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> Rollenspiel [Q] Das Land Gorthar # 7 |
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18.02.2004, 18:46 | #201 | ||||||||||||
Heimdallr Beiträge: 12.421 |
Scharf war das Rasiermesser, zerschnitt Felle und Fleisch, Muskelsehnen und Gewebe, ein perfektes Jagdmesser und doch so klein und unscheinbar. Es musste sehr oft geschliffen worden sein und bald sollte er es einmal nachschleifen lassen. Es musste scharf bleiben. Diese Arbeit übernahm am besten ein Schmied. Doch jetzt nutzte er es nicht um Tieren ihr Fleisch oder anderes zu entnehmen, nein, er brauchte es um seine Schwerter fertig zu schnitzen. Es war ganz witzig gewesen, als er sie am Nachmittag entdeckt hatte. Schon sehr früh war er wach geworden, müde war er und die Stätte war nicht ganz so gut, wie letzte Nacht gewesen, doch trotzdem raffte er sich noch vor Sonnenaufgang hoch und marschierte nach einem kurzen Frühstück los. Er aß sehr wenig, aber genug, das Fleisch war sehr eiweißhaltig und auch sonst versorgte es ihn mit vielen Kalorien, schmeckte dafür nicht immer gut. Dieser Vorsprung brachte einige Meilen ein, die er jetzt einfach weggeworfen hatte. Bei einer kleinen Rast entdeckte er sie. Drei Stück, am Boden seines Rucksacks. Sie waren unvollständig und noch lange nicht vollendet und irgendwie wollte er das nun tun. Das Messer war sehr genau und ermöglichte ihm perfekte Arbeit, doch bis er sich wieder reingearbeitet hatte dauerte es lange. Es sollten genaue Kopien von ihren Schwertern werden, nur aus Holz und damit weniger gefährlich. Er wollte sie eigentlich zum trainieren benutzen, nachdem ihm klar geworden war, dass man mit echten Waffen nicht ernsthaft gegeneinander kämpfen konnte. Doch irgendwie musste diese Idee verfallen sein – bis heute. Lange schon arbeitete er nun daran, schaute immer mal wieder auf das Meer, von seiner Klippe hatte man einen ausgezeichneten Ausblick, konnte hunderte Meter weit sehen. Dass es heute genauso trist am Himmel, wie auch gestern war, das störte dabei ganz und gar nicht. Nebenbei knabberte er immer wieder an dem Trockenzwieback herum, es schmeckte nach nichts und so wirkte es auch, aber wenigstens war es so hart, dass man seine Zeit brauchte, um es runterzuschlucken. Nachdem die Waffen ihre Färbung und ihre Lackierung schon bekommen hatten, war es schwerer Dinge zu verändern, doch noch viel zu viele Sachen gefielen ihm nicht, Fehler mochten erst hier auffallen, in der absoluten Einöde, wo man von nichts anderem abgelenkt wurde. Immer wieder fielen kleine Holzspäne zu Boden und bildeten einen kleinen Kreis um ihn, doch besonders Isabells Schwerter wurden sehr genau bearbeitet, immer erst sekundenlang geplant, bevor ein Schnitt gesetzt wurde. Er mochte die krummen Schwerter sehr, hatte sie oft bewundert, da sie vollkommen gegen jede normale Schwertnorm waren, aber mehr als ihren Namen kannte er auch nicht. Sie waren wenig verziert und doch war es wohl eine Herausforderung sie aus dem dicken Eichenholz zu schnitzen, aber je länger er dran arbeitete, desto schöner wurden sie. Aber auch stabil und nicht zu dünn und nicht zu dick. Er konnte ganz gut schnitzen. Früher hatte er oft Wanderungen mit seiner Mutter gemacht, in den Wäldern waren sie zwar nicht oft alleine, doch trotzdem machten die Ausflüge einen Heidenspaß und ab und zu schnitzte er sich da einen Wanderstock, aber zurück in der Stadt auch mehr. Kleine Holztauben und Laternen hatte er schon ganz gut hinbekommen. Vielleicht hätte er einfach Tischler werden sollen, die Arbeit brachte gut Schotter und auch sonst war sie nicht schlecht, Meister Thorben hatte es ihm ja auch schon angeboten, aber er hatte das Angebot nie angenommen, er wollte damals unbedingt so sein, wie es sein Vater wollte, ein starker Soldat für die Miliz. Heute würde er die Stelle mit Kusshand annehmen, aber dies würde nicht mehr möglich sein, nicht mehr in diesem Leben oder der Erfindung eines Zeit zurückstellenden Zaubers. Irgendwann waren beide Kopien der Krummschwerter fertig, zwar musste an einige Stellen nun wieder die Politur gesetzt werden, doch im Ergebnis war alles perfekt. Ein bisschen stolz war er ja schon, doch so schön die Holzschnitzereien auch waren, sie waren nicht wirklich wichtig. Zuletzt machte er auch die Kopie von Todesodem fertig, doch dabei kam es zu keinen Schwierigkeiten mehr, hatte er doch sein Schwert zum Nachbau vor sich. Ganz am Ende der Arbeit schnitzte er dann die Namen der Schwerter und die Namen ihrer Besitzer auf die Innenseite der Klingen, womit sie eindeutig gekennzeichnet waren, dann blies er Rociel die Späne und den Holzstaub hinfort und siehe da, die Arbeit hatte sich wahrlich gelohnt. Kurz lächelte er, sah sich die Stücke gut an und von allen Seiten, doch es gab keine Mängel mehr. Die Spitzen waren anfangs scharf, aber sie hatte er etwas abgeschnitten, so dass es nicht mehr direkt gefährlich war. Mit diesen Waffen sollte man üben können. Ihm war klar, dass die Schönheit der Waffen nur kurz andauern würde und nach dem ersten Kampf überall Risse und Fugen drin wären, doch für die Übergabe an seine Schwester musste so ein Schwert natürlich perfekt sein. Zufrieden stand er von dem kleinen, platt gedrückten Stein auf, steckte die drei Schwerter weg und sah ein wenig herunter auf das Meer. Die Wellen brandeten wie ein Uhrwerk gegen die Küste und alles wirkte so wunderschön ruhig, trotz des Lärmes, der dabei entstand. Wieder waren die Möwen da, diese Küstenbewohner flogen ihm jetzt direkt um die Nase, weil er ja auf einer Klippe stand, doch jetzt hieß es wieder runter zum Meer zu kommen und das sollte noch ein wenig dauern, wenn er nicht halsbrecherisch klettern wollte. Trotzdem lachte er ein wenig mit den Geräuschen der Vögel und rannte mit seinen Sachen davon, er fühlte sich hier am Meer total geheilt von allem, die salzige Luft und die Geräusche hatten ihm schon immer gut getan, doch dies war wirklich wunderbar einsam hier…und wenn er wirklich mal echte Sehnsucht hatte, dann hatte er ja seine Erinnerungen und Isabells Ring. Er hoffte nur inständig, dass es ihr genau so gut ging, wie ihm, es wäre schlimm, wenn nicht... |
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18.02.2004, 19:30 | #202 | ||||||||||||
Heimdallr Beiträge: 12.421 |
Hier oben gab es immer noch Küstengras, so bezeichnete er das arg geschundene Grün, welches jedem Wind und Wetter ausgesetzt war, doch wenigstens war es hier noch Grün, gab es doch sonst nichts weiter hier an Vegetation, außer mal nen Strauch oder ein Gebüsch. Bäume waren Mangelware, wenn mal nach Meilen ein baumartiges Gebilde näher kam, war es ohne Blätter, verdörrt und nur noch ein Skelett aus rostbraunen Ästen. Kein Wunder, bei diesem starken Wind hier, konnten sich Blätter sicher kaum halten, aber wenigstens war die Luftfeuchtigkeit hier sehr hoch. Doch das kümmerte ihn wenig, ein bisschen jedoch sehnte er sich nach Regen. Lange schon hatte es nicht mehr geregnet, sehr ungewöhnlich für diese Jahreszeit. Aber da konnte er leider nichts machen außer warten. Irgendwann würde es schon mal wieder einen Grund für den Himmel geben, um zu weinen. Und solange es das nicht tat, musste er weiterhin streng seinen Wasserverbrauch regulieren. Es war verdammt, ein paar Meilen weiter ins Landesinnere musste es wieder Wälder geben, in denen man sicher Wasser finden würde, aber er konnte nicht anders, musste an der Küste bleiben, denn nur so konnte er den Turm der Feuerwarane, wie er ihn mittlerweile getauft hatte, finden. Mit schnellen Schritten huschte er weiter, mittlerweile hatte er ein paar Klippen gefunden, die abschüssig waren, wo er runter springen konnte, zumindest musste er nicht klettern. Der Strand war hier praktisch nicht vorhanden, jedenfalls wurden nun immer mehr Steinstrände aus dem anfänglichen, grobkörnigen Sand. Doch einen Vorteil hatte auch dies, denn seine Füße, samt den Stiefeln, sanken kaum ein und konnten den mal kleineren und mal größeren Wellen immer besser ausweichen. Wenn er sich so die Stiefel betrachtete, auch abends vorm Schlafen, dann konnte man ihr Alter wirklich sehen. Es gab überall ausgebeulte Stellen, abgeschürfte Farbe und noch mehr. Es waren keine Löcher drin und auch sonst waren sie noch gut, denn er pflegte nicht nur Schwert und Körper gut, wenn es ging, aber der größte Kritikpunkt an ihnen war, dass sie einfach zu klein wurden, er passte schlichtweg nicht mehr richtig rein, es war ein wenig unangenehm in ihnen zu laufen. Als die Sonne unterging verharrte er ein wenig, machte seinen kleinen Stopp zum Abendbrot, oder wie man das nennen konnte. Jedenfalls schlag es doch äußerst übel auf den Magen, vor dem Schlafengehen rohes Fleisch zu essen, überhaupt Fleisch, diese sättigende, aber auch schwerverdauliche Nahrung. Es war äußerst unangenehm sogar. Also wollte er sich den Speck, den er nun zu sich nahm, später gleich wieder weglaufen. Und es gab wirklich nichts schöneres, als nach vorne zu schauen und dort einen Sonnenuntergang zu sehen, wenige Meter von einem entfernt das Meer. Alleine das Glitzern auf dem Wasser, das Wogen der Wellen. Leider war es kein feuriger Untergang, denn das graue Wolkenband vom Tag, löste sich natürlich nicht einfach auf. Aber die blitzenden Strahlen, sie machten diesen Ablauf heute zu etwas ganz besonderem, ein Lichtschauspiel, das man auch nicht jeden Tag sah. Na ja, ein wenig melancholisch war es natürlich auch, denn mit Isabell wäre selbst diese Schönheit noch hundert Mal aufgewertet worden, aber jede Medaille hatte eben ihre Kehrseite, damit musste er leben. Nach vollendetem Mahl und einem endgültigen Verschwinden des Lichts, zündete er die Fackel an, die sogleich in jener irren Flamme entbrannte. Noch war nicht Schluss und die Stelle war auch nicht besonders gut zum übernachten. Er musste weitergehen, schon alleine um seines Zeitplans Willen. Es war ein Gehetze, das immer wieder von zu langen Pausen unterbrochen wurde, doch hauptsache er kam irgendwie voran. Schon ein duzend Meilen war er von Prix Lager entfernt, doch das schreckte ihn nicht und war auch noch keinesfalls gut. Ob und was an der Geschichte dran war, die sein Freund da aufgeschnappt hatte, war nicht raus. Es hätte ja auch sein können, dass er gar nichts fand. Doch daran mochte er nicht denken, durfte er gar nicht denken. Wieso sollte er es auch tun? Momentan war er bester Dinge und trotz der frohen Aussichten dachte er in nicht minder vielen Momenten eiskalt daran, wie er die Biester doch töten könnte und was danach geschah. Er genoss es, diese ungewöhnliche Freude über dieses Gebiet, doch er war nicht blöd, natürlich war dies nur eine Momentaufnahme. Rociel konnte hier nicht auf Dauer glücklich sein, es war nur deshalb so gekommen, da hier alles neu und unberührt war. Doch sein eigentliches Ziel, die Warane, sie blieben immer noch entfernt, trotz des langen Weges. Der zweite Tag würde bald enden, Prix hatte gemeint, dass diese Anzahl dem Flüchtenden reichte, drei Tage also normal wären. Morgen war der dritte Tag und er fragte sich, ob morgen das Ende seiner Freude kommen würde, oder ob man ihm noch eine Galgenfrist gab. Aber wollte er die eigentlich haben?... Er wusste es gar nicht, was er denn nun wollte, er würde es einfach auf sich zukommen lassen... |
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19.02.2004, 20:18 | #203 | ||||||||||||
Heimdallr Beiträge: 12.421 |
Es waren weitere Stunden vergangen und wieder lagen vier Meilen hinter ihm, doch das Wetter wurde immer schlechter und schlechter, der Wind wurde zeitweise so schlimm, dass er sich an irgendetwas festhalten musste, ein Wunder, dass es den schwarzen Harpyienumhang nicht wegriss, doch drohend und Unheil verkündet flatterte er im Rhythmus des Windes, immer versuchend zu fliegen und immer wieder von den beiden Nischen an der Rüstung gehalten. Rociel war nun nicht mehr von der Umgebung zu trennen, der Himmel hatte sich verdunkelt und die See peitschte ihre Wellen voran. Wie ein Feldherr benahm sich der Wind, immer höher und höher wurden die Wellen, von den Schreien und dem Heulen angetrieben, krachten sie nun gegen die Klippen und er hatte ein nicht gerade kleines Problem. Es war unmöglich am Strand weiterzugehen und so musste er wieder die Klippen rauf, zum Glück kündigte sich das Unwetter rechtzeitig an, so dass ihm genug Zeit dafür blieb. Wenn er nun nach unten sah, so konnte man nur noch auf Wasser blicken. Stück für Stück drang das Meer weiter vor und die Wellen donnerten zu knallhart an den Stein, dass Wasserfontänen bis zu ihm hinauf spritzten. Aber regnen tat es noch immer nicht. Vergeblich hoffte er auf die reinigenden Tränen des Himmels, es mochte winden, es mochte stürmen, es mochte donnern, aber nicht regnen. Wie lange er jetzt schon unterwegs war wusste er nicht, viel weniger noch, wann endlich sein Ziel erreicht sein sollte. Wetterkapriolen waren tragisch, doch kein Grund, warum er auch am dritten Tag nicht ankommen sollte. Er fragte sich, ob er den Turm vielleicht übersehen hatte, doch das war so gut wie unmöglich. War es tatsächlich nur eine erfundene Geschichte? Prix hatte ihn bestimmt nicht angelogen, dafür konnte er seine Hand ins Feuer legen, aber es war ja nicht seine Geschichte und wo weiß, wo er sie aufgeschnappt hatte. Von einem Barden, die sowieso mehr erfanden als Wahrheit sprachen? Von einem Betrunkenen, die sowieso nicht mehr zurechnungsfähig waren? Oder vielleicht doch von einem ganz normalen Aufschneider, der Spaß daran hatte sich groß und mutig darzustellen. Oder war er vielleicht dicht vor dem Ziel? Zweifel nagten wie die Ratten am Käse, doch noch wollte er nicht aufgeben und auch morgen nicht. Der Proviant, sparsam wie er war, würde noch für Tage reichen, solange sollte die Suche weitergehen. An der Küste hatte er gesagt, die Richtung stimmte, er konnte ihn nicht übersehen haben. Ein Turm fiel doch auf. Oder etwa nicht? Der Wind kam von Westen, blies ihm direkt ins Gesicht. Verdammter Mist, Sauwetter!, dachte er sich, doch es half ja nichts. Er war nur noch ein kleiner Spielball im Kampf der Gezeiten, mit Leichtigkeit hätte er in einem ungeschickten Moment von den Klippen fallen können, weggefegt von einem Orkan oder einer Windhose, wie es hier an der Küste möglich war. Doch nichts desto trotz, er hielt sich wacker. Immer wieder machten die Wolken Pause, wahrscheinlich um tief Luft zu holen, ehe sie wieder anfingen zu blasen, in diesen Pausen war es fast ein wenig normal und er kam noch ganz gut weg. Erkennen konnte er nicht mehr fiel, die Sicht war eingeschränkt auf wenige Meter, es waren nur noch schwarze und dunkelblaue Umrisse zu erkennen. Das grüne Gras wedelte so sehr, dass einige Stücke rausrissen, sich einfach nicht mehr halten konnten. Wie schwarze Schatten konnte man das alles wahrnehmen. Trotz allem, es war gar nicht mal so schlimm, so ein Küstenunwetter war natürlich viel heftiger als eines im Wald, wo man Bäume oder andere Unterschlüpfe zur Auswahl hatte, hier an der Klippenwand gab es keinen Schutz mehr, nur am Strand hätte es den gegeben, aber der war überflutet. Meine Güte, das hätt’s jetzt echt nicht mehr gebraucht, so finde ich den Turm doch nie. Warum muss dieses Unwetter jetzt kommen, warum nicht dann, wenn ich den Turm gefunden habe, so ein Mist. Hoffentlich ist es im Lager von Prix jetzt besseres Wetter. Wahrscheinlich sitzen diese faulen Schlafmützen an nem schönen Lagerfeuer und essen gerade und ich? Ich kann nicht mal das Feuer entzünden, da mir die Flamme ins Gesicht wehen würde und an Essen will ich gar nicht denken, da wird mir ja übel bei dem Wind. Wo ist denn jetzt dieser doofe Turm, wenn das alles nur ein Märchen war, dann, dann, ach verdammt, natürlich gibt es den und ich wird ihn auch finden und zwar noch heute, jawohl, nur Mut Rociel, das wird schon... Noch einige Meter schaffte er es danach, alles war wie vorher auch schon, der Wind nahm seine Pausen...und er wurde stärker. Genau in einer dieser Phasen, wo es wirklich unmenschlich harter Gegenwind war, hörte er ein Zischen, doch eher mehr ein Pfeifen, er hörte es nicht lange, war aber noch im Stande ein Musikinstrument auszuschließen, wollte sich aber nicht weiter damit beschäftigen. Kurze Zeit später gab es einen dumpfen Aufprall, irgendein Stück Holz, womöglich ein schwerer Ast einer Eiche, war ihm in den Nacken geflogen. Die Wucht war so heftig, dass er ohnmächtig wurde, auf der Stelle. Wie ein halbleerer Rübensack viel er dann zusammen und blieb bewusstlos liegen. Das Unwetter tobte weiter, doch es sollte ihn nicht weiter stören. Er lag am Fuße einer Klippe, zehn Meter vom Abgrund entfernt... ...er wollte den Turm finden? Noch heute? Er hatte ihn gefunden, denn genau unter dieser Klippe, nur ein paar Schritte entfernt, da stand er, der alte Turm. Die Feuerwarane waren ebenfalls da, doch verbargen sie sich, hassten die Wind sehr. Leider sollte der Fund erst mal unbemerkt bleiben, aber wenigstens war die Suche abgeschlossen, der legendäre Turm...und er war nicht das letzte Geheimnis. Doch Schlafende sollte man nicht wecken und so konnte er dort mehr oder minder freiwillig erst mal pennen... |
