheit lag hinter der Tür, die im Raum der sechs Särge stand. Hier war es so schön ruhig und friedlich. Aber nein, hier wollte sie eigentlich gar nicht bleiben. Zwar war es sicher besser, als das, was da noch vor ihnen lag, aber sie wollte so schnell wie möglich raus hier. Damit sie irgendwo in der Natur liegen konnten und dort den Frühling genießen. Deswegen stützte sie sich auch wieder ab und stand auf. Ein unmissverständliches Zeichen, natürlich. Du willst also gehen ja? Isabell nickte und nahm den Rucksack wieder auf die Schultern. Ja, ich möchte nicht länger hier unten bleiben. Es ist schon schwer genug die Gedanken an den blühenden Wald zu verdrängen, nun will ich mich bloß nicht noch baumeln lassen. Auch Rociel stand auf und schnappte sich seinen Proviantbeutel, danach verließen sie den Balkon wieder und stiegen die Treppe hinab.
Die beiden hatten keine Mühe zurück in den Raum mit den Särgen zu kommen. Dort war alles wie zuvor. Die toten Körper lagen, enthauptet, auf dem Boden oder an den anderen Standorten, wo sie gefallen waren, es stank nach dem Geruch von verfaultem Fleisch. Eine morsche Holztür versperrte den weiteren Weg, doch ihr Schloss war nahezu lächerlich zu knacken. Ein Schwerthieb von einem ihrer Krummschwerter genügte und schon war das rostige Stück gesprengt. Die Tür konnte geöffnet werden.

Sie taten es, nachdem sie sich noch einmal lange angesehen hatten. Was würde sie dahinter erwarten? Gefahren? Mit Sicherheit! Aber würde es Lichtquellen geben, was lauerte womöglich auf sie? War es nur ein weiterer Teil von unzähligen Gängen? Gab es dahinter überhaupt noch etwas? Spannung stieg in die ohnehin aufgeladene Atmosphäre, Spannung in ihren Köpfen. Wahrscheinlich dachte sich jeder seinen eigenen Teil, doch Isabell war hochkonzentriert bei der Sache. Sie war bereit ihr Schwert zu ziehen und damit auch vernünftig zu kämpfen. Nun regierte wieder der ernsthafte, der hochkonzentrierte Teil ihres Ichs. Kein Schlendrian mehr, sondern Augen, die bereit waren zu töten.

Knarrend öffnete sich die Tür, unheimliches Ächzen der Angeln, doch in dem Raum, der vor ihnen lag, war nichts zu sehen. Fackeln links und rechts, schenkten Licht, doch ein ungewöhnlicher, blau schimmernder Nebel drang aus dem Raum zu ihnen. Bald schon hatte er sich auch im Raum der sechs Särge verteilt, doch er schien nicht giftig zu sein, zumindest war davon nichts zu merken. So betraten sie diesen Raum erst nach längerer Beobachtung. Es war ein sehr dunkel gehaltener Gang, der ihnen entgegentrat. Rociel holte daraufhin seine eigene, viel größere Fackel heraus und entzündete sie, so hatten sie mehr Licht. Es standen zwar Fackeln dort, doch ihr Licht wirkte ungewöhnlich matt und kühl, als ob sie gar nicht brennen sollten…

Was nur wartete hier? Schon von weitem sah sie die erste Abzweigung. Doch wohin sollte sie führen?...
19.03.2004, 20:34 #240
Isabell
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Circa zehn Minuten waren sie schon in dem verengten Gang und es machte jetzt schon einen bedrückenden Eindruck. Wenn die Wände nur ein klein wenig zusammenfahren würden, dann wäre es um sie geschehen, doch zum Glück ging das nicht, was Isabell sehr beruhigte, oder auch nicht. Sie hatte sich eine ganz eigene Meinung auf diese Anlage hier gebildet. Zwar war das bestimmt kein weiterer Teil der Kanalisation von Gorthar mehr, doch was war es dann? Es half ihnen in keinerlei Weise, wenn sie hier irgendeine geheime Katakombenanlage erforschten. Sie wollten keinen Schatz finden, nicht mit Gold beschenkt werden oder irgendwelche legendären Gegenstände finden, ihr einziges Anliegen galt diesem verflixten Spiegel. Die Hoffnung war zwar wieder da, doch für wie lange noch war die Frage. Zudem machte ihnen diese unglaubliche Größe zu schaffen. Ein Bauer hatte ihr einst die Geschichte erzählt, wonach ihm mal eine Stecknadel in einen Heuhaufen gefallen sei. Doch er war so ärgerlich darüber, dass er sie tatsächlich gesucht und nach drei Tagen, an denen es zum Glück nicht regnete, endlich gefunden hatte. Diese Suche schien so lächerlich zu sein, einen Heuhafen nach einer einzigen, unwichtigen Stecknadel zu durchsuchen, doch selbst das hätte sie jetzt mit Freuden gern gemacht. Alles schien leichter als in diesem riesigen System aus Gängen und Abzweigungen, Biegungen und Schleichpfaden einen kleinen Spiegel zu finden. Es war wirklich eine größere Suche, als nach der berühmten Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. Doch Isabell motivierte sich immer wieder selber, hatte sich geschworen nicht aufzugeben. Noch einmal wollte sie nicht erst von Rociel motiviert werden. Auf Dauer hingen einem diese dunklen Gänge einfach den Hals heraus, vor allem wenn man eine solch großartige Alternative in der freien Natur hatte, doch da mussten sie jetzt eben durch, Kneifen galt auf jeden Fall nicht, das ganze wurde jetzt durchgezogen, auf jeden Fall.

Beunruhigend wirkten dabei nur die plötzlich eintretenden Geräusche und erst Recht die ungewöhnlichen Erinnerungen. Isabell glaubte, dass sie sich wirklich in einer Krypta oder so was befanden, denn hier schien es geradezu von Toten zu wimmeln. Dass sie auch diese Geräusche mit den Toten in Verbindung brachte, das behielt sie vorerst mal für sich. Doch die schauerlichen Geräusche klangen genau wie von den Sargspinnern und so hatte sie einen berechtigten Anlass an ihre Theorie zu glauben. Allerdings war dieses Abenteuer auch sehr lehrreich. Es stellte sich zwar die Frage, ob dieses Wissen jemanden etwas nutzte, aber für sie war es dennoch etwas Neues, denn auferstandene Tote, das hätte sie nicht für möglich gehalten. So was war abartig und nicht die Dinge, die sich das gemeine Volk immer wieder so gerne vor Augen führte. Traurig aber wahr…

Sie schritten weiter in dem Gang entlang, kamen Meter um Meter dem geheimnisvollen Licht näher, dass sich manchmal sogar zu entfernen drohte, also kleiner wurde, doch vielleicht lag es auch an ihrer Fackel, die sie als Gegenlicht benutzten. Als sie endlich da waren, wurden die Geräusche lauter. Jetzt hörte man es ganz deutlich, selbst ein tauber Mensch hätte diese Geräusche bemerkt, denn es war mehr als nur ein Klang, es war zugleich ein Luftzug und ein Zittern der Knochen. Das, was sie als Fackel gesehen hatten, das war eine Schüssel, in dem glimmende Kohlen lagen. Isabell fragte sich nicht zum ersten Mal, wie es gelang, dass hier alles immer so wunderbar funktionierte, wenn sich nicht jemand darum kümmerte und dieser Jemand würde ihnen dann zwangsläufig auch begegnen. Und so war es dann schließlich auch. Das Erstaunliche und gleichzeitig auch Unlogische war, dass der Gang wieder einen radikalen Schnitt nahm und weiter verlief, das dumme an der ganzen Sache war nur, dass sie jetzt denselben Weg wieder zurückgingen, nur auf einer neuen Bahn. Die ganze Zeit hatte sie nur eine ungefähr einen Meter dicke Wand von dem zweiten Weg getrennt. Die Schüssel mit den brennenden Kohlen war dabei so was wie ein Wendepunkt. Doch selbstverständlich gingen sie nicht den ganzen Weg wieder zurück, das wäre ja der blanke Wahnsinn gewesen. Nein, von wegen, ihre „Gastgeber“, die Stimmen die selbst durch Wände drangen, sie machten sich eindrucksvoll bemerkbar. Ungefähr die Hälfte des Weges hatten sie zurückgelegt und dann kamen sie zu einer Stelle, die für den weiteren Verlauf ihres Weges sehr wichtig sein sollte. Sie hatten sie schon von weitem erkannt, was einfach daran lag, dass wieder das Feuer von weiteren Kohleschüsseln brannte. Doch nicht eine alleine, zwei sogar standen an diesem Durchgang. Er besaß keine Tür, nur ein Steinbogen machte einen Eingang deutlich. Die Wände wirkten geschliffen, waren jedenfalls sehr glatt, wieder waren diese seltsamen Symbole daran zu sehen. Sie wirkten wie eine Sprache, aber sie hatte keine Ahnung welche. Doch es bedeutete sicherlich nichts gutes, da war sie sich sicher. Die Wände bestanden zudem nun aus einem anderen Material. Mit einem Schlag änderte sich die komplette Architektur, kleine, enge, quadratische Gänge wichen großen Deckenwölbungen, Säulen aus schwarzem Marmor und selbst die Wände waren in dezenter, nie vergänglicher, schwarzer Farbe gehalten. Es war so, als ob sie jetzt das heiligste dieser Gänge betraten. Es gab nur diesen einen Weg, denn was sie nicht wussten war, dass selbst wenn sie den linken Gang vorhin gewählt hätten, sie trotzdem hierher gekommen wären, nur eben von der anderen Seite. Diese Anlage war nicht wie die Kanalisation, sie gehörte auch gar nicht zu diesem Gebilde, sie war vollkommen eigenständig und hatte auch einen ganz anderen Sinn.

