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27.01.2004, 14:52 #276
Dumak
Beiträge: 465
Im Minental # 6 -
Dumak lungerte gerade am Lagerfeuer herum, ließ sich etwas heißen Grog, der in der Runde umherging, schmecken und dachte sich nichts böses, als ihn Fisk von hinten ansprach und ihn aufforderte, mit ihm zu üben.
»Schon wieder...«
Erst gestern hatte ihn der Lehrmeister den ganzen Tag langweilige Schlagübungen machen lassen. Dumak hatte gar nicht eingesehen, wozu die gut sein sollten, doch Fisk hatte darauf bestanden, daß er stundenlang an der Holzpuppe Schlagkombinationen übte. Er meinte, sie müssten ihm in Fleisch und Blut übergehen, damit er ein halbwegs akzeptabler Schwertkämpfer werde. Er würde sicher keinen Mann losschicken, der gradmal sein Schwert halten könne, das sei schlecht für seinen Ruf. Also mußte Dumak ran und schlug in immer gleichen Reihenfolgen gegen die Holzpuppe. Oben links, unten löinks, oben rechts, mitte... oder schräg von rechts, dann oben links, Stich... und noch viele andere Kombinationen. Und Fisk hatte immer daneben gestanden und mit strengem Blick auf jeden Fehler hingeeisen. Nichts war ihm entgangen. Naja, dafür war er ja auch der Lehrmeister.
»Schwert höher«, »den Bogen größer«, »mehr Kraft hineinlegen«, »gerade stoßen«, »nicht rummaulen«... ständig hatte er was auszusetzen an Dumaks Versuchen. Und das ging stundenlang. Fisk nahm sich echt viel Zeit für diese Übungen. Und dann, als Dumak glaubte, sein Arm müsse abfallen, hatte er noch einen Übungskampf gegen Fisk austragen müssen. Der Lehrmeister hatte ihm dann auch gleich gezeigt, wozu die Schlagkombinationen gut waren, die er stundenlang geübt hatte: sie bereiteten den Gegner auf einen Treffer vor. Nur war Dumak so fertig gewesen, daß er sowieso nicht mehr traf.

Das alles war gestern gewesen. Heute verspürte der Dieb nur noch einen leicht ziehenden Schmerz im Oberarm und im Handgelenk. Jedesmal, wenn Klinge auf Klinge traf, mußte das Handgelenk die Kraft ableiten.
Doch nun war es wohl wieder Sense mit ausruhen. Fisk wollte wieder mit ihm üben. Oder sollte das heute der Prüfungskampf werden? Fisk hatte da so ein seltsames, abgründiges Lächeln im Gesicht.
27.01.2004, 21:06 #277
Dumak
Beiträge: 465
Im Minental # 6 -
Und tatsächlich, Fisk war wohl der Meinung, daß der Dieb nun lange genug im Lager herumgelungert hatte und deshalb nun endlich geprüft werden mußte, um wieder verschwinden zu können. Oder lag es am Hund. Ja, genau, Fisk war ein heimlicher Hundehasser - oder er hatte eine Hundehaar-Allergie.
Wie dem auch sei. Die Kontrahenten stellten sich gegenüber auf einem freien Platz auf, Fisk erinnerte Dumak noch daran, daß er gefälligst sein Schwert ziehen sollte und dann ging es auch schon los. Hart prasselten die ersten Hiebe des Lehrmeisters auf das hastig erhobene Schwert des Schülers.
»Schwert hoch!« rief Fisk ihm zu und Dumak begann automatisch das in den letzten Tagen eintrainierte anzuwenden. Er suchte nach aufeinander folgenden Schlägen, nach Kombinationen, die er kannte. Und tatsächlich machte es ihm sein Meister leicht, denn er kämpfte wie nach dem Lehrbuch. Bald hatte Dumak einige immer widerkehrende Kombinationen erkannt und wehrte sich entsprechend.
»Ja, gut so, klappt doch«, munterte ihn Fisk auf. Dumak wurde bald sicherer, kämpfte konzentriert. Hell klangen die Schläge, wenn die beiden Klingen aufeinandertrafen und das melodische pling plong hallte an den Felsen entlang und warf die lustigsten Echos. Doch der Bandit ließ sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen. Weiterhin waren seine Sinne ganz auf den Kampf fixiert. Mittlerweile hatten sich einige der Drachenjäger und sonstigen Lagerbewohner in einem lockeren Ring um die beiden Kämpfenden versammelt. Klar, das war hier nur ein harmloser Übungskampf, aber es gab ja sonst nicht viel, was den langweiligen Lageralltag verbesserte und den üblichen Trott unterbrach.
Dumak achtete gar nicht auf die Zuschauer. Langsam war er soweit, daß der beschloß, zu seinem ersten Angriff überzugehen. Wenn er sich doch nur entscheiden könnte, welchen der in den letzten Tagen gelernten Angriffe er versuchen wollte. Er versuchte es mit einem kühnen Schritt nach vorne, mit gleichzeitigem Vorstoßen des Schwertes. Doch da ihm irgendwie schwante, daß das wohl ziemlich plump war, hieß es, zu ungewöhnlichen Mitteln zu greifen.
»Oh, guck mal, da, ein dreiköpfiger Drache!«, rief er in erstauntem Tonfall, während er mit der rechten Hand über die Schulter seines Lehrmeisters zeigte und das Schwert mit der Linken vorstieß. Fisk schlug ihm seelenruhig das Schwert aus der Hand und drehte sich dann um.
»Muß wohl schon weitergeflogen sein.«
Schulterzuckend drehte er sich wieder um und der Kampf setzte sich fort. Dumak hatte inzwischen sein Schwert mit einem leichten Grummeln wieder aufgenommen und versuchte, sich möglichst nichts anmerken zu lassen. Das mochte hier ein langweiliger Übungskampf sein, doch in der Wirklichkeit, da wurde anders gekämpft. Jedenfalls, wenn es nach Dumak gegangen wäre. Da hätte sein Gegner schon lange einige Ladungen Dreck in den Augen und einen wohlgezielten Tritt zwischen den Beinen gehabt. Und Wurfdolche waren an sich ja auch nicht zu verachten. Aber hier...
So kämpfte er denn weiter, eifrigst darum bemüht, die ihm von seinem Lehrer eingebleuten Lektionen zu beachten und vor lalem, diesen auch zu zeigen, daß er sie überhaupt anwandte.