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20.02.2004, 16:31 | #204 | ||||||||||||
Isabell Beiträge: 307 |
Die Tage seit der Abreise ihres Bruders waren sehr ruhig gewesen und gut fühlte sie sich auch. Es war mal was anderes, eine willkommene Abwechslung, warum sollte sie das nicht genießen. Die beiden Jägersleut waren ausgezeichnete Gesprächspartner, auf Dauer würde sie es zwar nicht mit Prix und Ra aushalten, doch so für ein paar Tage war es in Ordnung. Aber andererseits spürte sie, wie sie das Abenteuer doch reizte, es musste schon interessant sein, diesen Turm zu suchen, so malte sie es sich zumindest in ihren Gedanken aus, dass aber der Kampf mit den Feuerwaranen nicht schön würde, das war auch ihr klar und sie beneidete ihren Bruder kein Stück darum. Eigentlich hatten sie so gut wie nichts zu tun, einmal waren sie auf der Jagd, aber nur um die arg geschundenen Fleischvorräte aufzufüllen, zwei Scavenger hatten die Jäger dabei erlegt, gezielt mit zwei Pfeilschüssen erlegt. Ansonsten blieben sie lange im Lager, richteten Fleisch hin, brieten es an, verpackten es, richteten ihre Waffen, schnitzten Pfeile und natürlich wurde eine Menge gegessen und getrunken und vor allem geredet. Isabell erfuhr so manch Geheimnis über ihr Leben in der Wildnis, von Gorthar als Stadt und auch viele Legenden und Mythen, die sich um diese Insel rankten. Prix war sehr erfahren und in den besten Jahren, er war ein echter Gorthaner und wusste viel über die Stadt und das Land. Es war immer wieder eine Freude zu hören, was hier alles passiert sein soll, doch auch die negativen Dinge ließ er nicht aus. Wenn sie nicht die Felle gehabt hätte, dann hätte sie aber nichts weiter tun können, als zuzuhören und mitzuquasseln, so konnte sie wenigstens die Stiefel bearbeiten und das war ganz schön schwer. Das wichtigste war das Werkzeug und die ganzen Sachen konnte sie zum Glück von Prix bekommen, ohne sie wäre nicht mal ein Anfang möglich. Aber auch so war es schwer, denn die passenden Sachen mussten erst mal gefunden werden. Das Fell musste geteilt werden und sollte gut bis knapp zur Hälfte des Schienbeines gehen. Aber das Fell des großen Wolfes war so groß, es hätte auch für zwei Paare gereicht, deswegen fütterte sie auch die Innenseiten damit. Schon als die Stiefel in ihrem Grundformat standen waren sie reinweiß und nicht von reinem Schnee zu unterscheiden, das war der Mythos, der auf ihnen lag. Selbst das Wetter meinte es gut, auch wenn die Küste weit weg war gab es ab und zu Wind vom Meer, doch das wurde durch die Bäume alles so gebremst, dass man nicht wirklich von Sturm sprechen konnte. Manchmal schien sogar die Sonne. Es waren richtig gute Tage, was dies anging. Ihre Entscheidung ihn ziehen zu lassen, bereute sie nicht, aber Sorgen waren trotzdem dabei. Zwar waren ihr auch noch nie Feuerwarane begegnet, aber sie hatte ihre Schuppen lang genug am Leib getragen und genau gespürt, welche Macht diese Schuppen in sich hatten. Man konnte das alles gar nicht mit einander vergleichen, auch die Pelze der Wölfe wirkten nun nicht unbedingt stark, doch fasste man sie an oder trug sie, dann konnte man sich die Macht der Tiere, die einst unter ihnen waren, genauestens vorstellen. Alles ging eigentlich gut, alles bis heute. Es war irgendwann mitten im Nachmittag, keine Kirchenglocke mochte schlagen und läuten, doch das war egal. Sie saßen zusammen um den Lagerfeuerplatz und gingen ihren Sachen nach. Das bedeutete im Genauen, dass Prix seinen Bogen mit irgendeiner Paste einrieb und neue Pfeile auf der Sehne spannte, Ra sein Schwert seit einer halben Stunde auf und ab rieb und dabei Nüsse knackte und sie weiter mit Nadel, Messer und Geschick an den Stiefeln baute. Von irgendwoher zog dann der Wind an, die Bäume vorne im Wald schüttelten sich und dann kamen sie. Sie konnte die Anwesenheit gerade noch rechtzeitig spüren und sah den Mann im Baum verschwinden, er hatte ein Tuch vor dem Mund und doch war ihr so, als ob er grinsen würde. Ein Wimpernschlag später flog ihr etwas entgegen, es war eine schwarze Rose, die vor ihren Augen zu Boden ging. Wütend zertrat sie die welken, schwarzen Blätter und dann kamen sie auch schon. Es schienen hunderte zu sein, doch es waren nur sechzehn, sie erkannte die Gestalten wieder, es waren diese Aschefiguren, die scheinbar nur ein Zauber am Leben hielt, düstere Nekromantie hatte Rociel noch gesagt. Und so schien es nun tatsächlich, denn wieder zogen sie ihre Waffen, Schwerter, Äxte, verkrüppelte Messer, das ganze Reservoir, nur mit einer Absicht, zu töten. Isabell war sich sicher, dass der Angriff ihr und nicht den Jägersleuten galt und sie hoffte, dass es ihrem Bruder nicht genauso erging, dann aber blieb keine Zeit mehr zu denken. Die Drei hatten sich aufgestellt, Prix und Ra hatten ihre Bögen gezogen (Ja auch Ra konnte mittlerweile passabel damit umgehen) und Isabell stand mit beiden Schwertern in der Hand am Eingang des Lagers. Und dann kam die Meute, vermummt wie schon gewohnt und aggressiv wie immer... |
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20.02.2004, 17:15 | #205 | ||||||||||||
Isabell Beiträge: 307 |
In den Augen der Feinde war ein unnatürliches Glühen zu sehen, doch scheinbar waren es genau die gleichen Gestalten wie auch schon bei ihrem ersten Aufeinandertreffen. Die Typen waren nicht dumm und konnten kämpfen, doch man war in der Lage sie zu stoppen. In der Masse überrollten sie alles, doch in der Qualität besaßen diese Zauber kleine, aber feine Mängel. Sie kamen mit großen Schritten näher und Isabell musste zugeben, sie war einem Kampf nicht abgeneigt, denn es war wirklich etwas öde, nur herumsitzen und nichts tun können. So wartete sie auch nicht, sondern lief den Vermummten entgegen. Neben ihr flogen zwei Pfeile, links und rechts vorbei und donnerten in den Kopf, respektive in den Bauch einer Gestalt, sofort löste sich der eigentlich Tote zum gewohnten Ascheberg auf, für Prix und Ra musste es erschreckend wirken, doch die Zeit für ausführliche Erklärungen war leider nicht mehr geblieben. Ihre Schwerter hatte sie in den Händen tanzen lassen, doch als sich jetzt drei Vermummte auf sie stürzten gerieten sie direkt in die Todesmühle der Klingen und ihr Körper wurde regelrecht aufgeschlitzt. Wo bei anderen nun Blut spritzen würde, war bei denen nur Asche, die herauswehte, im zweiten Nachsetzen war aber auch der ganze Körper verschwunden. Eines dieser Geschöpfe blockte ihren Angriff erfolgreich ab und sofort waren die restlichen Gestalten auf sie zugestürmt, doch nur durchbohrte Herzen blieben auf ihrem Weg durch das Chaos zurück. Herzen die es nicht gab und doch gut getroffen waren. Sie hatte die Anatomie dieser Zaubergeschöpfe verstehen wollen und war zu dem unweigerlichen Beschluss gekommen, dass die Anatomie wie die eines Menschen war, traf man sie nur an der Schulter, so waren sie noch nicht besiegt, traf man durch die Stelle, wo das Herz bei Menschen lag, waren sie jedoch sofort tot. Es war leicht ihre Körper zu durchbohren, einmal tödlich getroffen wurden sie zu Staub und Asche und das Schwert tauchte hindurch, doch das nur, weil ihre dünnen Stoffteile keinen Schutz boten. Anders wäre es gewesen, wenn sie Rüstungen angehabt hätten. Die Reihen des Feindes wichen schneller, als erwartet, neben ihr donnerten unaufhörlich Pfeile in Körperteile und imaginäre Gliedmaßen, ihre Schwerter hatten keinen einzigen Tropfen Blut gesehen, doch der Staub blieb nicht lange so wie er war, wehte ihn der Wind doch fort. Auch die letzten vier Kämpfer versuchten es vergeblich, mit Schwertern und Äxten gingen sie zusammen auf die einsame Kämpferin los, doch unter dem ersten Schwertstreich tauchte sie hindurch, ehe sie dem Keulenschwinger ein Schwert in den Bauch rammte, um gleichzeitig die zweite Schwertkapriole mit ihrem linken, verteidigenden Arm zu blocken. Doppelt hält besser, war das Motto beim nächsten Zug, als sie mit beiden Schwertern den zwei Angriffen der Schwertkämpfer standhielt und dem Linken danach einen Tritt in die Magengrube versetzte, worauf er nach hinten taumelte. Der dritte im Bunde wollte besonders schlau sein und schlich sich mit der Axt von hinten an, doch als sie nach hinten ausholte, wobei sie den noch stehenden Schwertkämpfer im Blick behielt, hatte der Axtkämpfer die Tharek’Ils zwischen Stirnbein und Nasenbein. Den Schwung darauf nutzte sie, um die Waffe zu Boden zu reißen und dann mit einem gesalzenen Tritt dem Letzten, noch Stehenden, sein Gesicht zu zertrümmern. Erstaunlich daran war, dass sie das Knacken der Knochen zu hören gedachte, doch bevor man das prüfen konnte standen beide Schwertkämpfer wieder, stark waren sie ja, doch die Jäger beendeten dann mit zwei gezielten Schüssen das ganze Trauerspiel, denn mehr war dieser Kampf nicht. Eine willkommene Abwechslung, ein bisschen Training für müde Knochen, aber keine Gefahr. Warum sie allerdings das Lager angriffen, das verstand sie nicht. Mit schlurfendem Blick ging sie zurück zu der Rose und zertrat sie noch mal, es war wirklich schwarz. Dann sah sie wütend zu dem Baum, wo sie den Mann gesehen hatte, doch keine Seele war mehr dort. Der Staub und die Asche der nicht vorhandenen Leichen waren inzwischen weg, dann hörte auch der Wind auf zu stürmen. Für sie stand fest, dass irgendjemand hinter der Sache stecken musste, diese schwarze Rose stand wohl für ihren Tod. Aber derjenige, der sie töten wollte, der musste doch wissen, dass er mit diesen Marionetten nichts anfangen konnte. Es war rätselhaft, dieser ganze Angriff wirkte so sinnlos, sie konnte ihn nicht erklären, egal wie lange sie sich den Kopf zermarterte. Und Prix und Ra wollten natürlich auch wissen, was da gerade geschehen war und so begann sie langsam zu erzählen, was sie über die vermummten Gestalten wusste. Es war nicht viel, eigentlich war es nichts, aber eines stand fest, der Gerlirkas Orden war mehr als eine Organisation von Spinnern. Aber bisher hatten sie noch nie mehr als einen gesehen und der war immer vermummt oder unsichtbar. Trotzdem schienen mehrere Leute dahinter zustecken. Seltsam war es, wirklich seltsam. Um sie zu töten musste er auf jeden Fall mehr als nur staubige Krieger schicken, aber sie war sich sicher, dass das noch nicht alles war. Vielleicht war es nur ein Test für sie. Das musste es sein. Und warum sich ihre Anführer nie trauten sich zu zeigen war genauso seltsam. Aber sie würden es rauskriegen, nur war sie hier zum warten verdammt, was ihr so gar nicht gefiel... Zumindest Rociel schien es gut zu gehen, jedenfalls mochte sie nichts Gegenteiliges verspüren, sein Blut war ruhig, als ob er schlief, was sie kaum annahm... |
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20.02.2004, 20:28 | #206 | ||||||||||||
Heimdallr Beiträge: 12.421 |
Mit dröhnendem Schädel wachte der junge Fürst wieder auf, er war länger ohnmächtig gewesen, als gedacht, aber wenigstens war nichts weiter passiert. Sein Nacken und sein Hinterkopf taten brutal weh, als ob ein Schattenläufer sich die Nacht über drauf bequem gemacht hätte, doch er wusste noch zu gut, wie er dieses Zischen hörte und urplötzlich die Lichter ausgingen. Irgendein schwerer Gegenstand musste ihm gegen den Kopf gefallen sein, nur er wusste nicht was. Nur langsam kam er in einer Art Kriechbewegung wieder hoch. Es war gar nicht so einfach den Koller wieder abzubekommen, denn er hatte sich jetzt festgebissen, aber spätestens bei den ersten Zügen des rauen Seewindes war es dann um seine Trägheit geschehen. Seine Beine wirkten noch wacklig, alles schien ganz neu und unbenutzt, wie kleine Kinderbeinchen, doch das änderte sich auch. Immer wieder packte er sich an den Kopf, Kopfschmerzen waren als Geschenk zurück geblieben und die konnte er nicht so einfach abschütteln, doch noch öfters massierte er seinen Nacken so gut das eben ging. Das wäre die ideale Aufgabe für seine Schwester gewesen, aber das war wohl ein wenig egoistisch gedacht. Als er dann erst mal wieder fest dastand und sich umblickte, konnte er endlich die Klippen erkennen. Doch der Turm, der da vor ihm stand, musste wohl unter einem Schleier aus grauem Dunst verhängt gewesen sein. Zu aller erst ging er zur Nordseite, da wo das Meer in Form von meterhohen Wellen gegen donnerte und krachte. Inzwischen war da wieder ein dünner Strand, freilich nur aus Steinen und Felsen, aber das Meer war wieder schön zurückgegangen. Noch immer schüttelte er den Kopf langsam hin und her und zwickte die Augen zusammen, als er endlich den richtigen Weg nach vorne einschlug. Er wankte bis zu den Klippen und da wo sie aufhörten blieb er stehen. Zuerst waberte da irgendeine schwarz-graue Masse vor seinen Augen, aber als er sie noch einmal rieb wurde die Kontur eines Turmes deutlicher. Da begriff er, zückte noch ein letztes Mal die linke Hand um sich zu kneifen und nach einem schmerzhaften Zwicken seiner Nägel in die junge Haut da wusste er, dass es keine Illusion war. Er sah tatsächlich einen Turm und da es hier nicht allzu viele Türme geben konnte, musste es der Turm sein, den er suchte. Sofort war jegliche Müdigkeit oder Verwirrung aus dem Gesicht verbannt und mit großen, weiten Augen starrte er hinunter, der Turm war gut fünfzehn Meter hoch und hatte eine beachtliche Größe, auch waren ein paar quadratische Kammern daneben und außerdem war er in einem sehr guten Zustand. Rociel staunte nicht schlecht, doch wo waren die Feuerwarane? Er brauchte nicht lange zu warten, bald schon hörte er ihr Zischen, denn durch das Rauschen des Meeres und der Betäubung seiner Ohren und überhaupt, aller Sinne, war er ja erst so verwirrt gewesen und hatte das laute Zischen nicht hören können. Jetzt aber konnte er sie sehen und seine Gefühlswelt schwankte voller Ehrfurcht und Gier. Ehrfurcht deswegen, weil diese Tiere gut vier Meter lang und einen Meter hoch waren. Aus ihren Mündern kam entweder die lange, zischelnde Schlangenzunge oder ein leichtes Qualmen, das von Feuer kündete, ihre Schuppenhaut war schimmernd in allen rötlichen Tönen und sie schlichen um den Turm wie lauernde Wächter. Und Gier, weil er sich sofort in sie verliebte, er wollte ihre Trophäen unbedingt haben, es wäre ihm eine große Ehre die Haut dieser Königstiere sein Eigen nennen zu dürfen und außerdem war die Lust in ihm hochgestiegen den Kampf zu beginnen und endlich wieder eine Waffe in Händen zu halten. Es war nicht sein wirkliches Ich, eher eine Mischung aus allen drei Seelen zusammen, die hier zusammen wirkten, aber er konnte an sich halten und wartete ab. Lange noch sah er hinunter, beobachtete ihre Laufwege und ihre Anzahl, nämlich genau drei, er hatte auch bemerkt, dass sie Kälte nicht ausstehen konnten. Immer wenn der Wind kräftiger wurde, zogen sie sich in Höhlennischen zurück. Das sollte vielleicht ein kleiner Vorteil für ihn sein, hoffte er zumindest. Doch irgendwann stand seine Taktik, nun ja, es gab einfach keine. Er schlich die Klippen entlang, die schon von Weitem einen Ausgang ankündigten, einen Weg, sandig und steinig, eine Mulde direkt zum Turm, wohl künstlich angelegt oder einen Grund für den Erbauer seinen Turm dort zu bauen. Wie auch immer, jedenfalls stand er recht bald an der letzten Stelle zwischen sich und den Waranen, an der sie ihn nicht sehen und wahrnehmen konnten. Normalerweise betete er nicht vor kämpfen, nur wenn er das Bedürfnis hatte Innos etwas mitzuteilen, doch ab und zu war so eine Ausnahme, wie zum Beispiel heute. Innos, mein Herr und Meister. Lange ist es her, dass ich meinen Aufgaben gerecht geworden bin, lange ist es her, das ich zu dir gesprochen habe oder meinen Tribut gezahlt. Doch es gibt Veränderungen in meinem Leben, was erzähl ich dir das, du selbst hast sie ja eingeleitet, aber was soll man schon jemanden erzählen, der alles weiß? Ich gedenke nicht mehr an deine Kirchen zu spenden, da ich glaube, dass es nichts hilft, da ich glaube, dass viele Anhänger verroht und verdorben sind. Trotz meiner Untätigkeit im Moment bin ich jederzeit bereit, sobald Meister Tolban mich ruft, werde ich kommen und meine Pflicht erfüllen. Und noch etwas will ich dir sagen, ich habe meine Bestimmung, die du mir auferlegt hast, angenommen, doch ich wünsche mir meinen Lohn dafür. Wahrscheinlich weißt du auch, warum ich hier knie und zu dir spreche. Ich denke, du weißt, warum ich es tue. Schenk mir bitte die Kraft, um gegen diese Königstiere zu bestehen. Schenk mir Regen, Regen, den das Land braucht. Amen. Dann trat er aus dem Schutz der Klippen, hinab die natürliche Rampe, langsam und bedacht gingen seine Blicke gen Himmel, an dem urplötzlich Wolken aufzogen, doch noch war kein Tropfen zu spüren. Er hatte den Turm im Blick, aus der Nähe wirkte er noch ein wenig fantastischer und größer als von da oben. Sein Blick ging zu der Klippe, wo er eben noch stand, dann aber schwenkte er um, direkt in die Augen eines Feuerwarans. Auch das Königstier sah ihn und kurze Zeit starrten sie sich Angesicht in Angesicht, doch dann ging ein lautes Grollen und Fauchen aus dem Maul und die beiden Anderen stürmten im Gleichschritt zu ihm hin. Langsam näherten sie sich dann dem Fremdling. Wie sie es immer taten, erst langsam zum Opfer und dann blitzschnell zuschlagen. Doch einen Menschen hatten sie noch nie verspeist und das war ihr Pech, denn dieses Opfer starrte nicht nur, es bewegte sich auch und nicht erst, wenn es zu spät war. In Innos Namen, glitt über seine kalten Lippen, als er Todesodem aus seiner schwarzen Scheide zog und in dem Moment donnerte ein ohrenbetäubender Donnerschlag über das Gebiet am Turm und er setzte sich in Bewegung... |