Isabell staunte große Löcher in die Luft, doch instinktiv griff sie nach den Griffen ihrer Schwerter und zog diese unbemerkt heraus. Rociel signalisierte das natürlich, doch noch tat er es ihr nicht nach, vielleicht auch, weil er die Fackel trug. Nichts desto trotz spürte sie Gefahr im Anzug, eine ungewöhnliche Luft war hier. Die Lage war mehr als nur angespannt. Einen großen, wenn nicht den einzigen Anteil daran trugen die Stimmen daran. Sie wurden lauter und immer intensiver, als ob sie direkt in ihre Herzen gehen sollten. Das Röcheln klang unheimlich nahe, als ob hinter ihnen jemand erwürgt würde, das Stöhnen klang so unendlich langsam, so träge und die Schreie waren sicherlich keine glücklichen Schreie. Wie Gespinste in ihrem Kopf kreisten sie durch die Luft, nahmen eine personifizierte Gestalt an und mochten sichtbar werden. Nicht als Geräusche, sondern als unsichtbare Begleiter, Seelen gefallener Körper. Sie alle hatten hier ihr Heim, nur zu verständlich, warum ausgerechnet hier.
Denn ansonsten wirkte ihre neue Umgebung neutral, wenn nicht so dunkel wäre es fast schon angenehm hier zu sein. Doch nicht lange dauerte der hell erleuchtete Weg, zwei weitere Kohleschüsseln markierten eine Tür. Vergittert war eine Luke darin, doch man blickte durch sie hindurch und konnte nichts sehen. Sie war verriegelt, doch der Riegel lag ihnen und war rasch verschoben. Ein weiteres Mal öffnete sich eine hölzerne Tür, während die ewig ungeölten Angeln ächzten…
21.03.2004, 10:25 #241
Isabell
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Kleine Tropfen. Ganz kleine. Und ganze große. In den nassen Händen lagen ihre Klingen, sie spielte ein wenig damit, um sie fest in der Hand zu behalten, den Schweiß so schnell wie möglich loszuwerden, doch dies gelang nicht ganz. Wenigstens waren die Griffe der Krummschwerter mit einem dünnen Leder verbunden, so saugte es sich ein bisschen an sie. Doch sie fürchtete nicht die Schwerter zu verlieren, sie fürchtete mehr diese Situation. Die Fackel war nun keine große Hilfe mehr, gab sie trotz ihrer guten Flamme doch nur noch mäßiges Licht. Es waren einfach zu viele. Sie standen alle um sie, dieses Gefühl, als diese tote Hand um ihre Beine lag, es war schaurig. Sie fühlte sich total unwohl und die Kraft, die sie in den Sand ziehen wollte, sie war unheimlich mächtig. Zum Glück musste sie es nicht ertragen eine echte Berührung zu spüren, doch noch immer fror ihr Körper an den beiden Stellen. Als ob man ihr dort die Wärme aus dem Körper ziehen wollte.

Sie wirkten unmenschlich mächtig in diesen Sekunden, diese verfaulten Wesen. Ihr Stöhnen und Keuchen war betäubend, die Luft verwandelte sich schier in schwarzen Ruß. Es brannte, es knisterte, unheilige Magie lag über ihren Köpfen. Und doch kamen nach wie vor andere Geräusche aus anderen Teilen dieser Katakomben. Ein Begräbnis für unheiliges Fleisch, Beliars Wesen? Sie kannte sich nicht halb so gut aus wie ihr Bruder, was die Götter anging, doch das tote Körper wieder leben, das konnte nur das Werk des einen Gottes sein. Beliar selbst. Tote Körper, einst menschlichen Ursprungs, sie konnten nicht leben, sie durften nicht leben. Welch böser Zauber hielt sie noch in dieser unwürdigen Form und merkten ihre Seelen überhaupt noch etwas? Soviel schwirrte in ihrem Kopf herum, sie hatte so viele Gefühle und Zuckungen in dem Moment, als sich die Erde öffnete und die Toten aufstanden. Erwacht aus einem endlosen Schlaf, nur darauf erpicht das Fleisch der Lebenden zu essen. Wie lange hatten sie das schon nicht mehr getan? Und brauchten diese Wesen überhaupt Fleisch? War nicht das Töten alleine ihre Bestimmung? Ihr Schicksal? Ihre Aufgabe?

Isabell sah zu ihrem Bruder, dessen Kopf glutrot hinter der Fackel schwarz schimmernd wirkte. Noch nie hatte sie ihn so wütend gesehen. Wütend über sich, oder über die Situation? Selbst durch ihre Blutverbindung konnte sie nur spüren, wie aufgeregt er war und wie er etwas Besonderes fühlte. Doch mehr mochte sie nicht von ihm zu erkennen. Viel Zeit blieb jedoch nicht, um sich alles in Ruhe anzusehen, denn die Gefahr kam näher. Diese Wesen waren langsam, doch sie kamen. Mit ausgestreckten Armen wollten sie ihre vermeintlichen Opfer kriegen. Isabell wusste, dass sie zwar nicht schnell waren, aber eine unheimliche Kraft besaßen und wahrscheinlich eine Berührung ihrer verfaulten Haut auch sonst noch unangenehme Folgen haben könnte. So blieben ihnen nicht viele Möglichkeiten. Eingesperrt in einen engen Gang, keine Flucht wurde mehr geboten. Von beiden Seiten waren die Toten auferstanden, so blieb nur noch ein Mittel. Sie mussten ihre Chance im Kampf suchen.

Was gedenkst du zu tun? Ihr Bruder verzog keine Mine, im Schutze des Schattens sah sie nur, wie sich sein Mund langsam bewegte und die Anweisungen wie militärische Befehle aus seinem Mund kamen. Doch sein diabolisches Antlitz, gepaart mit dem verrückten Kichern, das kannte sie nicht und sie mochte es auch nicht wirklich. Hehehehe, wir werden diesen Kreaturen zeigen, was wir von ihnen halten. Beliar hat sich aber etwas Feines ausgedacht, hehehehe. Wenn dieser ganze Aufwand umsonst sein sollte, so werde ich keine weiteren Störungen zulassen. Wir sind nicht hierher gekommen, um uns besiegen zu lassen. Wir sind hergekommen, um zu siegen! Hehehehe… kommt, kommt nur ihr Bastarde. Wolltet meine Schwester haben hm? Wolltet eure unheiligen Hände an sie legen hm? Wolltet ihr wehtun hm? Dafür, werdet ihr bezahlen. Niemand geht so mit ihr um, niemand!

Mit einem Mal hörte sein Kichern auf und unerwartet drehte er seinen Kopf zu ihr, hielt die Fackel so, dass sie in seine nassen Augen sehen konnte. Isabell sah, wie ihrem Bruder mehrere Tränen über die Augen gelaufen sein mussten und wie sie nun glasig schimmerten. Sie wunderte sich sehr und war für einen Moment total geschockt, ehe sie ihm selbst jetzt noch die Hand reichte, in der eines ihrer Schwerter lag. Auch sein Schwertarm legte sich auf ihre und ihre Klingen überkreuzten sich. Als ob sie Hand in Hand wären, bildeten sie eine Einheit, während das Keuchen nun bei ihnen war. Zusammen sind wir unbesiegbar, versprach sie ihm. Zusammen sind wir unbesiegbar, wiederholte er flüsternd. Dann sprang sie auf, die Verfaulten traten urplötzlich aus dem Schatten und streckten ihre gierigen Finger nach ihrem Fleisch aus…
21.03.2004, 13:52 #242
Isabell
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Ja, gut das du da bist. Verdammte Tote. Ich krieg sie einfach nicht in den Griff. Es sind zu viele! Ständig kamen neue Feinde aus dem dunklen Gang, er war so lang gewesen, dass Isabell gar nicht dran denken wollte, wie viele es noch sein könnten. Wir müssen einfach nur unsere Vorteile ausnützen, wir haben schon so gut wie gewonnen. Schließlich gilt es diesen Abschaum zurück in den Tod zu schicken, denn dort gehören sie hin. Was danach mit ihnen passiert…ist egal. Ja, er hatte Recht, wenn es nur nicht so heiß gewesen wäre, dann hätte man das alles ja noch einigermaßen ertragen können. Doch an der Gluthitze hatte sich nichts geändert, mit den schnellen Bewegungen hatte sich das nur noch alles gesteigert und alleine die Anspannung hätte schon Scheißperlen auf die Stirn gejagt. Wie gerne hätte sie nur einen Schluck Wasser getrunken, aber hier galt es jede Sekunde da zu sein. Diese toten Körper waren zwar äußerst langsam, aber auch sie kamen voran und eine Begegnung mit dem verfaulten Fleisch wollte sie nicht noch einmal machen, einmal hatte auf jeden Fall gereicht.

Stück um Stück fiel nun vor ihnen, das Blatt hatte sich schlagartig gewendet. Die Toten hatten keine Seele und steuerten immerzu blind auf sie zu, nur mit dem Willen sie zu töten und mit keinem anderen Gedanken beseelt, so war es jetzt besser zu schaffen. Taktische Finesse, davon hatten sie sicherlich noch nie etwas gehört. Die Klänge von fallendem Fleisch waren zu vernehmen, ein ums andere Mal fielen Gliedmaßen zu Boden, abgeschlagen oder abgefallen, was machte das schon für einen Unterschied. Sie wichen nun gemeinsam wieder nach vorne, wenn sich einmal die Klingen trafen, dann nur um erneut auszuholen. Das Klingen war das einzige, was man noch neben dem Raunen der Masse hören konnte. Anfangs war es noch laut, doch langsam aber sicher wurden die Stimmen leiser, immer mehr Köpfe sanken zu Boden und fanden ihr grauenhaftes Ende enthauptet wieder. Doch nur so konnten sie ein für allemal vernichtet werden. Einfach nur die edle Klinge durch ihren schwarzen Körper zu stecken half nicht fiel. Sie fielen um, sie standen wieder auf, sie fielen um, sie standen wieder auf…so konnte man nicht weit kommen, diese Lektion hatten sie schon früh begriffen. Inzwischen waren ihre Haare so verklebt, dass sie richtig schwer wurden, dass das nicht ihre Schuld war, das tröstete sie nur wenig, würde sie hier unten wohl kaum eine Gelegenheit haben dieses Malheur wieder auszugleichen. Auch dies sorgte dafür, das sie nun wieder offensiver kämpfte, sie unterstützten sich einfach gegenseitig und hielten immer wieder einzelne Tote auf, in dem sie die Arme abschlugen und somit ihre totale Hilflosigkeit festlegten. Doch trotz ihrer Überlegenheit blieb es ein seltsamer und hochgefährlicher Kampf. Sie schlugen die Verfaulten zwar immer weiter zurück und machten bald große Schritte nach vorne, wobei sie auch über die endgültig toten und enthaupteten Körper stiegen, doch lange Zeit wirkte der Kampf und ihre Bemühungen sinnlos, da der Strom einfach nicht abreißen wollte.

Doch irgendwann war es soweit und es kam total überraschend. Sie arbeiteten sich immer weiter nach vorne. Gegen das Klingenspiel hatte selbst der Körper einer unheiligen Kreatur keine Chance, wie sollte man sich auch schon schärfsten Stahl entgegenstellen, wenn man nur seinen eigenen Körper besaß. Sie fällten einen nach dem anderen, immer weiter, immer wieder. Das sie dabei zu zwei waren gab zusätzliche Kraft, da man wusste, dass man ein bisschen gesichert ist. Zumindest für sie war es gut, so ließ sie sich ab und an hinter ihren Bruder zurückfallen um kurz Luft zu holen, da ihre Atemwege verklebt waren, der ganze Staub, die ungewöhnlich dünne Luft und die Hitze setzten dem Körper viel mehr zu, als die Anstrengung dieses schon so lange dauernden Kampfes. Aber dann, mit einem Mal war der Strom versiegt. Sie hatten zusammen den letzten Faulenden geknackt, beide Krummschwerter rissen sich in den Oberkörper und den Hals, ließen ihn wie auf dem Serviertablett aussehen und mit einem beherzten Schlag ihres Bruders war der auch enthauptet. Diese grauenhaften Bilder waren schrecklich, denn überall lagen Köpfe und Gliedmassen, doch überhaupt war der Kampf schrecklich. Es würde immer Opfer geben, ein Kampf auf Leben und Tod war kein schöner Anblick, sondern immer mit Grauen verbunden. Die Bilder waren am Anfang noch schwer, besonders im ersten Raum, dort wo die sechs klopfenden Särge standen, aus denen sich dann genau solche Kreaturen befreiten, aber sie hatte sich dran gewöhnt. So richtig dran gewöhnen konnte man sich sicher nie daran, doch es machte ihr nichts mehr aus. Sie sahen den Tod schon häufig genug, da machte dies auch nichts mehr. Sie war nicht abgestumpft, nur wollte sie weiterleben. Nicht für solche Wesen sterben. Nein, nicht so.