Wieder machte Fisk einen Ausfall, Dumak sah ihn jedoch kommen, da Fisk netterweise überdeutlich seine Absicht angedeutet hatte, er hatte die Füße vorbereitens umgesetzt, einige ablenkende und harmlose Hiebe geführt, die leicht abzuwehren waren und Dumak im ersten Moment ob ihrer billigen Machart verwunderten und dann, plötzlich, ein großer Ausfallschritt und ein Hieb von oben. Instinkiv tauchte der Dieb darunter weg und hob abwehrend sein Schwert, an dessen Klinge das Schwert des Lehrmeisters ablitt. Dumak duckte sich noch mehr, rollte sich ab und stand dann hinter seinem Lehrmeister. doch wenn er dachte, er könne ihn damit überraschen, hatte er sich getäuscht, denn Fisk war wohl mit allen Wassern gewaschen. Kaum hob Dumak seine Klinge, um einen Hieb auszuführen, schnellte Fisks Schwert hoch und vereitelte den Angriff. Währenddessen drehte sich der Lehrmeister um und lachte dem Schüler ins Gesicht.
»Da mußt du schon früher aufstehen.«
Und wieder kreuzten sich die Klingen, prallten voneinander ab, links,m rechts, Vorstoß und Abwehr, hin und her wogte der Kampf, wie eingeübt, wie aus dem Lehrbuch. Auf jede Kombination folgte die zugehörige Abwehr mit anschließendem Gegenangriff. So ging das noch eine Weile. Mittlerweile hatte auch das Interesse der Zuschauer an dem Kampf etwas nachgelassen. Es gab keine Überraschungen mehr.
Irgendwann gab Fisk dann auch das Zeichen zum Ende des Kampfes und bedeutete dem Schüler, daß er genug gelernt hätte, um als halbwegs schwerttauglich durchzugehen. Das hieß mit anderen Worten, die Lehrzeit war beendet. Fisk nickte seinem Schüler noch einmal freundlich zu, dann war er entlassen. Und sich selbst überlassen. Zufrieden und und, wie er jetzt bemerkte, sehr erschöpft trottete er zu einer der Hütten, um sich dort ein Nachtlager zu suchen.
28.01.2004, 20:11 #278
Dumak
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Im Minental # 6 -
»Hey, wohin des Wegs in dieser unwirtlichen Gegend?« Dumak trat aus den Schatten einiger verdorrter Bäume.
»Hier sollte man froh über jeden Weggefährten sein und wenn ich euren Weg richtig deute, führt er euch geradewegs aus dem Minental hinaus. Also laßt uns ihn zusammen gehen. Morgen«, fügte er im Hinblick auf die weit fortgeschrittene Tageszeit hinzu.
»Mein Name ist Dumak.« Mehr wagte er ersteinmal nicht über sich zu erzählen, denn er hatte die Rüstungen der Stadtwache in der Dunkelheit blinken sehen. Vorsicht war angebracht, trotzdem war alles besser, als alleine durch dieses verfluchte Tal zu laufen. Und so nahm er auch die Gesellschaft der königstreuen Männer in Kauf.
Komischerweise führten die beiden eine Frau mit sich, die sie nicht ganz freiwillig zu begleiten schien. Da steckte bestimmt eine spannende Geschichte hinter. Dumak würde sie sicher gleich erfahren.
28.01.2004, 20:49 #279
Dumak
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Im Minental # 6 -
»Oh, aufpassen. Soso. Naja. Nagut.«
Dumak schaute etwas betreten drein. Aber dann hellte sich seine Mine prompt wieder auf.
»Wollen wir vorher nicht noch eine Stärkung zu uns nehmen? Ich hab da zufällig einen guten fetten Schinken gekl... funden. Der gäbe einen prima Braten ab. Und dazu hab ich noch diesen Schlauch mit bestem Bier.«
(Ob das wirklich bestes Bier war, wußte er überhaupt nicht, er hatte sich aus der Vorratshütte einfach irgendwas geschnappt, ehe er aus dem Jägerlager verschwunden war.)
»Also was sagst du? Wir machen uns ein Feuer und dann erzählst du mir, was es mit deiner Begleiterin auf sich hat.«
Und schon war Dumak dabei, deine Vorschläge umzusetzen, egal, was der Milizionär sagte.
29.01.2004, 18:40 #280
Dumak
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Im Minental # 6 -
»Och, ich komme viel rum, bin mal hier, mal da. Und überall gibts irgendwas zu holen«, erwiderte Dumak ausweichend auf die Frage des Milizsoldaten nach seiner Quelle. Doch noch ehe der noch weiter bohren konnte, machte die Haussklavin pötzlich einen wilden Radau, versuchte sich zu befreien und schlug wild mit ihren gefesselten Händen um sich.
Schnell rannten die beiden Männer zu ihr und warfen sie ohne viel Federlesens nieder. Dumak half dem Milizionär dabei, seinen Fang ruhig zu halten, während dieser neue Fesseln anlegte, so daß die Frau nun nicht einmal mehr laufen konnte, da selbst ihre Füße gefesselt worden waren.
»So, das wird sie abhalten, diese Nacht nocheinmal sao einen Radau zu veranstalten.« Dumak grinste seinen Gegenüber an.
»Ich glaube, du mußt noch lernen, wie man am besten mit ihr umgeht.« Er grinste wieder »Oder besser, wie sie mit dir umzugehen hat. Du scheinst mir irgendwie überfordert zu sein mit so einem Wildfang als Haussklavin... «
Der Dieb trank noch einmal aus dem Schlauch und goß sich einen mächtigen Schluck in die Kehle.
»Pass bloß auf, daß sie dir nicht auf dem Kopf rumtanzt. Man weiß ja, wie Frauen so sind. Heute gibst du ihnen das eine, morgen wollen sie das andere und übermorgen stehst du allein im Unterhemd im Wald. Also pass bloß auf uns sei ja nicht zu nett zu ihr.«
Er wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab und angelte sich dann die letzte Scheibe des Bratens.
29.01.2004, 19:46 #281
Dumak
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Im Minental # 6 -
Was für ein Angebot...
Dumak überlegte etwa einen halben Augenblick, ehe er listig meinte: »Oh, na gut. Aber viel kann ich dir für sie nicht geben. Ich nehm sie dir auch nur ab, weil du so ein netter Kerl bist und ich dir helfen will. Heutzutage sind ja genug Banditen unterwegs, da kann man froh sein, wenn man mal auf einen anständigen Kerl wie dich trifft.«
Dann biß er in das mit dem Speck belegte Brot und kaute andächtig, um die seine Worte in Ruhe bei Errol wirken zu lassen.
»Wenn ich sie dir abnehme, mußt du aucu nichtmal mehr auf sie aufpassen. Das mache ich dann ganz allein«, setzte er noch hinzu.
»Und all den Ärger hast dann nicht mehr du, sondern damit schlage ich mich herum. Du weißt doch, daß der König einen hohen Zoll für die Ausfuhr von Haussklaven verlangt. Und Ausfuhr, das bedeutet schon, daß der Haussklave das Haus verläßt, denn dann ist er ja nicht mehr zu Hause. Aber sicher hast du davon gehört. Ihr Milizsoldaten wißt ja über sowas am besten bescheid.«
Er mümmelte gelassen an dem Kanten Brot.