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21.02.2004, 09:37 | #207 | ||||||||||||
Dunkle Legionen Beiträge: 4 |
Zischend bahnte sich die stählerne Spitze des Bolzens ihren Weg durch das weiche, warme Fleisch, zerfetzte mit immenser Wucht Blutgefäße, Organe und Knochen gleichermaßen, bevor sie schließlich zum Stillstand kam und der gefiederte Schaft zitternd aus dem gepeinigten Leib ragte. Schmerzgeplagt heulte die getroffene Kreatur auf, knickte kurz mit den Hinterläufen ein, nur um direkt darauf noch wütender vorwärts zu stürzen. Ein weiteres Mal entlud die Armbrust klackend ihre tödliche Fracht, schleuderte das nächste Geschoss in Richtung des knurrenden Wolfes, der durch den Schuss zur Seite geworfen wurde, sich einige Male auf dem staubigen Boden überschlug und nun endgültig liegen blieb. Ungerührt blickte Romul sich um, prüfte, ob einer der anderen seine Hilfe brauchte. Sie war nicht gefordert. Wie zu erwarten. Sie alle waren erfahrene Krieger, ein Rudel Wölfe stellte nicht die geringste Gefahr für sie dar. Ohne Hast beförderte er einen weiteren Bolzen zu Tage, spannte die riesenhafte Kriegsarmbrust, die in seiner Armbeuge ruhte, und legte wieder an... Brüllend ließ Hetrak seinen Hammer auf das bemitleidenswerte Wesen unter ihm niederfahren, erwischte es mit voller Wucht auf dem Rückgrat. Das laute Jaulen verebbte in ein leises, knurrendes Röcheln, als die Knochen unter der Last des stählernen Monstrums mit einem Krachenden Geräusch barsten, das Tier fast sprichwörtlich in den Boden gestampft wurde. Die pure Kampfeslust sprach aus den zusammengekniffenen Augen des rothaarigen Riesen, als er die mächtige Waffe wieder in die Höhe wuchtete und nach einem weiteren Opfer für selbige spähte. Plötzlichspürte er, wie etwas an seinem linken Bein zerrte. Eines der angreifenden Geschöpfe hatte sich ihm von hinten genähert und zugebissen. Die mehrere Millimeter dicken Panzerplatten ließen sich von diesem Biss jedoch nicht im Geringsten beeindrucken, mehr als ein seichtes Drücken war unter ihnen nicht zu spüren. Wieder schwang der bärbeißige Hüne den schweren Hammer, fegte den jaulenden Wolf mit einem wohlplatzierten Hieb förmlich davon. Einige Meter weiter schlug der geschundene Leib wie ein nasser Sack auf dem Boden auf... Blitzschnell zuckte der dicke, metallbeschlagene Stab nach unten, traf krachend den Schädelknochen eines Tieres, wechselte nur Sekundenbruchteile später seine Bewegungsrichtung und hieb mit dem anderen Ende noch einmal auf den pelzigen Kopf. Benommen wurde selbiger geschüttelt, doch sogleich stürzte der Wolf wieder vor. Instinktiv stieß Migal sich vom Boden ab, streckte die Beine während des sauberen Saltos, touchierte mit der rechten Stiefelspitze den weit geöffneten Unterkiefer des Angreifers. Noch bevor er den Sprung vollendete schnellte das harte Stabende wieder in die Höhe, prallte wuchtig gegen selbigen Unterkiefer. Zwei abgebrochene Reißzähne fanden ihren Weg aus dem Maul des Raubtieres, segelten in hohem Bogen umher, schlugen schließlich lautlos auf dem Boden auf. Das schmutzigbraune Ledercape flatterte leise Knarrend zur Seite, als der wendige Mann herumwirbelte und das nächste Mal zuschlug. Hart traf der Kampfstab den Wolf im Nacken, streckte ihn damit ein für alle Mal nieder... Der Kampf war vorbei. Penibel säuberte Kalor die Klinge seines Kampfschwertes. Diese Arbeit war wichtig, wollte er seine Waffe noch etwas länger behalten, denn getrocknetes Blut war nicht unbedingt das, was sich ein gepflegtes Schwert wünschte. Seit vielen Jahren teilte die Klinge nun schon ihren Weg mit ihrem Besitzer, man konnte fast sagen, sie hatten sich aneinander gewöhnt, wäre das bei einem Gegenstand aus kaltem Stahl möglich. Mit nahezu chirurgischer Gründlichkeit putzte der Krieger auch noch die letzten, unscheinbaren Reste des roten, dickflüssigen Lebenssaftes fort, flackernd spiegelten sich die rötlichen Zungen des kleinen Lagerfeuers auf der blanken, scharfen Schneide. Sirrend glitt sie wieder in ihre ledernes Bett, als sich der Mann von dem großen Findling abstieß, an welchem er eben noch gelehnt hatte. „Gut gekämpft, Migal!“ Der etwas entfernt Sitzende schaute den hochgewachsenen, breitschultrigen Kalor nur kurz aus grauen, ausdruckslosen Augen an, wandte sich dann wieder ab und starrte reglos in die Dunkelheit. „Komischer Kauz.“, knurrte der Anführer des kleinen Kampftrupps. Warum war ihm dieser Kerl bloß mitgeschickt worden? Klar, er konnte gut kämpfen – aber das konnten andere auch. Irgendetwas behagte ihm nicht an dem schweigsamen Mann, er strahlte etwas... undurchsichtiges aus. Kalor konnte es sich nicht genau erklären, konnte auch nicht sagen, was es war. Seltsam. Ein paar Sekunden noch blickte er zu Migal, wie er da saß, eingehüllt in seinen ledernen Umhang und den alten, abgewetzten Hut auf dem Kopf, unter dem sich einige weiße Haarsträhnen hervorstahlen und spielerisch im kalten Westwind umhertanzten. Dann wandte er sich ab, begab sich zu den anderen Dreien, die an der Feuerstele hockten und leise erzählten... |
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21.02.2004, 22:35 | #208 | ||||||||||||
Heimdallr Beiträge: 12.421 |
Er wollte sich auf keinen Fall in einen offenen Kampf mit drei der Viecher einlassen, so war der erste Schritt weg zu kommen. Doch die Warane waren nicht blöd und wurden nun schneller und schneller, binnen Sekunden verfünffachten sie ihr Tempo, doch er rannte bereits zu einer sicheren Deckung, direkt in eines der Häuser, die neben dem Turm standen. Es ging alles total schnell, fast hätten sie ihn gehabt, nur wenige Zentimeter trennten sein linkes Bein von dem zuschnappenden Maul eines Warans, die scharfen Zähne hätten sein Bein zermahlen. Er flog quer durch die Luft und landete sanft auf Stroh. Eine Türe gab es nicht, es war seit jeher ein offener Durchgang gewesen und er konnte den Eindruck nicht verlieren, dass es sich um einen Stall handelte. Doch er hatte keine Zeit zu verlieren, denn noch während er sich umdrehte kamen die Feuerwarane, blieben aber alle am engen Eingang stecken, doch dabei sah er zum ersten Mal, welche Macht diese Tiere hatten, der Waran, der am Eingang steckte, öffnete sein Maul und schickte ihm einen feurigen Gruß zu. Aus dem Maul stiegen Flammen aus und direkt auf ihn zu, wieder entkam er nur Sekunden vor dem Auftreffen, das ganze Stroh ging augenblicklich in Flammen auf und mit Knacken und Knistern war es bald darum geschehen. Die Flamme war keinesfalls klein und er erinnerte sich, von welchen Tieren er das kannte. Drachen! Eine Welle der Entrüstung ging über ihn und ein wenig bekam er auf dem Nacken Schweißausbrüche zu spüren, was nicht nur an der Hitze, die den Stall kurzzeitig erfüllte, lag. Die Feuerwarane haben die Seele von Drachen inne. So ein Mist. Damit werden sie nicht einfacher zu erlegen sein. Wo bleibt nur das verdammte Unwetter... Während am engen Eingang immer noch die Warane versuchten einzudringen, beruhigte er sich ein wenig, war er doch erst mal in Sicherheit, doch wo war er hier eigentlich? Einige Holzkonstruktionen zeugten von menschlicher Hand, die einst hier gewaltet haben musste. Ein paar Schränke und Regale, größtenteils leer. Es war auch sehr dunkel, es hätte sich nicht gelohnt eine Fackel zu entzünden. Ein paar Lichtstrahlen drangen vereinzelt durch das morsche Dach und dann fand er eine Leiter. Sie führte zu einer Luke, ihr Metallring lag genau in einem Lichtstrahl. Und dann keimte in ihm eine waghalsige, ja fast total bescheuerte Idee, doch nur mit bescheuerten Ideen konnte man bescheuerte Pläne genial erscheinen lassen... Er kletterte die morsche Leiter hinauf, zwei Sprossen krachten zusammen, doch der Rest hielt, war für ein Glück, dass er so leicht war, aber das Gewicht seiner Ausrüstung machte das wieder wett. Als er die Luke dann geöffnet hatte, musste er feststellen, dass er auf dem Dachboden war, nur blöderweise fehlte das halbe Dach. Die paar Mauerüberreste waren genau das, was er von unten auch gesehen hatte, aber jetzt stand er auf dem ebenfalls morschen Holzboden und balancierte vorsichtig nach vorne, an den Rand des Dachbodens. Es war gar nicht mal so hoch, vier, maximal fünf Meter. Man hatte einen guten Einblick auf den Eingang, zwei Feuerwarane trotteten bereits zurück zu ihren Höhlen, einer jedoch war noch geblieben und grollte weiterhin am Eingang, immer noch auf das Opfer lauernd. Das war seine Chance. Eigentlich hatten die Warane einen ausgezeichneten Geruchsinn, da sie nicht unbedingt die besten Seher waren, doch bei dem immer stärker werdenden Wind schien das nicht mehr so zu sein. Leider war er noch nicht genau unter dem Eingang und genau da war das Problem, denn hier waren noch Teile des Daches und nur eine dünne Rinne führte an ihr entlang. Er hatte keine Wahl und zog sich an der Miniaturmauer hinauf, dann, auf Zehenspitzen balancierend, kam er Meter um Meter näher. Es war schwierig, immer wieder hielt er sich am Holz klammernd fest, da ihn der Wind sonst hinuntergefegt hätte, doch er schaffte es. Dann stand er da, genau über dem Königstier, das immer noch nicht aufgab. Sein Schwert, das er mittlerweile wieder weggesteckt hatte, zog er mucksmäuschenstill aus der Scheide und dieses Mal donnerte es auch nicht. Er sah noch einmal kurz herunter, zu den zwei Anderen, die inzwischen weiter entfernt waren und dann zum Himmel, der zwar dunkel war, aber keinen Regen brachte. Und dann...dann wagte er es...und sprang... Der Sprung sollte keine ganze Sekunde andauern, genau in dem Moment, wo der Wind kurz ruhte, es war ein Sprung von einer Mauer zum Boden, doch er achtete nicht auf seine Gelenke, sondern nur auf sein Schwert. Als erstes kamen die Beine auf, genau auf dem Rücken des Tieres, dieses drehte den Kopf und schüttelte sich, doch es ging alles fiel zu schnell. Die angewinkelten Knie taten weh und wollten nachgeben, der Sprung war schon von ner kritischen Höhe gewesen, doch was zählte war das Ergebnis. Denn nur einen Liedschlag nach dem Aufkommen des Unterkörpers später, beugte sich der Oberkörper nach vorne und die Arme winkelten sich an. Er hatte das Schwert mit beiden Händen am Griff gehalten, hielt es dieses Mal fest, durch den unglaublichen Druck des Sprunges hatte die Klinge, die ohnehin äußerst scharf war, keine Probleme den sonst undurchdringlichen Panzer der Schuppen zu durchdringen. Der Waran war allerdings nicht sofort tot, er wand sich und spuckte wieder Feuerlamellen in die Öffnung, gerade noch rechtzeitig, bevor er vom Rücken fiel, konnte er einen seiner Dolche erwischen und mit vereinter Kraft beider Hände in den Nacken des Tieres bohren. Es war unglaublich zähe Haut, doch danach war er tot. Sofort und endgültig. Der leblose Körper erschlaffte und fiel seitlich, auch er ließ sich zur anderen Seite wegfallen. Die Knie taten weh, doch sie waren in Ordnung. Allerdings blieb ihm keine Zeit, weder das Tier zu bewundern, es zu analysieren oder sich mal eine Verschnaufpause zu gönnen, denn vom Todeskampf ihres Artgenossen angelockt, kamen nun die anderen zwei näher. Zwar langsam, aber sie kamen. Nur mit Mühe konnte er sein Schwert wieder befreien, erst der harte Steinboden hatte die Wucht gestoppt, es musste wirklich durch den ganzen Körper hindurch sein. Dann ging er weg von dem Haus, weg vom Turm, wieder hin auf die freie Fläche dazwischen. In der einen Hand hielt er den blutigen Dolch, in der anderen das blutige Schwert, doch noch war weder eine Blutgier noch eine Lust in seinen Augen. Er hatte zuviel Respekt vor den Königstieren und viel zu viel Sorge um sein eigenes Leben, als das er sie als Spiel nutzen könnte. Dafür war diese Jagd nicht geeignet. Er sah sie näher kommen und sie sahen ihn, der Wind peitschte sein Gesicht und ließ das Meer wieder etwas größer werden, doch am liebsten wünschte er sich jetzt bei Isabell zu sein, an irgendeinem Lagerfeuer und nicht in dieser verdammten Situation, die so gar nicht gut aussah. Er testete noch schnell seine Knie, ob sie bereit waren im Notfall wegzulaufen, aber es blieb dabei, nichts war ernsthaft durch den Sturz verletzt worden. Die Warane jedoch kamen nun auf selber Höhe auf ihn zu. Er kannte das Bild, nur waren es jetzt nicht mehr drei, sondern zwei. Allerdings würden sie wohl kaum noch mal auf denselben Trick hereinfallen, etwas anderes musste her, nur was... Er überlegte nicht lange, denn es war zu spät, die Warane hatten kurzzeitig ihr Tempo angezogen und standen nun sieben Meter von ihm entfernt. Weglaufen war nicht mehr, es war zu spät. Er musste gegen die Königstiere kämpfen. Im Nahkampf... Und da kam nun die Kämpferseele in ihm hervor, auch wenn er normal war, konnte er kämpfen, nur hatte er Skrupel. Jetzt hatte er keine Skrupel und Ängste mehr, sah die Warane wie Ratten an und verhöhnte sie richtig. In seinen Augen war ein schwarzer Schleier eingekehrt, etwas Fremdes, etwas, dass nicht im gehörte, oder doch? Jedenfalls verzog sich sein hilfloser Gesichtszug zu einer grinsenden Mimik, er hielt das Schwert nach oben, wo noch immer Blut des toten Waranes herunter lief, tropfend, einzeln auf die Erde. Die zwei Artgenossen stachelte das noch mehr an und sie fauchten und grollten und stießen gemeinsam eine Flamme zum Himmel, die der eines Drachen mehr als nur würdig war. Rociel indes zog sein Schwert ab, wirbelte einmal um den Handteller und hielt es erneut nach oben... Im selben Moment gingen Urgewalt und göttliche Kraft in eines über, als ob die Welt auseinander brechen würde donnerte es, eine mehrere Sekunden andauernde Kettenreaktion. Ein Donnerschlag nach dem nächsten, ließen kleine Steine von den Klippen bröseln und ließen kurzzeitig seinen Gehörgang ertauben. Auch die Warane waren in Ehrfurcht erstarrt und nach dem kurzen Donner, der scheinbar eine Zusammenarbeit von der Natur und Innos selber war, fielen die Tropfen. Plitsch, Platsch... Erst waren es ganz wenige, sie gingen alle neben die Warane, doch es sollte nicht lange dauern, da fielen Tonnen von Wassermassen auf sie herab. Eine Flucht war nicht mehr möglich und so stand er reglos da, im strömenden Regen, eine Urgewalt, wie aus dem Nichts gekommen. Das Land sehnte sich so sehr danach, doch die Warane wollten nur noch in ihre Höhlen. Ihr Körper dampfte, schwerer, heißer Dampf zog durch das ganze Gebiet bis zum Turm und machte die Landschaft zu einer weißen Suppe, ihr Atem war nun harmlos, kein Feuer konnte mehr aus ihm entweichen und genau darauf hatte er gewartet. Jetzt war es an der Zeit dem Intermezzo ein Ende zu bereiten. Seine Mundwinkel öffneten sich und ließen die Zunge hinauskommen. Gierig verschlang sie den Regen, lange Zeit schon hatte er