Als keine Schritte mehr auf dem Steinboden ertönten, ließ sie die nassen Griffe der Schwerter los und sank zu Boden. Direkt neben einigen Körperteilen, dem unglaublichen Gestank und der schwarzen Flüssigkeit lehnte sie sich gegen eine Wand. Ihre Hände hatten tiefe Furchen durch den energischen Griff bekommen und ihre Haare waren, wie schon geahnt, total verklebt. Ihr Gesicht musste grausam aussehen, abgehetzt und nass, ihre Schultern fühlten sich wie weicher Käse an. Den Kampf hatten sie wohl gewonnen, zumindest schien es so, doch für was? Welchen Preis sollten sie dafür bekommen? Gab es überhaupt eine Belohnung? Noch waren sie in einem dunklen Gang und so schnell würde sich das auch nicht ändern.
Das Wasser, selbst hier unten schmeckte sie es blau und kühl. Auch wenn sie nur eine Flüssigkeit zu sich nahm, die sie nicht sehen konnte, so benetzte sie damit auch ihr Gesicht, ihre Finger, ihre Lippen. Wasser. Das war es, was sie am dringendsten brauchte. Hast du mitgezählt? Ihr Kopf drehte sich langsam zu Rociel, der keine Anstalten machte nur einen Schluck zu trinken und sich nicht einmal setzte. Was gezählt? Die Flamme wurde größer, nun erreichte sie fast einen halben Meter und gab mehr Licht als zuvor. Es waren mindestens zwei Duzend. Eher drei. Wir haben den Spiegel immer noch nicht gefunden. Ich…ich glaube… Isabell erschrak in dem Moment, wo sie wusste, was er fühlte, ihre Augen wurden größer und die Pupillen kleiner. Nein! Ein Schrei. Wir finden ihn. Ganz sicher. Gib mir noch etwas Zeit, ich bin gleich soweit. Wir finden ihn. Denk nicht einmal daran.
21.03.2004, 19:16 #243
Isabell
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Armer Rociel. Du plagst dich schon wieder stimmt’s? Du musst trotzdem was essen und vor allem trinken. Dein Körper braucht das Wasser, sonst wird er den Strapazen nicht standhalten. Setz dich hin und versuch kurz die Augen zu schließen, wir machen kurz Rast in Ordnung? Was war nur mit ihm los, dass er nicht mehr mal auf ihre Stimme reagierte? Das hieß, reagiert hatte er ja, nur so seltsam. Sie hatte ihn aus Erinnerung gezogen, bestimmt, sie kannte das, wenn man ins Leere starrte und nur noch seine eigene Stimme im Kopf vernahm. Es konnte sehr entspannend sein, meistens zumindest beruhigend, doch schon kleinste Veränderung wie die Stimme einer bekannten Person konnte das schwache Gleichgewicht auseinander reißen. In Ordnung. Machen wir eine Pause. Aber ich will nicht zwischen den Gliedmaßen von anderen Körpern rasten. Lass uns eine Stelle suchen, an denen wir nicht mit dem verfaulten Gestank von verwesendem Fleisch verpestet werden. Ihr Bruder half ihr beim aufstehen, jetzt, ein paar Minuten nach dem Kampf spürte sie, wie schwach ihr Körper war, die Knochen und die Muskeln bauten langsam ab, aber sie konnte noch ganz gut gehen. Aber eine Pause zur Regeneration war mehr als nur nötig geworden. In der Nische zwischen den beiden Fronten gab es einen dünnen Streifen, auf dem keine Körper lagen, dort ließen sie sich nieder. Ein bisschen Luft holen, geringe Mengen trinken, reichlich speisen. Sie mussten auf ihre Wasservorräte achten, sie hatte sie nicht genau beziffert, doch es würde wohl nach spätestens zehn Tagen ausgehen, wenn sie sich nur an ihre normalen Tagesmengen hielten. Aber das taten sie schon lange nicht mehr, oft wurde hier unten einfach vergessen zu trinken, so sparten sie zwar das kostbare Nass, doch ihren Körpern würde das noch einmal zum Verhängnis werden. Proviant dagegen hatten sie genug, fast zuviel wollte man meinen. Doch es war wichtig, besser zu viel als zu wenig. Die Gewichte waren schon fast vergessen, so sehr schmerzten die Schultern bei ihr. Als sie ihren Beutel abnahm, kam es ihr vor, als ob sie keine Schultern mehr hätte, so leicht fühlte es sich an. So war auch jedes Pfund, das sie nur irgendwie wegbekamen und doch nicht sinnlos vergeudete, ein Segen. Isabell schwor, dass sie nach diesem ganzen Mist erst mal nichts mehr an ihre Schultern ranlassen würde, keine schweren Lasten mehr, zumindest ein paar Tage nicht.

Immer noch war die Hitze zu spüren, woher sie kam, es war unbegreiflich, doch so fühlten sie sich nach wie vor wie Scavenger über dem Feuer. Rösten wollte man sie wohl. Immer wieder wischte sie sich den Schweiß aus dem Gesicht, doch es war ein vergeblicher Kampf, die Perlen kamen immer wieder und nahmen feste Bahnen ein, bis sie schließlich tröpfelnd auf dem Boden landeten. Ihre Pause war lange, mindestens eine Stunde lang speisten sie, tranken wenig und atmeten die kostbare Luft. Nebenbei reinigte sie träge ihre Klingen, ganz nach dem ewigen Vorbild von Rociel. Das erste was er gemacht hatte – noch vor dem Essen – war seine Klingen von der schwarzen Soße zu befreien, bevor diese in der Gluthitze trocknete und verkrustete. Es war wirklich bewundernswert, wie er dies immer durchzog. Ihr Bruder der Klingenputzer, welch seltsame Ehre. Doch sie redeten die ganze Zeit kein Wort mehr, ein Schweigen, dass sie nicht deuten mochte, das aber sicherlich nichts Schlechtes zu bedeuten hatte. Aber lange hatten sie ihre Hand gehalten. Jeder eine Hand vom Anderen. Warum sie das taten wusste sie nicht, vielleicht weil man nur eine Hand zum Essen brauchte? Aber nein, sie wusste es ja, es war ja klar warum. Doch dann, eben nach der abgelaufenen Stunde, erhob sich die Rüstung seines Bruders und mit ihr der ganze Körper. Sie war eingedöst, das angenehme Gefühl seiner Hand hatte sie alles um sie herum vergessen lassen, doch jetzt spürte sie das angenehme Gefühl nicht mehr und öffnete die Augen wieder. Ihr Bruder lief in die Dunkelheit, ließ die brennende Fackel zurück bei ihr. Die Stiefel klackten wieder, das erste was ihr auffiel. Eine Minute später kehrte er zurück, ein winziges Detail hatte sich an seiner Rüstung verändert. Er trug nun wieder zwei Dolche. Selbst das hatte sie bemerkt. Sie lächelte ihn an, versuchte irgendwie eine letzte Schönheit aus ihrem geschundenen Körper heraus zutreiben, doch der Erfolg schien zweifelhaft. Sie war nicht mehr schön. Nicht hier in diesen Katakomben. In dieser Hölle des Dreckes, des Staubes und dem verfaulten Fleisch. Allein der Geruch der Kanalisation haftete schon an ihr und hätte ein Bad dringend nötig gemacht, doch der Geruch von diesen Verfaulten war noch um einiges schlimmer. Sehr viel schlimmer. Ich fühle mich besser. Sehr viel besser. Dank dir. Ich habe schon lange nicht mehr an eine Pause gedacht, der Kampf ist einfach an mir vorüber gezogen. Diese Hitze, sie macht mich fertig, doch bin ich nicht in der Lage ihr gegenüberzutreten. Ich weiß nicht, wo wir sind und wo dieser Gang hinführt, ich weiß nicht, ob wir hier in Sicherheit sind und woher diese Stimmen kommen, die noch immer in meinem Ohr spielen. Aber dank dir weiß ich ja jetzt wieder, dass wir nicht aufgeben dürfen. Dieses Mal hast du mir Mut gemacht Schwester. Fühlst du dich bereit weiterzugehen. Ich bin geradezu darauf erpicht zu wissen, wohin dieser Gang führt. Und außerdem bin ich sicher, dass Innos nach wie vor seine Augen auf uns wirft. Uns kann also gar nichts passieren. Der alte Mann hat mich irgendwie lieb gewonnen, auch wenn ich nicht weiß, warum. Wie Rociel mit einem Gott redete, sie musste grinsen, doch sie fühlte sich bereit, es musste ja irgendwie weiter gehen, sie konnten ja nicht ewig hier bleiben.

So schulterten sie erneut ihr immer noch schweres Gepäck und gingen weiter. Erneut war der Schein seiner Fackel das einzige, was man als Lichtquelle bezeichnen konnte und Isabell war froh, dass sie nicht ausgehen konnte, zumindest nicht durch einen scharfen Luftzug oder durch Wasser. Sie gingen auch an der zweiten Front vorbei, dort wo ausschließlich Rociel die Toten gefällt hatte. Es waren nicht ganz so viele, doch dennoch hatte sie Mühe den ganzen schwarzen Körperteilen auszuweichen. Manchmal trat sie mitten in diese weichen Teile, einmal erwischte sie sogar einen Kopf, der faulig wie er war, sofort nachgab. Danach lief sie die ganze Zeit hinter ihrem Bruder und trat nur dorthin, wo auch seine Stiefel hintraten. Dann endlich kamen sie wieder auf den normalen Gang, ohne Tote, doch der Sand blieb auch hier verschwunden, das Klacken der Stiefel dauerte an und hinterließ eine schaurig-regelmäßige Hallung. Die Enge begann wieder an Grauen zu gewinnen, wenn es schon kein verfaultes Fleisch mehr gab, so musste eben anderes herhalten. Wenigstens schien es vorbei zu sein und die Bewohner dieses endlos scheinenden Ganges waren nun tot. Die Falle war wohl ein für alle Mal besiegt.
21.03.2004, 21:03 #244
Isabell
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Chaos, was für ein Chaos herrschte bloß nur. Woher kamen zum Beispiel diese Säulen? Diese Art der Architektur kannte sie ja noch gar nicht. Warum standen hier plötzlich Säulen? Solch prachtvolle, architektonische Meisterwerke in einer eher bescheidenen Bleibe wie dieser hier. Doch sie hatte keine Gelegenheit darüber nachzudenken, denn Rociel zog sein Tempo ganz klar an und sie musste ihm irgendwie folgen. Auch die keilförmige Platte und das seltsame Licht ließen sie stutzen, doch der Weg ging unbeirrt weiter. Bis zu dem Punkt, an dem wohl ein Eisschock sie nicht weniger gelähmt hätte, als dieser Anblick. Zu Salzsäulen waren sie nun erstarrt und machten den schönen, echten aus Stein oder Marmor echte Konkurrenz. Aber was löste diesen Schockzustand aus? Nun, es war gelinde gesagt zweierlei. Einerseits der grauenhafte Anblick, der sich ihnen bot und alles bisher Erlebte in den Schatten stellte. Andererseits war es aber auch eine Entdeckung, die sie sofort aufschrieen und ihr Herz eine Menge Ballast abfallen ließ. Denn dieses Horrorkabinett, es war der letzte Raum dieser geheimen Anlage. Seit sie gekommen waren, konnte es nur eine weitere Abzweigung geben, doch es war unwahrscheinlich, dass diese noch weit verzweigt war. Ansonsten hatten sie selten auswählen müssen, wo sie hingehen wollten, ganz anderes noch wie in der "echten" Kanalisation. Doch aus diesem Raum schien oberflächlich kein weiterer Weg mehr zu führen. Stattdessen sagten ihre Augen, dass sie dort einen Spiegel sah. Die glänzende Oberfläche war zwar verstaubt und auch sehr dunkel, doch sie hatte ihn trotzdem gesehen. Es war ein richtiger Spiegel gewesen. Die ungewöhnliche Form war nicht so wichtig und das Drumherum auch nicht, hauptsache das war ein Spiegel. Und bestimmt war es der richtige, so viel Unglück und Pech konnte man gar nicht auf einmal haben.

