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04.12.2003, 21:59 #51
Estragon
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Die Stadt Khorinis #23 -
Hilias sah dem langen Utor nach. Er stieg die Treppe empor und steuerte auf die Kaserne zu. Hilias stand auf und sah auf dem Galgenplatz um. Der Bierstand war gut besucht, zu gut für Hilias Geschmack. Er musste jetzt so schnell wie möglich zum Steinbruch zurück und einen Laden mit Ausrüstung musste er morgen ausfindig machen. Müdigkeit stahl sich über seinen Körper, der letzte ruhige Schlaf war lange her gewesen. Hilias wollte sich gerade auf den Weg machen, als er beim Bierstand das golden Haar einer gewissen Dame im Schein des Feuers aufblitzen sah. Wie gesponnenes Gold glitzerte es in der Luft, der Feuerschein malte einen samtig glühenden Rot-ton hinein. Hilias war nicht mehr Herr seiner Sinne. Ihre grünen Augen schienen bis hier her zu leuchten. Sie schien gerade in eine Diskunion mit zwei Herren vertieft. Hilias wagte nicht, ihr gegenüber zu treten. Langsam ging er rückwärts auf das Osttor der Stadt zu, er konnte einfach nicht den Blick von ihrem Haar nehmen. Dann stieß er mit dem Rücken gegen die Stadtmauer, kam zu sich und verließ mit eiligen Schritten die Stadt, Richtung Steinbruch.
04.12.2003, 22:22 #52
Estragon
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Rund um Khorinis #14 -
Hilias traf völlig entkräftet in seinem Steinbruch ein. Er berat eine der Hütten und sah sich um. Hier wurde er schlafen können. Nur ein wenig, er brauchte die Pause. Doch zuvor würde er seine Abreise vorbereiten und Dinge erledigen, die er schon zu lange vor sich hergeschoben hatte. Er suchte die alte Truhe aus dem hinterem Teil der Schlucht und schleppte sie in die kleinere der beiden Hütten. Die Große würde er bald abreisen und mit dem erhaltenem Holz die andere Hütte ausbessern. Doch das konnte noch dauern. Er hatte ja jetzt ziemlich viel Arbeit in der Stadt vor sich. Er zog das Rasiermesser aus dem Gürtel und klappte es auf, ging auf die Knie und begann das Grass auf der Lichtung zu schneiden. Es war lang und voll, trotz der Kälte, und er hatte bald ein ganzes Bündel davon unterm Arm. Das Bündel landete in der kleinen Hütte, neben der Kiste, und wurde zu einem provisorischem Lager ausgebreitet. Dann suchte Hilias alle Sachen zusammen, die er so besaß. Viel war nicht dabei. Ein guter Steinhammer, eine Rasierklinge, vier Beutel, davon zwei mit Tabak gefüllt, Schnitzholz, der Rohling der Pfeife und sein Tabakwerkzeug und die gebrauchsfähige Pfeife. An Werkzeug oder Waffen hatte Hilias so gut wie gar nichts mehr. Ein Köcher Pfeile und ein Seil. An Geld hatte er noch ein Beutelchen voll Gold. Insgesamt nicht mehr als 40 Münzen. Hilias richtete sich so gut es eben ging häuslich ein. Bald war alles sortiert und in der Truhe verstaut. Die Werkzeuge fanden Platz im Rucksack, das Seil knüpfte er zu einem Tragegurt. Morgen würde er Werkzeuge kaufen müssen.
Doch ob dafür das Geld noch reichte?
So legte er sich denn nieder und schlief sofort fest ein. Sein Schlaf war erfüllt von einem einzigen traumhaften Bild. Die grünen Augen einer gewissen Dame.
05.12.2003, 23:09 #53
Estragon
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Rund um Khorinis #14 -
Hilias Knochen schmerzten noch immer, als seinen sie eingerostet, doch er fühlt sich ausgeruht und kräftig. Die Nacht war schon herein gebrochen und Dunkelheit hatte sich über den Steinbruch gelegt wie ein Seidentuch. Hilias hatte heute nacht noch viel vor sich. Es galt die Berechnungen für das Matrial für die Kasernenzellen anzustellen, es mussten Werkzeuge besorgt werden und er brauchte einige Sachen für den Steinbruch selber. Das Geld würde er in der Stadt leihen. So machte er sich denn auf zur Stadt.
05.12.2003, 23:38 #54
Estragon
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Die Stadt Khorinis #23 -
Hilias durchschritt den Bogen des Osttores. Ohne Umwege überquerte er den Marktplatz, steuerte das Hafenviertel an und gelangte bald ans Haus des Geldverleiers. Die Tür stand offen. Hilias trat ein. "Ich will Geld haben." sagte er ohne Umschweife zu den beiden Männern, ihm den Rücken zugewanndt, vor dem Kamien standen. Lemar, der kleinere von beiden drehte sich überrascht um. "Wer bist du denn?" fragte er giftig. "Mein Name ist unwichtig. Ich will Geld haben." Lemar wechselte verwirrte Blicke mit seinem Scläger. "So. Geld willst du also? Und wie kommst du drauf, das ich dir welches gebe?"
Hilias schränkte die Arme vor der Brust. Er hasste solche Leute wie Lemar. Es war nicht unr eine einfach Abscheu vor Lemar selbst, es war ein tiefverwurzelter Zorn auf den Berufsstand eines jeden Geldverleihers. In seiner Heimat waren solche Wuchergeschäfte bei Steinigung verboten.
"Du bist doch hier fürs Geld zuständig. ICh brauche Geld, um Werkzeuge einzukaufen. Ein Job bei den Paladinen muss getan werden." Lemar nickte glücklich. "Dann bist du der neue Steinmetz? Ich hörte schon von dir. Gut wie viel brauchst du?" "500." sagte Hilias kalt. Lemar zog die Augenbrauen hoch. "Ist das nicht etwas viel? Für den Anfang sollten doch 100..." Hilias hob die Hand zu einer abwehrenden Geste und schüttelte den Kopf. "Ich sagte 500."
Der Schläger trat vor Hilias und schaute wütend herab. "Solltest auf deinen Ton achten Kleiner, sonst ram ich dich noch etwas nähr der Erde entgegen." Hilias schaute gelassen zurück. "Geh aus dem Weg und schweig gefälligst, wenn Männer sich über Geschäffte unterhalten, von denen du nie etwas verstehen wirst."herrste Lemar seine Schläger an und drängte ihn wieder zu Kamien zurück.
Mit dem besten Lächeln, das er aufbringen konnte, drehte er sich zu Hilias um. "Hör Freund. Ich will dir das Geld geben, verlange aber mehr als die üblichen 10% Zinsen, weil du noch fremd in der Stadt bist." Hilias nickte. Er würde mehr als genung haben, wenn der Job erlediugt war. "Gut. Dann bitte ich um das Geld."
Lemar zählte das Gold ab und übergab es Hilias in einem großen Beutel. "Bist ende des Monates hab ich es wieder oder du erlebst mich von meiner..." Hilias wanndte sich ab und sprach über die Schulter: "Bis Ende des Monates." Lemar wollte ihm noch etws nachrufen, doch Hilias war schon verschwunden. Lemar würde dieses Geschäfft noch bereuen, doch im Augenblick freute er sich nur über die guten Zinsen, die es ihm einbringen würde.
Hilias verpackte das Geld in seinem Rucksack und steuerte den Markt an.
06.12.2003, 00:11 #55
Estragon
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Die Stadt Khorinis #23 -
In dieser Nacht machte sich Hilias wenig Freunde unter den Händlern und Handwerkern der Stadt. Hilias klopfte an unzählige Türen und rief viele der Herren aus ihren Betten, bedrängte sie solange, bis sie ihm verkauften, was er haben wollte. Spätestens als sie von den Aufträgen der Paladine hörten, wurden sie gefügig, einige sogar ekelhaft zuvorkommend. Hilias hatte auch für diese Leute nicht viel mehr übrig, als für Lemar. Doch er brauchte sie, genau wie er Lemar gebraucht hatte und blieb deswegen höfliche, bescheiden und schwieg mehr als er sprach. Diese Vorgehensweise hielt er für am klügsten. Er kaufte eine Menge Sachen ein. Eine Spitzhacke, zwei große Stemmeisen, einen großen Vorschlaghammer, vier Bündel Seile, zwei Töpfe Fett und drei verschiedene Sorten von Meißeln, klein, mittel und groß. Außerdem kaufte er noch eine Maurerkelle, sowie einen Spaten, eine Holzaxt, eine Säge und eine Sichel. Der Goldvorrat schrumpfte beträchtlich, am Ende blieben nicht mehr als 200 Goldstücke über. Hilias band die großen Werkzeuge, die nicht im Rucksack Platz hatten zu einem Bündel zusammen und schwang sie sich auf den Rücken. Der Rest Pfand seinen Platz im Beutel des Steinmetzes. Hilias verließ gerade den letzten Händler, der ihn freudig nach winkte - er hatte so gut wie lange nicht mehr verdient - und überschaute den Platz vor der Kaserne. Es war kalt, der Wind riss an Hilias Haaren, doch er merkte es kaum. Sein Blick gallt den Sternen, die zwischen den dahin ziehenden Wolken, ihr kaltes, freudloses Hexenlicht auf die Erde warfen. Hilias vermisste seine Heimat. Es war ein dumpfer unbewusster Schmerz, der sein Gemüt niederdrückte und sich einfach nicht beiseite schieben lies. Hilias zog das Bündel mit den Werkzeugen straff, rückte die Rimen des Rucksackes zurecht und begab sich auf den Weg in sein neues Zuhause, wo nur der nackte Fels und die toten Bretter der faulenden Hütten ihn erwarteten.
06.12.2003, 00:39 #56
Estragon
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Rund um Khorinis #14 -