nichts mehr getrunken. Das kühle Nass rann über die gebleckten Zähne, kalt und erfrischend in den Rachen. Dann aber lächelte er in den Nebel und rannte mitten hinein. Die Warane fauchten laut und bissen wild um sich, warfen ihre Krallen nach vorne, doch wie ein Schattenmeister tauchte er hindurch, angetrieben von unglaublichem Wahn und übelster Präzision huschte er zwischen ihnen hin und her, tauchte immer wieder ab und ließ die Königstiere in den Wahnsinn verfallen. Der andauernde Regen und die Gefahr dieses "Raubtieres" im Nacken ließ sie ängstlich wirken, doch sie konnten fast nichts tun, ihre Sinne waren in diesem Chaos so gut wie wertlos. Rociel machte es Freude, dennoch blieb ein Funken von Vernunft und Ehrfurcht zurück, ließ sich auf keine Spielchen ein. Sofort als es möglich war, griff er einen der Warane an und tatsächlich konnte er den Hals treffen, auf den ersten Treffer folgte ein zweiter und wild blutend raffte das arme Tier dahin, aber er hatte ganz andere Sorgen. Gerade wollte er sich wieder umdrehen, da bekam er einen dumpfen Schlag auf die Brust, es war so heftig, dass er mehrere Meter weit durch die Luft flog und kurzzeitig benommen liegen blieb. Der zweite Waran hatte ihn mehr zufällig als absichtlich mit dem gewaltigen Schwanz getroffen und ihm so ganz schön angekratzt. Und das dümmste war, er hatte dabei noch seinen Dolch verloren, das Schwert zum Glück nicht. Der Waran hatte die Berührung auch gespürt und hatte weitergesucht, doch scheinbar hob dieser Angriff den Wahnsinn bei dem prachtvollen Tier auf, wie gewohnt fand es die Spur schnell und präzise und kam nun mit schnellen Schritten auf ihn zu. Der Untergrund war durch den Regen nass geworden und nicht mehr ideal zum gehen, sein Glück. Gerade rechtzeitig bemerkte er den roten Koloss und rollte zur Seite, die Steinmauer hinter ihm zerbarst durch die Wucht des Aufpralls, doch ohne irgendeinen Schaden davon zu nehmen, griff der Feuerwaran erneut an. Rociel blieb nur stehen, irgendwie verändert war der schwarze Schleier von den Augen weg, nun sahen sie wieder milchig und unschuldig aus, wie die meisten sie kannten. Er blickte regungslos nach oben, besser gesagt auf den erhobenen Arm. Sein Blut schien schneller zu fließen als sonst und er vermochte ein Glühen an dem Ring aus Silber zu vernehmen, doch noch viel mehr, das Amulett von Almira, das an der Klinge eingebettet war, es schien ebenfalls etwas auszustrahlen... Innos Macht, flüsterten seine Gedanken, als er noch immer gebannt auf den Silberring starrte, während der Waran auf ihn zustürmte. Schwester...ich danke dir. Sein Arm holte aus und wie bei einer Winde kam das Echo zurück, wie durch Butter ging das Schwert, als es den Schädel von links nach rechts, zum Nacken heraus, durchbohrte, der Waran war zu spät. Sie waren sich jetzt ganz nah, wie auch schon bei den Schneewölfen sah er dem sterbenden Waran kurzzeitig in die Augen. Er blinzelte naiv und jugendlich, wie einen großen Schmetterling sah er den alten Waran an, in dessen alte, vielen gesehenen Augen. Doch dann schnappte der Waran noch mal zu und öffnete sein Maul, gleichzeitig drehte er "den Spieß" um und beendete damit jegliche Lebenszeichen des Königstieres, wobei warmes, rotes Blut auf sein Gesicht spritzte. Sofort zog er das Schwert dann heraus, wollte diesen Anblick nicht ertragen, das hatte das Tier nicht verdient, war es schon genug gepeinigt, dann blieb er lange Zeit im Regen stehen, schon nach wenigen Minuten war das Blut aus seinem Gesicht verschwunden, weggespült von tausender kleiner Tropfen Wasser. Auch das Putzen des Schwertes wurde ihm erspart und selbst den fallen gelassenen Dolch brauchte er nicht von seinem roten Fluch befreien, trotzdem suchte er lange keinen Unterschlupf, sondern blieb nur draußen im Regen. Es war wie eine reinigende Waschung, Innos wusch ihm die Schuld ab, zumindest für diese Tat. Natürlich war es ein natürlicher Kreislauf von Leben und Sterben, aber es war nun mal eine Tötung, das Beenden eines Lebens und mit dieser Schuld musste er Leben. Seine eiskalten Finger umfassten das Gesicht, fuhren durch Haare und über die bloßen Arme. Plitsch, Platsch, Plitsch, Platsch... Irgendwann jedoch fühlte er sich frei, frei von der Schuld, genug geweint, genug gereinigt. Ich hab es geschafft. Schwester, hörst du mich, ich hab es geschafft. Deine Rüstung, dein Traum, er wird real. Bald schon bin ich zurück, aber du sollst es jetzt schon wissen. Ich hab sie erlegt, jaaaaa. Mit gesenktem Haupt ging er trotz der Freude betrübt zurück, er ging in den Turm, sah nicht nach links und nicht nach rechts, einzig alleine das Bett interessierte ihn. Woher er sich so gut auskannte? Es war ein Rätsel...die ganze Zeit hatte er sich nicht umgesehen, als ob er sich hier so gut auskannte, dabei war er hier das erste Mal...er war wirklich ein wenig trunken, nur von was? Es half nichts nach der Erklärung zu suchen, denn der völlig entkräftete Körper schlief bald unter der staubigen Decke ein... Ein seltsames Ende für einen seltsamen Tag, der doch sehr bedeutend war. Aber er hatte in einem Recht behalten, es war kein Spaziergang, der Tod lauerte überall, leise winkend um die Ecke. Doch es sollte eben doch nicht sein... Wer träumt, dem wachsen Flügel. |
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22.02.2004, 17:42 | #209 | ||||||||||||
Heimdallr Beiträge: 12.421 |
Ein Geräusch weckte seinen tiefen Schlaf, schlaftrunken stand er auf und rieb sich die müden Augen. Seine Klamotten waren zum größten Teil noch immer nass durch den Regen und nun war dieses klamme Gefühl da. Er hoffte, dass er sich nicht erkälten würde, aber eigentlich standen die Chancen nicht schlecht. Die Kopfschmerzen waren noch immer da, quälten ihn schon so früh. Wenigstens seiner Wunde ging es anscheinend wieder besser, er hatte gestern keine Schmerzen mehr beim Kampf gehabt. Aber wo war er hier bloß? Wie war er hier rein gekommen, in diesen Raum, in dieses Bett? Fragen quälten ihn noch mehr, er konnte sich nur noch daran erinnern, dass er die Feuerwarane besiegt hatte und dann fehlte der Rest. Jetzt kannte er sich überhaupt nicht mehr so gut hier aus, ihm war alles fremd und neu. Alles wurde genauestens angeschaut, mit sorgfältigen Blicken begutachtet. Unter fast allen Sachen lag eine dicke Staubdecke, aber trotzdem war dieser leere Turm ein Mysterium. Auf seinem Weg durch die Gänge entdeckte er Bücherregale, die nach wie vor mit hunderten Exemplaren gefüllt waren, eine sehr gute Hausbibliothek war hier geführt. Er erkannte den Sinn und Zweck der Bücher nicht, doch er fasste nichts an. Alte Holzarbeiten wie Tische, Stühle oder Bänke waren vorhanden, doch sie waren morsch und würden wohl nicht mehr standhalten. Er testete es bei einem Stuhl aus, sofort brach eines der Beine ab und er stand schnell wieder auf, bevor es ihn noch hinhaute. Nach ein paar Gängen links und rechts, kam er in eine Küche. Ein metallener Ofen stand dort, ein Kamin, Geschirr und Blech. Da waren Schränke mit Besteck und Pfannen, Töpfe und Kannen. Alles wirkte alt und kaputt und doch lag der Glanz eines schönen Lebens darauf. Alles war geordnet und in Reihe gestellt, die Tassen und Teller, genau wie die Messer und Gabeln. Es verschlug ihn zu einer Rondelltreppe, die er gerne ging, da die Stufen aus Stein waren. Ein roter Teppich lag darauf, doch er war verfranst und hatte Löcher und unzählige Flicken. Als er in das erste Stockwerk kam, sah er eine verriegelte Tür vor sich, zwei weitere Türen waren auf dem Gang, auch sie waren verriegelt. Rociel wollte sie aufbrechen, doch daraus wurde nichts, denn die Türen waren aus massiver Eiche und schienen noch immer in Schuss zu sein. Es war überaus seltsam, daneben stand altes, morsches Holz, doch dieses war richtig neu. Es glänzte sogar, wenn man näher hinsah. Ein kleines Fenster war ebenfalls zu sehen, als er hinaus blickte konnte man das Meer sehen, ein wunderschöner Anblick. Der Himmel war blau und die Vögel, vor allem die Möwen waren fröhlich. Er nahm viele, tiefe Luftzüge, denn es tat gut frische Luft zu atmen. Dann aber wandte er sich wieder von dem Fenster ab und aus einem natürlichen Reflex wollte er es schließen. Da fiel ihm das Scharnier auf. Es war ebenfalls aus Metall, doch es gab keinen Ton von sich. Kein Wimmern, kein Quietschen, kein Gar nichts. Dafür, dass dieser Turm so verlassen schien, war hier scheinbar noch einiges in perfektem Zustand. Seltsam, überaus seltsam. Hier stimmt doch irgendwas nicht, das spür ich doch im hintersten Knochen meines Körpers... Wieder kehrte er zur Rondelltreppe zurück und bestieg sie weiter, eine weitere Etage nach oben. Auch hier, dasselbe Bild. Alle drei Türen absolut sicher verschlossen. Einen letzten Versuch wagte er beim letzten Stockwerk, dass eigentlich gar keines war. Er trat nämlich mit den letzten Schritten auf die Spitze des Turmes, mitten ins Freie. Die Treppe hörte genau bei der letzten Bodenplatte auf. Der Turm war ein Rundturm und das Geländer hier oben war mit einigen Zinnen versehen, doch trotzdem konnte er heruntersehen, er war groß genug dafür. Rociel sah nun sehr weit, er konnte aber nichts erkennen, was seine Neugier ausgelöst hätte, weder Gorthar, irgendetwas auf dem Meer oder in nördlicher Richtung. Doch es gab etwas anderes, viel, viel wichtigeres hier oben. Total fehl am Platze stand da eine Truhe. Sie war aus massiven Fichtenholz gezimmert und extrem klein, keine große Schatztruhe, nicht mal tausend Goldstücke hätten dort hinein gepasst, aber sie war auch zu groß für einen Bogen oder eine Armbrust. Der junge Fürst konnte sich eigentlich nur eines für den möglichen Inhalt vorstellen: Bolzen. Denn selbst für Pfeile war es zu klein. Man konnte sicherlich von hier oben gut verteidigen, auch wenn nur vier Leute Platz gehabt hätten. Das Gute war, es gab kein Schloss, also konnte er sie öffnen. Mit einem Klacken öffnete sich das Scharnier, das wieder nicht quietschte oder ächzte und zu seiner Verwunderung waren keine Bolzten darin. Ein grüner, wild funkelnder Stein lag auf der Spitze von einem gefalteten Pergament. Zuerst war er von der Schönheit dieses Steines geblendet, doch dann nahm er ahnungslos den Brief an sich und faltete ihn auseinander. Was er dann zu lesen in die Finger bekam, ließ seine bleiche Haut gänzlich farblos werden... Rociel-Sama, es freut mich, dass du den Turm endlich gefunden hast, doch es wird noch etwas dauern, bis du hier her zurückkehrst. Das Schicksal meint es nicht gut mit dir und wird dich an deiner empfindlichsten Stelle treffen. Es wird aber deine letzte Probe sein, bevor sich die Tore für dich öffnen. Der Stein, der aussieht wie ein Smaragd, er ist das eine Teil zum Tor, durch das du gehen musst. Den zweiten Teil habe ich im Turm versteckt. Wenn du beide Teile hast, musst du das Tor suchen, das sich ebenfalls hier befindet. Wenn du dich entschließt hindurchzugehen, dann gibt es kein Zurück mehr, also überlege gut. Aber eigentlich kenne ich deine Entscheidung sowieso. Wir hoffen alle, dass du deine von Innos auferlegte Mission schnell zu Ende bringst, denn wir brauchen dich hier dringender als jemals zuvor in der langen Geschichte. Rociel konnte es nicht fassen, er war kreidebleich und lebloser als es ein Musterzombie je sein konnte, als er fertig gelesen hatte, bildete er sich scherzhaft ein, dass er es an den Augäpfeln haben würde. Das muss es sein, meine Augen spielen mir einen Streich…, doch gerade in dem Moment, wo er sich die Augen rieb, flog das Pergamentstück aus der Hand und flatterte nur noch Richtung Meer, keine Chance mehr es zu kriegen. Er konnte nicht mehr überprüfen, ob das alles Einbildung war, oder tatsächlich passiert. Aber der Stein, den hielt er in den Händen, immer noch. Er war wirklich so schön wie ein Smaragd, hatte dasselbe Feuer wie er und doch sollte es nur eines von zwei Teilen sein? Er ging wieder hinunter, bis er am Ausgang des Turmes stand und wieder auf das Feld trat, wo er gestern noch gekämpft hatte, dabei wiederholte er stets die Kernpunkte des Briefes, denn auch wenn er keine Erklärung dafür hatte, so wollte er die Worte nicht vergessen. Der grüne Stein kam in seine Tasche, wo er sehr gut aufbewahrt war. Rückkehr in der Zukunft, Ein Stein von zwei, Tor durch das ich gehen muss, Rückkehr... |
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23.02.2004, 11:36 | #210 | ||||||||||||
Heimdallr Beiträge: 12.421 |
Es wehte nur eine sanfte Brise aus Nordwest kommend. Seine Augen starrten ein wenig verwirrt auf die Fläche vor dem Turm, doch alles war beim alten geblieben. Er sah gleich vorm Eingang einen Kadaver liegen, die Blutspur war nicht mehr da, der Regen hatte jeden einzelnen Blutstropfen hinweggespült. Links daneben lag der zweite Waran und ganz hinten, am Eingang des Stalles, war auch der, den er als ersten getötet hatte. Der steinige Boden wirkte aufgewühlt, überall waren tiefe Furchen dort, wo einst eine glatte Ebene war. Rociel konnte sich noch gut an alles erinnern, an die Bilder des Kampfes, an den Regen und seine Worte, doch dann war da ein Loch, bis er wieder in dem Turm aufwachte, auf dem Bett mit der staubigen Decke. Wieso war er hinein gegangen und wieso erinnerte er sich nicht mehr daran? Fragen, die er nicht beantworten konnte – natürlich nicht. Schleppend zogen ihn die Füße mit, ein paar Meter hin zum ersten der Warane. Er drehte sich noch einmal hin zum Turm, der wie ein drohender Riese dastand. Schwarz war der Schatten, der auf ihn fiel, dabei machte der blaue Himmel den Tag so friedlich. Er schüttelte den Kopf, wollte nicht glauben, was da alles passiert war und doch wehrte er sich nicht mehr dagegen. Er umfasste das Amulett, das seit vielen Mondjahren um seinen Hals baumelte und spürte die tiefe Kraft, die davon ausging, selten achtete er darauf, nur wenn es sich mal wieder in seinen Hals brannte, doch ab und zu spendete es ihm auch Kraft. Er wusste, dass es Segen und Fluch zugleich war und stellte sich die Frage, ob er ohne dieses vermaledeite Amulett nicht besser dran gewesen wäre, doch die Antwort war so klar, war er doch selbst die Antwort, sein Leben war die Antwort. Mit einem Lächeln, teils gequält, teils sanft legte er die Hand wieder weg und griff nach dem Rasiermesser, dann gab er dem silbernen Ring einen Kuss, wobei er an seine Schwester dachte. Bald schon, werden wir wieder zusammen sein. Nicht mehr lange musst du auf mich warten, Sternchen. Er spielte ein wenig mit dem Messer in der Hand, fuhr sanfte Linien in der Luft, ehe er vorsichtig seine Hand auf den toten Oberkörper legte. Er war kalt und ohne Feuer, dafür aber umso robuster. Es war ein Gefühl, als fasst man auf einen rauen Bimsstein. Wie hatte Prix noch gesagt? Von der Unterseite schneiden, nicht ringsherum. Rociel tastete vorsichtig auf dem schuppigen Körper entlang, bis er eine solche Stelle fand. Er war neugierig und voller Begeisterung, doch es war das erste Mal, dass er einem solchen Tier Schuppen nahm und dann noch einem Königstier. Sein Schnitt ging tief durch das Fleisch und war auch zu tief angesetzt, Blut quoll in ganz wenigen Mengen aus der Wunde, aber es spritzte nicht mehr, wie sonst. Als er an der Schuppe entlang schnitt und sie letzten Endes abteilte, stellte er enttäuscht das Ergebnis fest. Die Form der Schuppe hatte sich vollkommen verändert und dicke Fleischbrocken hingen noch daran, ein klares Fehlergebnis wie er wusste. Doch deswegen gab er noch lange nicht auf, er versuchte es ein zweites Mal, dieses Mal sollte er nicht so tief schneiden, doch durch den mangelnden Druck rutschte er ab…und zerkratzte das schöne Stück. Immer noch besser, als sich in die Fingerchen zu schneiden. Beim dritten Mal allerdings ging alles gut, durch das kleine Loch der ersten zwei Versuche konnte er jetzt viel einfacher auf den Schuppenkörper kommen. Dieses Mal presste er mit der linken Hand den Daumen auf die Schuppe und führte den Zeigefinger mit den Messerschnitt, wobei er allerdings die Schuppe immer ein wenig anhob, bis sie zu seiner Freude aus dem Korsett des Mantels sprang und in seinen Händen landete. Die Schuppe, sie war gar nicht mal so groß, doch dafür gab es sie so oft am Körper des Warans. Sie spiegelte im hellen Tageslicht, hätte die Sonne geschienen, wohl noch mehr. Er legte sie vorsichtig neben sich und machte weiter, nachdem es einmal geklappt hatte und er sich die Technik angeeignet, ging es richtig zügig. Noch immer musste er hochkonzentriert arbeiten, doch es fiel ihm schon wieder fiel leichter auf das Rauschen der Wellen und das Piepsen der Möwen zu achten. Schuppe um Schuppe löste sich von dem Körper, der immer mehr zu stinken begann, auch die ersten Assgeier waren schon da. Noch kreisten diese wahrlich hässlichen Vögel auf den Klippen und warteten, doch lange würden sie nicht wegbleiben, dass war ihm klar. Doch Rociel hatte ein etwas merkwürdiges Denken, wenn es um die Tiere ging und so hatte er schon eine Idee, doch zuerst musste die Arbeit beendet werden. Es ist eine ganz eigene Kunst, ihre Schuppen zu nehmen. Wie Recht Prix doch hatte, die Lektion jedenfalls hatte er gelernt. Ein Kinderspiel war es sicher nicht, denn er hatte gerade mal die Hälfte eines Warans, als er schon Schwierigkeiten mit seinen Fingern hatte. Rociel aber hielt noch durch, motivierte sich selber mit der Aussicht auf eine Pause, was Rücken und Magen gleichzeitig freute. Als er den ersten der drei Feuerwarane komplett von seinem Schuppenkleid befreit hatte, gönnte er sich dann die kleine Auszeit. Es musste irgendwann am Nachmittag gewesen sein, vielleicht auch schon früher Abend, er wusste nicht, wie lange er geschlafen hatte und wie die Zeit verrann, doch war er mehr als zufrieden mit der Arbeit. Als er sich jetzt an ein Stück der tiefen Steinmauer lehnte, an einer Keule köstlichstem Molerafleisch knabberte und zum Himmel blickte, tropften ein, zwei Tropfen Schweiß von seiner Stirn. Er hatte es gar nicht bemerkt, denn trotz des schönen Tages und der anstrengenden Arbeit waren es immer noch winterliche Temperaturen, die er aber dank der wundervollen Ausrüstung kaum bemerkte. Die Arbeit verlangte schon einiges ab, war kein Zuckerschlecken, das war höchstens das Brechen von Krallen oder das Ziehen von Zähnen, aber so was hier... Er war schon ein wenig stolz auf sich, das er das alles so gut hinbekam, es machte ihn zu einem viel besseren Jägersmann, als er es ohnehin schon war, doch er schämte sich auch dafür, denn die Schneewölfe und die Feuerwarane, sie alle verdienten den Tod nicht, aber es war ein ganz natürlicher Kreislauf, wie er wusste. Irgendwann dann lehnte er sich zurück und sah nicht mehr gen Himmel, sondern ließ die Augen geschlossen, das Essen lag schwer und die Arbeit wirkte noch, so dass er einfach ein bisschen vor sich hindöste...nur eine kleine Pause...... |