Doch über diese Entdeckung mochte partout keine Freude aufkommen, nein, wirklich nicht. Der Lähmungszustand hielt nach wie vor an und wollte sich einfach nicht lösen. Was sie sahen? Den blanken Horror sahen sie? Es war wohl nicht mehr ernst zunehmen, aber dennoch löste es bei ihnen tiefe, ängstliche Gefühle aus. Es standen mehrere Särge in dem Raum. Einige lagen, zwei standen aber auch. Aus einem der senkrecht Stehenden hing ein Arm heraus, an den Liegenden bebte der Deckel, wie sie es schon gewohnt waren aus dem ersten Raum. Doch es ging ja noch weiter. Das Beste kam ja erst noch. Ein paar unidentifizierbare Körper liefen durch den Raum, allerdings…ohne Kopf. Sie liefen, obwohl sie keinen Kopf hatten, in den Händen hielten sie zwei Dolche, an denen das verkrustete Blut schimmerte. Doch auch das war nicht das Beste. Das Beste und vielleicht auch Schlimmste waren die drei Skelette. Zwei davon hatten weiße, oder zumindest verweste Knochenfarbe, doch das Skelett, das gelangweilt dastand und sich auf ein verrostetes Schwert lehnte, das war schwarz. Es hatte schwarze Knochen, vom Scheitel bis zum Kopf und es gab noch einen Unterschied zu normalen Skeletten. Der Kopf, er war voller Muskeln, Sehnen, Gefäßen. Dass das Skelett auch ein Stimmband besaß, das bekamen sie noch zu hören.
Das ganze wurde untermalt durch eben jenen Lichtschein, dessen Ursprung nun auch geklärt wurde. Mindestens vierzig, zum Teil riesige, einen Meter hohe Kerzen standen auf den unmöglichsten Orten. Auf Sargdeckeln, an Balken, auf dem Boden, auf Simsen und eine kleinere Kerze war sogar auf der Stelle, an der normalerweise der Kopf war, natürlich bei einem, der zwei Kopflosen. Eines musste man ihnen wirklich lassen, sie waren nicht ideenlos, wie sie die Monotonie besiegen konnten, doch des einen Freud ist des anderen Leid und die Leidenden waren lange Zeit sie. Erstaunlicherweise griffen diese Viecher nicht an, keines von ihnen tat etwas, doch feststand, dass von hier diese Stimmen kamen. Das Gekeuche und Gestöhne kam meistens aus den Särgen, die am Boden lagen und gegen dessen Deckel gehämmert wurde und immer wenn sich die Tür eines senkrecht stehenden Sarges öffnete ertönte ein lautes Kichern, bis sie sich wieder schloss. Die Skelette sagten gar nichts, während die Kopflosen nur durch ihr ewiges Im-Kreise-Laufen auffielen.

An diesen Kreaturen mussten sie also vorbei. Das war ihr letzter Weg, ihre letzte Aufgabe vor dem Spiegel. Rociel war der Erste, der sich von dem Anblick erholte, waren sie doch nur wenige Meter von alldem entfernt und nicht in sicherer Entfernung. Durch sein Flüstern in ihr Ohr brach auch bei Isabell schnell jeder Eispanzer und so schien es soweit zu sein. Das ist echt spitze, Beliar lässt sich wirklich nicht lumpen was? Dieses Mal treten wir ihm aber gehörig in den Hintern. Das wird ihn hoffentlich treffen. Beliar war ihr eigentlich egal, Isabell sah den Spiegel, nur das war, was zählte. Sie hatten ihr Ziel erreicht, mehr oder weniger. Als sie sich auch wieder aus der Starre löste, da fielen auch die ganzen Tonnen der Belastung von ihr. Nun war es also keine Frage mehr ob, sondern nur noch wann. Zum ersten Mal funkelten auch Isabells Klingen nach dem Tod. Siehst du das, was hinter dem Schwarzen steht? DAS ist der Spiegel. Unser Ziel. Rociel machte Adleraugen und erspähte es auch. Meine Güte…du hast Recht. Oh Schwester, ich könnte dich…verschieben wir das lieber. Jetzt bedarf es Anderen, unsere Aufmerksamkeit zu widmen. Und diese blutlose Truppe, sie wartete bereits. Sie hatten die beiden Fremden noch lange vor ihrer Ankunft gesehen, der Schwarze, ihr Anführer – mehr oder weniger zumindest – erhob sich von seiner Starre und sprach mit einer raunenden Stimme, dass ein kurzer Sturm entstand und ihnen tatsächlich Wind entgegen strömte…doch was er sagte…das klang natürlich schlecht. Schlecht für sie…
22.03.2004, 22:09 #245
Isabell
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Einige Körperteile flogen wieder durch die Luft, jetzt wo sie das zweite Schwert hatte ging alles viel leichter von der Hand. Es war total ungewohnt mit nur einem Schwert zu kämpfen, Isabell hatte dies ewig nicht mehr getan, Zwar waren sowohl die Skelette, als auch die schon bekannten Toten sehr langsam, doch anfangs machte ihr der Kopflose echt Sorgen, da er viel schneller war als die Anderen. Dennoch gelang es ihr immer wieder den ein oder anderen zu besiegen, aber es waren immer noch zu viele gewesen. Wenigstens war die Anzahl hier überschaubar gewesen, so dass sie einen ungefähren Wert hatte, an dem man sich orientieren konnte. Die Kerzen leisteten zwar schwache Arbeit, dafür aber brannten sie beständig. Eine wichtige Lichtquelle, die dennoch unheimlich wirkte. Kohleschüsseln wären ihr durchaus lieber gewesen, doch das ging ja leider nicht.
Der Kampf war ermüdend gewesen, er zerrte sehr an ihren natürlichen Kräften. Ihr Oberarm tat weh und auch ihre Schulter war seit langem ein einziges Wrack, doch die Kondition hielt immer noch gut. Aber die ständigen Kämpfe in letzter Zeit, sie zerrten an ihrem Leib und begannen ihre Wirkung nicht zu verfehlen. Mürbe machen, lautete die Devise. Das ganze wurde einfach zu viel, trotzdem fiel einer nach dem anderen. Sie hatte die Erschütterung gespürt, die im Körper ihres Bruders vorgegangen war, doch spürte sie diese öfter und war davon nicht mehr überrascht. Als er dann endlich in den Kampf eingriff, war es fast schon vorbei. Trotzdem war es erstaunlich, wie schnell danach doch alles ging. Die drei verfaulten Körper fielen binnen zehn Sekunden unter dem einen Schwert von ihm, ihr Beitrag am Ende bestand nur noch darin einem einsamen Skelett die Rippen zu brechen, aber selbst das gelang nur mehr schlecht als recht, sie war froh, als das weiße Menschenbildnis zusammenklappte und sich klappernd auf dem Boden verteilte. Isabell war müde geworden, der ganze Kampf, er war einer zuviel. Aber am Ende hatten sie es ja doch geschafft, als hätte sie es geahnt. Warum nur wusste sie, dass es wieder gut ausgehen würde. Hatte sie sich von den Worten ihres Bruders anstecken lassen? War es eine innere Überzeugung? Oder konnte man sagen, dass es einfache Regel war? In ihrem Kopf schwirrten Wortfetzen und eigene Gedankenbrücken, sie versuchte die Wörter zu ordnen, dies gelang jedoch nicht. So schleifte sie sich ein paar Meter weg von den Türmen aus schwarzen Fleisch und verstorbenem Leben, das so gar nicht mehr bezeichnet werden durfte und setzte sich auf einen Sarg, neben den Schein einer Fackel. Die Kraft war weg, als ob sie niemals da gewesen wäre. So schwach, jedes einzelne Glied, jeder Muskel gab Schmerzimpulse aus. Keine Spur mehr von Kraft, Stärke und Geschicklichkeit, von Ehrgeiz und Tatendrang. Das einzige was noch da war, war der Wunsch nach einer ruhigen Nacht. Oder einem ruhigen Tag. Jedenfalls wollte sie jetzt schlafen. Ohne essen. Ohne trinken. Ohne lange nachzudenken.

Die junge Frau schleifte die Bänder ihres Rucksackes von ihren Schultern und fühlte mit den Händen ein wenig über die betroffenen Stellen, die schon jetzt schmerzten und ihr noch lange in Erinnerung bleiben würden. Aber es war dennoch richtig so. Sie war immer noch von der ganzen Sache überzeugt, selbst im Angesicht dieser Strapazen. Was sollte sie schon anderes tun? Selbst eine Verletzung hätte daran nichts geändert. Es gab keinen Grund zu zweifeln, es war nur Schwäche, nur eine reine körperliche Angelegenheit und keine geistige. Nur lähmte der schwache Körper auch ihren frischen Geist, so dass sie unweigerlich träge wurde. Außerdem war sie hier unten eh keine große Hilfe mehr, um jemanden wie ihren Bruder zu motivieren. So gemeinsam sie auch waren, es gab winzige Dinge, dort unterschieden sie sich enorm. Und dies war so ein Fall. Isabell stand langsam wieder auf und schleppte sich auf wackligen Beinen an eine Wand. Es war staubig, aber wenigstens klebte hier kein Blut. Keine Leichenteile. Und auf einem Sarg, in dem so etwas Ekelhaftes drin lag, wollte sie auch nicht schlafen. Ihren Rucksack nahm sie schon gar nicht mehr mit und ihre Augenlider senkten sich schneller als ein Stein im Wasser. Aber ein wenig blieb sie noch wach.