»Aber ich bin ein Menschenfreund. Ich zahl dir sogar noch was dafür, daß ich dich von diesen Kosten erlöse.«
Im Hintergrund brüllte die Gefangene irgendwas in ihren Knebel. Leider konnte man deswegen nur irgendein gedämpftes »Mhhm hmhhm mh hhm hm!« hören. Und das störte nicht bei der Unterhaltung.
29.01.2004, 20:36 #282
Dumak
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Im Minental # 6 -
Ei der Daus, das war ja ein richtiges Schlitzohr. Wie kam der denn bloß zur Miliz?
»Ach, um Braten und Bier ist's nicht schade und den Knebel laß mal lieber drin. Diesen Freundschaftsdienst kann ich dir wirklich nicht zumuten. Und Wache? Ich dachte, das übernimmst du. Du bist doch bei der Stadtwache, da müßte es dir doch ein Grundbedürfnis sein, Wache zu stehen. Ich hab von sowas sowieso gar keine Ahnung und mach sicher alles ganz falsch.«
Doch nun schwenkte Dumak um.
»Aber ich bin dir natürlich dankbar, daß du sie mir überlassen willst. Sehr nobel, wirklich sehr nobel. Nobleß oblidsch, wie die Leute im Oberviertel sagen würden.«
Und dann kam er zum geschäftlichen Teil.
»Und zum Dank, daß du gewillt bist, sie mir zu überlassen - obwohl ich sie überhaupt nicht brauche - gebe ich dir gerne mein letztes Erspartes.«
Er wühlte in seinem Beutel, um das sogenannte Ersparte - man hätte es wohl treffender mit das Ergaunerte bezeichnen sollen - zusammen zu sammeln. »Hier, zwanzig Goldstücke.«
Er wühlte nocheinmal. »Achnein, nur neunzehn und dieser ähm... sehr wertvolle mit abgewetztem Messingblech überzogene äußerst antike Knopf.«
Mit enthusiastischem Gesichtsausdruck hielt er dem Milizionär den Knopf entgegen, in der Hoffnung, daß der Funke der Begeisterung auf diesen (den Milizsoldaten, nicht den Knopf) überspringen möge.
29.01.2004, 21:11 #283
Dumak
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Im Minental # 6 -
Dumaks säuerliche Mine sagte: Das ist nichts!
Die Gefangene sagte hingegen »Mhhhf mhmhmm mpfh mh!!« Das sollte vielleicht sowas heißen wie »Ich bin viel mehr wert« oder aber auch »Toll, bekomm ich auch ne Gedenkmünze?«
Da allerdings die beiden Halsabschneider in ihre Geschäftsverhandlungen vertieft waren, achtete keiner auf die durch den Knebel verhinderten Ausrufe der Frau.
»Also deine Orkmünzen kannst du behalten. Ich hab nicht vor, in nächster Zeit bei Orks einzukaufen. Vor allem, weil sie mich wohl zuerst mit ihren Schlachtermessern zerkleinern würden und dann erst nachfragen, was ich denn eigentlich will.
Nene, das lassen wir mal bleiben. Aber wie es der Zufall so will, hab ich noch ein kleines Säckchen mit einer Notration an meinem Gürtel. Und jetzt ist eine Notsituation, in der ich es nötig habe, das Notsäckchen zu öffnen und mal zu schauen, was dort drin ist.«
Und schon nestelte er an seinem Hosenbund herum. Errol vermutete zwar zuerst mit Grausen, daß Dumak jetzt die Hose herunter ließ, um ihn in die Flucht zu treiben, aber dann war es doch nicht so schlimm, denn es wurde wirjklich nur ein kleines Lederbeutelchen hervorgeholt, aus dem noch einmal sechzehn Münzen zum Vorschein kamen.
»Also wie siehts aus? Jetzt haben wir insgesamt fünfunddreißig Münzen.«
»Und einen antiken, abgewetztzen Messingknopf«, fügte Errol toternst hinzu.
»Genau, den geb ich dir natürlich auch. Also, was sagst du?«
Der Soldat kratzte sich bedächtig im Nacken und schaute Dumak schief an. Dann meinte er: »Na meinetwegen. Aber ich bin nicht dafür vetrantwortlich, wenn du an der nächsten Ecke Überführungszoll zahlen mußt, weil deine Haussklavin nicht im Haus ist, sondern irgendwohin gebracht wird. Jawohl!«
»Na das Risiko nehm ich auf mich«, beteuerte Dumak und übergab dem Milizionär die Münzen und den Knopf. Dann besiegelte ein Handschlag das Geschäft. Errol raffte seine Münzen zusammen.
Und natürlich den Knopf.
Dumak streckte sich am Rest des Feuers aus. Er wußte schon, was er mit dem Täubchen da hinten machen würde. Hähähä...
30.01.2004, 17:40 #284
Dumak
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Im Minental # 6 -
Der Tag war kalt und trüb. Winter eben. Mies gelaunt rappelte sich Dumak auf und sah nebenbei zur Asche des gestrigen Feuers, als er seine Decke einwickelte, um sie in seinem Beutel zu verstauen. Auf der anderen Seite des Feuers lag noch der Milizsoldat und schlief den Schlaf der Gerechten. Oder was für einen Schlaf auch immer. Dumak war's egal. Solange etwas abseits noch die Gefangene lag, war ihm sogar egal, daß sich der Kerl nicht zu einer Wache bequemt hatte.
Die Frau war noch immer in ihrer Position, in der die beiden sie gestern festgezurrt hatten. Kein Wunder, mit dem Rücken gegen einen alten Baumstumpf gebunden, Füße und Hände gefesselt und ein Tuch fest um den Mund gebunden, fiel es wohl jedem schwer, sich davon zu machen.
Dumak trat vor die Frau. Jetzt, bei Tageslicht sah er sie sich noch einmal genau an. Nicht, daß ihn der kleine Soldat doch noch übertölpelt hatte. Aber nein, es war alles in Ordnung. Es war eine ganz normale Frau, jung, schlank und durch die Reisestrapazen etwas verdreckt. Aber das machte nichts. Da, wo er sie hinbringen wollte, würde der Dreck ganz schnell abgewaschen werden. Wenn überhaupt jemand dort darauf achtete.
Ein kurzes Grinsen huschte über das Gesicht des Diebes. Er strich sich über die Bartstoppeln und hockte sich dann vor seiner Neuerwerbung hin.