Er kehrte zurück, lies die Werkzeuge im Zentrum der Schlucht fallen und brachte seinen Rucksack in die Wohnhütte. Das Werkzeug fand sich, zu seinem zukünftigen Verbleib, in der großen Hütte wieder. Hilias nahm die neu erworbene Axt und die Säge mit, sowie die Sichel. Dann verließ er die Schlucht, blieb nicht weit davon an einem noch jungen Baum stehen und hieb ihn mit schnellen Schlägen um, sägte die Äste und das Laub runter und sammelte es ein. Er brauchte fast zwei stunden, bis er das Grünzeug zurück in die große Hütte geschleppt hatte. Das konnte man noch alles gebrauchen. Dann hackte er den Stamm des Baumes in runde Scheite und rollte diese ins Zentrum. Einen der Äste umband er mit dem Stoff seiner Verbände, die sich schon langsam von seiner Brust lösten. Er zündete den ast an und suchte die Schlucht an einem geeignetem Stein ab. Er fand ihn schließlich, ein halbrunder Findling, nicht zu groß, die Oberfläche eben genung, das man ihn als Schlachtbank für die Holzscheite nutzen konnte. Doch musste er noch versetzt werden und Hilias hatte keine Schubkarre oder etwas zu tragen. Hier war Erfindungsgeist gefragt. Er hohlte ein Seil aus der Hütte und begang den Stein damit einzuschnürren. Zweimal über Kreuz und mit zwei Henkelschlaufen oben drauf. Er steckte die Arme durch die Schlaufen, schob die Schultern hinein und atmte kurz durch. Dann erhob er sich schnell, das Gewicht nach vorne werfend und zog den Fels in die Höhe. Sein Rücken schrie beleidigt auf, der Fels rieb den Stoff des Hemdes auf, doch Hilias konnte ihn, nach vorne gebeugt, in die Mitte der Schlucht tragen. Dort angekommen, lies er die LAst mit einem erleichterten Seufzer sinken, löste das Seil und brachte es zurück in die große Hütte. Das war der erste Schritt. Hilias kehrte zu dem Fles zurück und stellte einen der Holzklötze drauf. Dann hob er die Axt über den Kopf und trennte das Holz mit einem sauberen Hieb in zwei Teile, die Fackel steckte nebem dem stein in der Erde, um Licht zu spennden. Hilias schlug sich einen kleinen Holzvorrat zusammen, stapelte ihn hinter die kleine Hütte und räumte den Rest der unverarbeiteten Holzscheite in die Große, um es halbwegs vor Regen und Nässe zu schützen.
Der zweite Schritt: Hilias holte den Spaten und hob eine flache Senke aus dem Boden, suchte sich kleine Grenzsteine zusammen und legte sie als Rand in die Senke. Fertig war seine neue Feuerstelle. Schnell war ein Lagerfeuer aufgestellt. Mit der Rasierklinge lösste er Holzspähne von den Scheiten ab und konnte so ein Feuer entzünden. Die Lichtung, die Schlcuht, der ganze Steinbruch warf jetzt das glühende hellrote Licht des Feuers zurück. Hilias hatte nun genug Sicht, um an die wirkliche Arbeit zu gehen. Er hohlte die Werkzeuge, sortierte sie auf den Boden und trat an die Bruchstellen des Berges heran, wo schon führer einmal, die Steine aus dem Berg ausgelöst worden waren. Hilias atmete ruhig ein und sammelte seine Kräfte. Zum ersten Mal war er ausgeglichen und friedlich im Einklang seiner Selbst. Die Arbeit würde gut tun. So begann er dem Berg seine Gaben zu entreisen und man hörte bis in die führen Morgenstunden das Schallen von Eisen auf Fels.
07.12.2003, 22:39 #57
Estragon
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Rund um Khorinis #14 -
Hilias hatte viel geschafft und blickte nun im Schein des Lagerfeuers auf die Stapel von Steinplatten, Kantklötzen und Deckenhaltern. Ein zufriedenes Lächeln umspielt seinen bärtigen Mund, die Pfeife dampfte zwischen den Lippen seltsame rauchige Bilder und geisterhafte Gestallten aus körperlosem Qualm in den kühlen Abend. Über dem Feuer brutzelte das letzte Stück Fleisch, das er in der Stadt gekauft hatte. Das Material war fertig, den Rest musste er vor Ort anfertigen und dann konnten die Arbeiten an den Zellen beginnen. Hilias hatte geschindert wie ein Wilder, um die verlorene Zeit des Schlafens nachzuholen, doch war er nicht müde, hatte er doch festgestellt, das der Apfeltabak durch die Behandlung mit dem Schwefelrost eine belebende Wirkung bekam.
Hilias sah auf seine mit Holz und Steinen gelegte Warnung. Sie war selbst bei Licht kaum noch auszumachen, denn Regen und Feuchtigkeit hatte schwere Tribute gefordert. Doch waren sie nicht mehr wichtig, denn Hilias hatte eine bessere Lösung gefunden, seinen Besitzanspruch über den Steinbruch deutlich zu machen. Der eierförmiger Findling aus hellem Granit lag jetzt am Eingang der Schlucht. Der Tortenschädel, den Hilias gefunden hatte, war darauf befestigt und grinste sein kieferloses Lächeln auf alle Neuankömmlinge. Auf den Wegstein hatte Hilias eine Botschaft in mühevoller Kleistarbeit eingemeißelt.
Er hatte lange über seine Botschaft nachgedacht und war zu dem Schluss gekommen, das der Totenschädel mehr sagte, als tausend Worte es vermocht hätten. Das Symbol war ihm hingegen sehr schnell eingefallen.
Hilias hob den Braten vom Feuer und leckte sich die staubigen Finger. Das Fleisch duftete köstlich. Er schnitt es mit der Rasierklinge ab und legte es auf ein flaches Schieferplättchen, das vorrübergehend als Teller herhalten musste. Er hatte Hunger, doch erlaubte er sich nicht, zu schlingen. Langsam und bedächtig kauend, überlegte er, was er heute Nacht noch zutun hatte. Er musste das Material in die Stadt schaffen, was ziemlich lange dauern konnte, weil er mehrmals gehen musste. War alles dort, musste er einen Kessel finden und viel Holz hacken, doch das hatte noch etwas Zeit. Hilias verspeiste den Braten in aller Ruhe, hängte die Reste in die Lagerhütte und machte sich reisefertig.
Er verschnürte die Plattenpakete mit den Seilen, wie er seinen Holzhauklotz verschnürt hatte und schulterte sie. Dieser Weg war noch leicht, die Platten waren nicht dick. Die Deckenhalter und Kantklötze würde mehr Kraft erfordern, und sie waren auch viel unhandlicher. Hilias schritt in Richtung Stadt davon, einen letzten Blick auf seinen
Schildstein
, der den Eingang der Schlucht bewachte.
07.12.2003, 23:01 #58
Estragon
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Die Stadt Khorinis #23 -
Hilias erreichte schnaufend das Osttor. Die Platten waren vielleicht nicht schwer, aber unhandlich und deshalb genauso kraftraubend. Er ließ mit einem Seufzer die Platten vor der langen Treppe zur Kaserne sinken und schaute verzweifelt die vielen Stufen empor. Es half nichts. Er holte Luft und hob die drei Packen erneut an und erklomm das Monstrum von Stufen, Stück für Stück. Er hielt nicht oben an, sondern lief zügig zum Zellentrakt der Kaserne. Dort sahs die selbe Wache, die ihn schon das erste Mal mit dem selben gelangweilten Gesicht betrachtet hatte. Doch Hilias beachte ihn nicht, als dieser eine lahmen Gruß nuschelte. Er grunzte nur knapp zurück und lud den steinernen Fluch auf seinen Schultern, in eine der sechs Zellen ab. Schwer atmend lehnte er gegen die Zellenwand, schloss die Augen, um das Schwindelgefühl zu vertreiben und wartete darauf, ob er hier in Ohnmacht fallen würde.
"Nah das nenn ich viele Steine." ulkte die Wache, lässig in den Türrahmen gelehnt. Hilias war zu erschöpft, um auf derlei Sticheleinen zu reagieren. "Siehst mir ne' bisschen blass um die Knolle aus, Alterchen. Willst nen Schluck?" Die Wache hielt ihm einen Becher aus abgedichtetem Leder hin, Hilias öffnete überrascht die Augen und ergriff nach einigem Zögern das Behältnis. Die Wache lehnte sich in den Rahmen zurück und beobachtete Hilias abschätzend. Was immer es war, es schmeckte verdammt gut. Hilias schlürfte das herbsüßliche Getränk in einem Zug und schmatzte herzhaft, als es alle war. Die Wache lächelte verschlafen. "Is jederzeit mehr da, wenn du willst." sagte sie und drehte sich um, ging an den Schreibtisch zurück und kippelte mit dem Stuhl. Hilias wusste nicht, was er von diesem Burschen halten sollte. Irgendwie war er simspatisch. Irgendwie. Hilias verließ den Bau, auf dem Weg klopfte er kurz auf den Schreibtisch der Wache und nickte anerkennen, die Wache erwiderte den Gruß, und verließ die Stadt. Die nächsten Pakete warteten.
07.12.2003, 23:07 #59
Estragon
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Rund um Khorinis #14 -
Der Trank der Wache hatte scheinbar Wunder gewirkt, denn Hilias war ohne Pause zum Steinbruch zurück gekehrt. Er würde dem Mann bei Gelegenheit einen Drink spendieren. Doch nun warteten schon die nächsten Ladungen. Hilias trat vor die Kantklötze und hob sie an. Sie waren schwer, breit und ihre Ecken drückten unangenehm ins Fleisch. Hilias ahnte schon, das Drücken würde bei der Taverne zum Brennen werden, am Osttor zum Schreien und am Ende der Treppe zum Reißen. Doch erhob sich den leichten Teil lieber zum Schluss auf. So machte er sich wieder auf den Rückweg, den er jetzt schon zur genüge kannte.
07.12.2003, 23:57 #60
Estragon
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Die Stadt Khorinis #23 -