Ich muss ein wenig schlafen Bruder. Nur ein bisschen ja? Ich werde bestimmt nicht lange schlafen, nur eine kurze Weile. Wir haben doch jetzt den Spiegel gefunden. Lass uns schlafen. Rociel hatte einen ruhigen Puls, sein Blut floss langsam und regelmäßig. Sie spürte es an ihrem linken Arm, auf dem sie nun lag. Aber sie hätte es auch an ihrer Brust, oder ihren Beinen spüren können. Denn sein Blut war überall in ihrem Körper. Schlaf ruhig Schwester. Du hast es dir mehr als verdient. Du hast gekämpft, wie ich es kenne, wenn einer Schlaf verdient hat, dann du… Die Augen zuckten langsamer, ihr Herzschlag wurde noch ein wenig ruhiger. Langsam entspannte sich der Körper und vergaß die Schmerzen. Und du? Kommst du nicht? Lange Zeit hörte sie nichts mehr. Ein, eineinhalb Minuten. Das hieß, sie hörte Stiefelklacken. Aber keine Worte. Solange gelang es ihr noch, sich wach zu halten. Dann spürte sie den Atem ihres Bruders, seinen Duft, der aus der Nähe intensiver war als der Geruch von verfaultem Fleisch. Ein einsamer, trockener Kuss auf ihre rechte Wange war das letzte, was sie spürte, bevor er sich wieder erhob. Nein Schwester. Noch nicht. Ich werde noch ein wenig ausharren und hier ein wenig aufräumen. Aber jetzt sorg dich nicht um mich, sondern schlafe ein. Ich wünsche dir einen wunderschönen Traum, einen Traum in der Natur. Gute Nacht.

Dann ging er wieder fort, wohin auch immer, verhallten seine Stiefel in ihrem Ohr, ein tiefer Gang verschluckte sie und der schwache Körper sackte zusammen. Der Schlaf hatte leichtes Spiel am heutigen Tage. Von der Natur wollte sie gerne träumen, wie gerne hätte sie es getan, wie gerne…

Wer träumt, dem wachen Flügel.
23.03.2004, 19:41 #246
Isabell
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Gleich als Isabells Lider sich wieder hoben, ihre Muskeln sich reckten und streckten und der Körper mehr als die üblichen Schlafbewegungen vollführte und sie wieder aufwachte, da fühlte sich ihr Körper mindestens zehn Jahre jünger, als noch vor dem Schlafen an. Es musste Wunder vollbracht haben, ein paar Stunden zu ruhen, so viel besser konnte man sich aber nur fühlen, wenn man wirklich am Boden war, sie wusste das. Doch das war ihr jetzt egal, hauptsache sie war wieder fit. Geschmeidig stand sie wieder auf, auf beiden Beinen zu stehen war vor ein paar Stunden noch ein Ding des Schmerzes, nun wieder selbstverständlich, wie es auch sein sollte. Doch über überschüssige Kraft konnte sie sich auch nicht beschweren, denn dazu war sie immer noch zu sehr geschwächt, besonders am Nacken und auf den Schultern war der Schmerz nicht ganz gegangen. Aber ihrer Hand ging es um einiges besser. Aber sie war glücklich, dass es voran ging.

Rociel war schon auf den Beinen, oder hatte er gar nicht geruht? Kaum mehr müde und schon gar nicht träge schlängelte sie um ihn herum, der, der auf einem Sargdeckel saß und ins Leere starrte. Du sitzt aber nicht seit gestern hier oder? Sie umarmte ihn von hinten und gab ihm ein paar leichte Küsse auf Wange und Lippenflügel, bis sich diese zu einem verschmitzten Lächeln weiteten. Nein, erst seit ein paar Stunden. Ich habe gestern noch ein wenig aufgeräumt, das Requiem abgehalten und etwas meditiert. Es war sehr ruhig hier. Du merkst es immer noch, wenn du schweigst. Keine Schwingungen. Kein Wind. Keine Stimmen. Auch kein Röcheln, Stöhnen, Lachen oder Keuchen. Keine Wörter, es sei denn wir reden. Ich habe stundenlang meinen Atem gehört. Ich war nicht müde und bin es immer noch nicht. Du hast schön geschlafen. Vor allem lange. Hast du einen schönen Traum gehabt? Isabell sah sich dabei ein wenig um, ihr fiel tatsächlich auf, dass sich einiges verändert hatte, die Särge waren wieder geschlossen, zumindest die groben Stücke waren zu, hatten die Faulenden doch mehr als nur ein Stück zerbrochen. Aber der Boden war gesäubert, der Geruch blieb jedoch. Nein…Ja…ich weiß nicht mehr, was ich geträumt habe. Ich glaube, ich wurde mit keinem Traum gesegnet.

Sie löste sich wieder von ihm und streifte ein wenig um den dunklen Raum. Die Kerzen brannten immer noch, es schienen Kerzen zu sein, deren Wachs äußerst langlebig war, vielleicht hatte man ihnen auch eine Flüssigkeit beigemischt, so dass sie länger brannten. Doch mehr hatte sich nicht in dem Raum geändert, alles war beim Alten. Sie renkte ein wenig ihren Kopf… Tut dein Nacken weh? Lass mich mal sehen! Ihr Nacken schmerzte tatsächlich, woher hatte er es geahnt? Waren ihre Verrenkungen so auffällig? Isabell ging wieder zurück zu ihrem ruhigen Bruder und lehnte sich auch gegen den aufgebahrten Sarg. Es tat gut, als ihre Haut wieder ein wenig geknetet wurde, so dass das Blut besser durch die schmerzenden Stellen fließen konnte. Es war entspannend zugleich, doch so früh am Morgen, oder besser gesagt, nach dem Aufwachen, fühlte sie sich noch nicht in der Lage groß zu entspannen. Ihre Logik fing den Tag in der Regel ein paar Minuten später an und das war heute auch nicht viel anders. So bemerkte sie erst beim massieren, dass sich etwas mit dem Blut verändert hatte. Aber nicht mit ihrem. Geht’s dir gut Rociel? Sie fragte munter in den Tag hinein, hatte jedoch Pech, dass sie sein Gesicht nicht sehen konnte, dass sich blitzartig verzog, doch er ließ sich nichts anmerken. Klar. Alles bestens. Sie konnte die Lüge nicht sehen, es war ihr unmöglich gewesen, aber sie hatte es zumindest versucht. Aber es war ja noch früh am Tag und so versuchte sie wenigstens etwas abzuschalten. Kein Gedanke mehr wurde an diese Anlage hier verschwendet, die junge Frau wollte sich einfach mal auf etwas anderes konzentrieren, denn die Realität war um sie herum. Jede Sekunde. So sollten sie wenigstens ein paar Minuten des Tages nutzen und vergessen. Dabei wusste sie nie, ob ihr Bruder nicht jede Sekunde an diese Anlage oder ihre Aufgabe hier dachte. Sie musste es ja auch tun, es war zu eng miteinander verbunden, als das man vergessen konnte. Warum konnten diese Idioten nicht woanders hingehen, ihre Amulette auf irgendwelchen Bergen oder in tiefen Schluchten verstecken, nein, sie mussten immer in irgendwelche dunklen Ecken. Isabell musste seufzen, es hatte ja doch keinen Sinn…

I: Du denkst daran stimmt’s?
R: Hm?
I: An das Amulett, an diese Anlage, an die Toten, all das eben.
R: Nein…nicht mehr.
I: Nicht? Wirklich nicht?
R: Nein, wirklich nicht.
I: Aber an was denkst du dann?
R: Ich…es ist nichts. Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, ob ich es sagen will…
I: Schon gut. Wollen wir was essen?
R: Ich hab erst vor ein paar Stunden was gegessen. Und Durst hab ich auch keinen. Aber ich mach dir gerne was, ruh dich noch ein wenig aus.


Sie wollte noch etwas drauf entgegnen, doch da war er schon fast bei ihren Proviantsäcken, die auf einmal zusammenstanden. So ließ sie es geschehen, sie wollte nichts dagegen sagen, auch wenn es ihr nicht gefiel, dass Rociel schon wieder soviel für sie machte.

Nicht viel Zeit brauchte er, dann brachte er ihr ein kleines Frühstück. Gemessen an ihren Mitteln war es bescheiden, zwei dünne Scheiben Brot mit Käse und Wurst, dazu einen halben Apfel, an der anderen Hälfte knabberte er. Aber im Nachhinein war sie froh darüber, denn ansonsten wäre ihr Bauch nur voll und sie hätte Schmerzen bekommen. Es blieb sehr still, vielleicht ging es Rociel ähnlich wie ihr auch, in dieser Umgebung zu reden kostete große Überwindung. Auch die Ereignisse ließen sich nicht einfach vergessen. Sie hatten so vielen Gestalten, die in einer authentischen Gestalt von Menschen umhergewandelt waren, die Köpfe abgeschlagen, alleine dies war heftig. Aber jetzt, jetzt war die Erwartung natürlich groß, denn das, was sie als Spiegel identifiziert hatte, musste untersucht werden, niemand hatte ihnen gesagt, was es damit auf sich hatte.

Lass uns mal schauen, was es mit diesem Spiegel eigentlich auf sich hat. Ihr Bruder folgte ihr auf den Fersen, als sie zu der Stelle traten, wo er stand. Es war ein großer Spiegel, der größer war als sie selber. Er ging vom Boden, wo er etwa drei, vier Zentimeter über diesem in eine Steinfassung eingelegt war, bis drei Meter nach oben. Er war gut zwei Meter breit und bestand aus richtigem Glas. Sie konnten ihre eigenen Gesichter sehen, aber nur sehr schlecht. Neben dem Spiegel standen viele Abbilder und Götzenstatuen. Kleine Kobolde, wie auch menschliche Schädel waren in Stein gehauen. Sie bildeten den Rahmen dieses Gegenstandes. Doch was sollte an diesem Spiegel magisch sein? Er war so verstaubt, dass man fast gar nichts sehen konnte. Ihr Bruder nahm ein Tuch und wischte über einen Teil der Fläche, bis diese blank poliert war, zumindest wieder spiegelte. Erst jetzt sahen sie sich und ihre Umgebung im Spiegel. Doch für sie war dies nicht sonderlich gut, denn jetzt zeigte man ihr die grauenhafte Realität erst richtig auf. Sie sah schrecklich aus. Rociel hingegen sah suchend aus. Er suchte den Grund, oder den Sinn dieses Gegenstandes.

Plötzlich hörten sie ein schmatzendes Geräusch, es war ihr nicht möglich es einzuordnen, da sah sie es. Kleine, in der Luft schwebende Seile kamen im Spiegel zum Vorschein und sie näherten sich ihrer Haut. Doch es waren keine Seile. Sie waren schwarz-grau und nicht braun, und außerdem sahen sie metallen aus, allerdings mit der Leichtigkeit von Hanf, wie es auch ihr Seil hatte. Sofort witterten sie einen Angriff und wichen zurück, doch dann ertönte eine Stimme. Sie war so schön und doch so schrecklich. Grausam und mild in einem. Ruhig und Laut, Klar und Unverständlich. Sie war absolut neutral, eine Stimme ohne einen Hauch von Einordnung. Und dann sahen sie auch, von wem die Stimme kam und woher diese Seile stammten. Zwei Gesichter, die den Rahmen mitbildeten, sie bewegten langsam ihre Münder, doch die Stimme schien trotzdem nur im Hirn zu hören, nicht in den Ohren. Aus den Mündern dieser Wesen kamen nämlich die Seile, die vor ihren Gesichtern stoppten und wie Blätter im Wind umherwehten.