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23.02.2004, 20:59 | #211 | ||||||||||||
Marquez Beiträge: 370 |
Sofort begaben sich die beiden auf die Suche und liefen mehrmals zwischen den Regalreihen auf und ab, auf denen sich das gigantische Kartenrepertoire Rolle an Rolle dahinerstreckte, immer mit einem Ohr nach feindlichen Schritten auf dem Gang horchend. Druid und Marquez gingen zwar davon aus, dass die Kultisten es nicht wagen würden, in das Bibliotheksgebäude selbst einzudringen, jedoch bestand immer noch die Gefahr, von einem Nachtwächter oder so etwas ähnlichem auf frischer Tat ertappt zu werden – und das sorgte für nicht weniger Nervenkitzel. Doch trotz der Eile, die nun Not zu tun schien, hielt Marquez kurz inne, als sein Blick auf ein herrenlos herumliegendes Buch fiel, mitten zwischen den Karten. Wie das wohl hierher kam? Nun, dem Banditen war es egal, war es für ihn doch endlich einmal eine Gelegenheit, etwas zu tun, was seiner Rolle als Bandit entsprach. Schließlich klang der Titel des Buches recht verheißungsvoll, da er voll und ganz Marquez’ Interessengebiet zu treffen schien: „Die eigene Armbrust in drei Schritten“ Sein Blick wurde ganz glasig vor Vorfreude und er presste das Buch direkt an sein Herz. Etwas Besseres hätte ihm wohl heute nicht mehr passieren können. Jedenfalls war ihm noch nichts über einen Armbrustbauer in den Reihen der Söldner bekannt, und wenn sich das auch noch als wirklich zutreffend herausstellen würde, dann hätte er für immer ausgesorgt. Hach ja, wenn er es in der Situation gekonnt hätte, hätte er sicherlich ein Freudentänzchen aufgeführt, doch Druid unterbrach ihn im genau diesem Moment mit dem heiseren Zuruf, dass er die gesuchte Karte gefunden hatte, und die Luftschlösser des Banditen zerplatzten postwendend wie Seifenblasen im Kakteenbeet. Eine kurze Sekunde der Verwirrung folgte, aber dann fiel es Marquez wieder ein: Sie mussten nun verschwinden... Nachdem er sein neu erworbenes Schriftgut nun eingesteckt hatte, trat er an das Fenster heran und ließ sogleich das Seil herunter. Während er begann, daran herunterzuklettern, beseitigte Druid noch schnell die auffälligsten Spuren und folgte schließlich. Der Rest der Flucht fand ohne nennenswerte Zwischenfälle, und ohne die beiden auch nur ansatzweise zu fordern, wieder einmal unterhalb der Straßen, in der Kanalisation statt, und so hatten sie bald den Stadtrand erreicht, um sich nun endlich auf die nächste Etappe der Reise zu begeben: Der Jagd durch die Wälder von Gorthar. |
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23.02.2004, 21:31 | #212 | ||||||||||||
Heimdallr Beiträge: 12.421 |
Nach einer Stunde, oder waren es zwei, ließ ihn das Geräusch von krähenden Vögeln aufschrecken. Diese verdammten Viecher hatten seine Unachtsamkeit ausgenutzt und an dem Waran herum geknabbert, was er extra vermeiden wollte. Schnell stand er auf, zog sein Schwert und fuchtelte damit herum, so dass die Aasfresser wieder auf ihre Klippen flogen. Dann steckte er das Schwert wieder weg und ging in den Turm. Eigentlich hätte er nicht gedacht, dass er dieses Gemäuer noch mal betreten würde, doch er brauchte ein Werkzeug, dass er so nicht hatte. Leider war seine Zeit sehr knapp bemessen, so dass er nicht stundenlang nach der Schaufel suchen konnte, eine Spitzhacke hatten sie hier sowieso nicht. Doch er hatte da eine sehr originelle Idee, denn beim Kamin stand auch so eine Art Schaufel. Wahrscheinlich war ihr Sinn ein ganz anderer, vielleicht ein Haushaltsgerät für die Küche, er wusste es nicht. Jedenfalls war es ein langer eiserner Griff und am Ende war eine kleine Plattform, nicht so groß wie bei einem Spaten, aber es sollte zum graben reichen. Als er wieder aus dem Turm ins Freie trat, waren die Vögel schon wieder im Anflug, doch er kam gerade noch rechtzeitig, wobei es einem Geier gelang im Sturzflug ein dickes Stück Fleisch zu reißen, worauf alle anderen sich auf den Geier stürzten, der schleunigst das Weite suchte. Umso besser, dachte er sich und fing nun an mit dem graben. Es war eine mühsame Arbeit, da es zwar möglich war überhaupt zu graben, doch trotzdem noch anstrengender als die Schuppen zu ziehen. Er hasste diese Art von Arbeit, doch auch sie musste getan werden und so tat er das, was getan werden musste. Die Löcher mussten groß und einigermaßen tief sein. Es war schwierig auf dem Boden, denn bevor er den sandigen Teil erreichte, galt es jede Menge Steine wegzuschürfen und selbst im Sand waren massenweise Steine, zum Glück war das Werkzeug aus massiven Eisen gegossen. Er grub binnen neunzig Minuten drei Löcher, jedes war vier Meter lang und einen Meter hoch. Es war eine Heidenarbeit, er hasste sich jetzt schon dafür und nicht minder oft waren Gedanken an den Tag getreten, warum er diesen Mist nur tat, doch irgendwie war es selbstverständlich. Viele Leute hätten ihn dafür ausgelacht, einige wären vielleicht sogar sauer, dass er diesen Bestien ein Grab schaufelte, aber so war er nun mal. Jägerehre und ein anderes Denken zum Stolz brachten ihn dazu. Diese Tiere waren keine Bestien oder Monster, keine Kreaturen, die Beliar geschaffen hatte, um Menschen zu töten. Es waren absolut wundervolle Tiere und wenn er sie Königstiere nannte, dann hatte das Hand und Fuß und war keine Spinnerei eines erfolgslosen Barden. Er hatte zwar etwas ganz natürliches getan, doch gleichzeitig auch das Leben von drei wundervollen und seltenen Tieren beendet. Zwar war es merkwürdig ihnen jetzt ein Grab zu geben, das dem eines Menschen gleich kam, doch anderswie hätten sie die Aasgeier zerfetzt und das wollte er nun nicht. Das hatten sie nicht verdient. Als er dann endlich fertig war, schnaufte er kurz durch, eine kleine Pause, dann ging es schon weiter. Er wollte den Waran gerade packen, da blitzte seine Zunge aus dem Maul und er erinnerte sich an die Worte von Prix. Die Zungen sollten eine seltene Jägertrophäe sein und er wollte sie ihm für viel Gold abnehmen. Nun, das kam ihm ganz gelegen, war sein Goldbeutel doch durch den Kauf von Winterkleidung und Drachenschuppen stark belastet worden und es wäre eine Schande sie nicht zu nehmen, doch gleichzeitig hatte er ihn noch gewarnt, sie erst abkühlen zu lassen. Nun, genug Zeit war vergangen, es hatte geregnet und es war kühler Wind aufgezogen, die Temperaturen waren niedrig und es war kaum was passiert. Rociel nahm nun eines seiner Tücher und wickelte es so um die Hand, dass es perfekt saß. Dann nahm er wieder sein Messer und lehnte sich zu dem Waran. Dieser stank jetzt schon deutlich, doch zum Glück war es nicht Sommer... Es war ein etwas übler Moment, als er das Maul nach oben und unten zerrte, ein wenig hatte er ja schon Angst, dass diese riesigen Zähne jetzt zuschnappten, doch dann lehnte er sich doch sehr nah daran. Zum Glück war gutes Licht, so dass er fiel sehen konnte. Er berührte die Zunge erst zuckend, nur für einen Wimpernschlag ließ er die Hand darauf, doch es war in Ordnung, er konnte sie anfassen. Mit einem beherzten Schnitt trennte er das fleischige Stück vom Körper, es war orangefarben und schimmerte rötlich, es wirkte wirklich wie etwas ganz besonderes. Der Jäger wickelte es in das Tuch und verstaute es gut in seinem Beutel, wo auch die Schuppen ihr Dasein fristeten. Als dann alles erledigt war und Waran weder Schuppen noch Zunge mehr hatte, hievte er das extrem schwere Tier in eines der Löcher. Er hatte gut gemessen, denn es passte perfekt hinein. Anschließend bedeckte er das Loch wieder mit dem ganzen Sand und der Erde und den Steinen, die daneben lagen, solange, bis der Waran verschwunden war. Die Geier schauten grimmig und enttäuscht, doch noch hatten sie ja zwei Warane, doch sie konnten sich schon denken, dass aus dem Festmahl nichts mehr wurde und so zogen die ersten schon wieder ab, irgendwo gab es sicherlich ne tote Möwe zu holen. Rociel hingegen stand die schlimmste Arbeit noch bevor, zwei weitere Warane warteten darauf ihre Schuppen zu verlieren. Genau wie die Zungen. Es war eine mühsame, wirklich schwierige Arbeit, sie war der pure Stress, aber machte auch eine Menge Spaß. Er ließ sich leicht motivieren, denn er wusste, dass er in seinem Beruf nur so weiter kommen konnte. Sein großes Vorbild war natürlich Prix. Rociel war sich sicher, dass Prix schon jedes Tier in Gorthar einmal mindestens ausgenommen hatte, außer vielleicht einen Drachen, jedenfalls wusste er eine Menge über die Tiere. Es war immer ein Mittelweg zwischen Freude und Hass, doch die Ehre ein solches Tier als Jäger ausnehmen zu dürfen überwog. Er konnte viel lernen, diese Schuppen, diese Zungen. Es waren äußerst lehrreiche Tage gewesen, denn selbst er wusste noch nicht alles. Zum ersten Mal in seinem Leben war er auf diese Tierart gestoßen und er bereute es auf keinen Fall. Aber als er dem letzten Waran die letzte Schuppe abgenommen hatte und auch die Zunge vorsichtig abschnitt, da war er wirklich am Ende seiner Kräfte. Seine Arme fühlten sich an wie geschlagenen Teig von einem Nudelholz verprügelt und auch seine Beine waren wacklig und nicht sehr gut bewegbar. Er fluchte laut in die Luft, sah wie es dunkler wurde und wie er aber noch zwei, drei Stunden hatte, bis es endgültig nicht mehr ging, zum ersten Mal war wieder eine Zeitrechnung in seinem Kopf möglich, doch er konnte wirklich nicht mehr. Schwer schnaufend hievte er Waran Nummer zwei und drei in die Löcher, jeder Spatenstich fiel im schwer und es grenzte an ein Wunder, dass er es schaffte beide Tiere noch vollkommen zu begraben. Dann aber konnte er nur noch stützend auf dieses eiserne Teil stehen. Die Geier krächzten laut, zu ihnen blickte er auf und grinste sich eins, denen hatte er es gezeigt. Trotzdem war er ein wenig enttäuscht, hätte nie gedacht, dass er so lange für die drei Warane brauchen würde, doch es war ja noch ein bisschen mehr passiert, als nur das. Er hatte den Turm erkundet, die Löcher gegraben und ein kleines Nickerchen gehalten, außerdem war er erst spät nach Sonnenaufgang aufgewacht. Alles in allem konnte er zufrieden sein, war er aber nicht, wollte er doch heute schon los zu Isabell. Doch es half ja alles nichts, er konnte ja nicht mehr Mal richtig sehen. Schweren Herzens ging er zurück in den Turm, wieder genau in die Richtung, wo das Bett stand, doch diesmal wusste er genau, was er tat. Als er dort war, ließ er alles fallen, zog sich schon im Halbschlaf die Stiefel aus und ebenfalls die Rüstung, das war's dann aber auch schon, ehe er mit ein paar brabbelnden Worten einschlief. Tut mir leid...Schwester. Er hatte wirklich so viel Energie verloren, dass der Schlaf keine Sekunde brauchte, ihn mit sich zu nehmen. Doch vielleicht war es auch gut so, ganz sicher war es das, konnte er dann morgen frisch in den Tag starten, das Gewicht seines Proviants hatte zwar ein paar Kilo abgenommen, doch dafür hatte er neue Pfunde zu schleppen, aber na ja, der Tag hatte noch nicht mal begonnen... Wer träumt, dem wachsen Flügel. |
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24.02.2004, 13:54 | #213 | ||||||||||||
Heimdallr Beiträge: 12.421 |
Der dunkle Schatten zerfrisst deine Seele. Du wirst langsam alt und älter und noch älter. Deine Kraft wird aus dem Körper gesaugt, wie Blut. Es wird stinken und modrig werden, keiner wird es mehr trinken wollen. Deine Augen erfüllen sich mit Schleiern und wirken wie eine milchige Krankheit, ein grauer Starr vielleicht. Wenn sie erst einmal hier her kommt, dann wird sie dich verschlingen, wie einen Wurm in ihren Mund saugen. Das ist es, was Beliar ihr befohlen hat. Du hast keine Chance aus dieser Hölle wieder heraus zu kommen. Zwar ist es kein Ort, an dem Beliar Macht hat, aber scheitern wirst du trotzdem. Wir werden deinen Körper auseinander reißen und deine Glieder an die Wölfe verfüttern. Es wird uns eine Freude sein, Innos wird toben vor Zorn, doch er wird wütend sein auf dich, nicht auf uns. Spürst du es schon Rociel? Spürst du es? Es ist ein Fieber, es wird immer wärmer, immer mehr und mehr und mehr und mehr und... Neiiiiiiinnnnnnnn Mit schweißverschmierten und verklebten Haaren wachte Rociel früh am Morgen wieder auf, in seinen Augen war noch immer die Angst zu sehen, die Angst durch die Bilder, die er gesehen hatte. Die Bilder, sie waren so abartig, so unvorstellbar, unexistent. Nun war da nur noch die große weite Leere, nichts was mehr daran erinnerte. Eine Wand sah ihn leer an, eine kleine Spinne krabbelte über ihre Weben und ließ sich nicht von seinen bohrenden Blicken stören. Nur langsam sang der Rhythmus seines Herzschlages, langsam ließ der Schweiß von ihm ab. Er wischte sich die Stirn, die Haare und den Nacken, alles war nass und verschmiert. Dieser Traum, dieser Alptraum, er war schrecklich. Schon lange hatte er keine richtigen Träume mehr gehabt und jetzt das…es war seltsam, aber nach einigen Minuten der absoluten Stille, in der nur sein keuchender Atem das tonangebende Geräusch war, hatte er sich schon wieder gefasst. Warum erzählst du mir das alles? Du weißt doch, dass ihr keine Chance habt. Egal was ihr auch tut, ich werde immer eine Antwort darauf wissen. Egal was, ihr seid mir immer unterlegen. Ihr könnt mich nicht töten. Warum diese Bilder, warum zeigt ihr mir das alles? Hab ich nicht schon genug Qual erlitten? Überhaupt, Beliar, du Dreckssack, hab ich dir nicht schon genug in die Hände gespielt, ich töte doch schon mehr als ich sollte...ihr verlogenen Träume, glaubt ihr so könnt ihr mich kriegen? Ich bin nicht mehr so labil wie früher, ich spucke auf eure Bilder des Grauens. In seinen ausgetrockneten Mund befand sich nur wenig Speichel, doch er wollte den Turm nicht mit so was beleidigen. Schnell zog er seine Stiefel an, befestigte die Rüstung am Oberkörper und marschierte mit schnellen Schritten hinaus. In seiner Verwirrtheit bemerkte er, dass er seinen Rucksack noch da hatte und so eilte er schnell zurück, um das wichtigste Stück zu holen. Endlich wieder draußen, atmete er tief ein und aus, gute, klare Luft war hier. Noch immer und wohl auch in alle Ewigkeit roch es nach Salz, doch dafür war das Meer berühmt und verhasst, Tonnen von Wasser, doch alle