Hilias kroch förmlich über den Weg, durchschritt mit zähen Bewegungen das Tor und blieb kurz stehen. Er erlaubte sich nicht, die Last von den Schultern zu nehmen, nicht mal dran zu denken, weil er sie sonst wohl nie wieder angehoben hätte. Sie wären als vermosste Relikte seiner Unfähigkeit und Schwäche in die Geschichte eingegangen. Er dachte nur an den Trank, der ihn oben in der Kaserne erwartete. Dieses merkwürdige, verheißungsvolle Gebräu. Es würde die Kraft zurück hohlen, die Wunden heilen und dien Geist klären. Hilias wusste nicht ob es wirklich so sein würde. Es war sogar höchst unwahrscheinlich. Doch das konnte seine Seele jetzt nicht gebrauchen. Diesen geistigen Ballast, zu dem der Steine, das hätte ihn erdrückt, wie einen Käfer von einem Stiefel. Er ging langsam, immer das Gleichgewicht suchend, und erreichte wohl nach Jahren erst die Treppe. Hilias sah wieder nach oben. Seine Hoffnung und Gier nach dem Getränk der Zellenwache -Hilias musste unbedingt den Namen des Mannes erfahren- wurde auf einen schwere Probe gestellt. Schlafen, Hilias wollte nichts sehnlicher als schlafen. Einfach auf die Erde sinken und die Augen schließen. Warum hetzte er überhaupt so? Morgen war auch noch ein Tage und... Hilias schüttelte den Kopf und setzte trotzig den Fuß auf die erste Stufe. Immer eine nach der anderen. Das war der Trick. Nicht zählen, wie viele noch da sind, sondern wie viele man schon hinter sich hatte. Er hatte doch nicht Tod und Finsternis überlebt, um sich von den paar Steinen jetzt auf dieser mickrigen Treppe schlagen zu lassen. Schau an, es sind schon fünf! Fünf Stufen! Keine schlechte Sache und hier kommt auch schon die sechste. Das geht doch butterleicht. So leichte, das man nicht nach oben schauen muss, um die noch verbleibenden Stufen zu zählen. Es können sowieso nicht mehr viele sein, sind wir doch schon bei Stufe Zehn. Zehn, überlegt man sich mal, dass das schon ein zweistelliger Wert ist. Vielleicht hatte man schon die Hälfte hinter sich und... Hilias erkämpfte sich den Weg nach oben, den Blick streng auf die nächste Stufe gerichtet. Der Schweiß bahnte sich heißsalzige Wege von seiner Stirn herab. Endlich war er oben angekommen. Er konnte nicht anders. Wie ein Taucher ohne Luft, der an die Oberflache kommt und nach Sauerstoff giert, so ließ Hilias die Last fallen und ging in die Knie. Er war sich seiner schwächlichen Haltung wohl bewusst und sein Stolz fügte ihn fast heftigere Schmerzen zu, als die widerlich schweren Kantklötze es je gekonnt hätten. Doch er brauchte jetzt eine Pause. Das war die Notbremse seines Innersten, das nicht mal den Begriff Stolz kannte. Es sah nur die Warnlampen auf Rot stehen und zog die nötigen Hebel, ohne auf die Konsequenzen zu achten. Hilias blieb knapp zehn Minuten am Boden, bevor er aufstehen konnte. Wie betäubt wankte er in den Zellenraum. Die Wache sah ihn und jene Schläfrigkeit, die Hilias noch vorhin gesehen hatte, wich aus dessen Körper. Schnell sprang er auf, umrundete den Tisch und fing Hilias gerade noch auf, als dieser völlig ausgelaugt nach vorne fiel. "Mann, was ist denn mit dir passiert?" rief der Mann und schleppte Hilias zum Stuhl. Hilias keuchte etwas, der Mann sah verwirrt auf den Schreibtisch, wo ein Krug aus Steingut stand. "Das hier?" Die Wache hielt Hilias den Krug vor die Nase. Hilias griff mit zitternden Händen danach. Wenn er es verschüttete? Was dann? Die Wache erkannte, was Hilias meinte und hob das Gefäß an dessen Lippen. "Okay, schon klar. Aber sein vorsichtig, das Zeug kommt jetzt unverdünnt." sagte der Mann mit besorgter Mine. Hilias achtete nicht darauf, er trank begierig und stellte mit Entsetzen fest, das dieses Zeug zu gut war, um gesund zu sein. Er erkannt mehr noch. Es würde süchtig machen, wenn er nicht vorsichtig war. Doch was halfen dieser Erkenntnisse, wenn er nicht aufhören konnte zu trinken- nein, saufen hätte es besser getroffen- wie ein Kamel nach zwei Wochen Durst. "So. Jetzt ist gut. Du bringst dich sonst um." Die Wache nahm Hilias den Krug ab, der schnappte sofort eifersüchtig danach, doch die Wache schrak nicht zurück. "Nein. Nicht mehr!" brüllte er und zog den Krug aus Hilias Händen und brachte ihn schnell aus dem Raum. Hilias konnte einen Augenblick nur fassungslos zu Decke blicken, denn er bekam jetzt die volle Breitseite von etwas, das man in Khorines den Zitterpilz nannte. Ein Gewächs, was ausgekocht und mit Wein und Kräutertee, einen stark berauschenden Trank bildete. Die Rezepte waren selten und wie der Pilz aussah und wo er vor kam ein streng gehütetes Geheimnis. Hilias Muskeln begannen zu zucken, als wäre er von Sinnen. Sein Augen brannten wie Feuer und alles schien ihn anzuspringen. Sein Gleichgewicht versuchte krampfhaft zu deuten, wo oben und unten ist. Seine Haut wellte sich in einer Gänsehaut nach der anderen zu einem kräusligen Muster. Sein Speichelfluss hatte sie verdoppelt, was nicht von der Droge kam, sondern den Mundraum für einen Vorgang ölen sollte, der gemeinhin als Erbrechen bekannt ist. Hilias merkte es führ, denn alles seine Nerven schien bis zu zerreisen gespannt. Er erhob sich, fühlte aber das Gewicht seines Körpers nicht, wandelte wie auf Wasser zum Ausgang. Hier, an der frischen Luft, traf ihn der Hammer der unkontrollierten Sauerstoffzufuhr. Alles wurde hell, nahm groteske fratzenhafte Züge an, die Welt schien ihn mit Wahrnehmungen erschlagen zu wollen. Er wollte nicht rennen, doch seine Beine gehörtem nicht mehr ihm. Sie führten ein Eigenleben. Hilias prallte ungebremst auf die Mauern der Kaserne auf und er übergab sich lauthals in die Wildnis. Es war ein fast tierischer Befreiungsschlag seines Magens und am Ende fühlte sich Hilias desorientiert und leergesaugt. Die Sicht besserte sich, sein Gleichgewicht kam wieder, die Welt nahm wieder greifbare Züge an. Er sammelte sich kurz und schritt dann auf den Innenhof der Kaserne, sah sich um und erblickte die Kantklötzer vor der Treppe. Ohne Zögern ergriff er sie, als würden sie nichts wiegen und trug sie in den Zellentrakt. Dort saß die Wache an ihrem Schreibtisch und betrachtete Hilias mit dem selben Gesichtsausdruck, wie eh und je. Hilias brachte die Sachen in die Zelle, wo schon die Platten lagerten und kehrte zum Schreibtisch zurück. "Was ist das für Zeug?" fragte er. Sein Augen strahlten wildes Feuer. Die Wache antwortete nicht, sondern streckte nur die Hand aus. Ein Pilz lag darauf. Er war klein, unscheinbar von Farbe und Form, aber verströmte einen saftig minzigen Geruch. "Das und einige andere Sachen. Du wirst nicht daran sterben. Es macht dich nur wacher und du bekommst zeitweise mehr Kraft. Aber wenn du zu viel trinkst, platzt dein Herz und dein Hirn wie überreife Früchte. Und es kann süchtig machen." Die Wache bedachte Hilias mit einem sanften Blick. "Ich denke, du wirst das überstehen. Es schien dir sogar gefallen zu haben." Der Kerl lächelte. Nicht unsympathisch. Doch Hilias traute ihm trotzdem nicht. "Ich werde noch mal los. Es fehlt noch einiges. Morgen beginnt dann die eigentlich Arbeit." sagte er vorsichtig. Die Wache nickte und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. Sie schien auf etwas zu warten. Hilias verließ den Raum und die Stadt. Er rannte den ganzen Weg bis zum Steinbruch, ohne einmal aus der Puste zu kommen.
08.12.2003, 00:07 #61
Estragon
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Rund um Khorinis #14 -
Die letzte Fuhre von Baustoffen waren die Deckenhalter. Weißes krümeliges Gestein, dass, wenn man es mit Baumrinde und Honig einkochte, zu einem starken Alleskleber wurde. Diese Technik wurde in Hilias Heimat zur Abdichtung von Schmelzöfen und zum Bau mit schweren Steinen genutzt.
Eine nie gekannte Rastlosigkeit durchflutete Hilias Körper. Er lief mit schnellen Schritten ins Lagerhaus, suchte sein Werkzeug zusammen - er hatte eigentlich erst Morgen führ mitnehmen wollen- lud das restliche Gold in seinen Rucksack und rannte zur Stadt zurück, im vorbei Laufen die Deckenhalter aufgreifend, als währen sie nur ein paar Strohballen. Er hätte im normalen Zustand nicht mal das ganze Werkzeug so leicht schleppen können, die Deckenhalter ganz zu schweigen, doch in seinen Muskeln wütete böse Hexerei und übel Trankeskunst. Er war sich seiner missliche Lage bewusst, doch wollte er die Situation wenigstens ausnutzen und so viel schaffen, wie irgendmöglich. Beladen wie ein Maultier klapperte er im Laufschritt in Richtung Stadt zurück.
08.12.2003, 18:14 #62
Estragon
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Die Stadt Khorinis #23 -
Hilias schwang den schweren Vorschlaghammer über die recht Schulter und hieb die Verbundsteine der Gittertüren mit einem heftigen Poltern aus ihren Verankerungen. Nur noch wenige Hiebe und er würde wieder die ganze Stadt aufwecken. Endlich war auch das letzte Gitter mit samt der Tür von der Wand getrennt. Hilias gab stieß die Stangen achtlos an, der Rahmen viel unter gewaltigem Klirren zu Boden. Er legte den Vorschlaghammer beiseite und hob mit einigem Grunzen das Gitter an und trug es in den Vorraum des Zellentraktes. Dieses mal war Hilias ungestört. Öfters schaute einer der Paladine herein, um sich über die Gründe des Lärmes zu erkunden. Hilias beachtete sie kaum. Wie Marionetten tanzten sie auf der Bühne seiner Wahrnehmung nur textlose Komparsenrollen.