»He, Täubchen. Hör mir zu. Du gehörst jetzt mir. Ich hab dich diesem Trottel da hinten«, er zeigte mit dem Daumen hinter sich über die Schulter zum noch fest schlafenden Errol, »für viel Gold abgekauft. Naja, eher für wenig.« Dumak grinste kurz. »Aber das ist egal. Du machst ab jetzt, was ich sage. Klar? Dann bin ich mir sicher, kommen wir auch wunderbar miteinander aus. Nicke einfach, wenn du mich verstanden hast. Und keine Angst, ich hab nicht vor, dir was zu tun, wenn ichs nicht muß. andererseits... wenn du mich dazu zwingst, werd ich auch nicht zögern. Sechsundreißig Goldstücke sind nicht so viel, daß ich um jeden Preis an dir hänge, wenn du verstehst, mein Täubchen.«
30.01.2004, 18:19 #285
Dumak
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Im Minental # 6 -
Dumak war wieder aufgestanden und schaute kurz in die Landschaft, ehe sein Blick wieder auf der Gefangenen ruhte. Wie zufällig blitzte plötzlich ein Messer auf. Dumak hielt es plötzlich in den händen, ohne daß man genau gesehen hätte, wo er es hervorgezaubert hatte.
»Als ich eben sagte, ich würde nicht zögern, falls du nicht meinen Anweisungen folgst, habe ich eigentlich damit gerechnet, daß du ein kluges Köpfchen bist und erkennen würdest, daß nicht zögere meine Worte wahr werden zu lassen. Also lange Rede kurzer Sinn: Entweder, du zeigst mir klar und deutlich, daß du zu tun gedenkst, was ich dir sage, oder ich werd' andere Saiten aufziehen.«
Er spielte weiterhin mit dem Messer vor ihren Augen herum.
»Hat dich der Typ eigentlich verpflegt? Ich glaub fast nicht? Wie würde es dir gefallen, hier noch zwei, drei Tage angebunden zu sitzen? Vielleicht kommt ja vorher ein Rudel Snapper vorbei und erlöst dich? Wäre echt nett von ihnen. Fünfunddreißig Münzen sind nicht so viel, daß ich den Verlust nicht verschmerzen könnte.«
Er kam ganz nah an Aeryns Gesicht heran. Sein warmer Atem setzte Dampfwolken in den Winter. Verbrauchte Luft, vermischt mit dem üblichen leichten Verwesungsgeruch, der entsteht, wenn man vor einigen Stunden Fleisch gegessen hat, ohne sich danach die Zähne zu reinigen, streifte über ihr Gesicht. Ganz nah kam er.
»Also denk noch einmal gut nach, ehe du nickst, darüber, wer hier was zu sagen hat und wer nicht. Aber denk nicht zu lange.«
Sein Gesicht entfernte sich wieder, als er sich erneut aufrichtete und den Dolch wegsteckte. In den Ärmel seines Waffenrockes. Da war der Dolch also vorhin so plötzlich hergekommen.
30.01.2004, 18:47 #286
Dumak
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Im Minental # 6 -
Dumak schüttelte halb amüsiert, halb enttäuscht den Kopf.
»Wirklich klug bist du nicht gerade. anstatt dich in dein unvermeidliches Schicksal zu fügen, läßt du dich von deiner lächerlichen Wut hinreißen. Scheinbar hat dich dein Vorbesitzer auch noch abgefüttert und gemästet. Wenn dir erstmal der Magen so laut knurrt, daß du Angst hast, einer der Orks hinter dem hohen Zaun könnte es hören, wirst du anders darüber denken.«
Er lachte kurz auf.
»Scheinbar bestätigt sich hier wieder einmal die alte Wahrheit, das schöne Frauen meist kleine Dummchen sind.
Aber wie du willst, dann bleibst du eben hier. Ich warte nur noch so lange, bis der Stadtwachentyp weg ist, nicht, daß er dich noch losbindet.«
Und damit setzte sich Dumak unter einen Baum und starrte in die Ferne.
Eine ganze Weile verging. Nichts geschah.
»Vielleicht komm ich ab und zu mal zurück. Nur so, um zu sehen, wie du so dahinsiechst. Einfach nur aus Spaß.«
Er lachte wieder.
»Dann hab ich ja doch noch was für mein Geld bekommen.«
Dann war wieder Ruhe.
30.01.2004, 19:18 #287
Dumak
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Im Minental # 6 -
Na endlich. Sie hatte tatsächlich genickt. Insgeheim hatte Dumak schon daran gezweifelt, ob er sie überhaupt jemals umstimmen könnte. Doch sie hatte es sich ja doch noch eines Besseren besonnen. Was hatte sie wohl dazu bewogen? Die Erwähnung der Orks? Die Vorstellung von tagelanger Einsamkeit mitten im so tödlichen Minental? Wer weiß, Frauen waren nunmal unberechenbar. Wahrscheinlich wars noch ein ganz anderer Grund.
Dumak sprang auf, zufrieden über die Entwicklung der Dinge. Schnell eilte er zu ihr, die wenigen Schritte in Windeseile zurücklegend und baute sich dann vor ihr auf.
»Na also. Geht doch. Scheinst ja doch nicht dumm zu sein. Und weil du so eine überaus kluge Entscheidung getroffen hast (zugegeben, ich hab es dir ja auch leicht gemacht), darfst du jetzt auch gleich aufstehen und vor mir her laufen. Das wird deinen halb erfrorenen Beinen sicher gut tun. Aber lauf nicht zu schnell und bleib schön vor mir. Von deinem Freund da drüben«, er zeigte auf den milizsoldaten, »brauchst du dich nicht extra noch zu verabschieden. Das stört ihn nur beim Goldzählen. Hehe.«
Dumak machte sich daran, den Strick aufzuschneiden, der die Frau an den Stamm fesselte. Mit wenigen Schnitten war er durchtrennt und fiel in den Schnee.
30.01.2004, 19:55 #288
Dumak
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Im Minental # 6 -
»Nanana, nicht so wild. Laß dir auf die Beine helfen.«
Unsanft zerrte er sie in die Höhe. Und stellte sie hin. Nach wenigen Augenblicken fiel sie wieder um, wie ein gefällter Baum.
»Ach, müssen wir deine Beine erst wieder beleben? Hat dir die lange Nacht ohne Bewegung nicht gut getan.«
Er lachte, fast gutmütig klang es, wäre er nicht derjenige gewesen, der sie eben gekauft hätte für irgendeinen Zweck, den er ihr noch nicht verraten hatte.
Fest zupackend knetete er ihre Unterschenkel, um den Blutfluss wieder anzutreiben, damit sie von alleine stehen könnte, ohne sofort wieder einzuknicken.
»Bild dir bloß nicht ein, daß ich das jetzt immer mache«, witzelte er. »Für sowas bist du ja eigentlich da. Aber da du im Moment ja leider verhindert bist«, er wies mit einem Nicken auf ihren Mundknebel, »werde ich das heute ausnahmsweise mal übernehmen. Aber nicht, daß das hier zur Gewohnheit wird.«
Er knetete weiter »Naja, das werd ich schon zu verhindern wissen«, knurrte er zu sich selbst.