so salzig wie aus den Minen der Berge. Er konnte schon wieder lächeln, sah ein paar Möwen am Strand zu und schmiss ihnen ein dickes Stück rohes Fleisch zu. Sofort stürzte sich eine Meute von zwei Duzend Möwen darauf, doch er sah ihnen gerne dabei zu. Er selber nahm sich auch eine dicke Haxe, brauchte er doch die Kalorien und auch sein Hunger musste gestillt werden. Die Geier allerdings mussten leer ausgehen, die drei Gräber waren unangetastet und würden es auch dank der Steinschicht bleiben. Innos möge sich eurer Seelen annehmen. Er war ernst dabei geblieben, doch man musste auch vergessen können, die Königstiere waren tot, getötet von seiner Hand und doch war er sich sicher, war es der Lauf des Lebens. Ein paar Meter weiter konnte er wieder lächeln, dieses Mal jedoch über den Ausblick. Er war wieder auf den Klippen, sah zum Horizont, der nicht gut zu sehen war. Diesiges Wetter herrschte heute, kein blauer Himmel mehr, sondern schmutziges Grau. Ihm war das egal, sei es grau, blau, gelb, weiß oder schwarz, die schönsten Himmel brannten orangenfarben rötlich. Die ganze Zeit über hatte er ein dickes, breites, fast schon unverschämtes Lächeln auf den Lippen, denn er wusste genau, dass es jetzt so schnell wie möglich zurück zu Isabell gehen sollte. Wie hatte er sie vermisst, ihre strahlenden Augen, ihre langen, gut riechenden Haare, ihre zarten Lippen und ihre liebevolle Art mit ihm umzugehen. Die Zeit alleine hatte ihm sehr gut getan, hatte ihm auch weitergeholfen, in vielerlei Hinsicht, er konnte nachdenken und war auf sich alleine gestellt, nach langer Zeit einmal wieder. Es war keine Selbstbestätigung des Könnens, sondern viel mehr eine unausweichliche Prozedur, die einfach kommen musste. Doch er hatte auch verstanden, was noch sehr viel schlechter war, was man verbessern musste. Ihm war die melancholische Art nicht verborgen geblieben, mit der sie durch die Wochen reisten, aber das musste unbedingt ein Ende haben. Es war eine große Herausforderung, aber trotzdem nahm er sich fest vor sich zu verändern. Die Tage hatten ihn schon ganz natürlich verändert. Auch wenn ihr Leben nicht lebenswert war, so hatten sie doch mehr, als manch normaler Mensch je haben würde. Und ihre Bürde war nicht so schwer, als das sie nicht mehr lachen und weinen dürften. Viel zu düster war ihre Stimmung, in dieser schönen Zeit, in der sich Winter und Frühling die Hand gaben. Vielleicht waren es ja auch die ersten Knospen, die in seinem Herzen aufgegangen waren, aber trotzdem… Nicht alles war weich und süß wie Honig, er hatte auch anderweitig Pläne. Die Gelirkas Sekte sollte er nun ernster nehmen als bisher, er wollte diese Gruppe zerstören, ehe sie die Geschwister zerstörte. Vielleicht waren sie Dämonenkinder und unheilige Geschöpfe, doch das würde niemanden das Recht geben, sie zu jagen. Noch hatten die Menschen Glück, waren sie doch an keinem Blutvergießen interessiert, doch egal wer der Kopf dieser Sekte war, er würde sich an ihm rächen. Es war nicht nur alles Schön, was die Veränderungen betraf. Zwar wirkte der junge Fürst gelöster, entspannter und viel, viel glücklicher als vor seiner Abreise, doch man musste mit Besorgnis sehen, dass ein Schwur zu wackeln anfing. Es knackte gewaltig und war auf der ganzen Insel zu hören, wenn man nur die Ohren aufmachte. Er war am bröckeln und die erste Schicht aus Schutt und Stein brach entzwei. Es handelte sich um den Schwur, keine Menschen zu töten... |
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24.02.2004, 19:30 | #214 | ||||||||||||
Heimdallr Beiträge: 12.421 |
Den ganzen Tag über reiste er am Küstenstreifen entlang. Es war keine große Neuerung dabei, er kannte schon alles und war deshalb eher abgeneigt als hell aufsehend. Selbstverständlich ging er denselben Weg zurück, wie er auch schon gekommen war. Was sollte er schon anderes tun, er hatte keine Wahl. Trotzdem war es alles andere als langweilig. Er hatte genug zu tun, Gedanken ordnen war eigentlich immer angesagt. Er war wie ein großer, alter Bibliothekar. Er musste ganz viele Dinge einordnen, die wochenlang, manchmal auch Mondjahre liegen geblieben waren. Mit der Zeit entstand dann ein richtig gut geordnetes Gedächtnis. Es war mühsam, aber die Kopfschmerzen, sie verschwanden umso schneller er dies beendete. Klare Gedanken waren das wichtigste im Leben, ein Kopf voller liegen gelassener Eindrücke und Informationen war leicht anfällig. Der Wahnsinn konnte jeden befallen, doch er wollte nicht zu jenen armen Kreaturen gehören. Das Beste in so einer Situation war eine gründliche Meditation, mindestens ein Mondjahr lang, doch dafür hatte er einfach keine Zeit mehr. So sehr die entspannende Art sich treiben zu lassen auch lockte, er konnte es nicht tun, wirklich nicht. Nebenbei galt seine Bewunderung auch den Schuppen der Königstiere. Er studierte sie, formte sie nach, versuchte sie und ihren Aufbau zu verstehen, dabei waren sie ein perfektes Zusammenspiel von brotloser Schönheit und gnadenloser Effizienz. Man konnte wirklich von einem Rüstungsbollwerk sprechen und dabei waren sie einzeln doch so leicht. Sicherlich, alle zusammen waren schon ganz schön schwer, doch eine einzelne Schuppe schien das Gewicht einer Feder zu haben. In seinen Gedanken war aber noch viel mehr passiert, außer dem Ordnen von hellen und dunklen Gedanken, von alten und neuen Impressionen. Er malte sich aus, wie die Rüstung doch aussehen mochte, die seine Schwester da formen wollte. Er war aufgeregt wie ein kleines Kind und neugierig war er, riesenneugierig. Erst jetzt realisierte er, was sie da überhaupt geleistet hatten. Er sagte bewusst wir, denn es war nicht er alleine, der dafür verantwortlich war. Ohne die Zustimmung seiner Schwester und ihren ewigen Mutgeschenken an ihn, die sie schon durch ihre bloße Anwesenheit offenbarte, hätte er das alles nie geschafft. Natürlich galt der Dank auch anderen, dem Wirt der Taverne in Teljarsfeld, Tristan dem Jäger, der alte Händler, Garez der Drachenjäger und natürlich seinem Gott Innos, doch die wahre Leistung hatte Isabell erbracht und das wusste er auch. Gut, sie hatten keinen Drachen getötet, doch das war auch unmöglich. Es ging dabei auch nicht darum, einen Drachen zu erlegen, viel mehr war es das Glück und ihr Ehrgeiz, der sie zu den Schuppen führte. Wer fragte schon ernsthaft in einer Bergarbeitersiedlung am Fuße des Göttersitzes nach Drachenschuppen, die er in dieser Bettelsstadt Gorthar finden sollte? Eben... Dazu noch die Trophäen von zwei der mächtigsten Tierarten der Erde. Natürlich war bei allen drei Trophäen auch Schmerz dabei, denn man musste sich ernsthaft die Frage stellen, ob nicht auch Drachen nett sein konnten, obwohl diese hypothetische Frage schwachsinnig war. Doch die Schneewölfe und die Feuerwarane hatte er selber gesehen und der junge Fürst wusste, dass er Recht hatte. Aber trotzdem, die alleinige Tatsache, dass diese Expedition nun ein Ende hatte, sie war Gold wert. Endlich war da ein Ziel vor Augen, er hatte alle Hindernisse auf seinem Hindernislauf übersprungen, jetzt stand nur noch ein lockerer Zieleinlauf bevor. Das Wetter würde ihn auch nicht mehr stoppen, wieso sollte es das auch tun und Tiere? Nein, Tiere trauten sich schon seit er denken konnte nicht an ihn heran, zumindest nicht zufällig. Er hatte da diese Aura und er wusste inzwischen auch, an was es lag. Das einzige Hindernis auf diesem langen, weiten und anstrengenden Parcours hätten Menschen sein können, doch hier war niemand. Keine Menschenseele, sie waren alle in der Stadt, vielleicht noch vereinzelt im Wald, wie Prix und Ra oder die Räubergesellen, aber hier an der Küste? Nein, hier war niemand. Er war ganz alleine hier und auch jetzt war er noch drüber froh. Es war nicht sehr schön, den ganzen Tag nur das öde Land zu sehen und auch das Meer war auf Dauer grau und eintönig, doch es kam immer darauf an, was man aus seinen Momenten machte. Ihm war nie langweilig gewesen, vielleicht lag es daran, dass er diese Einsamkeit richtig lieb gewonnen hatte. Selbst die gute Laune mochte den ganzen Tag nicht vom strengen Wind weggeweht werden, sie blieb die ganze Zeit als ein Lächeln zurück. Er schaffte ungewöhnlich viele Meilen am heutigen Tag, gut zwei mehr als noch auf dem Hinweg. Das machte ihn überaus stolz, denn noch mehr Zeit durfte er einfach nicht verlieren. Er hatte schon sechs Tage seit seiner Abreise verbraucht, morgen wollte er eigentlich zurück sein, doch er würde morgen nicht zurück sein. Dafür aber übermorgen, das nahm er sich fest vor, denn gerade seine Schwester würde sich sonst zu sehr sorgen, ihn am Ende noch suchen. Doch er hielt sie für vernünftig genug dies nicht zu tun. Immer wieder jagte er durch die Küstenstreifen, vorbei an Klippen und Stränden, an Ufern und Steinwegen. Oft war es absolut still und auch die Vögel waren weg. Konnten sich doch nicht überall Möwen aufhalten. In diesen Zeiten war der flatternde Umhang das einzige, was man hörte. Ab und zu summte er Lieder nach, die er einst in Tavernen hörte, ab und zu pfiff er vor sich hin, es waren alles belanglose Dinge, doch sie halfen die Ruhe zu brechen. Es war auch eine Zeit des Friedens. Hier, an der Küste. Selten war der Frieden so nah und so authentisch wie hier. Dauerhaft leben konnte er hier trotzdem nicht. Sobald er Hunger bekam brach er den Frieden und das für immer und ewig. Für die Durchreise war diese gorthanische Nordwestküste der friedlichste Ort auf der ganzen Welt, doch sobald er stehen blieb, sei es an der Stadtmauer, dem Turm oder aber dem Waldrand, so brach der Frieden entzwei. Doch eines konnte er einfach nicht verstehen, nahm es als die Frage dieser Expedition mit zurück. Als Rätsel. Was war mit diesem Turm? Existierte dieser Brief wirklich und wenn ja, was bedeutete er? Immer noch schwirrten die Worte in seinem Kopf herum, er konnte sie nicht vergessen. Und dann war da noch dieser wundervolle Smaragd, der keiner sein sollte, sondern eine Art Schlüssel, doch nur eine Hälfte. Es waren Fragen über Fragen, die darauf aufbauten, doch er beschloss alles, was sich um den Turm rankte, für sich zu behalten, es in keine Erzählung einzubauen und lieber geheim zu halten. Etwas, wovon er keine Ahnung hatte, musste niemand wissen. Es sollte sein persönliches Rätsel bleiben. Ansonsten waren alle Fragen für diese Expedition gestellt, alle Antworten waren gegeben. Er kam zurück, besser und kräftiger, als er gegangen war, doch bis er seine geliebte Schwester wieder in den Armen halten sollte, sollte noch etwas Zeit vergehen. Zeit, die er sie gönnte. Isabell...ich vermisse dich so sehr, aber bald...bin ich wieder bei dir. Auf einer Klippe schlief er heute, nicht unten am Strand. Er wollte etwas Neues ausprobieren, etwas flexibel sein, es tat gut und war nicht so unbequem. Es war in Ordnung, außerdem war es ja nur eine Pause, eine Pause für ein paar Stunden seines schon so langen Lebens... Wer träumt, dem wachsen Flügel. |
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25.02.2004, 17:46 | #215 | ||||||||||||
Heimdallr Beiträge: 12.421 |
Mit gewundenen Zügen kreiste der Wind durch sein Haar, die gekräuselten Linien, die alles zerzausten. Lange schon war es vorbei, lange schon waren die Zeiten vorbei. Ab und zu sah er Flötenspieler auf den Klippen sitzen und lauschte ihrer nicht vorhandenen Musik. Manchmal standen da auch große Füllhörner aus güldenem Metall, die aussahen, als ob sie bald platzen würden. Unter all dem lag ein grüner Teppich. Gras war sein Hauptbestandteil, doch es gab riesige Flächen mit Klee. Vierblättrige Pflanzen waren keine Seltenheit und ein Symbol des Glücks. Glück... Über dem grünen Teppich war der blaue Himmel. Sein Blau war azurn und manchmal auch hell. Es waren weiße Schäfchenwolken daran geklebt, doch manchmal sahen sie auch ringförmig, oder stabähnlich aus. Manchmal bildeten sie auch einen Verbund und verwischten so die Bilder, wurden weich und weit, bis sie sich wieder lösten. Seine Hand ging zum Himmel, doch dieser war unerreichbar fern. Niemals konnte er so hoch springen, so weit laufen. Manche Berge aber waren hoch genug. Sie zu erklimmen war eine Möglichkeit. Doch solche Berge gab es nicht hier. Vielleicht gab es sie auch gar nicht... aber den Göttersitz gab es doch... Ein kleiner Schmetterling flog ihm auf die Nase, er lag da wie ein Fels. Und doch war die auf und ab bewegende Brust Erschütterung genug, dass der Schmetterling wieder weiter flog. Gelb gefleckt, auf schwarzem Grund, das war alles, was die beiden Augen gesehen hatten. Seine Nase kitzelte ein wenig und er mochte langsam wieder weiterziehen. Es waren Erinnerungen, gemischt mit der Realität. Diese kleine Pause war irgendwann am Mittag gewesen, doch nicht am Abend. Am Abend war der Himmel nicht blau. Aber der Himmel war auch am Morgen, oder am Mittag blau. Die Farbe fehlte und konnte nur in den Gedanken ersetzt werden. Graue Dunstschleier zogen ganz weit oben über ihm. Die Schäfchenwolken waren graue Schleier, die man nicht mal als Wolke erkannte. Er versuchte sich als Maler zwischen zwei Welten, seine Farben waren die Erinnerungen und sein Pinsel war die Phantasie, es brauchte nur noch eine Leinwand, die er jeden Tag einatmete. Luft. Sie war eine perfekt Leinwand für Dinge, die nicht für die Ewigkeit, sondern nur für einen vergänglichen Augenblick gedacht waren. Rociel jagte an der Küste entlang, wo vor Sekunden noch die Abdrücke seiner Stiefel waren, da waren ein paar Momente später schon die Wellen, die jede Spur verwischten. Er rannte deshalb, weil er keine Zeit mehr hatte. Heute Mittag war es ein letztes Aufbäumen gegen die Schmerzen gewesen, doch es ging nicht, er konnte einfach nicht mehr. Die Einsamkeit, sie dauerte nun schon viel zu lange an. War er früher regelmäßig und auf Dauer alleine, so mochte er das Zusammensein nun nicht mehr missen. Er hatte soviel gelernt auf dieser Reise, sie hatte ihm soviel gebracht. Nicht nur die Schuppen und Zungen der Warane, auch nicht den Smaragd ähnlichen Stein, nein, sie hatte ihm so viele neue Erfahrungen gebracht. Er hatte gelernt, Dinge, die er noch in ein paar Mondjahren gebrauchen konnte. Dinge, von denen er noch lange zehren konnte. Aber irgendwann war es einfach zusammen gebrochen. Es gab nichts mehr zu lernen, es gab keine Eindrücke mehr, die neu waren. Alles war verbraucht. Und genau das hatte er sich immer wieder eingeredet und so war es auch gekommen. Es gab nun keinen Topf mehr, der ihn nährte, alles war aufgegessen, er musste woanders hin. Doch da war noch etwas in ihm, es ging nicht nur darum diese Gegend zu verlassen, er hatte ein Weh zurück zu seiner Schwester zu kommen. Es war schlimm, fast so schmerzhaft wie eine richtige Wunde, oder eine Krankheit. Er sehnte sich jede Sekunde danach, endlich die Mauern der Stadt zu erblicken, zu Prix Lager abzubiegen, er hielt es nicht mehr aus. Der Schmerz mochte ihn tragen, ließ ihn andere Schmerzen vergessen. Man konnte nicht mit einer Rüstung am Leib rennen, nicht dauerhaft zumindest, aber er hastete dennoch mit sehr schnellen Schritten durch das Küstengebiet an Gorthars Nordwestseite. Die letzten Vorräte hatte er aufgebraucht, selbst diese riesigen Mengen waren irgendwann weg, wenn man täglich zwei bis drei Kilo Fleisch aß. Getrunken hatte er gar seit drei Tagen nichts mehr. Er zog sich das Wasser aus den teils sehr frischen Fleischstücken regelrecht heraus. Mangelerscheinungen konnten jedoch noch vermieden werden und sollten eigentlich auch nicht auftreten, da er auch beim Regenfall ausgiebig getrunken hatte. Durst konnte ein schrecklicher Begleiter sein, man konnte schier dem Wahnsinn verfallen, wenn man neben sich das ganze Wasser sah und dann wusste, dass man es nicht trinken konnte. Das man nur noch durstiger werden würde. Aber Durst war ihm noch das Liebste. Die brennenden Gelenke sehnten sich nach Pausen, doch die gewährte er ihnen nur wenige und immer blieb er dabei in Bewegung, blieb nie richtig stehen. Schon am Nachmittag war er weiter gekommen, als am gesamten gestrigen Tag, doch er jagte immer weiter. Manchmal fiel er unsanft über Steine, die er einfach übersah, manchmal sprang er auch über große Baumstämme, die die Flut abgespült hatten, nichts konnte ihn auf seinem Weg stoppen, selbst wenn sie es gewollt hätten. Nur angetrieben von seiner unendlichen Liebe zu Isabell konnte er das alles schaffen, die ganzen Strapazen und Entbehrungen auf sich nehmen. Er wollte irgendwann einmal, wenn alles vorbei war, die schönen Seiten der Fauna besuchen. Er wollte an die schönsten Strände, in die üppigsten Wälder und auf die romantischsten Berge und noch vieles mehr. Aber eines war ihm jetzt schon klar, das eine, das wunderschöne Tal…das gab es nicht auf dieser Welt. Irgendwann sollte es auch da hingehen. Später als gedacht, aber auch früher als erhofft. Aber war das nicht eigentlich egal? Keuchend war er sowieso, doch hörte man das so gut wie nie, er war ja nicht am hecheln. Doch wenn er dann ab und zu was sagte, hörte man immer wieder, wie erschöpft er doch schon am Nachmittag war. Es verlangte wohl mehr von seinem Körper ab, als jemals gedacht, doch die Kraft und der Ehrgeiz waren da. Und sein Antrieb würde niemals erlöschen. Selbst bei den Temperaturen, nie etwas unter zehn Grad lagen, schwitzte er noch. Aber die Perlen wurden schon so gut wie es nur ging vom Wind abgetrieben. Der Wind, er war nun wieder ein Freund, kühlend und sanft, kaum ein echter Gegner für seine Beine. Der Wind war verhasst und geliebt, konnte Fluch und Segen, Freund und Feind sein. Immer weiter hetzte er, traute sich nicht zu stoppen, nicht stehen zubleiben, er war sich sicher, dass er dann keinen Schritt mehr tun konnte, so ging die Flucht Richtung Stadt weiter und weiter. Der eine Mann, von dem Prix erzählt hatte, der schaffte es auch in zwei Tagen. Rociel hoffte insgeheim, dass er das auch schaffen konnte, doch so richtig realistisch war es ja nicht. Trotzdem, die Entfernung schwand mit jeder Sekunde die er so schnell voran kam, ohne Rücksicht, ohne Achtung, nur dem Wahnsinn der Liebe verfallen... |