Tatsächlich war er zu sehr darauf konzentriert, nicht an zweierlei Dinge zu denken. An den Trank von gestern Nacht und an die Augen einer gewissen Dame. Er wollte nicht daran denken, weil es sein Aufmerksamkeit störte und er brauchte sie jetzt mehr den je. So arbeitete er ohne nehmenswerte Pausen durch, riss die Decksteine von den Wänden und Böden, klopfte die Eisenteile aus ihren Fassungen und schleppte den Bauschutt in eine der hinteren Zellen, die er als letztes bearbeiten würde.

Zuerst hieß es den Boden neu zu lotieren, wofür Hilias am Ende der Zelle ein Seil von einer Wand zur anderen spannte. Dann begann er damit hinter dem Seil den Untergrund auf gleiche Höhe mit dem Seil zu bringen. War alles gleichrecht, zog er das Seil vor und machte das nächste Stück. So arbeitete er sich Stück für Stück von Zelle zu Zelle. Am Ende verlegte er die Unterlegplatten, die aus harten flachen Granit gehauen waren. Sie wurden verlegt, mit neuer Erde aus dem Wald verfugt und darüber kam der Deckenhalter, den Hilias in den frühen Morgenstunden am Hafen ausgekocht hatte. Er war zuvor mit der Axt in den Wald gegangen, hatte Holz und Rinde besorgt und Honig beim Tabakhändler erstanden. Alles war mit Süßwasser vom Stadtbrunnen in einen Kessel gekommen. Hilias hatte es gekocht und dann die krümeligen Deckenhaltersteine dazu gegeben. Jetzt stand der Kessel auf dem Kasernenhof und köchelte leicht vor sich hin, damit das Zeug nicht vorzeitig hart wurde. Alle drei Stunden legte Hilias Feuerholz nach, nur soviel das die Glut nicht verlosch und kehrte zur Arbeit zurück.