Habt keine Angst. Wir wollen euch nichts tun. Wir sind keine Feinde und keine Freunde. Wir können euch weder töten, noch verletzen, geschweige denn heilen. Wir sind die Wächter des magischen Spiegels. Keinen Namen besitzen wir und sind doch nicht namenlos. Wir sind keine Wesen, wie ihr sie kennt, nur Wächter in Stein gemeißelt. Wir dienen weder Beliar noch Innos, auch Adanos nicht, geschweige denn einem anderen Gott. Und doch stehen wir Beliar zur Seite. Wir sind körperlos und besitzen auch keinen Geist. Doch trotzdem besitzen wir dies alles in unserer Erinnerung. Wir wissen noch, wie die letzten Menschen hier standen, vor dreihundertsechsundsiebzig Jahren. Aber sie kamen damals nicht zurück. Wir können leider nicht sehen, was ihr denkt und fühlt, da wir euch nicht sehen und spüren können. Setzt euch doch bitte vor den Spiegel und lasst uns fühlen, wer ihr seid.

Auch wenn es Bedenken gab, sie taten wie ihnen geheißen und setzten sich vor den Spiegel. Kurz darauf berührten die Seile ihre Köpfe und ihren Körper. Als ob sie abgetastet würden…

Ahhh, wir sehen, dass ihr nicht die seid, für die sich euer Körper ausgibt…aber…ist das möglich? Siehst du es auch? - Ja ich sehe es auch. Ich spüre eine Konzentration, die nur er besaß. Aber wie ist das möglich? Er wurde doch längst vernichtet? - Woher soll ich das wissen? Er muss wieder zurückgeholt worden sein. - Aber…aber das kann doch nur durch Ihn passiert sein… Und wenn es so wäre? Was macht er hier? - Das Gleiche gilt für sie. Was macht sie hier? Und vor allem. Warum tragen sie das Blut eines Dämons in sich? - Verdammt, ich weiß es nicht. Was wollen sie überhaupt hier? - Wenn ich das bloß wüsste.

Nun denn, ihr müsst schon entschuldigen, aber obwohl wir keinen Körper und keinen Geist besitzen, sind wir älter als wir aussehen. Eigentlich ist es nicht unsere Aufgabe zu reden, schon gar nicht über solche prekären Dinge, die wir gar nicht mehr wissen dürfen, doch es ist über uns gekommen. Doch zurück zu euch. Ihr wisst hoffentlich, was euch erwartet. Wenn ihr durch das Tor tretet gibt es solange kein Zurück mehr, bis ihr einen von Skelldons Knochen besitzt. Sie alleine öffnen den magischen Spiegel, um erneut hierher zurückzukehren. Ihr wisst sicherlich, dass ihr die Welten wechselt. Dort wo ihr hinreist, dort gibt es kein Gorthar mehr. Diese Welt dort existiert nicht. Ihr reist auf eine der Sieben Platten der Hölle. Um genau zu sein reist ihr in Skelldons Reich. Bisher schafften es sieben Leute durch dieses Tor zu kommen. Null kamen je durch diesen, einzigen Durchgang. Ihr werdet jedoch erst eine Frage beantworten müssen, bevor euch der Zugang gewährt wird. Wenn ihr die Frage richtig beantwortet, so verlassen wir euch und öffnen das Tor, für diesen Moment sind beide Welten verbunden. Wählt ihr die falsche Antwort, so bleibt euch das Tor für immer verschlossen. Wir spüren, dass ihr bereit seid, also höret die Frage gut und wählet die Antwort weise.

Was ist tot und doch am Leben?


Es war ein komisches Gefühl, diese Seile, diese Dinger fühlten sich merkwürdig kühl auf der Haut an und Isabell hatte Angst, dass sie nicht ganz so friedlich waren, wie sie vorgaben, doch anscheinend schienen die Spiegelwächter wirklich kein Feind zu sein. Was sie jedoch die ganze Zeit von sich gaben war höchst verwirrend. Warum standen sie auf Beliars Seite, wenn sie keinem Gott dienten? Wer war Skelldon? Was war das für eine Welt von der sie sprachen? Und vor allem, um was ging es in diesem seltsamen Gespräch, wo beide Wesen sprachen, sich geradezu unterhielten? Ging es dabei um sie? Anscheinend, doch Isabell verstand kein Wort. Und jetzt diese Frage.

Weißt du die Antwort Bruder? Ihr Bruder sah zur Seite, blickten sie doch beide in den Spiegel, doch der untere Teil war noch verstaubt, deswegen sah man nicht gut. Ja. Anscheinend bin ich doch noch zu etwas zu gebrauchen. Die Antwort gab mir einst meine Erziehung. Vater hat es mir gesagt, in seinen Geschichten, die er mir einst erzählt hat. Weißt du, was es ist Isabell? Wenn jemand tot ist und doch noch lebt? Wir sind diesen armen Seelen begegnet. Seit wir hier unten sind, sind wir ihnen begegnet… Spiegel! Hörst du mich? Die Antwort lautet untot! Der Fluch der Untoten, der Fluch des Beliar! Wenn die Körper niedere Aufgaben übernehmen und ihre Seelen entweder schon gelöst sind, oder in dem toten Leichnam gefangen gehalten werden. Wenn der Gott des Todes experimentiert. Dann kommt so etwas dabei heraus. Und nun gewähre uns bitte Zutritt, zu dieser Welt.

Die Seile fuhren zurück in die offenen Münder, die sich deswegen aber noch lange nicht schließen, stattdessen blinkte ein kleines Licht in der Mitte des Spiegels auf und ließ das Glas schmelzen. Es waberte nur noch und die matte, silbrige Farbe änderte sich in einen hellen, blauen Ton. Nun stand es da, das Tor zu dieser Welt. Es schien so unwahrscheinlich und doch war es real. Es war echt.

Du hast die Antwort gewusst…
23.03.2004, 22:03 #247
Isabell
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[GM] Das dritte Amulett -
Hurtig und stillschweigend stand ihr Bruder auf und entfernte sich von dem Tor, doch noch ehe er sein Ziel erreichte, hatte Isabell es schon im Blick. Natürlich, sie hatten ja noch ihre Proviantsäcke an der Wand stehen. Mit einem Ruck warf ihr Bruder den Sack zu ihr und sie fing ihn im Aufstehen auf. Der Spiegel indes schwieg nun wieder, keine Stimme war mehr zu hören. Nur ein heller Ton war zu hören, der wohl auf das Schwingen zurückzuführen war. Die Stimme hatte gesagt, dass sie nur noch eine Minute hatten, so mussten sie sich nun beeilen, sollte sich das Tor nicht für immer schließen. Aber vielleicht wäre das auch besser so gewesen, denn Isabell fühlte sich nicht wohl bei dem Gedanken, diese Welt zu verlassen und sich in die Hände dieses fremden Zaubers zu begeben. Bist du bereit?, fragte ihr Bruder leise. Ja, antwortete sie ihm. Hast du Angst vor dem Tor?, fragte er erneut. Ein bisschen, und du?, entgegnete Isabell. Sehr sogar. Gib mir deine Hand, wir gehen gemeinsam hindurch. Isabell gab ihrem Bruder ihre linke Hand und gemeinsam machten sie einen Schritt nach vorne, direkt in den Spiegel hinein. Doch das Glas splitterte nicht und sie fühlten auch nichts, der Spiegel verschluckte sie einfach. Genau im letzten Moment, denn die Verbindung zwischen den Welten schloss sich und ermöglichte niemandem mehr ein Nachkommen, ohne die richtige Antwort zu wissen. Doch wenigstens waren die Wächter nun endgültig ausgeschaltet. Doch das waren sie schon oft, meistens scheiterten die Menschen, wie sonst wären die ganzen verfaulten Toten zu erklären? Doch im Laufe der Jahrhunderte, gar Tausende, hatten es immerhin sieben geschafft. Nicht immer alleine, aber immerhin. Die Wächter waren dreimal besiegt wurden. Das System war so simpel wie auch einfach, in dem Moment, wo jemand aus der Welt der Menschen in die andere Ebene trat, setzte man alles daran diese zu töten, denn es konnten nur Lebewesen sein. Bald schon würde man einen weiteren, guten Wächter durch den Spiegel schicken, dann, wenn die Eindringlinge erfolgreich gefasst oder getötet wurden. Dieser würde dann den Platz des Besiegten einnehmen und erneut eine Armee aus Untoter aufbauen, sein primäres Ziel war es jedoch den magischen Spiegel zu verteidigen. So einfach war dieses System und doch drohte es dreimal zu scheitern. Denn die sieben Lebewesen waren sicherlich nicht gekommen, um zu sterben. Was mit ihnen passiert war, das konnte natürlich niemand sagen, doch sie hatten sich sicher nicht diese Mühe gemacht, nur um zu sterben. Denn den magischen Spiegel mitsamt seiner Aufgabe, existierte schon länger als die Menschen, denn die beiden Welten existierten ebenfalls länger als ihre Lebewesen.

Die Reise, wenn man es denn als solche bezeichnen wollte, dauerte mehrere Stunden, blieb jedoch ohne Folgen, wie Müdigkeit oder Kraftverlust, für die beiden. Isabell hatte die Reise nur als Moment war genommen. Als sie durch den blauen, wabernden Spiegel ging, schloss sie die Augen und als sie sie wieder aufmachte, war sie da. Derselbe Spiegel wie schon in den Gängen der ihrigen Welt stand da, doch man merkte sofort, dass man woanders war. Der Raum in dem sie nun standen war viel größer, ein Meer aus Fackeln, mindestens vier Duzend, brannte lichterloh und erhellte das Gebiet. Sonne oder den Himmel konnte man auch hier vergeblich suchen, was wohl einfach daran lag, dass auch hier eine Anlage hoch gezüchtet wurde, die einzig und alleine dem Spiegel gewidmet war. Doch sie erfüllte noch eine viel größere Aufgabe, doch diese war ihnen noch gänzlich unbekannt.

Das einzige was sie von der Reise mitgenommen hatte, war ein leichter Kopfschmerz, doch dieser verflog wieder rasch. Sie lösten sich aus den Händen und sahen sich gemeinsam um. Ein großer Raum war es, das hatten sie schon gemerkt. Der Spiegel war ebenfalls in eine Wand aus Stein gehauen, doch hier führten zwei synchron angelegte Treppenstufen hinauf. Es waren unglaublich kleine Stufenabstände und insgesamt auch nur vier Stufen pro Treppe, von daher war es keine direkte Kuppel, auf dem der Spiegel stand, sondern nur eine kleine Anhebung im Boden. Hier mussten sie also wieder hin, wenn sie zurück wollten. Gut zu wissen, dass niemand hier war und sie in Empfang nahm. Ein bisschen komisch war das ja schon. Wo waren sie hier bloß? Irgendwie sah es gar nicht mal so schlimm aus. Es gab einen Boden, eine Decke und sogar Holzkisten. Irgendwie kannte sie das Bild. Was sollte hier so schlimm sein?