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25.02.2004, 20:14 | #216 | ||||||||||||
Dark-Druid Beiträge: 2.190 |
Schon seit einigen Stunden war die Sonne hinter dem Horizont versunken, der sich nun als schwarze Linie vor dem dunkelgrauen Himmel abzeichnete. Mit ihr war die, zugegebener Maßen sehr geringe, Wärme gewichen, hatte der eisigen Kälte der gorthanischen Nacht Platz gemacht, die nun mit unerbittlicher Strenge Einzug hielt, wie mit langen, frostigen Fingern bewehrt kroch sie unter Kleidung und Rüstung. Es hatte wieder geschneit, der ohnehin schon wadenhohe Schnee war wieder um einige Zentimeter gestiegen, erschwerte das Vorankommen mit allen Mitteln. Mittlerweile war von dem dichten Flockenregen nur noch der ihn begleitende Wind übrig geblieben, der allerdings das übrige tat, den Weg beschwerlicher zu machen. Trotz dessen stapften zwei dunkle Gestalten durch die schwarze Nacht, missachteten die Kälte und den Wind so gut es ging, ihr finales Ziel ständig vor Augen. Endlich die gewünschte Krone in Händen zu halten. Schweigend gingen Marquez und Druid nebeneinander. Die Kapuze schützend ins Gesicht gezogen, die rabenschwarzen Augen zu schmalen Schlitzen verengt, die behandschuhten Hände tief in den Taschen des Mantels verborgen stiefelte der Krieger neben seinem Schüler her. Plötzlich tauchte in der Ferne ein schwacher Lichtschein auf, nur schwach, doch er schien definitiv von einem offenen Feuer zu stammen. Aufmerksam richtete Druid seinen Blick in die Richtung aus der das Licht kam, doch war nichts zu entdecken, die Feuerstelle schien in einer Vertiefung zu liegen, geradewegs lenkte er seine Schritte darauf zu, denn wenn es dort Feuer gab, gab es dort auch Menschen. Und das bedeutete, dass die Beiden möglicherweise ein warmes Nachtlager bekamen. Beim Näherkommen bestätigte sich die Vermutung, gedämpfte Stimmen drangen an ihre Ohren, mittlerweile Schleichend bewegten sie sich weiter auf den Lichtschein zu. Schon bald entdeckten sie einen ausgetretenen, schmalen Pfad, der seicht in eine Mulde führte und nach kurzer Zeit, in der sie selbigem Pfad gefolgt waren, öffnete sich vor ihnen ein kleiner Platz. Einige Holzhütten, typisch für Jäger oder Holzfäller, standen hier, in der Mitte der geringen Ebene brannte ein Feuer, um das 3 Personen versammelt waren, zwei Männer und eine Frau, soweit Druid dies von hier aus erkennen konnte. Langsam trat er aus der Deckung einiger Büsche heraus und näherte sich der Gruppe, dicht gefolgt von Marquez. Geräuschvoll wurde der Schnee unter ihnen zusammengepresst, sie versuchten gar nicht erst, leise zu sein... |
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25.02.2004, 20:41 | #217 | ||||||||||||
Isabell Beiträge: 307 |
Prix hatte sie als erster gehört, schon lange vor Ra und ganz am Ende nahm auch sie die Geräusche war, doch da war es schon fast zu spät. Isabell hatte ihre Augen und Ohren anderweitig gelegt, heute wollte ihr Bruder wieder bei ihnen sein, doch er war nicht gekommen, den ganzen Tag über nicht. Sie hatte lange Zeit gewartet, seit dem Angriff dieser Zaubermänner war nichts mehr geschehen, auch gingen sie nicht mehr auf die Jagd, kümmerten sich um das frisch Erlegte und mussten auch noch andere Dinge erledigen. Die Stiefel waren ebenfalls lange fertig. Es waren zwei schöne Stiefel geworden, weich und bequem, rein weiß und mit einer dicken Ledersohle verziert, Kein Stahl war an ihnen, sondern nur das weiße Fell der Schneewölfe und ein wenig Ersatzleder. Doch mit der Beendigung der Aufgabe war auch die Langeweile gekommen. Gerade in diesen Momenten achtete sie sehr auf ihre Blutbahnen, mochte sie doch zu gerne wissen, wie es ihrem Bruder ging, doch sicher war sie nie. Prix und Ra hatten ihr den ganzen Tag über Mut gemacht, dass es durchaus vorkommen konnte, dass das Wetter oder eine ungenaue Angabe des Mannes dazu führen konnten, dass ein oder zwei Tage die Ankunft sich verzögern sollte, doch das alles beruhigte sie nicht. Sorgen machten sich in dem faltenlosen Gesicht breit, Angst und Kummer spielten eine große Rolle. Natürlich taten sie das. Ein wenig bleicher war ihr Gesicht geworden, alles um sie herum schien so unwichtig, wenn doch bloß Rociel wieder zurückkommen würde. Als sie nun aber aufblickte, da schien sich etwas getan zu haben. Besucher? Sie hatte da ihre Zweifel, eher ein weiterer Angriff dieser Sekte, war ihr erster Gedanke. Man konnte niemanden trauen, schon gar nicht mehr hier, deswegen ließ sie Prix auch ein Zeichen geben. Es war keine Angst die sie vor dem etwas hatten, denn ihr Lager war so gut wie uneinnehmbar, doch trotzdem war Vorsicht besser als Nachsicht. Für ein paar Momente konzentrierte sie sich wieder auf die Realität. Im Schein des Feuers konnte man nur wenig sehen, doch umso mehr den knirschenden Schnee hören. Es hatte erst kürzlich geschneit, doch für sie machte es keinen Unterschied, am Lager lag kein Schnee, zu warm und zu geschützt war es doch dafür. Schon wenige Momente später sah der Jägermeister die Wanderer, ein Fingerzeichen gab an, dass es zwei waren. Isabell wunderte sich, denn sie hätte mit mehreren gerechnet, trotzdem blieb sie auf der Hut. Als die Gäste näher traten, wurden sie gebührend empfangen. Ra und sie standen mit gezogenen Klingen am Eingang des Lagers, Prix stand als Meister vorne und hielt seinen Bogen fest. Natürlich rechneten sie mit einem Angriff, was denn sonst. Wer seid ihr und was wollt ihr hier?, klang die kräftige Stimme von Prix durch den Wald. Zwei Wanderer auf der Suche nach einem Nachtquartier, war die knappe Antwort einer tiefen Stimme. Ein Nachtquartier? Da seid ihr hier am falschen Platz. Wir haben keine Betten frei. Aber unter der Voraussetzung, dass ihr eure Gesichter enthüllt und nichts Böses im Schilde führt, kann ich euch ein Platz am wärmenden Feuer anbieten. Einer der Männer nickte und gab dem anderen ein Zeichen. Unter den Kapuzen kamen fast genauso finstere Gesichter hervor, doch es war ja auch schon dunkel. Anscheinend waren es tatsächlich Menschen, die auf der Durchreise waren. Die junge Frau war erleichtert und gab sich wieder ihren Sorgen hin. Still seufzend rasselten die Krummsäbel in ihre Scheiden, ehe sie sich wieder zu ihrem Platz am Feuer begab. Nehmt ein bisschen von dem Fleisch. Zwar sind unsere Vorräte vor kurzem geschröpft worden, doch noch nagen wir nicht am Hungertuch. Leider kann ich euch nur Wasser anbieten. Aber, wollt ihr uns nicht erzählen, was euch so hierher führt? Prix war viel zu gütig, aber vielleicht war es auch richtig so. Ra schwieg die ganze Zeit, Misstrauen brannte in seinen Augen und sie, sie dachte ohnehin nur an Rociel und wie es ihm jetzt wohl ging, während sie hier mit zwei Fremden am warmen Feuer saß... |
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25.02.2004, 21:05 | #218 | ||||||||||||
Dark-Druid Beiträge: 2.190 |
Mit einem knappen Kopfschütteln schlug Druid die angebotene Fleischkeule aus, er war nicht hungrig. Es schienen tatsächlich Jäger zu sein, die sich hier niedergelassen hatten, davon zeugten die aufgespannten Felle und Häute an den Seiten des Lagers und zwischen den Hütten. Und sie schienen ihr Handwerk zu verstehen, betrachtete man die sauberen Arbeiten. Ungerührt hatte Druid beobachtet, wie ihre Gastgeber die Waffen gezogen hatten, als sie das kleine Lager betreten hatten. Es schien fast so, als erwarteten sie einen Angriff, von wem auch immer. Aber es war eine raue Gegend, Banditen waren häufig und wilde Tiere trieben sich in den dunklen Wäldern umher, kein Wunder, dass die erfahrenen Jäger vorsichtig waren. Der Krieger hielt seine Augen bedeckt, den Kopf gesenkt. Es war nicht nötig, dass man die ungewöhnliche Färbung entdeckte, wahrscheinlich würde es nur Ärger geben. Nicht, dass es ihn gestört hätte, die Menschen im Falle einer Auseinandersetzung zu töten, aber er konnte sich keine zu großen Verletzungen leisten, wollte er die Kultisten einholen. Und diese würde es geben – schon alleine der Bogenschütze würde dafür sorgen. Ein leises Flackern huschte über seine zu Boden gewandten Augen, als nach dem Ziel von Marquez und ihm gefragt wurde. „Wir wollen nur ein paar ale Bekannte treffen, weiter im Hinterland...“, sie brauchten ihre wahren Ziele nicht zu kennen. Niemand wusste, wie lang der Arm des Kultes schon war, vielleicht gehörten gar diese Leute dazu. Außerdem entgingen Druid die misstrauischen Blicke des Schwertträgers nicht. „Ihr scheint zu jagen. Erfolg gehabt?“ |
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25.02.2004, 21:25 | #219 | ||||||||||||
Isabell Beiträge: 307 |
Erfolg? Kann man so sagen. Die Wälder von Gorthar sind ein Geschenk für jeden Jäger. Solange man nicht aus Profitgier jagen geht und die Tiere und die Natur respektiert, kann man durchaus ein schönes Leben hier führen. Wie verstehen uns als Freunde. Freunde der Natur. Nur selten zieht es uns in die Stadt, dort kaufen wir Rohstoffe und Luxusgüter, im Gegenzug werden unsere Trophäen sehr geschätzt, genau wie das Fleisch. Vielleicht wisst ihr, dass Gorthar noch nie sehr viel Nahrungsmittelvorräte hatte... Prix sprach laut und deutlich und doch mochte sie kaum etwas verstehen. Die Sätze drangen durch ein Ohr rein und durch das Andere wieder heraus. Was sollte sie schon groß tun, etwa fröhlich sein? Selbst wenn diese Männer etwas zu verbergen hatten und der wahre Grund nicht der war, ein paar Bekannte zu besuchen, solange sie nichts taten war es ihr egal. Der einzige Grund warum sie überhaupt ein wenig aufmerksam war, war Ra, dem sie zur Not lieber beistehen wollte. Außerdem war es nicht gut, wenn sie diese Männer zu sehr beachteten. Noch immer wusste sie nicht, wie mit ihrem Blut umgehen sollte. Mit dieser Sekte hatte sie jedenfalls genug am Hals, je weniger davon wussten, desto besser. Normalerweise hätte es sie ja interessiert, aber jetzt war nicht nur ihr Herz voller Sorge, sondern auch die Zunge schwer und unwillig. Der einzige der eigentlich redete war Prix. Die Gäste waren seltsamerweise sehr ruhig, der Eine sagte gar nichts und der Andere sagte kaum was. Doch wahrscheinlich hatten sie ihre Gründe, die sie gar nicht wissen wollte. Das Feuer knackte, das Holz wurde langsam von innen verbrannt. Die verbrannten Späne flogen durch die Luft, Glut glimmte und eine Nachtigall sang in der Ferne. Warum nur fielen ihr diese Sachen auf, warum nahm sie sie bloß war? Die Sorge machte sie langsam krank, sie spürte das, doch zum Glück sollten sie sich bald schlafen legen, dann würden wieder einige Stunden vergehen und wenn sie wieder aufwachte war er bestimmt da, ganz bestimmt... Womit verdient ihr den euer Gold? |
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25.02.2004, 21:47 | #220 | ||||||||||||
Dark-Druid Beiträge: 2.190 |
Leise knackend verbrannten die aufgeschichteten Holzscheite in flammender Umarmung der leckenden Feuerzungen, graue Stellen bildeten sich auf dem rotglühenden Brennstoff. Wohlige Wärme ging von der kleinen Feuerstelle aus, sprang über auf Füße und Beine der Sitzenden. Einige umgeworfene Stämme und Holzstücke dienten als provisorische, einfache Sitzgelegenheiten, an einigen Stellen des teilweise entrindeten Holzes war schon der Wurmstich zu entdecken. Flackernde Lichter huschten über die schwarzen Haare Druids, tauchten sie von Zeit zu Zeit in tiefes, dämonisch anmutendes Rot oder in ein etwas schwächeres, helleres Orange. In gleichmäßigen, geschwungenen Falten hing der lange, dunkle Mantel von des Kriegers Schultern, touchierte mit dem Saum leicht den grasbewachsenen, durch die Hitze des Feuers schneefreien Boden. Kein Lüftchen regte sich in der geschützten Mulde, kein Windhauch fuhr durch die Haare. Es dauerte eine Weile, bis Druid antwortete. „Gold? Ich verdiene keines mehr. Einst war ich Steinmetz und verdiente damit meinen Unterhalt. Doch ich gab die Arbeit auf. Doch brauche ich auch kein Geld mehr. Nahrung kriege ich aus der Wildnis, Ausrüstung besitze ich schon. Und sollten doch noch einmal Kosten anfallen, so habe ich noch einiges von meiner früheren Tätigkeit...“, als keine Antwort folgte, wandte er sich an die Frau, die unbeteiligt, scheinbar in tiefe Gedanken versunken bei der kleinen Gruppe saß. „Was ist mit Euch? Ihr scheint Kummer zu haben.“, zwar interessierte es Druid nicht wirklich, was mit ihr los war, doch konnte er so vielleicht von sich selber und seiner Vergangenheit ablenken. |
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25.02.2004, 22:27 | #221 | ||||||||||||
Isabell Beiträge: 307 |
Was geht euch mein Kummer an Steinmetz? Ich denke nicht, dass es euch etwas angeht. Die schroffe Antwort mochte unhöflich sein, hatte der fremde Gast doch eine normale Frage gestellt. Doch die junge Frau war sehr reizbar und glaubte nicht, dass es diesen Typen auch nur den Hauch von Interesse abverlangte. Doch es hatte keinen Sinn mehr noch länger hier zu warten. Er würde heute nicht mehr kommen. Ganz sicher nicht. Mit dem Schnippen eines Holzspans in das Feuer stand sie auf und deutete schon alleine damit an, dass sie nun gehen wollte. Die ganze Nacht über würde sie sicher kein Auge zubekommen, die Sorge und der Kummer nahmen fast stündlich zu, doch es gab keinen Weg daran etwas zu ändern. Schon gar nicht darüber zu reden, denn sie redete nicht über sich oder über Rociel. Schließlich waren sie Dämonen, sie durften mit Fremden nicht reden. Gute Nacht Prix, schlaf gut Ra. Die höflichen Verabschiedungen klangen gequält und erschlagen, doch die beiden wussten, was sie in den letzten Stunden durchgemacht hatte und nahmen es ihr nicht übel. Müde schritt sie denn in eines der drei Zelte, das speziell für Gäste war, obwohl man dies so gut wie nie bei den beiden antraf. Prix hatte eine Menge über damals erzählt und so wusste sie nun, dass auch ihr Bruder einst hier geschlafen hatte, lange vor ihrem Wissen voneinander. Er und der Jägermeister kannten sich also schon sehr lange, fast ein Jahr nun war es jetzt her. In gewisser Hinsicht ähnelten sie sich sogar. In dem kleinen Zelt gab es eine kleine, hölzerne Liege, bespannt mit einem Wolfsfell und eine dicke Felddecke, eine Lampe mit Öl und ein kleines, leeres Holzfass, auf der man seine Gegenstände ablegen konnte. Isabell legte nur ihren Gürtel ab, zu kalt war es für anderes. Die Stiefel zog sie noch rasch aus, eines der Krummschwerter legte sie in Griffweite. Es war besser, solange Fremde und Sektenanhänger frei im Wald herum liefen. Ich ziehe mich dann auch mal zurück. Ihr solltet auch schlafen. Besonders die hölzerne Bank da drüben bietet sich dafür an, sie ist zudem überdacht und nah genug am Feuer. Aber haltet das wie ihr wollt. Versteht mich nicht falsch, ich erbringe euch die Freundlichkeit, die ich auch erwarten würde, doch für mich seit ihr nichts weiter als Fremde. Ihr könnt mein Lager und mein Feuer benutzen, aber wenn ihr hier irgendetwas mitgehen lasst, dann werdet ihr euch wünschen, nie hier gewesen zu sein. Kurz schwelgte wieder der alte Hass gegen Banditen aller Art in ihm auf, hatte er sie doch so gehasst, bis er Ra kennen lernte, mehr oder weniger freiwillig. Natürlich traute er den beiden Fremden nicht und seine Warnung war durchaus ernst gemeint. Sie mochten vielleicht gute Kämpfer sein, aber in seinem Lager beklauten ihn keine Banditen, so viel stand fest. Die Fremden erwiderten nichts, natürlich taten sie das nicht und so zog auch Prix sich zurück, nachdem Ra kurz nach Isabell gegangen war. Die beiden Männer blieben alleine am Feuer zurück, allein mit sich und ihren Plänen. Mit einem Gebet auf den Lippen schlief sie ein, das Knacken des Feuers übertönte alle anderen Geräusche, oder aber sie hörte sie nur nicht, da sie immer noch an nichts anderes denken konnte... Wer träumt, dem wachsen Flügel. |