Die Unterlegplatten wurden also mit der Deckenhalterpaste bestrichen, drüber kamen die Bodenplatten. Hilias brauchte fast bis zum späten Nachmittag, bis er alle Zellen fertig hatte. Den Schutt in der letzten Zelle lies er von einigen bierschlürfenden Tagelöhnern in seinen Steinbruch schaffen und bezahlte den vier Burschen etwa 30 Goldstück dafür, was sie riesig zu freuen schien. Hilias fand die Entlohnung nicht besonders großzügig, doch er scherte sich wenig um die Belange solcher niederen Arbeitskräfte.


Die Sonne stand schon tief, als Hilias die Arbeit an den Wänden begann. Sie neu zu verkleiden hielt er für sinnlos. Zu feucht war das Mauerwerk dahinter. Er beschloss die Feldsteine der Wände zu versiegeln und zu polieren. Ihre Oberfläche war glatt und die Wände waren hart und dick genug, sie benötigten keine weitere Verkleidung. So wusch er die Wände und rieb sie mit Holzrinde ab, die er noch vom Kochen übrig behalten hatte. Des weiteren versiegelte er die Fugen mit der Deckenhaltermasse, unter die er etwas feinen Schotterstaub mischte, den er beim Alchemiehändler zu kaufen bekam. 20 Gold Stück waren nicht gerade billig, doch so stimmten die Fugen farbig wenigstens mit der Wand überein. Schon weit nach Einbruch der Dunkelheit konnte Hilias die Wände als fertig betrachten.

Die Decken waren das geringste Problem. Sie waren von geschickten Händen gefertigt und bearbeitet, soviel stand fest. Dennoch putzte Hilias sie über und verfugte kleinste Haarriss lieber, damit sie nicht größer wurden. Man konnte die Zellen als fast fertig bezeichnen. Fehlte letztlich nur noch die Halterungen für die Eisenteile wie Gitterstäbe und Zellentüren. Hilias entschied sich für ein Drei-zu- Eins-Sythem. Drei massive Wände und eine aus Gitterstäben mit eingelassener Tür. Er hätte gern seine Pläne mit dem Schmied Utor abgeglichen, doch der war, seit Hilias ihn mit an den Job beteiligt hatte, nicht mehr gesehen worden. Jedenfalls von Hilias nicht.
Deshalb wollte er Utor so viel Freiraum wie möglich lassen. Er begann die Kantklötze an der Decke und dem Boden anzubringen und setzte die Enden jeweils eine Elle lang in die Wände rein, so das sie selbst bei Gewaltanwendung nicht zu brechen waren. Wenn hier einer raus kam, dann durch den Besitz des Schlüssels oder weil die Gitter nicht hielten.
Die Kantklötzer ragten jetzt wie Abschlussleisten an der Decken und Böden, wo dann die Eisenteile rein sollten. Hilias hatte Löcher für die Stäbe in den harten balkenartigen Steine gebohrt -eine Sauarbeit von mehren Stunden- und wo die Türen sein würden, waren die Kantklötze am Boden unterbrochen, damit man sie auch öffnen konnte. Außerdem lies sich so das Problem er Stufenbildung verhindern, an der sich Häftlinge festkrallen konnten, wenn es zur Hinrichtung ging oder Wachen in der Dunkelheit drüber fielen.

Für zwei der Zellen lies sich Hilias etwas besonderes einfallen. Da er einige noch brauchbare Steine aus dem Schutt rausgesucht hatte -man wusste nie, wo es Engpässe geben konnte- und noch von seinem eignem Baustoff übrig war, fing er an, in den beiden Zellen eine flache Steinpritsche aufzubauen. Sie würden kranken und verletzten Gefangenen als Ruhestädte dienen und hatten den unschlagbaren Vorteil gegenüber Holz oder Eisenbetten, das man sie weder Auseinandernehmen konnte -ein Holzpfosten konnte in den Händen eines motivierten Gefangenen gefährlich, sogar tödlich sein- und umzustellen war es auch nicht, denn Hilias verband die gesamte Konstruktion mit dem Boden und der Wand. Er legte den Rahmen fest, füllte ihn mit Erde und Schutt auf, deckte das Bett mit einigen Platten, die zu groß oder nicht passend für den Boden gewesen waren und die Seiten verkleidete er mit weiteren Platten. Zwei Betten in zwei Zellen. Wenn nicht kranke, dann vielleicht wohlhabende Gefangene, die nur in Untersuchungshaft saßen. Hilias war es gleich.

Den Abschluss bildete das Setzen und Gravieren der Symbolsteine, die über den Türen pranken sollten. Er beschriftete die Zellen I bis VI. Über der Eingangstür in den eigentlichen Zellenbereich setzte er eine kleine Tafel über den Türbalken. Darauf waren der Hammer und sein Name zu sehen.

Werk von Hilias

Er lies Platz, falls Utor ein ähnliches Schild aus Eisen darunter anbringen wollte.
Jetzt war nur noch eines zutun. Hilias holte seinen Spaten und einen Eimer vom Schmied der Kaserne. In den Eimer füllte er glühende Kohlen aus dem Schmiedeofen.
Mit dem Eimer voller Hitze, kehrte er in den Zellentrakt zurück und verteilte die Kohlen auf dem Boden jeder Zelle. Die Hitze würde dem Stein nichts anhaben, nicht mal Spuren hinterlassen, die man nicht wegwaschen konnte. Doch eines würde sie bewirken. Das schnelle Aushärten der Deckenhaltermasse. Es würde auch gleichzeitig die Feuerprobe für Hilias Arbeit sein, denn dort, wo er unsauber gearbeitete hatte, würde das schnelle Ausbacken der Klebemasse ein Absprengen der Platten zur Folge haben. So konnte er gegebenenfalls diese Stellen ausbessern.
Hilias würde morgen wiederkehren und die Asche der verglühten Kohlen wegfegen. Er brachte den Eimer in die Schmiede zurück und fragte nach dem Holzschild, der über einem der Ambosse an der Wand hing. Der Schmied erlaubte Hilias, ihn leihen zu dürfen. So kehrte er ein letztes mal in den Zellentrakt zurück und stelle den Schild deutlich vor die Tür. Mit einem kalten Stück Kohle schrieb er folgende Warnung: VORSICHT HEIßE BAUSTELLE BETRETEN AUF EIGENE GEFAHR

Zufrieden sammelte Hilias sein Werkzeug ein und räumte die letzten Reste seines Baustoffes in den Vorraum. Er würde es morgen wegbringen. Jetzt hatte er sich erst mal eine Pfeife und ein Honigwasser verdient.
08.12.2003, 18:24 #63
Estragon
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Die Stadt Khorinis #23 -
Das Wetter war eine angenehme Mischung aus frostiger Kälte und kräftigem Wind. Hilias schulterte den Rucksack, zog das Bündel mit den Werkzeugen zurecht und stieg in aller Ruhe die Treppe der Kaserne hinab. Eine zufriedene Erschöpfung hatte sich über seinen Körper gelegt und die Hexerei des Trankes verlor langsam seine Wirkung.
Hilias bedauerte das nicht.
Er war froh, sich wieder über seinen Körper im Klaren zu sein. Er ging an den Freibierstand und fragte den Wirt, ob er ihm ein Krug Honigwasser geben könne. Der Wirt sah Hilias verwirrt an. "Hier gibts nur Bier, mein Freund. Das kostet nix. Nimm das und sei zu Frieden." giftete der Wirt.
Hilias hatte keine Lust, sich zu streiten. Er verließ den Stand und begab sich in die Taverne vor dem Tempel. Dort würde er sein Honig bekommen. Und eine freundliche Behandelung, wenn er Glück hatte.
08.12.2003, 21:48 #64
Estragon
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Die Stadt Khorinis #23 -
Hilias sah in der Tarnvene und schlürfte friedlich sein Bier. Seine Haare und sein Bart waren voll von Steinstaub. Sein Finger hatten Schwielen und rote Stellen, seine Schultern und sein Nacken waren hart wie ein Bügelbrett, doch es ging ihm gut. Er war zufrieden. Seine Pfeife blies süßduftenden Honigqualm in die Luft. Das Honigwasser schmeckte vorzüglich und bisher hatte ihn noch niemand angemacht, was für Hilias ein kleiner Erfolg war. In letzter Zeit war er von zu vielen Händen an der Schulter gepackt worden.