»Und wenn du keine weiteren Dummheiten machst, dann binde ich dir sogar die Füße etwas lockerer, damit du laufen kannst. Aber bild dir nicht ein, daß du wegrennen kannst, ich pass schön auf auf dich, keine Frage.«
Dumak beschloß, daß er nun genug massiert hatte. Jetzt mußte es gehen. Wieder zog er seine Gefangene nach oben. Unmd diesmal blieb sie stehen.
»Geht doch. Jetzt werde ich dir die Füße etwas lockerer binden.«
Und er knotete aus den Fesseln, die er eben durchschnitten hatte, eine Doppelschlinge, die so viel Platz ließ, daß die Gefangene damit kleine Schritte machen konnte. Danach schnitt er die engen Fußfesseln durch und stand auf.
»Na, wie siehst aus? Würden Ihre Hoheit die Güte besitzen, mir vorausgehend den Weg dort nach Norden einzuschlagen?«
Er zeigte in die gewünschte Richtung, in die sich der Weg aus dem Minental schlängelte.
30.01.2004, 20:34 #289
Dumak
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Im Minental # 6 -
Das lief ja wie am Schnürchen., Der Widerstand vomn Anfang war wie weggeblasen.
»Halt mal kurz.«
Er schnappte sich die Reste der zerschnittenen Fußfesseln und knüpfte daraus ein kurzes Seil, dessen eines Ende er um die Handfesseln der Frau schlang. Das andere nahm er in die eigene Hand.
»So, und jetzt weiter.«
Die Reise wurde fortgesetzt. Langsam legten die beiden den Weg zum Ausgang des Minentals zurück, um diese deprimierende Landschaft hinter sich zu bringen. Woran die Freu vor ihm dachte, konnte Dumak nur ahnen, aber er machte sich nicht die Mühe, über soetwas nachzudenken. Er war selbst damit beschäftigt, seinen möglichen Gewinn bei der Sache abzuschätzen. Und bei Innos, eines war klar: Jeder Ärger, der ihm dazwischen kam, würde den Preis und damit den Gewinn für ihn erhöhen. Das wäre nur fair. Schließlich schleppte er sich hier mit dieser Last ab. Zum Glück mußte er sie nicht noch tragen. Das wäre wohl die letzte Möglichkeit gewesen, wenn sie sich noch länger stur gestellt hätte. Zur Sicherheit hatte er noch das Schwert, das er im Räuberlager mitgehen lassen hatte, in der Linken.
Der Weg zog sich und sie würden wohl noch eine Weile unterwegs sein, bis sie das Minental hinter sich hatten.
31.01.2004, 18:22 #290
Dumak
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Im Minental # 6 -
Der Tag war ohne weitere Zwischenfälle vergangen. Die Frau lief in kurzen Schritten, gezwungen durch die Fußfesseln, nicht zu weit auszuschreiten, den Weg entlang, der bergauf an den Hängen entlang führte, die das Minental säumten und vom Rest der Insel abschotteten. Dumak lief schweigend hinter ihr her. Mittlerweile war es später Nachmittag. Tauwetter hatte eingesetzt, so daß der Schnee dahinschmolz und ihre Spuren bald nicht mehr zu sehen sein würden.
»Ich glaub, wir sind genug gegangen für heute. Da vorne ist eine kleine Höhle, die hin und wieder von Wanderern benutzt wird. Das wird unser Nachtlager.«
Die Höhle war tatsächlich ein Stück weiter vorne zu sehen.
»Und morgen haben wir das Minental hinter uns. Ist das nicht wunderbar?«
Sie legten die letzten Schritte zurück, um zu der Höhle, die etwas abseits des Weges im Felshang darüber zu erreichen war. Der einzige zugang zu ihr bildete der Weg, der sich am Felsen entlang nach oben schlängelte. Bald waren sie dort oben angekommen.
»Na, ist das nichts? Man kann wunderbar den Weg beobachten und wird doch selber kaum gesehen. Und das Beste: Hier gibts immer etwas Feuerholz, gesammelt von irgendwelchen Typen, die glauben, anderen eine Freude machen zu müssen. Hehe.«
Dumak schob die Frau nach hinten, gegen die Rückwand der kleinen Höhle, eigentlich war es mehr ein Felsüberhang, um sie immer im Auge zu haben.
»Komm bloß nicht auf dumme Gedanken. Du würdest sowieso nicht weit kommen.«
Der Dieb widmete sich nun dem Entfachen eines Feuers mit Hilfe des an einer Wand aufgestapelten Holzes. Nach einigen mühseligen Versuchen mit Feuerstein, Stahl und Zunder gelang es ihm dann auch. Der Rauch zog durch den Eingang des Unterschlupfes nach draußen und weiter an der steilen Felswand des Berges über ihnen nach oben.
»Wird Zeit für ein bisschen was zu spachteln, meinst du nicht auch, meine Zuckerschnute?«
Ohne auf eine Antwort zu warten - wie denn auch, sie war ja geknebelt - machte sich der Dieb daran, mit einigen aus seinem Beutelsack gekramten Zutaten und unter Zuhilfenahme von Schnee, den er am Eingang auflas, etwas essbares zuzubereiten. Bald stand der kleine Topf gefüllt mit diversen Resten über dem Feuer und ein Blubbern zeigte an, daß die Suppe vor sich hin köchelte.
»Damit du mir nicht vom Stengel fällst, bekommst du auch was. Jaja, du mußt mir dafür nicht langatmig danken«, fügte er griesgrämig hinzu. Dann rührte er ein letzte Mal in der Brühe, murmelte dabei »Mhm, schade, kaum Fettaugen - mehr Wasser als Sattmacher« und goß dann etwas davon in die Ess-Schale, die er wie wohl jeder mit sich führte. Er wollte sie der Frau reichen, bemerkte dann aber, daß sie ja noch den Knebel im Mund hatte.
»Ach, Moment. Hätte ich beinahe vergessen.« Ein kurzes Grinsen. Dann nestelte er an dem Knoten des Tuches und löste den Knebel.
»Hier, willst du was?«
31.01.2004, 19:34 #291
Dumak
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Im Minental # 6 -
»Dachte ich mir. Hunger macht sie alle gefügig.«
Und er begann damit, ihr die Wassersuppe mit dem Holzlöffel einzuflößen.
»He, nicht so gierig. Du verschüttest ja alles. Hat dir der Stadtwachentyp nicht genug gegeben? Scheinst ja halb verhungert zu sein.«
Wieder kam ein Löffel voll Suppe zu ihr.
»Aber verschütt ihn diesmal nicht wieder. Außerdem sieht das nicht sonderlich gut aus, wenn dir die Suppe übers Kinn läuft.«
Er grinste.
»Wie heißt du eigentlich? Und wo kommst du her? Was macht jemand wie du so fast allein im Minental?«
Der nächste Löffel unterbrach den Redefluß des Diebes. Langsam klappte das mit dem Essen schon ganz gut.