R: Na, gut angekommen Schwester?
I: Geht so. Sag mal, weißt du, wo wir hier sind?
R: Auf einer der Sieben Schalen der Hölle.
I: Und was ist das?
R: Keine Ahnung.
I: Du weißt nicht zufällig, wer Skelldon ist oder?
R: Nö, kenn ich nicht.
I: Toll…na ja, ich weiß ja auch nichts. Lass uns mal rumschauen, genug Festbeleuchtung haben wir ja, hoffentlich bleibt das so.
24.03.2004, 16:05 #248
Isabell
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[GM] Das dritte Amulett -
Jetzt anscheinend wurden ihre Bitten erhört, denn es blieb tatsächlich hell, die Erbauer der Anlage waren ganz sicher keine geizigen Leute, denn wer es sich leisten konnte hunderte von Fackeln brennen zu lassen, der musste ziemlich prunkvoll wohnen. Mal ganz abgesehen davon, dass auch hier unten das Wörtchen Staub kein Fremdwort war, musste sie allerdings zugeben, dass die Anlage sehr stabil und groß wirkte. Vielleicht sorgten eben nur die Fackeln dafür, dass alles so riesig aussah, aber die Felsquader waren noch größer als in der Kanalisation von Gorthar und waren sehr grob verbunden. Die Wände waren deshalb immer mal voller Nischen, doch deswegen wirkten sie nicht weniger imposant. Von den Kerkerräumen hielt sie allerdings nicht sehr viel, da sie ja so gut wie gar nicht eingesetzt worden waren. Sie fragte sich, für was man so eine riesige Kerkeranlage baute, wenn man kaum jemanden dort gefangen hielt. Leider war ja niemand mehr am Leben, den die hätten befreien können, aber sowieso war es seltsam, denn alle Türen waren unverschlossen und jede Zelle frei zugänglich. Als ob man die Zellen nicht mehr bräuchte oder sich nicht mehr dafür interessierte. Seltsam war es auf jeden Fall.

Als sie dann wieder um die Ecke bogen, wurde schon wieder Abwechslung geboten, eine Abwechslung, von der sich die Kanalisation noch ein großes Stück hätte abschneiden können, doch es war die Frage, ob das wirklich ein Grund zum freuen war. Jedenfalls führte nun eine gradlinige Treppe nach oben. Sie hatte nicht wenig Stufen, doch sehr weit hoch ging es trotzdem nicht. Auch hier wurde der erlesene Bau sichtbar, denn es waren exakt sechs mal fünf Stufen, allerdings höhere und dazwischen war immer eine zwei Meter lange Steinplatte. Jedenfalls hatten sie keine Mühe dort hochzukommen und standen sofort in einem Raum, der wieder nur eine Möglichkeit bot, nämlich eine verschlossene Gittertür. Allerdings merkte sich Isabell den Standplatz, denn hierher mussten sie wieder zurück. Das durften sie auch keinen Fall vergessen. Wer weiß, wie groß die Anlage hier war. Noch hatten sie schließlich keinen Plan, was es denn sein könnte. Eine Gruft war genauso wenig ausgeschlossen wie ein Kellergewölbe, eine weitere Kanalisation oder nur ein unterirdisches Tunnelsystem. Es konnte so gut wie alles sein, allerdings schien der Kerker auf etwas Größeres hinzudeuten. Das Problem, dass sich die Gittertür nicht öffnen ließ, war weniger ein Problem für sie, als für die Tür. Das dicke Eisenschloss hielt einem gemeinsamen Schlag ihrer Schwerter nicht stand und fiel schrill zu Boden, die Tür sprang zur Seite und ächzte unter der Drehbewegung nach außen. Dieses erste Hindernis hatten sie erst mal hinter sich gelassen, was schon mal ganz gut war. Aber Türen waren selten ein ernstes Problem, diese beliefen sich auf anderen Gebieten.

Schon wieder erwartete sie ein Festakt von Fackeln, die allerdings geringer gestreut waren. Allerdings war auch der Gang enger geworden und so tat es dem Lichtschein keinen Abbruch. Es schien allerdings nur ein Verbindungsgang zu sein, denn er ging nur zwanzig Meter weit, ehe sie vor einer weiteren Tür standen, dieses Mal war sie jedoch aus Holz. Der Knauf war aus verrostetem Messing und ließ sich einwandfrei drehen, auf dass sich die Tür öffnete. Es war die ganze Zeit still in den Gängen, sie hörten keine Geräusche mehr, die nur entfernt an einen ehemaligen Menschen erinnerten und auch sonst blieb es unauffällig. Wenn mal etwas wirklich anders war, dann durch von ihnen verursachte Gründe, beispielsweise das öffnen jener Türen oder auch ihre klangvollen Stiefel. Doch die ganze Anlage, es war schließlich ein weit verzweigtes Netz aus Gängen, schien zu schlafen. Keine Wächter erwarteten sie, aber auch sonst wachte hier niemand. Nur die Fackeln zeugten davon, dass hier jemand war, aber auch sie waren unheimlich. Als sie nun durch die Tür in diesem kleinen Gang traten, änderte sich die Harmonie jedoch schlagartig, jedoch eher, weil es wieder konfus für sie wurde. Ein kleiner, rechteckiger Raum, der nur aus kargen Steinwänden bestand, bot ihnen gleich drei Möglichkeiten. Eine war ein Gang nach links, eine zweite Möglichkeit war ein Gang nach rechts und der dritte Weg führte über eine kleine Treppe nach oben. Sie entschieden sich zuerst für links, aber so wirklich groß war die Entscheidung auch nicht, denn sie wussten ja noch nicht allzu viel über die Anlage, wie die Gänge miteinander verzweigt waren, das ganze Programm eben. Der linke Gang war aber ganz klar eine Fehlentscheidung, denn nach zehn Minuten zähem Gehens standen sie vor einer Wand, die Fackeln verrieten ihnen gnadenlos ihren Fehler. Es blieb auch nach dem Abtasten der Wand erfolglos, da rührte sich nichts und war wohl einfach zugemauert worden. Also mussten sie wohl oder übel zurückgehen, auch wenn dies ärgerlich war.

Als nächstes wählte sie den rechten Gang und auch dies war alles andere als gut. Gerade als sie durch den Durchgang hindurch gehen wollten, huschte ein Schatten entlang und als sie besser hinhörten konnten sie auch Schritte vernehmen. Schnell traten sie fast zeitgleich durch den steinernen Rahmen, als sie vor ihnen ein Skelett sahen. Es schien sie aber gar nicht zu beachten, sondern einen Weg entlang zu gehen. Leise versuchten sie hinter dem Skelett hinterher zu schleichen, doch so geistlos wie es anfangs wirkte war der Knochenmann gar nicht. Auf halber Strecke blieb er stehen, wie auch die Verfolger, doch dann drehte es sich um und kam auf sie zu. Das Skelett hatte keine Waffen, doch wie effektiv die bloßen Hände dieser Kreaturen sein konnten, hatte Isabell ja schon bemerkt, doch noch ehe sie ihr Schwert ziehen konnte, hatte es Rociel getan. Ihr Bruder holte nur einmal kraftvoll aus und streifte durch den Oberkörper, so dass das Skelett sofort zerbrach. Dabei hatten sie die ganze Zeit keinen Ton vernommen, fast schien das Skelett total stumm zu sein, immer wieder dieselben Wege gehend. Nun ertönten Knochen, die noch einige Sekunden auf den Steinboden fielen und dort umher schlitterten. Aber sie gingen weiter, mussten aber zu ihrer Enttäuschung feststellen, dass es schon wieder eine Sackgasse war, in die sie da getreten waren. Was allerdings dieses Skelett da machte, das blieb ihnen ein Rätsel. So standen sie am Ende wieder in dem Raum der drei Möglichkeiten und nun war die Entscheidung einfach, blieb ja nur noch eine übrig…
24.03.2004, 18:56 #249
Isabell
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Leicht paradox das alles. Aber wenigstens gibt es hier genug Licht. Isabell sah sich um, erneut diese vier Gänge. Schon im letzten Stockwerk hatte das ganze überhaupt keinen Sinn gemacht und jetzt schon wieder. Sie entschieden sich wieder für einen Gang, dieses Mal für den nördlichen, doch ihre düstere Vorahnung ging auf. Es war wieder dasselbe. Zur Sicherheit gingen sie den verlagerten Gang noch einmal ab, aber es war schon so wie letztes Mal. Vier Gänge, jeder einzelne führte in einen hinteren Gang, der in Form eines Vierecks verlief und keine Türen hatte. Es gab auch sonst nichts, keine Skelette, Knochen, Fässer oder Gitterstäbe. Keine versteckten Ketten oder Hebel, sondern wirklich nur eine astreine Steinkonstruktion. Trotz des schönen Lichtes, das wenigstens ein kleiner Trost war, ging es so weiter, wie sie es eigentlich beendet hatten. Aber diese Sinnlosigkeit konnte sich doch kein logisch denkender Baumeister ausgedacht haben. Wiese baute man zwei Stockwerke, die wirklich nichts, aber wirklich nichts besaßen und nur Platz raubten, denn die Gänge waren ganz eindeutig behandelt worden. Isabell hatte darauf keine Antwort und hoffte, dass dies alles kein schlechter Scherz war und im nächsten Stockwerk das Ganze noch ein drittes Mal auf sie wartete. Aller guten Dinge sind drei, sagt der Volksmund. Die junge Frau sagte nichts und huschte die Treppen hoch. Dabei spürte man schon wieder ganz schön das Gewicht, das auf den Schultern lag. Langsam wäre eine Pause sicher mal wieder gut gewesen. Doch zuerst jagten sie Neugier und Frust die Treppenstufen nach oben. Und sie hatten Glück. Zumindest war es ein kleines Glück. Es gab keine weitere Treppe, nicht in diesem kleinen Raum. Er wirkte sogar äußerst detailreich, auch wenn die Details unbedeutend waren. Ein wirklich enger Raum, nur zwei Fackeln war er wert und diese reichten aus, um alles sichtbar zu machen. Ein kleiner Holzschemel stand in der Ecke, daneben eine Schüssel aus Blech. Doch sonst blieb auch dieser Raum bloß. Doch schon ein Blick zur Decke gab Sicherheit. Keine weitere Treppe führte nach oben. Noch nicht zumindest…