Er ließ es zu, das seine Gedanken zu der Frau mit den grünen Augen zurück kehrten. Samantha. Er dachte zum ersten Mal ganz bewusst darüber nach, was sie für ihn war. Hilias erinnerte sich an ein Mädchen aus seinem Dorf. Er hatte sich unsterblich in sie verliebt, doch es ernst werden konnte, verunglückte sie und Hilias blieb allein zurück. Er kannte das Gefühl der Liebe und den Schmerz, der aus ihr entstehen kann.

Er liebte Samantha nicht, er kann sie ja kaum. Sie war schön, keine Frage, doch einfach nicht Hilias Typ. Er lächelte über diese Feststellung, doch es war nicht zu verleugnen. Anziehung auf dieser Ebene war Hilias schon lange fremd geworden.
Aber gerade weil es so war, verwirrten ihn seine Empfindungen so sehr. Er musste heraus finden, ob sich sein Verdacht als richtig erwies. Das Schicksal kennt seltsame, oftmals grausame Weg sich zu Offenbaren. Doch obwohl er sie nicht kannte, nicht mal einzuschätzen wusste, hatte er eines sofort gewusst, als sie ihn so durchdringend angeschaut hatte. Er würde für sie sterben. Das war kein romantisches Versprechen oder irgendein ritterlicher Schwur. Es war eine Erkenntnis, die ihn zutiefst beunruhigt hatte. Als habe man den Vorhang hochgehoben und ihm einen Blick auf seine Zukunft gewährt.

Er wollte nicht für eine Fremde sterben, doch Hilias war zu fatalistisch in den Dingen des Schicksals. Wenn es seine Bestimmung war, so sollte es sein. Aber vorher würde er mit Samantha reden, sie kennen lehren und sich ein Bild machen. Vielleicht erkannte Hilias ja führzeitig, woher die Gefahr kommen würde. Vielleicht konnte er dem Schicksal ein Schnippchen schlagen. Vielleicht waren seine Gedanken auch völlig unbegründet, hatte er doch erst ein Begegnung mit der Frau hinter sich. Hilias nahm einen großen Schluck aus seinem Krug und bestellt ein Stück Fleisch auf einer Scheibe Brot. Vielleicht würde das Essen ihn ablenken.
08.12.2003, 22:17 #65
Estragon
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Die Stadt Khorinis #23 -
Der Schmied riss Hilias aus seinen Gedanken in dem er ihn an der Schulter packte. Hilias wollte schon aushöhlen, doch er erkannte Utor führ genug. Er berichtete, das er die Teile fertig und schon bei der Kaserne abgeliefert hatte. Hilias nickt. "Wenn ich ausgezahlt werde, hinterlege ich deinen Anteil in der Kaserne für dich." Das schien dem Schmied nur recht. Er reichte Hilias die große Pranke und dieser schlug ein. Kräftige Händedrücke wurden getauscht und Hilias zahlte, während sich Utor schon in der Menge der Gäste verkümmelt hatte. Hilias sah ihm eine Weile nach und ging dann zur Kaserne.

Die Teile waren groß und Hilias verunsicherte das ziemlich. Doch am Ende ging es ganz gut. Hilias musste die Löcher etwas vergrößern und bei einer Zelle den oberen Kantklotz etwas abschleifen, doch alles im allem war die Sache mit den Gittern schnell vom Tisch. Hilias arbeitete ohne Hast.

Endlich war alles fertig. Doch fehlte noch eines. Hilias zog die kleine Steinplatte aus dem Rucksack und betrachtete sie. Er fand, sie sah ziemlich gut aus. Silbrigglänzend, die feinen Runen hoben sich deutlich vom Gestein ab.
UTOR RUNE METALLARBEITEN

Hilias brachte es unter seinem eigenem Schild über dem Türbalken an und steckte in jede Zelle einen der Schlüssel, legte die Ersatzschlüssel auf den Schreibtisch der Wache, die anscheinend heute frei hatte. Das Wachskopie, mit dem diese Schlüssel gefertigt wurden, warf er nach kurzem Zögern ins Feuer. Es konnte nur Schwierigkeiten bringen, so was zu behalten und war man erst in so einer Zelle, dann halfen die Schlüssel nur wenig, weil der Hof voller Wachen war.
Dennoch hatte er gezögert, ganz kurz gezögert.

Hilias brachte den Kessel zurück in die Unterstadt, wo er ihn herhatte und machte sich auf den Weg zu seinem Steinbrauch, denn dort würden weitere Aufgaben seiner hadern.
09.12.2003, 14:51 #66
Estragon
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Rund um Khorinis #14 -
Hilias ah über die trostlose Öde des verlassenen Steinbruches. Nach dem er gestern Nacht den Auftrag des Lords der Stadt beendet und zum Steinbruch zurück gekehrt war, hatte er sich sofort zum Schlafen niedergelegt.
Heute würde es viel zutun geben und Hilias wollte wenn möglich vor Einbruch der Dunkelheit in die Stadt gehen, um sich seinen Lohn zu hohlen.
So stand er breitbeinig im Zentrum der Schlucht, Sonnenstrahlen spielten durch die hohen Bäume und ein leichter Wind brachte das Laub zum Sprechen. Ein sonniger Tag, erfüllt von bitterer reiner Kälte. Perfekt für die Arbeit im Freien. Hilias hatte sein Hemd ausgezogen -es konnte die Behandlung eines Schneiders vertragen- und hatte die Hände in die Hüften gestemmt. Er atmete tief durch und schritt auf die Licht und zu, ging in die Knie und schwang die Sichel.
Er schnitt die langen Gräser und rupfte das Unkraut, er sammelte Steine und größere Findlinge, die er in den Steinbruch schleppte. So kroch er über den Boden der Lichtung, bis er die Baumgrenze erreichte. Dort drehte er um und befreite die Schlucht und den Bruch von allerlei pflanzlichem Übel. Die Pflanzen kamen auf einen großen Haufen in der hintersten Ecke der Schlucht und wurden mit schweren Steinen beschwert, damit nicht der erste Windzug sie wieder über den Boden verteilen konnte.

Hilias räumte die große, der beiden baufälligen Hütten aus und stellte es im Wohnschuppen unter. Der große Schuppen fiel jetzt endgültig Hilias Axt und seinem Hammer zum Opfer. Er kletterte aufs Dach und riss alle Schindeln, die noch verwertbar waren, raus und warf sie auf einen Haufen. Der Rest landete beim Brennholz. Dann schlug er von Innen die Bretter der Wände raus, bis nur noch das bloße Stützgerüst der Hütte stand. Auch hier konnte Hilias einige der Bretter noch verwenden. Er sammelte sie und stapelte sie hinter dem Wohnschuppen.
Jetzt, wo Wände und Dach vom großen Schuppen abgetragen waren, konnte Hilias zum ersten Mal das Fundament genau begutachten. Aus festen Steinen gelegt, bildete es ein großes Rechteck, die lange Seite dem Berg zugewannt. Hier konnte Hilias sicher ein neues Haus bauen, wenn er wollte. Doch vorerst galt es, das noch stehende Exemplar zu retten, so gut es eben ging. Er hatte keine Nägel, noch verstand er sich aufs Zimmern. Doch sicher würde sich in der Stadt jemand finden, der ihm seine Datsche in Stand setzen konnte. Hilias machte ein kleines Feuer an und hängte die Reste des Bratens von vorgestern drüber. Nicht viel, doch für den Anfang ausreichend. Es ging vorwärts, dachte Hilias, als er den Blick über die Lichtung schweifen ließ.
09.12.2003, 19:23 #67
Estragon
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Anmeldung in der Garde Innos' #3 -
Ich grüsse euch, mein Name ist Hilias und ich bin Steinmetz in Khorines. Ich kam erst vor kurzem hier her und bin daher noch grün hinter den Ohren, doch hab ich schon einen Auftrag für die Garde erledigt und bin schon am nächsten Auftrag dran. Also ich würde mich sehr geehrt fühlen, auch weiter hin treu im Dinste Innos und des Königs zu stehen! Deshalb bitte ich um Aufnahme in den Kreis der Garde Innos.
09.12.2003, 19:29 #68
Estragon
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Rund um Khorinis #14 -
Hilias machte sich auf den Weg in die Stadt, um seine Belohnung abzuhohlen und ein paar Besorgungen zu machen. Bald würde er mit der Instandsetzung der Kanalisation beginnen, was sich sicher alles deutlich schwieriger erweisen würde, als die 6 Zellen der Kaserne.
09.12.2003, 19:46 #69
Estragon
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Die Stadt Khorinis #23 -
Hilias betrat die Stadt wie gewohnt durchs Osttor und sah sich kurz um. Obwohl es schon spät war und die Nacht mit eisiger Hand die meisten MEnschen in ihre Häuser oder die Kneipen vertrieben hatte, sah er noch zwei tapfere Händler der Kälte trotzen. Doch vorher ging er noch mal in die Kaserne, zum Zellentrakt und sah sich noch einmal mit kritischen Blick jede einzelne Zelle genau an.