31.01.2004, 20:24 #292
Dumak
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Im Minental # 6 -
»Was denn, was denn? Du wirst doch nicht plötzlich stumm geworden sein. Glaubst du, dein Schweigen bringt dir irgendwas?«
Kopfschüttelnd hielt er den Löffel in der Hand und führte ihn wiederum zu ihrem Mund.
»Aber wenn du meinst... Ich bestehe nicht auf einem netten Schwätzchen. Weißt du, ich bin ja sowieso meist allein unterwegs. Da bin ich es gewohnt, daß es keinen gibt, der mir was erzählt.«
Er hielt inne, ließ unachtsam den Löffel sinken und die Suppe pladderte auf den Boden.
»Warum eigentlich? Früher war das mal anders. Aber seit ich auf dieser vermaledeiten Insel bin...«
Er verstummte.
»Oh, die Suppe. Hier, das ist der letzte Löffel. Der Rest ist für mich.«
Nachdem der Inhalt des Löffels im Mund der Gefangenen verschwunden war, machte sich Dumak über den Rest der Suppe her.
»Schmeckt doch ganz gut. Ich werd nochmal ein richtiger Koch.«
Und er lachte leise über seine, wie er fand, witzige Bemerkung.
»Also eins sag ich dir. Wenn du weiterhin so schweigsam bist, kommen wir gut miteinander aus. Stell dir vor, du wärst so ein Tratschweib, das unablässig den Schnabel wetzen muß. Nicht auszuhalten. Ich müßte dir ständig einen Knebel anlegen.«
Schweigend aß er dann die Suppe und löffelte den Topf bis zum Grund aus, bis nichts mehr darin war. Dann wandte er sich seinem Kauf zu und fesselte die Füße eng aneinander.
Die Frau zeigte sich widerborstig. »Nicht so störrisch. Hast ja doch keine Wahl.«
Schließlich war es geschafft. Sie war mittlerweile an der Felswand hinabgerutscht. Hatte sie zuerst gestanden, den Rücken gegen den Fels, so saß sie nun, die Beine an den Körper gezogen und den Körper an den Fels gelehnt.
Das Feuer flackerte still vor sich hin und Dumak legte sich quer vor den Eingang der kleinen Höhle. Daß ihn die Frau unablässig beobachtete, war ihm egal. Er hatte den Kopf auf seine Tasche gelegt und starrte gegen die Höhlendecke in den Nachthimmel.
01.02.2004, 16:43 #293
Dumak
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Im Minental # 6 -
Starkes Tauwetter hatte eingesetzt und den Schnee zu kümmerlichen Resten zusammenschmelzen lassen. Die weiße Pracht war über Nacht schwarzem Matsch gewichen. Auch die Bäume, die noch vor kurzem überzuckert von glitzerndem Schnee waren, hatten ihren weißen Mantel nun verloren. Nur in dunklen, schattigen Ecken, in die die schwache Wintersonne nicht vorgedrungen war, strahlte es noch weiß.
Grob stieß Dumak seine Beute mit dem Fuß an. »He! Aufwachen. Denkst du, du kannst hier faulenzen? Wir haben noch viel vor. Nun, zumindest ich mit dir, hehe.« Er ließ ein kurzes, finsteres Lachen hören.
»Keine Angst, meine Vögelchen, ich rede nur von dem langen Weg, den wir beide noch zu gehen haben.«
Er sammelte seine Habseligkeiten ein, die noch von gestern Abend herumlagen und stopfte sie hastig in seinen Beutel, den er sich dann über die Schulter schwang. Dann näherte er sich wieder der Frau.
»Hier iss das.« Er stopfte ihr etwas grobes Brot in den Mund. Wenigstens war es einigermaßen weich. Zu trinken gab es für beide nichts.
01.02.2004, 17:51 #294
Dumak
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Im Minental # 6 -
»Aber gerne doch.«
Dumak kam heran und knüpfte die Fessel auf die übliche Weise.
»Na wie schön, daß du dich dazu entschlossen hast, wieder zu reden«, meinte er, plötzlich gut gelaunt.
»Heute verlassen wir das Minental und kommen in freundlichere Gegenden. Keine bösen Orks oder fiese Drachensnapper. Jaja, die mag keiner.«
So, die Fessel saß, mit geschickten Fingern zurrte er den Knoten fest und stand auf.
»Los geht's.« Und er schulterte zum letzten Male seine Tasche und stieß die Frau unsanft auf den Pfad, der von der Höhle hinab auf den Hauptweg führte.
»Wie heißt du eigentlich?«
01.02.2004, 18:26 #295
Dumak
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Im Minental # 6 -
»Oh, Kriegerin der Wildnis... beeindruckend«, meinte Dumak gedehnt.
»Von diesem Borias hab ich noch nie gehört. Wo soll der denn leben? Hier auf Khorinis? Glaube kaum.«
Sie hatten mittlerweile den Weg erreicht und mühten sich in der vom Schmelzwasser ausgespülten Rinne voran zu kommen. Da das Gefälle recht groß war, hatte das Wasser den meisten Dreck auf den nächsten paar hundert Fuß weggespült und nur das nackte Felsgetein stehen gelassen. Dadurch blieb den beiden Wanderern die allzunahe Bekanntschaft mit dem Schlamm des aufgeweichten Bodens ringsum erst einmal erspart.
»Wer ich bin? Ach, ich bin nur ein unwichtiger Kerl, der versucht, irgendwie über die Runden zu kommen auf dieser gottverdammten Insel. Ich bin...« er überlegte einen Augenblick, um abzuwägen, wen die Frau wohl kennen würde und wen nicht, »...ich bin Scipio.«
Ja, der Name war gut.
Wieder liefen sie eine Weile schweigend hintereinander her. Dumak... ähm Scipio hatte die Hand zur Sicherheit am Schwertgriff. Das Ende des Minentales kam näher und endlich war hinter einer Biegung des Weges das Tor zum bewohnten Teil von Khorinis zu sehen.
»Also Aeryn, wir werden noch einige Tage zusammen unterwegs sein. Ich hab nicht vor, mir von dir viel Ärger machen zu lassen.«
Und damit traten sie durch das Tor.
02.02.2004, 19:51 #296
Dumak
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Rund um Khorinis #15 -
»Warum bist du so erpicht darauf, das zu erfahren? Du wirst es schon noch rechtzeitig genug erfahren«, entgegnete er griesgrämig, während er mühsam das Feuer zum brennen brachte. »Nämlich dann, wenn wir da sind.«
Er werkelte weiter an dem Feuer herum. Heute wollte es einfach nicht brennen.
»Au!«
Er hatte sich mit dem Stahl auf den Finger geschlagen. Das brachte lediglich Funken des Zorns in seine Augen. Dann hielt er inne.