In dem Raum war nur eine Tür, sie war aus Holz, Eiche, meinte Rociel. Sie sah sehr stabil aus und bot keine morschen Zweifel und tatsächlich war sie mehr als nur stabil. Sie besaß ein metallenes Schloss, abgeschlossen war sie zudem auch noch. Ziemlich gute Arbeit, wie ihr Bruder zu würdigen wusste, doch in der Überzeugung, dass ein gezielter, wuchtiger Tritt reichen sollte, lag er falsch. Die Tür stöhnte ein wenig, aber die Holzbalken dachten nicht dran zu brechen. Sie brauchten wohl unbedingt den Schlüssel. Nur woher nehmen? Isabell sah sich ein wenig um, in dem Raum gab es nichts als den Steinboden, den Treppenaufgang…und die beiden Sachen. Sie passten auch gar nicht ins Bild, wie ihr jetzt erst auffiel. Was hatten sie in diesem Raum zu suchen, es war wohl eher noch in einer Zelle vorstellbar, dass man eine blecherne Schüssel und einen hölzernen Schemel fand. Der Einfall und die Kombination wurden belohnt, denn sie hatte keine Mühe unter der Schüssel den besagten Schlüssel zu finden. Kein sehr cleveres Versteck! Es war ein schwerer Schlüssel, nicht aus Messing, sondern aus Silber. Offenbar war das, was sie hinter der Tür erwartete, höchst brisant, ansonsten bräuchte man keine silbernen Schlüssel und eine Tür, die wohl als stabil verschlossen bezeichnet werden konnte. Immer noch regierte diese Stille, selbst die Fackeln brannten leise und ohne einmal zu knistern. Fast schienen sie nicht vorhanden zu sein, so sehr gewöhnte man sich daran. Das Licht war nicht so schön wie Tageslicht, doch man konnte es besser ertragen, als so manch andere Fackel. In ihren Adern pulsierte wieder das Blut und pumpte sich durch die unzähligen Bahnen. Manchmal, wenn sie ganz ruhig dasaß und sich auf den Lauf des roten Lebenssaftes konzentrierte, und sei es nur um Rociel etwas zu entlocken, da spürte sie die ganzen Läufe. Da lernte sie ihren Körper kennen. Auch jetzt war er aufgeregt, denn hinter der Tür erhoffte sie sich mehr Antworten, zumindest einen Ansatz, dass sie richtig waren. Es musste ja nicht gleich das Amulett sein, das man ihnen dort in einem kristallenen Behältnis hinstellte. Aber wenigstens einen Hinweis, ein kleiner Tipp zum Ort des Geschehens, oder eine Erklärung, sie wusste es nicht, aber irgendetwas eben.

I: Was glaubst du, was ist dahinter?
R: Keine Ahnung, sag du es mir.
I: Ich weiß es doch nicht.
R: Tja, dann sollten wir uns überraschen lassen hm?
I: Also wollen wir die Tür öffnen?
R: Nun, du darfst dich gerne auch mal an dem Holz, Eiche, versuchen.
I: Nein danke. Im Gegensatz zu dir pflege ich nicht so brachial einzutreten.
R: Weiß ich doch, was glaubst du, warum ich dich dabei habe. Brachial, tsts, ist ja gar nicht wahr…
I: Das hab ich gehört!
R: Ach wirklich? Nun, ich würde sagen, niemand verschließt eine Tür mit einem solchen Aufwand, wenn er nicht einen triftigen Grund hat.
I: Und der könnte zum Beispiel lauten?
R: Da fällt mir eine Menge ein. Aber einer von vielen ist sicherlich, das man keine ungebetenen Gäste haben will.
I: Sind wir ungebetene Gäste?
R: Nein.
I: Nein?
R: Ich würde dich niemals als ungebetenen Gast bezeichnen.
I: Ach nein?
R: Außerdem hat uns Priester Tolban gebeten durch den Spiegel zu gehen, na ja, nicht direkt, das ist Auslegungssache aber im Zweifel für uns.
I: Richtig, also dann mal los.


Sie drehte den Schlüssel um und mit einem zweifachen Klacken öffnete sich das Schloss. Nun musste sie nur noch den Knauf herum drehen und schon schwang die Tür, Eiche, wie Rociel jetzt gesagt hätte, auf und ließ sie weitergehen. Fackeln brannten greller denn je. Schon wieder eine solche Übereinsetzung wie zu Beginn. Für welchen Anlass brauchte man sie...
25.03.2004, 15:38 #250
Isabell
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Mitunter war es schon ganz gut, wenn man sich die Arbeit ersparte. Durch die Arbeit der Skelette hatten sie es jetzt leicht durch die Tür zu kommen und immerhin, der Gang wurde besser. Hölzerne Bänke standen nun an den Seiten und luden zu einer kleinen Rast ein, doch der Kampf war leicht gewesen, eine Pause noch nicht erforderlich. Das es schon wieder ein Duzend Fackeln an beiden Seiten gab, brauchte man nicht zu erwähnen. Es war seltsam und doch verständlich, sie mussten es bemerkt haben. Seit einer echten Ewigkeit war wohl niemand mehr durch den Spiegel gereist und jetzt witterten sie wieder eine neue Fährte. Wahrscheinlich waren noch mehrere solcher Truppen auf der Jagd, vermutlich war dies nur eine erste Splittergruppe, die alles erledigen sollte. Doch spätestens dann, wenn es bemerkt wurde, dass sie nicht mehr zurückkamen, würden sie Nachschub schicken, wenn dies nicht schon längst getan wurde. Aber es fiel schwer Skelette ernst zu nehmen, sie verstehen zu lernen. Wenn es Menschen gewesen wären, dann wären solche Überlegungen selbstverständlich gewesen, aber konnten sie untoten Kreaturen, die nur noch das Korsett, die Knochen von Menschen besaßen, wirklich als solche ansehen? War es nicht so, dass sie nur blinden Befehlen folgten und nicht in der Lage waren große, taktische und weitreichende Überlegungen zu machen? Isabell hoffte, dass es so war. Denn es gehörte mehr dazu, sie zu kriegen, sie niederzuringen. Aber sie waren in einem fremden Bau, einer fremden Heimat und vermutlich auch in einer fremden Welt. Jederzeit konnten hier Überraschungen lauern, die ihr Geist nicht erkannte, da sie zu unscheinbar oder zu vertraut waren. Allein das Fackelmeer konnte eine Falle sein, vielleicht…

Die junge Frau lechzte nach Wissen. Sie wollte alles wissen, über diesen Ort hier, über diesen Skelldon, über die Fähigkeiten ihrer Widersacher und auch über diesen Totenkult insgeheim und diese Welt wollte sich auch näher kennen lernen. Sie wollte zumindest sicher sein, dass es nicht alles ein großer Betrug war, dem sie hier auflagen. Aber das war so gut wie unmöglich, denn ihre Feinde waren echt, zwar nicht aus Fleisch und Blut, aber aus Knochen und Gebeinen. Dennoch waren Skelette durchaus sympathisch, denn zumindest bis jetzt hatten sie nur stur ihr eines Ziel verfolgt, nämlich zu töten, waren dabei aber mehr als nur ungeschickt und unbeholfen vorgegangen. Aber selbstsicher war sie deshalb trotzdem nicht. Irgendjemand musste diesen Wesen, die nur Befehlen nachgingen, jene geben und der Name dieses Anführers lautete so gut wie sicher Skelldon. Es war nur die Frage, wer oder was dieser Anführer war. Wenn er tatsächlich in der Lage war klar zu denken und klare Befehle zu geben, dann war dieser eine Trupp, den sie eben noch besiegt hatten, sicherlich sein letzter Fehler. Ein zweites Mal dürfte er sie nicht mehr unterschätzen, wenn er ein guter Anführer war. Niemand konnte es riskieren seine Truppen, seine Diener oder was eben sonst zu verschleißen. Niemand konnte es riskieren, dass sie immer näher zu ihm selber kamen. Also war Skelldon nun am Zug, er musste nun reagieren, während sie weiter agierten, indem sie unaufhaltsam weitergingen. Ob es etwas brachte musste sich allerdings noch zeigen, denn bis jetzt hatten sie ja noch nicht viele Spuren gefunden.

Das Entsetzen war groß, als sie feststellten, dass der schöne Gang mit den hölzernen, wenn auch unnötig und sinnlos wirkenden Bänken nur ein Verbindungsgang war. Diese Anlage musste wirklich riesig sein, denn schon jetzt hatten die Ausmaße der Gänge und die Länge ihres zurückgelegten Weges Rekordmasse angenommen. Es konnte eigentlich nur eine riesige, unterirdische Anlage sein, kein Keller konnte so groß sein, so fiel der schon mal raus und auch keine Krypta oder Katakombe. Gegen eine Kanalisation sprach auch eine ganze Menge, allein schon eine relativ geruchslose Luft. Also blieb nicht mehr fiel übrig. Sie bogen erneut um eine Ecke, wie in einem großen Kreis laufend, doch schon wieder war es eine Treppe, die nach oben führte, Sie war länger als die erste, große Treppe, hatte auch mindestens hundert Meter Höhenunterschied zwischen der ersten und der letzten Stufe. Doch das hinderte sie garantiert nicht daran sie zu meistern. Es war nur eine Treppe…und genauso war es nur eine weitere Halle, die sie empfing. Allerdings war diese Halle ein wahres Kreuz aus Gängen. Stöhnende Laute drangen aus ihren Mündern und Isabell nahm den Rucksack ab um sich fassungslos gegen eine Wand lehnen zu können. Diese Anlage kannte wahrlich kein Erbarmen und war gnadenlos mit ihren Opfern. Eine kleine Kuppel lag über der Treppe, aus der sie traten, dieselbe Kuppel lag synchron auf der anderen Seite, nur dieses Mal gingen die Stufen nach unten. Da sie sich sicher waren, dass es seit dem Spiegel keine Wahl über die Gänge gab, war es erstaunlich, denn eigentlich hätte dann kein Gang herunter führen können, doch ihre Alternativen waren auch nicht viel besser. Weitere sechzehn Möglichkeiten, bzw. Steinbögen boten sich an durchschritten zu werden. Eine Auswahl, mit der sie aber nicht leben konnten. Da es bisher nie etwas gebracht hatte die Gänge zu durchsuchen, ließen sie das nun aus und entschlossen sich dazu, sofort die einzige Treppe zu nehmen, die direkt nach unten führte. Doch zweierlei fiel sofort auf. Erstens gab es den Treppengang kaum Licht, als ob man hier die Fackelplanung vergessen hatte, was aber unwahrscheinlich war und zweitens war die Treppe nicht so lang und schon gar nicht so schräg abfallend, wie die, die sie gerade hochgekommen waren. Also waren sie nicht wieder im selben Stockwerk, sondern in einer vollkommen neuen Unterebene. Nur eine einzige, kleine Fackel brannte am Ende der Stufen, links von ihnen stand erneut eine Tür, inzwischen wusste sie, dass es Eiche war, doch Rociel sagte dieses Mal kein Wort. Stattdessen sahen sie, wie der nahe Fackelschein ihre Schatten auf der Tür zum tanzen brachte, doch am Schloss vor der Türe, den Ketten und der vertrackten Situation änderten ihre Schatten auch nichts, doch deswegen hieß es noch lange nicht, dass man die Tür nicht aufbekam…
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