Keine der Platten hatten sich gelocket oder verzogen, die Steinbetten machten auf Hilias einen besonders guten Eindruck und stolz strich er mit der Hand über ihre glatte Oberfläche. Er hatte es tatsächlich gut gemacht. Auch die Gitter schienen sich besstens in ihr neues Zuhause eingefügt zu haben. Hilias hohlte sich einen Besen, der im Kasernenhof an der Wand lehnte und begann pfeifend die Zellen auszufegen.

Am Ende blickte und blizte der Boden gerade zu und Hilias stellte das Kehrwerkzeug in den Hof zurück, verlies die Kaserner in Richtung Markt und kaufte Proviant für die nächsten zwei Wochen ein. Bort, Käse, ein paar Früchte und zwei große Stücken geräuchertes Fleisch. Er verstaute alles in seinem Rucksack und steuerte die Kneipe vor dem Adnostempel an, die sich langsam zu seiner Stammschenke mauserte.
09.12.2003, 21:10 #70
Estragon
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Die Stadt Khorinis #23 -
Hilias trank sein Honigwasser und versuchte unaufällig zu bleiben. Die Kneipe war brechend voll. Er war schon im Begriff sich zu verziehen, er wollte nur noch eine Pfeife rauchen und dann zahlen.
Er füllte den Kopf der Pfeife mit Tabak, den er schon vorgeschweffelt hatte und zog den Fuckzünder hervor, dann schlug die Tür der Kneipe auf und ein blonder Haarschopf wirbelte durch die Luft. Samantha.
Hilias bedachte sie mit einem abschätzenden Blick, doch sie sah ihn nicht, lief mit schnellen Schritten an ihm vorbei und setzte sich an einen Tisch, wo schon andere Gäste saßen.
Hilias verfolgte ihren Weg bedächtig. Wieder war das dieses Kribbeln, diese Erregung, als wenn gleich die Hölle losbrechen müsste, doch Hilias konnte sich das auch nur einbilden. Seine Nackenhäärchen waren anderer Meinung.

Hilias überflog die anderen Gäste am Tisch, glaubte einen davon von irgendwoher zu kennen, doch die meisten waren unbekannte Gesichter für ihn. Aber was Hilias feststellen konnte, es waren alles Leute aus der Garde und der Militz. Ein Paladin war auch unter ihnen. Sie schienen ihren Spass zu haben. Hilias drehte sich zu seinem einsamen Krug Honigwasser um und zog verbittert an seiner Pfeife.
09.12.2003, 21:50 #71
Estragon
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Die Stadt Khorinis #23 -
Das Treiben in der Schankstube wurde lauter und heiterer. Als Hauptpol der guten Stimmung war der Tisch voller Gardemänner leicht auszumachen. Die Biere wurden im Schnellgang geliefert, der Wirt zählte in Gedanken wohl schon die Rechnung und das Gelächter nahm immer noch zu. Hilias hatte beschlossen dem lustvollen Treiben wenigstens aus der Ferne beizuwohnen und stopfte sich seine Pfeife neu.
Wieder dröhnte eine stimmungsvolle Lachsalve über Hilias Schultern auf seine Ohren ein. Was soll’s, dachte er sich und trat vom Tresen zurück und ging auf den Tisch voller Männer zu. Sie bemerkten ihn noch nicht, erst als er direkt bei ihnen stand, schien einer der Männer den Kopf zu heben. Hilias begann zu sprechen: "Ich grüsse euch. Mein Name ist..."

Weiter kam er nicht, sein Hals wurde brutal vom Kragen seines Hemdes zugeschnürt, als von hinten jemand danach griff und zog. Hilias taumelte rückwärts, schwere Hände packten den Stoff an seinem Rücken, rissen ihn auf den Tresen. Hilias wurde rumgeschleudert und schlug mit voller Wucht auf das Holz der Bar auf. Schon da drohte ihm eine führzeitige Ohnmacht, doch er hielt sich wacker in der realen Welt. Unsichtbare Hände zogen wieder und Hilias wurde über die gesamte Länge der Theke geschleift. Bierkrüge und Holzbecher fielen um und zerschmetterten auf dem Boden. Am Ende der Bar wurde Hilias Körper halb geschmissen, halb fallen gelassen und er prallte gegen den Türbalken, stürzte ins Freie und fiel schwer in den Staub der Strasse.

Alles drehte sich um ihn und er vernahm dumpfe Stimmen, die sich ihm nährten. Er wollte sich erheben, wollte sich verteidigen, wollte fliehen, wenn es nötig war, doch einheftiger Tritt beförderte ihn wieder auf die Erde.
Nur Bruchstücke von Gesprächsfetzen drangen an sein Ohr.
"...sieht nicht aus wie....drinnen sind Männer der..." sagte eine Stimme.
Die andere war dunkler, kräftiger und ziemlich sauer, so wie es sich anhörte.
"..egal, wer da drinnen ist...der hier wird scho...mir das Seil..."
"Was hast du vor?" fragte die andere Stimme unsicher. "...das verdammte Seil...hängen ihn jetzt..."
Hilias war schon halb in Schlaf versunken, da hörte er das Wort "hängen", brachte es in Bruchteilen eines Blitzschlages mit dem Wort "Seil" in Verbindung, und sofort erwachten die niedersten Instinkte in ihm. Er bäumte sich heftig auf und schlug mit einer schnellen Bewegung in die Richtung, wo er den Gegner vermutete, die Faust aufwärts. Er traf den kleineren der beiden Typen mitten zwischen die Beine. Dieser kam nicht mal zu einem Schrei. Lautlos, mit einer Maske aus Schmerz, Überraschung und Entsetzen ging er in die Knie. Auf Augenhöhe mit Hilias. Fieberhaft prägte er sich die Gesichtszüge des Kerls ein, da Umschlag schon eine feste Schlinge seinen Hals, zog ihn hoch, nahm ihm die Luft. Seine Sicht verschwamm zu einem roten Brei aus Qualen. Er rammte den Ellbogen nach hinten, doch sein Gegner macht sich daraus wenig. Hilias wurde nach hinten gezogen und bekam in kurzen Pausen immer wieder die Füße des Dreckskerls mit dem Seil, zu spüren. Hilias wusste genau wo es hin ging. Auf den Galgen zu. Die wollten ihn wirklich hängen. Mitten in der Stadt, einfach so!

Hilias krallte seine Hände um den Strick, seine Füße trommelten auf dem Boden und der rote Brei wurde langsam zu einem erschöpften Grau. Er verlor immer mehr Kraft. Der Typ hinter ihm schien sich Zeit lassen zu wollen. Er hielt an, trat Hilias noch einmal fest ins Gesicht -Hilias hörte sein Nasenbein knacken- und zog dann wieder weiter nach hinten. Hilias ersuchte krampfhaft seine Position zu bestimmen. Versuchte einzuschätzen, wie weit der Galgen noch weg sein konnte, wie viel Zeit er noch hatte! Es konnte nicht mehr viel sein.
10.12.2003, 16:40 #72
Estragon
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Die Stadt Khorinis #23 -
Hilias reckte mit viel Mühe seinen Hals in die Richtung, die ihm der Wassermagier vom Adanostempel befahl. Er hatte verdammtes Glück gehabt, das er noch lebte. Vatras, der Magier und Heiler der Stadt redete leise auf Hilias ein, doch der hörte kaum ihn, nickte Vatras Belehrungen nur ab und dachte an die gestrige Nacht zurück. Es hatte nicht viel gefehlt.