»Meine Frau? Wie kommst du darauf, daß jemand wie ich verheiratet sein könnte. Seh ich etwa so aus? Abgerissen und verdreckt, quäl mich mit dir hier durch die Gegend und hab hier außerdem dieses vermaledeite Feuer, das nicht brennen will, am Hals«, brach es aus ihm heraus. »Stapft ein verheirateter Familienvater etwa mit ner gefesselten Sklavin, die ihm dämliche Fragen stellt, durch die Gegend?«
Er grunzte unzufrieden.
»Na also.«
Kopfschüttelnd machte er sich wieder über sein Feuerbesteck her und nach langen Versuchen gelang es dem Dieb, endlich das Holz zu entzünden. Sofort besserte sich seine Laune.
»Wo ich dich hinbringe, ist meine Sache. Es wäre ja schön blöd von mir, dir alles schon vorher zu erzählen. Da bleibt ja gar keine Vorfreude mehr.«
Er kicherte albern, während er in seinem Umhängebeutel nach etwas essbarem suchte und auch fand. Ein Säckchen mit Hirse wanderte in Dumaks Hände und sein Inhalt anschließend in den Topf, der schon mit Wasser aus einem nahen Tümpel gefüllt war.
02.02.2004, 20:28 #297
Dumak
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Rund um Khorinis #15 -
Diesmal aß Dumak zuerst, bis er satt war. Die Hirsesuppe war zwar dünn und eher geschmacklos, aber sie füllte den Magen. Endlich, als der Topf fast leer war, erinnerte er sich daran, daß die Gefangene ja auch etwas brauchte.
Er hielt ihr den Topf an den Mund und ließ sie die herauslaufende, dicke Hirsesuppe gleich so essen. Das ging schneller, als das ewige Gelöffele.
Plötzlich hielt er inne und entfernte den Topf. »Sag mir, wovon träumst du? Was ist dein Ziel?«
Der Absurdität der Situation war er sich anscheinend nicht bewußt. Er fragte gerade, wovon eine gefesselte Frau träumte. Wohl von ihrer Freiheit. Aber das meinte er nicht. Er hielt sich nun seit Jahren mit irgendwelchen Gaunereien über Wasser. Betrog hier irgendeinen Einfaltspinsel, hinterging dort einen anderen Dummkopf. Im Grunde genommen war es ein erbärmliches Leben. Immer von der Hand in den Mund. Aber was sollte er machen? Die Zeiten waren nicht anders. »Früher... in der Hauptstadt... da war das Leben noch anders gewesen. Da waren die Geldbeutel und Schatztruhen der adligen Nichtstuer noch weit offen und das Leben glich einem schönen Traum, befeuchtet mit Wein und erfüllt vom Lachen schöner Frauen. Mit Geld war alles zu haben.«
Und jetzt? Er hing auf dieser miesen Insel fest. Die Befreiung aus der Barriere brachte letztendlich doch nicht die ersehnte Freiheit. Es war ein Hundeleben.
»Oh, hier dein Brei.«
Er nahm nun den Löffel, um die Gefangene mit der Hirse zu füttern. Würde ihr Verkauf sein Leben endlich wieder zum Guten ändern? Würde er so viel Gold dafür erhalten, daß er sich keine Gedanken um den nächsten Tag mehr zu machen brauchte?
04.02.2004, 19:56 #298
Dumak
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Rund um Khorinis #15 -
Dumak hatte schweigend zugehört. Er hatte nicht vermutet, daß er eine so ausführliche Antwort bekommen würde. Seit langer Zeit vertraute ihm jemand seine Wünsche an und es war ausgerechnet eine Gefangene, die er mit sich führte. Er war im Begriff, diese Frau zu verkaufen, sie einem ungewissen Schicksal zu überlassen. Aber war es das nicht? War nicht eines jeden Schicksal ungewiss? Was wußte man denn schon vom morgen? Nichts.
Und trotzdem grübelte er über die Worte, die er gehört hatte, nach. Sie war von irgendwoher gekommen, aus einer Gegend, die er nicht kannte und die ihn auch gar nicht interessierte. Warum? Zuerst wohl auf der Flucht vor Feinden ihres toten Vaters, wollte sie scheinbar eine eigene Söldnertruppe anheuern.
»Na, auf deiner Reise hierher warst du aber nicht besonders erfolgreich. Anstatt Männer zu finden, die dir folgen, folgst du nun selber einem. Hihihi.« Er lachte über seinen kleinen albernen Wortwitz.
»Moment... hast du eben gesagt, die Männer deines Vaters wären auf Raubzüge ausgezogen? Sicher haben sie auch irgendwelche Leute geraubt, oder? Menschenhandel bringt mit am meisten Gewinn neben dem Waffenhandel. Glaub mir, ich kenn mich da aus! Aber dann muß dir ja deine Lage jetzt bekannt vorkommen. Wenn wohl auch aus umgedrehter Perspektive. Damit kannst du behaupten, beide Seiten kennengelernt zu haben. Nicht schlecht.«
Innerlich grinsend kratzte er die letzten Reste des Hirsebreis aus dem Topf, gekonnt einen Fleck angebrannter Hirse auf dem Boden umfahrend.
Eigentlich lief doch alles hervorragend. Und doch... War das wirklich das, was er immer tun wollte? Nein, eigentlich nicht. Er sehnte sich nach dem schönen Leben in der Hauptstadt. Keine Sorgen, nur Spaß. Gekonnt hatte er mit den verschiedenen Gruppen Adliger gespielt und ihre Interessen ausgenutzt, meist gegeneinander. So, daß für ihn und seine Handlanger genug abfiel. Mehr als genug. Und dann... eiens Tages... Verrat und ab in die Barriere. Von da ab war alles anders geworden. Ab nun war er unter armen Leuten, miesen Dreckskerlen und irgendwo im hinterletzten Teil des Reiches. Das Dasein auf dieser schäbigen Insel hier war kein Vergleich zum Leben auf dem Festland. Hier mußte er sich irgendwie über Wasser halten. Das Leben stank! Konnte man Rücksicht nehmen, wenn man sich selbst irgendwie über Wasser halten mußte? Rücksicht? Ha!
Er schreckte aus seinen Gedanken hoch.