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25.02.2004, 22:29 | #222 | ||||||||||||
Heimdallr Beiträge: 12.421 |
Als die Nacht über Gorthar hereinbrach war er immer noch am laufen. Er konnte schon lange nicht mehr, die Rüstung und auch der schwere Rucksack wurden jede Minute noch schwerer, der Körper baute immer mehr ab, doch das hinderte ihn nicht daran weiterzulaufen. Irgendwie wollte diese Bewegung einfach nicht stoppen, viel mehr wollte er einfach nicht stoppen. Der Anblick war nun nicht mehr ganz so souverän, seine Haare lagen wirr im Gesicht und die Zunge baumelte einsam aus dem Mund. Sie sehnte sich nach Wasser, aber Wasser hatte er nun mal nicht. Schmerzen waren schon lange da, doch unterdrückt und kaum mehr wahrzunehmen, irgendwann unterdrückte ein Gehirnimpuls einfach den beißenden Schmerz, da selbst die Nerven nicht ewig dieser Belastung standhielten. Die Frage nach dem Warum war durchaus berechtigt und doch lag die Antwort ganz klar auf der Hand. Er konnte sich keine Verspätungen mehr leisten. Selbst die Dunkelheit wollte ihn nicht wirklich stören, der Wind war nun annehmbar und so nahm er im Laufen seinen Feuerstein samt Ast aus dem Rucksack und entzündete ihn. So hatte er auch noch Licht und hätte theoretisch bis zum nächsten Morgen weiterlaufen können, aber was in der Theorie gut klingen mochte, war noch lange nicht Praxis kompatibel. Er schaffte noch zwei Meilen seit Einbruch der Dunkelheit, irgendwann war selbst der Abend durch die Nacht abgelöst und es war wirklich schwarz und dunkel. Es waren schon mehr Meilen als eigentlich möglich und die eigentlich leichte Rüstung wirkte nun wie ein Panzer aus Stahl auf den weichen Schultern, die Beine, die seit Stunden ohne Pause unterwegs waren, sie waren wacklig und nicht sehr stabil, vollführten immer wieder denselben Ablauf. Ein kleiner, kaum faustgroßer Stein sollte ihm dann zu Fall bringen. Er stolperte, total unglücklich und kaum absehbar. Mitten im Lauf, doch zum Glück waren seine Arme noch mit das Beste am ganzen Körper. Es entstand kein physischer Schaden, nicht mal ein Aufprall oder ein Schock, dennoch entlud sich ein ganzes Packet voller Schmerzen in seinem ganzen Körper. Durch alle Gliedmassen und jede Muskelfaser zuckten hunderte Blitze pro Sekunde und er hatte nicht mal mehr die Kraft laut aufzuschreien. Nur immer wieder kehrende, stöhnende Laute gab er von sich, hatte die Augen geschlossen und sah eine schwarze, wabernde Wand vor sich. Die Fackel brannte indes noch, doch sie lag auf dem Boden und spendete kaum Wärme oder Licht. Die Schmerzen ließen mit der Zeit nach, doch andauern sollten sie noch eine Ewigkeit. Sein ganzer Körper schrie nach Wasser und er konnte ihm keines geben. Mit letzter Kraft löschte er die Fackel, dass bloß nichts passierte, aber danach konnte er nur noch auf den Boden starren und sich kaum bewegen. Jede Bewegung mit einem größeren Gliedstück schmerzte. Die Finger zu bewegen war kein Problem, oder den Mund auf und ab auch nicht, aber sobald er sein Knie, sein Bein oder seinen Arm bewegen wollte, versagten diese. Unheimliche Schmerzen waren der Lohn dafür, dass er sich den ganzen Tag über kaum Pausen gönnte und einen unmenschlichen Raubbau am eigenen Körper betrieb. Es waren ganz andere Schmerzen als an dem Tag, wo er die Wunde durch einen der Wölfe erlitt, denn dort hatte er sich freiwillig geopfert, auch sein Liebesschmerz war anders, er war vergänglich. Aber dieser Schmerz, so sehr er doch physischer Natur war, er erinnerte ihn so sehr an den Schmerz der Einsamkeit. Es war ein Musterbeispiel dafür. Trotz seiner riesigen Anstrengung konnte er es nicht schaffen bis zu Isabell zu kommen und er blieb weiter allein. So schmeckte die Einsamkeit und niemand wusste besser wie es war als er selbst. Er hätte jetzt am liebsten den Rubinstein genommen und geweint, so dass er wenigstens ihr Gesicht kurz vor sich sehen konnte, aber in seinen Gedanken gab es ohnehin schon seit Ewigkeiten nur ein Bild. Doch selbst dafür reichte die Kraft nicht mehr. Es waren keine grünen Kleewiesen, auf denen er lag, es war ein stinknormaler Boden, mit einigen Gräsern und verdammt viel Ödland und eben jener Stein, denn er nicht mal wegschmeißen konnte. Der Himmel war schwarz und nur wenig blau, keine Sterne waren zusehen und das schon seit mehreren Tagen. Der einzige, auf den man sich verlassen konnte, war der Wind. Es schien ihm fast so, als ob er ihn zudecken wollte. Eine sanfte Decke, immer noch war der Schmerz da und es war beileibe kein Schmerz, wenn man sich mal kurz sticht oder Kopfschmerzen hat, es waren tausende Stiche und Messerspitzen, die auf der Haut ihre Bahnen zogen. Trotz alldem gelang es dem Wind ihn zu beruhigen, wieder um seine Nase, seine Augen und seinen Mund zu fahren. Kleine, scharf gezeichnete Linien zu ziehen. Und dann zerzauste er wieder das Haar des jungen Fürsten. Mit gewundenen Zügen… Schmerz war hart und nur schwer zu verdauen, doch stinknormaler Schmerz war etwas für Schwächlinge unter dem Volk der Lebewesen. Schmerz kannte hunderte Formen und eine der grausamsten war der der Einsamkeit. Schmerz konnte töten, doch Rociel ließ sich nicht töten, denn er gehörte nicht zu den Schwachen, aber noch war er viel zu jung, viel zu jung... Es gelang dem Wind, oder viel mehr demjenigen, der diese weiche Feder schwang, den Schmerz zu bändigen. Augenlieder zu erschweren und ein Lied zu singen. Es war ein Lied, das Isabell oft sang, die Melodie war traurig und klang nach wenig Hoffnung, doch genau dieses Lied ließ den Schmerz vergessen. Dem Wind gelang es, Baldrian zu streuen und Pulver zu werfen. Irgendwann mochte er schlafen, sehr schnell sogar. Der Fürst hatte seine Lektion gelernt, doch war auch ein großer Lohn für ihn errungen. Er lag nur noch wenige Meilen vor Gorthar. Der morgige Tag galt als sicherer Ankunftstag in Prix Lager, sofern nichts schief ging, würde er sehr viel früher dort sein, als erwartet. Die Schinderei hatte sich also gelohnt und doch blieb die Frage, ob es alleine seine einsame Liebe war, die ihn zu solch einem Lauf verholfen hatte. Die Sterne hätten die Antwort geben können, doch sie waren nicht da und so blieb, am Ende des Tages, dunkle, kalte Nacht... Wer träumt, dem wachsen Flügel. |
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26.02.2004, 15:55 | #223 | ||||||||||||
Dark-Druid Beiträge: 2.190 |
Klickend schloss sich die stählerne Schnalle des schweren Waffengurtes, mit einem leisen Geräusch schloss sich eine weitere am Kragen des Mantels. Langsam blickte Druid sich um. Es war schon wieder Schnee gefallen, geschwungen und noch fast gänzlich unberührt ruhte die weiße, Kalte Decke über dem Wald, hüllte ihn mit sanften Schwingen ein. Vom gestern noch knisternden Feuer war nur noch Asche geblieben, unter den grauen Staubhaufen aber glimmte dann und wann die noch heiße Glut rötlich auf. Sanft wiegten sich die schneebedeckten Wipfel der hochaufragenden Bäume über ihnen im Wind, das Blau des Himmels war gänzlich hinter den dicken Wolken verborgen, die sich langsam über das Himmelszelt schoben. Die eigentlichen Bewohner des kleinen Jägerlagers waren schon wach, standen wachsam doch unbewegt vor ihren Hütten, schienen die beiden Fremden, auch Marquez war schon seit einiger Zeit auf den Beinen, misstrauisch zu beobachten. Endlich löste sich einer der Jäger aus seiner Starre, bewegte sich mit zielstrebigen Schritten auf die Feuerstelle zu. Mit etwas Reisig brachte er das Feuer wieder in Gang, nach kurzer Zeit leckten die ersten, heißen Flammenzungen schon an dem neu aufgeschichteten Holz, während die wohlige Wärme die frostigen Temperaturen der Nacht verdrängte. Mit einer beiläufigen Bewegung strich sich Druid einige Haarsträhnen ins Gesicht, suchend, fremde Blicke von seinen Augen fernzuhalten. Ob es nun etwas brachte, vermochte er noch nicht zu sagen, schaden würde es aber nicht. Auf den mehr üblichen, als ernstgemeinten Morgengruß antwortete der Krieger nur mit einem Nicken. Stumm drehte er sich zum Ausgang des Lagers hin. Nach einigen Minuten begann er zu sprechen. „Ich bedanke mich für die Gastfreundschaft, die Ihr uns entgegen gebracht habt. Aber wir müssen nun bald weiterziehen. Wir haben keine Zeit zu verlieren.“ |
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26.02.2004, 16:40 | #224 | ||||||||||||
Heimdallr Beiträge: 12.421 |
Als der geschundene Körper wieder aufwachte war es noch nicht sehr spät am Morgen. Hell war es dennoch schon. Diesmal waren es keine Träume die ihn weckten, sondern die Kälte. An der Küste war es immer noch sehr warm und mild, was an dem stürmischen Wind lag, doch im Inland war sogar eine dünne Schicht Schnee gefallen. Anfangs traute er sich gar nicht richtig die Augen zu öffnen, doch er war immer noch da, wo vor ein paar Stunden die Reise unsanft endete. Fast ängstlich stand er wieder auf, hatte jedoch keine Schmerzen mehr. Ab und zu zuckte noch ein brennender Schmerz durch Körpersehnen und vor allem die Beinmuskeln schmerzten, doch es war nichts gerissen, nichts verrenkt oder ausgekugelt. Rociel spürte nur den Durst, langsam bemerkte selbst er es. Viel zu lange kein Wasser mehr getrunken. Als er nach seinen letzten Vorräten sah, konnte er nur eine kleine Keule von Moleratfleisch erkennen, sie war trocken und schon lange nicht mehr frisch, trotzdem würgte er das Fleisch herunter. Doch zum Glück viel sein Blick schon bald auf die weiße Fläche, die weiter im Landesinneren lag. Es war eine große Erleichterung, dass er so schneller an Wasser kam als erwartet, aber selbst ohne diesen Schnee hätte er es noch ins Lager geschafft. Es war eisig kalt auf der Haut, als er den Schnee in die Hände nahm, auf seinen Handflächen wurde der Schnee schnell zu Wasser und er leckte die Tropfen genüsslich ab, er sich ein wenig puren Schnee gönnte. Danach ging es ihm schon sehr viel besser. Noch immer konnte er sich gut an den gestrigen Tag erinnern, doch er hakte ihn längst ab. Es war nur wieder ein Tag von vielen. Ganz anders wie heute. Ein wenig dehnte er seine Beine, beugte seinen Oberkörper nach vorne und streckte die Arme weit nach vorn. Das ganze diente weniger einer Aufwärmung, als einer Überprüfung. Dann jedoch war auch er schnell unterwegs, immer wieder an der Küste entlang. Es sollten noch drei volle Stunden vergehen, ehe da endlich dieser graue Riese vor ihm stand. Von weitem hatte er nichts mitbekommen, urplötzlich war die Stadt da. Rociel blickte auf dicke Stadtmauern, ringsherum ein dünner Graben. So war er auch gekommen. Die Küste hatte sich davor verabschiedet, machte einen ihrer vielen Knicke und wand sich weiter am Meer entlang. Solange, bis es sich weiter ins Land gefressen hatte. Er hatte mit einem lachenden und einem weinenden Auge Abschied genommen. Die Zeit hatte ihm viel gebracht und davon war vieles positiv und lehrreich für ihn, doch jetzt war eine neue Zeit angebrochen, wieder weg aus der einsamen Stille. Und auch wenn es nur ein möglicher Mensch war. Dieser Schnee mochte gar nicht zu dem passen, was er die letzten Tage erlebt hatte und seine Hände waren beide eiskalt, es wunderte ihn sehr, denn an der Küste schien der Winter schon abgedankt zu haben. Aber eigentlich war es egal, welches Wetter sie hatten. Man merkte schon auf dem Weg zum Tor, wie groß diese Stadt eigentlich war. Er brauchte eine Viertelstunde um von ihren nördlichen Außenturm bis zum Stadttor, das in der Mitte lag, zu kommen. Doch bevor ihn die Wachen auf den Einlass ansprachen machte er kehrt, direkt Richtung Waldrand hinein. Erst wollten sie ihn noch befragen, doch die Bequemlichkeit siegte dann doch. Es dauerte nicht lange, da hatte er den Wald erreicht, er blieb unter den ersten Bäumen stehen und atmete tief ein. Er hatte diese Luft so sehr vermisst. Auch hier gab es weiße Stellen, doch die dicken Nadelkleider von Fichten und Tannen schufen viele freie Stellen, so dass der Wald fast so blieb, wie er ihn verlassen hatte. Es war ein gutes Gefühl wieder in seinem Wald zu sein. Auf was er sich nun freute war ein bequemes Bett, richtiges, klares Quellwasser und am meisten natürlich auf Isabell. Und natürlich auf die guten Nachrichten, die er mitbrachte. Die beiden Scavenger, die an ihm vorbeisausten, ließ er heute ziehen, war er doch noch immer leicht angeschlagen und wollte nun kein Blut mehr auf seinem Körper und seiner Rüstung. Diese rückte er noch einmal zurecht und legte sich die Haare, damit er wenigstens einigermaßen gut aussah, zugegeben, da war er ein wenig eitel zu sich selbst, aber die Überraschung war groß, als er am Lager die beiden Fremden sah. Er kannte seine Pappenheimer und das waren sie definitiv nicht. Noch hatten sie ihn nicht gesehen, da das Lager leicht verwinkelt hinter dem Bergmassiv lag, doch ihre Waffen waren kein Zeichen von Beruhigung. Dennoch ging er weiter zur Mulde hinzu, im Schutz der Bäume. Er hörte Stimmen, Stimmen von Prix und dem Fremden. Wieso erinnerte er sich daran? Sie schienen im Aufbruch zu sein und das Rätsel über die Stimme ließ ihn nicht mehr los. Er kam nun näher, die eine Hand am Griff seines Schwertes, die andere zur Begrüßung parat, etwas gewohntes schien in der Stimme des Fremden zu liegen, aber er kannte viele Stimmen und er wusste nur allzu gut, dass diese Gelirkas Sekte hinter ihnen her war. Und dann, dann war er bis auf wenige Schritte an den Fremden herangekommen, dieser hob noch die Hand zum Zeichen eines Abschiedes und da er aber auch das Geräusch vernahm, der junge Fürst war alles andere als leise, drehte er sich in seine Richtung... Du? Fast gleichzeitig kam der Ausspruch und ließ zwei verdutzte Gesichter zurück... |
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26.02.2004, 17:33 | #225 | ||||||||||||
Dark-Druid Beiträge: 2.190 |
Gerade im Aufbruch, da vernahm Druid einige Geräusche hinter der Biegung des Aufganges, blitzschnell wanderte seine eben noch erhobene Hand zum Knauf seines Schwertes, hatte er doch bemerkt, wie angespannt und aufmerksam die kleine Jägertruppe gestern Abend und auch heute gewesen war, fast als würde sie eine Gefahr erwarten. Ein Körper schob sich schnellen Schrittes an der Erdkante vorbei, schon sah Druid die Rüstung – irgendwie kam sie ihm bekannt vor. Endlich kam der Kopf, damit auch das Gesicht des Fremden zum Vorschein. Den Bruchteil einer Sekunde schien es, als könnte man es im Kopf des Kriegers arbeiten sehen, kurz bevor ein erstauntes „Du?“ seine Lippen verließ. Pergamo stand vor ihm. Gekleidet in die gleiche Rüstung, die er in seinem Traum getragen hatte! Ungläubig blickte er zu dem Kämpfer, während seine Hand vom Knauf der Waffe glitt... Dann besann er sich, fasste sich wieder. „Was führt denn dich hierher? Das letzte mal als wir uns getroffen haben, war...“, er machte eine kleine Pause. Nein, im Traum konnte es nicht gewesen sein, das war Unfug – jedenfalls dachte Druid das, „...das muss noch auf dem Hof gewesen sein.“, führte er den Satz zuende. In seinem Kopf drehten die Zahnräder seines Denkapparates rumpelnd zu dampfenden Hochtouren auf, Erinnerungen an die Geschehnisse in der Zeit seines Schlafens wurden wieder wach. Llundoll. Das kleine Dörfchen war Schauplatz des Erwachens der alten Götter geworden, war fast dabei zerrissen worden. Nicht viel hatte gefehlt und der ganzen Welt wäre es nicht viel besser ergangen. Doch eines, eines drang noch viel stärker in sein wirkliches Bewusstsein zurück. Pergamo war in seinem Traum gestorben, fortgerissen von den namenlosen, ständig in Schatten gekleideten Wesen. Er war gestorben... |
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