Der Typ hatte ihn jetzt fast am Galgen, als Hilias all seine Kräfte sammelte und sich nach vorne warf. Beinahe hätte sein Peiniger den Halt über das Seil verloren, doch sein Kumpan schien sich von Hilias Tiefschlag erholt zu haben und war schon zur Stelle. Er versetzte Hilias einen Schlag in die Nieren, was sofort jeden Gedanken an Flucht oder Kampf vertrieb. Mit vereinten Kräften schleiften sie ihn auf den Galgen und warfen das eine Ende des Seils über den Balken. Hilias hatte Gelegenheit, etwas Kraft zu tanken, den die Schlinge hatte sich gelockert und erlaubte ihm Luft zu schnappen. Er würde nur eine Gelegenheit haben, hier raus zu kommen.

Er durfte nur nicht den Kontakt zur Erde verlieren. Nicht einen Millimeter, weil sonst seine Kraft verpuffen würde. Anders als beim Kampf gegen das Krakenmonster in der Unterwelt von Khorines, war er relativ ausgeruht und im Vollbesitz seiner Kräfte, nur etwas außer Atmen, aber dennoch stark genug. Und seine Gegner waren Menschen und Menschen machten Fehler, wenn sie sich sicher und überlegen glaubten. Er tat so, als wenn er weggetreten wäre und wartete ab. Endlich zogen die beiden Mistkerle an dem Seil, Hilias wurde in die Höhe gerissen und er spannte alle seine Muskeln an.
Plötzlich war lautes Rufen zu vernehmen, und seine beiden Gegner schauten verwirrt in die Richtung der Laute. Hier war seine Chance, er sprang ab, griff mit beiden Händen ans Seil und zog sich hoch. Dann trat er so fest er konnte mit beiden Füssen in das Gesicht des großen Kerls, der sofort zu Boden ging. Sein kleiner Freund ließ erschrocken das Seil Los und Hilias stürzte zu Boden. Er rappelte sich auf und konnte sehen, wie die miesen Feiglinge in Richtung Unterstadt flohen, verfolgt von einer Miliz. Hilias spuckte keuchend Blut auf den Boden des Galgens - er hatte sich auf die Zunge gebissen- und machte sich auf den Weg zum Adanostempel, wo er sich von Vatras behandeln lassen würde.

"Du wirst noch zwei tage ein Ziehen in den Schultern spüren aber soweit bist du wieder geheilt." sagte Vatras und Hilias kehrte aus seinen Erinnerungen in die reale Welt zurück. Ja, es war verdammt knapp gewesen. Zu knapp, für seinen Geschmack. Er würde sich mit diesem Ereignis noch auseinander setzten müssen, doch zuvor wollte er seine Lohn für die Zellenarbeit abholen.

Er spendete zum Dank 20 Goldstück und verließ Vatras, kehrte auf dem Weg zur Kaserne in die Kneipe ein und ließ sich dort vom Wirt seine Sachen geben, die er unfreiwillig zurück gelassen hatte. So trat er nach draußen. Der Tag war schnell gekommen und genauso schnell gegangen, doch das Wetter war nach Hilias Geschmack. Kalt, rau und überaus übellaunig, was im Augenblick mit Hilias Gemütszustand zu vergleichen war. Er würde die beiden schon noch finden und sich dann noch einmal ernsthaft über den gestrigen Vorfall unterhalten
10.12.2003, 18:41 #73
Estragon
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Hilias trat an die hohe Treppe der Kaserne und betrachte unsicher den Galgen, der vor der sich selbstsicher vor dem riesigen Gebäude auftürmte, als wolle er flüstern, das ihm Hilias Nacken nur vorläufig entwischt war.
Wolker schoben sich über den nächtlichen Himmel und in der Ferne auf der See war das Zucken von Blitzen zu erkennen. Regen. Hilias hasste Regen. Schnell stieg er die Treppe empor und betrat das Kasernengebäude. Einige Soldaten standen gelangweilt herrum, Hilias grüsste sie nur knapp. In letzter Zeit war er zu oft benahe gelüncht worden und von jenen war nichts zu sehen gewesen. Hilias wollte sowieso nicht schwätzen oder seine Zeit hier verplemmpern. Die Kanalisation wartete schon ungeduldig auf ihre Wiederherstellung. Hilias schaute sich um und überlegte, wen er am besten nach seiner Belohnung fragen konnte.
10.12.2003, 19:25 #74
Estragon
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Hilias verlies die Kaserne umgehend, gab vorher aber noch die Hälfte des Lohns im Zimmer des Lord André ab. Utor sollte sich seine Belohnung hier abhohlen können. Hilias ging nach drausen und strebte in die Unterstadt, wo er Lemar ausbezahlen wollte.
10.12.2003, 20:00 #75
Estragon
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Die Stadt Khorinis #23 -
Er trat an die Tür des Geldverleihers heran, als er eine ihm wohl bekannte Stimmer vernahm. Sie klang dunkel, kräftig und unheimlich sauer. Hilias hätte sie unter tausenden heraus gehört.
"Du blödes Rindvieh bist selbst zum Scheißen zu dämlich, oder?" herrschte die unverwechselbare Stimme des Zinsenjägers Lemar. "Ich habe gesagt erinnert ihn an seine Verpflichtungen, nicht hängt ihn an den nächsten Galgen und lasst euch noch von der Stadtwache erwischen!" donnerte Lemar weiter und schwere Schritt verrieten, das er im Zimmer auf und ab ging. Der andere Mann schien sich nur mit Mühe rechtfertigen zu können. "Er hat uns schließlich provoziert, nicht wahr Litz?" Der Angesprochene antwortete blitzschnell: "Klar hat er, hat uns verspottet und auch sie Chef. Sie und ihre Frau und..." Er schien nach Worten zu suchen, die seine lächerlichen Lügen untermauern sollten. Hilias wollte die Hände um den Hals dieses Wurmes legen und ihm einfach das Genick brechen wie einen dürren Zweig.

Lemar kam ihm mit einer Bestrafung zu vor. Man hörte nur ein erschrockenes Winseln von Litz, als Lemar ihm eins überbrit. "Du Missgeburt einer verkrüppelten Grubenratte. Auspeitschen sollte man dich. Mir ist egal wie er über meine Frau geredet hat. Mir wäre es gleich wenn er über meine Dirne am Hafen reden würde. Ich kann beide nicht leiden!" wütete Lemar.
"Und was er über euch sagte, Boss?" fragte der immer noch namenlose Schläger.
Lemar wanderte durch Zimmer. "Auch das ist gleich, Robert. Auch das! Ja hast du denn nichts gelernt? Von der Inzuchtgestallt dahinten hätte ich nichts anderes erwartet, doch dir hätte ich mehr Verstand zu getraut." Hilias wiedersprach im Geiste. Er glaubte, das beide Handlanger dumm wie Brote waren. Nur Lemar könnte gefährlich sein. Er hatte sicher gute Kunden in machtvollen Positionen.
"Ich werde dir Verraten warum man seine Kunden nicht einfach aufhängen darf. Erstens gibt es da ein Wort, das nennt sich Selbstjustiz. Gleich danach kommen räuberische Zinsgeschäft und Mord im Auftrag. Alles worauf die guten Paladine nicht sehr erpicht sind. Sie übersehen uns nur, weil wir vorsichtig und diskret handeln. Der Platz für Mord und Totschlag ist und bleibt der Hafen und die Slums!" Lemar verstummte und schien etwas zu trinken, hörte man ihn doch herzhaft schmatzen, als er weiter sprach. Jetzt hörte er sich fast so kühl und leidenschaftslos wie ein Schulmeister an, der seinen dummen Schülern eine geduldige Nachhilfestunde erteilt. Hilias musste bei Vorstellung grinsen, doch lag kein Humor in seinen Augen. Mehr Mordlust!
"Zweitens soll man sie nicht umbringen. Du kannst sie schlagen, foltern erpressen und was weiß ich noch alles. Doch töten darfst du sie nie. Denn sie haben dein Geld und werden es bezahlen, wenn du nur hartnäckig bleibst. Und sie kommen danach auch wieder. So ist das mit denen. Sie kommen immer wieder." Lemars Schritte waren verstummt, seine Untergebenen schwiegen betreten. Hilias hatte genug gehört.
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