»Lee? Ob ich Lee kenne? Klar doch, schon aus der Barriere. Da war er ne große Nummer. Hatte ein eigenes Lager unter sich. War da der Chef. Was das für Lager waren? Naja, die Gefangenen hatten sich aufgeteiltt. Die meisten lebten im Alten Lager , regiert von den Erzbaronen, einige Spinner und geistig Verwirrte fingen an, vom Schläfer zu labern und wohnten von da ab in einem Sumpf. Und dann gabs noch Lee und seine Leute. So ne Art Freiheitskämpfer.« Er fuchtelte mit dem Löffel wild in der Luft herum. »Wollten sich nichts von den Erzbaronen sagen lassen. Da hat er eben sein eigenes Lager gegründet. So ist Lee eben. Soll mal ein hohes Tier beim König gewesen sein. General oder so. Keine Ahnung, was da abgelaufen ist. Die hohen Herren spucken sich doch ständig gegenseitig ins Futter.« Er zuckte mit den Schultern. »Jetzt hängt er eben bei diesem fetten Onar auf dem Bauernhof rum. Ganz schöner Abstieg, wenn du mich fragst. Jaja, diese Insel macht alle kaputt, die kriegt jeden klein.«
Er verstummte plötzlich, als habe er schon zuviel gesagt.
»Genug geschwafelt. Das bringt uns nicht weiter. Naja, für heute ist sowieso Sense. Morgen gehts weiter. Und zwar nach Noden, wenns dich interessiert.«
05.02.2004, 18:34 #299
Dumak
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Rund um Khorinis #15 -
»Da hast du wohl recht.«
Dumak stand auf und schnappte sich den Schlauch, um damit zum Bach zu gehen und ihn mit Wasser zu füllen. Aeryn hatte recht, weiter unten im Tal, nicht weit von der Stelle, an der sie jetzt lagerten, war das leise Plätschern eines Baches zu hören. Der Weg war nicht weit und bald hockte Dumak über dem Bach und tauchte die Öffnung des Wasserschlauches in das kalte, klare Wasser, um ihn zu füllen.
Plötzlich drang das Rascheln dürrer, trockener Zweige an sein Ohr. Dumak horchte auf. Hatte die Gefangene sich etwa befreit und versuchten un, zu fliehen?
Etwas knurrte. Ein Drachensnapper? Dann ging alles ganz schnell. Im Unterholz knackte es und dann splitterten Äste, raschelte Laub und ein dunkler Schatten rauschte heran.
»Hilfe, ein Drachensnapper, Hilfe, Hilfe. Er frißt mich"«
Für einen winzigen Augenblick nahm der Dieb etwas schwarzes in den Augenwinkeln wahr, schwarzes Fell.
»Zu Hilfe, ein Warg, aaahh ein Warg, er zerfleischt mich gleich!«
Wild schlug Dumak um sich und verfiel in Panik, wollte fliehen, stürzte über eine Wurzel und shclug lang hin, der Wasserschlauch lag irgendwo im Dreck, längst weggeworfen. Er erwartete seinen letzten Augenblick, das Herz pochte bis zur Kehle und der Atem raste. Etwas Feuchtes leckte ihm über das Gesicht und er nahm ein Schnüffeln wahr.
»Aahh, du blöde Töle, wieso erschreckst du mich so. Tagelang machst du dich aus dem Staub und dann schleichst du dich so hinterrücks an. Verdammt! Mach das nicht noch mal.«
Ärgerlich rappelte sich der Dieb wieder auf und säuberte seine Sachen von altem Laub, Nadeln und Dreck. Nun endlich füllte er den Schlauch mit sauberem Wasser und machte sich dann auf den Weg zurück zum Lagerplatz. Der große, schwarze und irgendwie grimmig und gefährlich aussehende Hund folgte ihm, spielerisch durch das Unterholz jagend.

»Hier, das Wasser. Trink.« Dumak hielt der Gefangenen die Öffnung des Schlauches an den Mund.
06.02.2004, 21:12 #300
Dumak
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Rund um Khorinis #15 -
Ohne sich zu bewegen, saß Dumak still da, starrte in die Dunkelheit und dachte nach. Die scharfe Klinge des Schwertes namens Zweifel fraß sich tief in sein Herz. Denn manchmal stachen Worte tiefer als jedes Messer. Und rissen größere Wunden. Die Worte über die er nachdachte, waren seine eigenen, die, welche er der Kriegerin erzählt hatte. Denn dabei war all das hochgekommen, was er seit Jahren so überaus erfolgreich verdrängt hatte. Er würde keinen Gewinn daraus ziehen, wenn er sie jetzt verkaufen würde, im Gegenteil, es würde sich nichts, gar nichts ändern. Auch danach würde er alleine durch die Insel streifen, auf der Suche nach etwas, was ihn erfüllen könnte. War es wirklich die Jagd nach Reichtum? Hätte mit viel Gold in der Tasche sein Sehnen ein Ende? Würde er nicht viel mehr immer weiter machen, tiefer und tiefer sinken, das Leben, das er aus der Kolonie kannte, fortführen.
Stumm saß er da und hörte dem Gesang der Kriegerin zu. Und Dumak erkannte: Es war falsch, daran zu glauben, daß er immer fort sein Leben so führen konnte, sich rigoros über andere Vorteile verschaffend. Letztendlich würde ihm all dies nichts bringen. Wo war er denn hingekommen, seit er aus der Barriere heraus war? Und in Der Barriere? Und davor, weswegen er überhaupt hineingeworfen wurde? Und nun hatte ihn sein Weg mit dieser FRau zusammengeführt. Sinnlos erschein ihm sein ganzes Tun auf einmal. Wofür war es gut? Wozu das alles? Was tat er hier überhaupt.
Er versuchte, diese Gedanken zu verscheuchen, sich abzulenken, schaute dem Hund zu, der sich nicht weit entfernt von ihm niedergelassen hatte und mit irgendetwas zwischen seinen Pfoten spielte, vollkommen mit sich selbst beschäftigt und im Reinen mit sich und der Welt. Ein bitteres Lächeln umspielte Dumaks Lippen, als er dem Hund zusah. Für ihn war es ganz einfach. Für Dumak brach eine Welt zusammen. Doch es schien ihm, daß es Zeit wäre dafür.
Denn die Sonne bringt bald die Söldner...
Das Lied der Gefangenen war aus. Und Dumak hatte eine Entscheidung getroffen. Zweifel hatte seit Tagen schon an ihm genagt, unablässig, und das Grübeln ließ sich nicht abstellen. Vor irgendwelchen Söldnern hatte er keine Angst. Aber vor sich, vor dem, was aus ihm geworden war, davor hatte er plötzlich Angst. Unerklärlich für ihn, doch war es passiert, er machte sich plötzlich Gedanken um sich selbst. So als ob er erwacht war aus einem Traum, abgeworfene Dumpfheit und Desinteresse, alles fiel von ihm ab und hinterließ einen Dumak in einer tiefen Sinneskrise. Nichts hatte er jemals erreicht, war ein armer, unbedeutender Kerl geblieben. Warum hatte er nicht schon viel früher bemerkt, daß etwas schief lief? Daß er sein Leben gerade in den Sand setzte.
Er sagte nichts, als er sich an die Reste des Feuers legte, um auf Schlaf an diesem ungewöhnlichen Tag zu hoffen.
Doch seine Entscheidung stand schon längst fest.
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